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ler Trainer Entwicklungspotential beim<br />

jungen Brasilianer, und so wurde Pablo<br />

verpflichtet. Am 23. Januar 2022 bestieg<br />

er abends das Flugzeug und erreichte<br />

Zürich am Montag Morgen, wo er vom<br />

Vorstandsmitglied Urs Schär empfangen<br />

wurde. Erster Eindruck von Urs:<br />

«Netter, junger Mann, der kein Deutsch<br />

(logisch), kein Französisch (logisch),<br />

kein Italienisch, kein Spanisch und<br />

auch kaum ein Wort Englisch spricht.<br />

Wie soll das gehen?» Gut, Pablo ist<br />

nicht zum Reden, sondern zum Volleyballspielen<br />

in die Schweiz gekommen.<br />

Aber wie kann er sich mit Coach (Argentinier<br />

–Spanisch), Assistenzcoach<br />

(Kanadier–Englisch) und seinen Mitspielern<br />

(viele Sprachen, aber kein Portugiesisch)<br />

verständigen? Brasilien und<br />

Argentinien sind südamerikanische<br />

Nachbarländer, und Coach Serramalera<br />

kann ihm in einem speziellen Sprachenmix<br />

Instruktionen erteilen.<br />

Fragen Sie sich gerade, wie Pablo sich<br />

mit mir verständigen konnte? Céu, eine<br />

Portugiesin aus Bischofszell, war so<br />

nett, mir sprachlich zu helfen. Wir hatten<br />

am Mittwoch im Rösslibeck im Amriville<br />

um 14:30 Uhr abgemacht. Ich hatte<br />

ihm Zeit und Ort schriftlich gegeben,<br />

aber Pablo erschien nicht. Ab 14:40 Uhr<br />

versuchten wir gemeinsam, den jungen<br />

Mann zu erreichen, der dann um 14:52<br />

Uhr erschien. Er hatte sich beim Englischlernen<br />

vergessen. Da er um 16:00<br />

Uhr im Training erwartet wurde, blieb<br />

fürs Interview nicht viel Zeit. Aber ich<br />

bin mir nicht so sicher, ob ich bei mehr<br />

Zeit auch mehr aus Pablo hätte herauskitzeln<br />

können.<br />

Und was hat uns Pablo erzählt? «Es ist<br />

sehr kalt in Amriswil. Zu Hause hätten<br />

wir momentan 35 Grad. Mein Leben besteht<br />

aus Trainieren, Essen und Schlafen.<br />

Nein, Lernen kommt auch noch<br />

dazu. Ich mache online einen Englischkurs.<br />

Deutsch kann ich nicht auch<br />

noch lernen. Englisch ist wichtiger, es<br />

ist die weltweite Volleyballsprache.<br />

Bei meinem Wechsel habe ich mir zum<br />

Ziel gesetzt, volleyballerische Fortschritte<br />

zu machen und viel zu lernen.<br />

Dass ich vorerst in den Spielen nicht<br />

allzu viel zum Einsatz komme, ist eigentlich<br />

klar. Es braucht viel Zeit, sich<br />

zu integrieren. Spieler, die in Europa<br />

jedes Jahr von einem neuen Klub verpflichtet<br />

werden, passen sich schneller<br />

an die neue Umgebung an. Ich habe<br />

den ersten Wechsel in meinem Leben<br />

vollzogen, und da geht die Integration<br />

nicht so schnell. Zwischen Brasilien<br />

und der Schweiz bestehen im Krafttraining<br />

grosse Unterschiede. In Brasilien<br />

wird weniger Zeit fürs Krafttraining<br />

aufgewendet, dafür trainiert man mit<br />

schwereren Gewichten.»<br />

Ich frage ihn: «Am Samstag in Schönenwerd<br />

hast du sicher mit dem<br />

«Schöni»-Brasilianer Rodrigo Leitzke<br />

gesprochen?» «Nein, der ist viel älter<br />

als ich.»<br />

Mir scheint, dass Pablo noch ein grosser,<br />

sehr grosser Junge (198 cm) mit<br />

viel Scheu ist. Die Mannschaftsverantwortlichen<br />

tun gut daran, sich dem<br />

jungen Brasilianer anzunehmen. Und<br />

sie sollten ihm vielleicht einmal erklären,<br />

wo er wohnt. Seine Adresse kennt<br />

er nämlich nicht, aber nach Hause finden<br />

tut er wenigstens!<br />

Text: Bernhard Windler<br />

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