The Austrian Peacekeeper 1/2022
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satz kannte, am Mittwoch, dem 17. April:
„Was machst Du am Wochenende?“
Am Samstag früh saß er bereits im Flieger.
In Orumiyeh angekommen, wurden
die Österreicher zunächst misstrauisch
in einem Hotel festgehalten. Kontakte
zur Zivilbevölkerung waren untersagt.
Iranische Sicherheitsbehörden und
Spitzel überwachten laufend alle Lager.
Besonders die jungen „Revolutionswächter“,
die Pasdaran, behinderten die
Bewegungen außerhalb des Lagers; sie
drangen in der Anfangszeit auch in das
Lager ein und inspizierten sogar nächtens
die Zelte. Später normalisierte sich
das Verhältnis etwas.
Geschockt waren die Österreicher nach
der Ankunft, wie sich der Chirurg Dr.
Gerhard Waniek erinnert, von den vielen
kleinen Gräbern von Kindern, die
den Marsch über verschneite Gebirgspfade,
oft nur mit Sandalen an den Füßen,
oder die ersten Tage im Lager nicht
überlebt hatten.
Pioniere errichteten in kurzer Zeit die
Infrastruktur für ein Spital für 300 Patienten
bei Ziveh, auf 1.600 Metern Seehöhe,
in der Nähe größerer Flüchtlingslager.
Mit angemieteten sowjetischen
Chartermaschinen der Typen Iljuschin
und Antonow wurden rund 600 Tonnen
Ausrüstung in den Iran geflogen,
darunter Medikamente, Verbandstoffe
und Reagenzien im Wert von 6 Millionen
Schilling. Zwei von der VOEST
finanzierte OP-Container kamen auf
dem Landweg in den Iran. Das Spital
umfasste 164 Zelte; es hatte zwei Operationssäle,
je eine Kinder-, Geburtsund
Infektionsstation, ein Feldröntgen,
Labor und Apotheke. Da das nahegelegene
Kurdenlager völlig verschmutzt
war und Sanitäreinrichtungen fehlten,
errichteten österreichische Pioniere neben
dem Spital ein eigenes „Österreich-
Camp“ für 15.000 Flüchtlinge.
Am 7. Mai konnte der Ambulanzdienst,
am 15. Mai der Normalbetrieb aufgenommen
werden. Dem Kommando
unterstanden die Dolmetscher-, Dokumentations-,
Fernmelde-, Wach- und
Sicherungs- sowie Reparatur-, Wasserversorgungs-
(Aufbereitungs-) und
Pioniergruppe sowie das ABC-Element,
zusammen rund 110 Soldaten. Im medizinischen
Bereich mit Ambulanzen und
Stationen sowie der Apotheke arbeiteten
rund 180 Personen: Soldaten, weibliche
und männliche Zivilisten. Anders
als bei den früheren Sanitätskontingenten
im Kongo oder in Zypern war ein Offizier
als Kommandant eingeteilt, während
Oberstarzt Dr. Robert Schlögel und
dann Dr. Thomas Treu als medizinische
Leiter fungierten. Wie sich Schlögel erinnert,
war das „keine sehr glückliche
Konstruktion“, weil die Mediziner andere
Prioritäten gesetzt hätten, aber „man
hat sich arrangiert“.
Die Mischung von Militärs und teils
militärkritischen Zivilisten war wohl
gewöhnungsbedürftig, funktionierte
aber, wie sich Brigadier i.R. Mag. Köhler
erinnert, „weil die militärischen und
die zivilen Mitarbeiter aufeinander zugingen,
Kompromisse schlossen, aber
alle den notwendigen Teil an Disziplin
akzeptierten und mit vollem Einsatz
und hoher Moral arbeiteten“. Ärzte wie
Schwestern und Sanitäter waren äußerst
tüchtig und engagiert.
Auf der Kinderstation gab es, wie sich die
diplomierte Krankenschwester Claudia
Zecha erinnerte, „eine eingeschworene
Truppe“ – sie verbrachte auch ihre Freizeit
meist im Bereich der Kinderstation.
Die Arbeit war intensiv, mit wechselnden
Tag- und Nachtdiensten: „Wenn ich
in Wien so arbeiten müsste, würde ich
mich aufregen.“ Dafür gewann sie Erfahrung
und Selbstbewusstsein, zumal
auch Schwestern Tätigkeiten durch-
HBF/RAUSCHER
HBF/RAUSCHER
Das Feldspital auf der Hochfläche von Orumiyeh, Sommer 1991.
Versorgung eines Neugebohrenen.
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