31.03.2022 Aufrufe

BOKU Magazin 1/2022

Inhalt 3 Editorial Rektorin Schulev-Steindl 4 Vorwort Vizerektor Obinger 6 Gastkommentar Rainer Schultheis 8 Innovation aus wissenschaftlicher Perspektive 10 BOKU:BASE 12 BOKU-Entrepreneurship Education 15 Youth Entrepreneurship Week 16 Die „Obstraupe“ 17 Bauer sucht Hof 18 Auf dem richtigen Holzweg 19 Abgeltung von Waldökosystemleistungen 20 [sic!] für innovative Studierende 22 ImproveM 23 Copernicus für Australien 24 Innovationen im waldbasierten Sektor 26 Technologietransfer 29 Forscher*innen als Gründer*innen 30 BOKU-Erfinderinnen über Geistesblitze 34 Open Innovation: How to? 36 Eine Waschmaschine für Viren 38 Von der Muthgasse an die Nasdaq 40 Evercyte: „Forever is just enough“ 42 Interview Regina und Johannes Grillari 44 Agrobiogel 46 Preisverleihungen an der BOKU 48 Partner*innen der BOKU 50 Wie die BOKU Gründer*innen unterstützt 52_BOKU-Spin-off BrightComSol 54 BOKU River Lab 56 Junge Forscher*innen ausgezeichnet 58 Interview Rektorin Eva Schulev-Steindl 61 Schwerpunkte der Vizerektor*innen 62_Porträt Vizerektor Karsten Schulz 64 Auftakt zum Jubiläumsjahr 67 Zukunftskonferenz „BOKU Featuring Future“ 68 Interview Kurt Weinberger 70 Interview Christian Eckermann 72 Doppelinterview Markus Mühleisen und Norbert Harringer 74 Interview Erwin Hameseder 76 Porträt Bernhard Spangl 79 Die innere Dimension der Nachhaltigkeit 82 INTRINSIC, ein neuer didaktischer Ansatz 84 Gender & Diversity 86 SPLITTER 87 Care4GREEN 88 ORF-Archiv an der BOKU-Bibliothek 90 Forschung: FAQ 91 Strategische Kooperation BOKU Umweltbundesamt 92 Quo vadis Bioökonomie? 94 boDEREC-CE

Inhalt

3 Editorial Rektorin Schulev-Steindl
4 Vorwort Vizerektor Obinger
6 Gastkommentar Rainer Schultheis
8 Innovation aus wissenschaftlicher Perspektive
10 BOKU:BASE
12 BOKU-Entrepreneurship Education
15 Youth Entrepreneurship Week
16 Die „Obstraupe“
17 Bauer sucht Hof
18 Auf dem richtigen Holzweg
19 Abgeltung von Waldökosystemleistungen
20 [sic!] für innovative Studierende
22 ImproveM
23 Copernicus für Australien
24 Innovationen im waldbasierten Sektor
26 Technologietransfer
29 Forscher*innen als Gründer*innen
30 BOKU-Erfinderinnen über Geistesblitze
34 Open Innovation: How to?
36 Eine Waschmaschine für Viren
38 Von der Muthgasse an die Nasdaq
40 Evercyte: „Forever is just enough“
42 Interview Regina und Johannes Grillari
44 Agrobiogel
46 Preisverleihungen an der BOKU
48 Partner*innen der BOKU
50 Wie die BOKU Gründer*innen unterstützt
52_BOKU-Spin-off BrightComSol
54 BOKU River Lab
56 Junge Forscher*innen ausgezeichnet
58 Interview Rektorin Eva Schulev-Steindl
61 Schwerpunkte der Vizerektor*innen
62_Porträt Vizerektor Karsten Schulz
64 Auftakt zum Jubiläumsjahr
67 Zukunftskonferenz „BOKU Featuring Future“
68 Interview Kurt Weinberger
70 Interview Christian Eckermann
72 Doppelinterview Markus Mühleisen und Norbert Harringer
74 Interview Erwin Hameseder
76 Porträt Bernhard Spangl
79 Die innere Dimension der Nachhaltigkeit
82 INTRINSIC, ein neuer didaktischer Ansatz
84 Gender & Diversity
86 SPLITTER
87 Care4GREEN
88 ORF-Archiv an der BOKU-Bibliothek
90 Forschung: FAQ
91 Strategische Kooperation BOKU Umweltbundesamt
92 Quo vadis Bioökonomie?
94 boDEREC-CE


MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>BOKU</strong><br />

DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS<br />

Nr. 1 | April <strong>2022</strong><br />

ISSN: 2224-7416<br />

IMPACT DURCH INNOVATION<br />

SWie die <strong>BOKU</strong> Erfindungen mit gesellschaftlichem Mehrwert auf<br />

den Weg bringt und Entrepreneurship unterstützt<br />

DER AUFTAKT ZUM<br />

JUBILÄUMSJAHR<br />

<strong>2022</strong><br />

INTERVIEW<br />

REKTORIN<br />

EVA SCHULEV-STEINDL<br />

NEUE KONZEPTE<br />

DES LEHRENS<br />

UND LERNENS


INHALT<br />

3 Editorial Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />

4 Vorwort Vizerektor Christian Obinger<br />

6 Gastkommentar Rainer Schultheis<br />

8 Innovation aus wissenschaftlicher Perspektive<br />

10 <strong>BOKU</strong>:BASE<br />

12 <strong>BOKU</strong>-Entrepreneurship Education<br />

15 Youth Entrepreneurship Week<br />

16 Die „Obstraupe“<br />

17 Bauer sucht Hof<br />

18 Auf dem richtigen Holzweg<br />

19 Abgeltung von Waldökosystemleistungen<br />

20 [sic!] für innovative Studierende<br />

22 ImproveM<br />

23 Copernicus für Australien<br />

24 Innovationen im waldbasierten Sektor<br />

26 Technologietransfer<br />

29 Forscher*innen als Gründer*innen<br />

30 <strong>BOKU</strong>-Erfinderinnen über Geistesblitze<br />

34 Open Innovation: How to?<br />

36 Eine Waschmaschine für Viren<br />

38 Von der Muthgasse an die Nasdaq<br />

40 Evercyte: „Forever is just enough“<br />

42 Interview Regina und Johannes Grillari<br />

44 Agrobiogel<br />

46 Preisverleihungen an der <strong>BOKU</strong><br />

48 Partner*innen der <strong>BOKU</strong><br />

50 Wie die <strong>BOKU</strong> Gründer*innen unterstützt<br />

52 <strong>BOKU</strong>-Spin-off BrightComSol<br />

54 <strong>BOKU</strong> River Lab<br />

56 Junge Forscher*innen ausgezeichnet<br />

58 Interview Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />

61 Schwerpunkte der Vizerektor*innen<br />

62 Porträt Vizerektor Karsten Schulz<br />

64 Auftakt zum Jubiläumsjahr<br />

66 Zukunftskonferenz „<strong>BOKU</strong> Featuring<br />

Future“<br />

68 Interview Kurt Weinberger<br />

70 Interview Christian Eckermann<br />

72 Doppelinterview Markus Mühleisen<br />

und Norbert Harringer<br />

74 Interview Erwin Hameseder<br />

76 Porträt Bernhard Spangl<br />

79 Die innere Dimension der Nachhaltigkeit<br />

82 INTRINSIC, ein neuer didaktischer Ansatz<br />

84 Gender & Diversity<br />

86 SPLITTER<br />

87 Care4GREEN<br />

88 ORF-Archiv an der <strong>BOKU</strong>-Bibliothek<br />

90 Forschung: FAQ<br />

91 Strategische Kooperation <strong>BOKU</strong> –<br />

Umweltbundesamt<br />

92 Quo vadis Bioökonomie?<br />

94 boDEREC-CE<br />

Adobe Stock<br />

8 16<br />

18<br />

23<br />

40 84<br />

92<br />

ESA OrganTools<br />

Adobe Stock


EDITORIAL<br />

<strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

O <strong>BOKU</strong> FEATURING FUTURE<br />

Sehr geehrte Kolleg*innen!<br />

Liebe Studierende!<br />

EVA SCHULEV-STEINDL<br />

Rektorin<br />

Es ist mir eine große Freude, mich an dieser Stelle erstmals<br />

als Rektorin an Sie, die Leser*innen des <strong>BOKU</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>s, wenden zu dürfen. Diese erste Ausgabe des<br />

Jubiläumsjahres <strong>2022</strong> mit dem Themenschwerpunkt Innovation<br />

und Entrepreneurship soll eine Visitenkarte für die<br />

herausragenden Leistungen unserer Wissenschaftler*innen<br />

und Studierenden sein.<br />

Doch nicht nur das: Es sollen auch all jene vor den Vorhang<br />

geholt werden, die die <strong>BOKU</strong>-Erfinder*innen auf ihrem Weg<br />

zur marktreifen Realisierung ihrer Forschungsergebnisse<br />

begleiten, sie bei der Unternehmensgründung und bei der<br />

Patentierung ihrer Erfindung unterstützen oder Nutzungsflächen<br />

für Start-ups und Spin-offs zur Verfügung stellen. Mit<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE und dem Technologietransfer haben wir an<br />

der Universität für Bodenkultur zwei Einheiten, die als Hubs<br />

für den Innovationsgeist dienen, den es hier in solcher Fülle<br />

gibt. Innovative Ideen brauchen nämlich auch ein Sprungbrett,<br />

um nachhaltigen Mehrwert für die Gesellschaft entfalten zu<br />

können.<br />

Ihr Erfindungsgeist und ihre Innovationskraft begleiten die<br />

<strong>BOKU</strong> bereits seit 150 Jahren, daher können wir im heurigen<br />

Jubiläumsjahr auch mit Optimismus weiterhin „nachhaltig vorausschauen“.<br />

Für mich persönlich ist es großartig, an die <strong>BOKU</strong><br />

zurückzukehren, die sich für mich von anderen Universitäten<br />

unterscheidet – durch die Menschen, die hier studieren und<br />

arbeiten und die Themen, die bunt, zukunftsweisend und gesellschaftlich<br />

höchst relevant sind.<br />

Die Inter- und Transdisziplinarität, die bereits seit 1872 fest in<br />

der DNA der <strong>BOKU</strong> verankert sind, macht sie als Universität<br />

prädestiniert für die Forschung an komplexen Fragestellungen<br />

wie Klimaschutz, Biodiversität und Nachhaltigkeit. Was wir als<br />

Rektorat gemeinsam für die <strong>BOKU</strong> beitragen wollen, damit<br />

sie auch künftig eine international ausgerichtete „Green University“<br />

ist, an der Spitzenforschung betrieben wird und an<br />

der wir künftige Generationen ausbilden, um eine nachhaltige,<br />

lebenswerte Zukunft für uns alle sicherzustellen, können Sie<br />

ebenfalls in dieser Ausgabe lesen.<br />

Ich danke allen Autor*innen für ihre Beiträge und hoffe, dass<br />

wir auch in Zukunft noch von vielen <strong>BOKU</strong>-Innovationen und<br />

-Erfindungen hören werden.<br />

Viel Vergnügen beim Lesen!<br />

Mit freundlichen Grüßen, Ihre<br />

Eva Schulev-Steindl<br />

IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien Chefredaktion: Bettina Fernsebner-<br />

Kokert Redaktion: Hermine Roth Autor*innen: Michael Ambros, Michaela Amstötter-Visotschnig, Silvia Benda-Kahri, Lisa Bohunovsky, Florian Borgwardt, Julia Buchebner,<br />

Elisabetta De Vito-Francesco, Karin Dögl, Agnes Doppelbauer, Mark Dürkop, Irene Fink, Helmut Frischenschlager, Christian Garaus, Helmut Gaugitsch, Elisabeth Gerhardt,<br />

Martin Greimel, Regina Grillari, Johannes Grillari, Manfred Gronalt, Rainer Haas, Markus Heindl, Ines Hinterleitner, Nicole Hochrainer, Karl Hogl, Markus Immitzer, Alois<br />

Jungbauer, Matthias Kaltenbrunner, Sigrid Karl, Bernhard Kastner, Ulrike Knaus, Bernhard Koch, Marie Kuborn, Alice Ludvig, Horst Mayr, Gibson S. Nyanhongo, Martina<br />

Offenzeller, Alexandra Penicka, Martin Pernkopf, Ela Posch, Erik Reimhult, Florian Rüker, Georg Sachs, Ruth Scheiber-Herzog, Doris Schmidt, Lisa-Ariadne Schmidt, Eva<br />

Schulev-Steindl, Rainer Schultheis, Stefan Stockinger, Rainer Schultheis, Alexandra Strauss-Sieberth, Team Organic Tool, Harald Vacik, Francesco Vuolo, Gerhard Weiß,<br />

Andreas Zitek, Ivana Zivojinovic, Werner Zollitsch Grafik: Patricio Handl Cover: Adobe Stock Druck: Druckerei Berger Auflage: 7.500 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich<br />

Blattlinie: Das <strong>BOKU</strong>-<strong>Magazin</strong> versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, Absolvent*innen, Freund*innen der Universität für Bodenkultur Wien und soll die<br />

interne und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung<br />

der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge<br />

senden Sie bitte an: public.relations@boku.ac.at Bei Adressänderung wenden Sie sich bitte an: alumni@boku.ac.at<br />

Offenlegung: Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Medieninhaberin (Verlegerin): Universität für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>),<br />

Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien, Tel.: (01) 47654-0, Universitätsratsvorsitzender: Kurt Weinberger, Rektorin: Eva Schulev-<br />

Steindl; erscheint quartalsmäßig; Erscheinungsort: Wien<br />

UZ24<br />

„Schadstoffarme<br />

Druckerzeugnisse“<br />

UW 734<br />

PEFC/06-39-12<br />

Dieses Produkt<br />

stammt aus nachhaltig<br />

bewirtschafteten<br />

Wäldern und<br />

kontrollierten Quellen<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

3


VORWORT ZUM<br />

THEMENSCHWERPUNKT<br />

Foto Wilke<br />

O WIE DIE <strong>BOKU</strong> ENTREPRENEURSHIP UNTERSTÜTZT<br />

CHRISTIAN OBINGER<br />

Vizerektor für Forschung<br />

und Innovation<br />

Sehr geehrte Kolleg*innen!<br />

Liebe Studierende!<br />

Diese Ausgabe des <strong>BOKU</strong>-<strong>Magazin</strong>s befasst sich<br />

schwerpunktmäßig mit der Rolle unserer Universität<br />

im kontinuierlichen Innovationsprozess, der für die<br />

Wirtschaft und Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist.<br />

Die <strong>BOKU</strong> zählt zu den forschungsstärksten Universitäten<br />

in Österreich. Mit 5,1 SCI/SSCI-Publikationen je Professur &<br />

Äquivalente und einer Drittmittelquote von 30 Prozent des<br />

Gesamtbudgets beziehungsweise einem Anteil des drittmittelfinanzierten<br />

Personals am gesamten wissenschaftlichen<br />

Personal von knapp über 50 Prozent (Basis uni:data 2020)<br />

hat die <strong>BOKU</strong> in den vergangenen Jahren den Spitzenplatz<br />

erobert.<br />

Als Konsequenz dieser Aktivitäten sowie der ausgewogenen<br />

Mischung aus Grundlagenforschung und angewandter Forschung<br />

in Zusammenarbeit mit über 400 Partner*innen aus<br />

Wirtschaft und öffentlichen Institutionen hat sich die Zahl<br />

an Diensterfindungen, Patentanmeldungen, Verwertungsprojekten<br />

und Ausgründungen in den vergangenen Jahren<br />

signifikant erhöht. Im Vergleich zur letzten Leistungsvereinbarungsperiode<br />

(LV16-18), verdreifachten sich in der LV19-21<br />

die jährlichen Patentanmeldungen und gegründeten Spin-offs<br />

(2021: 76 Patentanmeldungen, drei Verwertungs-Spin-offs).<br />

Mit der Intensivierung und Professionalisierung des Technologietransfers<br />

sowie der Etablierung der <strong>BOKU</strong>:BASE im<br />

Jahre 2021, die unter anderem in dieser Ausgabe vorgestellt<br />

wird, trägt die Universität für Bodenkultur Wien dieser rasanten<br />

Entwicklung Rechnung und wird künftig das Thema<br />

Entrepreneurship umfassend in drei wesentlichen Bereichen<br />

unterstützen:<br />

1. Entrepreneurship in der Lehre (<strong>BOKU</strong>:BASE Education),<br />

2. in der Forschung (<strong>BOKU</strong>:BASE Research & IP) sowie<br />

3. Bereitstellung von Labors und Räumlichkeiten für Spinoffs<br />

und Start-ups an den Standorten Muthgasse, Türkenschanze<br />

und Tulln (<strong>BOKU</strong>:BASE Labs & Infrastructure).<br />

Die Beratung und Begleitung bei Ausgründungen und der<br />

Organisation von Innovation Hubs wird dadurch weiter<br />

verstärkt. Diese Ausgabe liefert wertvolle Hintergrundinformation<br />

zu dieser wesentlichen Säule der Third Mission<br />

an der <strong>BOKU</strong>, berichtet über zahlreiche Erfolgstorys und<br />

holt Erfinder*innen vor den Vorhang. Ich wünsche Ihnen<br />

eine spannende und anregende Lektüre.<br />

Christian Obinger<br />

4 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Adobe Stock<br />

START-UPS, SPIN-OFFS & ENTREPRENEURSHIP<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

5


Wir benötigen keine smarten Ideen,<br />

wir benötigen gute Ideen<br />

GASTKOMMENTAR VON RAINER SCHULTHEIS<br />

Co-Founder und CEO des Start-ups Saphenus Medical Technology<br />

Zukünftige Start-up-Gründer*innen sollten sich vorab eine Frage in der wohl am seltensten gebrauchten<br />

Zeitform der deutschen Sprache stellen, dem Futur 2: Wird mein Unternehmen Menschen nachhaltig<br />

geholfen haben?<br />

Eine Meinungsumfrage unter jungen<br />

Menschen in Österreich.<br />

Frage: Was haben Sie für einen<br />

Berufswunsch? Beliebteste Antworten:<br />

1.: Ein Start-up gründen. 2.: Irgendwas<br />

mit Medien machen. Ich bekenne, das<br />

trifft auch auf mich zu. Ich bin Entrepreneur<br />

und Gründer des Unternehmens<br />

Saphenus. Und: ich habe irgendwas mit<br />

Medien gemacht, bin Meteorologe und<br />

langjähriger Wetterredakteur im ORF<br />

Radio.<br />

Die Hintergründe für den so beliebten<br />

Berufswunsch Start-up-Gründer sind<br />

vielfältig und nicht immer hehre. Da<br />

schwingt dann schon bei dem einen oder<br />

anderen mit: Auf die Schnelle mit einer<br />

smarten Idee Geld machen. Nicht viel<br />

arbeiten und sich wieder vom Acker machen,<br />

bevor andere draufkommen, dass<br />

diese smarte Idee gar nichts wert war.<br />

DIE SINNFRAGE ALLER FRAGEN<br />

Wir benötigen keine smarten Ideen,<br />

wir benötigen gute Ideen. Was ist eine<br />

gute Idee? Da möchte ich gleich einen<br />

Satz eines anderen Gründers vor den<br />

Vorhang holen, dem Virgin-Gründer<br />

Richard Branson, der vor ein paar Jahren<br />

bei einem Pitch-Event Jungunternehmer*innen<br />

aufforderte, die ultimative<br />

Sinnfrage zu stellen. Nämlich: Ist in ihrem<br />

Unternehmen irgendetwas dabei, das<br />

dem Menschen wirklich eine Hilfe ist?<br />

Eine wichtige, richtige Frage. Vielleicht<br />

nicht vom idealen Role Model eines Humanisten<br />

postuliert, der sich gerade mit<br />

seinem Kontrahenten Elon Musk um die<br />

Saphenus<br />

Vorherrschaft beim Privatiers-ins-All-<br />

Segeln matcht. Den Kern trifft es aber.<br />

Als ich vor sieben Jahren vor der Entscheidung<br />

stand, ein Unternehmen zu<br />

gründen, musste ich mich dieser Frage<br />

nicht stellen. Ich bekam die Möglichkeit,<br />

ein wirkliches Problem von Menschen<br />

zu lösen, die eine Gliedmaße verloren<br />

haben. Die Gründer von Saphenus haben<br />

eine ganz neue Technik entwickelt, um<br />

mithilfe des Sense of Touch Amputierten<br />

den Phantomschmerz zu nehmen.<br />

Heute ist die fühlende Beinprothese auf<br />

dem Markt und das Projekt ist für mich<br />

genauso aufregend wie am ersten Tag.<br />

WAS WERDE ICH ERREICHT HABEN?<br />

Ich darf mit Stolz sagen, dass ich mich als<br />

Co-Founder von Saphenus an keine Startup-Gründer-Spielregeln<br />

gehalten habe,<br />

bei nur wenigen Pitches mitgemacht<br />

habe, keine Converse-Schuhe trage und<br />

auch der Hipsterbart ausgeblieben ist. Ich<br />

wollte die Grundsätze meines früheren<br />

Lebens nicht verlassen, und die sind als<br />

Naturwissenschaftler stark von Nachhaltigkeitsprinzipien<br />

geprägt.<br />

Und so meine ich, prägen mich diese<br />

Grundsätze auch heute. Geholfen hat<br />

mir da eine Zeitform, die mich an den<br />

Latein-Unterricht in der Schule erinnert<br />

hat und die der bekannte Soziologe<br />

Harald Welzer als Namen für seine Nachhaltigkeitsstiftung<br />

vor ein paar Jahren<br />

wählte. Die vergangene Zukunftsform.<br />

Das Futur 2. Wie werde ich mein Unternehmen<br />

geführt haben? Was werde ich<br />

erreicht haben? Das lässt sich nämlich<br />

viel leichter umsetzen als: Was möchte<br />

ich erreichen? Oder wie wird das Geschäftsjahr<br />

2023 aussehen? Probieren<br />

Sie es aus, Sie werden merken, bei Zukunftsfragen<br />

zeitlich zurückzuschauen,<br />

das löst die Ängste und schafft Mut, gewisse<br />

Charaktereigenschaften in seiner<br />

Handlung zu bewahren.<br />

Das Unternehmen Saphenus hat – und<br />

das sage ich mit großer Demut – alle Förderungen<br />

bekommen, die ein Unternehmen<br />

bekommen kann. Ob von der Austria<br />

Wirtschaftsservice (AWS) Preseed<br />

und Seed, Forschungsförderungsgesellschaft<br />

FFG (Basis Programme) dem Inkubator<br />

Accent bis zu den europäischen<br />

Förderprogrammen. Saphenus war das<br />

erste österreichische Unternehmen, das<br />

die Champions League der Förderungen,<br />

den EIC Accelerator der Europäischen<br />

6 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Adobe Stock<br />

Kommission im Februar 2020 erhalten<br />

hat. Februar 2020. Sie wissen ja, zwei<br />

Wochen vor dem ersten Corona-Lockdown.<br />

Ich brauche Ihnen nicht schreiben,<br />

was gewesen wäre, wenn wir diese millionenschwere<br />

Förderung nicht erhalten<br />

hätten. Aber das sind diese Momente<br />

in Unternehmen: Wir werden zweimal<br />

Glück und einmal die Abwesenheit von<br />

Pech gehabt haben. Wieder Futur 2.<br />

MUT ZU GEMEINWOHL<br />

STIFTENDEN IDEEN<br />

Was sind schöne Momente im Leben<br />

eines Unternehmers? Wenn man merkt,<br />

dass den Menschen geholfen werden<br />

kann. Mithilfe des Gefühls, Betroffenen<br />

wieder health literacy und Lebensqualität<br />

zurückgeben zu können. Amputierte von<br />

Morphinen und Opiaten wegbringen zu<br />

können.<br />

Und wenn man merkt, dass man nicht<br />

trotz, sondern wegen der nachhaltigen<br />

Einstellung im Unternehmen erfolgreich<br />

ist. Saphenus will den Phantomschmerz<br />

weltweit reduzieren. Und das bedeutet,<br />

in nicht entwickelnden Ländern überhaupt<br />

erst einmal die prothetische Versorgung<br />

zu ermöglichen. So ist es zum<br />

Beispiel dank des gemeinnützigen Partners<br />

Papillon International innerhalb von<br />

kurzer Zeit in Tunesien gelungen, die<br />

Voraussetzungen für diese Versorgung<br />

zu schaffen. In einem Land, in dem 90<br />

Prozent aller Amputierten im Rollstuhl<br />

sitzen und unversorgt sind. 90 Prozent!<br />

Und das, weil die vornehmlich aus den<br />

westlichen Ländern kommenden Prothesen<br />

unerschwinglich sind.<br />

Ich möchte Sie ermutigen, eine sinnvolle,<br />

Gemeinwohl stiftende Idee unternehmerisch<br />

umzusetzen. Nicht dass Sie sich<br />

nachher ärgern und im Futur 2 fluchen,<br />

über eine nicht gesetzte Handlung in der<br />

Vergangenheit: Ich werde diese Chance<br />

nicht genutzt haben. <br />

•<br />

Mag. Rainer Schultheis ist Co-Founder und CEO<br />

beim 2016 gegründeten österreichischen Unternehmen<br />

Saphenus Medical Technology. Der studierte<br />

Meteorologe ist außerdem seit 1998 Wetter-Redakteur<br />

im ORF Radio, Gestalter von Sendungen<br />

wie „Dimensionen“ und war Gründer und Gestalter<br />

der Ö1 Wandersendung „Naturgemäß“. Er bekam<br />

2004 für sein Buch „DonnerWetter“ den österreichischen<br />

Klimaschutzpreis verliehen.<br />

Saphenus hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

die Lebensqualität von<br />

Menschen zu verbessern, denen<br />

das Gefühl in den Beinen<br />

fehlt, sei es durch Polyneuropathie<br />

oder durch Amputation.<br />

1,5 Millionen Amputierte und<br />

7,5 Millionen Menschen mit Polyneuropathie und<br />

schwerwiegenden sensorischen Problemen sind<br />

europaweit betroffen. Saphenus hat eine bahnbrechende<br />

Lösung nach dem bionischen Prinzip<br />

entwickelt. Mit sensorischen Feedbacksystemen<br />

wie dem Medizinprodukt Suralis bekommen die<br />

Betroffenen das Gefühl des verlorengegangenen<br />

oder stark sensorisch beeinträchtigten Fußes zurück,<br />

fühlen wieder authentisch und das Gehirn<br />

erhält wieder sensorische Informationen. Neben<br />

den Geschäftsführern Aaron Pitschl und Rainer<br />

Schultheis ist unter anderem Olympiasieger Toni<br />

Innauer Co-Founder des Unternehmens.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

7


Bruno Scramgnon<br />

Innovationsmanagement hat viele Facetten<br />

Das Thema „Innovation“ aus einer wissenschaftlichen Perspektive. Ein Überblick über mein<br />

Forschungsgebiet an der <strong>BOKU</strong>.<br />

Von Christian Garaus<br />

Die <strong>BOKU</strong> ist als Universität eine<br />

zentrale Treiberin für Innovation.<br />

Im Bereich der Grundlagenforschung<br />

schaffen <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen<br />

die Basis für zukünftige Produkte und<br />

Dienstleistungen. Auch in der angewandten<br />

Forschung werden in Kooperationen<br />

viele neue Ideen und Erfindungen in die<br />

Wirtschaft hineingetragen, wie Rektorin<br />

Eva Schulev-Steindl kürzlich anlässlich<br />

der Eröffnungsfeier des Jubiläumsjahres<br />

„150 Jahre nachhaltig vorausschauen“<br />

unterstrich. Für die Wirtschaft und die<br />

Gesellschaft generell werden Innovationen<br />

immer zentraler, um im internationalen<br />

Wettbewerb bestehen zu können.<br />

Das sind gute Gründe dafür, sich dem<br />

Thema „Innovation“ aus einer wissenschaftlichen<br />

Perspektive zu nähern. Dazu<br />

gehe ich in diesem Beitrag drei Fragen<br />

nach: Was ist Innovation? Welche Arten<br />

von Innovation gibt es? Wie lässt sich<br />

Innovation managen?<br />

WAS IST INNOVATION?<br />

Innovation besteht einerseits aus der<br />

Generierung einer neuen Idee/Erfindung<br />

zur Lösung eines Problems und andererseits<br />

aus deren erfolgreichen Kommerzialisierung<br />

beziehungsweise Verbreitung.<br />

Bezugnehmend auf den ersten Aspekt ist<br />

die <strong>BOKU</strong> seit jeher ein zentraler Ort der<br />

Ideen- und Wissensgenerierung. Zusätzlich<br />

nimmt die <strong>BOKU</strong> auch beim zweiten<br />

Aspekt eine immer aktivere Rolle ein,<br />

um den Transfer von Invention zur Verwertung<br />

zu ermöglichen. Zum Beispiel<br />

offeriert die <strong>BOKU</strong> – unter anderem zur<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der<br />

Third Mission – Technologieangebote,<br />

bei denen Erfindungen von <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen<br />

vom Team „Technologie-<br />

8 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


transfer“ aktiv an Unternehmen herangetragen<br />

werden. Weiters werden auch<br />

Ausgründungen wie zum Beispiel das<br />

<strong>BOKU</strong>-Spin-off „Agrobiogel“ gefördert,<br />

das mit einem Biohydrogel unfruchtbare<br />

Böden wieder fruchtbar macht und<br />

auf Basis von Forschungsergebnissen<br />

der <strong>BOKU</strong> von Unternehmen für eine<br />

kommerzielle Nutzung weiterentwickelt<br />

wurde.*<br />

Auch im Rahmen der Lehre spiegelt sich<br />

diese Orientierung wider. Beispielsweise<br />

führen die Studierenden in meiner<br />

Lehrveranstaltung „Marktforschung und<br />

Marktanalyse“ in Kooperation mit dem<br />

<strong>BOKU</strong>-Technologietransfer-Team reale<br />

Marktstudien für <strong>BOKU</strong>-Technologien<br />

durch. So wurde zuletzt das Marktpotenzial<br />

von „TRIBOWOOD“ analysiert;<br />

einer Erfindung vom Institut für Holztechnologie<br />

zur besseren Abscheidung<br />

von Holzstaub auf Basis des triboelektrischen<br />

Effekts.<br />

WELCHE ARTEN VON<br />

INNOVATIONEN GIBT ES?<br />

Die bereits angesprochenen technologischen<br />

Innovationen werden zu einem<br />

späteren Zeitpunkt häufig die Grundlage<br />

von neuen Produkten oder Dienstleistungen.<br />

Solche Produkt- und Dienstleistungsinnovationen<br />

sind die wohl<br />

sichtbarsten Ergebnisse von Innovationsaktivitäten;<br />

z.B. SARS-CoV2-Antikörpertests,<br />

die <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen (mit-)<br />

entwickelt haben.<br />

Neben den angesprochenen technologischen,<br />

Produkt- und Dienstleistungsinnovationen<br />

lassen sich weiters auch<br />

Prozessinnovationen (z. B. neue Methoden<br />

oder Apparate) und organisationale<br />

Innovationen (u. a. neue Arten der Arbeitsteilung<br />

und -allokation) unterscheiden.<br />

Besondere Aufmerksamkeit haben<br />

in den letzten beiden Jahrzehnten auch<br />

Geschäftsmodellinnovationen (d. h. neue<br />

Wege, Wert für Kund*innen zu kreieren,<br />

zu liefern und zu erfassen) erfahren.<br />

Der Grad der Neuerung von Innovationen<br />

lässt sich dabei anhand eines Kontinuums<br />

zwischen inkrementell (d. h. auf<br />

etwas Bestehendem aufbauend) und radikal<br />

(d. h. etwas fundamental anders tun)<br />

einordnen. Radikale Innovationen haben<br />

einen revolutionären Charakter. Dabei<br />

werden Märkte oft neu strukturiert,<br />

indem bestehende Produkte gänzlich<br />

ersetzt werden oder noch nicht dagewesene<br />

Produktkategorien kreiert werden.<br />

Inkrementelle Innovationen verbessern<br />

ein Produkt, einen Prozess, etc. evolutionär<br />

und führen oft dazu, dass der<br />

Nutzen für Kund*innen erhöht wird oder<br />

Kosten gesenkt werden. Innovationen,<br />

die zentral für die Dekarbonisierung der<br />

Energiewirtschaft sind, wie zum Beispiel<br />

Solarpaneele oder Windkraft, waren bei<br />

ihrer Einführung radikal neu; wettbewerbsfähig<br />

wurden sie im Laufe der Zeit<br />

durch viele inkrementelle Innovationen.<br />

WIE LÄSST SICH<br />

INNOVATION MANAGEN?<br />

Die zentrale Idee von Innovationsmanagement<br />

ist, die Innovationen nicht als<br />

Ausnahme, sondern laufend entstehen zu<br />

lassen. In Organisationen wird dazu meist<br />

ein strukturierter Prozess verwendet, bei<br />

dem Phasen in einer bestimmten Reihenfolge<br />

durchlaufen werden müssen.<br />

An vordefinierten Meilensteinen wird<br />

darüber entschieden, ob ein Innovationsprojekt<br />

fortgesetzt werden darf oder<br />

nicht. Oft wird zur Visualisierung auf<br />

ein Trichtermodell zurückgegriffen, da<br />

zu Beginn viele Ideen generiert werden,<br />

von denen im Laufe der Zeit die meisten<br />

aussortiert werden. Während der Innovationsprozess<br />

in der Vergangenheit meist<br />

so gemanagt wurde, dass ausschließlich<br />

auf Mitarbeiter*innen und ausgewählte<br />

»<br />

Innovation besteht einerseits<br />

aus der Generierung<br />

einer neuen Idee/Erfindung<br />

zur Lösung eines Problems<br />

und andererseits aus deren<br />

erfolgreichen Kommerzialisierung<br />

beziehungsweise<br />

Verbreitung.<br />

Christian Garaus<br />

Partner*innen zurückgegriffen wurde,<br />

hat sich dies mit dem Aufkommen des<br />

Internets gewandelt. Unter dem Schlagwort<br />

„Open Innovation“ werden Externe<br />

in den Innovationprozess miteinbezogen.<br />

Auch die <strong>BOKU</strong> setzt aktiv Maßnahmen,<br />

um das Innovationspotenzial aller Mitarbeiter*innen,<br />

Studierenden und der<br />

Allgemeinheit noch besser nutzen zu<br />

können, damit sie auch in Zukunft ein<br />

zentraler Treiber für Innovation bleibt.<br />

In dem Schwerpunkt „Open Innovation“<br />

am Institut für Marketing und Innovation,<br />

an dem ich forsche und lehre, werden<br />

neuartige Methoden wie Crowdsourcing,<br />

Ideenwettbewerbe und Hackathons erforscht,<br />

die in der <strong>BOKU</strong>:BASE für die<br />

Ideengenerierung zur Lösung von klimarelevanten<br />

Fragestellungen eingesetzt<br />

werden können. <br />

•<br />

* Weitere Details zu dieser innovativen Technologie,<br />

die an der <strong>BOKU</strong> entstanden ist und nun<br />

in einem Unternehmen weiterentwickelt wird,<br />

finden Sie auf Seite 46.<br />

Mag. Dr. Christian Garaus ist Assistenzprofessor<br />

am Institut für Marketing und Innovation und Mitglied<br />

des Beirats der <strong>BOKU</strong>:BASE.<br />

Lukas Pelz<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

9


Astrid Bartl<br />

Grundstein für Gründungen – <strong>BOKU</strong>:BASE<br />

<strong>BOKU</strong> Activities Supporting Entrepreneurship<br />

Von Michaela Amstötter-Visotschnig, Doris Schmidt und Michael Ambros<br />

Derzeit werden „Innovation“ und<br />

„Entrepreneurship“ beinahe inflationär<br />

benutzt. Zusammen mit<br />

„Nachhaltigkeit“ sollen alle Probleme der<br />

Gesellschaft und Wirtschaft fast magisch<br />

gelöst werden. Doch ist das so? Und was<br />

hat die <strong>BOKU</strong>:BASE damit zu tun?<br />

Innovation bedeutet so viel wie „Neuerung“.<br />

Der Begriff stammt vom lateinischen<br />

„innovare“, welcher „erneuern“<br />

bedeutet. Aus dem universitären Streben<br />

nach neuem Wissen und der damit<br />

verbundenen ständigen Erweiterung<br />

„Mehr als die Vergangenheit<br />

interessiert mich die Zukunft,<br />

denn in ihr gedenke ich zu leben.“<br />

Albert Einstein<br />

des Bekannten und der Möglichkeit,<br />

Zu sammenhänge zu verstehen, zu verändern<br />

und zu gestalten, ergeben sich<br />

Antworten auf dringende Herausforderungen<br />

wie etwa den Klimawandel,<br />

Pandemien oder Ernährungssicherheit.<br />

Um diese Erkenntnisse, Technologien<br />

und Wissen in der Praxis zur Anwendung<br />

zu bringen, ist die Gründung von universitären<br />

Spin-offs und Start-ups ein<br />

elementarer Baustein.<br />

„Never change a running system“ – ist<br />

eine Strategie, die ökonomisch sinnvoll<br />

10 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


sein mag, Innovationen aber oft im Weg<br />

steht. Universitäre Gründer*innen setzen<br />

neue Ideen um, die neue Technologie<br />

beziehungsweise Herangehensweise<br />

steht ganz im Fokus.<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE deckt die ganze Breite<br />

unternehmerischen Handelns ab und<br />

unterstützt Angehörige der <strong>BOKU</strong> mit<br />

der Motivation „etwas zu tun“, einer vagen<br />

Idee, einem innovativen Forschungsergebnis<br />

sowie jene, die bereits ein valides<br />

Geschäftsmodell entwickelt haben.<br />

Unsere Vision für die <strong>BOKU</strong> ist es, „Die<br />

unternehmerische Universität des Lebens“<br />

zu sein und dadurch als Sprungbrett<br />

für Innovationen, als Wegbereiterin<br />

für Ideen, Technologien und Strategien<br />

zur nachhaltigen Entwicklung in der Gesellschaft<br />

beizutragen.<br />

Dieses Ziel wird durch die Vermittlung<br />

von unternehmerischem Wissen, die Entwicklung<br />

eines impactorientierten Mindsets,<br />

der Ermutigung zu verantwortungsvoller<br />

Gestaltung und der Begleitung von<br />

der Idee bis zum Unternehmen verfolgt.<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE gliedert sich in drei Bereiche:<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE EDUCATION<br />

Unterstützung für Studierende<br />

Für Studierende bietet die <strong>BOKU</strong> ein<br />

breites Angebot an Lehrveranstaltungen,<br />

wir machen diese sichtbar und entwickeln<br />

neue Formate mit. Neben einem Fokus<br />

auf die Umsetzung nachhaltiger Ideen<br />

und dem Werdegang zum Start-up kooperieren<br />

wir mit anderen Universitäten,<br />

um inter- und transdisziplinäre Teams und<br />

Ideen zu fördern. Für vielversprechende<br />

Projekte gibt es die Möglichkeit, unseren<br />

Co-Working-Space zu nutzen und sich<br />

mit der Community zu vernetzen.<br />

Zusammenarbeit der Unternehmen mit<br />

der <strong>BOKU</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE LABS & INFRASTRUCTURE<br />

Laborflächen und Räumlichkeiten für<br />

Spin-offs und Start-ups<br />

Durch die Bereitstellung von Laborflächen<br />

und Räumlichkeiten an unseren<br />

Standorten Türkenschanze, Muthgasse<br />

und Tulln soll gezielt das Prototyping und<br />

Testen neuer Ideen und Produkte gefördert<br />

werden. Ideen und wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse können die Teams hier<br />

optimieren und bis zur Marktreife entwickeln.<br />

Neben den wichtigen wirtschaftlichen<br />

Kenntnissen braucht es für eine Gründung<br />

auch das richtige Mindset. Eine<br />

Gründung ist so individuell wie die Menschen,<br />

die dahinterstehen. Neben Leidenschaft,<br />

Instinkt, sozialer Kompetenz,<br />

Motivation und Optimismus braucht es<br />

Neugier. Neugier ist für uns das Streben<br />

nach Wissen, gemischt mit der Bereitschaft,<br />

sich überraschen zu lassen, zu<br />

staunen und zu lernen. Die <strong>BOKU</strong>:BASE<br />

vernetzt die Gründer*innen und hilft<br />

dabei, diese Eigenschaften noch besser<br />

zu nutzen.<br />

Auch die Vernetzung untereinander, national<br />

und international, spielt für aufstrebende<br />

Spin-offs und Start-ups eine<br />

wichtige Rolle. Die <strong>BOKU</strong>:BASE ist Teil<br />

eines großen und stetig wachsenden<br />

Netzwerks an Partner*innen und Kooperationen.<br />

Für junge Gründer*innen<br />

bietet die Veranstaltungsreihe Joint Forces<br />

(zusammen mit WU und TU) einen<br />

Rahmen, bei der Ideen gepitched, Co-<br />

Gründer*innen gefunden und offene<br />

Fragen gestellt werden können. Dieses<br />

Event findet dreimal im Semester, jeweils<br />

an einem anderen Standort statt.<br />

Unser Team<br />

Michaela Amstötter-Visotschnig<br />

Research & Intellectual Property<br />

Michael Ambros<br />

Education & Sustainable<br />

Development<br />

Doris Schmidt<br />

Labs & Infrastructure<br />

zwei Monaten können Interessierte ihre<br />

eigenen Geschäftsideen in interdisziplinären<br />

Teams ausprobieren und werden<br />

dabei von erfahrenen Gründer*innen<br />

und Investor*innen unterstützt.<br />

Ein Unternehmen zu gründen, ist eine<br />

aufregende Reise, das Schwierigste ist der<br />

Mut zu beginnen. Die <strong>BOKU</strong>:BASE begleitet<br />

dich auf deiner Reise zum eigenen<br />

Unternehmen! <br />

•<br />

LINKS<br />

base.boku.ac.at<br />

Astrid Bartl<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE RESEARCH & IP<br />

Unterstützung für Forscher*innen<br />

Forscher*innen bieten wir professionelle<br />

Unterstützung bei der wirtschaftlichen<br />

Umsetzung innovativer Ideen aus der<br />

Forschung und betreuen den gesamten<br />

Gründungsprozess eines Spin-offs. Als<br />

erste Anlaufstelle unterstützen wir von<br />

der ersten Idee bis zur Gründung und<br />

sind Begleiter*innen bei der weiteren<br />

Das ECN (Entrepreneurship Center Network)<br />

hält weitere Möglichkeiten zur<br />

hochschulübergreifenden Vernetzung<br />

zwischen Universitäten und Fachhochschulen<br />

in Österreich bereit. Im Frühjahr<br />

<strong>2022</strong> findet beispielsweise die Entrepreneurship<br />

Avenue statt – eine Eventreihe,<br />

um junge Menschen zu inspirieren<br />

und zu motivieren, in die Start-up-Szene<br />

einzutauchen. Über einen Zeitraum von<br />

www.entrepreneurshipavenue.com<br />

www.wu.ac.at/gruenden/unsere-angebote/eventformate/jointforces<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

11


Astrid Bartl<br />

Wer braucht<br />

unternehmerische Bildung?<br />

Entrepreneurship Education an der <strong>BOKU</strong> – Möglichkeiten, die Zukunft mitzugestalten.<br />

Von Michael Ambros<br />

Die <strong>BOKU</strong> hat als Universität des<br />

Lebens ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis<br />

entwickelt, das<br />

auch nachhaltiges Unternehmer*innentum<br />

aus multiplen Perspektiven miteinschließt.<br />

Sie möchte ihre Studierenden<br />

dazu befähigen, innovative und zugleich<br />

zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.<br />

Der Entrepreneurial Spirit soll bei den<br />

Studierenden geweckt und unternehmerische<br />

Kompetenzen sollen während der<br />

gesamten Studienzeit gefördert werden.<br />

Auf allen Karrierepfaden – von der universitären<br />

Forschung (Innovation) über<br />

strategisch-gestalterische Mitarbeit in<br />

einer Organisation (Intrapreneurship)<br />

bis zur Gründung eines Unternehmens<br />

(Entrepreneurship im engeren Sinn) –<br />

stärken unternehmerische Kompetenzen<br />

die <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen in ihren Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

ENTREPRENEURSHIP<br />

EDUCATION<br />

Im Rahmen der <strong>BOKU</strong> Activities Supporting<br />

Entrepreneurship (<strong>BOKU</strong>:BASE)<br />

strebt die <strong>BOKU</strong> geeignete Rahmenbedingungen<br />

für Unternehmer*innentum<br />

an. Im Bereich <strong>BOKU</strong>:BASE Education<br />

liegt der Fokus auf der Erarbeitung unternehmerischer<br />

Kompetenzen für eine<br />

nachhaltige Entwicklung.<br />

Bereits vor der Studienwahl kann die<br />

Begeisterung für ein Themenfeld der<br />

<strong>BOKU</strong> entfacht werden. Die Motivation<br />

im Studium bzw. die Entscheidung für<br />

eine bestimmte Studienrichtung kommt<br />

mitunter von dem Wunsch, eine (gesell-<br />

12 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


schaftliche) Herausforderung zu meistern<br />

und die Zukunft mitzugestalten. In<br />

diesem Sinne engagiert sich das Team der<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE etwa bei der Youth Entrepreneurship<br />

Week (siehe Bericht S. 15),<br />

einer Schnupperwoche für Schüler*innen<br />

an Universitäten oder auf der Studieninformationsmesse<br />

BeSt³ in Kooperation<br />

mit <strong>BOKU</strong>4you.<br />

Im Zuge des Studiums erhalten Studierende<br />

Orientierung und Begleitung innerhalb<br />

der Lehre und darüber hinaus.<br />

Entrepreneurship zählt – wie auch Nachhaltigkeit<br />

– zu den Querschnittsmaterien<br />

und ergänzt somit das disziplinäre Fachwissen<br />

um entsprechende Kompetenzen<br />

für dessen Umsetzung. Das vielfältige<br />

Angebot an Lehrveranstaltungen im Kontext<br />

von Entrepreneurship kann grob in<br />

Formate geclustert werden, die zur Wissensvermittlung<br />

(Knowledge) beitragen<br />

bzw. zu dessen Anwendung (Skills), und<br />

solche, die die Entwicklung einer unternehmerischen<br />

Haltung (Attitude) fördern.<br />

Die Wissensvermittlung umfasst<br />

im Wesentlichen betriebswirtschaftliche<br />

Bereiche wie Finanzen, Marketing oder<br />

auch Risikomodelle. Anwendung findet<br />

das theoretische Wissen z. B. anhand von<br />

Fallbeispielen in einem marktorientierten<br />

Kontext in Form von Business Modellierung<br />

oder Planung. Die unternehmerische<br />

Haltung ist Teil der Persönlichkeit;<br />

deren Entwicklung wird gefördert, wenn<br />

Studierende ihre eigenen Ideen generieren<br />

und in die Umsetzung bringen.<br />

ERWEITERTES ANGEBOT<br />

Mit Fokus auf die Umsetzung nachhaltiger<br />

Ideen kooperiert die <strong>BOKU</strong> mit anderen<br />

Universitäten, um inter- und transdisziplinäre<br />

Teams und ganzheitliche Lösungen<br />

zu fördern. Lehrveranstaltungen<br />

wie Garage oder Sustainability Challenge<br />

bieten die Möglichkeit zur Zusammenarbeit<br />

mit Studierenden unter anderem<br />

von WU, TU, Uni Wien oder Angewandte.<br />

Potenzielle Gründungsteams lernen einander<br />

nicht nur in Lehrveranstaltungen<br />

kennen, sondern auch im Umfeld einschlägiger<br />

Veranstaltungen, wie dem<br />

<strong>BOKU</strong> Start-up Tag oder der <strong>BOKU</strong>-<br />

WU-TU Reihe „Joint Forces“. Sie bieten<br />

Raum für Austausch zwischen Interessierten<br />

und bereits fortgeschrittenen<br />

Gründer*innen, für Vernetzung mit der<br />

Community – innerhalb der <strong>BOKU</strong> und<br />

darüber hinaus. Zusätzlich gibt es für<br />

vielversprechende Projekte die Möglichkeit,<br />

den ersten Co-Working- Space<br />

im Ilse-Wallentin-Haus zu nutzen. In<br />

Kooperation mit dem students’ innovation<br />

centre [sic!] (Seite 20) gestaltet<br />

das Team der <strong>BOKU</strong>:BASE einen ergänzenden<br />

Rahmen zur Förderung von<br />

nachhaltigem Unternehmer*innentum<br />

mit einer Mischung aus physischen und<br />

virtuellen Räumen, Veranstaltungen und<br />

Coachings.<br />

FRUCHTBARE KOOPERATIONEN<br />

UND ENTWICKLUNG<br />

Entrepreneurship Education beschäftigt<br />

uns auch in internationalen Kooperatio-<br />

New course for doctoral students:<br />

INNOVATION &<br />

ENTREPRENEURSHIP –<br />

FROM SCIENCE TO MARKET<br />

The course introduces to entrepreneurship<br />

and innovation. It motivates<br />

participants to think about commercializing<br />

their own research either<br />

in form of a new venture or project<br />

inside an established organization.<br />

nen. Innerhalb der Europäischen Universitätsallianz<br />

EPICUR fand im Herbst 2021<br />

das erste EPICUR Entrepreneurial Lab<br />

(EEL) statt, ein zweites ist für September<br />

<strong>2022</strong> in Vorbereitung. Geplant ist die<br />

Weiterentwicklung dieses Formats in den<br />

Folgejahren. Mit speziellem Fokus auf<br />

Bioökonomie läuft aktuell auch ein internationaler<br />

Kurs des Erasmus+ Projekts<br />

FOEBE (Fostering Entrepreneurship for<br />

the Bio-Economy).<br />

Wertvolle Anhaltspunkte für die weitere<br />

Lehr- und Lernentwicklung im Bereich<br />

Entrepreneurship liefert – neben guten<br />

Praxisbeispielen und dem Austausch im<br />

Rahmen nationaler (z. B. ECN) und internationaler<br />

(z. B. ICA) Netzwerke – das<br />

INTRINSIC Projekt (Innovative Education<br />

for Sustainable Entrepreneurship<br />

in Life Sciences (siehe Artikel auf S. 82).<br />

Gemeinsam mit den wissenschaftlichen<br />

Zentren und entsprechenden Service-Einrichtungen,<br />

insbesondere für<br />

E-Learning & Didaktik, sowie Lehrenden<br />

und Studierenden arbeiten wir daran,<br />

Sustainable Entrepreneurship Education<br />

umfassend an der <strong>BOKU</strong> zu verankern.<br />

Wir folgen dabei einer weit gefassten<br />

Definition von Unternehmer*innentum<br />

und fokussieren vor allem auf die Förderung<br />

einer entsprechenden Haltung<br />

sowie die Entwicklung von Grundkompetenzen<br />

für unternehmerisches Handeln<br />

für eine nachhaltige Entwicklung.<br />

<strong>BOKU</strong> START-UPS<br />

Das Ergebnis des Engagements Entrepreneurship<br />

im Rahmen der Lehre<br />

zu fördern und Studierendenteams zu<br />

unterstützen, zeigt sich auf vielfältige<br />

Weise. Unternehmensgründungen wäh-<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

13


Pioniere Hut & Stiel.<br />

Wolfgang Riepl<br />

Felix Billiani<br />

Kesselwerk: Zirbel- (oben) und Salbeiöl-Destillation.<br />

Alpengummi: Die Gründerinnen Sandra<br />

und Claudia.<br />

rend, mit Abschluss des Studiums oder<br />

nach ein paar Jahren Berufserfahrung<br />

sind ebenso vertreten wie Versuche in<br />

Form von Prototyping oder der Aufbau<br />

eigener Projekte innerhalb bestehender<br />

Organisationen. Während des Studiums<br />

sind als Prototypen z. B. Klettergriffe aus<br />

Hanffasern (Hemp Holds) im Zuge der<br />

Lehrveranstaltung „Think+Make“ oder<br />

eine Charge Apfelcider aus einer Streuobstwiese<br />

(Eastcider) im Start-up-Track<br />

der Sustainability Challenge produziert<br />

worden. Die Gründer von Kesselwerk<br />

haben ihre Bachelorarbeit dem ätherischen<br />

Öl der Zirbe gewidmet; daraus<br />

entstanden ist eine mobile Destille für<br />

land- und forstwirtschaftliche (Neben-)<br />

Produkte. Die Umsetzung des erworbenen<br />

Fachwissens gelang auch den Gründerinnen<br />

von Alpengummi – inspiriert<br />

von „Innovations in sustainable forest<br />

management“ – indem sie den fossilen<br />

Hauptbestandteil von Kaugummi (Erdöl)<br />

durch regeneratives Baumharz und<br />

Bienenwachs ersetzt haben. Bereits etabliert<br />

hat sich beispielsweise das vor zehn<br />

Jahren aus einer Lehrveranstaltung heraus<br />

gegründete Unternehmen Collective<br />

Energy mit dem Angebot kunden- und<br />

crowdfinanzierter Modelle zur Errichtung<br />

von Photovoltaikanlagen. Weitere<br />

innovative Produkte stammen von den<br />

Pionieren Hut & Stiel, der Wurmkiste<br />

oder der Obstraupe von Organic Tools<br />

(Seite 16). Die Vielfalt an <strong>BOKU</strong> Start-ups<br />

belegen auch Vereine wie Leila Wien, die<br />

erste Bibliothek der Dinge oder Perspektive<br />

Landwirtschaft mit einem Angebot<br />

für außerfamiliäre Hofnachfolge und<br />

einer eigenen Hofbörse (Seite 17).<br />

Alle verbindet das „Entrepreneurial<br />

Mindset“, die Haltung, mit der sie den<br />

Herausforderungen in der Praxis begegnen.<br />

Gepaart mit dem profunden<br />

Nachhaltigkeitsverständnis an der <strong>BOKU</strong><br />

erwachsen so verantwortungsvolle Gestalter*innen<br />

der Zukunft. •<br />

SCHON GEWUSST?<br />

Einige Produkte von <strong>BOKU</strong><br />

Start-ups gibt’s im Alumni-Shop:<br />

alumni.boku.wien/shop<br />

LINKS<br />

www.alpengummi.at<br />

www.collective-energy.at<br />

www.wurmkiste.at<br />

www.hutundstiel.at<br />

www.kesselwerk.at<br />

www.leila.wien<br />

sc.rce-vienna.at<br />

14 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


<strong>BOKU</strong><br />

Problem erkannt, Problem gebannt:<br />

Schüler*innen entwickeln an der <strong>BOKU</strong><br />

nachhaltige unternehmerische Lösungen<br />

Eine Rückschau auf die YOUTH ENTREPRENEURSHIP WEEK, bei der die <strong>BOKU</strong>:BASE im Oktober 2021<br />

Gastgeberin war.<br />

Von Irene Fink<br />

Wir haben in dieser Woche ein<br />

Problem gefunden, eine Lösung<br />

dazu gefunden und ein Produkt<br />

dazu entwickelt.“ So prägnant fasst eine<br />

Schülerin der HAK/HAS Mistelbach zusammen,<br />

was in diesen ereignisreichen<br />

vier Tagen im Ilse-Wallentin-Haus an der<br />

<strong>BOKU</strong> entstanden ist. Im Rahmen der<br />

Youth Entrepreneurship Week haben sich<br />

rund 40 Schüler*innen aus zwei Klassen<br />

der Herausforderung gestellt, eine unternehmerische<br />

Problemlösung zu entwickeln<br />

und diese am Ende den kritischen<br />

Köpfen einer Jury zu präsentieren. Die<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE fungierte dabei als Gastgeberin<br />

und stellte durch Michael Ambros<br />

als Mentor Expertenwissen zum Thema<br />

nachhaltiges Unternehmertum zur Verfügung.<br />

Florian Schanznig vom students‘<br />

innovation centre [sic!] war ebenso involviert<br />

wie auch Expert*innen aus der<br />

Wirtschaft und der Start-up-Szene.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

Über den gesamten Zeitraum hinweg<br />

wurden die Schüler*innen von den Trainerinnen<br />

Maja Dolinsek und Eva Kirchhofer<br />

(Austrian Start-ups) begleitet, die<br />

immer mit Rat und Tat zur Seite standen.<br />

„Wir haben das Business Model Canvas<br />

gemeinsam gemacht, Prototypen ausprobiert<br />

und dann ging es auch sehr viel<br />

ans Pitchen“, resümiert Dolinsek.<br />

Die Resultate konnten sich jedenfalls sehen<br />

lassen: Unter den prämierten Ideen<br />

war „Your Water“, das die Vermeidung<br />

von Einwegplastikflaschen zum Ziel hat,<br />

und „Still Good“, eine Idee, die Lebensmittel<br />

vor der Tonne retten will. „No<br />

Touch“ könnte unseren täglichen WC-<br />

Besuch hygienischer werden lassen, da<br />

durch Sensoren Türklinken obsolet werden<br />

und „Haken To Go“ kann sowohl dort<br />

als auch an unzähligen anderen Orten<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Insgesamt war es uns als <strong>BOKU</strong>:BASE ein<br />

Anliegen, den Schüler*innen die ganzheitliche,<br />

zukunftsorientierte Herangehensweise<br />

der <strong>BOKU</strong> begreiflich zu machen<br />

und ihnen die Relevanz von Nachhaltigkeit<br />

in allen Dimensionen zu vermitteln.<br />

Am ersten Tag kannten die Schüler*innen<br />

die <strong>BOKU</strong> noch gar nicht und bei den<br />

finalen Pitches zeigten sie auf beeindruckende<br />

Art und Weise, welche innovativen<br />

Geschäftsideen für eine lebenswertere<br />

Zukunft in ihnen stecken.<br />

•<br />

entrepreneurshipwoche.at<br />

15


Vielfalt als nachhaltige<br />

unternehmerische Chance<br />

Wie eine „Raupe“ für Streuobstwiesen<br />

zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell<br />

wurde: Ein Werkzeug für großartige<br />

Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.<br />

Von Team Organic Tools und Michael Ambros<br />

Die Gründer der Organic Tools<br />

GmbH, David Brunmayr (<strong>BOKU</strong>),<br />

Lukas Griesbacher (<strong>BOKU</strong>) und<br />

Stefan Bermadinger (TU), entwickeln<br />

Werkzeuge für eine regenerative und<br />

zukunftstaugliche Landwirtschaft. Den<br />

Anfang machten sie auf den schönen und<br />

artenreichen Streuobstwiesen Mitteleuropas.<br />

Sie stellten fest: Das aufwendige<br />

Sammeln von Verarbeitungsobst, diesem<br />

Kulturgut, bereitet schon Generationen<br />

von Landwirt*innen und Obstbäuer*innen<br />

Kopfzerbrechen. „Die alten Mostbirnbäume<br />

sind aus der Zeit von Maria<br />

Theresia und das Obst klauben wir auch<br />

noch wie Maria Theresia“, beschrieb es<br />

einer ihrer Kund*innen.<br />

Die Obstraupe beim Einsatz auf einer Streuobstwiese vor höchst interessiertem Publikum.<br />

Organic Tools<br />

Erntetechnik ist kaum verbreitet, da die<br />

am Markt verfügbaren Geräte nicht den<br />

Anforderungen der Ernte auf den vielfältigen<br />

Streuobstwiesen entsprechen.<br />

Darin sahen die Gründer die Chance, ein<br />

Gerät zu entwickeln, das für die Ernte<br />

auf Streuobstwiesen optimiert ist. Die<br />

Obsternte muss sich wieder auszahlen<br />

und die Bewirtschafter*innen sollen beim<br />

Die 117 Geräte waren im Juli 2018 ausverkauft<br />

– mit begeisterten Rückmeldungen<br />

der Kund*innen. Einige hatten bis zu<br />

30 Tonnen Obst geerntet, bei anderen<br />

wollten die Kinder plötzlich wieder bei<br />

der Obsternte mithelfen. Inzwischen<br />

sind schon über 800 Obstraupen auf<br />

den europäischen Streuobstwiesen im<br />

Einsatz. Die Serienfertigung wurde gemeinsam<br />

zeugen für Obstbau und Agroforst sind<br />

– dank Kooperationen mit anderen Herstellern<br />

– nun auch Hunderte Kleingeräte<br />

für den diversifizierten Gemüsebau<br />

erhältlich.<br />

Farming Plus (02/2020), Obstraupe: Innovation<br />

für Obstbauern (Videobeitrag)<br />

www.farming.plus/de/c/obstraupe-<br />

Obstklauben mehr Freude und weniger<br />

mit Partner*innen in Österreich innovation-fuer-obstbauern.5696 •<br />

Kreuzweh haben. Dafür brauchte es ein aufgebaut. Organic Tools möchte regional<br />

und ohne Kompromisse produzieren<br />

»<br />

Gerät mit höchster Flexibilität und Funktionalität<br />

zum besten Preis. Nach einer in-<br />

und dabei sowohl ökologisch als auch<br />

Unsere Zeit an der <strong>BOKU</strong> hat uns<br />

gelehrt, systemisch zu denken. Wie<br />

tensiven Prototypentwicklung im engen wirtschaftlich nachhaltig agieren.<br />

können wir eine gesellschaftliche<br />

Austausch mit Streuobstbewirtschafter*innen<br />

entstand die erste Kleinserie Was mit Mostobst auf den traditionellen<br />

Wirkung in die DNA unserer Firma<br />

einbauen?<br />

der Obstraupe in mühsamer Handarbeit. Streuobstwiesen begonnen hat, geht in<br />

vielfältigen Agroforstsystemen weiter. Als Unternehmen sehen wir uns als<br />

KEY FACTS<br />

Von Karob über Mandeln, Pistazien bis Teil einer kleinbäuerlichen Revolution.<br />

Wir sind die größten Fans unserer<br />

ORGANIC TOOLS GmbH:<br />

zu Edelkastanien – die Gründer stoßen<br />

inzwischen auf großes internationales Kund*innen, die mit Leidenschaft und<br />

O gegründet März 2018 in Wien<br />

Interesse für eine Vielfalt an Obst- und im Einklang mit der Natur köstliche<br />

O Produktion und Montage in<br />

Nutzungsarten. Die Obstraupe scheint Lebensmittel kreieren. Dort sind die<br />

Schörfling am Attersee<br />

insbesondere für kleinstrukturierte Betriebe<br />

eine Lücke in der Erntetechnik zu hause. Die Wertschöpfung und der<br />

Fülle und die Vielfalt des Lebens zu-<br />

O 9 Mitarbeitende<br />

(Vollzeit-Äquivalente)<br />

O Nettoumsatz 2021:<br />

schließen.<br />

Energieoutput pro Hektar und Input<br />

sind ein Vielfaches im Vergleich zur<br />

€ 700.000<br />

O Gewinner bei Start-up-Wettbewerben<br />

innovate4nature<br />

Im Sinne der Gründungsidee von Organic industriellen Landwirtschaft.<br />

Tools, „Werkzeug für die kleinbäuerliche <strong>BOKU</strong>-Alumni David Brunmayr<br />

und Vielfalter Revolution“, ist auch das Angebot an und Lukas Griesbacher<br />

Werkzeugen gewachsen. Neben Werk-<br />

16 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Perspektive Landwirtschaft<br />

„Perspektive Landwirtschaft“ bringt<br />

Hofübergebende und Hofsuchende zusammen<br />

Der 2013 von <strong>BOKU</strong>-Studierenden gegründete Verein „Perspektive Landwirtschaft“ unterstützt Betriebsleiter*innen<br />

ohne Nachfolge dabei, ihr Lebenswerk zu erhalten sowie zukünftige Landwirt*innen auf der Suche<br />

nach einem Hof.<br />

Von Miriam Aufdoppler und Florian Jungreithmeier<br />

Zwischen einem Drittel und der Hälfte<br />

der Betriebsleiter*innen hat kurz<br />

vor der Pensionierung keine gesicherte<br />

Nachfolge, wie Studien zeigen.<br />

Die Gründe hierfür sind vielfältig, oft<br />

kann oder will niemand in der erweiterten<br />

Familie den Betrieb übernehmen.<br />

Hier gilt es, Alternativen zur Aufgabe<br />

des Betriebes durch neue Formen der<br />

Betriebsübergabe und -führung zu bieten,<br />

denn viele Bäuerinnen und Bauern<br />

wünschen sich, dass ihr Lebenswerk in<br />

gute Hände übergeben wird.<br />

Gleichzeitig gibt es motivierte und innovative<br />

Hofsuchende, die ihre Zukunft in<br />

der Landwirtschaft sehen, darunter auch<br />

viele <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen. Neben<br />

der klassischen Bewirtschaftung wollen<br />

immer mehr nach der Übernahme neue<br />

Wege einschlagen, etwa in Form von Betriebskooperationen<br />

oder Hofgemeinschaften.<br />

Dadurch können Betriebszweige<br />

und Arbeitsbereiche aufgeteilt sowie<br />

arbeitsintensive Tätigkeiten gemeinsam<br />

besser bewältigt werden. Auch die Pacht,<br />

Miete oder Nutzung von Betriebsgebäuden<br />

und Flächen ohne Übertragung<br />

des Eigentums sind Optionen für den<br />

Einstieg in die Landwirtschaft.<br />

Wie aber kommen Betriebsleiter*innen<br />

ohne Nachfolge und Hofsuchende zusammen?<br />

Auf der Online-Plattform des<br />

Vereins „Perspektive Landwirtschaft“,<br />

aber auch bei Veranstaltungen werden<br />

neue Räume der Begegnung geschaffen.<br />

Wichtige Informationen und Tipps rund<br />

um die Themen Hofnachfolge und Einstieg<br />

in die Landwirtschaft werden online<br />

bereitgestellt und Mitglieder können sich<br />

auf der Hofbörse kennenlernen und vernetzen.<br />

Ebenso führt der Verein Hofbesuche<br />

durch und begleitet Hofübergaben.<br />

In Zusammenarbeit und mit der Expertise<br />

der Partner*innen, wie ÖBV Via Campesina,<br />

Landjugend, LFI und LK Österreich,<br />

können unterschiedlichste Bedürfnisse<br />

von Interessierten gedeckt werden. Seit<br />

2020 werden österreichweite Veranstaltungen<br />

im Zuge einer LE (Ländliche<br />

Entwicklung)-Fördermaßnahme in Kooperation<br />

mit Lebensqualität Bauernhof<br />

abgehalten und zwischenmenschliche,<br />

rechtliche als auch betriebswirtschaftliche<br />

Aspekte in einem vertrauensvollen<br />

Rahmen beleuchtet.<br />

Getragen wird der Verein von einem<br />

ehrenamtlich tätigen Vorstand, einem<br />

Büroteam und vielen aktiven Mitgliedern.<br />

Deren Vision ist eine zukunftsfähige, vielfältige<br />

und ökologisch verträgliche Landwirtschaft<br />

sowie eine Gesellschaft, die<br />

Landwirtschaft als reale, attraktive Berufsoption<br />

zugänglich macht. Mitmachen<br />

und Vielfalt schaffen, lautet das Ziel. •<br />

KONTAKT<br />

info@perspektive-landwirtschaft.at<br />

+43 660 11 33 211<br />

www.perspektive-landwirtschaft.at<br />

DI Florian Jungreithmeier ist <strong>BOKU</strong>-Absolvent und<br />

im Büroteam von „Perspektive Landwirtschaft“.<br />

Miriam Augdoppler, MSc. ist Vorstandsmitglied<br />

und <strong>BOKU</strong>-Absolventin.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

17


Henrique Ferrera<br />

Beetle ForTech: Auf dem richtigen Holzweg<br />

<strong>BOKU</strong>-Start-up zur lückenlosen Herkunftsbestimmung von Rundholz gewann als erstes<br />

Unternehmen sowohl Staatspreis bei den Galileo Masters als auch den Copernicus Masters.<br />

Von Irene Fink<br />

Illegaler Holzeinschlag, also das Fällen<br />

von Bäumen unter Verstoß gegen national<br />

geltende Rechtsvorschriften, ist<br />

ein Problem von globaler Tragweite, das in<br />

erheblichem Maße das Ökosystem Wald<br />

schädigt – und gravierende soziale und<br />

wirtschaftliche Ungerechtigkeit verursacht.<br />

Die EU verfügt mit der Verordnung<br />

zu Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung<br />

und Handel im Forstsektor (FLEGT) und<br />

der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR)<br />

über zwei zentrale Rechtsakte zur Bekämpfung<br />

von illegalem Holzeinschlag.<br />

Wirtschaftsakteur*innen, die Holz auf<br />

dem europäischen Markt in Verkehr<br />

bringen, sind somit per Gesetz dazu verpflichtet,<br />

dessen Legalität nachzuweisen.<br />

HOLZLIEFERKETTEN<br />

AUFGESCHLÜSSELT<br />

Das unter anderem von den beiden <strong>BOKU</strong>-<br />

Studierenden Koimé-Simon Kouacou und<br />

Sebastian Vogler gegründete Start-up<br />

Beetle ForTech entwickelt technische<br />

Lösungen zur Herkunftsbestimmung von<br />

Rundholz. Gemeinsam mit Thi Phuong<br />

An Nguyen sowie Matthias Sammer haben<br />

es sich Kouacou und Vogler zum<br />

Ziel gemacht, weltweit nachweisbar zu<br />

machen, ob Holz legal geerntet wurde.<br />

Durch ein innovatives Nachverfolgungssystem<br />

wird die Aufschlüsselung von<br />

Holzlieferketten durch automatisierte<br />

Rohstoffkennzeichnung, Datenerfassung<br />

und Informationsweitergabe auf der Basis<br />

von Einzelstämmen ermöglicht. Alle<br />

Teilsysteme sind auf die Anforderungen<br />

der Industrie und eine Ausbreitung in<br />

internationalen Holzbeschaffungsketten<br />

ausgelegt.<br />

Ende des vergangenen Jahres gewann<br />

Beetle ForTech die österreichischen<br />

Staatspreise bei den Galileo Masters und<br />

den Copernicus Masters. Noch nie zuvor<br />

ist es einem österreichischen Preisträger<br />

gelungen, gleichzeitig in beiden<br />

Technologiekategorien ausgezeichnet<br />

zu werden. Der Jury gefiel besonders<br />

die Anwendung einer Multi-Faktor-<br />

Authentifizierung, die auf der Kombination<br />

von Präzisionsortungsdiensten<br />

und Erdbeobachtungsdaten der ESA<br />

(European Space Agency) beruht. Zusätzlich<br />

wurde das Start-up für das Galileo-Inkubationsprogramm<br />

ausgewählt.<br />

Diese von der Europäischen Kommission<br />

finanzierte Initiative im Gesamtwert<br />

von 62.000 Euro wird Beetle<br />

ForTech dabei unterstützen, die Lösung<br />

in Zusammenarbeit mit einer*m Partner*in<br />

ihrer Wahl weiterzuentwickeln.<br />

„Diese Auszeichnung empfinden wir<br />

als eine immense Ehre“, betont Koimé-<br />

Simon Kouacou. „Sie bekräftigt uns dabei,<br />

den eingeschlagenen Weg beizubehalten<br />

und weiter an der Realisierung unserer<br />

Ziele zu arbeiten. An dieser Stelle würde<br />

ich mich auch gerne bei allen Personen<br />

und Institutionen bedanken, die uns bereits<br />

so zahlreich unterstützt haben.“ •<br />

Irene Fink ist studentische Mitarbeiterin am Zentrum<br />

für globalen Wandel und Nachhaltigkeit.<br />

18 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Wieviel sind uns die Leistungen des<br />

Waldes für unser Ökosystem wert?<br />

Projekt NOBEL: Innovative Geschäftsmodelle für die finanzielle Abgeltung von Waldökosystemleistungen,<br />

damit diese auch weiterhin erbracht werden können.<br />

Von Harald Vacik<br />

Harald Vacik<br />

Geschäftsmodellen<br />

UMFRAGE<br />

Wenn Sie einen Wald bewirtschaften<br />

oder Waldbesitzer*in in Österreich<br />

sind, dann laden wir Sie auch gerne ein,<br />

sich an unserer Umfrage zu beteiligen.<br />

Wir arbeiten an einem europäischen<br />

Vergleich, welches Interesse es gibt,<br />

Waldökosystemleistungen zu vermarkten.<br />

Kennen Sie die Möglichkeiten? Wären<br />

Sie bereit, die Waldbewirtschaftung<br />

und Planung anzupassen, um andere<br />

Einkommensquellen neben dem Holzverkauf<br />

zu generieren? Um die Ergebnisse<br />

zwischen den Ländern besser vergleichen<br />

zu können, benötigen wir auch<br />

Ihre Unterstützung in Österreich. Bitte<br />

nehmen Sie sich kurz Zeit, unseren Fragebogen<br />

zu beantworten (die Umfrage<br />

ist in Deutsch und Englisch verfügbar).<br />

Im Rahmen des Forschungsprojektes<br />

NOBEL (Innovative Geschäftsmodelle<br />

und Mechanismen für eine nachhaltige<br />

Bereitstellung und Abgeltung<br />

von Waldökosystemleistungen) werden<br />

unterschiedliche Ansätze zur finanziellen<br />

Abgeltung für die Erbringung von<br />

Waldökosystemleistungen sowie deren<br />

nachhaltige Aufrechterhaltung diskutiert.<br />

Diese Zahlungen sollen die Lücke<br />

zwischen den steigenden Anforderungen<br />

der Gesellschaft an die Erbringung von<br />

Ökosystemleistungen und den Bewirtschaftungsmöglichkeiten<br />

der Waldbesitzer*innen<br />

schließen.<br />

wirestock<br />

Rahmen einer Auktion können dann von<br />

Interessierten Gebote für „ihre Option“<br />

abgegeben werden, die Alternative mit<br />

dem höchsten Gebot wird dann vom<br />

Waldbesitzer entsprechend umgesetzt,<br />

wenn zumindest die zusätzlichen Kosten<br />

für die Bereitstellung dieser Waldökosystemleistungen<br />

durch die Auktion gedeckt<br />

sind.<br />

•<br />

Informationen zum Projekt<br />

https://nobel.boku.ac.at/<br />

Für die Analyse der möglichen Tradeoffs<br />

bei der gleichzeitigen Bereitstellung<br />

mehrerer Ökosystemdienstleistungen<br />

werden unterschiedliche Methoden und<br />

Modelle eingesetzt und in Pilotdemonstrationen<br />

angewendet. Ein Ansatz ist<br />

dabei als besonders innovativ hervorzuheben,<br />

weil ein neuer Weg beschritten<br />

wird, um diese Payments for Ecosystem<br />

Services (PES) zu ermöglichen. Auf einer<br />

webbasierten Auktionsplattform können<br />

Waldbesitzer*innen unterschiedliche Bewirtschaftungsoptionen<br />

und die damit<br />

verbundenen Waldökosystemleistungen<br />

interessierten Käufer*innen anbieten. Im<br />

Auktionsplattform als Prototyp<br />

https://nobel.sefs.uw.edu/<br />

Umfrage:<br />

https://sondages.inrae.fr/index.<br />

php/114549?lang=de<br />

Ao. Univ.Prof. Dr. Harald Vacik ist Dozent am<br />

Institut für Waldbau.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

19


[sic!] Das students’ innovation centre<br />

Die Anlaufstelle für nachhaltige Innovation für Studierende.<br />

Von Marie Kuborn und Agnes Doppelbauer<br />

students’ innovation centre<br />

WAS MACHT DAS STUDENTS’<br />

INNOVATION CENTRE?<br />

Das [sic!] – students’ innovation centre<br />

ist die Anlaufstelle für nachhaltiges, studentisches<br />

Unternehmertum, fungiert<br />

als Katalysator für nachhaltige Ideen und<br />

baut die Brücke zwischen Studierenden<br />

und den Angeboten von Hochschulen<br />

sowie dem Ökosystem nachhaltigen<br />

Unternehmertums.<br />

„Unsere Vision ist eine Welt, in der sich alle<br />

Studierenden ihres Veränderungspotenzials<br />

bewusst sind und über den Mut und die<br />

Fähigkeiten verfügen, Ideen für eine ganzheitlich<br />

nachhaltige Zukunft umzusetzen.“<br />

Mittels verschiedenster Formate versuchen<br />

wir, Studierende in allen Phasen<br />

zu unterstützen. Wir führen Projekt- und<br />

persönliche Beratungen durch, haben einen<br />

Podcast, [rec!orded], und veranstalten<br />

das students’ innovation meet-up,<br />

verschiedenste Workshops und die österreichische<br />

Vorentscheidung des ClimateLaunchpads.<br />

WAS HAT DAS [SIC!] BEWIRKT?<br />

Das [sic!] besteht seit mittlerweile über<br />

fünf Jahren. Unser letztjähriges Jubiläum<br />

war Anlass dafür, zurückzublicken und<br />

unsere bisherigen Leistungen zu erfassen.<br />

Wir haben über 3700 Teilnehmer*innen<br />

erreicht, 125+ Projektberatungen<br />

durchgeführt, über 80 Veranstaltungen<br />

organisiert, 60+ Start-ups inkubiert und<br />

mehr als 50 Personen waren als Mitglieder<br />

Teil des Erfolgs.<br />

DAS STUDENTS’<br />

INNOVATION MEET-UP<br />

Das students’ innovation meet-up ist<br />

eines unserer Veranstaltungsformate.<br />

Das Meet-up ermöglicht einen Austausch<br />

zwischen Studierenden, welche<br />

an Innovationsprozessen, kombiniert mit<br />

Nachhaltigkeit, interessiert sind sowie<br />

Gründer*innen, und Repräsentant*in-<br />

nen des Innovations-Ökosystems. Unser<br />

jüngstes Meet-up hat sich dem Thema<br />

Mobilität gewidmet, dabei wurden verschiedene<br />

Perspektiven und Backgrounds<br />

der Speaker verbunden. Sowohl junge<br />

Gründer*innen eines Start-ups mit dem<br />

Thema Carsharing als auch die Österreichischen<br />

Bundesbahnen haben ihre<br />

Innovationen und Ideen für eine nachhaltige<br />

Mobilität mit uns geteilt und diskutiert.<br />

Unser nächstes Meet-up wird im<br />

April stattfinden. Wir freuen uns, wenn<br />

wir dein Interesse wecken konnten und<br />

du dabei bist!<br />

DAS CLIMATELAUNCHPAD<br />

Das ClimateLaunchpad (CLP) ist der<br />

weltweit größte Wettbewerb für nachhaltiges<br />

Unternehmer*innentum. Teilnehmen<br />

kann jede*r. Die einzige Voraussetzung<br />

ist eine Idee, die dem Klimawandel<br />

entgegenwirkt oder sich mit<br />

Klimawandelanpassung befasst. In über<br />

60 Ländern weltweit werden jährlich<br />

20 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Tausende Ideen, mit dem Ziel, die Welt<br />

zu verbessern, eingereicht. Das [sic!]<br />

ist für die teilnehmenden Teams aus<br />

Österreich zuständig. Die Teams können<br />

sich bewerben und werden dann Schritt<br />

für Schritt Richtung globales Finale begleitet.<br />

Wenn du also gerne am CLP<br />

teilnehmen möchtest, dann bewirb dich<br />

jetzt mit deiner Idee bei uns!<br />

[rec!orded]<br />

Podcast über nachhaltiges Unternehmertum<br />

von [sic!] in Kooperation mit<br />

„Hör mal, wer die Welt verändert“.<br />

„Hör’ mal, wer die Welt verändert“<br />

setzt sich mit nachhaltigen und interdisziplinären<br />

Umweltthemen auseinander<br />

und bereitet komplexe Themen<br />

einfach auf. Elf engagierte Studierende<br />

beteiligen sich ehrenamtlich an diesem<br />

Projekt, um Themen rund um Nachhaltigkeit<br />

mehr Gehör zu verleihen.<br />

Website https://hoermalwerdiewelt<br />

veraendert.wordpress.com/<br />

Instagram https://www.instagram.<br />

com/hoermalwerdieweltveraendert/<br />

Spotify https://open.spotify.<br />

com/show/0cerjxUiy4kT-<br />

ZEz9BG6RxN?si=46238e2f77c44057<br />

WORKSHOPS FÜR<br />

STUDIERENDE ALLER ART<br />

Das [sic!] veranstaltet regelmäßig Workshops,<br />

die zur Wissensvermittlung von<br />

spannenden und aktuellen Themen dienen.<br />

Wir wollen Studierenden die Möglichkeit<br />

geben, sich fortzubilden, ihr Wissen<br />

zu erweitern und immer auf dem<br />

neuesten Stand zu bleiben. Unser letzter<br />

Workshop wurde von [sic!]- Alumna Hannah<br />

Wundsam geleitet. Sie ist CEO von<br />

AustrianStartups, der größten Start-up<br />

Plattform und Think Tank für Entrepreneurship<br />

in Österreich. Sie hat uns über<br />

die wichtigsten Schritte informiert, die<br />

nötig sind, wenn man eine Idee hat und<br />

gerne ein Start-up gründen möchte. Sie<br />

hat uns Tipps und Tricks verraten, damit<br />

wir uns im österreichischen Start-up-<br />

Ökosystem auskennen und wissen, welche<br />

Förderungen und Initiativen es gibt.<br />

Wir freuen uns schon auf viele weitere<br />

Workshops zu spannenden Themen!<br />

UNSERE PROJEKTBERATUNG<br />

FÜR STUDIERENDE<br />

Schon seit Gründung des students’ innovation<br />

centre bieten wir gratis Projektberatungen<br />

für Studierende an. Zu unseren<br />

Beratungen können alle kommen, die<br />

eine Idee haben – egal, ob vage, konkret<br />

oder schon in Umsetzung. Wir bringen<br />

eine Außenperspektive ein, zeigen Methoden<br />

und Konzepte auf und helfen bei<br />

der Erarbeitung der nächsten Schritte.<br />

Außerdem geben wir Orientierung beim<br />

Lehr- und Unterstützungsangebot an der<br />

<strong>BOKU</strong> und können bei Bedarf mit anderen<br />

Menschen vernetzen sowie sinnvolle<br />

Anlaufstellen auch außerhalb der <strong>BOKU</strong><br />

nennen. Wir sind in unserer Beratung<br />

für alle Studierenden da, die nachhaltige<br />

Ideen haben und damit die Welt ein<br />

Stückchen besser machen wollen.<br />

NEUGIERIG GEWORDEN?<br />

Das students’ innovation centre lebt<br />

vom Austausch mit den Studierenden<br />

aller Richtungen und der Community<br />

an gleichgesinnten Changemaker, also<br />

melde dich bei uns. Egal, ob du zu einer<br />

Beratung kommen möchtest oder einen<br />

Workshop besuchen willst – einfach ein<br />

E-Mail (office@sic-vienna.at) senden<br />

oder das Kontaktformular auf unserer<br />

Webseite www.sic-vienna.at ausfüllen.<br />

Wir freuen uns über deine Nachricht!<br />

Wer über unsere Tätigkeiten und Events<br />

am Laufenden bleiben will, kann uns<br />

gern auf unseren Social Media-Kanälen<br />

Facebook, Instagram und LinkedIn mit<br />

dem Namen @studentsinnovationcentre<br />

abonnieren. Hast du Interesse, bei<br />

uns mitzuwirken, dann füll’ unser Anmeldeformular<br />

aus und wir melden uns<br />

bei dir!<br />

•<br />

Veränderung ist gar nicht so ein-<br />

»<br />

fach! Zuallererst verlangt sie eine<br />

klare Stoßrichtung – und dann auch<br />

noch den Mut und den nötigen<br />

Rückenwind zur erfolgreichen Umsetzung.<br />

Kein Wunder also, dass es<br />

oft beim Status quo bleibt. Die Welt<br />

braucht aber ganz dringend Veränderung.<br />

Genauer gesagt, sie braucht<br />

sowohl Visionäre als auch Macher,<br />

die so einen Wandel ankurbeln. Ich<br />

bin daher froh darüber, dass die<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE diesen Visionären und<br />

Machern die nötigen Werkzeuge dafür<br />

in die Hand gibt. Sei es Hilfe bei<br />

der unternehmerischen Umsetzung<br />

einer Projektidee, die Anmeldung<br />

neuer Technologien oder mit der<br />

Unterstützung im Gründungsprozess.<br />

Ein unerwartetes Forschungsergebnis,<br />

eine ganz neu gedachte<br />

Technologie oder ein nachhaltiges<br />

Produkt, all das kann am Ende genau<br />

jener „Zünder“ für die Veränderung<br />

sein, die wir brauchen. Und damit<br />

auch der Kompass für die Zukunft,<br />

in die wir steuern. Ich wünsche allen<br />

Involvierten viel Erfolg bei ihren<br />

Vorhaben – auf ihren Ideen und<br />

mit ihren Werkzeugen wird diese<br />

Zukunft gebaut werden.<br />

Alexander Van der Bellen<br />

Bundespräsident<br />

Wolfgang Zajc<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

21


ImproveM GmbH<br />

Matthias Kaltenbrunner, Martin Pernkopf und Manfred Gronalt (v. li.) begleiten mit ihrem Unternehmen Fertigungsbetriebe in die digitale Welt.<br />

ImproveM: Forschungsbasierte Lehre<br />

und gründungsmotiviertes Forschen<br />

Von Ulrike Knaus, Manfred Gronalt, Matthias Kaltenbrunner, Martin Pernkopf<br />

ImproveM realisiert datenbasierte<br />

Entscheidungsunterstützung für Betriebe<br />

der Holzwirtschaft und setzt<br />

dabei Simulations- und Optimierungsmodelle<br />

ein. ImproveM schafft dadurch<br />

kundenspezifische und individuelle Planungs-<br />

und Entscheidungssicherheit<br />

sowie optimierte Prozessabläufe. Dafür<br />

werden entsprechende SimHeuristiken<br />

und exakte Methoden der Optimierung<br />

entwickelt. Die Modelle kommen sowohl<br />

bei alltäglichen Entscheidungen wie<br />

der richtigen Materialauswahl in einem<br />

Produktionsprozess, als auch bei weitreichenden<br />

Entscheidungen, wie über die<br />

Errichtung neuer Produktionsanlagen<br />

zum Einsatz.<br />

Matthias Kaltenbrunner beschäftigt sich<br />

schon seit seinem Bachelorstudium an<br />

der <strong>BOKU</strong> mit Optimierungsmodellen.<br />

Bachelor- sowie Masterarbeit und die<br />

Publikationen für die Dissertation thematisieren<br />

Produktionsplanung und die<br />

Lösung von angewandten Optimierungsproblemen.<br />

Seine Arbeiten basieren auf<br />

konkreten Industrieprojekten und seine<br />

Algorithmen sind nun im täglichen Einsatz.<br />

Martin Pernkopf begann sich im Zuge<br />

seiner Masterarbeit genauer mit Simulationen<br />

auseinanderzusetzen. Das Thema<br />

fesselte ihn so sehr, dass er beschloss, am<br />

Institut für Produktionswirtschaft und<br />

Logistik der <strong>BOKU</strong> tiefer in die Materie<br />

einzutauchen und er arbeitete mehrere<br />

Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

bei vielen Projekten verantwortlich mit.<br />

Bei ihren Lehrtätigkeiten und wissenschaftlichen<br />

Arbeiten wurden sie von<br />

Manfred Gronalt vom Institut für Produktionswirtschaft<br />

und Logistik unterstützt.<br />

So lag es nahe, dass sie Gronalt<br />

bei der Gründung von ImproveM für<br />

wissenschaftliche Fragen mit ins Boot<br />

holten.<br />

DIGITALER PROZESS-ZWILLING<br />

Das innovative Unternehmen ImproveM<br />

mit Sitz in Zeltweg begleitet Fertigungsbetriebe<br />

auf dem Weg in die digitale Welt<br />

und unterstützt diese durch mathematische<br />

Modelle und animierte Simulationen<br />

bei Fragestellungen in Produktion<br />

und Logistik. Dabei wird ein Digitaler<br />

Zwilling der Prozesse erstellt und animierte<br />

Simulationen für verschiedene<br />

Szenarien analysiert.<br />

Von einer Optimierung der aktuellen<br />

Produktion bis zur Planung neuer Standorte<br />

ist es somit möglich, im Vorfeld die<br />

nötigen Informationen für die passenden<br />

Entscheidungsgrundlagen zu erhalten.<br />

Für Unternehmen ist es im Vorhinein<br />

schwer abzuschätzen, ob sich neue oftmals<br />

sehr teure Investitionen auch wirklich<br />

rechnen. Genau bei diesen Fragen<br />

findet ImproveM die Antworten. •<br />

www.improvem.at<br />

22 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


COALA: Copernicus für nachhaltige<br />

Landwirtschaft in Australien<br />

Zugang zum COALA-Portfolio basiert auf einer Anwendungsprogrammierschnittstelle,<br />

die an der <strong>BOKU</strong> entwickelt wird.<br />

Von Francesco Vuolo und Markus Immitzer<br />

European Union, Copernicus<br />

Die datengestützte Unterstützung<br />

von Entscheidungen und Abläufen<br />

in der Landwirtschaft wird zunehmend<br />

wichtiger. Im Projekt COALA<br />

(Copernicus für sustainable Agriculture<br />

in Australia) werden dazu innovative<br />

Dienstleistungen und Produkte für<br />

die Präzisionslandwirtschaft entwickelt.<br />

COALA baut dabei auf umfangreiche<br />

europäische Erfahrungen auf, und verbindet<br />

diese in enger Zusammenarbeit<br />

mit akademischen Einrichtungen und<br />

Wirtschaftsakteur*innen in Australien.<br />

In weiterer Folge sollen dadurch neue<br />

Geschäftsmöglichkeiten im Bereich der<br />

Erdbeobachtung, sowohl für die europäische<br />

Industrie als auch den Dienstleistungssektor,<br />

entstehen.<br />

COALA ermöglich die Überwachung der<br />

Pflanzenentwicklung, des Wasser- und<br />

Nährstoffstatus und von Bewässerungsflächen.<br />

Dazu werden innovative Algorithmen<br />

auf der Grundlage von Sentinel-2-Erdbeobachtungsdaten<br />

eingesetzt,<br />

wobei die Datenprozessierung über die<br />

neuen Cloud-Plattformen (DIAS) von<br />

Copernicus erfolgt. Im Modul Bewässerungsmanagement<br />

können Landwirt*innen<br />

Informationen nutzen, die COALA<br />

automatisch auf Basis von Satellitendaten<br />

ableitet. Dadurch können Entscheidungen,<br />

wie etwa wann und wie viel bewässert<br />

werden soll, auf fundierten Daten<br />

getroffen und somit Wasser, aber auch<br />

Produktionskosten gespart werden.<br />

Ein weiteres Produkt des COALA-Projekts<br />

ist die Kartierung von Bewirtschaftungszonen.<br />

Diese Karten fassen Bereiche<br />

innerhalb eines Feldes zusammen,<br />

die ähnliches Ertragspotenzial aufweisen<br />

und in denen gleiche Bewirtschaftungskonzepte<br />

angewendet werden können.<br />

Damit geht eine Optimierung des Düngemitteleinsatzes<br />

und die Reduktion von<br />

negativen Auswirkungen auf die Umwelt<br />

einher.<br />

Der Zugang zum COALA-Portfolio basiert<br />

auf einer Anwendungsprogrammierschnittstelle<br />

(API), die an der <strong>BOKU</strong> vom<br />

Institut für Geomatik entwickelt wird.<br />

Mithilfe der COALA-API können komplexe<br />

Modellierungsabläufe bei konkretem<br />

Bedarf aktiviert und angepasst werden,<br />

um Karten zu erstellen, die den Bedürfnissen<br />

der Anwender*innen entsprechen.<br />

Die Anfrage kann über eine beliebige<br />

grafische Benutzeroberfläche, eine Webseite<br />

oder in einer Open-Source-GIS-<br />

Software wie Quantum GIS erfolgen.<br />

Alle COALA-Produkte werden durch<br />

eine interaktive API-Dokumentation<br />

unterstützt, welche die einfache Umsetzung<br />

erleichtert.<br />

Neben der technischen Komponente zielt<br />

COALA auch darauf ab, den kommerziellen<br />

Wert der Dienste für eine breitere<br />

Nutzer*innen-/Kund*innengemeinschaft<br />

offen zu demonstrieren und zu validieren.<br />

Ziel ist es, ein hohes Maß an Akzeptanz zu<br />

erreichen und einen maßgeschneiderten<br />

Geschäftsplan für einen nachhaltigen<br />

Betrieb über das Projektende hinaus zu<br />

entwickeln. Die Produkte und die Dienste<br />

sind weltweit auf Abruf verfügbar, und<br />

weitere Nutzer*innen sind herzlich eingeladen,<br />

die COALA-API für ihre speziellen<br />

Anwendungen auszuprobieren. •<br />

Illustrationsvideo:<br />

https://short.boku.ac.at/<br />

o35q48<br />

Dr. Francesco Vuolo und DI Dr. Markus Immitzer,<br />

MSc. sind Senior Scientists am Institut für Geomatik.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

23


Innovation und Entrepreneurship in<br />

der waldbasierten Wertschöpfungskette<br />

Innovationen im waldbasierten Sektor führen zu mehr Diversifizierung von Produkten und Dienstleistungen.<br />

Das bringt mehr Einkommen für Unternehmen, unterstützt die Regionen und bringt den Sektor in eine<br />

zukunftsfähige Bioökonomie, welche auch soziale Aspekte beinhaltet.<br />

Von Alice Ludvig, Ivana Zivojinovic, Karl Hogl und Gerhard Weiß<br />

Ivana Zivojinovic<br />

Lindsey Corrigan PINTEREST<br />

A<br />

m Institut für Wald-, Umwelt- und<br />

Ressourcenpolitik werden seit<br />

mehreren Jahren Innovationsprozesse<br />

in der Forst- und Holzwirtschaft<br />

untersucht. Im Vordergrund steht dabei<br />

die Frage, unter welchen Umständen<br />

es zu Innovationen kommt und welche<br />

Rolle die Politik dabei spielt. Ziel ist unter<br />

anderem die Auslotung von Unterstützungsmöglichkeiten<br />

von Seiten der Politik<br />

und die Entwicklung von Handlungsoptionen<br />

und -empfehlungen.<br />

Das ist deshalb von Interesse, weil gerade<br />

der waldbasierte Sektor ein stark<br />

familienbasierter Sektor ist. Er wurde<br />

oftmals als „traditioneller“ Wirtschaftsbereich<br />

und als vergleichsweise wenig<br />

innovativ angesehen. Manche der untersuchten<br />

Innovationen sind „historische“<br />

Innovationen, etwa die neu belebten<br />

Techniken der Harznutzung in Österreich<br />

(beispielsweise „Alpengummi“) oder die<br />

Anwendung von alten Praktiken der Herstellung<br />

von Grill-Holzkohle mit Umweltund<br />

Bio-Zertifikaten. Gerade letzteres<br />

wird von Unternehmer*innen mittels<br />

Kursen beworben, in deren Mittelpunkt<br />

das gemeinsame Erlebnis steht und nicht<br />

allein das „Produkt“.<br />

Nicht nur das „Traditionelle“ trifft oftmals<br />

den Nerv der Zeit auf den Märkten. Auch<br />

die Mischung aus Aktivität und dem „Stück<br />

Wald“, das sich Städter*innen nach Hause<br />

holen, wurde schon innovativ umgesetzt:<br />

Etwa, wenn Christbaumerzeuger*innen<br />

ihre Christbäume von den Kund*innen<br />

selbst aussuchen und schneiden lassen<br />

oder eine selbstständige Bergführerin<br />

Kurse unter dem Titel „Kochen und Essen<br />

von der Wiese“ anbietet. Die Ergebnisse<br />

der Forschung zu solchen Innovationen<br />

wurden unter dem Begriff „experience<br />

economy“ am Institut für Wald-, Umweltund<br />

Ressourcenpolitik publiziert.<br />

KATALYSATOR<br />

REGIONALER ENTWICKLUNG<br />

Das „Neue“ einer Innovation kann auch<br />

nur in der jeweiligen Region oder im<br />

jeweiligen Marktsegment neuartig und<br />

muss keine völlig neue Erfindung sein.<br />

Damit wird über ein rein technisches<br />

Verständnis von Innovationen hinausgegangen.<br />

Viele der von Unternehmen und<br />

Start-ups erfolgreich initiierten Innovationen<br />

sind gemischte beziehungsweise<br />

hybride Innovationen, wobei Produkte<br />

gemeinsam mit Dienstleistungen vermarktet<br />

werden. Insbesondere das mitverkaufte<br />

Image wird von den Bewohner*innen<br />

des urbanen Raums sehr gerne<br />

angenommen. Das Stück vom „Land“ beinhaltet<br />

nachhaltig produzierte regionale<br />

Produkte gemeinsam mit Erinnerungen<br />

an Aktivitäten und Erlebnisse.<br />

Das Beispiel eines Unternehmens innerhalb<br />

des Labels „Urlaub am Bauernhof“<br />

24 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


zeigt Folgendes: Der Bergwaldbesitzer<br />

sammelt im Gebiet keine Pilze, denn die<br />

internationalen wie österreichischen<br />

Gäste kommen wegen des „Schwammerlsuchens“.<br />

Seine Zimmer sind auf<br />

Jahre ausgebucht, weil es eine dermaßen<br />

beliebte, entspannende Freizeitaktivität<br />

wurde. Der Unternehmer erklärt nur die<br />

Wege zu den besten Plätzen und zeigt die<br />

essbaren Arten. Abends wird die „Beute“<br />

der Gäste für sie zubereitet und serviert.<br />

Durch die Erholungsfunktion des Waldes<br />

hat der Betrieb damit sein Angebotsportfolio,<br />

nebst den Produkten seiner<br />

land- und forstwirtschaftlichen Betriebszweige,<br />

diversifiziert und eine zusätzliche<br />

Einkommensquelle geschaffen.<br />

WERTSCHÖPFUNGSKETTEN<br />

UND UNTERNEHMERTUM<br />

Gerade für das Unternehmertum im<br />

forstbasierten Sektor findet sich ein<br />

noch ungenutztes Potenzial für Nichtholz-Waldprodukte<br />

und -dienstleistungen.<br />

Der Bereich der „waldbasierten<br />

Wertschöpfungskette“ umfasst definitionsmäßig<br />

nicht nur die gesamten Stufen<br />

der Produktionsketten (also Holz-,<br />

Faser-, Papier und Plattenindustrie, Holzbau<br />

und Möbelerzeugung sowie Brennholz<br />

und Biomasse), sondern auch alle<br />

Nutzungen des Ökosystems Wald und<br />

sonstige damit verbundene Dienstleistungen.<br />

Diese umfassen den Tourismus<br />

und die Erholungsnutzungen des Naturraumes<br />

Wald, sportliche Aktivitäten<br />

(Mountainbiken, Skitouren, Wandern)<br />

sowie Bildungs- und gesundheitsbezogene<br />

Nutzungen (Green Care Forest).<br />

Einige dieser „Nutzungen“ sind durchaus<br />

konfliktreich. Wie die jüngste Untersuchung<br />

zur Entstehung der Mountainbike-Plattform<br />

im Biosphärenpark<br />

Wienerwald zeigt, erzielt die Einbindung<br />

von Stakeholdern die besten Resultate<br />

zum Ausgleich von „Zielkonflikten“<br />

(Trade-offs). Die konkrete Fallstudie<br />

wurde parallel mit Kolleg*innen der ETH<br />

Zürich und des Freiburger Lehrstuhls für<br />

Forstpolitik durchgeführt.<br />

UND DIE POLITIK?<br />

Für die regionale Wertschöpfung, die<br />

Belebung der Regionen, die Natur-und<br />

Landschaftspflege und die Verhinderung<br />

Ivana Zivojinovic<br />

der sogenannten Landflucht sollte von<br />

Seiten der Politik innovativen Start-ups<br />

und Unternehmen mehr Augenmerk geschenkt<br />

werden. Auch für „soziale Innovation“<br />

gibt es viel Spielraum. Soziale<br />

Innovationen sollen gemeinschaftliche<br />

Lösungen für lokal anstehende Probleme<br />

schaffen. Dafür setzen regionale,<br />

kleinteilige Förderungsschienen wie<br />

LEADER/CLLD oder auch regionale Entwicklungsprogramme<br />

seit vielen Jahren<br />

gezielt thematische Schwerpunkte. Die<br />

Nutzung dieser Programme ist leider mit<br />

hohen bürokratischen Hürden verbunden<br />

und an enge Bedingungen geknüpft<br />

(etwa die Betriebsgröße). Innovationen<br />

benötigen möglichst viel Offenheit und<br />

Flexibilität von Instrumenten und das<br />

Akzeptieren beziehungsweise Eingehen<br />

von unternehmerischem Risiko. Offenheit<br />

bedeutet weiters, dass politische<br />

Programme auch für oftmals nicht rein<br />

marktbasierte Innovationen offen sein<br />

sollten. Nicht jeder Innovationsansatz<br />

kann kurz- oder mittelfristig wirtschaftlich<br />

erfolgreich sein.<br />

Eine Reihe von Unternehmen konnte<br />

ihre Innovationen ohne jedes Förderungsprogramm<br />

umsetzen. Oft wird<br />

auch gar keine „Einmischung“ von außen<br />

gewünscht, um unabhängig zu bleiben.<br />

Manche haben mit anderen gemeinsam<br />

Vermarktungs-Labels ins Leben gerufen<br />

(z. B. die „Naturparkspezialitäten“) oder<br />

sind in Arbeitsgemeinschaften organisiert<br />

(z. B. in den regionalen ARGEs für<br />

Christbäume).<br />

Dennoch müsste es weitere Anreize<br />

der öffentlichen Hand geben und dabei<br />

eine viel stärkere Berücksichtigung von<br />

nicht primär technologisch orientierten<br />

Innovationen. All das könnte und<br />

sollte in die Umsetzung der Bioökonomiestrategie<br />

eingebunden werden.<br />

Bioökonomie reicht über die technische<br />

und chemische Verarbeitung von<br />

naturbasierten Rohstoffen hinaus. Sie<br />

umfasst nach unserem Verständnis von<br />

Innovation auch die Produkte, Dienstleistungen<br />

und sozialen Tätigkeiten von<br />

Waldbesitzer*innen, Unternehmer*innen<br />

und Nutzer*innen. Damit wird dem veränderten<br />

Nutzungsverhalten der Konsument*innen<br />

Rechnung getragen. •<br />

Publikationen<br />

Weiss, G.; Ludvig, A.; Zivojinovic, I. 2020.<br />

Four decades of innovation research in<br />

forestry and the forest-based industries –<br />

A systematic literature review, Forest Policy<br />

and Economics, 120, 10228, https://doi.<br />

org/10.1016/j.forpol.2020.102288<br />

Weiss, G.; Hansen, E.; Ludvig, A.;<br />

Nybakk, E.; Toppinen, A. 2021. Innovation<br />

governance in the forest sector: Reviewing<br />

concepts, trends and gaps. Forest<br />

Policy and Economics, 130, 102506. DOI:<br />

10.1016/j.forpol.2020.102288<br />

Wilkes-Allemann, J.; Ludvig, A.; Gobs, S.;<br />

Lieberherr, E.; Hogl, K.; Selter, A. <strong>2022</strong>,<br />

Getting a grip on negotiation processes:<br />

Addressing trade-offs in mountain biking in<br />

Austria, Germany and Switzerland, Forest<br />

Policy and Economics, 136, 102683. https://<br />

doi.org/10.1016/j.forpol.2021.102683<br />

Živojinović, I., Weiss, G., Wilding, M., Wong,<br />

J.L.G., Ludvig, A., 2020. Experiencing<br />

forest products – An innovation trend by<br />

rural entrepreneurs. Land Use Policy, 94,<br />

104506. https://doi.org/10.1016/j.landusepol.2020.104506<br />

LINKS<br />

www.alpengummi.at<br />

www.bpww.at<br />

www.naturparkspezialitaeten.at<br />

www.weihnachtsbaum.at<br />

Dr. in Alice Ludvig und Dr. in Ivana Zivojinovic, MSc.<br />

sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut<br />

für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik, Univ.-<br />

Prof. DI Dr. Karl Hogl ist Dozent am selben Institut<br />

und DI Dr. Gerhard Weiß ist Senior Scientist.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

25


Technologietransfer: Von der<br />

Wissenschaft in die Wirtschaft<br />

Wie innovative <strong>BOKU</strong>-Ideen zum Mehrwert der Gesellschaft verwertet werden.<br />

Von Karin Dögl und Michaela Amstötter-Visotschnig<br />

Shutterstock<br />

Raoul Heinreich Francé, Begründer<br />

der Biotechnik, beschreibt 1920 in<br />

seinem Büchlein „Die Pflanze als<br />

Erfinder“ seine Suche nach einer Lösung,<br />

wie die Qualität von Ackerböden durch<br />

gleichmäßiges Hinzufügen von Kleinstlebewesen<br />

verbessert werden könnte. Er<br />

hatte herausgefunden, dass diese nicht<br />

nur den Boden lebendig halten, sondern<br />

auch positive Einflüsse auf Erntefrüchte<br />

haben. Die Herausforderung dabei: Eine<br />

gleichmäßige Verteilung wollte nicht und<br />

nicht gelingen. Weder Salz- noch Puderstreuer<br />

waren geeignet, die nützlichen<br />

Erdbewohner entsprechend in die Erde<br />

zu transferieren, bis Francé die entscheidende<br />

Idee hatte: Seine Überlegung war,<br />

dass die Natur bereits Lösungen für diese<br />

Problemstellungen gefunden haben<br />

musste.<br />

Tatsächlich meldete der Biologe und Botaniker<br />

bald darauf die Erfindung eines<br />

neuen Streukopfes für Haushalt und medizinische<br />

Zwecke zum Patent an – und<br />

zwar inspiriert von der Samenkapsel des<br />

Mohns.<br />

Rund 100 Jahre später haben Erfindungen,<br />

die die Herausforderungen unserer<br />

Zeit innovativ lösen sowie ihre dazugehörigen<br />

Schutzrechte nichts an Relevanz<br />

verloren, wie auch Debatten rund um<br />

die Aufhebung des Patentschutzes auf<br />

Covid-19-Impfstoffe deutlich zeigen. Ein<br />

Patentschutz kann ein ausschlaggebendes<br />

Tool für Unternehmen sein, in Hochrisikoprojekte<br />

der F&E zu investieren und<br />

26 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


das eigene „First Mover“-Risk am Markt<br />

abzufedern. Darüber hinaus profitiert die<br />

Forschung – neben der wissenschaftlichen<br />

Publikation – von der Dissemination<br />

angewandter Forschungsergebnisse<br />

etwa durch Einsehbarkeit des aktuellen<br />

Stands der Technik.<br />

Der Universität für Bodenkultur Wien<br />

kommt hierbei sicherlich eine besonders<br />

relevante Rolle zu. Ihre Mission, zu einer<br />

nachhaltigen gesellschaftlichen und<br />

technischen Transformation beizutragen,<br />

kann nur gelingen, wenn ihre wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse beziehungsweise<br />

ihr geistiges Eigentum auch gezielt<br />

der Gesellschaft zur Verfügung gestellt<br />

werden. Der Transfer von Technologien<br />

und Innovationen in die Wirtschaft ist<br />

dabei nur eine Seite derselben Medaille.<br />

BERATUNG<br />

Die Aufgabe des Technologietransfers,<br />

der in der Serviceeinrichtung Forschungsservice<br />

der <strong>BOKU</strong> angesiedelt<br />

ist, ist die Vertretung der <strong>BOKU</strong> und<br />

ihrer Forscher*innen bei der wirtschaftlichen<br />

Umsetzung der generierten Forschungsergebnisse<br />

beziehungsweise der<br />

Schutz des geistigen Eigentums der Universität.<br />

Die Servicestelle unterstützt<br />

dabei auf vielfältige Art und Weise, um<br />

den enormen Wissens- und Technologieschatz,<br />

der an der <strong>BOKU</strong> generiert wird,<br />

an die Gesellschaft weiterzugeben. Von<br />

der Beratung vor einem Projekt bis zur<br />

Verwertung von Patenten sind die Aufgaben<br />

ausgesprochen facettenreich.<br />

Im Mittelpunkt steht dabei, die Forschungsergebnisse<br />

auf Herz und Nieren<br />

zu prüfen, denn die geeignete Strategie<br />

zum Schutz des geistigen Eigentums –<br />

etwa durch Anmeldung eines Patents<br />

– beinhaltet zahlreiche Aspekte und vor<br />

allem mittel- bis langfristige Auswirkungen,<br />

die gut aufbereitet sein wollen, um<br />

die für die Universität, die Forscher*innen<br />

und die Gesellschaft ideale Verwertungsstrategie<br />

zu finden. Letztendlich soll eine<br />

innovative <strong>BOKU</strong>-Idee eine Anwendung<br />

auf dem Markt finden und damit der Gesellschaft<br />

einen Mehrwert bringen.<br />

Unter den Schutz von geistigem Eigentum<br />

fallen sämtliche Forschungsergebnisse,<br />

egal ob patentfähig oder nicht.<br />

Von Marken- bis Sortenschutz, Anmeldung<br />

von Gebrauchs- oder Geschmacksmustern<br />

– die Palette an Schutzrechten<br />

für innovative Ideen ist vielfältig. Ein<br />

Schwerpunkt bei der Verwertung liegt<br />

jedoch sicherlich auf der Patentierung<br />

von Erfindungen.<br />

BEWERTUNG<br />

Wie weiß man eigentlich genau, ob man<br />

eine Erfindung gemacht hat?<br />

Rein formal ist eine Erfindung patentfähig,<br />

wenn sie die Kriterien „neu“, „erfinderisch“<br />

und „kommerziell bewertbar“<br />

erfüllt.<br />

In der Regel wird nach einer Erstabklärung,<br />

um welche Art von Forschungsergebnis<br />

es sich handelt, das für die Universität<br />

verwertet werden kann, von den<br />

Erfinder*innen, im Fall einer Erfindung,<br />

offiziell eine Diensterfindung gemeldet.<br />

Weiters kann es von ausschlaggebender<br />

Relevanz sein, welche vertraglichen<br />

Verpflichtungen seitens IP (intellectual<br />

property) bereits vorhanden sind, etwa<br />

im Rahmen von Kooperations- oder Förderverträgen<br />

oder ob es sich um eine<br />

Gemeinschaftserfindung mit weiteren<br />

Erfinder*innen außerhalb der <strong>BOKU</strong><br />

handelt.<br />

Sobald die Formalia sowie die rechtliche<br />

Situation geklärt sind, geht es vornehmlich<br />

darum, eine Evaluierung der eigentlichen<br />

Technologie vorzunehmen.<br />

Auf welchem Technologielevel befindet<br />

sich das Forschungsergebnis? Gibt es<br />

bereits einen Prototyp oder Proof of<br />

Concept oder handelt es sich um eine<br />

frühphasige Entwicklung? Wie sieht es<br />

mit der Marktfähigkeit aus? Ist es noch<br />

ein weiter Weg bis zu einem marktreifen<br />

Produkt oder einer Dienstleistung oder<br />

braucht es nur noch eine geringfügige<br />

Weiterentwicklung für ein Unternehmen<br />

bis zur Marktüberleitung?<br />

Ebenfalls braucht es eine Betrachtung,<br />

welche Märkte für potenzielle Unternehmenspartner*innen<br />

interessant sind<br />

und damit letztendlich, im Falle einer Erfindung,<br />

welche Patentierungsstrategie<br />

gewählt werden soll.<br />

Die Patentanmeldung ist dabei in vielen<br />

Fällen ein Türöffner. Neue Drittmittelprojekte,<br />

attraktive Förderungen oder<br />

neue Verwertungspartner*innen sind<br />

nur einige Beispiele für den Benefit, den<br />

Patente liefern können.<br />

SCHUTZ & PATENTMANAGEMENT<br />

Stellt sich nach eingehender Prüfung<br />

heraus, dass die Erfindung patentfähig<br />

und eine Patentanmeldung sinnvoll ist,<br />

wird die Schutzrechtsstrategie in weite-<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

27


Adobe Stock<br />

rer Folge festgelegt und eine erfahrene<br />

Patentanwaltschaft mit der Anmeldung<br />

des Schutzrechts für die Universität und<br />

etwaige Mitanmelder*innen beauftragt.<br />

Sobald eine Anmeldung erfolgt ist, ist die<br />

Publikation der Ergebnisse möglich. Bis<br />

zur Anmeldung eines Patents gilt strikte<br />

Geheimhaltung – Gespräche mit Unternehmen<br />

sollten daher nie ohne Unterzeichnung<br />

eines CDA (Confidentiality<br />

Agreements) gehalten werden (Mustervorlagen<br />

bietet die Rechtsabteilung<br />

der <strong>BOKU</strong> an) – da sonst der Aspekt der<br />

„Neuigkeit“ nicht mehr gegeben ist und<br />

ein Patentschutz unmöglich wird. Dies<br />

gilt auch für Poster, Präsentationen, Vorträge<br />

auf Konferenzen und ähnliches – all<br />

diese Aktivitäten dürfen bei einer Erfindung,<br />

die zum Patent angemeldet werden<br />

soll, erst nach der Anmeldung erfolgen.<br />

Im Fall von nicht patentfähigen Forschungsergebnissen<br />

wird entsprechend<br />

der Art des Ergebnisses eine passende<br />

Strategie erstellt.<br />

VERWERTUNG<br />

Sofern es nicht bereits vertragliche Vereinbarungen<br />

gibt, wie mit geistigem Eigentum<br />

in Projekten umzugehen ist, wird<br />

meist ein Tech Offer formuliert. Dies soll<br />

in aller Kürze auf die Vorteile aufmerksam<br />

machen und den Status der schutzrechtlichen<br />

Situation darstellen sowie die<br />

Möglichkeiten für Unternehmen bieten,<br />

die Technologie zu erwerben. So kann<br />

festgelegt werden, dass die Technologie<br />

als Lizenz, also ein Nutzrecht daran, vergeben<br />

werden soll oder die Rechte komplett<br />

an ein Unternehmen übertragen<br />

werden, dieses also selbst die Schutzrechte<br />

erhält. Findet sich ein interessiertes<br />

Unternehmen, geht es in weiterer Folge<br />

darum, Verhandlungen aufzunehmen,<br />

um einerseits ein Vergütungs- und Vertragsmodell<br />

festzulegen, dessen Erlöse in<br />

die Erfinder*innenvergütung fließen und<br />

andererseits den Umgang mit der Technologie<br />

kurz- und langfristig zu regeln. In<br />

enger Abstimmung mit den Erfinder*innen<br />

wird festgelegt, in welcher Form die<br />

Verwertung erfolgen soll.<br />

Zahlreiche Erfolgsbeispiele für die Umsetzung<br />

von <strong>BOKU</strong>-Ergebnissen finden<br />

Sie in dieser Schwerpunkt-Ausgabe des<br />

<strong>BOKU</strong>-<strong>Magazin</strong>s.<br />

Dabei kann die <strong>BOKU</strong> besonders stolz<br />

auf ihren Beitrag zur Third Mission sein:<br />

von Covid-Antikörpertests über Biohydrogele,<br />

von Röntgenbildgebung zu<br />

Impfstoffen und vielem mehr. Die Universität<br />

und ihre Forscher*innen nehmen<br />

ihre Rolle – nämlich einen wesentlichen<br />

Beitrag für die innovativen Lösungen für<br />

die Welt von morgen zu finden – mehr<br />

als ernst und werden mit diesem Engagement<br />

sicherlich auch die nächsten<br />

150 Jahre unsere Gesellschaft nachhaltig<br />

mitgestalten.<br />

Eine besondere Rolle im Rahmen des<br />

Transfers von der Wissenschaft in die<br />

Wirtschaft kommen dabei Ausgründungen<br />

von <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen zu, die<br />

ihre an der Universität entwickelten<br />

Technologien selbst in eine kommerzielle<br />

Anwendung führen wollen. •<br />

28 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Spin-offs an der <strong>BOKU</strong> – wenn aus<br />

Forscher*innen Gründer*innen werden<br />

“It’s not about money, it’s about advancing knowledge changing the world“.<br />

Dr. Megan Jones (CSO Laterns, California, USA)<br />

Von Michaela Amstötter-Visotschnig<br />

Spin-offs werden als eine attraktive<br />

Schiene des Technologietransfers<br />

angesehen. Die Umsetzung von Innovationen<br />

wird dadurch oft erst ermöglicht.<br />

Sie sind eine attraktive Karriereoption<br />

für den akademischen Nachwuchs, wie<br />

auch für etablierte Wissenschaftler*innen.<br />

Die Möglichkeit, seine Zukunft selbst<br />

zu gestalten und eigene Ideen und Forschungsergebnisse<br />

umzusetzen, macht<br />

den Reiz eines Spin-offs aus.<br />

Doch was ist eigentlich ein Spin-off?<br />

Spin-offs sind Unternehmen, die auf<br />

Basis von an der Universität generierten<br />

Forschungsergebnisse gegründet<br />

werden, das heißt die Gründung wäre<br />

ohne Nutzung dieser Forschungsergebnisse<br />

oder eines daraus resultierenden<br />

Schutzrechts nicht erfolgt.<br />

Forschungsergebnisse, die an einer<br />

Universität erzielt wurden, gehören der<br />

Universität und müssen von einem zukünftigen<br />

Spin-off, welches sie umsetzen<br />

möchte, lizenziert werden. Voraussetzung<br />

dafür ist, dass die zur Diskussion<br />

stehenden Forschungsergebnisse als<br />

Grundlage für die Gründung einer Firma<br />

geeignet sind und die Rahmenbedingungen<br />

für den Aufbau eines erfolgversprechenden<br />

Unternehmens erfüllt werden.<br />

Eine der wichtigsten Grundlagen für eine<br />

erfolgreiche Gründung ist die intensive<br />

Betreuung von Gründer*innen. Denn<br />

der Schritt von der Wissenschaft in die<br />

Wirtschaft ist ein herausfordernder. Um<br />

diesen bestmöglich umzusetzen, hat die<br />

<strong>BOKU</strong> das Format der <strong>BOKU</strong>:BASE entwickelt.<br />

Von der Betreuung der ersten<br />

Idee bis zum Zurverfügungstellen von<br />

Infrastruktur sollen alle Mitglieder der<br />

<strong>BOKU</strong> bei der Umsetzung ihrer Vorhaben<br />

unterstützt werden.<br />

Im Zuge der Beratung steht neben der<br />

Erstellung einer geeigneten Schutzstrategie<br />

für die Ergebnisse und die<br />

Verhandlung eines Verwertungsvertrags<br />

zwischen der Universität und dem<br />

Spin-off auch die Erarbeitung eines Geschäftsmodells<br />

und die Unterstützung<br />

bei der Suche nach Finanzierung, etwa<br />

beim Einwerben von Fördermitteln aus<br />

einschlägigen Förderprogrammen beziehungsweise<br />

die Vernetzung mit Business<br />

Angels, Investor*innen oder durch<br />

öffentliche Geldgeber*innen im Fokus.<br />

Dies gelingt durch die mittlerweile umfangreiche<br />

Expertise der Gründungsbegleiter*innen<br />

an der <strong>BOKU</strong>, durch eine<br />

Vernetzung mit erfolgreichen <strong>BOKU</strong>-<br />

Gründer*innen und durch ein breites<br />

Netzwerk an externen Partner*innen.<br />

Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz<br />

und Selbstvertrauen sind Eigenschaften,<br />

die es für eine Gründung oft<br />

braucht. Die <strong>BOKU</strong> begleitet mit der<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE die Spin-offs und ihre Gründer*innen<br />

auf dieser Reise.<br />

Oft ist der Weg zum Markt nur durch<br />

weitere Forschung zu bewältigen. Auch<br />

hier bietet die <strong>BOKU</strong> mit der Schaffung<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE Labs in Kombination<br />

mit der neuen Core-Facility Strategie<br />

weitere Unterstützung an. •<br />

KONTAKT<br />

Spin-offs sind<br />

Unternehmen,<br />

die auf Basis von<br />

an der Universität<br />

generierten<br />

Forschungsergebnisse<br />

gegründet<br />

werden, das heißt,<br />

die Gründung wäre<br />

ohne Nutzung<br />

dieser Forschungsergebnisse<br />

oder<br />

eines daraus<br />

resultierenden<br />

Schutzrechts<br />

nicht erfolgt.<br />

Fragen zur Verwertung von<br />

Forschungsergebnissen, Erfindungen,<br />

Patenten oder Spin-offs tto@boku.ac.at<br />

LINKS<br />

https://boku.ac.at/fos/technologietransfer<br />

und https://base.boku.ac.at/<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

29


„Natürlich sind Geistesblitze die Momente,<br />

an die man sich gerne erinnert“<br />

Die <strong>BOKU</strong>-Erfinderinnen Reingard Grabherr und Gordana Wozniak-Knopp erzählen aus ihrer Praxis und<br />

was es heißt, erfinderisch tätig zu sein. Zwei erfolgreiche Forscherinnen über ihre Heureka-Momente und<br />

„Sternsekunden“ und darüber, wie wichtig das Team und Ansprechpartner*innen für Erfindungen sind.<br />

Interview: Karin Dögl<br />

Sie gehören zu den aktivsten Erfinderinnen<br />

an der <strong>BOKU</strong>. In welchen Bereichen<br />

waren Sie bisher erfinderisch tätig?<br />

Reingard Grabherr: Wir arbeiten hauptsächlich<br />

im Bereich der Verbesserung<br />

der rekombinanten Proteinherstellung,<br />

zum Beispiel von E. colibasierten Produktionsprozessen<br />

sowie an insektenzellbasierter<br />

Herstellung von „Virus Like<br />

Particles“ als Vakzinekandidaten, also<br />

immer im Bereich der Molekularbiologie<br />

und Molekularen Biotechnologie<br />

im Zusammenhang mit der Herstellung<br />

und großtechnischen Produktion von<br />

Humantherapeutika.<br />

Gordana Wozniak-Knopp: Der sich<br />

schnell entwickelnde Bereich der Biotechnologie<br />

bietet einen wachsenden<br />

Raum für Innovationen. Insbesondere<br />

verlangt das Gebiet der medizinischen<br />

Biotechnologie geradezu nach der intensiven<br />

Erforschung und Entwicklung<br />

neuartiger Therapien mit dem Ziel,<br />

Lebenserwartung, Lebensqualität und<br />

Gesundheit zu verbessern. Im Zentrum<br />

unseres Forschungsinteresses stehen die<br />

Antikörper und andere antigenerkennende<br />

Strukturen mit verbesserter Wirkung.<br />

Universitäten haben im Rahmen der Third<br />

Mission die klare Rolle und Aufgabe, Erkenntnisse<br />

zum Mehrwert der Gesellschaft<br />

möglichst in eine Anwendung zu transferieren.<br />

Welche Auswirkungen hatten Ihre<br />

bisherigen Erfindungen auf den Alltag der<br />

Menschen?<br />

Grabherr: Eines der Patente führte zur<br />

Ausgründung des Spin-off-Unternehmens<br />

enGenes Biotech GmbH. Dieses<br />

Unternehmen hat maßgeblich zur Herstellung<br />

von SARS-CoV2-Antigenen<br />

beigetragen, die Entwicklung eines<br />

österreichischen SARS-CoV2-Antikörpertests<br />

ermöglicht sowie viele Institutionen<br />

mit Material zur angewandten<br />

Covid-19-Forschung versorgt. Andere<br />

30 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Patente, die gemeinsam mit Boehringer<br />

Ingelheim Austria umgesetzt wurden,<br />

helfen bei der schnelleren und<br />

kostengünstigeren Herstellung verschiedener<br />

proteinbasierter Medikamente.<br />

Im Alltag trägt dies zu einem<br />

gesicherten Zugang zu Therapien und<br />

Diagnostik bei.<br />

Wozniak-Knopp: Wenn die grundlegenden<br />

Konzepte einer Technologie in<br />

die Praxis übernommen werden sollen,<br />

verlangt das natürlich immense<br />

Arbeitskraft: Die Umsetzung der Idee<br />

in unterschiedlichsten biologischen Situationen,<br />

die nach einer neuartigen<br />

Lösung suchen; die Beispiele von „best<br />

in class“-Therapeutika, die in keinem<br />

anderen Format so gut funktionieren<br />

könnten, sollen hervorgebracht werden<br />

und schließlich sollen auch die Grenzen<br />

der Methode eruiert werden. Trotz aller<br />

Komplexität des Konzepts und der Umsetzung<br />

der Grundidee war für mich am<br />

bedeutendsten, dass mehrere klinische<br />

Studien mit unseren bispezifischen Antikörpern<br />

durchgeführt werden. Die beteiligten<br />

Personen wurden also trotz ihrer<br />

kritischen Diagnose weiter therapiert,<br />

haben eine bessere Lebensqualität und<br />

die Aussichten auf Genesung.<br />

Wie haben sich Ihre Erfindungsmomente<br />

gestaltet?<br />

Grabherr: Erfindungen macht man nie<br />

allein, sondern immer in einem Team und<br />

im Austausch mit anderen. Geistesblitze<br />

hatte ich schon viele. Die meisten davon<br />

wurden aber verworfen, weil sie nicht<br />

umsetzbar waren. Solche Geistesblitze<br />

entstehen aber aus einem Erkenntnisprozess.<br />

Nach einer Idee folgt wieder<br />

ein meist noch langwieriger Erkenntnisprozess<br />

in mehreren Schritten und<br />

in Kommunikation mit anderen Wissenschaftler*innen<br />

und Anwender*innen. In<br />

manchen Fällen kommt es dann zu einer<br />

patentfähigen Erfindung.<br />

Wozniak-Knopp: Natürlich sind die Geistesblitze<br />

die Momente, an die man sich<br />

gerne erinnert. Das sind die „Sternsekunden“,<br />

die ganz schwer zu erklären<br />

und rechtzufertigen sind. Die tatsächliche<br />

Funktionalität der Erfindung, ein<br />

machbares praktisches Verfahren und<br />

schließlich die breite Anwendbarkeit,<br />

sind die Eigenschaften, die über den tatsächlichen<br />

Wert entscheiden. In dieser<br />

Anfangsphase ist eine Idee wie ein Baby:<br />

sehr klein, laut und aufwendig, aber überaus<br />

toll, einzigartig und wunderschön<br />

– wovon ich, so wie alle begeisterten<br />

Eltern, schwer überzeugt bin, und wenig<br />

Gehör für Widerrede habe.<br />

Als zuständige Servicestelle für <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen<br />

bei der Verwertung von Forschungsergebnissen:<br />

Wie hat sich für Sie<br />

die Zusammenarbeit mit dem Technologietransfer<br />

gestaltet?<br />

Grabherr: Diese Zusammenarbeit war<br />

immer unkompliziert, sehr hilfreich und<br />

unterstützend auf allen Linien – von der<br />

Idee bis zur Patentierung.<br />

Wozniak-Knopp: Der Techtransfer der<br />

<strong>BOKU</strong> ist hoch funktionell und sehr engagiert<br />

darin, die Interessen und Rechte<br />

der Forscher*innen zu vertreten. Beim<br />

Aufsetzen der Verträge wird auf die speziellen<br />

Situationen, Wünsche und Anliegen<br />

eingegangen und das ist angesichts<br />

der individuellen Natur der Erfindungen<br />

sehr wichtig. Die Interaktion mit Unternehmenspartner*innen<br />

wird respektiert<br />

und hochgeschätzt.<br />

Wie hat sich darüber hinaus die Zusammenarbeit<br />

bzw. die Anbahnung mit der<br />

Unternehmensseite gestaltet?<br />

Grabherr: Wir haben sehr gute Erfahrung<br />

mit Unternehmen als Forschungspartner*innen.<br />

Meist kommen diese auf uns<br />

zu und wir erarbeiten Konzepte und loten<br />

Fördermöglichkeiten aus. Wir hatten<br />

schon sehr viele geförderte, aber auch<br />

nicht geförderte Projekte mit Industriepartner*innen,<br />

die allesamt erfolgreich<br />

waren und die meisten führten zu<br />

langjähriger Zusammenarbeit in gegenseitiger<br />

Wertschätzung. Unternehmen<br />

sind natürlich unterschiedlich, aber viele<br />

haben großes Interesse, ihr Patentportfolio<br />

zu vergrößern und unterstützen uns<br />

bei Erfindungen und deren Anmeldung.<br />

Insgesamt sind die Kollaborationen mit<br />

unseren industriellen Partner*innen sehr<br />

spannend, kollegial und wichtig für unsere<br />

Forschung und auch Lehre.<br />

»<br />

Geistesblitze hatte ich schon<br />

viele. Die meisten davon wurden<br />

aber verworfen, weil sie<br />

nicht umsetzbar waren. Solche<br />

Geistesblitze entstehen aber<br />

aus einem Erkenntnisprozess.<br />

Nach einer Idee folgt wieder<br />

ein meist noch langwieriger<br />

Erkenntnisprozess in mehreren<br />

Schritten und nur in Kommunikation<br />

mit anderen Wissenschaftler*innen<br />

und Anwender*innen.“<br />

Reingard Grabherr<br />

Univ.-Prof. in DI in Dr. in Reingard Grabherr<br />

ist Leiterin des Instituts für Molekulare<br />

Biotechnologie, einem traditionell<br />

sehr aktiven Forschungsbereich.<br />

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in<br />

den Bereichen tierische Expressionssysteme,<br />

Angewandte Virologie und<br />

Proteinexpression.<br />

Eva Kern<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

31


Dragos Condrea<br />

Bezugnehmend auf Ihren reichen Erfahrungsschatz:<br />

Was wollen Sie Ihren Kolleg*innen<br />

an dieser Stelle mitgeben?<br />

Grabherr: Der einzige Wermutstropfen<br />

in meiner Vergangenheit war, dass<br />

Firmen manchmal die Patente liegen<br />

lassen, obwohl sie einen wertvollen Beitrag<br />

für die Gesellschaft leisten könnten,<br />

man selbst als Forscher*innen aber<br />

dann auch nicht mehr viel damit weitermachen<br />

kann und andere Kollaborationspartner*innen<br />

dann enttäuschen<br />

muss, weil man keinen Zugriff auf diese<br />

Erfindung mehr hat. Also hier könnten<br />

wir vielleicht versuchen, uns in Zukunft<br />

mehr Rechte einzuräumen.<br />

Wozniak-Knopp: Es ist sehr wertvoll,<br />

sich mit den Expert*innen anderer Fachausrichtungen<br />

zu umgeben, mit denen<br />

man ein ehrliches und bereicherndes<br />

Verhältnis hat. Die erfinderische Idee<br />

wird erst mit ihrer Umsetzung aufleben.<br />

Eure Industriepartner*innen sind eure<br />

ersten Ansprechpersonen: Die zwei unterschiedlichen<br />

Milieus wirken in dieser<br />

Hinsicht mit, jedes auf seine Weise.<br />

Wozniak-Knopp: Meiner Erfahrung nach<br />

sind die Unternehmen am Schutz des<br />

geistigen Eigentums immer interessiert.<br />

In der Ausbauphase wird entschieden, ob<br />

ein Patent das Weiterkommen der Technologie<br />

unterstützen kann. Zu dieser Entscheidung<br />

trägt auch die perspektivische<br />

Ausrichtung der Entwicklung des Unternehmens<br />

bei. Es wird festgelegt, ob die<br />

Ergebnisse der universitären Forschung<br />

publik gemacht werden können oder vorher<br />

ein Patentschutz beansprucht wird.<br />

Was braucht es aus Ihrer Sicht, um Forschungsergebnisse<br />

gut von der Wissenschaft<br />

in die Wirtschaft transferieren zu<br />

können?<br />

Grabherr: In erster Linie braucht es relevante<br />

Forschungsprojekte mit Firmenpartner*innen.<br />

Dafür müssen wir unser<br />

Know-how an die Öffentlichkeit bringen,<br />

um passende Partner*innen zu finden.<br />

Wir brauchen entsprechende Förderungen,<br />

die angewandte Forschung mitfinanzieren<br />

und natürlich die Unterstützung<br />

seitens des Forschungsservice.<br />

Wozniak-Knopp: Als Forschungseinheit<br />

pflegten wir immer ein sehr aktives<br />

und offenes Verhältnis mit Unternehmenspartner*innen.<br />

Von der Projektanbahnung<br />

an war unsere Kommunikation<br />

auf gegenseitigem Respekt gegründet.<br />

Die Berichterstattung hat sich daher als<br />

kollegialer Austausch gestaltet. Diese<br />

Einstellung war unabdingbar für alle folgenden<br />

Effekte des Projekts, zum Beispiel<br />

gemeinsame Patente, Publikationen und<br />

Personalaustausch.<br />

Welche Vorteile bringt der Schutz von<br />

geistigem Eigentum für eine Forscher*innenkarriere?<br />

Grabherr: Für die Karriere als Forscher*in<br />

sehe ich hier nicht so viele Vorteile. Publikationen<br />

und öffentliche Vorträge zählen<br />

oft mehr. Patente stärken aber sicher<br />

die Kollaborationsbasis mit Firmenpartner*innen.<br />

Ein großer Vorteil liegt auch<br />

in der Möglichkeit der Spin-off-Gründungen.<br />

Das stärkt den Wirtschaftsstandort<br />

und bietet Arbeitsplätze. Außerdem ermöglichen<br />

Firmenkollaborationen oft die<br />

Finanzierung von Master- und PhD-Arbeiten<br />

und bieten den Studierenden eine<br />

praxisnahe Ausbildung sowie Einblick in<br />

den Industriealltag.<br />

Wozniak-Knopp: Die Mitwirkung an der<br />

IP-Dokumenten-Verfassung war für mich<br />

eine einzigartige Erfahrung. Das Gestalten<br />

der Antworten auf die zentrale Frage:<br />

„Ist das wirklich neu und macht das<br />

was aus?“, habe ich erst lernen müssen,<br />

sowie den Plan der notwendigen Experimente<br />

gründlich umzudenken. Dadurch<br />

32 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Universität für Bodenkultur Wien<br />

ZVG / Markus Hintzen<br />

»<br />

Gordana Wozniak-Knopp<br />

In dieser Anfangsphase ist eine Idee wie ein Baby: sehr klein,<br />

laut und aufwendig, aber überaus toll, einzigartig und wunderschön<br />

– wovon ich, so wie alle begeisterten Eltern, schwer überzeugt<br />

bin – und wenig Gehör für Widerrede habe.<br />

Dipl.-Biol. in Dr. in Gordana Wozniak-Knopp, Senior Scientist am Institut für Molekulare<br />

Biotechnologie, forscht unter anderem in den Bereichen Antikörperengineering,<br />

Design und Selektion spezifisch bindender Proteine und Proteinengineering.<br />

Mit rund 13 Diensterfindungsmeldungen in den vergangenen zehn Jahren zählt sie<br />

zu den aktivsten <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen. Dies drückt sich auch in rund 41 aktiven<br />

Patentanmeldungen sowie 19 erteilten Patenten, basierend auf den genannten<br />

Diensterfindungen, aus. Wozniak-Knopp wurde 2020 zur <strong>BOKU</strong>-Erfinderin des<br />

Jahres gekürt.<br />

wächst man auch als Person, und nicht<br />

nur als Wissenschaftler*in.<br />

Wo sehen Sie Ihre Rolle als <strong>BOKU</strong>-Forscherin,<br />

den „Erfinder*innengeist“ an die<br />

nächste Generation von Jungwissenschaftler*innen<br />

weiterzugeben?<br />

Grabherr: In meiner Forschungsgruppe,<br />

aber auch in meinen Lehrveranstaltungen.<br />

Wir reden viel über die Möglichkeiten,<br />

Ergebnisse als Erfindungen anzumelden.<br />

Mitarbeiter*innen meiner Gruppe<br />

machen auch immer wieder bei Erfinderwettbewerben<br />

(INiTS) mit. Das heißt,<br />

meine Student*innen und PostDocs reichen<br />

ihre Projekte ein. Nachdem wir sehr<br />

viel angewandte Forschung machen, ist<br />

es insgesamt wichtig, erfinderisch zu<br />

sein. Wir sind sehr nah an der Industrie<br />

und da muss man viel über praktikable<br />

Lösungen nachdenken. Das machen wir<br />

in der Gruppe. Da kommen meistens sehr<br />

viele gute Ideen zusammen.<br />

Wozniak-Knopp: Unser Labor ist offen<br />

für die Master-, Bakkalaureats- und Praktikumsstudenten.<br />

Mein Wunsch wäre,<br />

die zukünftigen Kolleg*innen und „Macher*innen“<br />

zu erziehen: Fachexpert*innen,<br />

deren Hauptmotivation es ist, ihre<br />

berufliche Zukunft mitzugestalten und<br />

einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.<br />

•<br />

Das Interview wurde von der Servicestelle<br />

Technologietransfer umgesetzt. Für etwaige<br />

weitere Fragen rund um das Thema „Geistiges<br />

Eigentum“ wenden Sie sich gerne an<br />

tto@bokuac.at.<br />

Ich bin überzeugt davon, dass Innovation<br />

dort entsteht, wo Forschung,<br />

Unternehmertum und eine hochwertige<br />

Ausbildung ineinandergreifen.<br />

Das unterstreichen auch<br />

Forschungs- Kooperationen wie jene<br />

zwischen der Landesgesundheitsagentur<br />

»<br />

und der Karl Landsteiner<br />

Privatuniversität, der Institute der<br />

<strong>BOKU</strong> in Tulln oder der WasserCluster<br />

Lunz, die zeigen, dass bei uns im<br />

Wissenschaftsland Niederösterreich<br />

Wissenschaft, Forschung und Praxis<br />

aufs Engste miteinander verbunden<br />

sind. Entlang unserer Wissenschaftsachse<br />

von Krems über Wieselburg<br />

nach St. Pölten und Tulln bis nach<br />

Klosterneuburg und Wiener Neustadt<br />

finden sich auch hochwertige<br />

Hochschulen, an denen wir jungen<br />

Menschen eine hervorragende Ausbildung<br />

und der heimischen Wirtschaft<br />

hervorragend ausgebil dete<br />

Fachleute ermöglichen. Die Brücke<br />

zwischen Forschung und Praxis<br />

schlagen wir außerdem mit unseren<br />

Technologie- und Forschungszentren<br />

und Technopolstandorten in Krems,<br />

Tulln, Wiener Neustadt und Wieselburg.<br />

Denn durch die Vernetzung und<br />

Kooperation von Unternehmen und<br />

Forschungseinrichtungen im Rahmen<br />

gemeinsamer Forschung und Entwicklung<br />

stärken wir den Standort<br />

und ermöglichen Innovationen.<br />

Johanna Mikl-Leitner<br />

Landeshauptfrau von<br />

Niederösterreich<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

33


Open Innovation: How to? –<br />

Ein gelebtes Praxisbeispiel an der<br />

<strong>BOKU</strong> in der Covid-Pandemie<br />

Die SARS-Cov2-Pandemie hat uns gezeigt, wie schnell und effektiv unterschiedliche österreichische Expertisen<br />

verknüpft werden können, um einen gesellschaftlichen Mehrwert zu liefern. An dieser Stelle dürfen wir Ihnen<br />

einen ganz konkreten Beitrag der Universität zur Bekämpfung der Pandemie vorstellen, der unter anderem<br />

durch einen offenen Zugang aller Beteiligten ermöglicht wurde.<br />

Von Mark Dürkop<br />

DCStudio<br />

Austrian Institute of Technology (AIT) bei<br />

der Testung zur schnelleren Selektierung<br />

geeigneter Antigene und entwickelte<br />

letztendlich sogar selbst einen eigenen<br />

kommerziellen testbasierend auf einem<br />

Pool aus Antigenen.<br />

Kurz nach Ausbruch der SARS-<br />

Cov2-Pandemie machten sich<br />

<strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen des Departments<br />

für Biotechnologie unter der<br />

Leitung von Reingard Grabherr Gedanken,<br />

wie die Universität ihren Beitrag zur<br />

Pandemiebekämpfung leisten könnte.<br />

Aufgrund breiter vorhandener Expertise<br />

im Bereich der Produktion von biologischen<br />

Erzeugnissen (etwa Proteine,<br />

Plasmiden oder virus-like Particles) war<br />

schnell entschieden, dass die <strong>BOKU</strong> ganz<br />

konkret Antigene für Antikörpertests<br />

zur Verfügung stellen könnte. Die Projektleitung<br />

hierfür übernahmen Miriam<br />

Klausberger und Mark Dürkop.<br />

Das Problem dabei: Was dann? Hochreine<br />

Antigene können zwar die Grundlage<br />

für gute (Antikörper-)Tests sein, aber ein<br />

hochspezifisches Set-up und eine grundlegende<br />

Testevaluierung sind für ein erstklassiges<br />

Testverfahren unumgänglich.<br />

Dafür musste hinterfragt werden, wie<br />

bestmögliche Voraussetzungen für einen<br />

raschen Technologietransfer geschaffen<br />

werden könnten, um damit auch einen<br />

raschen Weg für Unternehmen zu ebnen,<br />

diese Tests schnell vertreiben zu können,<br />

gerade weil ein klarer gesellschaftlicher<br />

Mehrwert zur raschen Bekämpfung der<br />

Pandemie gegeben war. Es war notwendig,<br />

Partner*innen für die Testentwicklung<br />

zu finden und in weiterer Folge<br />

die Forschungsbemühungen auf einen<br />

schnellen Transfer und damit Möglichkeit<br />

zur Marktreife zu konzentrieren. Dies<br />

alles ohne geplantes Budget oder eine<br />

vorhandene Struktur!<br />

AKTIVE SUCHE NACH<br />

PARTNER*INNEN<br />

Um nun all diesen Anforderungen rasch<br />

gerecht werden zu können, wurden mehrere<br />

Strategien verfolgt. Einerseits wurden<br />

proaktiv Partner*innen gesucht, um<br />

die geplanten Tests zu verwirklichen. Mit<br />

der Veterinärmedizinischen Universität<br />

Wien und der Medizinischen Universität<br />

Wien waren diese auch rasch gefunden<br />

und zwar als kompetente Institutionen,<br />

die bereits große Expertise in der Antikörpertestentwicklung<br />

und Validierung<br />

mitbrachten. Weiters beteiligte sich das<br />

Durch die Zusammenarbeit war es daher<br />

zunächst möglich, das Test-Set-up<br />

mehrere Male zu überarbeiten und mit<br />

einem großen Pool an menschlichen<br />

Seren zu testen. Damit die hochreinen<br />

Antigene nun im größeren Maßstab der<br />

Gesellschaft in Form von Produkten und<br />

Dienstleistungen langfristig am Markt<br />

zur Verfügung gestellt werden konnten,<br />

leisteten alle Partner*innen ihren Beitrag,<br />

ihre Forschungsleistungen rasch an<br />

– in diesem Fall – regionale österreichische<br />

Unternehmen zu transferieren beziehungsweise<br />

mit diesen zu kooperieren<br />

(u. a. enGenes GmbH). Ebenso mündete<br />

die kommerzielle Weiterentwicklung auf<br />

Unternehmensseite etwa in der Produktion<br />

und dem Vertrieb von CE-zertifizierten<br />

Testkits durch das Unternehmen<br />

Technoclone Gmbh.<br />

Zum damaligen Zeitpunkt waren diese<br />

entwickelten Antikörpertests sogar weltweit<br />

die ersten, die auch quantitativ einen<br />

Titer bestimmen konnten und zusätzlich<br />

in der Lage waren, zwischen Infektion und<br />

Impfung zu unterscheiden. Weiters wurde<br />

auf Basis der von der <strong>BOKU</strong> entwickelten<br />

Antigene von der Firma Genspeed Biotech<br />

GmbH ein Point-of-Care -Testverfahren<br />

entwickelt. Dadurch ist es seither<br />

der breiten Öffentlichkeit möglich, über<br />

Apotheken mittels einfachem Fingerstich<br />

den eigenen SARS-CoV2-Antikörperstatus<br />

in nur 20 Minuten zu erhalten.<br />

34 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Alexander Müller<br />

Houska-Preisverleihung Publikumspreis 2021, v. li.: Christoph Binder (MUW), Reingard Grabherr (<strong>BOKU</strong>), Miriam Klausberger (<strong>BOKU</strong>),<br />

Mark Dürkop (<strong>BOKU</strong>), Florian Grebien (VetMed Uni Wien).<br />

OPEN INNOVATION<br />

Was war die Basis, um so ein rasches<br />

Agieren zu ermöglichen? Der Schlüssel<br />

hieß Open Innovation, also die Öffnung<br />

des Innovationsprozesses und damit der<br />

Organisationsgrenzen aller Beteiligter,<br />

um das neue Wissen zeitnah in neue Produkte<br />

überführen zu können.<br />

Die <strong>BOKU</strong> hat dazu ihren wesentlichen<br />

Beitrag geleistet und verfolgt diesen Ansatz<br />

nun auch konsequent weiter:<br />

Um die Antigene einer noch größeren<br />

wissenschaftlichen Community zur<br />

Verfügung zu stellen und so Open Innovation<br />

weiter zu fördern, entwickelte<br />

die <strong>BOKU</strong> in Zusammenarbeit mit<br />

dem Unternehmen Novasign GmbH<br />

eine Online-Plattform, über die es<br />

Forscher*innen weltweit möglich ist,<br />

möglichst unkompliziert Zugang zu den<br />

Antigenen der Universität zu erhalten. In<br />

Zusammenarbeit mit der <strong>BOKU</strong>-Rechtsabteilung<br />

und dem Technologietransfer<br />

war es möglich, das Portal so aufzubauen,<br />

dass interessierte Forscher*innen<br />

Testmengen der unterschiedlichen<br />

Antigene nach Unterzeichnung eines<br />

Material Transfer Agreements zugesendet<br />

bekommen. Diese Strategie hat<br />

Screenshot <strong>BOKU</strong>-Materialplattform.<br />

dazu geführt, dass die <strong>BOKU</strong> mehrere<br />

Kooperationen und Publikationen mit<br />

Forschungspartner*innen erfolgreich<br />

aufsetzen konnte. Das Portal diente also<br />

ganz konkret als Katalysator für internationale<br />

Forschungskooperation. Aktuell<br />

wird die Plattform nun weiterentwickelt,<br />

um bereits vor der Registrierung Nutzer*innen<br />

einen noch einfacheren und<br />

breiteren Zugang zu Forschungsergebnissen<br />

der <strong>BOKU</strong> zu ermöglichen. Dadurch<br />

soll ermöglicht werden, dass die<br />

von der <strong>BOKU</strong> generierten Ergebnisse<br />

international noch sichtbarer werden,<br />

die Nutzung der Forschungsergebnisse<br />

breiter möglich ist und die Anbahnungschancen<br />

auf konkrete Forschungskooperationen<br />

noch weiter erhöht werden.<br />

Diese österreichische Erfolgsgeschichte<br />

wurde übrigens auch für den Houskapreis<br />

eingereicht. Im September vergangenen<br />

Jahres wurden die Projektleiter*innen<br />

Miriam Klausberger und Mark Dürkop im<br />

Zuge der Verleihung mit dem Publikumspreis<br />

ausgezeichnet.<br />

•<br />

Dr. Mark Dürkop ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Institut für Bioverfahrenstechnik.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

35


Chromatografie:<br />

Die Waschmaschine für Viren<br />

Mithilfe des Trennverfahrens konnte ein patentierter Prozess zur Herstellung von Vakzinen und<br />

Gentherapievektoren entwickelt und industrietauglich gemacht werden. Von Alois Jungbauer<br />

Adobe Stock<br />

Masernviren<br />

Da ich in der Lehre an der <strong>BOKU</strong><br />

schon von Beginn meiner Wissenschaftskarriere<br />

an mit Trennverfahren<br />

in der Biotechnologie betraut wurde,<br />

hat mich das Thema Chromatografie<br />

immer beschäftigt und auch fasziniert.<br />

Obwohl das Verfahren millionenfach in<br />

der Industrie und Forschung eingesetzt<br />

wird, ist es in der breiten Öffentlichkeit<br />

nicht wirklich bekannt. Mithilfe dieses<br />

Trennverfahrens werden ein oder mehrere<br />

Stoffe in einem Gemisch aufgrund der<br />

Adsorptionsfähigkeit an eine Oberfläche<br />

identifiziert beziehungsweise aus diesem<br />

gereinigt. Klingt sehr technisch und abstrakt<br />

– ist aber eine effiziente Technologie:<br />

Zucker aus Mais oder Kartoffelstärke<br />

oder fast alle modernen Arzneistoffe<br />

werden chromatografisch gereinigt.<br />

In den späten 1990er-Jahren begann ich<br />

mich für die sogenannten Monolithen<br />

Die gedruckte poröse Struktur befindet sich<br />

noch auf dem Druckträger, bevor sie in das<br />

Stahlgehäuse eingesetzt wird.<br />

für chromatografische Trennungen zu<br />

interessieren. Das sind poröse Kunststoffblöcke,<br />

durch die Stofflösungen<br />

durchgepumpt werden. Somit ist es<br />

auch möglich, partikuläre Substanzen<br />

wie Viren effizient zu reinigen. Dies war<br />

mein Zugang zur Forschung und Entwicklung<br />

von Herstellungsprozessen für<br />

virale Vakzine und Gentherapievektoren.<br />

Vakzine braucht man in Zeiten der Covid-<br />

19-Pandemie nicht zu erklären, sie werden<br />

von den meisten in unserer Gesellschaft<br />

als Segen empfunden – werden<br />

aber auch, wie seit deren Erfindung zu<br />

Kaiserin Maria Theresias Zeiten, die alle<br />

ihre Kinder gegen Pocken impfen ließ,<br />

aus verschiedensten Gründen abgelehnt.<br />

Gentherapievektoren sind speziell veränderte<br />

Viren, die aber nicht pathogen<br />

sind und nach Verabreichung in einem<br />

Organ, wie etwa der Leber, eine Substanz<br />

36 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


acib GmbH<br />

Labor für chromatografische Reinigung von Viren in der <strong>BOKU</strong>/acib Bionnanopartikel Facility, eingerichtet über ein FFG Infrastrukturprojekt.<br />

produzieren, die ein Kranker nicht herstellen<br />

kann, wie zum Beispiel einen nicht<br />

vorhandenen Blutgerinnungsfaktor eines<br />

Bluters. Keine Angst, das Erbgut wird<br />

dadurch nicht verändert.<br />

Eine Gruppe von enthusiastischen Wissenschaftler*innen<br />

hat vor zehn Jahren<br />

eine Firma namens Themisbio zur Herstellung<br />

von Vakzinen mithilfe von Masernviren<br />

gegründet. Die Reinigung der<br />

Viren bereitete ihnen Schwierigkeiten,<br />

da die Ausbeuten stark variierten. Ein<br />

Konsulent der Firma, den ich bei meinen<br />

Forschungsaufenthalten in Singapur am<br />

„Bioprocessing Technology Institute“ und<br />

der Firma Singvax kennengelernt habe,<br />

hat der Firma Themisbio in der Muthgasse<br />

11 einen Experten für die chromatografische<br />

Reinigung von Viren in der<br />

Muthgasse 18 ans Herz gelegt. Nachdem<br />

die Verbindung hergestellt war, haben wir<br />

in kooperativen Projekten einen patentierten<br />

Prozess für die Produktion von<br />

rekombinanten Masernviren mit chromatografischen<br />

Verfahren entwickelt.<br />

In einem Gemeinschaftsprojekt mit dem<br />

Kompetenzzentrum acib, (das von der<br />

<strong>BOKU</strong> mitgegründet wurde), konnte<br />

unser Prozess industrietauglich gemacht<br />

und zusammen mit Themisbio an Kontrakthersteller<br />

in Frankreich, Deutschland<br />

und den USA übertragen werden.<br />

Da unser Prozess auch für andere Vakzine<br />

eingesetzt wird, haben wir an der <strong>BOKU</strong><br />

und am acib damit einen wesentlichen<br />

Beitrag zum Nachhaltigkeitsziel der UNO<br />

„Good health and well being“ geleistet.<br />

Der rekombinante Masernimpfstoff kann<br />

für verschiedenste virale Impfstoffe eingesetzt<br />

werden. Es wird nur die Oberfläche<br />

des Virus dahingehend verändert,<br />

dass es die Proteine der gewünschten<br />

Vakzine trägt. Bei SARS-Cov2 ist dies das<br />

sogenannte Spikeprotein. Masernviren<br />

sind sehr effizient, instabil und groß. Die<br />

Herausforderungen waren, einen Prozess<br />

zu entwickeln, der in sich geschlossen ist<br />

und relativ rasch durchgeführt werden<br />

kann. Als erstes hat Themisbio, die mittlerweile<br />

an MSD (Merck Sharp & Dohme)<br />

verkauft wurde, einen Impfstoff gegen<br />

Chikungunya, eine fieberhafte Viruserkrankung,<br />

die hauptsächlich in Afrika<br />

und Südostasien vorkommt und durch<br />

Stechmücken übertragen wird, entwickelt.<br />

Rückblickend kann ich sagen, dass<br />

ein internationales Netzwerk, eine gute<br />

Infrastruktur, ein gutes Team, aber auch<br />

Zufall für den Erfolg verantwortlich sind.<br />

Das Team ist aber entscheidend. Um die<br />

Bildung von Forschungskooperationen<br />

nicht nur dem Zufall zu überlassen, gibt<br />

es die Technologietransferstelle/<strong>BOKU</strong>:<br />

BASE, die die Wissenschaftler*innen mit<br />

ihren Erfindungen bei Ausgründungen begleitet<br />

und auch bei der Anbahnung von<br />

Industriepartner*innen tatkräftig mithilft.<br />

Literatur<br />

Csar P., Jungbauer a., Kort A., Müllner M., Palmberger<br />

D., Ramsauer k., Schrauff, S. Steppert, P.,<br />

Tauber E. (2018) Europäische Patentanmeldung<br />

mit dem Titel „Integriertes Herstellungs- und<br />

Chromatographiesystem zur Virusproduktion“.<br />

Dutra G., Satzer P, Jungbauer A. (2020). Europäische<br />

Patentanmeldung mit dem Titel „Novel<br />

Chromatography Bed“.<br />

Steppert, P. Mosor, M., Stanek, L., Burgstaller, D.,<br />

Palmberger, D., Preinsperger, S., Pereira Aguilar,<br />

p., Müllner, M. Csar, P., Jungbauer, A.(<strong>2022</strong>). A<br />

scalable, integrated downstream process for<br />

production of a recombinant measles virus-vectored<br />

vaccine. Vaccine 40:1323-1333<br />

Univ.-Prof. DI Dr. Alois Jungbauer ist seit 1991<br />

Professor am Institute of Bioprocess Science and<br />

Engineering an der Universität für Bodenkultur<br />

Wien. Er ist seit 2004 Miterfinder an 33 Erfindungen,<br />

welche zu mehr als 50 Patentanmeldungen<br />

führten. Derzeit arbeitet er auf dem Gebiet der<br />

Bioprozesstechnik von Proteinen, Plasmiden und<br />

Viren. Er hat mehr als 340 Veröffentlichungen<br />

und zwölf Buchbeiträge sowie eine Monografie<br />

mit dem Titel „Protein Chromatography, Process<br />

Development and Scale Up“ veröffentlicht.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

37


Adobe Stock<br />

Bispezifische Antikörper – <strong>BOKU</strong> Spin-off<br />

F-star von der Muthgasse an die Nasdaq<br />

Monoklonale Antikörper (monoclonal<br />

antibody, mAb) wurden<br />

1975 von Köhler und Milstein 1<br />

erstmals publiziert und stellen heute<br />

die wichtigste Klasse von biotechnologisch<br />

hergestellten Medikamenten<br />

dar. Die Hauptanwendungsgebiete sind<br />

die Behandlung von Tumor- und Autoimmunerkrankungen.<br />

Auch viele andere<br />

Krankheiten, wie zum Beispiel Virusinfektionen,<br />

können mit mAbs erfolgreich<br />

behandelt werden. So wurden im<br />

Jahr 2021 von FDA und EMA, den zuständigen<br />

Zulassungsbehörden in den<br />

USA und der EU, mehrere mAbs für die<br />

Behandlung von Covid-19 zugelassen.<br />

Antikörper haben eine zentrale Funktion<br />

bei der Abwehr von Krankheiten. Molekularbiologische<br />

Methoden ermöglichen<br />

uns heute das gezielte Engineering,<br />

also das Maßschneidern und Optimieren<br />

der Eigenschaften von mAbs im Labor,<br />

womit sich Gordana-Wozniak-Knopp<br />

und Florian Rüker in ihrer Arbeitsgruppe<br />

am Institut für Molekulare Biotechnologie<br />

(Department für Biotechnologie)<br />

seit vielen Jahren beschäftigen.<br />

Die Erweiterung des Wirkungspotenzials<br />

von Antikörpern ist von sehr großem<br />

Interesse. Eine Strategie dabei ist es,<br />

Antikörper zusätzlich zu ihrer eigenen,<br />

„klassischen“ Antigenbindungsstelle<br />

mit weiteren Antigenbindungsstellen<br />

auszustatten, wodurch sogenannte bispezifische<br />

mAbs, also mAbs, die an zwei<br />

verschiedene Antigene binden können,<br />

engineert werden (Abb. 1). Dazu hatten<br />

die beiden Forscher*innen im Jahr 2004<br />

eine Idee, die zur wissenschaftlichen und<br />

technologischen Grundlage des <strong>BOKU</strong><br />

Spin-offs F-star wurde 2 .<br />

Abb. 1A zeigt ein typisches Antikörpermolekül,<br />

dessen zwei identische Antigenbindungsstellen<br />

blau gefärbt sind. Ein<br />

solcher Antikörper kann also an ein bestimmtes<br />

Antigen binden, und dabei an<br />

maximal zwei identische Bindungsstellen<br />

gleichzeitig andocken. Am Beispiel eines<br />

Virus könnte es sich dabei um ein Oberflächenprotein<br />

(z. B. das Spike-Protein<br />

von SARS-CoV-2) handeln.<br />

Florian Rüker und Gordana Wozniak-<br />

Knopp erkannten, dass es möglich ist,<br />

zusätzliche Antigenbindungsstellen<br />

in die konstante Region (grau in Abb.<br />

1A) von Antikörpern zu engineeren. In<br />

38 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Abb. 1: Erklärung siehe Text; die Abbildung wurde mit PyMOL, Version 2.0 Schrödinger, LLC generiert. © Florian Rüker, <strong>2022</strong><br />

Privat<br />

Privat<br />

Gordana-Wozniak-<br />

Knopp<br />

Florian Rüker<br />

Abb. 1B ist das<br />

Resultat eines<br />

solchen Engineerings<br />

dargestellt:<br />

ein bispezifischer<br />

Antikörper, den<br />

wir als mAb2 bezeichnen<br />

und der<br />

zusätzlich zu den<br />

„klassischen“ blau<br />

dargestellten Antigenbindungsstellen<br />

zwei weitere<br />

grün dargestellte<br />

Bindungsstellen<br />

mit anderer Antigen-Spezifität<br />

trägt. Da sich die<br />

Domänen beliebig<br />

kombinieren lassen, ergibt sich ein sehr<br />

breites, modulares Anwendungspotenzial<br />

unserer Technologie.<br />

ERSTE <strong>BOKU</strong>-AUSGRÜNDUNG<br />

Dieses „Modular Antibody Engineering“<br />

wurde 2005 in Kooperation mit dem<br />

<strong>BOKU</strong>-Forschungsservice/Technologietransfer<br />

zum Patent angemeldet und<br />

führte 2006 zur Gründung des <strong>BOKU</strong><br />

Spin-offs F-star durch Florian Rüker,<br />

Gordana Wozniak-Knopp, Gottfried<br />

Himmler und Geert Mudde. Da es damals<br />

noch keine Gründungszentren oder Biotech-Inkubatoren<br />

in Wien gab, in die das<br />

Spin-off hätte einziehen können, gelang<br />

es gemeinsam mit Forschungsservice<br />

und Rektorat, eine Möglichkeit zu finden,<br />

um in den ersten zwei Jahren nach<br />

Gründung von F-star Laborplätze am<br />

Department für Biotechnologie nutzen<br />

zu können. Die <strong>BOKU</strong> und F-star schafften<br />

es, durch die gute Zusammenarbeit<br />

aller Beteiligten, trotz der zu diesem<br />

Zeitpunkt noch geringen Erfahrung auf<br />

dem Gebiet der Ausgründungen gute<br />

vertragliche Regelungen abzuschließen.<br />

Diese Verträge waren die ersten dieser<br />

Art, die von der <strong>BOKU</strong> abgeschlossen<br />

wurden und bereiteten die Basis für<br />

weitere Spin-offs der <strong>BOKU</strong> und deren<br />

Anbindung an und Unterstützung durch<br />

die Universität.<br />

Florian Rüker war in der Gründungsphase<br />

in Abstimmung mit der <strong>BOKU</strong> auch<br />

der Chief Scientific Officer von F-star,<br />

widmete sich aber ab 2007 wieder ganz<br />

seinen universitären Aufgaben. Durch<br />

Förderungen von AWS, FFG und FWF<br />

sowie durch die Etablierung von zwei<br />

Christian Doppler Laboren (Leitung<br />

Christian Obinger beziehungsweise Gordana<br />

Wozniak-Knopp) konnten Gordana<br />

Wozniak-Knopp und Florian Rüker die<br />

wissenschaftliche Kooperation mit F-star<br />

weiterführen.<br />

INTERNATIONALE PATENTE<br />

Zusätzlich zu wissenschaftlichen Publikationen<br />

entstanden daraus vier international<br />

erteilte Patente sowie vier weitere<br />

Patentanmeldungen. Diese Patente<br />

wurden, professionell unterstützt durch<br />

das <strong>BOKU</strong>-Forschungsservice/Technologietransfer,<br />

zur Verwertung an F-star<br />

übertragen. Die Beratung und Unterstützung<br />

bei <strong>BOKU</strong>-Ausgründungen<br />

wurde kürzlich durch die Gründung von<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE ganz wesentlich erweitert<br />

und wird sicherlich Kolleginnen und Kollegen<br />

ermutigen, diesen interessanten<br />

und herausfordernden Schritt zu unternehmen.<br />

F-star wuchs in der Folge dynamisch<br />

und übersiedelte bald in <strong>BOKU</strong>-externe<br />

Labors in Wien. Bedingt durch strategische<br />

Entscheidungen der Investoren<br />

erfolgte im Jahr 2010 die Übersiedlung<br />

nach Cambridge, UK, wo F-star heute<br />

mehr als 100 Mitarbeiter*innen beschäftigt.<br />

F-star hat derzeit drei bispezifische<br />

Antikörper für die Krebsimmuntherapie<br />

in den klinischen Phasen 1 bzw. 2 und<br />

weitere bispezifische Antikörper in der<br />

präklinischen Entwicklung und ist seit<br />

November 2020 an der Nasdaq notiert<br />

(FSTX). Das Unternehmen, eines der ersten<br />

<strong>BOKU</strong> Spin-offs, hat damit ein weiteres<br />

Kapitel zu seiner beeindruckenden<br />

Erfolgsgeschichte hinzugefügt. •<br />

1 Köhler G, Milstein C.; Nature. 1975 Aug<br />

7;256(5517):495-7.<br />

2 Wozniak-Knopp G, et al.; Protein Eng Des Sel.<br />

2010 Apr;23(4):289-97.<br />

Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Florian Rüker und Dipl.-<br />

Biol. in Dr. in Gordana Wozniak-Knopp forschen<br />

beide am Institut für Molekulare Biotechnologie.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

39


Evercyte – forever is just enough<br />

Mithilfe unsterblicher Zellen können neue Medikamente getestet und die Gefährlichkeit<br />

chemischer Substanzen abgeschätzt werden.<br />

Von Regina und Johannnes Grillari<br />

Adobe Stock<br />

Humane Zellen<br />

Evercyte GmbH ist ein 2011 aus<br />

wissenschaftlichen Ergebnissen<br />

der Arbeitsgruppen von Regina<br />

und Johannes Grillari (Department<br />

für Biotechnologie, <strong>BOKU</strong><br />

Wien) ausgegründetes Unternehmen mit<br />

Sitz in Wien. Evercyte startete mit der<br />

Idee, relevante und standardisierbare<br />

humane Zellen herzustellen, um verbesserte<br />

In-vitro-Systeme („im Reagenzglas“)<br />

für Forschung und Entwicklung<br />

für die pharmazeutische, kosmetische<br />

und chemische Industrie zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Durch Einbringen der katalytischen<br />

Untereinheit des Enzyms Telomerase<br />

(hTERT) ist es auch gelungen, menschliche<br />

Zellen, die normalerweise eine kurze<br />

Lebensspanne in Kultur aufweisen, zu immortalisieren<br />

und sogenannte „telomerisierte“<br />

Zellkulturen zu etablieren, die<br />

in ihren Eigenschaften den korrespondierenden<br />

Normalzellen des humanen<br />

Organismus sehr ähnlich sind.<br />

EIGENSCHAFTEN UNVERÄNDERT<br />

Diese Technik der Herstellung unsterblicher<br />

Zellen wurde von Regina Grillari<br />

schon lange vor Gründung von Evercyte<br />

als ein Mittel angewandt, die Seneszenz<br />

(„Zellalterung“), ein Hauptthema der damaligen<br />

Forschung an der <strong>BOKU</strong>, zu umgehen.<br />

Die Immortalisierung, also Zellen,<br />

die sich immer weiter teilen, verändert<br />

die zentralen und normalen Eigenschaf-<br />

ten der Zellen nicht, sie teilen sich nur<br />

unbegrenzt. Diese Testsysteme, welche<br />

die humane In-vivo-Situation („im lebendigem<br />

Objekt“) äußerst gut abbilden,<br />

spielen in der Präklinik oder der<br />

Toxikologie eine entscheidende Rolle,<br />

da sie im Sinne der „3R“ (replace ment,<br />

reduction and refinement) von Tierversuchen<br />

mittlerweile unerlässlich bei der<br />

Entwicklung und Austestung von neuen<br />

Medikamenten sind, aber auch zur Abschätzung<br />

der Gefährlichkeit von chemischen<br />

Substanzen.<br />

Sowohl Kosten als auch Entwicklungszeiten<br />

bis zur Markteinführung neuer<br />

Medikamente können deutlich reduziert<br />

werden, da eben humane Zellen verwen-<br />

40 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Evercyte<br />

REGINA GRILLARI<br />

Regina Grillari, Otto Kanzler und Johannes Grillari, die Co-Founder von Evercyte.<br />

det werden und entsprechend Substanzen,<br />

die im Tier wirken und nicht giftig, im<br />

Menschen aber nicht wirken oder toxisch<br />

sind, rechtzeitig ausgefiltert werden<br />

können. Neben vielen universitären Einrichtungen,<br />

Start-ups und Pharmafirmen<br />

verwenden derzeit auch acht der zehn<br />

größten Pharmafirmen Evercyte-Zellen<br />

für genau diese Anwendungen.<br />

Als weitere – und immer zentralere –<br />

Bedeutung von Evercyte-Zellkulturen<br />

stellt sich die Verwendung als Zellfabriken<br />

für die Herstellung komplexer<br />

Biopharmazeutika dar, wobei ein<br />

Schwerpunkt auf der Produktion von<br />

extrazellulären Vesikeln (EVs, Exosomen)<br />

gelegt wurde. EVs werden von Zellen<br />

sekretiert und scheinen, wie im Falle von<br />

mesenchymalen Stammzellen, ein äußerst<br />

hohes therapeutisches Potenzial<br />

– zum Beispiel in der Geweberegeneration<br />

sowie als Wirkstoff-Targeting-Vehikel<br />

– zu haben. In der Tat wurden schon<br />

Entwicklungsprojekte mit Boehringer<br />

Ingelheim und MDimune gestartet.<br />

Da Evercyte-Wissenschaftler*innen kumuliert<br />

über 100 Jahre wissenschaftliche<br />

Expertise im Bereich Primärzellkultur<br />

und zellbasierte Assay-Entwicklung mitbringen,<br />

hat Evercyte beschlossen, auch<br />

als eine Contract Research Organisation<br />

(CRO) Zellkulturen und präklinische<br />

Testmethoden auf Kundenwunsch zu<br />

schneidern. Ein weiterer Schwerpunkt<br />

ist das Überprüfen von Arzneimittelkandidaten<br />

auf Wirksamkeit oder Toxizität.<br />

Dabei ist natürlich die Seneszenz auch<br />

wieder ein Thema, da vor Kurzem gezeigt<br />

wurde, dass die Eliminierung seneszenter<br />

Zellen altersassoziierte Erkrankungen in<br />

verschiedensten präklinischen Modellen<br />

verbessern oder sogar stoppen kann –<br />

und somit bietet Evercyte besonders<br />

gerne Screenings auf Senolytika, Wirkstoffe,<br />

die seneszente Zellen spezifisch<br />

abtöten können, an.<br />

Evercyte ist mittlerweile ein etabliertes<br />

Unternehmen mit sieben wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter*innen. Durch die<br />

konsequente Strategie des „gesunden“<br />

Wachstums konnte Evercyte selbst zum<br />

Startpunkt für weitere Spin-offs wie zum<br />

Beispiel die TAmiRNA GmbH und die<br />

Phoenestra GmbH werden. So erfüllt<br />

Evercyte nicht nur die Hoffnung, wissenschaftliche<br />

Ergebnisse aktiv umzusetzen,<br />

vielmehr stärkt sie auch den Wirtschaftsstandort.<br />

Mit der <strong>BOKU</strong> verbindet Evercyte nicht<br />

nur ihre Entstehung und ihre technologische<br />

Basis, die Nähe zur Alma Mater<br />

Viridis spiegelt sich auch in der Rolle der<br />

Forschenden als Mentor*innen und Vortragende<br />

für potenzielle Gründer*innen<br />

wider.<br />

•<br />

Interview Seite 42<br />

COO/CSO und Co-Founder<br />

bei Evercyte; Co-Founder und<br />

Scientific advisor von TAmiRNA<br />

und Phoenestra. Grillari war von<br />

2008 bis 2018 Assoziierte<br />

Professorin für Zellbiologie am<br />

Department für Biotechnologie<br />

der <strong>BOKU</strong>. Sie ist Absolventin der<br />

Lebensmittel- und Biotechnologie.<br />

Besonders hervorzuheben ist ihre<br />

Beteiligung bei der Entwicklung<br />

einer Methode, die es ermöglicht,<br />

Zellen aus Urin in induzierte pluripotente<br />

Stammzellen rückzuprogrammieren<br />

und Urin als Ausgangsmaterial<br />

für neuartige zellbasierte<br />

Therapien zu nutzen.<br />

Regina Grillari ist Autorin und<br />

Koautorin von mehr als 70 wissenschaftlichen<br />

Publikationen und<br />

Miterfinderin bei sechs Erfindungen<br />

an der <strong>BOKU</strong>, die zu 59 Patentanmeldungen<br />

geführt haben.<br />

JOHANNES GRILLARI<br />

Co-Founder und Scientific Advisor<br />

bei Evercyte, TAmiRNA GmbH,<br />

Phoenestra GmbH und Rockfish<br />

Bio GmbH. Er ist Außerordentlicher<br />

Professor am Department<br />

für Biotechnologie der <strong>BOKU</strong> und<br />

leitet seit 2019 das Ludwig Boltzmann<br />

Institut für Traumatologie. Das<br />

Forschungszentrum in Kooperation<br />

mit AUVA.<br />

Johannes Grillari hat einen Abschluss<br />

in Biotechnologie. Er hat<br />

2013 das Christian-Doppler Laboratorium<br />

für Biotechnologie der Hautalterung<br />

ins Leben gerufen.<br />

Er hat mehr als 180 wissenschaftliche<br />

Artikel veröffentlicht und war<br />

bei zwölf Erfindungen an der <strong>BOKU</strong><br />

Miterfinder, die zu 88 Patentanmeldungen<br />

geführt haben.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

41


„Ein Patent ist nichts Anrüchiges“<br />

Regina und Johannes Grillari, über ihr wissenschaftliches Umfeld, ihre Motivation, ein Spin-off<br />

zu gründen und welche Voraussetzungen es an der <strong>BOKU</strong> braucht, um Gründungen zu fördern.<br />

Interview: Michaela Amstötter-Visotschnig<br />

Privat<br />

Was waren Ihre Beweggründe, neben Spitzenforschung<br />

auch erfolgreiche Gründer*innen<br />

zu werden?<br />

Regina Grillari: Wir konnten uns in einem<br />

Umfeld an der Universität entwickeln, in<br />

dem die Verwertung immer mit im Zentrum<br />

gestanden ist. Der Wunsch, die Dinge<br />

dann auch selbst umzusetzen, ist schon<br />

lange da gewesen. Die Translation und<br />

die Entwicklung der Projekte waren die<br />

größte Motivation für die spätere Gründung.<br />

Dieses Umfeld hat mich sehr stark<br />

geprägt.<br />

War dadurch das Ziel der Forschung oftmals<br />

schon zu Beginn klar?<br />

Regina Grillari: Ja, es war wirklich von Beginn<br />

an klar. Durch die Art der Forschung,<br />

oft auch die Kooperationen mit Firmen,<br />

war die Verwertung immer ein wichtiger<br />

Teil. Selbst bei meiner Masterarbeit am<br />

AKH war mein gewähltes Thema nahe<br />

am Patienten. Dies hat mich fasziniert<br />

und ich wollte einen Beitrag leisten, um<br />

Menschen zu helfen.<br />

Johannes Grillari: Für mich ist es sehr<br />

ähnlich. Meine „wissenschaftliche Sozialisierung“<br />

am Institut war in einem Umfeld,<br />

das von Hermann Katinger, einem Pionier<br />

der Biotechnologie, stark geprägt wurde.<br />

Die Fragen: „Wem hilft das Ergebnis,<br />

wer kann es brauchen, was machen wir<br />

damit?“ wurden oft gestellt und haben<br />

mich begleitet. Dies ist eine Denkart, die<br />

er damals jedem mitgegeben hat. Trotz<br />

der Grundlagenforschungsaktivitäten war<br />

der Wunsch, selbst etwas zu gründen, früh<br />

da. Doch es dauerte, bis der Wunsch mit<br />

der Realität der Ergebnisse zusammengepasst<br />

hat.<br />

Welche waren die größten Schwierigkeiten,<br />

denen Sie auf dem Weg zur eigenen Firma<br />

begegnet sind?<br />

Regina Grillari: Die Transformation aus<br />

dem wissenschaftlichen Labor auf Industriestandards<br />

war die erste Hürde. Es kom-<br />

42 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Adobe Stock<br />

men völlig neue Themen, wie zum Beispiel<br />

Qualitätskontrolle, dazu. Man muss sich<br />

mit Kund*innen, Marketing, Verträgen<br />

etc. auseinandersetzen. Dies ist eine große<br />

Herausforderung. Wichtig ist auch, die<br />

Bereiche, die man nicht selbst abdecken<br />

kann, durch gute starke Partner*innen<br />

zu ergänzen. Durch unseren Mitgründer<br />

Otto Kanzler, der die wirtschaftliche Expertise<br />

einbringt, können wir uns auf die<br />

wissenschaftlichen Aspekte, die weitere<br />

Entwicklung etc. konzentrieren.<br />

Johannes Grillari: Und natürlich muss<br />

man sich dann auch trauen.<br />

Braucht es aus Ihrer Sicht ein gutes Team,<br />

um eine Gründung erfolgreich zu machen?<br />

Regina Grillari: Ja, ein gutes Team ist<br />

essenziell.<br />

Johannes Grillari: Oder man heiratet<br />

gleich das Team (lacht).<br />

Regina Grillari: Es braucht aus meiner<br />

Sicht auch eine gewisse Naivität und ein<br />

Urvertrauen, um einen solchen Schritt<br />

zu gehen. Im Nachhinein war es vielleicht<br />

manchmal ganz gut, nicht gewusst zu<br />

haben, worauf man sich einlässt.<br />

Regina, noch immer sind deutlich weniger<br />

Frauen in Führungspositionen als Männer.<br />

Welche Gründe sehen Sie dafür?<br />

Regina Grillari: Diese Frage wird oft gestellt.<br />

Vielleicht trauen sich Frauen eine<br />

solche Position oft nicht zu und denken<br />

zu viel darüber nach, was alles schief gehen<br />

kann. Ich plane auch sehr gerne. Bei<br />

einer Gründung kann man aber nicht alles<br />

vorher planen. Aus meiner Sicht braucht<br />

es die richtigen Partner*innen, unabhängig<br />

vom Geschlecht, um eine Gründung<br />

umzusetzen. Meine Motivation bei Evercyte<br />

ist ungebrochen. Meine Aufgaben<br />

sind immer neu und spannend. In erster<br />

Linie bin ich nach wie vor Forscherin. Die<br />

Kombination aus eigener Umsetzung und<br />

Forschung ist für mich ideal.<br />

Johannes Grillari: Regina ist COO und<br />

CSO von Evercyte, vollkommen zurecht<br />

und sehr erfolgreich. Eine solche Position<br />

sollte immer nur mit Können zu tun haben.<br />

Was wir aus der Altersforschung ableiten<br />

können: Frauen haben eine leicht<br />

längere mittlere Lebenserwartung. Man<br />

hat bisher keinen echten biologischen<br />

Grund dafür gefunden. Es gibt eine Interpretation<br />

dazu, dass es an der höheren<br />

Risikobereitschaft von Männern liegt.<br />

Was braucht es an der <strong>BOKU</strong>, um Innovationen<br />

umzusetzen?<br />

Johannes Grillari: Das startet schon mit<br />

der Ausbildung. Awareness bereits früh<br />

im Studium; zum Beispiel die Lehrveranstaltungen<br />

Garage (eine gemeinsame<br />

Lehrveranstaltung mit TU Wien und<br />

WU Wien) sind tolle Gelegenheiten, das<br />

Thema zu beginnen. Auf wissenschaftlicher<br />

Ebene braucht es ein Verständnis,<br />

dass Patente helfen, die notwendigen<br />

großen Investitionen in die Entwicklung<br />

von wissenschaftlichen Ergebnissen in<br />

am Markt erhältliche Produkte zu verwandeln,<br />

indem sie vor Nachahmung<br />

schützen. Keine Firma der Welt würde<br />

sonst in solche Produktentwicklungen<br />

investieren, ihre Investitionen würden<br />

nicht mehr zurückkommen. Und: Patente<br />

behindern die Grundlagenforschung ja in<br />

keinster Weise. Vor dem Publizieren sollte<br />

also immer die Frage nach dem sinnvollen<br />

Umgang mit geistigem Eigentum gestellt<br />

werden. Ein Patent ist nichts Anrüchiges.<br />

Die <strong>BOKU</strong> hat eine Tradition und Expertise<br />

bei der Unterstützung von Ausgründungen<br />

und der Verwertung von<br />

Patenten. Die <strong>BOKU</strong>:BASE ist ein weiterer<br />

wichtiger Schritt, um den Standort<br />

und die Forscher*innen auch optimal bei<br />

einer Ausgründung zu unterstützen. Es<br />

braucht ein flexibles Konzept, das von<br />

der Idee bis zu Laborflächen den ganzen<br />

Prozess unterstützt. Die Core Facilities<br />

sind für viele junge Firmen essenziell. Die<br />

Lösung, hier von der Ausbildung bis zur<br />

Infrastruktur zu unterstützen, ist ein ausgesprochen<br />

passendes Konzept, welches<br />

die <strong>BOKU</strong> gerade umsetzt.<br />

Welches Mindset sollte jungen Kolleg*innen<br />

an der <strong>BOKU</strong> mitgegeben werden?<br />

Regina Grillari: Man muss es mögen, etwas<br />

aufzubauen und selbst umzusetzen.<br />

Dies sollte früh erkannt und junge Forscher*innen<br />

sollten unterstützt werden,<br />

ihren Weg zu gehen. Und Mut kann man<br />

nicht kaufen! <br />

•<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

43


Agrobiogel<br />

Agrobiogel: <strong>BOKU</strong> actively responding<br />

to challenges facing humanity<br />

The first 100 % wood-based hydrogel acts as small water and nutrient<br />

reservoir right at the roots of the plants. By Gibson S. Nyanhongo<br />

AGROBIOGEL GMBH<br />

Agrobiogel GmbH is a <strong>BOKU</strong> spin-off<br />

company founded in February 2021,<br />

producing agricultural products that<br />

increase soil water holding capacity,<br />

enable efficient delivery of nutrients<br />

to plants and increase soil fertility. The<br />

company is based on a technology developed<br />

by co-inventors Gibson S. Nyanhongo,<br />

Georg Gübitz, Sabrina Bischof<br />

and Andreas Ortner from the Institute<br />

of Environmental Biotechnology. This<br />

technology typifies the drive and pivotal<br />

role <strong>BOKU</strong> is playing in advancing<br />

and exploiting science for the benefit<br />

of mankind.<br />

AGROBIOGEL TECHNOLOGY<br />

Agrobiogel (ABG) is the first 100 %<br />

wood-based hydrogel. Hydrogels, also<br />

known as water superabsorbents polymers,<br />

are polymeric materials able to<br />

absorb and store huge amounts of water.<br />

When applied to the soil, ABG acts as<br />

small water and nutrient reservoir right<br />

at the roots of the plants. Based on these<br />

properties, the major aim of Agrobiogel<br />

GmbH is to help farmers/plant/forest<br />

growers in both rural and urban centers<br />

save irrigation water and protect plants/<br />

crops from droughts. ABG will help them<br />

overcome challenges caused by increasing<br />

erratic rainfall patterns and droughts.<br />

For example, increasing erratic rainfall<br />

patterns and droughts have resulted in<br />

21 % wheat and 40 % maize reduction<br />

between 1980 to 2015 in Europe while<br />

other parts of the world had devastating<br />

consequences on food security,<br />

44 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Keith Nyanhongo<br />

Ready agrobiogel<br />

forests, animals and land degradation.<br />

ABG’s ability to absorb and store huge<br />

amounts of water (1g absorbs 2,000 %<br />

water its weight in 30 minutes) during<br />

raining periods and slowly releasing it<br />

to the plants days long after the rains<br />

have stopped, enables plants to survive<br />

drought periods. This will go a long way<br />

in improving the yields of farmers occupying<br />

>80 % of world‘s rain fed cropland<br />

contributing >60 % of the world‘s cereal<br />

grains. Irrigation is currently using nearly<br />

70 % of all freshwaters drawn from rivers,<br />

lakes, and underground. This makes the<br />

need for solutions for farmers or plants<br />

lovers to improve water usage efficiency.<br />

ABG alone or in combination with other<br />

technologies such as drip-irrigation or<br />

sprinklers will allow water savings up to<br />

40 % and respective reduction of energy<br />

and carbon emissions.<br />

In addition, as wood-based product, AGB<br />

mimics and ultimately degrades into humus,<br />

and therefore has remarkable ability<br />

to trap important plant cation nutrients<br />

such as calcium, magnesium, potassium,<br />

ammonium, manganese, zinc, iron.<br />

Its slow degradation confers (only lost<br />

11 % its water holding capacity in three<br />

years) with many unique additional benefits<br />

namely; (1) improving soil fertility<br />

(converting agriculture nonproductive<br />

soils into productive soils including degraded<br />

and 100 % sand soils), (2) trapping<br />

and acting as storage and slow delivery<br />

fertilizer system thereby preventing<br />

its leaching into the environment and<br />

causing pollution, (3) trapping nitrogen-based<br />

fertilizers thereby reducing<br />

green-house gas emissions such as nitric<br />

oxide. ABG will help reverse current<br />

losses of agriculture productive<br />

Keith Nyanhongo<br />

soils. For example, from 2000–2013,<br />

drought and desertification have resulted<br />

in the loss of 12 million hectares agriculture<br />

land and forced 10% of household<br />

migration away from the intensely<br />

drought-stricken areas over a three-year<br />

period (2006–2008) while in Africa it<br />

is affecting 70 % of the population who<br />

are smallholder farmers. This has led to<br />

increased food insecurity and increased<br />

poverty. ABG also makes it possible to<br />

grow plants in 100% sand soils, growing<br />

forests in semi-arid, arid and desert<br />

parts of the world.<br />

SHORT JOURNEY OF AGROBIOGEL<br />

Following the discovery, the lead inventor<br />

Gibson S. Nyanhongo approached<br />

<strong>BOKU</strong>’s technology transfer office<br />

(TTO), namely in-house expert Michaela<br />

Amstötter-Visotschnig for support<br />

with patenting the technology and exploring<br />

the possibility of starting a spinoff<br />

company based<br />

on the invention.<br />

<strong>BOKU</strong> TTO happily<br />

took over the<br />

role of mentor in<br />

providing strategic<br />

assistance – one of<br />

which was explaining<br />

the different<br />

Gibson S. Nyanhongo<br />

routes inventors<br />

could take. In addition, the TTO enrolled<br />

Gibson Nyanhongo into the FFG entrepreneur<br />

training program. This was one<br />

of the most crucial steps which reinforced<br />

the inventor’s conviction to start<br />

a company. Even more interesting was<br />

the introduction to the NÖ Technology<br />

Park in Tulln and Lower Austria’s technology<br />

incubator Accent. The experts on<br />

site, Julia Uhlik and Michael Moll immediately<br />

incorporateed Agrobiogel into<br />

their program. In addition and with the<br />

help of Accent, Agrobiogel was able to<br />

apply for AWS pre-seed financing. As<br />

from June 2021, plans for industrial production<br />

were laid and luckily Agrobiogel’s<br />

application for the AWS seed funding<br />

was approved in December 2021. At<br />

the same time Agrobiogel applied for<br />

the competitive EU funding scheme EIC<br />

accelerator and was awarded 3.4 million<br />

Euro to establish their industrial production<br />

plant while expanding globally.<br />

»<br />

In den vergangenen Jahrzehnten ist<br />

es dank der starken Partner*innen am<br />

Campus Tulln Technopol gelungen, Tulln<br />

als hochwertiges, international renommiertes<br />

Biotech-Zentrum zu etablieren.<br />

Das war gleich aus mehreren Gründen<br />

unser erklärtes Ziel: Wir wollten zukunftsträchtige<br />

Ausbildungsmöglichkeiten<br />

und Arbeitsplätze schaffen<br />

und nicht zuletzt den Standort für die<br />

Entwicklung grüner, smarter und zukunftsweisender<br />

Technologien bieten,<br />

die von Tulln aus um die Welt gehen.<br />

Das Erfolgsgeheimnis ist aus meiner<br />

Sicht die gelungene Kombination aus<br />

Wissenschaft und Wirtschaft und die<br />

großartige Zusammenarbeit der hochqualifizierten<br />

Einrichtungen des Campus<br />

Tulln. Bei uns fallen zukunftsweisende<br />

Ideen auf einen fruchtbaren Boden.<br />

Peter Eisenschenk<br />

Bürgermeister von Tulln<br />

By January <strong>2022</strong> – that is one year after<br />

its formation – Agrobiogel started<br />

its industrial production with a capacity<br />

of 1,000 tons per year. This is a remarkable<br />

achievement in a very short<br />

amount of time – thanks to the support<br />

system offered by <strong>BOKU</strong> Technology<br />

Transfer Office, mentorship, financial<br />

and infrastructure support provided by<br />

Accent, AWS and ACIB. It is extremely<br />

important to note that the interaction<br />

between these organizations have been<br />

very instrumental in moving Agrobiogel<br />

to where it stand now.<br />

•<br />

PD Dr. Gibson Stephen Nyanhongo is researcher<br />

at the Institute of Environmental Biotechnology.<br />

Stadtgemeinde Tulln<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

45


Preisverleihungen der <strong>BOKU</strong> im<br />

Bereich Innovation & Entrepreneurship<br />

Wussten Sie, dass die <strong>BOKU</strong> für herausragende Leistungen von <strong>BOKU</strong>-Erfinder*innen und<br />

-Gründer*innen eigene Auszeichnungen verleiht?<br />

Von Nicole Hochrainer<br />

Nach einer Vorauswahl durch den<br />

Technologietransfer ermittelt<br />

eine Fachjury, bestehend aus<br />

Vizerektor Christian Obinger, Vizerektorin<br />

Nora Sikora-Wentenschuh, Daniela<br />

Kopriva-Urbas (Bundesministerium für<br />

Bildung, Wissenschaft und Forschung),<br />

Barbara-Annette Zahnt (<strong>BOKU</strong> Universitätsrat)<br />

und Ursula Hunger (Österreichisches<br />

Patentamt), die Preisträger*innen.<br />

Welche Leistungen sollen hier konkret<br />

vor den Vorhang geholt werden?<br />

<strong>BOKU</strong> ERFINDUNG DES JAHRES<br />

Mit der Verleihung des Preises <strong>BOKU</strong><br />

Erfindung des Jahres werden die Idee<br />

und der innovative Charakter einer Erfindung<br />

ausgezeichnet – und vor allem<br />

die herausragendste Forschungsleistung<br />

im Bereich schutzfähiger Innovationen<br />

gewürdigt. Es bedarf keiner Einreichung.<br />

Alle im Technologietransfer vollständig<br />

eingegangenen Erfindungsmeldungen<br />

nehmen automatisch an der Preisfindung<br />

teil. Als Basis dienen dabei die Erfindungsmeldungen<br />

der letzten drei Jahre.<br />

Das Gewinner*innen-Team erhält einen<br />

Geldpreis in der Höhe von 3.000 Euro.<br />

Die herausragendsten Leistungen der<br />

vergangenen Jahre kamen dabei aus ganz<br />

unterschiedlichen Disziplinen.<br />

CARBOFEED<br />

2019 konnten die Erfinder*innen Diethard<br />

Mattanovich, Brigitte Gasser, Michael<br />

Sauer und Thomas Gaßler vom<br />

Department für Biotechnologie die Jury<br />

mit der Technologie „CarboFeed“ überzeugen.<br />

In diesem Projekt wurde eine<br />

Methode entwickelt, die es ermöglicht,<br />

CO 2<br />

mithilfe einer neuartigen Hefe zu<br />

einem Tierfutterzusatz zu verarbeiten.<br />

Damit soll CO 2<br />

als Rohstoffquelle nachhaltig<br />

nutzbar gemacht werden und hat<br />

den zusätzlichen umweltfreundlichen Effekt,<br />

dass keine weiteren landwirtschaftlichen<br />

Flächen zur Tierfutterproduktion<br />

gebraucht werden.<br />

LIPOCALIN-SWITCH<br />

Der Preis ging 2020 an die Erfinder*innen<br />

Michael Traxlmayr und Charlotte<br />

Zajc vom Department für Chemie mit<br />

der Technologie „Lipocalin-Switch“. Die<br />

Erfindung ist das Ergebnis exzellenter<br />

wissenschaftlicher Forschung in Kooperation<br />

mit der St. Anna Kinderkrebsforschung.<br />

Sie zeichnet sich besonders<br />

durch die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten<br />

aus, die eine wirtschaftliche<br />

Verwertung in vielen Bereichen möglich<br />

macht. Mithilfe dieser Erfindung wird<br />

die Sicherheit und Tumorspezifität der<br />

CAR-T-Zelltherapie weiterentwickelt,<br />

sodass wirksamere Therapien in die breite<br />

klinische Anwendung gebracht und<br />

weltweit neue entscheidende Impulse<br />

für die Krebstherapie ermöglicht werden<br />

können.<br />

AGROBIOGEL<br />

2021 überzeugten Gibson Nyanhongo,<br />

Georg Gübitz, Sabrina Bischof und Andreas<br />

Ortner vom Department für Agrarbiotechnologie<br />

die Jury mit ihrer Erfindung<br />

„Agrobiogel“. Diese Innovation<br />

ist ein völlig neuartiges Gel auf Holzbasis,<br />

welches dem Boden wie Dünger zugeführt<br />

wird und Wasser speichert, das in<br />

Trockenperioden wieder langsam an die<br />

Pflanzen abgegeben wird. Das Produkt<br />

baut sich im Verlauf von Jahren vollständig<br />

zu Humus ab und verbessert dadurch<br />

auch insgesamt die Bodenstruktur. Die<br />

Technologie wurde an das <strong>BOKU</strong> Spin-off<br />

Agrobiogel GmbH lizensiert.<br />

<strong>BOKU</strong> ERFINDERIN DES JAHRES<br />

Für den Preis <strong>BOKU</strong> Erfinderin des Jahres<br />

werden weibliche Erfinder vor den<br />

Vorhang geholt, um anderen Wissenschaftlerinnen<br />

als Inspiration und Role<br />

Model zu dienen, denn noch immer sind<br />

Frauen an Erfindungen unterdurchschnittlich<br />

häufig beteiligt. Ihr Einsatz<br />

und ihre Vorbildwirkung wird, neben einem<br />

Geldpreis, mit einem persönlichen<br />

Video ausgezeichnet.<br />

Das Team des Technologietransfers<br />

screent dazu alle vollständig eingegangenen<br />

Erfindungsmeldungen der vergangenen<br />

drei Jahre. Weibliche Erfinder mit<br />

einem Erfindungsanteil von 30 Prozent<br />

und mehr werden der Jury vorgestellt.<br />

Die Leistungen der letztjährigen Preisträgerinnen<br />

zeigen auf anschauliche Weise<br />

den geballten Forscherinnengeist an<br />

der <strong>BOKU</strong>:<br />

2019 ging der Preis ex aequo an Herta<br />

Steinkellner, Brigitte Gasser und Reingard<br />

Grabherr.<br />

Herta Steinkellner ist ein Vorbild für junge<br />

Forscherinnen und zeigt, dass es auch als<br />

Forscherin eines kleinen Landes möglich<br />

ist, große Probleme zu lösen. Sie setzt sich<br />

besonders aktiv dafür ein, Frauen in der<br />

Forschung sichtbarer zu machen.<br />

Reingard Grabherr vereint außergewöhnliche<br />

wissenschaftliche Leistungen<br />

mit einem bemerkenswerten Gespür für<br />

die Anwendbarkeit in der Wirtschaft.<br />

Beispiele dafür sind ihre Erfahrung als<br />

Leiterin eines Christian Doppler Labors<br />

und ihre Rolle im Advisory Board des<br />

<strong>BOKU</strong> Spin-offs enGenes GmbH.<br />

Brigitte Gasser ist ein Vorbild für junge<br />

Wissenschaftlerinnen. Ihre bisherigen<br />

Forschungsleistungen spiegeln sich unter<br />

anderem in ihrer außergewöhnlich<br />

hohen Anzahl an Patentanmeldungen<br />

und Erfindungen wider.<br />

2020 erhielt Gordana Wozniak-Knopp<br />

die Auszeichnung.<br />

46 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Fotos: <strong>BOKU</strong><br />

Links: IFA Tulln, 25-Jahr-Feier Erfinderinnen. V. li. Herta Steinkellner,<br />

Christian Obinger, Reingard Grabherr, Brigitte Gasser.<br />

Oben: V. li. Charlotte Zajc, Christian Obinger, Michael Traxlmayr<br />

<strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

Gordana Wozniak-Knopp konnte die Jury<br />

überzeugen, da sie nicht nur an außergewöhnlich<br />

vielen Erfindungen und Patenten<br />

beteiligt ist, sondern hier auch<br />

noch mit einem hohen Erfindungsanteil<br />

beeindruckte. Die Forscherin war auch<br />

maßgeblich am Spin-off F-star Biotechnology<br />

Ltd. beteiligt, das eines der erfolgreichsten<br />

Ausgründungen der <strong>BOKU</strong><br />

darstellt.<br />

2021 konnte Raphaela Hellmayr die Jury<br />

überzeugen.<br />

Raphaela Hellmayrs Engagement im<br />

Bereich Umwelt und Ressourcen trifft<br />

den Zeitgeist und entspricht den <strong>BOKU</strong>-<br />

Werten, sodass sich Raphaela Hellmayr<br />

perfekt als Role Model für angehende<br />

Studierende eignet.<br />

<strong>BOKU</strong> START-UP DES JAHRES<br />

Auch die Innovationskraft von Gründer*innen<br />

soll aufgezeigt werden:<br />

Der <strong>BOKU</strong> Start-up Preis ist mit 3000<br />

Euro dotiert und wird jährlich an Startups<br />

mit <strong>BOKU</strong>-Bezug verliehen. Ausgezeichnet<br />

wird die beste Start-up-Idee,<br />

die zu einer Gründung führte. Junge<br />

Unternehmen, deren Gründung nicht<br />

länger als fünf Jahre zurück liegt, können<br />

sich auf den ausgeschriebenen Preis bewerben.<br />

Dabei zeigt sich, dass die Jungunternehmer*innen<br />

einen wesentlichen Beitrag<br />

zum Umgang mit den Herausforderungen<br />

unserer Zeit liefern, wie die Preisträger*innen<br />

der vergangenen Jahre<br />

eindrucksvoll zeigen:<br />

VIENNA TEXTILE LAB<br />

2019 wurde das Start-up Vienna Textile<br />

Lab gewählt. Das Wiener Start-up<br />

erzeugt aus Bakterien natürliche Farbstoffe<br />

zum Färben von Textilien. Diese<br />

sind, im Vergleich zu synthetischen Farbstoffen,<br />

bei Weitem umweltfreundlicher,<br />

sowohl in der Herstellung als auch in der<br />

Färbung selbst.<br />

ORGANIC TOOLS<br />

Das Start-up Organic Tools GmbH mit<br />

der Obstraupe wurde zum <strong>BOKU</strong> Startup<br />

2020 gewählt. Die Organic Tools<br />

GmbH entwickelt und vertreibt smarte<br />

Werkzeuge für Bewirtschafter*innen von<br />

Agroforstsystemen. Durch eine einfache<br />

und smarte Technologie hilft die Obstraupe<br />

dabei, die wirtschaftliche Rentabilität<br />

von Streuobstwiesen – als traditionelle<br />

Agroforstsysteme – zu erhöhen<br />

und so gleichzeitig ökologisch wertvolle<br />

Lebensräume nachhaltig zu erhalten.<br />

NOURIVIT TECHNOLOGIES<br />

Der <strong>BOKU</strong> Start-up Preis 2021 ging an<br />

die Nourivit Technologies GmbH. Die<br />

Nourivit Technologies GmbH bietet<br />

eine einfach zu handhabende, nachhaltige<br />

und erschwingliche Alternative zu<br />

Agro chemikalien. Das <strong>BOKU</strong> Spin-off<br />

hat ein Produktportfolio entwickelt, das<br />

auf leistungsstarken Mikroben (Bakterien<br />

und Hefen) und nährstoffreichem<br />

Kalzium basiert. Diese natürlichen,<br />

mikrobiellen Biostimulanzien ermöglichen<br />

Landwirt*innen und den mit ihnen<br />

verbundenen Händler*innen, konstante<br />

Erträge zu erzielen und gleichzeitig die<br />

Verwendung von synthetischen Düngemitteln,<br />

Fungiziden und auch Antibiotika<br />

zu reduzieren.<br />

•<br />

ANMELDUNG<br />

Die Ausschreibung für<br />

den <strong>BOKU</strong> Start-up Preis<br />

<strong>2022</strong> ist bis<br />

30. August geöffnet!<br />

Nicole Hochrainer ist Mitarbeiterin im Technologietransfer<br />

der <strong>BOKU</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

47


Partner*innen und Kooperationen der <strong>BOKU</strong><br />

im Bereich Innovation und Entrepreneurship<br />

Von Lisa-Ariadne Schmidt<br />

acib – Austrian Centre of Industrial Biotechnology<br />

ist ein internationales Kompetenzzentrum<br />

für industrielle Biotechnologie,<br />

das umweltfreundliche, wirtschaftlich<br />

und technisch fortschrittliche Prozesse<br />

für die Industrie entwickelt. Auf Grundlage<br />

von Methoden und Werkzeugen der<br />

Natur entstehen neue, verbesserte Anwendungen<br />

und Produkte. acib versteht<br />

sich als wesentliches Bindeglied zwischen<br />

Forschung und Industrie und bildet ein<br />

Netzwerk aus etwa 200 Partner*innen.<br />

Auch die <strong>BOKU</strong> zählt zu den 18 Partner-<br />

Universitäten – diese erfolgreiche Kooperation<br />

hat bislang zu 40 gemeldeten<br />

Erfindungen geführt, aus denen 22 Patentanmeldungen<br />

hervorgingen.<br />

Wood K plus – Kompetenzzentrum Holz<br />

ist eine führende Forschungseinrichtung<br />

für Holz und nachwachsende Rohstoffe<br />

in Europa. Die Kernkompetenzen liegen<br />

in der Materialforschung und Prozesstechnologie<br />

entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette – von den Rohmaterialien<br />

bis zum fertigen Produkt.<br />

Die „Mission 2030“ sieht vor, Forschung<br />

an nachhaltigen Materialien, Prozessen<br />

und Technologien für industrielle Anwendungen<br />

und Produkte aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen voranzutreiben. Dabei<br />

werden Methoden und Grundlagen<br />

erarbeitet, um ressourcenschonendes<br />

Wirtschaften in der kreislaufgeführten<br />

Bioökonomie zu ermöglichen. Die Kooperation<br />

mit der <strong>BOKU</strong> hat bislang zu<br />

15 gemeinsamen Erfindungen geführt.<br />

FFoQSI – Austrian Competence Centre<br />

for Feed and Food Quality, Safety<br />

and Innovation sieht nachhaltige Verbesserungen<br />

der Wertschöpfungsketten<br />

pflanzlicher Futter- und Lebensmittel<br />

sowie tierischer Lebensmittel im Mittelpunkt<br />

seiner Forschung. Das Ziel ist,<br />

die heimische Futter- und Lebensmittelproduktion<br />

sicherer und nachhaltiger<br />

zu machen und technologische Innovationen<br />

zu fördern. Das betrifft auch<br />

Produktionswege und -systeme, die für<br />

den Gewinn und die Verarbeitung von<br />

Lebensmitteln notwendig sind. Dies beginnt<br />

mit dem Pflanzenanbau und reicht<br />

über die Verarbeitung bis hin zur Verpackung<br />

der Futter- und Lebensmittel.<br />

aws – Austria Wirtschaftsservice ist<br />

die 2002 gegründete Förderbank des<br />

Bundes und ermöglicht durch gezielte<br />

Förderungen Forschungs- und Kooperationsprojekte<br />

sowie Gründungen und Patentverfahren.<br />

Sie berät und unterstützt<br />

zum Schutz und zur Verwertung von Erfindungen.<br />

Für angehende Unternehmen<br />

bietet die aws spezifische Informationsund<br />

Serviceleistungen an, um diese von<br />

der ersten Idee bis hin zum internationalen<br />

Markterfolg bei der Umsetzung<br />

innovativer Projekte zu unterstützen.<br />

tecnet equity ist die Technologiefinanzierungsgesellschaft<br />

des Landes<br />

Niederösterreich und somit die erste<br />

An sprechpartnerin für dort ansässige,<br />

innovationsfreudige Forschungseinrich-<br />

48 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


oberösterreich<br />

linz<br />

Niederösterreich<br />

sankt<br />

polten<br />

Tulln<br />

Wien<br />

Wiener Neustadt<br />

eisenstadt<br />

<strong>BOKU</strong> /Grafik: <strong>BOKU</strong> Technologietransfer<br />

salzburg<br />

bregens<br />

vorarlberg<br />

tirol<br />

innsbruck<br />

tirol<br />

salzburg<br />

Kärnten<br />

klagenfurt<br />

steiermark<br />

graz<br />

burgenland<br />

tungen. Über die Venture Capital Fonds<br />

finanziert sie Unternehmensgründungen<br />

und hilft bei der Entwicklung von Business<br />

Ideen, Technologien und Innovationen.<br />

w4i – Wings4innovation ist die österreichische<br />

Tochter des KHAN-I-Fonds,<br />

um nationale Grundlagenforschung bei<br />

der Weiterentwicklung von Wirkstoffforschungsprojekten<br />

professionell zu<br />

unterstützen. w4i evaluiert Projektideen<br />

und schlägt diese KHAN-I zur Finanzierung<br />

vor. In den finanzierten Projekten<br />

koordiniert der Fonds Arbeitspakete und<br />

die Einbindung akademischer Projektgeber*innen.<br />

Zudem wird akademischen<br />

Partner*innen im Rahmen des „Scoutings“<br />

geeigneter Projekte generelle<br />

Beratung angeboten, als Translationsmöglichkeit<br />

ihrer Ergebnisse sowie zu<br />

Themen industrieller Arzneimittelforschung<br />

und -entwicklung.<br />

INiTS Universitäres Gründerservice Wien<br />

ist der Wiener Business-Inkubator für innovative<br />

forschungs- und technologiebasierte<br />

Start-ups. Es unterstützt akademische<br />

Einrichtungen bei Ausgründungen<br />

und entwickelt Spin-offs. Unternehmen<br />

wiederrum wird geholfen, sich mit Startups<br />

auf dem Weg zum Erfolg zu vernetzen,<br />

sodass beide Seiten profitieren.<br />

accent ist der Hightech-Inkubator des<br />

Landes Niederösterreich, dessen Ziel es<br />

ist, hochinnovative Start-ups auf ihrem<br />

Weg erfolgreich zu begleiten. Dabei sollen<br />

technologische Entwicklungen nachhaltig<br />

und wirtschaftlich umgesetzt werden.<br />

Neben der finanziellen Unterstützung erhalten<br />

Gründer*innen auch ein intensives<br />

Coaching ausgewählter Expert*innen zu<br />

relevanten Themen, wie beispielsweise<br />

Marketing und Sales, Gesellschaftsrecht<br />

und dem Umgang mit Investor*innen.<br />

WTZ – Wissenstransferzentren leisten<br />

einen Beitrag zur Intensivierung des<br />

Wissenstransfers von der Wissenschaft<br />

in die Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei<br />

wurden von den österreichischen<br />

Universitäten und Fachhochschulen<br />

drei regionale Wissenstransferzentren<br />

geschaffen. Seit 2013 ermöglicht das<br />

aws „Impulsprogramm“ den WTZs, den<br />

Umgang mit geistigem Eigentum durch<br />

Kooperationsprojekte zu optimieren und<br />

weiter auszubauen. Vernetzungsmaßnahmen<br />

zwischen Industrie und Wirtschaft<br />

sollen gezielt den Informationsaustausch<br />

verbessern, um schnelleren<br />

Zugang zu neuen Erkenntnissen, Technologien<br />

und Know-how zu gewährleisten.<br />

ECN – Entrepreneurship Center Network<br />

wurde 2012 auf Initiative des Instituts<br />

für Entrepreneurship und Innovation<br />

der WU Wien ins Leben gerufen, um die<br />

universitätsübergreifende Vernetzung<br />

zu diesem Thema zu fördern. Die mittlerweile<br />

österreichweit teilnehmenden<br />

Fachhochschulen und Universitäten tauschen<br />

regelmäßig Erfahrungen zu Entrepreneurship-Aktivitäten<br />

aus. Die <strong>BOKU</strong><br />

beteiligt sich sehr aktiv im ECN und<br />

fördert Gründungsinteressierte durch<br />

Vernetzung und Veranstaltungen. •<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

49


Allem Anfang wohnt ein Zauber inne<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE unterstützt <strong>BOKU</strong>-Gründer*innen auf ihrem Weg<br />

von der Idee zum marktreifen Produkt.<br />

Von Doris Schmidt und Michaela Amstötter-Visotschnig<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE/Astrid Bartl<br />

Junge dynamische Unternehmen, ob<br />

Start-ups oder Spin-offs, sind die<br />

Hoffnung, einen entscheidenden<br />

Impuls für eine nachhaltige Entwicklung<br />

zu leisten. Gerade im Biotech- und Life-<br />

Sciences-Umfeld haben Unternehmen<br />

am Beginn große Herausforderungen<br />

zu bewältigen. Der Prozess von der Idee<br />

zum ersten Produkt auf dem Markt ist<br />

lange, der Weg kostenintensiv, von Rückschlägen<br />

geplagt und am Ende nicht immer<br />

erfolgreich.<br />

Ein besonderes Problem ist die Verfügbarkeit<br />

von leistbaren Laborflächen und<br />

der Zugang zu wichtigen Core Facilities<br />

mit teuren Spezial- und Großgeräten.<br />

Während es für IT-Start-ups ein vielfältiges<br />

Angebot an Kleinbüros, Co-Working-Spaces<br />

und Inkubatoren gibt, sieht<br />

die Situation für Biotech-Gründungen<br />

eher schlecht aus. Die Nähe zu Universitäten<br />

und Forschungszentren bietet sich<br />

hier besonders an. Derzeit übersteigt die<br />

Nachfrage nach solchen Flächen jedoch<br />

das Angebot gravierend.<br />

ZUGANG ZU<br />

FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR<br />

An der <strong>BOKU</strong> ist mit der Umsetzung<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE (<strong>BOKU</strong> ACTIVITIES<br />

SUPPORTING ENTREPRENEURSHIP)<br />

ein wichtiger Schritt zur Verbesserung<br />

der aktuellen Situation gelungen. In den<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE Labs finden die jungen<br />

Unternehmen, Spin-offs wie Start-ups,<br />

neben passenden Laborflächen auch<br />

den wichtigen Zugang zu spezieller<br />

Forschungsinfrastruktur. Als Universität<br />

kommt die <strong>BOKU</strong> auch hier ihrem<br />

Bildungsauftrag durch das Angebot<br />

an wichtigen Kursen unter anderem in<br />

Erster Hilfe und Arbeitsrecht nach. Die<br />

Unternehmen werden in regelmäßigen<br />

Treffen über aktuelle Themen informiert<br />

und angeregt, durch den gegenseitigen<br />

Austausch voneinander zu lernen. In<br />

dieser heiklen ersten Startphase, auch<br />

„Tal des Todes“ genannt, müssen speziell<br />

Wissenschaftler*innen sehr viel Neues<br />

lernen und haben täglich mit neuen Herausforderungen<br />

zu tun. Durch die Betreuung<br />

der Spin-offs durch das Team<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE und das Umfeld, das<br />

die <strong>BOKU</strong>:BASE Labs bieten, werden die<br />

Gründer*innen dabei optimal unterstützt.<br />

Derzeit finden elf Unternehmen an der<br />

<strong>BOKU</strong> Platz und es ist sogar ein erster<br />

Generationswechsel zu spüren. Erfolgreiche<br />

Unternehmen wie die DirectSens<br />

GmbH haben die BASE Labs als Sprungbrett<br />

genutzt, um jetzt komplett auf<br />

eigenen Beinen zu stehen. Junge <strong>BOKU</strong><br />

Spin-offs wie die Rockfish Bio AG starten<br />

gerade erst durch. Gründungen aus Forschungsförderung<br />

wie dem FFG-Spin-off<br />

Fellowship oder einem Research Studios<br />

Austria wie zum Beispiel die Novasign<br />

50 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


DirectSens ist ein Unternehmen, das<br />

sich der Entwicklung von Biosensoren<br />

widmet, die auf der Enzymtechnologie<br />

der nächsten Generation basieren.<br />

Getrieben wurde das Gründerteam<br />

von dem Interesse, Ergebnisse<br />

und Know-how aus ihrer bisherigen<br />

Karriere als Wissenschaftler*innen<br />

in Produkte umzusetzen. In den vergangenen<br />

zehn Jahren hat das mittlerweile<br />

auf ~20 Mitarbeiter*innen<br />

angewachsene Team die Technologieplattform<br />

entwickelt und verfeinert,<br />

die in verschiedenen Produkten zum<br />

Einsatz kommt, die Kund*innen bei der<br />

Lösung ihrer spezifischen analytischen<br />

Herausforderungen unterstützen.<br />

GmbH können ihre Entwicklung weiter<br />

beforschen.<br />

WORKING SPACES<br />

So vielfältig wie die <strong>BOKU</strong> sind auch die<br />

dort entstehenden Gründungsideen.<br />

Das Angebot der <strong>BOKU</strong>:BASE richtet<br />

sich an alle Studierenden, Wissenschaftler*innen<br />

und Mitarbeiter*innen. Um<br />

diesen motivierten Menschen Raum für<br />

die Entwicklung und Umsetzung ihrer<br />

Ideen zu geben, hat die <strong>BOKU</strong> zum Beispiel<br />

im Ilse-Wallentin-Haus Co-Working-Spaces<br />

geschaffen. Das Angebot<br />

an der <strong>BOKU</strong> wird kontinuierlich an allen<br />

Standorten weiterentwickelt, um der<br />

Verantwortung als Impulsgeberin für<br />

Nachhaltigkeit und Innovation nachzukommen<br />

Die Rockfish Bio AG ist ein Biotech-<br />

Spin-off der <strong>BOKU</strong>, das sich auf die<br />

Entwicklung von pharmazeutischen<br />

Wirkstoffen zur Eliminierung seneszenter<br />

Zellen konzentriert. Seneszente<br />

Zellen entstehen im natürlichen<br />

Alterungsprozess und sind als Verursacher<br />

und Beschleuniger von altersbedingten<br />

Krankheiten bekannt<br />

(über 40 verschiedene Krankheiten!).<br />

Wirkstoffe, basierend auf einem neuartigen<br />

patentierten Zielstoffwechselweg,<br />

waren besonders effektiv bei<br />

Nierenzellen, weshalb chronisches<br />

Nierenversagen als erste Leitindikation<br />

ausgewählt wurde.<br />

Novasign, ein junges <strong>BOKU</strong> Spin-off, ist darauf<br />

spezialisiert mittels Prozessmodellierung<br />

die Entwicklungszeiten von Bioprozessen<br />

zu verkürzen. Dieses Vorgehen ermöglicht<br />

bessere und stabilere Prozesse bei deutlich<br />

verkürzten Entwicklungszeiten sowohl für<br />

neu Biopharmazeutika als auch Biosimilars.<br />

Um die eigene Zukunft selbst zu gestalten,<br />

braucht es mutige und neugierige<br />

Menschen, die sich den Herausforderungen<br />

stellen, denn: Jedem Anfang wohnt<br />

ein Zauber inne.<br />

Bei Fragen zum Thema universitäre Gründungen<br />

oder den Möglichkeiten zur Nutzung<br />

in den Flächen der <strong>BOKU</strong> steht das<br />

Team der <strong>BOKU</strong>:BASE gerne bereit. •<br />

KONTAKT<br />

Dr. in Doris Schmidt, Bsc. MSc.<br />

base@boku.ac.at<br />

LINKS<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE<br />

www.base.boku.ac.at<br />

Novasign<br />

www.novasign.at<br />

Rockfish Bio GmbH:<br />

www.rockfishbio.com<br />

DirectSens:<br />

www.directsens.com<br />

Die Autorinnen gehören zum Team der <strong>BOKU</strong>:<br />

BASE.<br />

Marija Kanizaj<br />

Seit bald 150 Jahren ist die Universität<br />

für Bodenkultur Wien wesentliche Impulsgeberin<br />

für Innovationen im Bereich<br />

Klimaschutz und Nachhaltigkeit.<br />

Deshalb kann ich als Bundesminister für<br />

Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

der<br />

»<br />

<strong>BOKU</strong> nur zur erfolgreichen Eröffnung<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE gratulieren.<br />

Angesichts der globalen wie vielschichtigen<br />

Herausforderungen, mit<br />

denen wir uns alle derzeit konfrontiert<br />

sehen, braucht es mehr denn je den<br />

engen Schulterschluss zwischen nachhaltiger,<br />

universitärer Forschung und<br />

verantwortungsvollem Unternehmertum.<br />

Gerade die junge Generation ist<br />

gewillt, die Welt zu einem Besseren<br />

zu verändern. Sie weiß, wie wichtig es<br />

ist, innovative Ideen rasch in die Tat<br />

umsetzen, insbesondere bei so drängenden<br />

Fragen wie dem Klimaschutz,<br />

der Erderwärmung oder der Wasserknappheit.<br />

Daher benötigen Studierende<br />

und junge Forschende gerade<br />

jetzt die bestmögliche Unterstützung<br />

bei der Umsetzung ihrer Gründungsideen.<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE bietet ihnen<br />

dafür die ideale Plattform. Sie ergänzt<br />

die Wissenstransfer-Aktivitäten der übrigen<br />

acht Wiener Universitäten, aber<br />

auch aller anderen Hochschulen und<br />

Forschungsstätten in Wien, insbesondere<br />

des Wissenstransferzentrums Ost.<br />

Gerade bei den Life Sciences ist der<br />

Wissenschaftsstandort Wien tatsächlich<br />

einer der zentralen Impulsgeber<br />

Österreichs – mit der <strong>BOKU</strong>:BASE als<br />

einem neuen Mittelpunkt.<br />

Martin Polaschek<br />

Bundesminister für Bildung,<br />

Wissenschaft und Forschung<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

51


Astrid Bartl<br />

Der Gründer Behzad Shirmardi mit seinem Mitarbeiter Viktor Öberg.<br />

Von der Grundlagenforschung in<br />

die Anwendung – die Geschichte<br />

des <strong>BOKU</strong>-Spin-offs BrightComSol<br />

Von Erik Reimhult<br />

Wie aus einem Wissenschaftler<br />

mit der richtigen<br />

Einstellung und Unterstützung<br />

ein erfolgreicher<br />

Unternehmer wurde.<br />

Ein Teil des Reizes der Grundlagenforschung<br />

ist, dass du nicht weißt,<br />

wohin sie dich führt. Deine Neugierde<br />

führt dich zu neuartigen Entdeckungen<br />

und Erfindungen, aber mit einem<br />

offenen Geist könntest du erkennen,<br />

dass dein neues Wissen ganz andere<br />

Probleme lösen könnte. Das <strong>BOKU</strong> Spinoff<br />

BrightComSol GmbH ist eine solche<br />

Erfolgsstory.<br />

Die Geschichte beginnt 2013 mit einem<br />

ERC (European Research Council) Consolidator-Projekt.<br />

In diesem Grundlagenforschungsprojekt<br />

hat ein Team, geleitet<br />

von Erik Reimhult, am Department<br />

für Nanobiotechnologie untersucht,<br />

wie Nanopartikel mit Zellmembranen<br />

interagieren. Eines der Teammitglieder<br />

war Behzad Shirmardi, ein engagierter<br />

Chemiker aus dem Iran. In seiner Doktorarbeit<br />

erfand er eine Methode, um<br />

die Oberfläche von magnetischen Nanopartikeln<br />

für die medizinische Bildgebung<br />

mithilfe von Ionenkomplexen zu<br />

verändern, bevor sie mit einem Polymer<br />

beschichtet werden, damit sie im Blut<br />

unentdeckt bleiben.<br />

Nachdem in Zusammenarbeit mit dem<br />

Technologietransfer der <strong>BOKU</strong> die neuartige<br />

Methode patentiert wurde, erfuhren<br />

wir, dass ein kürzlich entwickeltes<br />

Nanomaterial, Perowskit-Quantenpunk-<br />

te (PQDs), trotz seiner erstaunlichen<br />

Eigenschaften noch nicht verwendet<br />

werden konnte.<br />

Quantenpunkte sind Nanomaterialien,<br />

die wie riesige Moleküle wirken. Wenn<br />

man sie mit Licht bestrahlt, werden Elektronen<br />

angeregt und sie geben Licht in<br />

einer anderen Farbe ab, wenn sie wieder<br />

herunterfallen. Im Gegensatz zu organischen<br />

Farbstoffen verlieren sie viel weniger<br />

Energie, haben präzisere Farben<br />

und verlieren nie ihre Leuchtkraft. Damit<br />

sie jedoch Licht in der gewünschten<br />

Farbe aussenden, müssen sie genau die<br />

richtige Nanostruktur und eine stabile<br />

Oberfläche haben und vor der Umwelt<br />

52 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Behzad Shirmardi<br />

sich heraus, dass unsere Erfindung sogar<br />

besser für die Röntgenbildgebung als für<br />

Fernseher geeignet ist.<br />

SEI UNVOREINGENOMMEN<br />

<strong>BOKU</strong>:BASE und der Technologietransfer<br />

waren auf dieser Reise von unschätzbarem<br />

Wert. Als wir unseren Weg zum<br />

(bisherigen) Erfolg verfolgten, brauchten<br />

wir flexible Unterstützung, und die bot<br />

uns die <strong>BOKU</strong>: von der schnellen Anpassung<br />

von Patentstrategien und Verträgen,<br />

wenn sich unser Geschäft veränderte,<br />

bis hin zur Anmietung flexibler<br />

Räumlichkeiten, um zu wachsen. Wir haben<br />

die klassischen Grundsätze gelernt.<br />

Sei unvoreingenommen und arbeite mit<br />

deinen Kund*innen zusammen, um deine<br />

Technologie und dein Geschäft an den<br />

Markt anzupassen und sei nicht auf deine<br />

ursprüngliche Erfindung fixiert. Sie ist<br />

nur ein Ausgangspunkt, um noch bessere<br />

Erfindungen zu machen. In diesem Sinne<br />

ist ein Start-up der Grundlagenforschung<br />

ähnlich. Du formulierst und testest deine<br />

Hypothese, aber die Welt wird dir brutal<br />

sagen, ob sie richtig ist.<br />

Die von BrightComSol<br />

entwickelte polymere<br />

Flüssigkeit, die mit<br />

Perowskit-Quantenpunkten<br />

durchsetzt ist, leuchtet<br />

knallgrün, wenn sie mit<br />

UV-Licht oder Röntgenstrahlung<br />

bestrahlt wird.<br />

geschützt werden. Damals ließen sich die<br />

neuen PQDs nicht stabil zu Dünnschichtbauteilen<br />

verarbeiten.<br />

Wir waren überzeugt, dass unser Fachwissen<br />

in der Entwicklung von polymeren<br />

Nanopartikeloberflächen, die Werkzeuge<br />

für die Herstellung von in Kunststoffen<br />

eingekapselten PQDs lieferten, das<br />

Problem lösen würde.<br />

Nach weiteren Recherchen die unsere<br />

Vermutung bestätigten, beschloss<br />

Behzad Shirmardi, Vollzeitunternehmer<br />

zu werden. BrightComSol GmbH wurde<br />

am 13. März 2020, dem ersten Tag des<br />

ersten Covid-Lockdowns, von Behzad<br />

Shirmardi und Erik Reimhult gegründet.<br />

Es war ein langer Weg mit mehreren<br />

Änderungen und Optimierungen<br />

unseres Geschäftsmodells und unserer<br />

Technologie. Wir begannen mit der Entwicklung<br />

von PQDs für Displays. Jetzt ist<br />

BrightComSol Vorreiter bei PQD-basierten<br />

Röntgen-Szintillatoren (Material,<br />

das beim Durchgang von geladenen Teilchen<br />

angeregt wird und diese Energie in<br />

Form von Licht, meist im UV- oder sichtbaren<br />

Bereich, wieder abgibt), die als<br />

Kunststofffolie verkauft werden und mit<br />

viel weniger Material- und Energieverbrauch,<br />

niedrigeren Kosten und höherer<br />

Leistung als vergleichbare Szintillatoren<br />

hergestellt werden können. Es stellte<br />

Obwohl fast jede Hypothese, die wir<br />

zu Beginn formuliert haben, angepasst<br />

wurde und die technischen Lösungen vier<br />

Jahre später wenig mit den ersten Schritten<br />

im ERC-Projekt gemeinsam haben,<br />

hat Shirmardi mit BrightComSol gezeigt,<br />

dass aus einem Wissenschaftler mit der<br />

richtigen Einstellung und Unterstützung<br />

ein erfolgreicher Unternehmer werden<br />

kann. Heute ist der ehemalige <strong>BOKU</strong>-<br />

Dissertant CEO des Unternehmens, das<br />

immer noch vollständig im Besitz der<br />

beiden Gründer ist, während er gleichzeitig<br />

die Technologieentwicklung mit<br />

BrightComSol mit weiteren Mitarbeiter*innen<br />

in den <strong>BOKU</strong>:BASE-Labors<br />

leitet.<br />

•<br />

Univ.-Prof. Dr. Erik Reimhult forscht am Department<br />

für Nanobiotechnologie (DNBT) und ist<br />

Co-Founder von BrightComSol.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

53


Fotos: Helmut Habersack<br />

Wasserbaulabor/<strong>BOKU</strong> River Lab –<br />

Innovatives Forschungsgebäude mit globalem Alleinstellungsmerkmal<br />

Im Bereich „Public Lab“ sollen sich Besucher*innen künftig über Forschung und Prozesse in<br />

Fließgewässern informieren und aktiv einbringen können.<br />

Von Helmut Habersack<br />

D<br />

erzeit erfolgt auf einer Insel zwischen<br />

Donau, Donaukanal und<br />

Schleuse (Am Brigittenauer Sporn 3,<br />

1200 Wien) die Errichtung eines modernen<br />

Wasserbaulabors (WBL) mit einem<br />

weltweit einzigartigen Labordurchfluss<br />

von bis zu 10 m³/s ohne Pumpen (3 m<br />

Wasserspiegeldifferenz zwischen Donau<br />

und Donaukanal). Dieses Projekt stellt<br />

die erfolgreiche Umsetzung der Aktivität<br />

1 des EU-Donauraumstrategie-Flagship-<br />

Projekts DREAM (Danube River REsearch<br />

And Management) dar.<br />

Am 26. Juni 2018 fand der Spatenstich<br />

des neuen <strong>BOKU</strong>-Wasserbaulabors<br />

im Beisein von Erich Unterwurzacher<br />

(Direktor in der EU-Generaldirektion<br />

Regionalpolitik und Stadtentwicklung),<br />

Johanna Mikl-Leitner (Landeshauptfrau<br />

von Niederösterreich), Michael Ludwig<br />

(Bürgermeister der Stadt Wien) und<br />

Heinz Faßmann (damaliger Bundesminister<br />

für Bildung, Wissenschaft und<br />

Forschung) statt. Die Bauarbeiten sollen<br />

bis Ende Dezember <strong>2022</strong> fertiggestellt<br />

werden. Der Umzug ist um den Jahreswechsel<br />

<strong>2022</strong>/2023 geplant.<br />

Der „Main Channel“ im Untergeschoß<br />

stellt die Basis und das zentrale Element<br />

des Wasserbaulabors dar, ist rund 100 m<br />

lang, 25 m breit und 14 m hoch. Der<br />

große Durchfluss mit Donauwasser (bis<br />

zu 10.000 l/s) erlaubt Grundlagen- und<br />

praxisorientierte Modellversuche, da<br />

ein sehr großer Modellmaßstab bis 1:1<br />

möglich ist, der gerade bei Versuchen<br />

zum Beispiel mit Sedimenttransport entscheidend<br />

ist, um Prozesse naturnah zu<br />

simulieren.<br />

Im ersten Stock befindet sich das „River<br />

Lab“, wo vorrangig verschiedene komplexe<br />

hydraulische Modelle mit Klarwasser<br />

in variablen Maßstäben errichtet werden,<br />

die nach erfolgreichem Versuchsablauf<br />

ab- oder umgebaut werden; auch die<br />

54 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


»Die Forschungsergebnisse<br />

stärken die regionale Wirtschaft,<br />

die Sicherung und Belebung des<br />

Wirtschafts-/Industriestandorts<br />

sowie die Kooperation mit dem<br />

Planungssektor. Es entsteht ein<br />

Hub für Innovationen,<br />

Erfinder*innen, nationale<br />

und internationale Forschung<br />

und Entwicklung im Themenfeld<br />

Wasserbau und fördert die<br />

Öffentlichkeitsarbeit sowie mit<br />

dem <strong>BOKU</strong> UNESCO Chair<br />

und künftigen Optionen<br />

den UN-Standort.<br />

Helmut Habersack<br />

Werkstätte ist in diesem Bereich situiert.<br />

Auf der Ostseite entlang des „River<br />

Lab“ sind der Bürotrakt, Speziallabore<br />

und ein Lehrsaal für Computerbasierte<br />

Gewässermodellierung untergebracht.<br />

Außerdem wird Besucher*innen der Wissenschaftsbetrieb<br />

durch ein angeschlossenes<br />

Public Lab nähergebracht. Für den<br />

mittelfristigen Ausbau ist im Außenbereich<br />

ein Outdoor Stream Lab geplant.<br />

Das WBL wird dazu<br />

beitragen, ablaufende<br />

Prozesse<br />

in Flüssen besser<br />

zu verstehen,<br />

mathematische<br />

Modelle zur Prozessbeschreibung<br />

Helmut Habersack zu entwickeln, die<br />

Auswirkungen von<br />

flussbaulichen Maßnahmen zu prognostizieren<br />

sowie innovative wasserbauliche<br />

Methoden zur Verbesserung von Hochwasserrisikomanagement,<br />

Wasserkraft,<br />

Schifffahrt und Ökohydraulik unter Klimawandel<br />

und Landnutzungsänderung zu<br />

entwickeln. Mit diesen Daten und Ergebnissen<br />

werden wissenschaftliche Grundlagen<br />

geschaffen, die Lösungen für die<br />

Praxis liefern (Wasserkraft: z. B. Reduktion<br />

Stauraumverlandung, Schifffahrt:<br />

z. B. Fahrwassertiefe, Hochwasserrisikomanagement:<br />

z. B. Rückhaltebecken,<br />

mobiler Hochwasserschutz, Ökologie:<br />

z. B. Uferrückbau, Gewässervernetzung,<br />

Wasserbau: z. B. Sohlstabilisierung).<br />

Die Forschungsergebnisse stärken die<br />

regionale Wirtschaft, die Sicherung und<br />

Belebung des Wirtschafts-/Industriestandorts<br />

sowie die Kooperation mit<br />

dem Planungssektor. Es entsteht ein<br />

Hub für Innovationen, Erfinder*innen,<br />

nationale und internationale Forschung<br />

und Entwicklung im Themenfeld Wasserbau,<br />

weiters wird die Öffentlichkeitsarbeit<br />

sowie mit dem <strong>BOKU</strong> UNESCO<br />

Chair und künftigen Optionen der UN-<br />

Standort gestärkt.<br />

In einem Auditorium für zirka 200 Personen<br />

werden die Lehre und themenspezifische<br />

Veranstaltungen stattfinden,<br />

es wird auch Raum und Technik für Videokonferenzen<br />

zur Verfügung stehen,<br />

unter anderem für die UNESCO World´s<br />

Large Rivers Initiative. Weiters wird dort<br />

gemeinsam mit dem „Public Lab“ Öffentlichkeitsarbeit<br />

im Sinne der Third<br />

Mission geleistet. Das „Public Lab“ bietet<br />

für Besucher*innen und Interessierte die<br />

Möglichkeit, sich über Forschung und<br />

Prozesse in Fließgewässern zu informieren<br />

und sich aktiv einzubringen. Dieser<br />

Bereich soll Studierenden, aber auch<br />

Schüler*innen, als „Knowledge Hub“ und<br />

Versuchsareal zur Verfügung stehen und<br />

zu Pädagog*innenweiterbildungen genutzt<br />

werden.<br />

Die Finanzierung des Baus mit Gesamtkosten<br />

von zirka 49 Mio. Euro erfolgt<br />

über vier von Habersack eingeworbene<br />

und geleitete EU-Projekte (AT-HU, SK-<br />

AT, AT-CZ, IWB) mit nationalen Kofinanzierungen<br />

durch BMBWF, BMLRT, BMK,<br />

BMDW, die Stadt Wien und dem Land<br />

Niederösterreich.<br />

Mit dem Bau des <strong>BOKU</strong> River Labs setzt<br />

die Universität für Bodenkultur Wien<br />

einen weiteren Meilenstein, um den<br />

nachhaltigen Umgang mit Flüssen aktiv<br />

zu gestalten. Es verbindet in einzigartiger<br />

Weise Lösungen und Innovationen, um<br />

negative Folgen, die durch den Eingriff<br />

des Menschen in die Natur entstehen,<br />

zu vermeiden und bereits entstandene<br />

Schäden, etwa durch Uferrückbau, wieder<br />

aufzuheben. <br />

•<br />

Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Habersack ist Leiter des<br />

Instituts für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung<br />

am Department Wasser-Atmosphäre-Umwelt.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

55


Junge Topforscher*innen mit dem tecnet|<br />

accent Innovation Award ausgezeichnet<br />

Bereits zum elften Mal wurde der gemeinsam von der <strong>BOKU</strong>, tecnet equity und accent<br />

ausgeschriebene Innovation Award vergeben.<br />

Im Mittelpunkt dieses Awards steht<br />

die Frage nach der kommerziellen<br />

Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen.<br />

Die Kandidat*innen sollten<br />

hierzu erste eigene Überlegungen zur<br />

wirtschaftlichen Umsetzung ihrer Forschungsergebnisse,<br />

wie zum Beispiel<br />

Kundennutzen, Marktpotenzial oder Patentschutz,<br />

auf einem Poster darstellen<br />

und vor einer Jury präsentieren.<br />

Christoph Gruber | <strong>BOKU</strong>-IT<br />

Den Sieg holten sich Catherine Thoma<br />

und Wilfried Sailer-Kronlachner (MAP,<br />

Institut für Holztechnologie und Nachwachsende<br />

Rohstoffe) für ihr Projekt<br />

„Bio-based binders for wood based panel<br />

production“. Thoma und Sailer-Kronlachner<br />

haben ein neuartiges biobasiertes<br />

Bindemittel für die Holzwerkstoffproduktion<br />

entwickelt. Mit dieser neuartigen,<br />

von der <strong>BOKU</strong> und dem Kompetenzzentrum<br />

Wood K Plus gemeinsam<br />

entwickelten Technologie könnten Möbel,<br />

die keine für die menschliche Gesundheit<br />

schädlichen Stoffe wie Formaldehyd<br />

enthalten, künftig nachhaltiger<br />

produziert werden.<br />

Der zweite Platz ging an Raphaela Hellmayr<br />

und Roman Myna (MAP, Institut für<br />

Holztechnologie und Nachwachsende<br />

Rohstoffe), die mit ihren Forschungsergebnissen<br />

einen wesentlichen nächsten<br />

Schritt zur Entwicklung „triboaktiver<br />

Werkzeuge für Feinstaubreduktion“ leisten.<br />

Bei der an der <strong>BOKU</strong> entwickelten<br />

Technologie geht es um die Verringerung<br />

der Staubkonzentration beim Schneiden<br />

oder Sägen mit handgeführten<br />

Maschinen. Dieses Problem könnte<br />

durch neuartige Sägeblätter mit einer<br />

speziellen Beschichtung gelöst werden.<br />

Diese könnten dafür sorgen, dass der<br />

beim Schneiden oder Sägen entstehende<br />

Holzstaub weniger stark elektrostatisch<br />

aufgeladen wird, wodurch er sich schneller<br />

absetzen kann und damit weniger<br />

gefährlich für den Menschen ist.<br />

V. li.: Doris Steinacher, Doris Agneter, Elisabeth Gludovacz, Wilfried Sailer-Kronlachner,<br />

Catherine Thoma, Raphaela Hellmayr, Christian Obinger.<br />

Der dritte Platz des tecnet accent Innovation<br />

Awards ging an Elisabeth Gludovacz,<br />

(DBT, Institut für Tierische Zelltechnologie<br />

und Systembiologie), für ihr Poster<br />

„Rekombinante humane Diaminoxidase<br />

als neuartige Behandlungsmethode<br />

für histamininduzierte Erkrankungen“.<br />

Asthma, multiple Sklerose, Reizdarmsyndrom<br />

– diese und viele weitere Erkrankungen<br />

können durch Histamin ausgelöst<br />

werden. Die von einem Team der<br />

Medizinischen Universität Wien und der<br />

<strong>BOKU</strong> rund um Elisabeth Gludovacz entwickelte<br />

Behandlungsmethode mittels<br />

rekombinanter humaner Diaminoxidase<br />

könnte Histamin im Körper schneller und<br />

besser abbauen, als es mit derzeitigen<br />

Behandlungsoptionen möglich ist. •<br />

tecnet equity ist die Technologiefinanzierungsgesellschaft des Landes<br />

Niederösterreich. Über die Venture Capital Fonds investiert tecnet<br />

equity in wachstumsstarke, innovative, technologieorientierte Unternehmen.<br />

Mit dem „research-to-value“ (r2v) Programm unterstützt<br />

tecnet NÖ Forscher*innen und Gründer*innen bei der Überführung ihrer Forschungsergebnisse<br />

in marktfähige Produkte und Dienstleistungen. www.tecnet.at<br />

Das accent ist der Hightech-Inkubator des Landes Niederösterreich.<br />

Ziel des accent ist es, eine fruchtbare Basis für<br />

hochinnovative Start-ups in NÖ zu schaffen und diese auf ihrem anfangs sehr<br />

schwierigen Weg erfolgreich zu begleiten. Dadurch sollen technologische Entwicklungen<br />

effektiv und nachhaltig wirtschaftlich umgesetzt werden. Neben der<br />

finanziellen Unterstützung gibt es auch ein intensives Coaching. www.accent.at<br />

56 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


DAS<br />

NEUE<br />

REKTORAT<br />

Interview mit Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />

Vizerektor Karsten Schulz<br />

Vizerektor Gerhard Mannsberger<br />

Vizerektorin Nora Sikora-Wentenschuh<br />

Vizerektor Christian Obinger<br />

57


Fotos: <strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

„Das Besondere an der <strong>BOKU</strong> sind<br />

die Menschen und die Themen“<br />

Rektorin Eva Schulev-Steindl gibt im Gespräch mit Bettina Fernsebner-Kokert Einblicke in ihre<br />

Pläne für die <strong>BOKU</strong>, erläutert wie sie die Studierbarkeit verbessern möchte und verrät, worin sie<br />

ihren Ausgleich zum Arbeitsalltag findet.<br />

Willkommen zurück an der <strong>BOKU</strong>. Wie fühlt<br />

es sich an, als Rektorin wiederzukommen?<br />

Eva Schulev-Steindl: Wunderbar! Es ist<br />

ein schönes Gefühl, weil die <strong>BOKU</strong> eine<br />

fantastische Universität ist. Ich war ja<br />

bereits einmal sehr gerne sechs Jahre<br />

als Professorin für Rechtswissenschaften<br />

hier. Das außergewöhnliche an der Professur<br />

war, dass ich die ganze Breite der<br />

Rechtswissenschaften abdecken konnte<br />

– sonst sind es ja meist nur einzelne Fächer<br />

– und es war eine besondere Ehre,<br />

dass ich damals Manfried Welan nachfolgen<br />

durfte, der ja eine Legende an der<br />

<strong>BOKU</strong> war und ist. Ich habe die <strong>BOKU</strong><br />

also in allerbester Erinnerung und freue<br />

mich wirklich sehr, wieder hier zu sein.<br />

Was zeichnet die <strong>BOKU</strong> aus und was unterscheidet<br />

sie von anderen Unis?<br />

Die <strong>BOKU</strong> ist eine ganz besondere Uni.<br />

Das würde wahrscheinlich jede Universität<br />

von sich sagen, aber ich kenne ja andere<br />

Unis und habe daher den Vergleich.<br />

Das Besondere an der <strong>BOKU</strong> sind die<br />

Menschen und die Themen, die bunt, aktuell,<br />

zukunftsweisend und gesellschaftlich<br />

relevant sind. Die <strong>BOKU</strong> hat es geschafft,<br />

trotz des enormen Wachstums,<br />

das sie in den vergangenen 15 Jahren<br />

erlebt hat, immer noch menschlich zu<br />

bleiben: Man hat immer noch Kontakt<br />

zueinander, Dinge können noch auf kurzem<br />

Weg besprochen werden – das alles<br />

macht den <strong>BOKU</strong>-Spirit aus.<br />

Was sind Ihre Zielsetzungen für die kommenden<br />

Jahre?<br />

Da haben wir uns im Rektoratsteam<br />

einiges vorgenommen. Wenn man von<br />

außen kommt, sieht man, wie die <strong>BOKU</strong><br />

in der Wissenschaftslandschaft wahrgenommen<br />

wird – und ich denke, da kann<br />

man das Profil der <strong>BOKU</strong> noch etwas<br />

schärfen.<br />

58 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


In welche Richtung schärfen?<br />

Über die Assoziation mit den traditionellen<br />

Fächern hinaus sollte der Fokus auf<br />

Studienrichtungen wie Biotechnologie,<br />

Umwelt- und Bioressourcenmanagement<br />

oder Umweltingenieurwissenschaften<br />

liegen. Diese Breite unseres Angebotes<br />

wird von den künftigen Studierenden<br />

und der Gesellschaft noch nicht so wahrgenommen.<br />

Gleichzeitig muss man aber<br />

auch die klassischen Studienrichtungen<br />

stärken, um im Wettbewerb bestehen zu<br />

können. Eine weitere Frage ist, wie wir<br />

mit der Praxis in Verbindung sind, mit<br />

Fachhochschulen und Schulen – auch<br />

hier wollen wir Kooperationen noch weiter<br />

forcieren.<br />

Ebenso wichtig ist es, dass auch die Forschung<br />

kompetitiv bleibt. Für den Exzellenz-Cluster<br />

des FWF gibt es derzeit 35<br />

Bewerbungen, die <strong>BOKU</strong> ist mit anderen<br />

Unis an mehreren Teams beteiligt. Mich<br />

freut besonders, dass sie auch bei zwei<br />

Einreichungen den Lead hat und es wäre<br />

fantastisch, wenn es klappen würde. Wir<br />

müssen uns selbstverständlich auch auf<br />

europäischer Ebene um hochrangige<br />

Forschungsmittel bemühen, der Green<br />

Deal bietet da ja zahlreiche Möglichkeiten.<br />

In den Universitätsrankings sind<br />

wir gut platziert – das müssen wir halten<br />

und noch ausbauen.<br />

Ein besonders wichtiger Punkt ist, dass<br />

wir die Studienbedingungen weiter verbessern<br />

müssen. Eine der Säulen der<br />

neuen Universitätsfinanzierung bezieht<br />

sich auf die Anzahl der prüfungsaktiven<br />

Studierenden und da können wir noch<br />

zulegen. Wir werden gemeinsam mit dem<br />

Senat und anderen Gremien versuchen,<br />

die sogenannte Studierbarkeit zu verbessern.<br />

Eine Rolle wird dabei auch spielen,<br />

was wir in der Pandemie gelernt haben:<br />

Das heißt, Digitalisierung in der Lehre, wo<br />

es gut passt, beizubehalten und attraktive<br />

neue Lehrformate zu gestalten.<br />

Nicht zu vergessen ist die Third Mission,<br />

also die Relevanz unserer Forschung auch<br />

in die Gesellschaft zu tragen, was ja gerade<br />

mit unseren Themen sehr wichtig ist.<br />

Hier haben wir auch einen Bildungsauftrag<br />

gegenüber der Allgemeinheit, wie<br />

es etwa bei „Citizen Science“, wo Nicht-<br />

Wissenschaftler*innen in die wissenschaftliche<br />

Arbeit eingebunden werden,<br />

bereits geschieht. Die zweite Dimension<br />

der Third Mission ist die Kooperation mit<br />

der Wirtschaft, die an der <strong>BOKU</strong> bereits<br />

auf sehr hohem Niveau stattfindet – z. B.<br />

über die vielen Christian Doppler Labors,<br />

die wir haben. Wir sind eine der drittmittelstärksten<br />

Unis, das soll so bleiben und<br />

noch ausgebaut werden.<br />

Ein Großteil der Studierenden muss neben<br />

dem Studium arbeiten, wie kann für sie die<br />

Studierbarkeit verbessert werden?<br />

Das ist wahrscheinlich einer der Hauptfaktoren,<br />

an dem wir ansetzen müssen.<br />

Wir haben derzeit nicht die Möglichkeit,<br />

ein richtiges Teilzeitstudium anzubieten,<br />

aber wir müssen auf die Bedürfnisse<br />

dieser Studierenden besser eingehen –<br />

etwa, indem wir mehr Lehrveranstaltungen<br />

am Abend anbieten. Wichtig ist auch,<br />

»<br />

mehr Mobilität für Studierende mit Betreuungspflichten<br />

anzubieten – kürzere<br />

Mobilitätsfenster und digitale Formate.<br />

Wir haben in der Verfassung ein<br />

Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit<br />

verankert und das muss<br />

gewahrt bleiben. Diese Freiheit<br />

berechtigt uns aber auch, die<br />

Politik dort, wo es notwendig<br />

ist, gut zu beraten – etwa<br />

beim Thema Klimawandel.<br />

Eva Schulev-Steindl<br />

Wie kann die <strong>BOKU</strong> im internationalen<br />

universitären Umfeld auch künftig erfolgreich<br />

sein?<br />

Internationalität zu stärken, ist mir ein<br />

wichtiges Anliegen. Wir wollen künftig<br />

weitere englischsprachige Lehrformate<br />

anbieten und planen ein Masterstudium<br />

zu „Climate Change and Sustainability“,<br />

mittelfristig auch ein englischsprachiges<br />

Bachelor-Studium. Damit könnten wir<br />

die <strong>BOKU</strong> noch attraktiver für Studierende<br />

aus anderen Ländern machen.<br />

Der Wettbewerb um Studierende ist in den<br />

vergangenen Jahren härter geworden. Was<br />

macht ein Studium an der <strong>BOKU</strong> für junge<br />

Menschen attraktiv?<br />

Wie gesagt, unsere Themen sind gesellschaftlich<br />

relevant und unsere Absolvent*innen<br />

haben sehr gute Aussichten<br />

auf dem Arbeitsmarkt. Dieser Bedarf<br />

wird noch steigen, weil Nachhaltigkeit<br />

und Klimaschutz ja auch für Unternehmen<br />

immer wichtiger werden. Es gibt<br />

eine EU-Richtlinie zum Non-Financial<br />

Reporting und da werden Klima- und<br />

Nachhaltigkeitsdaten von den Unternehmen<br />

verlangt. Dafür bietet ein <strong>BOKU</strong>-<br />

Studium die idealen Voraussetzungen,<br />

durch das Drei-Säulen-Prinzip unserer<br />

Studienrichtungen können unsere Absolvent*innen<br />

auch in den Unternehmen<br />

gut an den Schnittstellen unterschiedlicher<br />

Disziplinen arbeiten. Die <strong>BOKU</strong> ist<br />

einfach eine tolle Uni, an der man viele<br />

Kontakte und Freundschaften fürs Leben<br />

schließen kann.<br />

Sie sind Juristin und Betriebswirtin – wenn<br />

Sie an der <strong>BOKU</strong> studieren würden, für<br />

welche Studienrichtung würden Sie sich<br />

entscheiden?<br />

Wäre ich wieder kurz nach der Matura,<br />

würde ich wegen meines Interesses an<br />

Nachhaltigkeitsthemen an der <strong>BOKU</strong><br />

wahrscheinlich Umwelt- und Bioressourcenmanagement<br />

studieren. Würde ich<br />

heute mit meinen bisherigen Erfahrungen<br />

zu studieren beginnen, würde ich<br />

mich für Lebensmittel- und Biotechnologie<br />

entscheiden. Das wäre für mich<br />

wahrscheinlich eine ziemliche Herausforderung,<br />

die ich aber annehmen würde,<br />

weil mir dieses Studium völlig neue<br />

Horizonte eröffnen würde. Impfstoffforschung<br />

finde ich zum Beispiel unglaublich<br />

spannend.<br />

Wie beurteilen Sie das Spannungsfeld zwischen<br />

den Universitäten und der Politik?<br />

Beide Bereiche sind aufeinander angewiesen.<br />

Wir als öffentliche Universitäten<br />

werden überwiegend vom Staat<br />

finanziert und schließen alle drei Jahre<br />

Leistungsvereinbarungen. Da kann und<br />

soll die Politik natürlich gewisse Vorgaben<br />

für strukturelle und organisatorische<br />

Rahmenbedingungen machen. Was ich<br />

aber auch betonen möchte: Wir haben<br />

in der Verfassung ein Grundrecht auf<br />

Wissenschaftsfreiheit verankert und das<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

59


Eva Schulev-Steindl hat am 1. Februar<br />

<strong>2022</strong> das Amt als Rektorin der <strong>BOKU</strong><br />

angetreten. Die gebürtige Wienerin<br />

hat an der WU Betriebswirtschaft und<br />

an der Uni Wien Rechtswissenschaften<br />

studiert sowie einen postgradualen<br />

Master of Laws an der London School<br />

of Economics and Political Science<br />

erworben. Ihre Universitätskarriere<br />

führte die Umweltjuristin nach der<br />

Universität Wien ab 2008 für sechs<br />

Jahre als Professorin für Rechtswissenschaften<br />

an die <strong>BOKU</strong>, wo<br />

sie ab 2009 auch stellvertretende<br />

Senatsvorsitzende und Vorsitzende<br />

der Schiedskommission war. Ab 2014<br />

folgte die Berufung als ordentliche<br />

Universitätsprofessorin für Öffentliches<br />

Recht und Wirtschaftsrecht am<br />

Institut für Öffentliches Recht und<br />

Politikwissenschaft an der Universität<br />

Graz. Eva Schulev-Steindl ist Mutter<br />

einer 25-jährigen Tochter.<br />

muss gewahrt bleiben. Diese Freiheit berechtigt<br />

uns aber auch, die Politik dort,<br />

wo es notwendig ist, gut zu beraten –<br />

etwa beim Thema Klimawandel.<br />

Welche Rahmenbedingungen sind für Sie<br />

als Umweltrechtsexpertin notwendig, um<br />

Auswirkungen der Klimaerwärmung einzudämmen<br />

und gleichzeitig die Menschen<br />

von der notwendigen Änderung unserer<br />

Lebensweise zu überzeugen?<br />

Der rechtliche Rahmen ist beim Thema<br />

Klima in den vergangenen Jahren in den<br />

Vordergrund gerückt. Durch den IPCC<br />

(Intergovernmental Panel on Climate<br />

Change) liegen die längst bekannten naturwissenschaftlichen<br />

Fakten endgültig<br />

auf dem Tisch. Mit Recht werden häufig<br />

ausschließlich Sanktionen, Strafen und<br />

Vorschriften assoziiert. Diese wirken<br />

aber nicht immer – Stichwort Corona<br />

–, wenn sie für die Menschen in ihrem<br />

unmittelbaren Leben nicht einsichtig<br />

sind. Ein Ansatz ist das sogenannte Nudging,<br />

bei dem man Menschen sanft dazu<br />

bringt, ihr Verhalten zu ändern.<br />

Zwischen diesen beiden Polen bewegen<br />

wir uns auch im Umweltrecht. Ein Beispiel,<br />

um die Komplexität zu illustrieren:<br />

Wir haben an der Uni Graz eine interdisziplinäre<br />

Studie zum Thema Klima<br />

und Verkehr gemacht, bei der die Befragten<br />

angeben sollten, ob sie lieber<br />

eine CO 2<br />

-Steuer hätten oder ein Verbrennerverbot.<br />

Überraschenderweise<br />

war die Mehrheit für Zweiteres, was ja<br />

ein deutlich härterer Eingriff wäre, als für<br />

die sanftere Lösung einer Besteuerung.<br />

Warum? Weil dem Aspekt Fairness, also<br />

dass alle gleichermaßen betroffen wären,<br />

mehr Gewicht beigemessen wurde.<br />

Auf internationaler Ebene bräuchte es<br />

endlich verbindlichere Vereinbarungen.<br />

Das Pariser Abkommen hat bekanntlich<br />

keinen Sanktionsmechanismus, sondern<br />

ist im Wesentlichen nur eine Verpflichtung<br />

zur Selbstverpflichtung. Das geht bis<br />

in die nationalstaatliche Rechtsordnung<br />

– unser Klimaschutzgesetz soll ja reformiert<br />

werden und künftig auch einen besseren<br />

Sanktionsmechanismus beinhalten.<br />

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?<br />

Partizipativ, kooperativ und kommunikativ.<br />

Womit beschäftigen Sie sich gern in Ihrer<br />

Freizeit? Wo finden Sie Ausgleich zum Berufsalltag?<br />

In meiner Freizeit ist mir die Möglichkeit<br />

zur Entspannung sehr wichtig. Dazu<br />

gehören Wanderungen, etwa im Wienerwald<br />

mit dem Hund meiner Tochter,<br />

einem weißen Schäferhund – mit ihm<br />

habe ich dort schon eine dreitägige Wanderung<br />

gemacht. Ich treibe gerne Sport,<br />

vor allem Rudern liebe ich, das ist der<br />

ZWISCHENFRAGE<br />

Bier oder Wein?<br />

Wein.<br />

Nachteule oder Early Bird?<br />

Nachteule, mit viel Kaffee.<br />

Kino oder Theater?<br />

Kino.<br />

Komödie oder Krimi?<br />

Komödie!<br />

Daheim oder unterwegs?<br />

Ich bin gerne auf Reisen, Fernreisen<br />

mache ich aus Klimaschutzgründen<br />

aber eher nicht mehr.<br />

Helene Fischer oder Adele?<br />

Helene Fischer.<br />

Was ist für Sie das vollkommene<br />

irdische Glück?<br />

Fröhlich und zufrieden in sich zu<br />

ruhen.<br />

Welche Fehler entschuldigen Sie am<br />

ehesten?<br />

Unabsichtliche.<br />

Ihre liebsten Romanhelden und<br />

-heldinnen?<br />

Alle freiheitsliebenden Menschen.<br />

Ihre Lieblingsgestalt in<br />

der Geschichte?<br />

Aus der Wissenschaftsgeschichte:<br />

Marie Curie.<br />

Welche Reform bewundern<br />

Sie am meisten?<br />

Die Digitalisierung.<br />

Ihr Motto?<br />

Never give up on a good thing!<br />

beste Ausgleich zur „Kopfarbeit“– und<br />

ich fotografiere und reise sehr gerne.<br />

Was wünschen Sie der <strong>BOKU</strong> zum diesjährigen<br />

150. Geburtstag?<br />

Dass sie so jung, lebendig und neugierig<br />

bleibt, wie sie die ersten 150 Jahre war.<br />

60 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Ziele und Arbeitsschwerpunkte der Vizerektor*innen<br />

Foto Georg Wilke<br />

Foto Georg Wilke<br />

Christoph Gruber<br />

MEINE ZIELE IM BEREICH<br />

FORSCHUNG BIS 2026<br />

Weitere Stärkung des einzigartigen<br />

<strong>BOKU</strong>-Profils durch qualitativ hochwertige<br />

Grundlagenforschung und angewandte<br />

Forschung entlang der sechs<br />

Kompetenzfelder. Verstärkte Teilnahme<br />

an nationalen und europäischen Exzellenzprogrammen<br />

sowie Weiterführung<br />

der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft<br />

im Rahmen von Kompetenzzentren und<br />

Christian Doppler Laboren. Ausbau der<br />

interdisziplinären Forschung auf Doktoratsebene<br />

durch department- und standortübergreifende<br />

Doktoratsschulen.<br />

Verbesserung der hochwertigen Forschungsinfrastruktur<br />

durch Weiterentwicklung<br />

der Core Facilities sowie durch<br />

Neuorganisation und Modernisierung<br />

der Agrar- und Forstaußenstandorte<br />

(<strong>BOKU</strong> Research Farm, <strong>BOKU</strong> Research<br />

Forest). Verbesserte Unterstützung im<br />

Innovationsprozess durch Stärkung des<br />

Technologietransfers sowie Ausrollen<br />

der drei Bereiche der <strong>BOKU</strong>:BASE (Education<br />

& SDG, Research & IP, Labs &<br />

Infrastructure). Verbesserung der Servicierung<br />

im Projektsupport, beim Ausbau<br />

von Open Science (Open Data, Open<br />

Innovation, Citizen Science).<br />

Zum 150. Geburtstag der <strong>BOKU</strong> wünsche<br />

ich mir, dass sich das qualitative<br />

Wachstum fortsetzt und die <strong>BOKU</strong><br />

ihre Sichtbarkeit im Rahmen ihrer Forschungs-<br />

und Lehrkompetenzen im europäischen<br />

Universitätenverbund weiter<br />

erhöht.<br />

Christian Obinger<br />

Vizerektor für Forschung und Innovation<br />

DIGITALISIEREN UND<br />

DEN PERSONALSTAND HALTEN<br />

Personal: Die größte Herausforderung<br />

ist das Halten des Personalstandes, die<br />

Nachbesetzung von Professuren und<br />

Äquivalenten (in den nächsten drei Jahren<br />

wird es 33 Pensionierungen geben),<br />

Stabilisierung des Labor-, Technik- und<br />

Verwaltungspersonals und damit das Erreichen<br />

der vom Ministerium vorgegebenen<br />

LV-Zielwerte. Weiters die Erhöhung<br />

des Frauenanteils insbesondere bei den<br />

Professuren und die Schaffung einer Behindertenstelle<br />

je Verwendungsgruppe.<br />

Organisation: Verbesserungen für Menschen<br />

mit besonderen Bedürfnissen,<br />

Ausbau der Betrieblichen Gesundheitsförderung<br />

und der psychosozialen Gesundheit,<br />

ISO 45001-Zetifikat (Sicherheit)<br />

für die gesamte <strong>BOKU</strong>, Strukturanpassungen.<br />

Digitalisierung: Fortführung Digitalisierungsoffensive<br />

(<strong>BOKU</strong>digital 2.0),<br />

weitere Automatisierung von Verwaltungsabläufen<br />

und Implementierung digitaler<br />

Workflows, Ausbau der digitalen<br />

Studien- und Studierendenverwaltung<br />

sowie der digitalen Personalverwaltung,<br />

weitere Digitalisierungen in Lehre und<br />

Forschung (Next Generation Digitale<br />

Forschungsinfrastruktur).<br />

Ich gratuliere der <strong>BOKU</strong> zum 150-Jahr-<br />

Jubiläum und wünschte ihr weitere 150<br />

Jahre nachhaltiges Vorausschauen!<br />

Gerhard Mannsberger<br />

Vizerektor für Personal,<br />

Organisation und Digitalisierung<br />

NÄHRBODEN FÜR<br />

WEITERENTWICKLUNG DER <strong>BOKU</strong><br />

Herausragende Lehre und exzellente<br />

Forschung brauchen solide Finanzen und<br />

nachhaltige Infrastruktur: Die Einhaltung<br />

der finanziellen Rahmenbedingungen<br />

war, ist und bleibt eine gemeinsame<br />

Kraftanstrengung und ein effizienter<br />

und effektiver Umgang mit den uns zur<br />

Verfügung stehenden Mitteln ist daher<br />

unumgänglich. Die Sicherung der Verfügbarkeit<br />

der notwendigen Ressourcen<br />

für Forschung, Lehre und Administration,<br />

die Verbesserung der Serviceleistungen<br />

durch laufende Evaluierung und<br />

regelmäßige Feedbackschleifen sowie<br />

der Ausbau und die Weiterentwicklung<br />

von Strukturen und Prozessen werden<br />

die kommenden Jahre im Fokus stehen.<br />

Investitionen in die bestehende<br />

Infrastruktur und Flächenerweiterungen<br />

mit innovativen Raumkonzepten sollen<br />

überdies einen optimalen Nährboden<br />

für die Weiterentwicklung der <strong>BOKU</strong><br />

bilden.<br />

Der <strong>BOKU</strong> wünsche ich zu diesem besonderen<br />

Geburtstag wissbegierige Studierende,<br />

engagierte Lehrende, mutige<br />

Forschende, leidenschaftliche Mitarbeiter*innen,<br />

strategischen Weitblick und<br />

stets offene Türen.<br />

Nora Sikora-Wentenschuh<br />

Vizerektorin für Finanzen<br />

Porträt Karsten Schulz, Vizerektor für Lehre,<br />

Weiterbildung und Studierende, siehe Seite 62<br />

und 63<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

61


Ein Mann, der gerne über<br />

den eigenen Tellerrand blickt<br />

Karsten Schulz, der neue Vizerektor für Lehre, Weiterbildung und Studierende, liebt es im Hörsaal zu stehen<br />

und möchte ein englischsprachiges Bachelorstudium sowie ein Masterstudium zum Thema Klimawandel und<br />

Nachhaltigkeit etablieren.<br />

Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />

<strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

Es gibt in jedem Job Dinge, die man<br />

einfach gerne macht. Für Karsten<br />

Schulz bedeutet das, im Hörsaal<br />

oder im Feld zu stehen und zu unterrichten.<br />

Der Austausch mit den Studierenden,<br />

sie zu befähigen, einen ganzheitlichen<br />

Blickwinkel einzunehmen, der<br />

gerne auch über den eigenen Tellerrand<br />

reichen darf, liegt dem neuen Vizerektor<br />

für Lehre, Weiterbildung und Studierende<br />

besonders am Herzen. „Zu diesem<br />

Werkzeugkasten, den ich den Studierenden<br />

mitgeben möchte, gehören neben<br />

den fachspezifischen Kenntnissen<br />

und praktischen Fertigkeiten auch Soft<br />

Skills wie Kommunikationsfähigkeit und<br />

interkulturelle Offenheit“, beschreibt<br />

Schulz seinen Zugang. Er selbst hat für<br />

ein innovatives Hörsaal-Experiment, bei<br />

dem er seinen Studierenden interaktiv<br />

ein Niederschlags-Abfluss-Modellkonzept<br />

nahebringt, 2017 den Schwanninger<br />

Lehrpreis erhalten.<br />

Diese Offenheit, Neues auszuprobieren<br />

und klar vorgezeichnete Wege auch<br />

einmal zu verlassen, haben auch den<br />

bisherigen Lebensweg des 57-Jährigen,<br />

der in der Nähe von Mönchengladbach<br />

aufgewachsen ist, geprägt. Bevor ihn<br />

sein wissenschaftlicher Werdegang<br />

2013 ans Institut für Wasserwirtschaft<br />

und Hydrologie der <strong>BOKU</strong> geführt hat,<br />

hatte Schulz, der in Bayreuth Geoökologie<br />

studierte, beruflich bereits an der<br />

britischen Lancaster University, der TU<br />

Braunschweig, der Universität Leipzig<br />

und zuletzt an der LMU München Station<br />

gemacht. Aktuell forscht er insbesondere<br />

zur Nutzung Künstlicher Intelligenz<br />

(KI) in Hydrologie und Wasserwirtschaft,<br />

etwa zur verbesserten Prognose von<br />

hydrologischen Prozessen und der Regionalisierung<br />

von Modellparametern.<br />

„EINE ART UNI-SCHOCK“<br />

Bis heute ist Mathematik eine Passion<br />

von Schulz. Nach dem dritten Platz beim<br />

deutschen Bundeswettbewerb für Mathematik<br />

kam für ihn nach dem Abi gar<br />

nichts anderes als dieses Studium infrage.<br />

„Der direkte Übergang von der Schule<br />

an die Universität war dann allerdings<br />

eher eine Art Uni-Schock“, erinnert sich<br />

Schulz. Also ging es zunächst raus aus<br />

der Uni und zum 20-monatigen Zivildienst<br />

in einen Kindergarten für Kinder<br />

mit geistiger Behinderung. „Eine wichtige<br />

Erfahrung“, wie der neue Vizerektor<br />

betont.<br />

62 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Privat<br />

Nach dem Zivildienst entwickelte<br />

sich die Idee, Maschinenbau zu studieren.<br />

„Weil dafür ein Praktikum<br />

erforderlich war, habe ich gleich<br />

eine zweijährige Lehre als Maschinenschlosser<br />

gemacht“, erzählt er<br />

lachend. Wenn schon, denn schon.<br />

Im Anschluss fuhr Schulz nach Kanada,<br />

wo er den Yukon hinunter paddelte<br />

– in diese Zeit fiel aber auch<br />

der Beginn der Ökologiebewegung,<br />

sein eigenes Engagement für Umweltschutz<br />

hat in Schulz schließlich<br />

die Entscheidung, Geoökologie zu<br />

studieren, reifen lassen.<br />

Der Anruf, ob er sich vorstellen<br />

könnte, das Vizerektorat für Lehre<br />

zu übernehmen, erreichte Schulz auf<br />

einem Schneefeld auf der Zugspitze,<br />

wo er gerade damit beschäftigt war,<br />

Messgeräte aufzubauen. „Natürlich<br />

bat ich um ein wenig Bedenkzeit“,<br />

sagt er, „aber mein Entschluss fiel<br />

dann doch rasch“. Davon, was er in<br />

seiner neuen Funktion im Bereich<br />

Lehre, Weiterbildung und Studierende<br />

umsetzen möchte, hat Schulz<br />

klare Vorstellungen: „Ein englischsprachiges<br />

Bachelorstudium und ein<br />

Masterstudium zum Thema Klimawandel<br />

und Nachhaltigkeit fehlen an<br />

der <strong>BOKU</strong> noch.“ In dieser Sache war<br />

er sich sehr schnell mit der neuen<br />

Rektorin und deren Vorstellungen<br />

einig. Er findet außerdem, dass nicht<br />

nur Studierende Auslandssemester<br />

absolvieren, sondern auch die Mitarbeiter*innen<br />

in der Verwaltung die<br />

Gelegenheit haben sollten, in ihrem<br />

Bereich an anderen Unis Erfahrungen<br />

zu sammeln. Und: „Ich könnte mir,<br />

ähnlich wie es bei Ärzten geregelt<br />

ist, regelmäßige Fortbildungen für<br />

Lehrende vorstellen.“<br />

RADFAHRER, DER NIE EIN<br />

AUTO BESESSEN HAT<br />

Genügend Ausdauer bringt der Vater<br />

zweier erwachsener Töchter jedenfalls<br />

mit. Er hat nicht nur den Yukon<br />

mit dem Kanu gemeistert, sondern<br />

hat ebenso einige Marathons sowie<br />

die Strecke von Florida nach Maine<br />

mit dem Rad in den Beinen. Auch<br />

in Wien radelt Schulz Sommer wie<br />

Winter alle Strecken, ein Auto hat<br />

er noch nie besessen. „Eines der<br />

tollen Dinge an Wien ist, dass der<br />

öffentliche Verkehr so gut ausgebaut<br />

ist, dass man hier einfach kein Auto<br />

braucht“, sagt er.<br />

Neugierig und aufgeschlossen für<br />

neue Erfahrungen wie er ist, liegt<br />

es Schulz einfach nicht, eine ruhige<br />

Kugel zu schieben. Es sei denn, es<br />

geht um Pétanque, seinen Gegenpol<br />

zum Alltagsstress. Denn: „Es ist ein<br />

ruhiger, kommunikativer Sport, der<br />

nicht so elitär ist wie andere und bei<br />

dem ich mit Leuten aus ganz anderen<br />

Lebensbereichen zusammenkomme<br />

und das schätze ich ungemein daran.“<br />

Da wäre er also wieder, der Blick über<br />

den eigenen Tellerrand. •<br />

ZWISCHENFRAGE<br />

Bier oder Wein?<br />

Weißbier in München, Radler nach dem<br />

Sport und weißer Spritzer beim Heurigen.<br />

Nachteule oder Early Bird?<br />

Früher im Studium eher Nachteule – heute<br />

nach 20 Jahren Kinder großziehen, die immer<br />

früh wach waren, eher ein Early Bird.<br />

Kino oder Theater?<br />

Kino, aber auch das immer seltener.<br />

Komödie oder Krimi?<br />

Krimi! Meine absoluten Favoriten:<br />

Sjöwall/Wahlöö und Jo Nesbø.<br />

Daheim oder unterwegs?<br />

Nach ein paar Wochen unterwegs komme<br />

ich immer wieder gerne nach Hause – aber<br />

auch umgekehrt!<br />

Helene Fischer oder Adele?<br />

Schade, dass Nirvana nicht zur Auswahl steht!<br />

Was ist für Sie das vollkommene irdische<br />

Glück?<br />

Es sind die vielen kleinen schönen Momente<br />

und Dinge, die das Leben lebenswert<br />

machen.<br />

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?<br />

Fehler sind für mich ein wichtiger Teil eines<br />

Lernprozesses, wichtig ist es, entsprechendes<br />

Feedback zu geben – und auch anzunehmen.<br />

Ihre liebsten Romanhelden und -heldinnen?<br />

Homer Wells in „Cider House Rules“ von<br />

John Irving<br />

Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?<br />

… da fällt mir nicht wirklich eine ein, die ich<br />

als Lieblingsgestalt bezeichnen würde.<br />

Welche Reform bewundern Sie am meisten?<br />

Solche die tatsächlich nachhaltig zu Verbesserungen<br />

führen. Zwar keine Reform,<br />

aber das Montreal Protokoll als erfolgreiches<br />

internationales völkerrechtliches Abkommen<br />

macht mir Mut.<br />

Ihr Motto?<br />

An dieser Stelle ein Zitat – „Gib einer Person<br />

einen Fisch und du nährst sie für einen Tag;<br />

lehre sie zu fischen und du nährst sie für ein<br />

Leben lang!“<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

63


„Gäbe es heute die <strong>BOKU</strong> nicht bereits,<br />

müsste man sie morgen erfinden“<br />

Bunt, vielfältig, musikalisch, kritisch – mit einem Rückblick auf die vergangenen 150 Jahre sowie einem<br />

Blick in die Zukunft wurde am 31. Jänner <strong>2022</strong> das Jubiläumsjahr der <strong>BOKU</strong> im Ilse-Wallentin-Haus eingeläutet,<br />

das unter dem Motto „150 Jahre <strong>BOKU</strong> – nachhaltig vorausschauen“ steht. Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />

Als die Hochschule für Bodenkultur<br />

am 15. Oktober 1872 im Palais<br />

Schönborn eröffnet wurde, zählte<br />

sie gerade einmal 100 Studierende.<br />

Der Innovationkraft der <strong>BOKU</strong>, die seit<br />

damals auf den drei Säulen Naturwissenschaften,<br />

Technik sowie Sozial- und<br />

Wirtschaftswissenschaften beruht, die<br />

sich in allen Studienrichtungen wiederfinden,<br />

habe dazu geführt, dass heute,<br />

150 Jahre später, 11.000 Studierende ihre<br />

Ausbildung an der <strong>BOKU</strong> absolvieren, so<br />

Altrektor Hubert Hasenauer bei der Eröffnung<br />

der Auftaktveranstaltung. „Wir<br />

haben dieses innovative Forschungs- und<br />

Lehrkonzept von den Gründervätern geerbt<br />

und es ist die Aufgabe der Uni, die<br />

jungen Talente zu fördern.“<br />

„Einer pflanzt den Baum und die Nachfolger<br />

ernten“, betonte der Forstwissenschaftler<br />

Hasenauer bei der Rückschau<br />

auf die vergangenen 150 Jahre, die er<br />

gemeinsam in einer Diskussionsrunde<br />

mit Altrektor Manfried Welan und Hermann<br />

Katinger, dem Pionier der Biotechnologie<br />

an der <strong>BOKU</strong>, unternahm. „Für<br />

eine Spezialuniversität in einem kleinen<br />

Land ist es erstaunlich, welche Größe<br />

die <strong>BOKU</strong> hat.“<br />

Wohl keiner hat sich mit der Geschichte<br />

der <strong>BOKU</strong> so intensiv befasst wie<br />

Manfried Welan, der erzählte, wie nach<br />

der Schlacht bei Königgrätz 1866 und<br />

dem daraus resultierenden Ausgleich<br />

mit Ungarn ein Jahr später plötzlich alle<br />

Agrarhochschulen in Ungarn lagen. Für<br />

die neue „Hochschule für Bodencultur“<br />

suchte man einen Standort, der möglichst<br />

in der Nähe der Uni Wien, der TU<br />

sowie der VetMed lag und fand ihn für die<br />

nächsten 26 Jahre im Palais Schönborn<br />

im 8. Bezirk.<br />

Neben der Land- und Forstwirtschaft<br />

kam 1883 das Studium der Kulturtechnik<br />

und Wasserwirtschaft dazu, nach<br />

den beiden Weltkriegen schließlich die<br />

Gärungstechnik, die dank Hermann Katinger<br />

schließlich zur heutigen Lebensmittel-<br />

und Biotechnologie wurde.<br />

Katinger betonte, dass „die <strong>BOKU</strong> auf<br />

die Entwicklung von der analogen Betrachtungsweise<br />

und Automatisation<br />

zur digitalen sehr gut reagiert hat und<br />

damit eine moderne, innovative Biotechnologie<br />

ermöglicht. So kann die <strong>BOKU</strong><br />

auch in diesem Fach Antworten zu den<br />

aktuellsten Fragestellungen erarbeiten.“<br />

Doch Welan hat auch selbst für die Geschichte<br />

der <strong>BOKU</strong> wichtige Entwicklungen<br />

wie das Studium der Landschaftsplanung<br />

und Landschaftsarchitektur<br />

ermöglicht: „Dadurch gab es plötzlich<br />

mehr Frauen an der <strong>BOKU</strong> und es wurde<br />

viel pluralistischer. Demokratiepolitisch<br />

wichtig daran war, dass es die einzige<br />

Studienrichtung in Österreich ist, die<br />

von Studierenden initiiert und durchgesetzt<br />

wurde.“<br />

Raffaela Schaidreiter, die die Auftaktveranstaltung<br />

moderierte, erläuterte, warum<br />

der Blick auf die 150-jährige Geschichte<br />

der <strong>BOKU</strong> auch ein Fenster in die eigene<br />

Familiengeschichte sei. Schaidreiter leitet<br />

das ORF-Büro in Brüssel und ist selbst<br />

<strong>BOKU</strong>-Alumna. „Ich habe Forstwirtschaft<br />

studiert, so wie bereits mein Urgroßvater,<br />

mein Opa und mein Vater und meine<br />

Schwester hat Kulturtechnik und Wasserwirtschaft<br />

studiert.“ Ihr beruflicher Weg<br />

sei vielleicht nicht typisch, „es zeigt aber<br />

auch, wie breit aufgestellt und mit welch<br />

gutem Rüstzeug <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen<br />

in den Berufsalltag starten können“.<br />

In ihrem vielschichtigen und packenden<br />

Poetry Slam „Boom! Ein Becher aus<br />

64 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Plastik“ gab Estha Sackl im Anschluss<br />

Denkanstöße mit: „Wir lieben unseren<br />

Hund und dann fressen wir ein Steak,<br />

aber hey, es ist okay, Greta Thunberg<br />

wird’s schon richten, sollen die anderen<br />

doch auf ihren SUV verzichten. Wir lieben<br />

den Regenwald und schmieren uns<br />

dann Nutella auf das Brot, aber hey, das<br />

ist okay, wir haben gerade ein Video von<br />

Greenpeace auf Facebook gepostet –<br />

gemeinsam schaffen wir das schon.“<br />

„Wie nehmen die Studierenden heute<br />

ihre Uni wahr?“, wollte Schaidreiter von<br />

ihren nächsten Gesprächspartner*innen<br />

wissen? Nina Mathies, stellvertretende<br />

ÖH-<strong>BOKU</strong>-Vorsitzende sieht „eine der<br />

größten Aufgaben unserer Generation<br />

darin, die Klimakrise erfolgreich bewältigen<br />

zu können“. Die <strong>BOKU</strong> stelle den<br />

Studierenden dazu genau jenen Werkzeugkasten<br />

bereit, um diese Probleme anzugehen<br />

und zu lösen. Die ÖH-<strong>BOKU</strong>, die<br />

ebenfalls ein umfangreiches Programm<br />

zum Jubiläum geplant hat, wird unter<br />

anderem die Studierenden dazu befragen,<br />

„was diese sich in den kommenden<br />

150 Jahren wünschen und wie die <strong>BOKU</strong><br />

diverser, feministischer und inklusiver<br />

werden kann“, so Mathies.<br />

„Viele junge Menschen kommen mit der<br />

Hoffnung an die <strong>BOKU</strong>, mithilfe ihrer<br />

Ausbildung auf die großen Herausforderungen<br />

der nächsten Jahrzehnte reagieren<br />

zu können – um etwa die Forst- und<br />

Landwirtschaft klimaneutral zu machen“,<br />

sagte Michael Spiekermann, UBRM-Student<br />

und Austria’s Climate Youth Delegate.<br />

„Aber ich denke, es geht noch mehr<br />

und da muss die <strong>BOKU</strong> nachschärfen.“<br />

Die <strong>BOKU</strong>, so Spiekermann, „steht für<br />

ein Gefühl der Zusammengehörigkeit<br />

und Freundschaft“.<br />

In der zweiten Diskussionsrunde, die den<br />

„Blick voraus“ warf, gab Rektorin Eva<br />

Schulev-Steindl einen Ausblick auf die<br />

kommenden 150 Jahre. „Die Stichworte<br />

für die Zukunft haben wir gerade von<br />

den jungen Menschen gehört, von Frau<br />

Mathies, Herrn Spiekermann und auch<br />

von Frau Sackl mit ihrem fantastischen<br />

Poetry Slam. Die brennenden Themen<br />

wie die Klimaproblematik liegen auf dem<br />

Tisch und wir haben hier alles, was es<br />

Fotos: <strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

braucht, um Lösungen anzubieten. Es<br />

fehlt an der <strong>BOKU</strong> noch ein Lehrgang<br />

oder ein Studium mit dem Fokus Klimawandel<br />

und das möchte ich in meiner<br />

Funktionsperiode gleich einmal angehen.“<br />

„Wieviel Aktivismus darf Uni?“, wollte<br />

die Moderatorin wissen. „Ich sehe die<br />

<strong>BOKU</strong> an der vorderen Front, die Wissenschaftler*innen<br />

haben hier auch eine<br />

gesellschaftliche Verantwortung, sich in<br />

den Diskurs einzubringen und ich sage<br />

ihnen dabei den Rückhalt des Rektorats<br />

zu“, so Schulev-Steindl.<br />

Katharina Rogenhofer, Mitbegründerin<br />

von Fridays for Future Österreich und<br />

Sprecherin des Klimavolksbegehrens,<br />

betonte, dass „angesichts der großen<br />

Krisen junge Menschen aktiv geworden<br />

sind – für sie gelten zukunftsträchtige<br />

Studien wie die an der <strong>BOKU</strong> als Tool, um<br />

aktuelle Herausforderungen nicht nur<br />

zu verstehen, sondern auch Lösungen<br />

dafür aktiv mitzugestalten zu können“.<br />

Die <strong>BOKU</strong> sei großartig darin, wissenschaftliche<br />

Netzwerke zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Zugeschaltet aus Brüssel war Julie Anderson,<br />

im Higher Education Unit der<br />

EU-Kommission zuständig für den Bereich<br />

Nachhaltigkeit. „Ich gratuliere der<br />

<strong>BOKU</strong> für alles, was sie bereits erreicht<br />

hat. Im Hochschulbereich wollen wir,<br />

dass Universitäten wie die <strong>BOKU</strong> zu<br />

Zentren für ökologische Nachhaltigkeit<br />

werden, in denen es Partnerschaften<br />

zwischen Universitäten, Forschungsinstituten,<br />

Arbeitgeber*innen und der Zivilgesellschaft<br />

gibt. Hier kann die <strong>BOKU</strong><br />

den Weg weisen und inspirieren.“<br />

Dass die <strong>BOKU</strong> eine der führenden Nachhaltigkeitsuniversitäten<br />

Europas sei, betonte<br />

auch Kurt Weinberger, Uniratsvorsitzender<br />

und Vorstandsvorsitzender der<br />

Österreichischen Hagelversicherung im<br />

Gespräch mit der Moderatorin. „Gäbe es<br />

heute die <strong>BOKU</strong> nicht bereits, müsste<br />

man sie morgen erfinden.“<br />

Musikalisch begleitet wurde der Auftakt<br />

von Sarah Mencari & Johannes Gschweidl<br />

mit „Big Yellow Taxi“ von Joni Mitchell sowie<br />

der <strong>BOKU</strong>-Blaskapelle mit „Brennan<br />

dads guat“ von Hubert von Goisern und<br />

dem „Earth Song“ von Michael Jackson.•<br />

Jubiläumsprogramm<br />

Jubiläumswebseite<br />

Der Auftakt zum Jubiläumsjahr wurde in<br />

Kooperation mit der Tageszeitung „Die Presse“<br />

veranstaltet.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

65


C<br />

M<br />

Y<br />

CM<br />

MY<br />

CY<br />

CMY<br />

K<br />

Tulln-Wort-Bildmarke_4c.pdf 21.06.2012 14:26:10<br />

Wie geht Zukunft?<br />

„<strong>BOKU</strong> Featuring Future“<br />

Die zweitägige, international besetzte Konferenz möchte innovative<br />

Antworten auf gesellschaftlich brennende Fragen geben.<br />

Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />

D<br />

ie <strong>BOKU</strong> als Universität der Nachhaltigkeit und des Lebens sucht stets den<br />

Austausch mit der Gesellschaft und die Vernetzung mit anderen wissenschaftlichen<br />

Fachbereichen, um gesellschaftlich relevante Lösungen zum Wohle<br />

aller Menschen zu finden.<br />

Daher ist es nur naheliegend, dass die <strong>BOKU</strong> als Höhepunkt des Jubiläumsjahrs<br />

<strong>2022</strong> am 24. und 25. Mai in die Aula der Wissenschaften in Wien einlädt, wo <strong>BOKU</strong>-<br />

Forscher*innen mit spannenden Keynotespeakern, Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen<br />

aus der Wirtschaft und den Besucher*innen über folgende Themen<br />

diskutieren werden:<br />

1. Tag:<br />

2. Tag<br />

150 Jahre<br />

<strong>BOKU</strong><br />

1872 - <strong>2022</strong><br />

<strong>BOKU</strong><br />

Sommerball<br />

am Campus Tulln<br />

9. Juni <strong>2022</strong><br />

Beginn: 20.00 Uhr<br />

Einlass: 19.00 Uhr<br />

Universitäts- und<br />

Forschungszentrum Tulln<br />

Ballkarte 20 €<br />

Studierende 5 €<br />

Karten ab 1.4.<strong>2022</strong> erhältlich bei<br />

Infos unter: sommerball@boku.ac.at<br />

oder Tel. 0677/643 100 03<br />

DANCING<br />

ROUND THE<br />

WORLD<br />

www.boku-sommerball.at<br />

Eröffnung:<br />

Bundesministerin Elisabeth Köstinger<br />

„Green Deal“<br />

Keynote: Katharina Rogenhofer,<br />

Mitbegründerin von Fridays for Future<br />

Österreich<br />

„Lebensräume der Zukunft“<br />

Keynote: Gernot Wagner, Klimaökonom<br />

an der New York University<br />

Eröffnung:<br />

Bundesministerin Leonore Gewessler<br />

„Energie- und Mobilitätswende“<br />

Keynote: Katja Schechtner, Mobilitätsforscherin<br />

am Massachusetts Institute<br />

of Technology (MIT)<br />

„Gesellschaftlicher Wandel“<br />

Keynote: Philipp Blom, Historiker,<br />

Schriftsteller und Journalist<br />

„Infrastruktur und Umwelttechnik“<br />

Keynote: Thomas Rau, führender<br />

Architekt auf dem Gebiet des nachhaltigen<br />

und energieproduzierenden<br />

Bauens<br />

„One Health“<br />

Keynote: Eckart von Hirschhausen,<br />

Arzt, Fernsehmoderator, Schiftsteller<br />

und Kabarettist<br />

„Ernährungssicherheit und<br />

Versorgung“<br />

Keynote: Urs Niggli, Agrarwissenschaftler<br />

und Vordenker des Biologischen<br />

Landbaus<br />

Wir freuen uns besonders, dass wir Barbara Stöckl und Tarek Leitner für die Moderation<br />

der Zukunftskonferenz gewinnen konnten.<br />

Wir danken unseren Sponsor*innen: Boehringer Ingelheim, Agrana, Österreichische<br />

Hagelversicherung, SAN Group, ÖBB, Wiener Stadtwerke, RAW (Lagerhaus), Egger<br />

sowie Raiffeisen Holding NÖ-Wien (Premiumsponsor des Gala-Abends am 24. Mai<br />

in der Wiener Hofburg).<br />

„Dancing<br />

round the<br />

world“<br />

Unter diesem Motto des<br />

diesjährigen <strong>BOKU</strong>-Sommerballs<br />

am Campus Tulln kann<br />

am 9. Juni <strong>2022</strong> das Tanzbein<br />

geschwungen werden.<br />

Der Kartenverkauf startet<br />

am 1. April.<br />

Laufend aktualisierte<br />

Informationen sowie<br />

die kostenlose Anmeldung<br />

zur Konferenz<br />

Medienkooperationspartnerin bei „<strong>BOKU</strong> Featuring<br />

Future“ ist die Tageszeitung„Der Standard“.<br />

66 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

67


ÖHV<br />

„Der Bodenverbrauch ist ein Treiber der Klimakrise“<br />

Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung und Vorsitzender des<br />

Universitätsrates der <strong>BOKU</strong>, im Gespräch über die negativen Auswirkungen des zunehmenden Bodenverbrauchs<br />

auf Klima und Lebensmittelversorgung sowie über Lösungsansätze und Anreizsysteme, die<br />

diese Entwicklung eindämmen können. Interview: Bettina Fernsebner-Kokert<br />

Derzeit werden in Österreich täglich im<br />

Schnitt 11,5 Hektar verbaut, was der Größe<br />

von 16 Fußballfeldern entspricht. Welche<br />

Auswirkungen hat die Bodenversiegelung<br />

auf die Sicherheit der Lebensmittelversorgung?<br />

Weinberger: Die rasant fortschreitende<br />

Bodenversiegelung hat enorme Auswirkungen<br />

auf die Versorgung Österreichs<br />

mit heimischen Lebensmitteln: Allein in<br />

den vergangenen 50 Jahren wurden in<br />

Österreich 300.000 Hektar beste Agrarflächen<br />

durch Verbauung vernichtet. Das<br />

ist mehr als die gesamte Ackerfläche<br />

Oberösterreichs. Dabei hat Österreich<br />

laut Grünem Bericht 2021 bereits jetzt<br />

bei Getreide nur mehr einen Selbstversorgungsgrad<br />

von 88 Prozent, bei Kartoffeln<br />

von 85 Prozent, bei Obst und<br />

Gemüse von rund 50 Prozent. Für mich<br />

stellt sich hier die Frage: Wie sollen wir<br />

mit immer weniger Boden zukünftige<br />

Generationen ernähren?<br />

Wie wirkt sich der Bodenverbrauch auf<br />

das Klima aus?<br />

Der Bodenverbrauch ist ein Treiber<br />

der Klimakrise, da durch die Verbauung<br />

von Äckern, Wiesen oder Wald ein<br />

wichtiger Kohlenstoff- und Wasserspeicher<br />

verloren geht. Die Erderwärmung<br />

wird beschleunigt und Wetterextreme<br />

werden weiter zunehmen. In Zukunft<br />

werden wir daher vermehrt mit Überschwemmungen<br />

rechnen müssen, da<br />

bei Starkniederschlägen Wasser nicht<br />

mehr abfließen kann. Doch auch extreme<br />

Hitze- und Trockenperioden sind<br />

längst keine Seltenheit mehr. Bemerkbar<br />

macht sich das bei der Zahl der<br />

Hitzetage, also Tage mit über 30 Grad<br />

Celsius. Während es in den 1980er- und<br />

1990er-Jahren sechs Hitzetage gegeben<br />

hat, gibt es mittlerweile im Durchschnitt<br />

20 solcher Tage. Also mehr als<br />

das Dreifache. Die Konsequenz: Dürreperioden<br />

nehmen zu!<br />

Für die Gemeinden bringen die Gewerbegebiete<br />

auf der grünen Wiese Kommunalsteuern.<br />

Bedarf es Ihrer Ansicht nach einer<br />

steuerlichen Regelung, um der Bodenversiegelung<br />

entgegenzuwirken?<br />

Faktum ist: Gemeinden stehen in einem<br />

ständigen Interessenkonflikt, wenn es<br />

um die Ansiedelung von Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern sowie Gewerbegebieten<br />

geht. Es braucht daher eine stärker<br />

übergeordnete Raumordnung, also auf<br />

Landesebene beziehungsweise sollte<br />

die Kommunalsteuer auf Bundesebene<br />

eingehoben werden und im Wege des<br />

Finanzausgleichs vermehrt an jene Gemeinden<br />

verteilt werden, die sorgsam<br />

mit den Ressourcen umgehen. Ganz allgemein:<br />

Was nützt es, wenn wir uns beispielsweise<br />

nur Gewinnmaximierung in<br />

unserem wirtschaftlichen Handeln zum<br />

Ziel setzen und dabei unser Naturkapital<br />

– Boden, Luft oder Wasser – für immer<br />

zerstören? Daher braucht es ein neues,<br />

68 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


intelligenteres Wirtschaftsdenken. Eines,<br />

das den Wohlstand einer Volkswirtschaft<br />

nicht nur an der Kennzahl des Bruttoinlandsprodukts,<br />

sondern auch am Erhalt<br />

unseres Naturkapitals beurteilt. Nur so<br />

können wir den Wohlstand unserer Gesellschaft<br />

aufrechterhalten, ohne unsere<br />

Umwelt als so wichtiges Kapital auf<br />

Dauer zu schädigen. Wir müssen daher<br />

deutlich bewusst machen: Ökonomie<br />

und Ökologie sind keine Gegensätze,<br />

sondern – vernünftig eingesetzt – ergänzen<br />

sie sich gegenseitig. Genau darauf<br />

setzen intelligente Volkswirtschaften<br />

und kluge Unternehmen bereits.<br />

Ein Faktor ist die Zersiedelung des ländlichen<br />

Raums. Müssen wir uns dort vom<br />

Traum vom Einfamilienhaus verabschieden<br />

und uns mit mehrgeschoßigem Wohnbau<br />

anfreunden?<br />

Ausufernde Siedlungsränder und eine<br />

niedrige Bebauungsdichte kennzeichnen<br />

die österreichische Siedlungstätigkeit.<br />

Diese Zersiedelung stellt ein großes Problem<br />

dar. Wir haben in Österreich laut<br />

Umweltbundesamt rund 40.000 Hektar<br />

leer stehende Immobilien. Das entspricht<br />

der Fläche der Stadt Wien. Dieser Leerstand<br />

muss wieder in Nutzung gebracht<br />

werden. Es kann nicht sein, dass Ortskerne<br />

regelrecht aussterben, während<br />

an den Ortsrändern weiter neue Wohnsiedlungen<br />

und Gewerbegebiete entstehen.<br />

Dabei muss uns auch bewusst<br />

sein, dass es für jede neue Siedlung eine<br />

neue Straße braucht, mit der wieder ein<br />

Stück Boden unter Asphalt oder Beton<br />

begraben wird. Zusätzlich gefährdet die<br />

Zersiedelung auch die Schönheit unseres<br />

Landes.<br />

ÖHV<br />

»<br />

Als Vorsitzender des Universitätsrates<br />

sehe ich die <strong>BOKU</strong> auch in<br />

ihrer künftigen Entwicklung als<br />

die führende Nachhaltigkeitsuniversität<br />

in Österreich, an der<br />

Studierende zu nachhaltig<br />

denkenden und verantwortungsvollen<br />

Persönlichkeiten<br />

ausgebildet werden.<br />

Kurt Weinberger<br />

Die Bevölkerungszahlen in den urbanen<br />

Räumen steigen und damit wachsen auch<br />

die Städte immer mehr ins Grüne. Wie kann<br />

der Bodenverbrauch im städtischen Bereich<br />

eingedämmt werden?<br />

Eine Umfrage der Statistik Austria hat<br />

gezeigt, dass seit dem Jahr 2001 die<br />

Flächenversiegelung mit 26,6 Prozent<br />

deutlich schneller als die österreichische<br />

Bevölkerung mit plus 10,9 Prozent<br />

wuchs. Mit dem Bodenverbrauch stieg<br />

auch die durchschnittliche Wohnfläche<br />

pro Person an. Im Umkehrschluss bedeutet<br />

das, dass wir in Österreich bei wachsender<br />

Bevölkerung immer mehr Platz<br />

zum Wohnen, aber weniger Fläche zur<br />

Lebensmittelproduktion zur Verfügung<br />

haben. Es gilt daher auch hier: Innenentwicklung<br />

vor Außenentwicklung. Leer<br />

stehende Immobilien müssen mithilfe<br />

von Anreizsystemen vorrangig revitalisiert<br />

werden, um den Bodenverbrauch<br />

einzudämmen.<br />

Die Forscher*innen an der <strong>BOKU</strong> arbeiten<br />

an Lösungen zum Klima- und Bodenschutz.<br />

Welchen Beitrag kann eine Kooperation<br />

von Wirtschaft und Wissenschaft dazu<br />

leisten?<br />

Die Universität für Bodenkultur Wien<br />

als die Nachhaltigkeitsuniversität nimmt<br />

im Bereich Klima- und Bodenschutz mit<br />

ihrer Grundlagen-, aber auch mit ihrer<br />

praxisorientierten Anwenderforschung<br />

eine führende Rolle ein. Die Wissenschaft<br />

liefert wichtige Erkenntnisse, die<br />

sowohl von der Politik als auch von der<br />

Wirtschaft als Entscheidungsgrundlagen<br />

herangezogen werden. In Zukunft wird<br />

es vor allem darum gehen, das Wissen<br />

der Universität noch mehr und verständlicher<br />

in die Gesellschaft hineinzutragen.<br />

Eine Kooperation von Wirtschaft und<br />

Wissenschaft sehe ich daher als Notwendigkeit,<br />

um gemeinsam Lösungen<br />

zu erarbeiten, damit auch nachfolgende<br />

Generationen in einer lebenswerten Umgebung<br />

leben können.<br />

Wo sehen Sie als Vorsitzender des Universitätsrates<br />

die <strong>BOKU</strong> in ihrer künftigen<br />

Entwicklung und was wünschen Sie der<br />

Universität zum 150. Geburtstag?<br />

Als Vorsitzender des Universitätsrates<br />

sehe ich die <strong>BOKU</strong> auch in ihrer künftigen<br />

Entwicklung als die führende Nachhaltigkeitsuniversität<br />

in Österreich, an der<br />

Studierende zu nachhaltig denkenden<br />

und verantwortungsvollen Persönlichkeiten<br />

ausgebildet werden. Wir sind die<br />

einzige Universität in Österreich, die eine<br />

ganzheitliche Ausbildung in Ökonomie,<br />

Ökologie und Sozialem anbietet. Diese<br />

Einzigartigkeit basiert auf dem Dreisäulen-Modell,<br />

das Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />

mit Wirtschafts- und<br />

Sozialwissenschaften kombiniert. Durch<br />

dieses Alleinstellungsmerkmal haben die<br />

<strong>BOKU</strong> und die Studierenden eine riesige<br />

Chance, zu den großen Herausforderungen<br />

unserer Zeit wie Klimakatastrophe,<br />

Bodenverbrauch, Verlust der Biodiversität,<br />

Weltbevölkerungsentwicklung<br />

etc. Antworten für die Politik, die Wirtschaft<br />

und die Gesellschaft zu geben.<br />

Der Universität wünsche ich zum 150.<br />

Geburtstag auch weiterhin neugierige<br />

und kluge Köpfe, die den Mut haben,<br />

Ideen aufzuzeigen, voranzutreiben, nach<br />

außen sichtbar zu machen und Werte der<br />

Nachhaltigkeit zu leben beziehungsweise<br />

zu verkörpern und so ihren Beitrag für<br />

eine nachhaltige Zukunft zu leisten. •<br />

Die Österreichische Hagelversicherung ist eine<br />

Sponsorin der <strong>BOKU</strong>-Zukunftskonferenz am<br />

24./25. Mai <strong>2022</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

69


Philipp Lipiarski<br />

„<strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen bringen ein sehr<br />

fundiertes fachliches Know-how mit“<br />

Christian Eckermann, Standortleiter der Biopharmazie Wien bei Boehringer Ingelheim, schätzt die <strong>BOKU</strong><br />

als verlässliche Forschungspartnerin im biopharmazeutischen Bereich, die junge, motivierte und talentierte<br />

Wissenschaftler*innen hervorbringt. Mit dem Programm „Sustainable Development – for Generations“<br />

möchte der Konzern dazu beitragen, nachhaltige Lösungen für globale Herausforderungen zu finden.<br />

Interview: Bettina Fernsebner-Kokert<br />

Boehringer Ingelheim und die Universität<br />

für Bodenkultur Wien haben eine lange<br />

Tradition der Zusammenarbeit. Was zeichnet<br />

die <strong>BOKU</strong> aus Ihrer Sicht aus?<br />

Christian Eckermann: Die <strong>BOKU</strong> ist eine<br />

für unsere Branche bedeutende Universität<br />

für die Ausbildung junger, motivierter<br />

und talentierter Wissenschaftler*innen,<br />

die mit Leidenschaft an der Entwicklung<br />

verschiedener Technologien der Zukunft<br />

arbeiten. Gleichzeitig ist sie eine verlässliche<br />

Partnerin für unterschiedlichste Entwicklungsprojekte<br />

mit einem Mehrwert<br />

für eine noch nachhaltigere Produktion.<br />

Über welche Skills verfügen die <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen,<br />

die sie in der pharmazeutischen<br />

Branche gefragt machen?<br />

<strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen, vor allem aus<br />

den Fachrichtungen Lebensmittel- und<br />

Biotechnologie, biomolekulare Technologie<br />

sowie Verfahrenstechnik, bringen<br />

ein sehr fundiertes fachliches Knowhow<br />

mit.<br />

Zusätzlich schätzen wir Soft Skills wie<br />

etwa Team- und Kommunikationsfähigkeit,<br />

ein hohes Maß an Eigeninitiative,<br />

Begeisterungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen.<br />

Außerdem ist ein<br />

Grundverständnis und Interesse für biopharmazeutische<br />

Prozesse sowie GMP<br />

(Good Manufacturing Practice) wichtig.<br />

Wir sind immer auf der Suche nach<br />

frischer Energie und innovativen Ideen<br />

und freuen uns über talentierte Absolvent*innen<br />

der <strong>BOKU</strong>, die zusammen<br />

mit uns wachsen wollen.<br />

Die im Vorjahr eröffnete biopharmazeutische<br />

Produktionsanlage im 12. Bezirk stellte<br />

die größte Investition in der Stadt seit<br />

mehr als 40 Jahren dar. Was macht den<br />

Standort Wien für Life-Sciences-Unternehmen<br />

und im Speziellen für Boehringer<br />

Ingelheim attraktiv?<br />

Es zeichnen hier unterschiedliche Faktoren<br />

für die Attraktivität des Standorts<br />

verantwortlich, unter anderem die<br />

stabilen wirtschaftlichen, politischen<br />

und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />

aber auch das klare politisches<br />

Bekenntnis zur industriellen Forschung<br />

und Produktion am Standort Österreich.<br />

70 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Weiters die Schaffung eines wirtschafts-,<br />

investitions- und innovationsfreundlichen<br />

politischen und gesellschaftlichen<br />

Klimas in Österreich, auch um zukünftige<br />

Investitionsentscheidungen positiv zu<br />

beeinflussen. Und nicht zuletzt ein hohes<br />

Bildungsniveau, das die Rekrutierung<br />

hochqualifizierter Fachkräfte ermöglicht,<br />

zum Beispiel wissenschaftliche<br />

Fachkräfte für Biotechnologie oder die<br />

Krebsforschung.<br />

Ihr Konzern setzt am Standort Wien auf<br />

Strom aus erneuerbarer Energie und Weiternutzung<br />

des Abwassers. Was bedeutet<br />

Nachhaltigkeit im pharmazeutischen Bereich?<br />

Ziel von Boehringer Ingelheim ist es, die<br />

Gesundheit von Mensch und Tier zu verbessern<br />

– heute und in Zukunft. Dafür<br />

haben wir einen Rahmen geschaffen:<br />

„Sustainable Development – for Generations“.<br />

Dieser umfasst die Säulen: More<br />

Health, More Potential und More Green.<br />

Durch unsere Aktivitäten in diesen drei<br />

Bereichen wollen wir dazu beitragen,<br />

nachhaltige Lösungen für globale Herausforderungen<br />

zu finden. Diese sind<br />

gute Gesundheit von Mensch und Tier,<br />

gute Gesundheit von Gemeinschaften<br />

und unseren Mitarbeiter*innen sowie<br />

gute Gesundheit unseres Planeten. Innerhalb<br />

dieser Säulen setzen wir einen<br />

Fokus auf unterschiedliche Bereiche wie<br />

etwa den Zugang zu Gesundheit, den<br />

Bedarf an Medikamenten in Bereichen<br />

nicht übertragbarer Krankheiten, den<br />

Kampf gegen Infektionskrankheiten,<br />

einen Beitrag zu sicheren Nahrungsmitteln,<br />

die Förderung gesunder, inklusiver,<br />

nachhaltiger Gemeinschaften sowie den<br />

Umweltschutz.<br />

Boehringer Ingelheim<br />

»<br />

Ganz im Sinne von ‚Sustainable<br />

Development – for Generations‘<br />

setzten wir uns hier klar das Ziel,<br />

in Zukunft noch nachhaltiger und<br />

kostengünstiger zu produzieren,<br />

um dadurch mehr Patient*innen<br />

weltweit Zugang zu lebensnotwendigen<br />

Medikamenten<br />

zu ermöglichen.<br />

Christian Eckermann<br />

Welche Herausforderungen wird es Ihrer<br />

Ansicht nach für die biopharmazeutische<br />

Industrie der Zukunft geben?<br />

Als industrieweite Themen sehe ich den<br />

Umgang mit Ressourcen wie Wasser und<br />

Energie sowie die steigende Nachfrage<br />

nach Expert*innen und Fachkräften als<br />

Herausforderungen. Aus Anlagen- und<br />

Prozesssicht wollen wir mit hochmodernen<br />

Standards wie Robotics und Automatisierung<br />

bis hin zur vollautomatisierten<br />

Fabrik der Zukunft vorne mit dabei sein.<br />

Ganz im Sinne von „Sustainable Development<br />

– for Generations“ setzten wir uns<br />

hier klar das Ziel, in Zukunft noch nachhaltiger<br />

und kostengünstiger zu produzieren,<br />

um dadurch mehr Patient*innen<br />

weltweit Zugang zu lebensnotwendigen<br />

Medikamenten zu ermöglichen. Eine<br />

weitere Herausforderung, die ich aus<br />

Anlagensicht sehe: Durch „Präzisionsmedizin“<br />

– also individuell angepasste<br />

Medizin – entstehen zum Teil neue Anforderungen<br />

an die Produktion, wie etwa<br />

die industrielle Produktion individualisierter<br />

Medikamente im Kleinstmaßstab.<br />

Sollten Ausbildungs- und Forschungsstätten<br />

enger mit der Industrie zusammenarbeiten?<br />

Wie gestaltet sich die Kooperation<br />

zwischen Boehringer Ingelheim und<br />

der <strong>BOKU</strong>?<br />

Aus meiner Sicht gelingt wissenschaftlicher<br />

Fortschritt nur durch Kooperationen<br />

und Austausch. Daher finde ich<br />

eine Zusammenarbeit in den Bereichen<br />

Erforschung neuer biotechnologischer<br />

Ansätze sowie auch in der Lehre und Ausbildung,<br />

ganz wesentlich.<br />

Wir haben seit vielen Jahren Forschungskooperationen<br />

mit der <strong>BOKU</strong>. Viele dieser<br />

Projekte widmen sich der gemeinsamen<br />

biopharmazeutischen Forschung:<br />

Etwa im Rahmen des Austrian Center of<br />

Industrial Biotechnology (acib), an dem<br />

die <strong>BOKU</strong> beteiligt und wo Boehringer<br />

Ingelheim ein wichtiger Industrie- und<br />

Forschungspartner ist. Oder die Zusammenarbeit<br />

mit einem Christian Doppler<br />

Labor zur angewandten Forschung im<br />

Bereich der E.coli-Bakterien. Unsere Kooperation<br />

umfasst auch Initiativen zur<br />

Förderung junger Wissenschaftstalente.<br />

Diese reichen von einem Post-Doc-Programm<br />

für promovierte <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen<br />

bis hin zu einer Lehrveranstaltungsreihe<br />

zum Thema „Sicherheit am<br />

Arbeitsplatz“, bei der Expert*innen von<br />

Boehringer Ingelheim den Studierenden<br />

praktische Einblicke in das sichere und<br />

effiziente Arbeiten in der Pharmaindustrie<br />

gaben.<br />

Was wünschen Sie der <strong>BOKU</strong> zum 150.<br />

Geburtstag?<br />

Wir wünschen der <strong>BOKU</strong> für die künftigen<br />

150 Jahre weiterhin allen erdenklichen<br />

Erfolg in der Ausbildung junger<br />

Wissenschaftler*innen sowie weiterhin<br />

große Fortschritte in der Wissenschaft<br />

und Forschung. Die <strong>BOKU</strong> leistet einen<br />

wesentlichen Beitrag für eine nachhaltige<br />

und gesunde Zukunft. Herzlichen<br />

Glückwunsch zum Jubiläum! •<br />

Boehringer Ingelheim ist ein Sponsor der <strong>BOKU</strong>-<br />

Zukunftskonferenz am 24./25. Mai <strong>2022</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

71


Agrana<br />

„Die Forschenden der <strong>BOKU</strong> setzen wichtige<br />

Impulse für eine nachhaltige Zukunft für uns alle“<br />

AGRANA will bis 2040 die Treibhausgasemissionen aus ihren Produktionsanlagen auf netto Null reduzieren,<br />

bis 2050 soll über die gesamte Wertschöpfungskette nachweislich klimaneutral gearbeitet werden.<br />

CEO Markus Mühleisen und CTO Norbert Harringer im Gespräch mit Bettina Fernsebner-Kokert.<br />

Herr Mühleisen, Sie sind seit Mitte vergangenen<br />

Jahres der neue CEO von AGRANA.<br />

Was sind Ihre Zielsetzungen für die kommenden<br />

Jahre?<br />

Mühleisen: Zunächst einmal ist es mir<br />

eine große Freude, an der Spitze von<br />

AGRANA zu stehen und mit unserem<br />

Team ein neues Kapitel in der Erfolgsgeschichte<br />

des Unternehmens aufschlagen<br />

zu dürfen. AGRANA hat sich in den 34<br />

Jahren des Bestehens erfolgreich von<br />

einem rein österreichischen zu einem<br />

internationalen, gut positionierten und<br />

diversifizierten Unternehmen für Nahrungsmittel<br />

und Industriegüter weiterentwickelt.<br />

Unser Ziel ist zunächst einmal,<br />

in allen Bereichen effizienter zu werden<br />

und die Ergebnisse zu verbessern.<br />

Dann ist mir eine starke Kund*innen- und<br />

Marktorientierung wichtig. Das heißt, wir<br />

müssen näher an unsere Kund*innen heran<br />

und gezielt schauen, wo es Chancen<br />

im Markt gibt. Drittens möchte ich mit<br />

dem Vorstand die strategische Weiterentwicklung<br />

der AGRANA vorantreiben.<br />

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Sie?<br />

Mühleisen: Nachhaltigkeit und insbesondere,<br />

wie wir den Klimawechsel und<br />

die Energiewende meistern, ist eine der<br />

ganz großen Aufgaben, die wir alle momentan<br />

haben. Daher finde ich auch das<br />

<strong>BOKU</strong>-Motto anlässlich ihres Jubiläums<br />

72 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


»<br />

AGRANA hat in puncto Nachhaltigkeit<br />

bereits viel Vorarbeit<br />

geleistet, das heißt, unsere<br />

Produkte, wie Bioethanol,<br />

Thermoplastische Stärken und<br />

Eiweißfuttermittel leisten durch<br />

den Ersatz fossiler Produkte<br />

und Erzeugung in einer Kreislaufwirtschaft<br />

bereits heute<br />

einen bedeutenden Klimaschutzbeitrag.<br />

Norbert Harringer<br />

die Treibhausgasemissionen aus unseren<br />

Produktionsanlagen auf netto Null<br />

reduzieren. Diese große Herausforderung<br />

soll in vier Teilschritten zu jeweils<br />

fünf Jahren bewältigt werden. Bis 2050<br />

wollen wir dann über die gesamte Wertschöpfungskette<br />

nachweislich klimaneutral<br />

arbeiten. Dazu werden spätestens<br />

ab 2030 – nach entsprechenden internen<br />

und externen Vorbereitungen – ein<br />

strukturiertes Emissionsmanagement<br />

und Reduktionsmaßnahmen für unsere<br />

Lieferkette eingeführt.<br />

Herr Mühleisen, Sie waren immer in der<br />

Nahrungsmittelindustrie tätig. Ist uns als<br />

Gesellschaft die Bedeutung von Lebensmittelsicherheit<br />

und funktionierenden Lebensmittelketten<br />

ausreichend bewusst?<br />

Mühleisen: Die Pandemie hat zweifellos<br />

dazu beigetragen, dieses Bewusstsein zu<br />

stärken. Ich erinnere an den Beginn der<br />

Pandemie, als sich viele Menschen aus<br />

Sorge vor Engpässen mit Lebensmitteln<br />

auf Vorrat eingedeckt haben. Die Regale<br />

blieben dennoch gut gefüllt. Nicht<br />

umsonst ist die Lebensmittelindustrie<br />

Österrreichs als „system- und versorgungsrelevant“<br />

und wesentlicher Teil<br />

der „kritischen Infrastruktur“ eingestuft<br />

worden.<br />

»<br />

Nachhaltigkeit und insbesondere,<br />

wie wir den Klimawechsel<br />

und die Energiewende meistern,<br />

ist eine der ganz großen<br />

Aufgaben, die wir alle<br />

momentan haben. Für mich ist<br />

das ein sehr wichtiges Thema.<br />

Und ich weiß, dass das auch für<br />

unsere Kund*innen und für die<br />

Gesellschaft insgesamt ein sehr<br />

wichtiges Thema ist.<br />

Markus Mühleisen<br />

Georg Wilke<br />

„150 Jahre nachhaltig vorausschauen“<br />

sehr passend. Für mich ist das ein sehr<br />

wichtiges Thema. Und ich weiß, dass das<br />

auch für unsere Kund*innen und für die<br />

Gesellschaft insgesamt ein sehr wichtiges<br />

Thema ist.<br />

Harringer: AGRANA hat in puncto Nachhaltigkeit<br />

bereits viel Vorarbeit geleistet,<br />

das heißt, unsere Produkte, wie<br />

Bioethanol, Thermoplastische Stärken<br />

und Eiweißfuttermittel leisten durch den<br />

Ersatz fossiler Produkte und Erzeugung<br />

in einer Kreislaufwirtschaft bereits heute<br />

einen bedeutenden Klimaschutzbeitrag.<br />

Darauf werden wir in der Zukunft noch<br />

mehr Fokus legen.<br />

AGRANA verfolgt erstmals eine Klimastrategie.<br />

Wo setzt der Konzern bei seinem<br />

Weg zur Klimaneutralität an?<br />

Harringer: Wir haben für die angestrebte<br />

Dekarbonisierung einen Plan mit konkreten<br />

Projekten. Bis 2040 wollen wir<br />

Die AGRANA vergibt seit 23 Jahren den<br />

Förderungspreis für Wissenschaft und<br />

Forschung an der Universität für Bodenkultur.<br />

Was zeichnet die <strong>BOKU</strong> und ihre<br />

Forschenden aus?<br />

Harringer: Die <strong>BOKU</strong> zählt auf ihrem<br />

Gebiet zu den führenden Universitäten<br />

in Europa, Ich freue mich, dass AGRANA<br />

mit der <strong>BOKU</strong> eine langjährige Partnerschaft<br />

pflegt. Neben der Auftragsvergabe<br />

für Forschungsarbeiten ist uns der<br />

AGRANA-Forschungsförderungspreis<br />

ein besonderes Anliegen, weil wir gezielt<br />

junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

und deren Forschungen in den<br />

für AGRANA wichtigen Bereichen Agrarökonomie<br />

und Lebensmitteltechnologie<br />

unterstützen wollen. Die Forschenden<br />

der <strong>BOKU</strong> setzen wichtige Impulse für<br />

eine nachhaltige Zukunft für uns alle.<br />

Was wünschen Sie der <strong>BOKU</strong> zum 150.<br />

Geburtstag?<br />

Wir gratulieren der <strong>BOKU</strong> sehr herzlich<br />

und wünschen ihr zu ihrem Jubiläum<br />

alles erdenklich Gute und auch für die<br />

kommenden Jahre weiterhin viel Erfolg!<br />

Möge dieses Jubiläum Ansporn sein, sich<br />

in den nächsten 150 Jahren als Universität<br />

kontinuierlich weiterzuentwickeln.<br />

Die Herausforderungen unserer Zeit, insbesondere<br />

der Klimawandel mit seinen<br />

Auswirkungen für die Natur und Umwelt,<br />

fordern Antworten und kreative Ideen<br />

von wichtigen wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

wie der <strong>BOKU</strong>. •<br />

AGRANA ist ein Sponsor der <strong>BOKU</strong>-Zukunftskonferenz<br />

am 24./25. Mai <strong>2022</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

73


Raiffeisen NÖ-Wien | Eva Kelety<br />

„Es braucht Innovation, Kreativität und Mut“<br />

Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, im Gespräch mit Bettina Fernsebner-Kokert<br />

über die Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen und die heimische Landwirtschaft als Rückgrat<br />

der Versorgungssicherheit.<br />

Wie haben sich die Ansprüche an nachhaltiges<br />

Wirtschaften im Lauf der Jahre<br />

gewandelt?<br />

Erwin Hameseder: Die Nachhaltigkeit ist<br />

längst in der breiten Gesellschaft – und damit<br />

auch in der Wirtschaft – angekommen.<br />

Wir alle haben eine Verpflichtung gegenüber<br />

den kommenden Generationen. Was<br />

aktuell stattfindet, ist der Beginn eines<br />

Transformationsprozesses, den Unternehmen<br />

durchlaufen. Das ist eine komplexe<br />

Herausforderung und die Unternehmen<br />

brauchen hier Partner*innen, mit denen<br />

die Balance zwischen wirtschaftlichem<br />

Erfolg und ökologischer sowie sozialer<br />

Verantwortung umgesetzt werden kann.<br />

Was beinhaltet die Nachhaltigkeitsstrategie<br />

der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien<br />

und der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien?<br />

Es geht uns als Genossenschaft um<br />

gesellschaftliche, soziale, ökologische<br />

und wirtschaftliche Verantwortung in<br />

den Regionen. Wir wollen aktiv einen<br />

Beitrag leisten. Wir sind seit Jahren in<br />

der Finanzierung und Erzeugung erneuerbarer<br />

Energien engagiert und<br />

unterstützen neue Technologien, um<br />

ökologische Ziele erreichen zu können.<br />

Weiters verpflichten wir uns zur Einhaltung<br />

der Menschenrechte und lehnen<br />

Geschäftsbeziehungen ab, die zu<br />

deren Verletzung führen können. Die<br />

Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien will im<br />

Kernbereich „Produkte & Services“<br />

den Anteil klimafreundlicher Produkte<br />

und Services am jeweiligen Portfolio<br />

bis 2030 auf 25 Prozent erhöhen<br />

sowie die Treibhausgas-Emissionen in<br />

den Kundenveranlagungen bis 2030 um<br />

mindestens 25 Prozent reduzieren. Ein<br />

weiteres Ziel ist auch die Mobilität, hier<br />

sollen die Emissionen um mindestens 50<br />

Prozent reduziert werden.<br />

Ein Geschäftsfeld ist der Agrarbereich.<br />

Wie reagiert Raiffeisen NÖ-Wien auf die<br />

Herausforderungen durch die Klimaveränderung?<br />

Der Agrarsektor ist eine der zentralen<br />

Säulen unserer Gesellschaft, unsere<br />

Bauern sind das Rückgrat der Versorgungssicherheit.<br />

Wir müssen alles dafür<br />

tun, diesen Bereich bestmöglich zu<br />

schützen. Gelingen kann das nur durch<br />

stabile Partnerschaften und individuelle<br />

Lösungen. Auch Innovationen sind<br />

wichtig, wenn sich etwa die Ansprüche<br />

an Produktionsanlagen verändern und<br />

neue Lösungen gefragt sind. Aus der<br />

74 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Raiffeisen<br />

Sicht einer Beteiligungs-Holding geht<br />

es auch um das strategische Absichern,<br />

dass Unternehmen ausreichend Innovationspotenzial<br />

und budgetäre Mittel für<br />

Forschung und Entwicklung aufbauen<br />

können.<br />

Welche Themen werden aus Ihrer Sicht in<br />

Zukunft an Bedeutung gewinnen?<br />

Es geht darum, die Weichen zu stellen,<br />

damit auch die kommenden Generationen<br />

lebenswerte Verhältnisse vorfinden.<br />

Dieser Verantwortung darf sich niemand<br />

entziehen. Das Spielfeld ist riesig, es<br />

muss auf der gesamten Fläche angesetzt<br />

werden. Alle sind gefordert, jede*r<br />

Einzelne, die Wirtschaft, die Politik – es<br />

braucht Innovation, Kreativität und Mut.<br />

Wer auf Kohle setzt oder der Atomkraft<br />

ein „grünes Mascherl“ umhängt, hat die<br />

»„Es geht uns als<br />

Genossenschaft um<br />

gesellschaftliche, soziale,<br />

ökologische und wirtschaftliche<br />

Verantwortung in den<br />

Regionen. Wir wollen aktiv<br />

einen Beitrag leisten.“<br />

Erwin Hameseder<br />

Obmann der Raiffeisen-<br />

Holding NÖ-Wien<br />

Zeichen der Zeit nicht verstanden. Es<br />

geht aber auch um eine neue soziale Verantwortung,<br />

auch hier müssen spürbare<br />

Weiterentwicklungen passieren, wenn<br />

es um den Zusammenhalt des sozialen<br />

Gefüges geht.<br />

Was wünschen Sie der <strong>BOKU</strong> als der heimischen<br />

Nachhaltigkeitsuniversität zum<br />

150. Geburtstag?<br />

Das universitäre Feld ohne die <strong>BOKU</strong><br />

wäre wie der Finanzplatz ohne Raiffeisen.<br />

Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit<br />

und wünsche dieser ehrwürdigen<br />

Institution nur das Beste. •<br />

Die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien ist Premiumsponsorin<br />

des Gala-Abends in der Wiener Hofburg anlässlich<br />

des 150-Jahr-Jubiläums am 24. Mai <strong>2022</strong>.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

75


LEHRE<br />

Prüfung mit Aha-Effekt<br />

Von Georg Sachs<br />

Bernhard Spangl vom Institut für Statistik hat für seine innovativen Lehrmethoden den Staatspreis<br />

für exzellente Lehre, „Ars Docendi“, erhalten. Kernstück ist ein zweistufiger Prüfungsmodus, bei<br />

dem Studierende in der zweiten Phase gemeinsam an der Lösung der Aufgaben arbeiten.<br />

M<br />

ärz 2020. Wie über das gesamte<br />

gesellschaftliche Leben bricht<br />

die Covid-19-Pandemie auch<br />

über die <strong>BOKU</strong> von einem Tag auf den<br />

anderen herein und stellt das bisherige<br />

Leben auf den Kopf. Vor allem der<br />

Lehrbetrieb muss sich der neuen Situation<br />

ohne Vorbereitung stellen: Ist es<br />

möglich, die für das Sommersemester<br />

geplanten Lehrveranstaltungen abzuhalten,<br />

ohne dass die Studierenden an<br />

die Uni kommen müssen? Und wenn ja:<br />

in welchem Modus, mit welchen Hilfsmitteln?<br />

Wird es möglich sein, auch Prüfungen<br />

„in Distanz“ abzulegen?<br />

Auch Bernhard Spangl vom Institut für<br />

Statistik trifft die Situation unerwartet,<br />

aber nicht ganz unvorbereitet. Bereits<br />

seit Längerem hat man am Institut Prüfungen<br />

zu Grundlagen-Lehrveranstaltungen<br />

mittels „Multiple-Choice-Test“<br />

durchgeführt. „Das haben wir schon<br />

aufgrund der schieren Anzahl an Studierenden<br />

so gehandhabt“, sagt Spangl.<br />

Nahezu jede Bachelor-Studienrichtung<br />

an der <strong>BOKU</strong> hat heute ihre eigene<br />

Statistik-Lehrveranstaltung, kaum eine<br />

Studie kommt ohne gute Datenanalyse<br />

aus. Viele Studienrichtungen haben das<br />

erkannt und weiten ihr Statistik-Lehrprogramm<br />

aus. Spangl hält derzeit die<br />

entsprechende Statistik-Einführung für<br />

Studierende der Landschaftsplanung und<br />

Landschaftsarchitektur. „In diesem Fach<br />

ist Statistik erst im fünften Semester<br />

vorgesehen, was den Vorteil einer geringeren<br />

Dropout-Rate und einer größeren<br />

Nähe zum Verfassen einer Bachelorarbeit<br />

hat, wo man die statistischen<br />

Kenntnisse mitunter schon gut brauchen<br />

kann“, ist Spangls Erfahrung.<br />

Die Werkzeuge, die in der Statistik selbst<br />

verwendet werden, begünstigten einen<br />

durch digitale Hilfsmittel unterstützten<br />

Lehrbetrieb. So lassen sich mit dem Software-Paket<br />

R einfach und automatisiert<br />

statistische Aufgaben in großer Zahl erstellen.<br />

Dazu kam, dass an der <strong>BOKU</strong><br />

schon seit Längerem die Lernplattform<br />

Moodle in Verwendung stand, um Lehrveranstaltungen<br />

elektronisch zu begleiten<br />

und Tests mit Feedback abzuhalten<br />

76 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Adobe Stock<br />

BMBWF/Martin Lusser<br />

Bernhard Spangl bei der Preisverleihung 2021 mit Sabine Baumgartner, der damaligen<br />

Vizerektorin für Lehre.<br />

Das Distance Learning und das Bilden<br />

von geschlossenen virtuellen Gruppen<br />

in Breakout-Räumen wurde durch das<br />

Konferenz-Tool Zoom ermöglicht.<br />

LERNEN AUF AUGENHÖHE<br />

Die Werkzeuge waren also vorhanden.<br />

Dazu kam ein zweiter Baustein: Spangl<br />

hatte sich mit didaktischen Methoden<br />

beschäftigt, die im angloamerikanischen<br />

Raum schon eine gewisse Verbreitung<br />

gefunden haben und die kooperative<br />

Elemente als integrative Bestandteile<br />

der Lehre zum Einsatz bringen: „Der<br />

Physiker Eric Mazur hat einen Ansatz<br />

entwickelt, der sich ‚Peer Instruction‘<br />

nennt. Dabei wird zum Beispiel eine Frage<br />

gestellt, die alle Teilnehmer*innen zunächst<br />

für sich beantworten. Dann wird<br />

abgestimmt, welche Antwort die richtige<br />

ist“, so Spangl. Gibt es verschiedene<br />

Ansichten dazu, sollen die Studierenden<br />

einander von ihrem jeweiligen Vorschlag<br />

überzeugen. „In der Literatur geht man<br />

davon aus, dass man eher bereit ist, von<br />

jemandem etwas anzunehmen, der/die<br />

ein ‚Peer‘ ist, also aus derselben Gruppe<br />

wie man selbst.“<br />

Spangl hat nun derartige, im Hörsaal<br />

schon bewährte Methoden mit dem<br />

in Zeiten der Pandemie notwendig gewordenen<br />

Online-Setting verschnitten<br />

und die elektronischen Tools dazu genutzt,<br />

Elemente der Zusammenarbeit<br />

auch in Zeiten des Distance Learning<br />

umzusetzen. Eine dieser Methoden sind<br />

sogenannte „Two-stage exams“. Die Idee<br />

dahinter: Die Studierenden absolvieren<br />

zunächst einen Test als Einzelleistung<br />

und bekommen unmittelbar danach<br />

dieselben Fragen in einer Gruppe noch<br />

einmal vorgelegt. Auf diese Weise wird<br />

eine kollaborative Komponente in die<br />

Prüfungssituation mit eingebracht und<br />

die Teilnehmer*innen erhalten unmittelbares<br />

Feedback auf Fragen, die zunächst<br />

offen geblieben sind. Dieses Feedback<br />

beschränkt sich aber nicht nur auf die<br />

Teilnehmer*innen aus der Gruppe selbst:<br />

„Die Gruppe bekommt die Möglichkeit,<br />

eine Frage so lange zu beantworten, bis<br />

die Antwort stimmt“, erläutert Spangl<br />

das Prinzip.<br />

Wichtig sei dabei, dass vor dem zweiten<br />

Teil keinerlei Information über das Abschneiden<br />

in der ersten Phase übermittelt<br />

wird, wie Spangl erklärt: „Das soll<br />

verhindern, dass sich jemand der eigenen<br />

Leistung sehr sicher ist und sich an<br />

der Diskussion gar nicht mehr beteiligt.“<br />

Ohnehin sei die Zusammensetzung der<br />

Teams, die aus vier bis sechs Personen<br />

bestehen, von Bedeutung. „Man muss die<br />

Gruppen so zusammenstellen, dass das<br />

Wissensniveau der einzelnen Studierenden<br />

halbwegs gleich ist“, betont Spangl.<br />

Auf dieses kann der/die Vortragende aufgrund<br />

der Übungsleistung im Rahmen<br />

der Lehrveranstaltung schließen. „Das<br />

ist möglich, weil es sich dabei um eine<br />

Vorlesung mit Übung, also eine Lehrveranstaltung<br />

mit immanentem Prüfungscharakter,<br />

handelt“, sagt Spangl. Das<br />

erlaubte auch, die Studierenden schon<br />

während des Semesters auf den neuen<br />

Prüfungsmodus vorzubereiten. „Ein solches<br />

System kann man nicht von heute<br />

auf morgen einführen“, sagt Spangl, der<br />

auch erlebt hat, dass ein allzu schneller<br />

Umstieg scheitern kann. Es sei daher<br />

wichtig gewesen, die neue Form der Prüfung<br />

während des Semesters einzuüben,<br />

wo es noch um nichts geht.<br />

NEUE METHODIK ZIEHT KREISE<br />

Auf diese Weise hat es gut funktioniert,<br />

die neuen Methoden aus dem Hörsaal<br />

in das Online-Tool zu übertragen.<br />

Gleichwohl muss auch in einem solchen<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

77


Adobe Stock<br />

Prüfungsmodus eine objektivierbare Beurteilung<br />

der Studierenden möglich sein:<br />

„In der Regel trägt die Einzelleistung<br />

mit 80 Prozent zur Gesamtnote bei. Die<br />

Gruppenarbeit ist ein Goodie, das zusätzlich<br />

dazukommt“, betont Spangl. Zudem<br />

erhält die Gruppe Punkteabzüge, wenn<br />

sie mehrere Versuche benötigt, um eine<br />

Frage richtig zu beantworten.<br />

Den angehenden Landschaftsplaner*innen<br />

und -architekt*innen hat diese Form<br />

der Wissensüberprüfung jedenfalls gut<br />

gefallen: „Ich habe die Studierenden gebeten,<br />

mir freiwillig anonymes Feedback<br />

zu geben. Dabei hat sich gezeigt, dass<br />

dieser Prüfungsmodus sehr gut aufgenommen<br />

wurde.“ Vor allem der zusätzliche<br />

Lerneffekt, der durch den Austausch<br />

mit den Peers entsteht, wurde sehr geschätzt.<br />

Lernen kann in dieser Methodik<br />

aber auch der Lehrende selbst: Schon<br />

im Probelauf wird transparent, welche<br />

Art von Aufgaben von den Prüflingen<br />

selbstständig gelöst werden können.<br />

Zusätzliche Einsichten lassen sich bei<br />

der Prüfung selbst gewinnen: „Wir können<br />

bei den Gruppendiskussionen im<br />

Hintergrund mithören und viel über das<br />

Verständnis der Studierenden lernen“,<br />

sagt Spangl.<br />

Überzeugt hat das didaktische Konzept<br />

und der darauf aufbauende zweistufige<br />

Prüfungsmodus aber auch die Jury des<br />

Staatspreises „Ars Docendi“, bei dem<br />

Spangl als Preisträger in der Kategorie<br />

„Methoden des Distance Learning und<br />

deren nachhaltiger Einsatz“ hervorging.<br />

In der Würdigung hieß es: „Ein derartig<br />

komplexer und auf Nachhaltigkeit angelegter<br />

Wandel des Prüfungsansatzes<br />

ist das Ergebnis umfangreicher und zielgruppensensibler<br />

Planung. Und diese<br />

Leistung der Lehrperson ist in Verbindung<br />

zur Ad-hoc-Umstellung auf Distanzlehre<br />

im Zuge der Corona-Pandemie<br />

in höchstem Maße anerkennenswert.“<br />

Die Pandemiesituation hat dabei durchaus<br />

ein gutes Fenster für eine derartige<br />

Innovation geschaffen: „Ich habe keinen<br />

Widerstand gegen die neue Methodik<br />

wahrgenommen, es war einfach nötig, innovative<br />

Formate zu finden“, sagt Spangl.<br />

Innerhalb der Mindestanforderungen, die<br />

vom Studiendekan für Online-Prüfungen<br />

festgelegt wurden, konnte sich Spangl<br />

als Anbieter der Lehrveranstaltung frei<br />

bewegen. Einen Punkt hebt der gelernte<br />

Mathematiker dabei besonders hervor:<br />

„Diese neuen Formen der Zusammenarbeit<br />

während des Semesters zu trainieren,<br />

kostet Zeit. Das geht nur, wenn man vom<br />

traditionellen Lehrkonzept abweicht.“<br />

Spangl bedient sich dabei eines Ansatzes,<br />

den man „Flipped Classroom“ nennt: Dabei<br />

wird der Lehrstoff selbst nicht frontal<br />

unterrichtet, sondern von den Studierenden<br />

selbst erarbeitet. Dafür bleibt dann<br />

mehr Zeit für „Peer Instruction“.<br />

Der Begriff „forschungsgeleitete Lehre“<br />

hat in diesem Fall eine besondere<br />

Be deutung bekommen. Spangl hat die<br />

Didaktik der Statistik selbst zum Gegenstand<br />

wissenschaftlicher Forschung gemacht<br />

und darüber publiziert und auf<br />

Konferenzen vorgetragen. „Meine eigene<br />

statistische Forschung ist von einer<br />

Grundlagen-Lehrveranstaltung zu weit<br />

weg“, sagt der Forscher. Es gebe aber<br />

sehr viel Literatur mit didaktischen Empfehlungen<br />

zu dem nicht immer geliebten<br />

Fach der Statistik. Dazu könne man nun<br />

beitragen.<br />

•<br />

Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift<br />

Chemiereport/Austrian Life Sciences.<br />

78 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


LEHRE<br />

Die innere Dimension<br />

der Nachhaltigkeit<br />

Von Julia Buchebner, Werner Zollitsch,<br />

Stefan Stockinger und Ines Hinterleitner<br />

Wie transformative Lernsettings nachhaltigkeitsorientiertes Verhalten begünstigen können.<br />

Fotos: Buchebner/Stockinger<br />

Die fünftägige Praxiswoche im <strong>BOKU</strong>-Lehrforst war das Herzstück der Lehrveranstaltung im Sommersemester 2021.<br />

Die Menschheit steht vor immer<br />

komplexeren Herausforderungen.<br />

Dennoch reichen die aktuellen<br />

Strategien nicht, um einen grundlegenden<br />

Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit<br />

herbeizuführen. Einen Grund<br />

dafür sehen viele darin, dass häufig nur<br />

die Symptome der Krisen betrachtet<br />

und tieferliegende Ursachen – wie etwa<br />

Werthaltungen, Emotionen, Überzeugungen<br />

oder Weltbilder – weitestgehend<br />

ignoriert werden. Gerade diese<br />

inneren Aspekte stellen jedoch wirksame<br />

Hebelpunkte („deep leverages“)<br />

für Systemveränderungen dar, die maßgeblich<br />

beeinflussen, wie Menschen die<br />

Welt wahrnehmen, über wirtschaftliche,<br />

soziale und ökologische Krisen denken<br />

und auf diese reagieren.<br />

TRANSFORMATIVES LERNEN<br />

IN DER HOCHSCHULBILDUNG<br />

Intrapersonelle Aspekte des menschlichen<br />

Lebens in bestehende Lösungsstrategien<br />

miteinzubeziehen, stellt daher<br />

einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu<br />

einer nachhaltigen Gesellschaft dar. Dies<br />

gilt auch für den Bildungsbereich. Damit<br />

Studierende der zunehmenden Komplexität<br />

gesellschaftlicher Probleme begegnen<br />

und eine aktive Rolle als informierte,<br />

resiliente und engagierte Akteur*innen<br />

des Wandels einnehmen können, sind<br />

ganzheitlichere Lern- und Lehransätze<br />

abseits rein kognitiver und disziplinärer<br />

Wissensvermittlung erforderlich.<br />

Einen spannenden Zugang dazu bietet<br />

die Theorie des „transformativen Lernens“<br />

(Mezirow, 1990). Damit werden<br />

Lernprozesse beschrieben, bei denen<br />

zugrunde liegende Werte, Emotionen<br />

und Weltbilder kritisch reflektiert und<br />

dadurch strukturelle Veränderungen im<br />

Denken, Fühlen und Handeln der Lernenden<br />

angeregt werden. Es geht um<br />

die Erfahrung, „das eigene Weltbild zu<br />

sehen, statt mit dem eigenen Weltbild zu<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

79


Im Vordergrund stand<br />

das praktische Erleben,<br />

mit dem Ziel, eigene<br />

Werte, Emotionen und<br />

Weltbilder zu reflektieren<br />

und neue Ansatzpunkte<br />

für das Verhalten<br />

im Außen zu finden.<br />

sehen“, was zu neuen Einsichten, größerer<br />

Handlungskompetenz sowie zu einem<br />

veränderten Umgang mit sich selbst, der<br />

Mitwelt und der Zukunft führt.<br />

<strong>BOKU</strong>-LEHRVERANSTALTUNG<br />

„DIE INNERE DIMENSION<br />

DER NACHHALTIGKEIT“<br />

Einen solchen transformativen Lernprozess<br />

zu initiieren sowie Bewusstsein<br />

für die Bedeutung innerer Aspekte im<br />

Kontext von Nachhaltigkeit zu schaffen,<br />

ist das Ziel der <strong>BOKU</strong>-Lehrveranstaltung<br />

„Die innere Dimension der Nachhaltigkeit:<br />

Die Rolle von Werten, Emotionen<br />

und Weltbildern“ (SoSe, 3 ECTS, freies<br />

Wahlfach).<br />

Die Lehrveranstaltung (LVA) fand erstmals<br />

im Sommersemester 2021 mit<br />

rund 20 Studierenden statt. In zwei<br />

Online-Einheiten wurden die theoretischen<br />

Grundlagen zur inneren Dimension<br />

geschaffen. Neben Inputs durch die<br />

LVA-Leitung konnten die Studierenden<br />

selbstgewählte Themen an der Schnittstelle<br />

von innerer und gesellschaftlicher<br />

Transformation im Eigenstudium vertiefen<br />

und anschließend im Unterricht<br />

präsentieren. Die Themen reichten von<br />

der Glücksforschung über Empathie und<br />

Altruismus bis hin zu Mensch-Natur-Beziehungen.<br />

Darauf folgte eine fünftägige<br />

Praxiswoche im <strong>BOKU</strong>-Lehrforst als<br />

Herzstück der Lehrveranstaltung, die<br />

von Julia Buchebner und dem externen<br />

Trainer Stefan Stockinger geleitet wurde.<br />

In dieser Woche stand das praktische<br />

Erleben im Vordergrund, mit dem Ziel,<br />

eigene Werte, Emotionen und Weltbilder<br />

zu reflektieren und neue Ansatzpunkte<br />

für das Verhalten im Außen zu finden.<br />

UMGESETZTE THEMEN<br />

UND METHODEN<br />

Um die Studierenden in Kontakt mit ihrer<br />

Innenwelt zu bringen, wurde auf ein breites<br />

Spektrum transformativer (Hosting-)<br />

Methoden zurückgegriffen. Einschlägige<br />

Publikationen und Methodensammlungen<br />

(siehe Literaturtipps auf Seite 81)<br />

wurden schon bei der Entwicklung des<br />

Curriculums herangezogen.<br />

Die täglichen Workshops umfassten Themen<br />

wie Wertekonflikte, Motivation und<br />

Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und Empathie,<br />

die eigene Beziehung zur Natur,<br />

der Einfluss von Ängsten auf das Nachhaltigkeitsverhalten<br />

und im Speziellen<br />

auch der Umgang mit Zukunftsängsten,<br />

Fragen nach Sinnstiftung sowie der eigene<br />

Beitrag in der Welt. Methodisch<br />

wurden Dyaden (strukturierte Zweier-<br />

80 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


FAZIT<br />

Transformatives Lernen regt innere Veränderungen<br />

an, die eine nachhaltige Entwicklung<br />

begünstigen können. Mit Blick<br />

auf die Dringlichkeit der gesellschaftlichen<br />

Probleme sollten transformative<br />

Lernsettings daher ausgebaut und gefördert<br />

werden. Die <strong>BOKU</strong>-LVA „Die<br />

innere Dimension der Nachhaltigkeit“<br />

hat als Pionierprojekt erste Ansatzpunkte<br />

zur möglichen Umsetzung aufgezeigt.<br />

Weitere Forschung, Good-Practice-Beispiele<br />

sowie der Austausch unter Lehrenden<br />

sind jedoch erforderlich, will man<br />

die relevanten Prozesse dahinter noch<br />

besser verstehen und das Thema auf systemischer<br />

Ebene verankern. •<br />

gespräche), Reflexionsrunden, Gruppengespräche,<br />

Coachings, Journaling,<br />

Achtsamkeitsübungen, Naturerfahrung,<br />

Tiefenökologie, Emotionsarbeit und Gemeinschaftsbildung<br />

eingesetzt.<br />

Die Wirkung der angewandten Übungen<br />

wurde täglich reflektiert und diskutiert.<br />

Zudem wurden die Erfahrungen<br />

in Form von Reflexionsjournalen durch<br />

die Studierenden festgehalten. Diese<br />

Journale wurden von einer Teilnehmerin<br />

im Rahmen ihrer Masterarbeit ausgewertet,<br />

zudem wurden vertiefende<br />

Interviews geführt. Dadurch konnten<br />

wertvolle Erkenntnisse über die Wirkung,<br />

den Nutzen, die Grenzen sowie die Voraussetzungen<br />

von transformativen Lernprozessen<br />

im Kontext der nachhaltigen<br />

Hochschulbildung gewonnen werden.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die tiefere<br />

Auseinandersetzung mit der eigenen<br />

Person erhebliche Potenziale für mehr<br />

Nachhaltigkeit bietet: Der Glaube, selbst<br />

etwas verändern zu können, wird gestärkt;<br />

durch Rückbesinnung entstehen<br />

Dankbarkeit und Wertschätzung für<br />

die Natur; mehr Selbstakzeptanz führt<br />

zu einem positiveren Umgang mit sich<br />

selbst und anderen; Bewusstsein für die<br />

eigenen Werte hilft Wertekonflikte zu<br />

reduzieren; aus Achtsamkeit kann neue<br />

Kraft geschöpft und Resilienz gestärkt<br />

werden; das eigene Konsumverhalten<br />

wird stärker reflektiert; mehr Klarheit<br />

über die eigenen Ziele und Visionen führt<br />

zu hoher intrinsischer Motivation, diese<br />

auch umzusetzen.<br />

Literaturempfehlungen<br />

• “A Transformative Edge: Knowledge, Inspiration<br />

and Experiences for Educators<br />

of Adults” (2020) (Erasmus + Project<br />

“Hosting transformation”)<br />

• Buchebner J., und Stockinger S.: „Innen<br />

Wachsen – Außen Wirken. Eine nachhaltige<br />

Zukunft beginnt in uns selbst.“<br />

Ennsthaler Verlag, 2021.<br />

• “The Inner Pathways Guide for Facilitators:<br />

Design and implementation in<br />

the field of education for sustainability”<br />

(2020) (Erasmus + Project “Inner Pathways<br />

towards Sustainability”)<br />

• “The Inner Development Goals: Transformational<br />

Skills for Sustainable Development”:<br />

www.innerdevelopmentgoals.org<br />

• Wamsler, C. et al. (2021) ‘Linking internal<br />

and external transformation for<br />

sustainability and climate action: Towards<br />

a new research and policy agenda’, Global<br />

Environmental Change, 71(October),<br />

p. 102373.<br />

Die Zukunftsalchemisten<br />

Pirado Verde<br />

DI in Julia Buchebner ist Senior Scientist am Zentrum<br />

für Globalen Wandel & Nachhaltigkeit (gWN) der<br />

<strong>BOKU</strong>, das von Univ.-Prof. DI Dr. Werner Zollitsch<br />

geleitet wird.<br />

DI Stefan Stockinger ist selbstständiger Trainer<br />

& Nachhaltigkeitsreferent bei Pirado Verde und<br />

Co-Founder des Vereins „Die Zukunftsalchemisten“.<br />

Ines Hinterleitner schreibt ihre Masterarbeit an<br />

der <strong>BOKU</strong> zu transformativen Lernprozessen im<br />

Kontext einer nachhaltigen Hochschulbildung.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

81


LEHRE<br />

INTRINSIC – ein innovativer Ansatz<br />

des Lehrens und Lernens von<br />

„Sustainable Entrepreneurship“<br />

Wie Studierende zu einer unternehmerischen Denkweise und inneren Haltung befähigt werden können, die<br />

auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.<br />

Von Andreas Zitek und Alexandra Strauss-Sieberth<br />

VISION<br />

Um Lehrende an Life Sciences-Universitäten<br />

dabei zu unterstützen, bestehende<br />

Lehrveranstaltungen systematisch mit<br />

innovativen Lehr- und Lernaktivitäten zur<br />

Förderung eines „Sustainable Entrepreneurial<br />

Mindsets“ bei den Studierenden<br />

zu ergänzen, wurden im Rahmen einer<br />

strategischen Erasmus+ Partnerschaft<br />

zwischen acht europäischen Universitäten<br />

und der Association for European<br />

Life Science Universities – ICA im Rahmen<br />

des Projektes INTRINSIC - „INnovative<br />

educaTion for sustaInable entrepreneurShip<br />

In Life Sciences“ innovative<br />

Herangehensweisen und Materialien gemeinsam<br />

erarbeitet.<br />

WAS VERSTEHT MAN<br />

UNTER „SUSTAINABLE<br />

ENTREPRENEURSHIP“?<br />

„Sustainable Entrepreneurship“ – eine<br />

„nachhaltigkeitsorientierte unternehmerische<br />

innere Haltung und Denkweise“<br />

– wird als eine zentrale handlungs- und<br />

wertorientierte Kompetenz für die erfolgreiche<br />

Bewältigung der globalen Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts,<br />

vor allem auch hinsichtlich der Erreichung<br />

der Sustainable Development<br />

Goals (SDGs), gesehen. Nur entsprechend<br />

ausgebildete, wertorientierte und<br />

effektiv handelnde Absolvent*innen sind<br />

in der Lage, sozialen, ökologischen und<br />

wirtschaftlichen Wert mit Nachhaltigkeitsbezug<br />

für andere in der Gesellschaft<br />

zu schaffen.<br />

Eine Kombination aus sechs Querschnittskompetenzen<br />

(siehe Abb. 1) wurden<br />

als zentral für erfolgreiches „Sustainable<br />

Entrepreneurship“ identifiziert<br />

(Ploum et al. 2018 und Lans et al. 2021,<br />

Abb. 1), und bilden den Ausgangspunkt<br />

für entsprechende Lernaktivitäten. Life<br />

Freepik Company<br />

Sciences-Universitäten, welche sich<br />

aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung<br />

naturgemäß intensiv mit nachhaltigkeitsrelevanten<br />

Themen beschäftigen und<br />

auch aktiv für eine nachhaltige Entwicklung<br />

auf Gesellschaftsebene einsetzen,<br />

tragen hierbei eine besonders große<br />

Verantwortung, ihre Absolvent*innen so<br />

zu qualifizieren, dass das Gelernte auch<br />

erfolgreich für eine nachhaltige Transformation<br />

der Gesellschaft umgesetzt<br />

werden kann.<br />

DAS „SUSTAINABLE ENTREPRE-<br />

NEURIAL MINDSET“ ALS<br />

HANDLUNGSLEITENDE DENKWEISE<br />

Basierend auf einer erweiterten Sichtweise<br />

von „Entrepreneurship Education“<br />

zielt das Konzept von „Sustainable Entrepreneurship<br />

Education“ somit nicht<br />

nur auf die Gründung neuer Unternehmen<br />

ab, sondern grundsätzlich auf die<br />

Entwicklung einer unternehmerischen<br />

Denkweise und inneren Haltung („Sustainable<br />

Entrepreneurial Mindset“), welche<br />

auf Nachhaltigkeit als normativem Wert<br />

aufbaut.<br />

Das „Sustainable Entrepreneurial Mindset“<br />

wird dabei als Konstellation von<br />

Motiven, Fähigkeiten und Denkprozessen<br />

verstanden, die Studierende in die<br />

Lage versetzen soll, ausgehend von den<br />

eigenen Interessen Chancen zu erkennen<br />

und zu nutzen, um erfolgreich Ideen,<br />

Projekte, Produkte sowie Verfahrensweisen<br />

zu entwickeln und umzusetzen,<br />

die einen Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />

leisten. In enger Beziehung dazu steht<br />

der „Effectuation- Ansatz“, eine eigenständige,<br />

risikominimierende Logik des<br />

unternehmerischen Handelns und Entscheidens,<br />

die es ermöglicht, die Zukunft<br />

ausgehend von den eigenen Kompetenzen<br />

und Interessen gemeinsam mit<br />

anderen aktiv zu gestalten, auch wenn<br />

die Situation unsicher und eine Vorhersage<br />

oder Planung schwer möglich ist.<br />

Im INTRINSIC-Projekt wurden beide Ansätze<br />

zu einer Herangehensweise vereint,<br />

wie es im folgenden Erklärvideo (Abb. 2)<br />

dargestellt ist.<br />

ENTWICKLUNG VON<br />

„SUSTAINABLE ENTREPRENEUR-<br />

SHIP“-KOMPETENZEN AUS<br />

DIDAKTISCHER SICHT<br />

Das genannte „Sustainable Entrepreneurial<br />

Mindset“ und die damit verbundenen<br />

Kompetenzen können aus didaktischer<br />

Sicht nur entwickelt werden, wenn Studierenden<br />

über einen längeren Zeitraum<br />

regelmäßig und systematisch entsprechende<br />

Lernaktivitäten angeboten<br />

werden. Eine Einbindung von entsprechend<br />

didaktisch an der Entwicklung des<br />

82 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Abb. 1: Pyramide der Kompetenzen für „Sustainable Entrepreneurship“ (Lans et al. 2021).<br />

schreiben Sie bitte einfach an didaktik@<br />

boku.ac.at oder den Projektkoordinator DI<br />

Dr. Andreas Zitek, MSc. (andreas.zitek@<br />

boku.ac.at).<br />

•<br />

Literatur:<br />

Lans, T., Lubberink, R., Ploum, L.,<br />

Ammann, M. & Gondwe, S. 2021. Entrepreneurial<br />

Learning at the Boundary:<br />

How to Learn From a Local Cheese<br />

Maker. Entrepreneurship Education<br />

and Pedagogy 4, 527-548.<br />

10.1177/2515127420925015<br />

Abb. 2: Erklärvideo zur „Sustainable Entrepreneurial“ Journey.<br />

„Sustainable Entrepreneurial Mindsets“<br />

orientierten Aktivitäten in bestehende<br />

Lehrveranstaltungen, wo das Erlernte<br />

auch gleichzeitig Ausgangspunkt für eine<br />

nachhaltigkeitsorientierte Wertschaffung<br />

werden kann, bietet neben spezialisierten<br />

Entrepreneurship-Angeboten<br />

dabei die beste Möglichkeit, inhaltliches<br />

Lernen mit der Entwicklung eines „Sustainable<br />

Entrepreneurial Mindsets“ an<br />

Life Sciences-Universitäten zu fördern.<br />

Hochschullehrende spielen dabei eine<br />

zentrale Rolle bei der Auswahl und Vermittlung<br />

dieser Inhalte und Kompetenzen,<br />

die es den Studierenden ermöglichen,<br />

bedeutsame Lernerfahrungen für<br />

die Entwicklung einer nachhaltigen unternehmerischen<br />

Denkweise zu sammeln<br />

und ihre eigenen Interessen beziehungsweise<br />

ihr eigenes Potenzial zu entdecken.<br />

Wenn Sie Interesse haben, die vorgestellten<br />

Konzepte in Ihr Lehr- und Lernkonzept für<br />

Ihre Lehrveranstaltung einfließen zu lassen,<br />

Ploum, L., Blok, V., Lans, T. & Omta, O.<br />

2018. Toward a validated competence<br />

framework for sustainable entrepreneurship.<br />

Organization & environment 31,<br />

113-132.<br />

DI Dr. Andreas Zitek, MSc. und DI in Alexandra<br />

Strauss-Sieberth, BEd. sind in der Servicestelle<br />

Lehrentwicklung im Bereich E-Learning und<br />

Didaktik tätig.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

83


GENDER &<br />

DIVERSITY<br />

Vielfalt gemeinsam gestalten<br />

Wie sieht es mit der Inklusivität an der <strong>BOKU</strong> aus?<br />

Die UN-Behindertenrechtskonvention hat eine breite öffentliche Debatte um die Bildungssituation<br />

von Menschen mit Behinderungen ausgelöst und wirft unter anderem die Frage<br />

auf: Wie inklusiv ist das österreichische Hochschulsystem?<br />

Von Ruth Scheiber-Herzog<br />

L<br />

aut der Studierenden-Sozialerhebung<br />

2019 geben rund zwölf Prozent<br />

der Studierenden an, eine<br />

gesundheitliche Beeinträchtigung zu<br />

haben, die sich auf ihr Studium auswirkt.<br />

Noch immer erschweren bauliche, kommunikative,<br />

strukturelle und didaktische<br />

Barrieren das Studium beeinträchtigter<br />

Studierender. Daten belegen: Beeinträchtigte<br />

Studierende brauchen länger<br />

bis zum Studienabschluss, unterbrechen<br />

das Studium öfter und wechseln das Fach<br />

bzw. die Hochschule häufiger als nichtbeeinträchtigte<br />

Studierende.<br />

Unstrittig ist: Die <strong>BOKU</strong> ist „inklusiv“<br />

angelegt, was sich zum Beispiel in der<br />

Vielfalt ihrer Angehörigen widerspiegelt<br />

oder in der Zulassung zum Studium, das<br />

allen Interessierten, soweit die erforderlichen<br />

Voraussetzungen erfüllt wurden,<br />

offensteht. Ebenso werden zahlreiche<br />

Services zur Unterstützung angeboten,<br />

wie:<br />

O Angepasste Prozesse für Bewerber*innen/Studierende<br />

mit Beeinträchtigung<br />

bei der Studienzulassung<br />

O Behindertenbeauftragte und spezifische<br />

Beratungsstellen vor Ort<br />

O Externe psychologische Anlaufstelle<br />

O Alternative Prüfungsmodalitäten<br />

O Buddy-System im Rahmen einer<br />

freien Wahl-LV<br />

Gleichwohl gibt es aber immer noch<br />

multiple Barrieren, auf die Menschen<br />

mit Beeinträchtigungen im Studien- und<br />

Arbeitsalltag treffen. Die Erfahrungen<br />

aus dem pandemiebedingten Distance-<br />

Learning zeigen, dass virtuelle Vorlesungen<br />

für mobilitätseingeschränkte Personen<br />

erleichternd sind, aber gleichzeitig<br />

die Isolation für psychisch kranke Personen<br />

oder Online-Kurse ohne Untertitel<br />

für gehörlose Personen erschwerend<br />

sein können.<br />

„Die <strong>BOKU</strong> bekennt sich zur Gleichstellung<br />

von Menschen mit Behinderungen bzw.<br />

chronischen oder psychischen Erkrankungen<br />

und schafft Rahmenbedingungen und<br />

setzt gezielte Maßnahmen für die gleichberechtigte<br />

Teilhabe im gesamten Lehr-,<br />

Forschungs- und Verwaltungsbetrieb.“<br />

Die <strong>BOKU</strong> möchte in einem immer<br />

komplexeren Arbeits-, Forschungs- und<br />

Gleichstellungsplan<br />

der <strong>BOKU</strong><br />

Wien<br />

Studienumfeld allen<br />

Angehörigen vielfältige<br />

und gleichberechtigte<br />

Chancen bieten. Dafür<br />

ist es notwendig, nicht<br />

nur auf Probleme und<br />

Barrieren zu reagieren,<br />

sondern vorausschauend<br />

zu agieren, indem<br />

neue Rahmenbedingungen geschaffen<br />

werden. Dabei soll mit der Implementierung<br />

einer partizipativ angelegten<br />

<strong>BOKU</strong>-Diversitätsstrategie das Ziel<br />

verfolgt werden, mittels eines strategischen<br />

Gesamtkonzeptes sowohl konkrete<br />

Veränderungen auf struktureller<br />

Ebene zu realisieren, als auch durch die<br />

Anerkennung und Wertschätzung der<br />

Unterschiedlichkeit von Angehörigen<br />

der Universität aktiv zu einem Strukturwandel<br />

beizutragen.<br />

Ein erweitertes Verständnis von Inklusion<br />

schließt ein chancengleiches, gleichberechtigtes<br />

und diskriminierungsfreies<br />

Studier- und Arbeitsumfeld für alle<br />

<strong>BOKU</strong>-Angehörigen ein und geht somit<br />

weit über eine rein bauliche Barrierefreiheit<br />

hinaus.<br />

•<br />

84 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Alte<br />

Barrieren,<br />

neue<br />

Möglichkeiten<br />

Ein Tagungsrückblick<br />

Von Helena Lackenberger<br />

Am 10. November 2021 hostete<br />

die <strong>BOKU</strong> als Teil des Netzwerks<br />

Diversität österreichischer Hochschulen<br />

die Tagung zum Thema „Inklusion<br />

und Behinderung an der Hochschule“.<br />

Organisiert von der Koordinationsstelle<br />

für Gleichstellung, Diversität und Behinderung<br />

(<strong>BOKU</strong>) wurde ein virtueller<br />

Raum für aktuelle Diskurse rund um die<br />

Themen Inklusion, Diversität und Partizipation<br />

geschaffen.<br />

Tagung Netzwerk<br />

Diversität österr.<br />

Hochschulen<br />

Eine kritische Bestandsaufname<br />

im Rahmen<br />

dieser Tagung zeigte:<br />

An den Hochschulen<br />

gibt es noch viel zu<br />

tun. Das verdeutlicht<br />

zum einen die Tatsache,<br />

dass bis heute noch keine<br />

einzige Hochschule<br />

in Österreich die Beschäftigungspflicht,<br />

die im Behindertengleichstellungsgesetzt<br />

geregelt ist, erfüllt. Zum anderen<br />

macht die Gruppe der Studierenden mit<br />

Behinderung, chronischer Erkrankung<br />

oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen<br />

einen nicht unbeträchtlichen Anteil<br />

von ca. zwölf Prozent aus. Die weitaus<br />

größte Gruppe bilden hier Studierende<br />

mit psychischen Beeinträchtigungen. Ein<br />

ausführlicher Tagungsbericht sowie die<br />

im Plenum erarbeiteten To-dos, wie z. B.<br />

die Notwendigkeit einer adäquaten Ressourcenausstattung<br />

der entsprechenden<br />

Servicestellen, finden sich auf der Homepage<br />

der Koordinationsstelle. •<br />

Rektorin Eva Schulev-Steindl und Sabina Thaler durchschneiden das Band zur Eröffnung der Vitrine<br />

am Internationalen Frauentag.<br />

Eröffnung Inge Dirmhirn<br />

Erinnerungsvitrine<br />

Am internationalen Frauentag wurde die Erinnerungsvitrine zu Ehren der<br />

ersten Professorin an der <strong>BOKU</strong> feierlich eröffnet und dauerhaft installiert.<br />

N<br />

ach würdigen Eröffnungsworten<br />

durch Rektorin Eva Schulev-<br />

Steindl berichtete Monika Sieghardt<br />

über Inge Dirmhirns Leben und<br />

Wirken. Mit ihrer internationalen Karriere<br />

hinterlässt die 1925 geborene Inge Dirmhirn<br />

Spuren in Norwegen, dem Kongo<br />

und den USA, wo sie etwa als Professorin<br />

für Biometeorologie an die Utah State<br />

University berufen wurde. Nach ihrer<br />

Berufung als erste ordentliche Universitätsprofessorin<br />

an die <strong>BOKU</strong> (1981) engagierte<br />

sie sich im Aufbau des Instituts für<br />

Meteorologie und Physik und widmete<br />

sich in ihren Forschungsschwerpunkten<br />

u. a. der Agrarmeteorologie, der Strahlungs-<br />

und Hochgebirgsforschung und<br />

der Mikro- und Topoklimatologie.<br />

Inge Dirmhirn war Mentorin und Wegbereiterin<br />

für Frauen in einer männerdominierten<br />

Disziplin und förderte auch<br />

internationalen wissenschaftlichen Nachwuchs,<br />

wie Stana Simic in ihren Grußworten<br />

betonte. Helga Kromp-Kolbs<br />

Aufforderung, den Mut zu haben, Gestaltungsmöglichkeiten<br />

zu ergreifen,<br />

erscheint im Lichte des internationalen<br />

Von Ela Posch<br />

Frauentags einmal mehr als Appell, die<br />

aktuelle Situation unserer Gesellschaften<br />

und unseres Planeten in ihrer Komplexität<br />

ernst zu nehmen und im Sinne der Teilhabe,<br />

Chancengleichheit und Weitsicht<br />

zu agieren.<br />

Inge Dirmhirn ist vielen Mitarbeitenden<br />

und Freund*innen als offener und mutiger<br />

Mensch in Erinnerung geblieben. Als<br />

Naturwissenschaftlerin hat sie zahlreiche<br />

Mitstreiter*innen für Ideen begeistert<br />

und visionäre Impulse in die Umsetzung<br />

gebracht. An der <strong>BOKU</strong> wird seit 2008<br />

der Inge Dirmhirn Förderpreis für genderund<br />

diversitätsspezifische Masterarbeiten<br />

und Dissertationen sowie ein Inge<br />

Dirmhirn Stipendium zur Förderung von<br />

Masterarbeiten vergeben. Das Inge Dirmhirn<br />

Laufbahnstellen-Programm wurde als<br />

Frauenförderungs-Maßnahme im wissenschaftlichen<br />

Bereich eingerichtet.<br />

Erinnerungsstücke bezeugen die Vielfalt<br />

von Dirmhirns beeindruckendem Lebensweg,<br />

der 2008 zu Ende ging. Die Vitrine<br />

kann im Erdgeschoß des Gregor-Mendel-Hauses<br />

vor dem Seminarraum der<br />

Meteorologie besichtigt werden. •<br />

<strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />

DI in Ruth Scheiber-Herzog ist Leiterin, Ela Posch,<br />

PhD., Helena Lackenberger, BSc. und Helene<br />

Steiner, BSc. sind Mitarbeiterinnen der Koordinationsstelle<br />

für Gleichstellung, Diversität und<br />

Behinderung.<br />

Inge Dirmhirn<br />

Vitrine<br />

Inge Dirmhirn<br />

Stipendium<br />

Inge Dirmhirn<br />

Förderpreis<br />

Laufbahnstellen<br />

Programm<br />

Nachruf Inge<br />

Dirmhirn 2008<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

85


SPLITTER<br />

Nachhaltig gesund – die <strong>BOKU</strong>-<br />

Tage der Gesundheit <strong>2022</strong><br />

Gib dein Bestes – spende Blut<br />

Unter diesem Motto findet heuer<br />

wieder der VAMPIRE CUP <strong>2022</strong><br />

an der <strong>BOKU</strong> statt. Der Vampire<br />

Cup ist eine Blutspendeaktion, die<br />

in Form eines Wettbewerbes zwischen<br />

den einzelnen Hochschulen<br />

versucht, möglichst viele Personen<br />

zum Blutspenden zu mobilisieren.<br />

Die Hochschule mit den meisten<br />

Spender*innen gewinnt den VC-Pokal und eine Urkunde.<br />

Jährlich werden 350.000 Blutkonserven in Österreichs Spitälern<br />

gebraucht – Blut ist das Notfallmedikament Nummer 1.<br />

Termin: 3. Mai <strong>2022</strong> von 10-13 und 14-17 Uhr<br />

Ort: Festsaal der <strong>BOKU</strong><br />

<strong>BOKU</strong> is chair of EPICUR’S<br />

EDI working group<br />

EPICUR – European University<br />

has reached its final stage in<br />

developing an Equality, Diversity<br />

and Inclusion (EDI) strategy<br />

and will present it at the EPICUR<br />

Networking Conference in Vienna<br />

from May 18 th –20 th (boku.<br />

ac.at/en/epicur or epicur_conference_<strong>2022</strong>@boku.ac.at)<br />

<strong>BOKU</strong> is the proud chair of the<br />

working group (WG), established<br />

by EPICUR experts in April of<br />

2021. Led by <strong>BOKU</strong>’s Margarita Calderón-Peter, the working<br />

group aims to exchange and develop EDI measures across the<br />

university alliance. <strong>BOKU</strong>’s Coordination Office for Gender<br />

Equality, Diversity and Accessibility appointed EDI expert<br />

Tonica Hunter in May 2021 to coordinate between <strong>BOKU</strong><br />

and the EPICUR EDI WG. She has since then been integral to<br />

the conceptualization of two strategic documents which will<br />

forge a common reference for EDI measures and activities<br />

across EPICUR: a “Principles” document and an “Action Plan”<br />

measuring EDI actions and their impact through a set of Key<br />

Performance Indicators (KPIs). The EPICUR Steering Committee<br />

approved these two documents in 2021 and an official<br />

signature of both is foreseen during the EPICUR Networking<br />

Conference in Vienna May 18 th –20 th , <strong>2022</strong>.<br />

Gesunde Jause, take-away<br />

Die Tage der Gesundheit sind fixer Teil des<br />

Angebots der betrieblichen Gesundheitsförderung<br />

der <strong>BOKU</strong>, das sich an alle Mitarbeiter*innen<br />

und Studierenden richtet.<br />

Diese werden vom Team Gesunde <strong>BOKU</strong><br />

der Stabsstelle für Arbeitnehmer*innenschutz und Gesundheit<br />

gemeinsam mit der ÖH <strong>BOKU</strong> und unter Einbindung<br />

der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Diversität und<br />

Behinderung organisiert. Erstmals ist heuer auch das gW/N<br />

eingebunden.<br />

Enge Zusammenhänge zwischen Gesundheit, Klima und<br />

Nachhaltigkeit legen es nahe, dass sich die <strong>BOKU</strong> als Nachhaltigkeitsuniversität<br />

verstärkt bemüht, Synergien zwischen<br />

betrieblicher Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeitsstrategie<br />

zu nutzen. Wissenschaftlich gut belegt sind hier<br />

insbesondere die Bereiche Mobilität und Ernährung, die<br />

Anlass bieten, den eigenen Lebensstil zu hinterfragen. Einerseits<br />

soll die individuelle Gesundheit erhalten bzw. verbessert<br />

werden, andererseits soll es darüber hinaus gelingen, einen<br />

gesellschaftlichen Beitrag zu einer nachhaltigeren Entwicklung<br />

zu leisten.<br />

Das 150-Jahr-Jubiläum der <strong>BOKU</strong> bietet eine hervorragende<br />

Gelegenheit, Gesundheits- und Nachhaltigkeitsanliegen<br />

gemeinsam und unter dem Motto „nachhaltig gesund“ zu<br />

adressieren. Der erste Gesundheitstag, der am 17. Mai <strong>2022</strong><br />

in Wien an der Türkenschanze stattfinden wird, stellt Mobilität<br />

und physische Aktivität ins Zentrum und wird inhaltlich<br />

in Kooperation mit dem gW/N veranstaltet. Der zweite<br />

Gesundheitstag am 18. Oktober <strong>2022</strong> in Tulln am UFT wird<br />

sich schwerpunktmäßig mit gesunder und nachhaltiger Ernährung<br />

befassen.<br />

Weitere Informationen:<br />

boku.ac.at/gesunde-boku/gesundheitstag<br />

86 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Ein gemeinschaftlicher grüner Daumen<br />

für das Grün in der Stadt<br />

Von Michael Gräf<br />

Bei Care4GREEN, einem Projekt für partizipative Erhaltungspflege für Grüne Infrastrukturen im Rahmen<br />

von „Smart Cities Demo – Boosting Urban Innovation“, lernen Bewohner*innen, die sie umgebenden<br />

Grünräume zu pflegen – und zu schätzen.<br />

Den negativen Auswirkungen des Klimawandels wird verstärkt<br />

durch den Einsatz von grüner Infrastruktur begegnet.<br />

Diese wird als effiziente Maßnahme gesehen,<br />

um urbaner Hitze entgegenzuwirken. Förderprogramme und<br />

behördliche Vorgaben für Gebäudebegrünungen und Freiräume,<br />

wie sie in Wien und anderen Städten existieren, sollen<br />

dafür sorgen, dass mehr grüne Infrastrukturen im urbanen<br />

Raum geschaffen werden.<br />

unsplash<br />

Neben den Investitionskosten fällt jedoch auch der Aufwand für<br />

Pflege und Wartung der Pflanzen und Grünflächen an, um deren<br />

Erhalt und Ökosystemdienstleistung in der Stadt sicherzustellen.<br />

Es müssen daher gute, qualitätsvolle Freiräume entwickelt und<br />

engmaschig gepflegt werden. In der Praxis kommt es jedoch<br />

häufig zu Ausfällen und das Grün bleibt nicht langfristig erhalten,<br />

da die üblichen Pflege-Intervalle beauftragter Firmen oft nicht<br />

ausreichend sind. Das hat zur Folge, dass die positive Wirkung<br />

der Pflanzen sowie die Biodiversität reduziert werden. Eine<br />

klimaresiliente Stadt benötigt jedoch hochwertiges Grün auf<br />

allen zur Verfügung stehenden Flächen. Gemeinschaftsgrünflächen<br />

verkümmern häufig aufgrund unzureichender Pflege oder<br />

Wohnbauträger scheuen mit Blick auf die Pflegekosten bereits<br />

vorweg Investitionen in qualitatives Grün. Ein vielversprechender<br />

Lösungsansatz, um die Qualität der Freiräume zu steigern,<br />

ist die partizipative Einbindung engagierter Bewohner*innen<br />

in Pflege- und Bewirtschaftungstätigkeiten von Grünräumen<br />

(Innenhof, Grünfassaden, Dachbegrünungen, Urban Farming).<br />

PFLEGE SCHAFFT BEZUG ZUM GRÜN<br />

Ziel des Projektes Care4GREEN ist es, Hausgemeinschaften im<br />

kommunalen und privaten Wohnbau zu befähigen, ihre Grünflächen<br />

hochwertig und nachhaltig zu begrünen, den Grünbestand<br />

zu erweitern und sich aktiv und dauerhaft bei der Pflege<br />

zu engagieren. Um dies zu ermöglichen, werden Bewohner*innen<br />

und Hausverwaltungen mittels Co-kreativer Workshops<br />

eingebunden, um auf diesem Weg dem Bestand neue grüne<br />

Infrastrukturen hinzuzufügen und um die Bewohner*innen<br />

für die Pflege des sie umgebenden Grüns zu begeistern. Im<br />

Idealfall entsteht dadurch eine Win-win-Situation: Die Bewohner*innen<br />

sind zufriedener mit ihrem wohnungsnahen Grünraum<br />

und können sich besser damit identifizieren. Gleichzeitig<br />

steigt durch die private Übernahme von Pflegetätigkeiten die<br />

Qualität der Begrünung bei gleichen oder sogar geringeren<br />

Kosten für Hausverwaltungen und Bauträger.<br />

Gemeinsam garteln für die grüne Umgebung.<br />

Ziele des Projekts sind:<br />

O die fachliche Ermächtigung der Bewohner*innen, um einfache<br />

Pflegetätigkeiten fachgerecht durchführen zu können<br />

O Muster- und Pflegeverträge zur rechtlichen Absicherung<br />

der Bewohner*innen sowie Hausverwaltungen<br />

O erprobte Anreizmodelle<br />

O eine Open Access Plattform zur Unterstützung der Selbstorganisation<br />

O sowie praxistaugliche Leitfäden für Hausverwaltungen/<br />

Bauträger und Bewohner*innen zur Erhaltung hochwertiger<br />

grüner Infrastrukturen<br />

Care4GREEN wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds<br />

gefördert und im Rahmen des Programms „Smart Cities Demo<br />

– Boosting Urban Innovation 2020“ durchgeführt. •<br />

DI Michael Gräf ist wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Institut<br />

für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

87


88 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Außenstelle des ORF-Archivs<br />

an der <strong>BOKU</strong> UB eingerichtet<br />

Von Markus Heindl & Horst Mayr<br />

Vor dem Hintergrund der aktuellen<br />

Entwicklungen rund<br />

um das Thema „Gesellschaftliche<br />

Verantwortung von Forschung“<br />

unternimmt die <strong>BOKU</strong> intensive<br />

Bemühungen, Third-Mission-Aktivitäten<br />

im Forschungsinformationssystem FIS<br />

besser abzubilden, diese Leistungen nach<br />

außen zu kommunizieren bzw. sie zugänglich<br />

zu machen. Insofern gibt es nun<br />

Erfreuliches für die Studierenden und<br />

wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen<br />

der <strong>BOKU</strong> zu berichten:<br />

Zu Jahresbeginn konnte Vizerektor<br />

Obinger eine strategische Kooperation<br />

mit dem Österreichischen Rundfunk<br />

(ORF) zur Einrichtung einer Außenstelle<br />

des ORF-Archivs an der <strong>BOKU</strong> Universitätsbibliothek<br />

abschließen. Ziel der<br />

Kooperation ist die nicht kommerzielle,<br />

wissenschaftliche Nutzung des Fernseh-<br />

und Hörfunkarchivs des ORF, in<br />

dem Studierende, Forscher*innen sowie<br />

Lehrende der <strong>BOKU</strong> einen extra dafür<br />

eingerichteten Recherche-Arbeitsplatz<br />

(„mARCo“) für Forschungsaktivitäten sowie<br />

die universitäre Lehre nutzen können.<br />

In mARCo sind die Metadaten aller seit<br />

1955 im ORF ausgestrahlten und erhaltenen<br />

Sendungen verzeichnet. Allerdings<br />

sind bisher nur Teile der Archivbestände<br />

digitalisiert und damit als Vorschau-Medien<br />

(keyframes, preview-Video, Audio)<br />

in mARCo einsehbar. mARCo wird laufend<br />

mit Digitalisaten erweitert. Interessierte<br />

kontaktieren die <strong>BOKU</strong>, reservieren<br />

den Recherche-Arbeitsplatz und<br />

füllen einen Benutzungsantrag aus. In<br />

diesem Formular ist u. a. das Forschungsgebiet<br />

der Universität bzw. das Thema<br />

der Recherche (z. B. für Masterarbeiten,<br />

Dissertationen, aber auch Seminararbeiten)<br />

zu dokumentieren.<br />

Die Kooperation bietet für die universitäre<br />

Lehre einen besonderen Vorteil an:<br />

Werden Sendungen oder Beiträge für<br />

die Lehre benötigt, die noch nicht digital<br />

vorliegen, können Lehrende „on Demand“<br />

eine Digitalisierung des Beitrags<br />

beim ORF beantragen (sofern für diese<br />

Beiträge bereits Videokopien vorliegen).<br />

Das ORF-Archiv übernimmt die Bearbeitung<br />

(Digitalisierung) sowie die Kosten,<br />

wobei sich die Bearbeitungszeit u. a. nach<br />

den Kapazitäten des ORF-Archivs richtet.<br />

Diese Sendungen können nach der<br />

Bearbeitung durch das ORF-Archiv wie<br />

gewohnt in mARCo abgerufen werden.<br />

Für die Präsentation in Lehrveranstaltun-<br />

gen können einzelne Sendungen oder<br />

Beiträge für einen begrenzten Zeitraum<br />

digital zur Verfügung gestellt werden<br />

(„Sammelkörbe“). Anfragen richten Sie<br />

bitte an das Multimediale Archiv:<br />

archivanfragen@orf.at<br />

Nutzer*innen dieses Services erhalten<br />

detaillierte ORF Benutzungshinweise.<br />

Diese enthalten neben einer Beschreibung<br />

des Recherche-Arbeitsplatzes oder<br />

Beispielen für Suchabfragen auch Zitierregeln.<br />

Eine korrekte, auch langfristig nachvollziehbare<br />

Zitierung des ORF-Materials<br />

muss beinhalten: ORF-Archiv, Titel der<br />

Sendung, Untertitel bzw. Beitragstitel,<br />

Name der*des Gestalter*in*s (lt. Insert<br />

„Gestaltung“, „Bericht“, „Bearbeitung“)<br />

und Sendedatum, eventuell auch Zählungen<br />

von Folgen oder Teilen.<br />

Interessierte nehmen bitte mit der <strong>BOKU</strong><br />

Universitätsbibliothek Kontakt auf. •<br />

KONTAKT<br />

Amtsdir. Markus Heindl, M.A.<br />

<strong>BOKU</strong> Universitätsbibliothek<br />

ub.support@boku.ac.at<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

89


FORSCHUNG: FAQ<br />

<strong>BOKU</strong>-Forschung in Print & Web:<br />

Medien-Kooperation mit Observer GmbH<br />

Um die Leistungen der <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen<br />

für die (interessierte)<br />

Gesellschaft besser dokumentieren<br />

und gleichzeitig auch präsentieren<br />

zu können, hat die Universität für Bodenkultur<br />

Wien im Herbst 2021 eine Medien-Kooperation<br />

mit der Firma Observer<br />

GmbH abgeschlossen. Diesem Beschluss<br />

ist eine mehrwöchige Testphase durch<br />

das FIS-Team vorangegangen, am Ende<br />

wurde dem Rektorat ein Vorschlag für<br />

eine Umsetzung übermittelt.<br />

Gemeinsam mit Lektor*innen der Firma<br />

Observer GmbH wurde mit den Suchbegriffen<br />

„<strong>BOKU</strong> Forschung“ sowie<br />

„Universität für Bodenkultur Wien Forschung“<br />

ein Medienbeobachtungs-Auftrag<br />

vergeben, der laufend angepasst<br />

wird. Täglich wird ein Pressespiegel, basierend<br />

auf Treffern in nationalen Printmedien<br />

sowie Internetmedien aus Österreich,<br />

Deutschland und der Schweiz,<br />

an das FIS-Team übermittelt. Dieser<br />

wird sofort auf Forschungsrelevanz<br />

überprüft. Beiträge, in denen die <strong>BOKU</strong><br />

nur am Rande erwähnt wird, der Beitrag<br />

also keine*m*r Forscher*in eindeutig<br />

zugeordnet werden kann, werden nicht<br />

verrechnet und daher auch nicht ins FIS<br />

importiert. Veranstaltungsankündigungen<br />

oder Erwähnungen der <strong>BOKU</strong> aufgrund<br />

von Lebensläufen werden nicht<br />

in den Pressespiegel aufgenommen.<br />

Portale, die digitale Bezahlschranken<br />

(Paywall) betreiben, werden von der<br />

weiteren Medienbeobachtung vom FIS-<br />

Team ausgeschlossen.<br />

Über eine Schnittstelle werden die ans<br />

FIS-Team übermittelten Metadaten<br />

im Forschungsinformationssystem FIS<br />

(aber auch in der Entwicklungsumgebung<br />

von FIS3+) verspeichert.<br />

4<br />

4<br />

Top-Medien<br />

Noch im Frühjahr <strong>2022</strong> ist geplant, Beiträge<br />

in Printmedien, für die eine Presse-Dokumentations-Nutzungs-System<br />

PDN-Lizenzvereinbarung mit dem VÖZ<br />

(Verband Österreichischer Zeitungen)<br />

abgeschlossen werden konnte, im FIS<br />

für die <strong>BOKU</strong>-Community sowie die<br />

interessierte Öffentlichkeit im Profil<br />

3<br />

5<br />

5<br />

5<br />

5<br />

5<br />

5<br />

Von Horst Mayr<br />

science.aps.at 24<br />

diepresse.com<br />

9<br />

studium.at<br />

Die Presse<br />

8<br />

8<br />

brandaktuell.at<br />

Der Standard<br />

6<br />

6<br />

Chemiereport.at<br />

msn.com<br />

Kleine Zeitung Online<br />

vnexplorer.net<br />

Kurier<br />

sn.at<br />

Der Standard Online<br />

Österr. Bauernzeitung<br />

Der Kurier Online<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />

© Observer<br />

Abb. 1: Überblick über die wichtigsten Medien (Print, Web), in denen im vierten Quartal 2021<br />

über Forschungsergebnisse der <strong>BOKU</strong> berichtet wurde.<br />

CLIPS<br />

20<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

11. Okt.<br />

25. Okt.<br />

Chronologie<br />

8. Nov.<br />

<strong>BOKU</strong><br />

22. Nov.<br />

5. Dez.<br />

20. Dez.<br />

© Observer<br />

Abb. 2: Chronologische Entwicklung der Medienbeiträge zur <strong>BOKU</strong>-Forschung im vierten Quartal<br />

2021. Auffallend ist der hohe Peak Ende Oktober (Waldbrand Hirschwang).<br />

der <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen sowie der<br />

<strong>BOKU</strong>-Institute zugänglich zu machen.<br />

Beiträge in Internetmedien sind ohnehin<br />

zugänglich, sofern sie nicht durch<br />

eine Paywall gesperrt sind. Auf Basis der<br />

übermittelten Metadaten werden für das<br />

90 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


STRATEGISCHE KOOPERATION<br />

<strong>BOKU</strong>–UMWELTBUNDESAMT<br />

Aktuelles aus der Kooperation<br />

Von Florian Borgwardt<br />

eine Zusammenarbeit stattfindet. Mit<br />

dem Artikel zur Bioökonomie-Veranstaltung<br />

wird ein aktuelles Beispiel in diesem<br />

<strong>Magazin</strong> ausführlicher vorgestellt.<br />

Rainer Ressmann<br />

neue Forschungsinformationssystem<br />

FIS3+ maßgeschneiderte Formulare<br />

entwickelt, damit <strong>BOKU</strong>-Forscher*innen<br />

jene Beiträge, die in internationalen<br />

Medienkonzernen veröffentlicht<br />

werden, im neuen System dokumentieren<br />

können.<br />

Was ist vonseiten der Forscher*innen<br />

zu beachten?<br />

O Informieren Sie das FIS-Team<br />

fis@boku.ac.at, wenn Sie mit<br />

inter-/nationalen Journalist*innen<br />

einen Medienbeitrag planen<br />

(z. B. Interview), insbesondere<br />

wenn dieser in D-A-CH-Internetmedien<br />

erscheinen soll.<br />

O Achten Sie darauf, dass die <strong>BOKU</strong>,<br />

das Department/Institut sowie<br />

Ihr Name in dem Beitrag erwähnt<br />

werden. Sofern auch noch das<br />

Akronym eines Forschungsprojekts<br />

im Medienbeitrag zu finden<br />

ist, kann der Beitrag vom FIS-Team<br />

auch einem Projekt zugeordnet<br />

werden.<br />

PDN<br />

D-A-CH<br />

KONTAKT<br />

Presse-Dokumentations-<br />

Nutzungs-System<br />

Kunstwort für Deutschland,<br />

Österreich und die Schweiz<br />

DI Horst Mayr<br />

horst.mayr@<br />

boku.ac.at<br />

•<br />

Seit mittlerweile zwei Jahren begleitet<br />

uns die Corona-Krise mit<br />

umfassenden Veränderungen für<br />

unser Arbeitsleben. Auch meine Arbeit<br />

in der Koordinierungsstelle wurde und<br />

wird davon stark beeinflusst. Dass ziemlich<br />

alle Besprechungen und Veranstaltungen<br />

online stattfinden, ist nun zwar<br />

gewohnt, birgt aber auch Herausforderungen.<br />

Einerseits funktionieren Online-<br />

Meetings technisch sehr gut und bringen<br />

in gewissen Situationen auch Vorteile.<br />

Andererseits besteht ein zentraler Aspekt<br />

meiner Arbeit auch im persönlichen<br />

Kontakt und Austausch. Gerade<br />

das Knüpfen von Kontakten sowie die<br />

Diskussion von ersten Ideen zu möglichen<br />

Kooperationen geschieht oftmals<br />

informell. Durch das Wegfallen vieler<br />

Möglichkeiten für informelle Gespräche,<br />

wie z. B. Kaffeepausen, ging ein wichtiger<br />

Anknüpfungspunkt praktisch komplett<br />

verloren. Umso erfreulicher ist es, dass<br />

es nach zwei Jahren Online-Betrieb eine<br />

große Anzahl an Kooperationen zwischen<br />

<strong>BOKU</strong> und Umweltbundesamt gibt. Besonders<br />

freut mich die große Bandbreite<br />

an unterschiedlichen Formaten, in denen<br />

Jürgen Pletterbauer<br />

Ein weiteres Beispiel, das ich kurz ansprechen<br />

möchte, ist die Broschüre zu<br />

Angelfischerei und Nachhaltigkeit, die<br />

noch Ende des vergangenen Jahres erschienen<br />

ist.<br />

Für Ideen und Anfragen bezüglich Kooperation<br />

mit dem Umweltbundesamt<br />

stehe ich gerne für einen Austausch zur<br />

Verfügung. <br />

•<br />

KONTAKT<br />

LINKS<br />

DI Dr. Florian<br />

Borgwardt<br />

florian.borgwardt@<br />

boku.ac.at<br />

http://short.boku.<br />

ac.at/fos_<br />

stratkoopbokuu<br />

FFG Informationen zu Horizon Europe<br />

www.ffg.at/Europa/Horizon-Europe<br />

Ausschreibungsportal der EU<br />

https://ec.europa.eu/info/<br />

funding-tenders/opportunities/portal/<br />

screen/home<br />

www.umweltbundesamt.at/afin >Folder<br />

Angelfischerei und Nachhaltigkeit in<br />

Österreich<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

91


Adobe Stock<br />

Quo vadis Bioökonomie?<br />

Ein Veranstaltungsrückblick mit Ausblick<br />

Text <strong>BOKU</strong>: Martin Greimel, Bernhard Kastner, Elisabeth Gerhardt, Bernhard Koch, Rainer Haas<br />

Umweltbundesamt: Helmut Frischenschlager, Helmut Gaugitsch, Silvia Benda-Kahri, Martina Offenzeller<br />

Strategische Kooperation <strong>BOKU</strong> – Umweltbundesamt: Florian Borgwardt<br />

Die Bioökonomie hat sich zu einem<br />

zentralen Konzept für die sozialökologische<br />

Transformation von<br />

Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr<br />

Nachhaltigkeit entwickelt. Ihr Verständnis<br />

in Österreich geht in Richtung einer<br />

wissensbasierten, nachhaltigen und biobasierten<br />

Kreislaufwirtschaft, die durch<br />

die Transformation des Wirtschaftssystems<br />

auch einen Beitrag zur Bewältigung<br />

globaler Herausforderungen wie<br />

der Klima- und Biodiversitätskrise sowie<br />

der Rohstoffknappheit leisten soll.<br />

Ende November organisierten unter dem<br />

Motto „Die Bioökonomie als Beitrag zu<br />

einer nachhaltigen biobasierten Kreislaufwirtschaft:<br />

Wie die Transformation<br />

gelingen kann“ das Zentrum für Bioökonomie<br />

der <strong>BOKU</strong> und das Umweltbundesamt<br />

im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Klimaschutz, Umwelt, Energie,<br />

Mobilität, Innovation und Technologie<br />

(BMK) eine Online-Veranstaltung mit<br />

knapp 150 Teilnehmenden. Die Veranstaltung<br />

war in drei Themenblöcke rund<br />

um die Fragen „Wo stehen wir? Wohin<br />

wollen wir? Wie kommen wir dorthin?“<br />

gegliedert.<br />

Zunächst wurde der aktuelle Stand zur<br />

Bioökonomie erörtert, wobei die nationalen<br />

Entwicklungen von Gottfried<br />

Lamers (BMK) und Thomas Timmel (Bio-<br />

Base GmbH) dargelegt wurden und die<br />

europäische und internationale Perspektive<br />

Peter Wehrheim von der Europäischen<br />

Kommission vorstellte. Bevor in<br />

drei Breakout-Sessions die sozialen, ökologischen<br />

und ökonomischen Herausforderungen<br />

einer bioökonomischen Transformation<br />

diskutiert wurden, präsentierte<br />

die Journalistin Christiane Grefe von<br />

der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“<br />

eine kritische Analyse des Status quo<br />

der Bioökonomie unter dem Titel „Das<br />

Gleiche in Grün?“. Grefe unterstrich<br />

einerseits die Komplexität, die mit dem<br />

Umbau hin zu einer biobasierten, nachhaltigen<br />

und sozial verträglichen Wirtschaft<br />

verbunden ist (grafisch dargestellt<br />

in der Abbildung), betonte andererseits<br />

aber auch, dass die Voraussetzungen für<br />

eine erfolgreiche Transformation mittlerweile<br />

vorhanden wären bzw. sich in<br />

den letzten Jahren deutlich verbessert<br />

haben. Da die natürlichen Ressourcen für<br />

eine Bioökonomie limitiert sind, spielen<br />

neben dem technologischen Fortschritt<br />

inbesondere Verteilungsfragen und Prio-<br />

92 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


<strong>BOKU</strong> Zentrum für Bioökonomie<br />

Grafisches Protokoll des Vortrags von Christiane Grefe, das die Komplexität, Herausforderungen, aber auch Anknüpfungspunkte der Bioökonomie<br />

verdeutlicht.<br />

ritätensetzung, aber auch ein geändertes<br />

Konsumverhalten (Stichwort Suffizienz)<br />

eine wichtige Rolle.<br />

Dass dabei technologische Innovationen<br />

sowie ein institutioneller Wandel integrale<br />

Bestandteile der Problemlösungen sind,<br />

ist von allen Teilnehmenden einstimmig<br />

anerkannt worden. Darüber hinaus haben<br />

die Diskussionen in den Breakout-Sessions<br />

aber auch die zentrale Rolle von<br />

Werthaltungen und individuellem Verhalten<br />

für das Gelingen der Transformation<br />

erkennen lassen. Eine Kritik am bestehenden<br />

System allein wird jedenfalls<br />

nicht ausreichen, es braucht ebenso neue<br />

Ideen und Vorschläge, wie wir als Gesellschaft<br />

ein zukunftsfähiges, biobasiertes<br />

Wirtschaftssystem bauen wollen, um die<br />

vorhandenen Ressourcen sparsam, effizient<br />

und nachhaltig einsetzen zu können.<br />

Auffallend waren die über alle drei thematischen<br />

Schwerpunkte hinweg unabhängig<br />

voneinander formulierten<br />

Herausforderungen, wie z. B. eine verbesserte<br />

Bewusstseinsbildung, die Anpassung<br />

rechtlicher Rahmenbedingungen<br />

(Steuern und Fördern), die Einbindung<br />

bestehender Industriestrukturen<br />

in den Transformationsprozess oder die<br />

Berücksichtigung von Zielkonflikten.<br />

Die meisten dieser Herausforderungen<br />

haben weder sektorale Ursachen noch<br />

sektorale Lösungen. Daher kann nur ein<br />

gemeinsames und evidenzbasiertes Vorgehen<br />

über alle Akteur*innengruppen<br />

der Bioökonomie hinweg in eine nachhaltige<br />

Zukunft leiten. Der Aufbau eines<br />

breiteren Umweltbewusstseins sollte<br />

bereits in der Schul- und beruflichen<br />

Ausbildung der zukünftig Wirtschaftenden<br />

gelegt werden. Weiters müssen<br />

neue Werte sowie sozio-ökonomische<br />

und ökologische Bewertungen, die ein<br />

biobasiertes, nachhaltiges und sozial verträgliches<br />

Wirtschaften ermöglichen,<br />

in wissenschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Diskursen erarbeitet werden, die<br />

zukünftig neben der technisch-ökonomischen<br />

Betrachtung des Wirtschaftssystems<br />

einen wesentlich höheren Stellenwert<br />

einnehmen.<br />

Die Schlussdiskussion zeigte auf, dass<br />

neben bereits bestehenden noch viele<br />

weitere Initiativen und Schulterschlüsse<br />

notwendig sind, um alle Mitwirkenden<br />

der Bioökonomie an Bord zu holen und<br />

die Transformation zu einer biobasierten<br />

Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Als Ergebnis<br />

der Veranstaltung konnten dem<br />

BMK dazu wertvolle Anregungen für die<br />

zukünftige Gestaltung von politischen<br />

Rahmenbedingungen mitgegeben werden.<br />

Die konkreten Beiträge zur Transformation<br />

liefern aber weiterhin auch<br />

alle Menschen individuell. •<br />

LINK<br />

https://boku.ac.at/zentrum-fuerbiooekonomie/netzwerktaetigkeit<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

93


oDEREC-CE:<br />

European project dealing with pharmaceuticals<br />

and personal care products in water<br />

Board for detection and assessment of pharmaceutical drug residues in drinking water – capacity building for<br />

water management in Central Europe (CE).<br />

Von Elisabetta De Vito-Francesco<br />

T<br />

he project boDEREC-CE is a cooperation<br />

between twelve institutions<br />

from seven countries. The<br />

main objective is to prepare an integrated<br />

management system for waterworks,<br />

regarding pharmaceuticals and personal<br />

care products (PPCPs) in drinking water<br />

sources.<br />

The activities consist of monitoring certain<br />

PPCPs in eight pilot areas in Europe,<br />

creating tools to support their management<br />

in waterworks and drinking water<br />

catchments and preparing recommendations<br />

for legislative changes in drinking<br />

water standards.<br />

Due to technology development and<br />

consumerism, the subject of pollutants<br />

occurring in the environment,<br />

which have not been monitored yet,<br />

as PPCPs, is obtaining more attention.<br />

“boDEREC-CE implements an innovative<br />

approach, introducing pilot areas<br />

in Central European countries for the<br />

purpose of monitoring PPCPs. Their<br />

presence has been unknown until few<br />

years ago and the knowledge about it is<br />

not comprehensive. That might be solved<br />

by developing a common plan of actions<br />

and policy at the EU level. boDEREC-CE<br />

concentrates not only on testing the<br />

PPCPs behaviour, but also on the assessment<br />

of the efficient elimination of these<br />

pollutants using various drinking water<br />

treatment technologies. The main result<br />

will be an innovative decision tool based<br />

on a model, which, considering the future<br />

legal thresholds, may be used as an early<br />

warning tool”, emphasises the Project<br />

Leader Josip Terzić, Croatian Geological<br />

Survey, Department of Hydrogeology<br />

and Engineering Geology.<br />

The monitoring activities took place in<br />

eight pilot sites in Austria, Croatia, Czech<br />

Sampling campaign in Austria, consisting of on-site measured parameters (device in the background)<br />

and collection of water sample (vial in the foreground).<br />

Republic, Italy, Germany, Poland and<br />

Slovenia. The 114 monitored substances<br />

were analysed in a total of 267 water<br />

samples. At the pilot sites, modelling<br />

studies are carried out to simulate the<br />

transport pathways of pollutants from<br />

the source to water intake and identify<br />

factors influencing the occurrence of<br />

PPCP in water.<br />

An important part of boDEREC-CE is<br />

to improve awareness and knowledge<br />

about PPCPs. This refers not only to<br />

drinking water catchments and waterworks<br />

but mainly to the society. “People<br />

take more and more medicines every<br />

year and we cannot imagine our lives<br />

without cosmetic products. Although<br />

PPCPs are present in the water environment<br />

in trace concentrations, it is very<br />

important to apply some moderation in<br />

that regard. Use of natural cosmetics,<br />

reducing the use of pharmaceuticals<br />

are actions which may be implemented<br />

by everyone of us”, adds the Communication<br />

Manager Joanna Czekaj, Silesian<br />

Waterworks PLC. <br />

•<br />

LINKS<br />

www.interreg-central.eu/Content.<br />

Node/boDEREC-CE.html<br />

www.facebook.com/boderecce<br />

94 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong>


Wie die <strong>BOKU</strong> Erfindungen mit<br />

gesellschaftlichem Mehrwert<br />

auf den Weg bringt und<br />

Entrepreneurship unterstützt.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2022</strong><br />

95


IMPACT DURCH<br />

INNOVATION

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!