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BOKU Magazin 3/2023

Inhalt 3 Editorial 4 Interview Vizerektorin Damyanovic 6 Master Climate Change and Societal Transformation 8 Master Green Chemistry 10 Master Green Building Engineering 16 Erste Schritte an der BOKU 19 Berufliche Qualifizierung 22 iGEM: Lehre trifft auf Wettbewerb 24 Interview ÖH BOKU Vorsitzteam 27 Interview ÖH-Bundesvorsitzende 29 European Bioeconomy Scientific Forum 30 BOKU-Absolvent*innen schnell im Job 32 BOKU-Alumni bei Boehringer Ingelheim 36 Nachhaltigkeit im Diskurs 40 Einladung Nachhaltigkeitstag 41 Kinderunis an der BOKU 43 Vorschau BOKU Awareness Days 44 SafeR Cities 46 Vienna Water Conferences 48 Doktoratsprogramm BioToP 50 DCNA: Mobiles Forschungslabor 52 Kooperationen in Indonesien 54 Splitter 55 Forschung: FAQ 56 Projekt HEDWIG 57 Regenwasser in der Stadt 58 Entrepreneurship Education

Inhalt

3 Editorial

4 Interview Vizerektorin Damyanovic

6 Master Climate Change and Societal Transformation

8 Master Green Chemistry

10 Master Green Building Engineering

16 Erste Schritte an der BOKU

19 Berufliche Qualifizierung

22 iGEM: Lehre trifft auf Wettbewerb

24 Interview ÖH BOKU Vorsitzteam

27 Interview ÖH-Bundesvorsitzende

29 European Bioeconomy Scientific Forum

30 BOKU-Absolvent*innen schnell im Job

32 BOKU-Alumni bei Boehringer Ingelheim

36 Nachhaltigkeit im Diskurs

40 Einladung Nachhaltigkeitstag

41 Kinderunis an der BOKU

43 Vorschau BOKU Awareness Days

44 SafeR Cities

46 Vienna Water Conferences

48 Doktoratsprogramm BioToP

50 DCNA: Mobiles Forschungslabor

52 Kooperationen in Indonesien

54 Splitter

55 Forschung: FAQ

56 Projekt HEDWIG

57 Regenwasser in der Stadt

58 Entrepreneurship Education

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<strong>BOKU</strong><br />

DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS<br />

Nr. 3 | September <strong>2023</strong><br />

ISSN: 2224-7416<br />

Studieren an der <strong>BOKU</strong><br />

THAT’S THE SPIRIT!<br />

ÖH <strong>BOKU</strong> TEAM<br />

IM GESPRÄCH<br />

INTERVIEW MIT<br />

VIZEREKTORIN DAMYANOVIC<br />

ERSTE SCHRITTE AN<br />

DER <strong>BOKU</strong>: EIN GUIDE


INHALT<br />

3 Editorial<br />

<strong>BOKU</strong>-IHB/KROMOSER<br />

4 Interview Vizerektorin Damyanovic<br />

6 Master Climate Change and<br />

Societal Transformation<br />

8 Master Green Chemistry<br />

10 Master Green Building Engineering<br />

12 Wissen|schafft|Zukunft –<br />

Wiener Schüler*innen an die <strong>BOKU</strong><br />

16 Erste Schritte an der <strong>BOKU</strong><br />

19 Berufliche Qualifizierung<br />

22 iGEM: Lehre trifft auf Wettbewerb<br />

24 Interview ÖH <strong>BOKU</strong> Vorsitzteam<br />

27 Interview ÖH-Bundesvorsitzende<br />

29 European Bioeconomy Scientific Forum<br />

30 <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen schnell im Job<br />

32 <strong>BOKU</strong>-Alumni bei Boehringer Ingelheim<br />

36 Nachhaltigkeit im Diskurs<br />

40 Einladung Nachhaltigkeitstag<br />

41 Kinderunis an der <strong>BOKU</strong><br />

43 Vorschau <strong>BOKU</strong> Awareness Days<br />

44 SafeR Cities<br />

46 Vienna Water Conferences<br />

ÖH <strong>BOKU</strong><br />

10<br />

16 24<br />

40<br />

<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

48 Doktoratsprogramm BioToP<br />

50 DCNA: Mobiles Forschungslabor<br />

Kinder<strong>BOKU</strong><br />

52 Kooperationen in Indonesien<br />

54 Splitter<br />

55 Forschung: FAQ<br />

56 Projekt HEDWIG<br />

57 Regenwasser in der Stadt<br />

58 Entrepreneurship Education<br />

41<br />

57


EDITORIAL<br />

<strong>BOKU</strong>/GEORG WILKE<br />

O THAT’S THE <strong>BOKU</strong>-SPIRIT<br />

EVA SCHULEV-STEINDL<br />

Rektorin<br />

Sehr geehrte Leser*innen,<br />

liebe Studierende und Kolleg*innen!<br />

Ich möchte Sie alle herzlich im neuen Studienjahr begrüßen<br />

und freue mich, dass wir das Wintersemester <strong>2023</strong>/24<br />

gleich mit dem Start der beiden Masterprogramme „Green<br />

Building Engineering“ sowie „Climate Change and Societal<br />

Transformation“ einläuten können – und nicht nur das, es zeigt<br />

sich, dass das neue Angebot der <strong>BOKU</strong> auch auf Interesse<br />

stößt.<br />

Denn es ist eine wichtige Aufgabe von Universitäten, auf neue<br />

Themen zu reagieren und ihr Studienangebot laufend weiterzuentwickeln,<br />

wie Doris Damyanovic, die Vizerektorin für Lehre,<br />

Weiterbildung und Studierende, im Interview in dieser Ausgabe<br />

betont. Ein weiterer Grund zur Freude ist daher auch, dass im<br />

Wintersemester <strong>2023</strong>/24 die Erstsemestrigenzahlen neuerlich<br />

gestiegen sind. Die <strong>BOKU</strong> ist eine attraktive Universität für<br />

junge Menschen, die ein Studium suchen, das ihnen persönliche<br />

Perspektiven eröffnet, die darüber hinaus auch noch der<br />

Gesellschaft zugutekommen.<br />

Denn ein innovatives, zeitgemäßes Studium entlässt unsere<br />

Absolvent*innen in ein Berufsleben, in dem sie nicht nur<br />

erfolgreich, sondern auch in Bereichen tätig sind, die sie<br />

mit persönlicher Zufriedenheit erfüllen. Das hat das Ergebnis<br />

der aktuellen Analyse zur Arbeitsmarktperformance der<br />

<strong>BOKU</strong>-Absolvent*innenbefragung wieder deutlich gezeigt.<br />

Der Einstieg in den Arbeitsmarkt gelingt zügig: Bachelorabsolvent*innen<br />

finden durchschnittlich zwei bis drei Monate<br />

nach Abschluss einen Job, Masterabsolvent*innen bereits nach<br />

ein bis zwei Monaten. Absolvent*innen mit Doktorat finden<br />

großteils sogar schon vor ihrem Abschluss eine dauerhafte<br />

Anstellung. Die Zufriedenheit der <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen mit<br />

ihrer beruflichen Situation ist hoch. Drei von vier erwerbstätigen<br />

Absolvent*innen geben an, mit ihrer beruflichen Situation<br />

insgesamt zufrieden zu sein.<br />

Exemplarisch für unsere Alumni berichten vier Biotechnologieabsolvent*innen,<br />

die bei Boehringer Ingelheim tätig sind,<br />

über ihre Studienzeit bei uns, was sie für ihre jetzige Tätigkeit<br />

mitgebracht haben und wie sie sich im Unternehmen weiterentwickeln<br />

konnten.<br />

Warum sie sich für ein Studium an der <strong>BOKU</strong> entschieden<br />

haben, welche Pläne sie als Vorsitzteam der ÖH <strong>BOKU</strong> für die<br />

kommenden beiden Jahre haben und was das Besondere an<br />

der Atmosphäre hier bei uns ist, erzählen Christian Malecki,<br />

Deborah Sailer und Sofija Matic. In diesem Sinne: That’s the<br />

<strong>BOKU</strong>-Spirit!<br />

Ich möchte mich wieder herzlich bei den Autor*innen bedanken.<br />

Ihnen, liebe Leser*innen, wünsche ich eine angenehme und<br />

anregende Lektüre!<br />

Eva Schulev-Steindl<br />

IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien Chefredaktion: Bettina Fernsebner-<br />

Kokert Redaktion: Hermine Roth Autor*innen: Martin Altvater, Isabel Anger, Gernot Bodner, Florian Borgwardt, Anna Briefer, Andrea Handsteiner, Christina Henöckl,<br />

Hubert Hettegger, Rebecca Hood-Nowotny, Elisabeth Gugumuck, Nicole Jalits, Katharina Keiblinger, Julia Knogler, Fridolin Krausmann, Benjamin Kromoser, Anika Leodolter,<br />

Zacharias Lumerding, Christian Malecki, Sofija Matic, Diethard Mattanovich, Hans Marx, Chris Oostenbrink, Maciej Palucki, Christina Plank, Ela Posch, Martina Ragoner,<br />

Harald Rieder, Ruth Scheiber-Herzog, Patrick Scherhaufer, Hanni Schopfhauser, Deborah Sailer, Elina Stanek, Rosemarie Stangl, Alexandra Strauss-Sieberth, Verena Vlajo,<br />

Paulina Vogt, Elfriede Wagner, Renata Wetter, Lena Wohlschlager Lektorat: Michaela Kolb Grafik: Patricio Handl Cover: Photocase Druck: Druckerei Berger Auflage:<br />

5.500 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie: Das <strong>BOKU</strong>-<strong>Magazin</strong> versteht sich als Informationsmedium für Angehörige,<br />

Absolvent*innen, Freund*innen der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation fördern.<br />

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung der<br />

Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge<br />

senden Sie bitte an: public.relations@boku.ac.at Bei Adressänderung wenden Sie sich bitte an: alumni@boku.ac.at<br />

UZ24<br />

„Schadstoffarme<br />

Druckerzeugnisse“<br />

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Dieses Produkt<br />

stammt aus nachhaltig<br />

bewirtschafteten<br />

Wäldern und<br />

kontrollierten Quellen<br />

3


„Jungen Menschen,<br />

die etwas verändern<br />

wollen, Perspektiven<br />

aufzuzeigen, erachte<br />

ich für sehr wichtig“<br />

Vizerektorin Doris Damyanovic über die Attraktivität der <strong>BOKU</strong> für junge Menschen, berufsbegleitendes<br />

Studieren und die Herausforderung, neue Themen in die Studienprogramme zu integrieren.<br />

Interview: Bettina Fernsebner-Kokert<br />

Wie geht es Ihnen nach den ersten Monaten<br />

als Vizerektorin für Lehre, Weiterbildung<br />

und Studierende?<br />

Doris Damyanovic: Es ist eine neue Herausforderung,<br />

macht aber auch viel Spaß<br />

und Freude. Die Zusammenarbeit mit den<br />

Kolleginnen und Kollegen im Rektorat<br />

und in den Abteilungen an der <strong>BOKU</strong>, die<br />

mit der Lehre befasst sind, funktioniert<br />

sehr gut und ist sehr unterstützend.<br />

Der Wettbewerb um Studierende ist in den<br />

vergangenen Jahren härter geworden. Was<br />

macht ein Studium an der <strong>BOKU</strong> für junge<br />

Menschen attraktiv?<br />

Wir bearbeiten viele Themen wie den<br />

Klimawandel, die bezogen auf die großen<br />

Herausforderungen sehr wichtig sind.<br />

Aber auch der Umgang mit Nachhaltigkeit<br />

und dem Ressourcenverbrauch, die<br />

in vielen Studienprogrammen wichtige<br />

Inhalte sind: Wie gehe ich mit dem<br />

Wasser um, wie mit dem Boden? Ebenso<br />

Urbanisierung, Generationengerechtigkeit,<br />

Ernährungssouveränität – das sind<br />

alles Themen, die die Jugendlichen sehr<br />

beschäftigen. Ich denke, das ist ein Key<br />

Selling Point der <strong>BOKU</strong>. Unsere Studierenden<br />

bekommen dank des Drei-<br />

Säulen-Prinzips der <strong>BOKU</strong> analytische<br />

Fähigkeiten vermittelt, lernen aber<br />

auch, lösungsorientiert sowie inter- und<br />

transdisziplinär zu arbeiten. Jungen Menschen,<br />

die etwas verändern wollen, Perspektiven<br />

aufzuzeigen, erachte ich für<br />

sehr wichtig. Und unsere Größe als Uni<br />

sorgt dafür, dass sich die Studierenden,<br />

von denen viele aus den Bundesländern<br />

kommen, von Anfang an gut kennen und<br />

viel gemeinsam machen. Freude und Feiern<br />

im Studium ist auch wichtig.<br />

An der <strong>BOKU</strong> gibt es drei neue Masterstudien:<br />

Climate Change and Societal Transformation,<br />

Green Building Engineering<br />

starten im Oktober und Green Chemistry,<br />

das bereits läuft – worin liegen für eine Universität<br />

die größten Herausforderungen,<br />

wenn es darum geht, das Studienangebot<br />

laufend zu erweitern und anzupassen?<br />

Die beiden Masterstudienprogramme,<br />

die mit dem Wintersemester starten,<br />

sind rasch umgesetzt worden. Ich denke,<br />

es ist wichtig, auf neue Themen zu<br />

reagieren. Diese in die laufenden Studienprogramme<br />

zu integrieren, wird die<br />

Herausforderung sein. Es besteht allerdings<br />

die Möglichkeit, einzelne Module<br />

inhaltlich immer wieder anzupassen, es<br />

muss nicht immer ein komplett neues<br />

Studienprogramm sein. Die Lehre hier<br />

an der <strong>BOKU</strong> ist stark forschungsge-<br />

leitet. Exzellente Lehre ist wichtig an<br />

der <strong>BOKU</strong>. Wir bieten sowohl Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

für junge Lehrende<br />

an als auch für diejenigen, die bereits<br />

länger in den Hörsälen stehen. Die Reflektion<br />

von Lehr- und Lernmethoden<br />

und die Auseinandersetzung mit KI finde<br />

ich dabei sehr entscheidend.<br />

Ein Großteil der Studierenden muss neben<br />

dem Studium arbeiten, wie kann für sie<br />

unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

die Studierbarkeit verbessert<br />

werden?<br />

Ein Teilzeitstudium ist derzeit rein gesetzlich<br />

nicht möglich, hier bedarf es einer<br />

grundlegenden Diskussion an österreichischen<br />

Universitäten. 65 Prozent der<br />

Studierenden arbeiten, davon sind rund<br />

22 Prozent vorwiegend erwerbstätig und<br />

wir müssen überlegen, wie wir berufsbegleitendes<br />

Studieren ermöglichen<br />

können. Wir merken, dass viele Studierende<br />

bereits in den Beruf einsteigen,<br />

weil <strong>BOKU</strong>-Leute sehr gefragt sind, und<br />

dadurch verzögert sich der Abschluss, vor<br />

allem im Masterstudium. Die Situation der<br />

Studierenden ist in Veränderung und wir<br />

sollten als Universitäten darauf reagieren.<br />

Sie sind auch Vizerektorin für Weiterbildung,<br />

planen Sie, auch in diesem Bereich<br />

4 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

ZWISCHENFRAGE<br />

Französischer Barockgarten oder englischer<br />

Landschaftspark?<br />

Ersteres, weil ich diese Geradlinigkeit<br />

liebe.<br />

Nachteule oder Early Bird?<br />

Weder noch. Ich bin niemand, der<br />

um 4 Uhr aufsteht, bin aber auch<br />

nicht bis tief in die Nacht auf.<br />

Kino oder Netflix? Kino.<br />

Komödie oder Krimi? Krimi.<br />

Bier oder Wein? Wein.<br />

Daheim oder unterwegs?<br />

Schon sehr gerne unterwegs,<br />

aber dann auch gerne daheim.<br />

ABBA oder Rolling Stones?<br />

Rolling Stones.<br />

Was ist für Sie das vollkommene<br />

irdische Glück?<br />

Zufriedenheit und Gesundheit.<br />

Welche Fehler entschuldigen Sie<br />

am ehesten?<br />

Fehler, die uns wieder weiterbringen<br />

und aus denen wir lernen können.<br />

Ihre liebsten Romanhelden und<br />

-heldinnen?<br />

Eine Heldin: Pippi Langstrumpf.<br />

Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?<br />

Johanna Dohnal.<br />

Welche Reform bewundern Sie<br />

am meisten?<br />

Die Gesetzesänderungen im Familienrecht<br />

in den 1970er-Jahren, weil die<br />

zentral für die Gleichstellung waren.<br />

Ihr Motto?<br />

Wege entstehen dadurch, dass<br />

man sie geht.<br />

das Angebot der <strong>BOKU</strong> noch weiter auszubauen?<br />

Die Weiterbildungsakademie in Zusammenarbeit<br />

mit den Departments bietet<br />

unterschiedliche Formate an, die wir<br />

bezogen auf aktuelle Themen erweitern<br />

wollen. Kleinere Kurse (Microcredentials)<br />

und Universitätslehrgänge (z. B. Jagdwirt/<br />

Jagdwirtin, Ländliches Liegenschaftsmanagement)<br />

werden dabei angeboten.<br />

Schwerpunkte liegen in der Nachhaltigkeit<br />

(SDGs), Smart Farming, Flächen- und<br />

Ressourcenverbrauch und Lebensmittelsicherheit.<br />

Geplant sind auch Formate wie<br />

ein Masterstudium. Lebenslanges Lernen<br />

ist ein zentrales Prinzip, wir sehen darin im<br />

Sinne der Third Mission und von lebenslangem<br />

Lernen großes Potenzial.<br />

Mehr als die Hälfte der Bachelor-Absolvent*innen<br />

sind Frauen, was für eine technisch<br />

ausgerichtete Universität bemerkenswert<br />

ist. Auch bei den neuen Laufbahnstellen<br />

sind es 60 Prozent. Ist es nur eine Frage<br />

der Zeit, bis die Frauen aufholen werden?<br />

In den Bereichen der § 98 UG-Professuren<br />

gibt es mit rund 25 Prozent deutlich<br />

weniger Frauen, ebenso bei den früheren<br />

Ao. Univ.-Professor*innen. Es wird<br />

aber auch in diesen Bereichen darauf<br />

geschaut, Frauen zu fördern, die gleich<br />

qualifiziert sind und es bewerben sich<br />

auch mehr Frauen. Es wird also besser<br />

und ich denke, wir sind auf einem guten<br />

Weg – es braucht Gleichstellung, aber es<br />

braucht auch Vielfalt.<br />

Einer Ihrer Forschungsschwerpunkte ist seit<br />

mehr als 20 Jahren gendergerechte Stadtplanung.<br />

Was hat sich seither verändert?<br />

Zu Beginn meiner Forschungstätigkeit<br />

habe ich mich mit dem Thema Frauen im<br />

ländlichen Raum und wie es ihnen mit Mobilität<br />

oder Versorgung geht, beschäftigt.<br />

Was sich geändert hat, ist, dass man stärker<br />

die Alltagssituationen der Menschen<br />

im Blick hat und sich an den Werten, die<br />

hinter den Ansprüchen an Stadtplanung<br />

stehen, orientiert. Das war vor 20 Jahren<br />

nicht der Fall. Dabei wurde sichtbar,<br />

dass Frauen noch immer vorrangig für<br />

die Versorgung von Kindern und alten<br />

Menschen, Care-Arbeit und unbezahlte<br />

Arbeit zuständig sind und man hat begonnen,<br />

das in der Planung stärker zu berücksichtigen.<br />

Es gibt ein Bewusstsein dafür,<br />

dass der Alltag von uns allen sehr divers<br />

ist, dass es nicht den einen Alltag gibt<br />

und die feministische und spätere Gender-<br />

und Diversitäts-Perspektiven haben<br />

das stark beeinflusst. Hinzu kommt, dass<br />

jetzt öffentlicher Verkehr, Radfahren und<br />

Zufußgehen im städtischen Raum forciert<br />

werden. Ein weiteres Thema, das es frü-<br />

her nicht gab, ist die Flexibilisierung von<br />

Wohnungsgrundrissen oder die Stadt der<br />

kurzen Wege. Das kam im deutschsprachigen<br />

Raum zu Beginn von der feministischen<br />

Seite, ist aber mittlerweile im<br />

Planungs-Mainstream angekommen, weil<br />

alle davon profitieren können. Und was<br />

sich grundlegend geändert hat, ist, dass<br />

wir bei der Partizipation mittlerweile viel<br />

weiter sind – wenn heute ein neues Stadterweiterungsgebiet<br />

geplant wird, wird<br />

versucht, möglichst viele unterschiedliche<br />

Nutzen de einzubeziehen.<br />

Würden Sie heute wieder hier studieren?<br />

Ja, ich würde auf jeden Fall wieder an der<br />

<strong>BOKU</strong> studieren.<br />

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?<br />

Auf Augenhöhe. Ich denke, ich bin sehr<br />

verantwortungsbewusst, lösungs- und<br />

zielorientiert. Ich brauche eine Lösung,<br />

mit „das geht nicht“ tue ich mir schwer<br />

– auch wenn es vielleicht nicht ganz einfach<br />

ist, den richtigen Weg zu finden.<br />

Einen Versuch ist es immer wert.<br />

Worin finden Sie in Ihrer Freizeit Ausgleich<br />

zum beruflichen Alltag?<br />

Ich bewege mich gerne, aber auf einem<br />

moderaten Level – ich fahre Rad, gehe<br />

gerne wandern, schwimmen und tanzen<br />

und bin einfach sehr gerne draußen in<br />

der Natur.<br />

•<br />

ZUR PERSON<br />

Doris Damyanovic ist seit 1. April Vizerektorin<br />

für Lehre, Weiterbildung und Studierende.<br />

Sie studierte Landschaftsplanung<br />

und -pflege an der <strong>BOKU</strong> (Abschluss<br />

1997). Direkt nach ihrem Studium war<br />

sie fünf Jahre in der Landschaftsplanungspraxis<br />

im Naturschutz tätig. Seit 2002<br />

lehrt und forscht sie am Institut für Landschaftsplanung.<br />

2006 promovierte und<br />

2016 habilitierte sie im Bereich der Landschaftsplanung<br />

an der <strong>BOKU</strong>. Seit 2017<br />

ist sie Assoziierte Professorin für Nachhaltige<br />

Landschaftsplanung und Gender<br />

Planning. In ihrer Lehre und Forschung<br />

beschäftigt sich Damyanovic mit formellen<br />

und informellen Planungsinstrumenten,<br />

klimaangepasster Landschafts- und<br />

Stadtplanung, gendersensibler Planung,<br />

verschiedenen Stakeholderprozessen in<br />

inter- und transdisziplinären Forschungsprozessen<br />

und Risikogovernance.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

5


ADOBE STOCK<br />

Neue Masterstudiengänge: Climate<br />

Change and Societal Transformation<br />

Von Christina Plank, Fridolin Krausmann, Harald Rieder<br />

D<br />

er neue inter- und transdisziplinäre<br />

Masterstudiengang Climate<br />

Change and Societal Transformation<br />

(CCAST), der im Oktober startet,<br />

bietet einen systemwissenschaftlichen<br />

Zugang zur globalen Klimakrise<br />

und integriert dabei unterschiedliche<br />

Perspektiven: Erstens vermittelt er ein<br />

physikalisches Verständnis des Klimawandels,<br />

seiner Prozesse und Triebkräfte<br />

sowie seiner vielfältigen Auswirkungen.<br />

Zweitens ermöglicht er eine sozial-ökologische<br />

Analyse der Treiber, Akteur*innen<br />

und Folgen des Klimawandels sowie<br />

von Lösungsmöglichkeiten. Drittens<br />

beinhaltet das Studium transformative<br />

Ansätze für eine nachhaltige und gerechte<br />

Gesellschaft unter expliziter Berücksichtigung<br />

globaler Unterschiede<br />

und Dynamiken.<br />

Das Programm vermittelt grundlegendes<br />

Wissen über das Klimasystem und<br />

den Klimawandel als physikalisches Phänomen,<br />

als Umweltbedrohung sowie als<br />

soziale und politische Krise und behandelt<br />

Vermeidungs- und Anpassungsstrategien<br />

und Lösungsansätze. Der englischsprachige<br />

Studiengang gliedert sich<br />

in vier Phasen. Nach einer Grundlagenphase<br />

wählen die Studierenden eine von<br />

drei möglichen Spezialisierungen: Klimadynamik<br />

und Klimafolgen, Soziale Ökologie<br />

oder transformative Entwicklung. Die<br />

Pflichtmodule vermitteln vertiefte theoretische<br />

und methodische Kenntnisse im<br />

jeweiligen Fachgebiet, die Wahlmodule<br />

widmen sich weiterführenden Studien zu<br />

Klimafolgen für Natur und Gesellschaft,<br />

Minderungs- und Anpassungsstrategien<br />

und Trade-offs/Synergien mit anderen<br />

SDGs sowie transformativen Prozessen<br />

und Entwicklungen hin zu einer gerechten<br />

und nachhaltigen Gesellschaft.<br />

Im Anschluss an die Spezialisierung folgen<br />

die integrative Abschlussphase und<br />

die Masterarbeitsphase. Die integrative<br />

Abschlussphase führt die Studierenden<br />

aus den einzelnen Spezialisierungen wieder<br />

zusammen und ermöglicht ihnen,<br />

das in den vorangegangenen Phasen erworbene<br />

Wissen und die erworbenen<br />

Fähigkeiten anzuwenden, gemeinsam<br />

6 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Climate Change and Societal Transformation (CCAST)<br />

CLIMATE DYNAMICS<br />

AND CLIMATE IMPACTS<br />

SOCIAL ECOLOGY<br />

OF CLIMATE CHANGE<br />

CLIMATE CRISIS AND<br />

TRANSFORMATIVE DEVELOPMENT<br />

Compulsary modules<br />

Compulsary modules specialisation<br />

Elective modules<br />

in inter- und transdisziplinären Kontexten<br />

zu arbeiten, mit Interessenvertreter*innen<br />

und anderen Praktiker*innen<br />

zu interagieren und kreative, innovative<br />

und nachhaltige Ansätze zur Lösung<br />

komplexer Probleme der realen Welt<br />

zu entwickeln. So sammeln sie anhand<br />

von problemzentrierten Fragestellungen,<br />

die an aktuelle Forschungsprojekte<br />

der Lehrenden anknüpfen, Erfahrung in<br />

inter- und transdisziplinärer Teamarbeit.<br />

Der Master ist nicht nur deshalb attraktiv<br />

und zukunftsorientiert, weil er sich mit<br />

der Klimakrise als eine der dringendsten<br />

Fragen unserer heutigen Gesellschaft<br />

auseinandersetzt, sondern weil er diese<br />

Inhalte auch innovativ aufbereitet. Die<br />

»<br />

Wintersemester<br />

Die Idee und schließlich<br />

auch der Erfolg des<br />

Studiums beruhen<br />

auf einer engen<br />

Zusammenarbeit<br />

der Lehrenden<br />

verschiedener<br />

Disziplinen und<br />

deren Offenheit<br />

und Engagement.<br />

Idee und schließlich auch der Erfolg des<br />

Studiums beruhen auf einer engen Zusammenarbeit<br />

der Lehrenden verschiedener<br />

Disziplinen und deren Offenheit<br />

und Engagement. Diese war bereits für<br />

die Ausarbeitung des Studienplans zentral.<br />

Wir freuen uns daher auf die Fortsetzung<br />

dieser Zusammenarbeit und den<br />

Studienbeginn des ersten Jahrgangs im<br />

<strong>2023</strong>. •<br />

Dipl. Kulturw. in Univ.-Dr. in Christina Plank lehrt<br />

und forscht am Institut für Entwicklungsforschung<br />

und ist Koordinatorin des Masterstudiengangs.<br />

Univ.-Prof. Dr. Harald Rieder leitet das Institut<br />

für Meteorologie und Klimatologie, Univ.-Prof. Dr.<br />

Fridolin Krausmann ist Leiter des Instituts für Soziale<br />

Ökologie (SEC).<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

7


NEUE<br />

MASTER<br />

STUDIEN<br />

Chemistry, but green(er)<br />

Auch die Chemie und chemienahe Disziplinen können einen Beitrag zu umweltkompatiblen<br />

und nachhaltigen Lösungen über die gesamte Wertschöpfungskette leisten. Das Masterstudium<br />

„Green Chemistry“, das die <strong>BOKU</strong>, die TU Wien und die Universität Wien gemeinsam anbieten,<br />

trägt diesen Ansprüchen Rechnung.<br />

Von Hubert Hettegger<br />

Chemie ist, wenn’s raucht, kracht<br />

und stinkt!“ – so eine immer noch<br />

gängige Meinung, auf die zugegebenermaßen<br />

auch in meinem Fall die<br />

Faszination für diese wissenschaftliche<br />

Disziplin in der Unterstufe am Gymnasium<br />

zurückzuführen ist. Damals, vor<br />

nun über 20 Jahren, war von „Grüner<br />

Chemie“ noch kaum die Rede, auch<br />

wenn Paul T. Anastas und John C. Warner<br />

kurz vor der<br />

Jahrtausendwende<br />

1998 in ihrem Buch<br />

„Green Chemistry:<br />

Theory and Practice“<br />

die von ihnen<br />

entwickelten zwölf<br />

Grundprinzipien<br />

der Grünen Chemie<br />

bereits vorgestellt<br />

hatten.<br />

<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

Hubert Hettegger<br />

Mittlerweile hat sich der Zeitgeist in<br />

vielerlei Hinsicht gewandelt. Zentrale<br />

Menschheitsthemen wie Klimawandel,<br />

Frieden, Gesundheit, Geschlechtergleichheit,<br />

Wasser und Energie, nachhaltiger<br />

Konsum, Bekämpfung von<br />

Hungersnöten und Armut und weitere<br />

wesentliche Themen wurden in den 17<br />

globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung<br />

(Sustainable Development Goals,<br />

SDGs) der Vereinten Nationen in der<br />

Agenda 2030 vorgegeben. Die chemische<br />

Industrie, Forschung & Entwicklung<br />

und vor allem auch Wissenschaft<br />

und Bildung sind hier in der Verantwortung,<br />

ihren Beitrag zur Erreichung und<br />

nachhaltigen Absicherung dieser Ziele<br />

zu leisten. „Grüne Chemie“ kann, muss<br />

und wird hier eine wichtige Rolle übernehmen,<br />

da Chemie und chemienahe<br />

Disziplinen direkt und indirekt in vielen<br />

dieser Ziele „stecken“.<br />

GANZHEITLICHER ANSATZ<br />

Was ist also „grüne Chemie“ – oder<br />

auch „nachhaltige Chemie“? Unter<br />

grüner (beziehungsweise bevorzuge<br />

ich die Bezeichnung grünere) Chemie<br />

versteht man einen holistischen Ansatz<br />

dieser Naturwissenschaft, bei welchem<br />

im Idealfall durch moderne/innovative<br />

und zukunftsorientierte Ansätze prinzipiell<br />

umweltkompatibel gearbeitet, Gefahren<br />

von Prozessen und Materialien<br />

für Mensch und Umwelt minimiert, der<br />

Energie- und Wasserverbrauch reduziert<br />

und Abfall vermieden wird. Materialien<br />

sollen möglichst aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen hergestellt werden und<br />

auch wieder natürlich abbaubar sein.<br />

Grüne Chemie richtet den Blick auf die<br />

gesamte Wertschöpfung und Lebensdauer<br />

und überlappt unmittelbar mit<br />

Konzepten der Kreislaufwirtschaft und<br />

Bioökonomie. Leider werden häufig vermeintlich<br />

„grüne“ und „nachhaltige“<br />

Produkte und Methoden durch gezielte<br />

Maßnahmen einem „Greenwashing“<br />

8 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


unterzogen. Quantitative Bewertungsmethoden<br />

hinsichtlich Umweltbilanz,<br />

CO 2<br />

-Fuß abdruck, Gefahrenpotenzial<br />

und dergleichen (sogenannte Green<br />

Metrics) spielen damit ebenso eine<br />

wichtige Rolle.<br />

KOOPERATION <strong>BOKU</strong>,<br />

TU WIEN UND UNI WIEN<br />

Im Rahmen der Plattform Grüne Chemie<br />

Österreich entstand vor wenigen Jahren<br />

die Idee, unter Bündelung der jeweiligen<br />

thematischen Stärken und Ausrichtungen<br />

ein trilaterales Masterstudium an<br />

der <strong>BOKU</strong>, TU Wien und Universität<br />

Wien einzurichten. Das englischsprachige<br />

Masterstudium im Herzen Europas<br />

geht im Herbst <strong>2023</strong> in das zweite operative<br />

Jahr. Das Studium ermöglicht eine<br />

umfassende und vielseitige Ausbildung<br />

unter Berücksichtigung oben genannter<br />

Aspekte und ist somit hochaktuell:<br />

„Chemie der Zukunft“ heißt, direkt an<br />

der Lösung vieler zentraler Probleme<br />

mitzuarbeiten.<br />

»<br />

Grüne Chemie richtet<br />

den Blick auf die<br />

gesamte Wertschöpfung<br />

und Lebensdauer und<br />

überlappt unmittelbar<br />

mit Konzepten der<br />

Kreislaufwirtschaft und<br />

Bioökonomie. Quantitative<br />

Bewertungsmethoden<br />

hinsichtlich Umweltbilanz,<br />

CO 2<br />

-Fußabdruck,<br />

Gefahrenpotenzial und<br />

dergleichen (sogenannte<br />

Green Metrics) spielen<br />

damit ebenso eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Auf diesem Weg möchte ich allen Kolleg*innen<br />

des <strong>BOKU</strong>-Teams für die konstruktive<br />

Zusammenarbeit danken – Thomas<br />

Rosenau und Michael Sauer vom<br />

Organisations-Kernteam, Sabine Baumgartner,<br />

Roland Ludwig, Clara Ferring,<br />

Anna Smertina und Joseph Strauss von<br />

der Arbeitsgruppe zur Etablierung des<br />

Studiengangs sowie den Studienservices<br />

und der Lehrorganisation, dem Senat<br />

und der Fachstudien-AG LBT. Im Namen<br />

der Teams auch ein herzliches Dankeschön<br />

an alle Beteiligten der Partneruniversitäten<br />

in Wien für die reibungsarme<br />

und produktive Zusammenarbeit! •<br />

LINKS<br />

www.gruenechemieoesterreich.at<br />

https://boku.ac.at/en/<br />

study-services/uh066652<br />

https://www.tuwien.at/greenchem/en/<br />

programme-overview/<br />

Ass.-Prof. Dr. Hubert Hettegger, MSc forscht am<br />

Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe,<br />

wo er das Christian Doppler Labor für Cellulose<br />

Hightech-Materialien leitet. Er ist an der <strong>BOKU</strong><br />

Studienprogrammbegleiter des Masterstudiums<br />

„Green Chemistry“.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

9


NEUE<br />

MASTER<br />

STUDIEN<br />

Master Green Building Engineering:<br />

Höchste Zeit für höchst effiziente<br />

Gebäude<br />

Von Benjamin Kromoser<br />

HÖCHST EFFIZIENTE GEBÄUDE<br />

Das Curriculum des Studiums wurde kritisch<br />

von mehreren Instituten und Departments<br />

der <strong>BOKU</strong> erstellt, wobei eine<br />

inter- und transdisziplinäre Ausrichtung<br />

eine zentrale Rolle einnahm. Nach erfolg-<br />

Das Baugewerbe ist mit<br />

einem Anteil von rund 13<br />

Prozent am Bruttoinlandsprodukt<br />

einer der größten<br />

Sektoren der Wirtschaft,<br />

und das weltweit. Diese<br />

wirtschaftliche Relevanz<br />

spiegelt sich direkt im ökologischen<br />

Fußabdruck wider, zumal die Branche<br />

weder bei der Ressourceneffizienz noch<br />

bei der Produktivität brilliert. Die immer<br />

noch ausschließlich profitorientierte und<br />

im Kontext der Innovation sehr träge<br />

Industrie zeigt in den letzten Jahren zwar<br />

ein Umdenken in Richtung Umweltbewusstsein,<br />

das tatsächliche Wissen über<br />

nachhaltiges Bauen und die Bereitschaft<br />

zu dessen Umsetzung ist jedoch sehr<br />

begrenzt.<br />

Herstellung und Betrieb von Gebäuden<br />

sind für mehr als 30 Prozent der weltweiten<br />

Treibhausgasemissionen und mehr als<br />

40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs<br />

verantwortlich. Aufgrund deren<br />

langer Lebensdauer haben Maßnahmen,<br />

die jetzt ergriffen werden, großen Einfluss<br />

auf die Zukunft. Hinzu kommt, dass<br />

insbesondere in den industrialisierten<br />

Ländern große Gebäudebestände vorhanden<br />

sind, die nachhaltig weiterentwickelt<br />

werden müssen. 35 Prozent der<br />

Abfälle in der EU sind auf Bau- und Abbrucharbeiten<br />

zurückzuführen, wodurch<br />

die Einbindung aller Bauphasen (von Bau<br />

bis hin zu Abbruch und Recycling) von<br />

höchster Relevanz ist und eine Umsetzung<br />

von geschlossenen Materialkreisläufen<br />

unabdingbar wird. Diese und viele<br />

andere Aspekte des ressourceneffizienten<br />

und effektiven Einsatzes von Rohstoffen<br />

und Energie werden im Rahmen<br />

des neuen Masters „Green Building Engineering“<br />

gelehrt.<br />

10 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Im neuen englischsprachigen Masterstudium Green Building Engineering werden auf der <strong>BOKU</strong><br />

Ingenieur*innen ausgebildet, die einen fundierten Beitrag zum Klimaschutz mit Fokus auf das<br />

Bauwesen leisten werden. Denn CO2, Erderwärmung, Klimabilanz, Klimakrise, Klimaneutralität –<br />

diese und weitere Themen rund um die nachhaltige Verwendung von Rohstoffen und Energie<br />

werden unsere Gesellschaft in der nahen Zukunft noch stärker beschäftigen als zuvor.<br />

FOTOS: <strong>BOKU</strong>-IHB/KROMOSER<br />

reichem Abschluss des Masterstudiengangs<br />

Green Building Engineering verfügen<br />

die Absolvent*innen über ein breites<br />

Grundlagenwissen und vertiefte Kompetenzen<br />

im ingenieurtechnischen Bereich<br />

des nachhaltigen Bauens. Sie sind in der<br />

Lage, neue höchst effiziente Gebäude<br />

zu entwerfen und zu dimensionieren<br />

(Tragwerk, Bauteile inklusive Bauphysik,<br />

Energiemanagement, Gebäudebegrünung<br />

etc.) sowie bestehende Gebäude<br />

nachhaltig weiterzuentwickeln. Die Ansätze<br />

basieren auf den Prinzipien eines<br />

ressourceneffizienten und effektiven<br />

Einsatzes von Rohstoffen und Energie<br />

und fokussieren auf die Umsetzung einer<br />

realen Kreislaufwirtschaft im Bauwesen.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

Darüber hinaus verfügen die Absolvent*innen<br />

über umfassende Kompetenzen,<br />

um für die vorgegebenen Projekte<br />

geeignete Materialien auszuwählen sowie<br />

über mögliche Instandhaltungs- und<br />

energetische Verbesserungsmaßnahmen<br />

zu entscheiden. Grundkenntnisse<br />

in Raumplanung und Landschaftsarchitektur,<br />

Rechts- und Wirtschaftswissenschaften,<br />

Innovationsmanagement und<br />

Sozialwissenschaften runden das Qualifikationsprofil<br />

ab. Das Studium kann mit<br />

einem Bachelorabschluss von unterschiedlichen<br />

Studienrichtungen (Bauingenieurwesen,<br />

Umweltingenieurwesen/<br />

wissenschaften, Holz und Naturfasertechnologie,<br />

etc.) begonnen werden,<br />

wobei dabei die wichtigsten ingenieurtechnischen<br />

Kenntnisse als Voraussetzung<br />

mitgebracht werden müssen. Das<br />

Studium ist international ausgerichtet<br />

und wird in englischer Sprache angeboten.<br />

•<br />

Univ.-Prof. Dr. Benjamin Kromoser leitet das Institut<br />

für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes<br />

Bauen sowie das Masterstudienprogramm Green<br />

Building Engineering.<br />

.<br />

11


Back to School<br />

Wissen|schafft|Zukunft – Wiener Schüler*innen an die <strong>BOKU</strong><br />

Die Stadt Wien fördert ein Projekt, das Wiener Schüler*innen für die <strong>BOKU</strong><br />

begeistern und mediale Aufmerksamkeit für unsere Universität erzeugen soll.<br />

Von Hanni Schopfhauser<br />

STADT WIWN<br />

Klimawandelanpassung Mariahilf<br />

Vielen Schüler*innen in den<br />

Bundesländern, besonders jenen<br />

in einschlägigen land- und<br />

forstwirtschaftlichen höheren<br />

Schulen, ist die <strong>BOKU</strong> durchaus<br />

ein Begriff, sind doch viele der Lehrkräfte<br />

dort selbst Absolvent*innen. Doch<br />

just am Standort der Universität in Wien<br />

gibt es gar nicht so wenige, die von der<br />

<strong>BOKU</strong> noch nie gehört haben oder die<br />

zumindest nicht (genau) wissen, dass hier<br />

zu allen Themen gelehrt und geforscht<br />

wird, die für eine lebenswerte Zukunft<br />

trotz Klimakrise relevant sind.<br />

Diesem Manko soll nun das Projekt<br />

Wissen|schafft|Zukunft abhelfen, das<br />

von der Kulturabteilung der Stadt Wien<br />

finanziert und gemeinsam mit der<br />

Agentur tatwort – Nachhaltige Projekte<br />

umgesetzt wird. Lehrende und<br />

Absolvent*innen der <strong>BOKU</strong> zeigen in<br />

Exkursionen und Vorträgen, woran sie<br />

forschen bzw. in welchen Jobs sie nach<br />

ihrem <strong>BOKU</strong>-Studium gelandet sind.<br />

Das Spektrum reicht von Maßnahmen<br />

zur Abkühlung der Stadt über Trinkwasserversorgung<br />

und Abfallentsorgung<br />

über das Recycling eines Hauses bis hin<br />

zur Identifikation von Krankheitserregern<br />

und zur biotechnologischen Herstellung<br />

von Medikamenten.<br />

Seit Juni können die spannenden Veranstaltungen<br />

von Lehrkräften online für<br />

ihre Klassen gebucht werden und haben<br />

bereits regen Zulauf erfahren. Lehrkräfte<br />

und Schüler*innen sind gleichermaßen<br />

begeistert von dem Angebot. https://<br />

short.boku.ac.at/WissenSchafftZukunft<br />

Die Angebote bieten den Besucher*innen<br />

einzigartige Einblicke in Versuchseinrichtungen,<br />

Forschungs- und Lehrlabore<br />

der <strong>BOKU</strong>. Engagierte <strong>BOKU</strong>-<br />

Lehrende zeigen den Jugendlichen<br />

(und ihren oft nicht minder staunenden<br />

Lehrer*innen) ihren Arbeitsplatz – und<br />

was dort für die Zukunft geleistet wird.<br />

Ein Highlight ist das nagelneue <strong>BOKU</strong><br />

RiverLab von Helmut Habersack am<br />

Brigittenauer Sporn, das erst im Juni<br />

eröffnet wurde und schon für Schulen<br />

zu besichtigen ist.<br />

12 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

GREGOR SCHWEINESTER<br />

<strong>BOKU</strong> WASSERBAULABOR<br />

RIVERLAB<br />

Am 12. Juni wurde das Wasserbaulabor<br />

unter großer medialer Aufmerksamkeit<br />

im Beisein politischer Größen wie<br />

Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsminister<br />

Martin Polaschek,<br />

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler<br />

und dem Wiener Bürgermeister<br />

Michael Ludwig eröffnet.<br />

Polaschek betonte die Bedeutung<br />

maßgeschneiderter Forschungsinfrastrukturen,<br />

um den Auswirkungen<br />

des Klimawandels zu begegnen. „Mit<br />

dem neuen Wasserbaulabor stellen<br />

wir genau diese Infrastruktur bereit<br />

und etablieren Österreich als einen<br />

der weltweit führenden Standorte für<br />

wasser- und fließgewässerbezogene<br />

Forschung“, sagte der Wissenschaftsminister.<br />

Ludwig schlug in dieselbe<br />

Kerbe: „Das <strong>BOKU</strong>-Wasserbaulabor<br />

ist ein innovatives und wegweisendes<br />

Forschungsprojekt, mit dem künftig<br />

Erkenntnisse gewonnen werden, die<br />

es uns ermöglichen, an einer nachhaltigen<br />

Zukunft zu arbeiten und die<br />

hohe Versorgungsqualität für die<br />

Bevölkerung weiter zu garantieren“,<br />

während sich Gewessler schon auf<br />

Ergebnisse freute, denn: „Die Donau<br />

hat für unser Land eine vielfältige<br />

Bedeutung als Wasserstraße für den<br />

klimafreundlichen Transport, als einzigartiger<br />

Naturraum und natürlich als<br />

Quelle für Lebensqualität.“<br />

Eröffnung zum<br />

Nachschauen<br />

Bericht Vienna Water Conferences Seite 46<br />

Vom Forschungslabor<br />

»<br />

zur Produktion: Die biotechnologische Pilotanlage in der Muthgasse ist<br />

einen Besuch wert.<br />

Das Beste ist, dass den<br />

Schüler*innen gezeigt wird,<br />

welche Berufe da dahinterstecken<br />

und man ihnen damit<br />

auch Ideen gibt, was man<br />

vielleicht einmal studieren<br />

kann und das ist halt immer<br />

am besten, wenn das aus der<br />

Sparte kommt, wo die Leute<br />

das direkt machen.<br />

Verpackungen und Bauteile aus natürlichen<br />

Rohstoffen, die alle Anforderungen moderner<br />

Produkte erfüllen? Wie das möglich ist,<br />

Lehrerin<br />

erforscht das Institut für Holztechnologie und<br />

Nachwachsende Rohstoffe in Tulln.<br />

Auch andere Einrichtungen der <strong>BOKU</strong><br />

können sich sehen lassen – und werden<br />

auch gesehen: Die große Versuchsanlage<br />

für das Upscaling der biotechnologischen<br />

Produktion von zuvor in den<br />

<strong>BOKU</strong>-Forschungslabors entwickelten<br />

Produkten ist einen Besuch wert und<br />

stand bisher noch nicht so vielen Außenstehenden<br />

offen. Astrid Dürauer erklärt<br />

den Jugendlichen, was mit Biotechnologie<br />

alles möglich ist: Schüler*innen<br />

erfahren, warum Bakterien und Hefen in<br />

der Lage sind, Medikamente wie Insulin<br />

zu erzeugen. Die Biotechnolog*innen der<br />

<strong>BOKU</strong> erklären außerdem, wie diese lebenswichtigen<br />

Stoffe mittlerweile sicher<br />

und rein im Reaktor hergestellt werden<br />

können und nicht mehr aus tierischen<br />

Geweben isoliert werden müssen. Im<br />

Student*innen-Labor dürfen die Schüler*innen<br />

auch selbst experimentieren.<br />

In den mikrobiologischen Übungslabors<br />

der <strong>BOKU</strong> zeigt Christine Prenner in zwei<br />

Exkursions-Workshops, wie Mikroorganismen<br />

von Hefen über Schimmelpilze<br />

bis zu Bakterien unter dem Mikroskop<br />

aussehen und leitet sie dabei an, wie sie<br />

diese selbst bestimmen können – so erhalten<br />

die Schüler*innen einen „Blick in<br />

die Welt der Mikroorganismen“ und sind<br />

„Krankheitserregern auf der Spur“.<br />

Gleich zwei Exkursionen zum Institut<br />

für Holztechnologie und nachwachsende<br />

Rohstoffe in Tulln beschäftigen sich<br />

mit natürlichen Werkstoffen: „Holzforschung<br />

– wozu?“ von Sandra Dobrosavljevic<br />

und „Die Welt der Pflanzenfasern“<br />

von Rupert Wimmer, dem Leiter von<br />

BiRT (Bio-Resources & Technologies<br />

<strong>BOKU</strong>/RUPERT WIMMER<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

13


Eine Baustellenbesichtigung zeigt am anschaulichsten, wie Maßnahmen in der Praxis umgesetzt werden und was sich hinter Begriffen wie „Entsiegelung“<br />

oder „Schwammstadt“ genau verbirgt.<br />

Tulln). Die Schüler*innen können die Labore<br />

besichtigen und auch selbst Hand<br />

anlegen, während sie gemeinsam mit den<br />

Vortragenden der Frage nachgehen, wie<br />

ein traditioneller Rohstoff in Hightech-<br />

Anwendungen punkten kann oder ob<br />

nachwachsende Rohstoffe geeignet für<br />

Hochhäuser, Autos, Sensoren, Verpackungen<br />

sind und welche Anforderungen<br />

sie dafür erfüllen müssen.<br />

EXKURSION INS BERUFSLEBEN<br />

Auch <strong>BOKU</strong>-Alumni, die ihre Alma<br />

Mater Viridis verlassen haben, können<br />

Spannendes über ihre Aufgaben zeigen<br />

und berichten. Nicht wenige von ihnen<br />

sind in unterschiedlichen Abteilungen<br />

der Stadt Wien beschäftigt und helfen<br />

dort, unsere Stadt noch lebenswerter<br />

zu machen. Einige von ihnen zeigen interessierten<br />

Schulklassen mit Freude<br />

ihre Tätigkeit und deren Wirkung bei<br />

Exkursionen in ihre Welt:<br />

Wolfgang Ablinger von der MA28<br />

(Straßenverwaltung und Straßenbau)<br />

schildert die Herausforderungen des<br />

Klimawandels für eine Großstadt und<br />

die Lösungen, mit denen die Wiener<br />

Straßenbauabteilung ihnen begegnet<br />

– Entsiegelung und „Schwammstadt“,<br />

also eine sinnvolle Regenwasserbewirtschaftung,<br />

sind wohl die prominentesten<br />

Beispiele dafür. Bei einer Baustellenbesichtigung<br />

können die Schüler*innen<br />

»<br />

Wie können wir die grüne Lunge unserer Stadt<br />

klimafit machen, damit sie auch in Zukunft ihre<br />

Wirkung entfalten kann?<br />

Ich fand es sehr cool, mehr<br />

über das Projekt zu erfahren<br />

– man sieht es ja immer im<br />

Vorbeifahren und mehr Informationen<br />

zu bekommen,<br />

war sehr interessant.“<br />

Schülerin<br />

selbst erfahren, wie diese Maßnahmen in<br />

der Praxis umgesetzt werden.<br />

Was notwendig ist, um auch weiterhin<br />

einen klimafitten Wald vor der Haustüre<br />

der Wiener*innen zu haben, schildert<br />

Harald Brenner von der MA49 (Forstund<br />

Landwirtschaftsbetrieb der Stadt<br />

Wien) direkt im Grünen, wo Klimaschäden<br />

und Gegenmaßnahmen direkt begreifbar<br />

werden – eine hervorragende<br />

Gelegenheit für Lehrer*innen und Schüler*innen<br />

v. a. aus dem innerstädtischen<br />

Bereich, eine lehrreiche Exkursion mit<br />

der belebenden Wirkung eines Aufenthaltes<br />

im Wald zu verbinden.<br />

„HOUSE OF MIST“<br />

Ein Highlight – auch bei der Nachfrage<br />

– ist die Exkursion der „48-er“ zum<br />

„House of Mist“ bei der Mülldeponie<br />

am Rautenweg. Während die einen mit<br />

Vortrag und Videospiel erfahren, was<br />

mit dem Wiener Mist passiert, können<br />

die anderen in spannenden Escape-the-<br />

Room-Szenarien ihr Müll-Wissen testen<br />

und vertiefen – und dann wird getauscht.<br />

Die mediale Verbreitung all dieser Angebote<br />

möchte <strong>BOKU</strong>4you, die Studienwahlberatung<br />

der <strong>BOKU</strong>, vor allem mithilfe<br />

professionell im Haus produzierter<br />

Videos gewährleisten, schließlich sagt<br />

ein Bild bekanntlich mehr als tausend<br />

Worte – besonders wenn es sich bewegt.<br />

14 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


J.KRÄFTNER<br />

CHRISTIAN FÜRTHNER<br />

»<br />

Das ist die Fassade eines Möbelhauses am Wiener Westbahnhof. Warum nicht schon alle Fassaden<br />

der Stadt so grün sind, erklärt die Landschaftsplanerin Doris Schnepf in ihrer Exkursion.<br />

Ich fand den Ausflug sehr<br />

cool, weil das Thema sehr<br />

interessant und wichtig ist<br />

und ich finde, dass Fassadenbegrünung<br />

eine sehr gute<br />

Lösung ist, um die Städte ein<br />

bisschen mehr abzukühlen.<br />

Schülerin<br />

In Zusammenarbeit mit dem Social-Media-Team<br />

der Öffentlichkeitsarbeit und<br />

dem Multimedia-Team der <strong>BOKU</strong>-IT entstehen<br />

bei einigen der Termine Videos in<br />

unterschiedlichen Formaten, die genutzt<br />

werden, um die Angebote bekannter zu<br />

machen – sowohl an den Wiener Schulen<br />

als auch bei potenziellen Vortragenden<br />

unter den <strong>BOKU</strong>-Lehrenden und Alumni.<br />

So soll mit der Zeit ein Angebot entstehen,<br />

das alle Fachbereiche der <strong>BOKU</strong><br />

und möglichst viele ihrer Anwendungen<br />

in der Praxis abdeckt.<br />

Im House of Mist am Rautenweg hat man die Qual der Wahl: Escape the Room oder Videospiel?<br />

Warum nicht beides: Spielerisch lernt es sich doch am besten – auch als fast erwachsener Teenager.<br />

„Das Angebot stellt eine absolute Winwin-Situation<br />

dar“, erklärt Marc Trattnig<br />

von der Stabsstelle Lehre/<strong>BOKU</strong>4you:<br />

„Lehrkräfte bekommen ein fix-fertiges<br />

Angebot, mit dem sie ihren Schüler*innen<br />

ihr Fach näherbringen können,<br />

Schüler*innen bekommen Anregungen<br />

für ihre Karriere nach der Schule.<br />

<strong>BOKU</strong>-Lehrende haben die Chance, ihre<br />

künftigen Studierenden für ihr Fach zu<br />

begeistern und so für wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs zu sorgen und Alumni erhalten<br />

die Möglichkeit, schon frühzeitig ihre<br />

künftigen potenziellen Mitarbeiter*innen<br />

kennenzulernen und ihre Firma oder<br />

Institution als möglichen Arbeitgeber zu<br />

positionieren. Zugegebenermaßen, das<br />

braucht etwas Geduld.“<br />

Zweifelsfrei erkannt hat dieses Potenzial<br />

Doris Schnepf vom Büro Green4Cities,<br />

die die Fassadenbegrünung der IKEA-<br />

Filiale am Wiener Westbahnhof mitgestaltet<br />

hat. Auf deren Dachterrasse<br />

gibt sie in ihrer Exkursion Einblicke in die<br />

Entstehung des nachhaltigen Gebäudes<br />

und diskutiert mit den Schüler*innen die<br />

Möglichkeiten und Herausforderungen<br />

von Fassadenbegrünungen. Diese Ex-<br />

kursion wurde vom <strong>BOKU</strong>-Social-Media-<br />

Team begleitet und ein Beitrag erscheint<br />

demnächst auf dem <strong>BOKU</strong>-TikTok-Kanal.<br />

Exkursion.<br />

•<br />

KONTAKT<br />

<strong>BOKU</strong>4you Studienwahlberatung<br />

Boku4you@boku.ac.at<br />

https://boku.ac.at/boku4you/<br />

Das Projekt wird von der Kulturabteilung<br />

der Stadt Wien finanziert.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

15


FOTOS: ÖH <strong>BOKU</strong><br />

DIDAKTIK<br />

Erste Schritte an der <strong>BOKU</strong> –<br />

dein Guide durch das Studium<br />

Von Christian Malecki, Sofija Matic, Deborah Sailer, Elisabeth Gugumuck, Verena Vlajo und Alexandra Strauss-Sieberth<br />

Die Entscheidung, zu studieren,<br />

ist vielschichtig und bedeutet,<br />

einen neuen Lebensabschnitt zu<br />

beginnen. Der Übergang von der<br />

Schule mit viel Fremdbestimmung zur<br />

Universität mit viel Selbstbestimmung ist<br />

für viele Studierende schwierig. Studieren<br />

bedeutet mehr als Lehrveranstaltungen<br />

besuchen und Prüfungen abzulegen,<br />

es soll motivieren, über den Tellerrand<br />

hinauszuschauen. Absolvent*innen werden<br />

durch ein <strong>BOKU</strong>-Studium befähigt,<br />

selbstorganisiert, diskussions- und reflexionsfähig<br />

sowie lösungsorientiert die<br />

Zukunft mitzugestalten.<br />

Die Universität ist ein Ort des Lernens,<br />

des Lehrens und des Forschens – die<br />

<strong>BOKU</strong> darüber hinaus die Universität<br />

des Lebens. In den vergangenen Jahren<br />

haben sich die Uni und dabei insbesondere<br />

die universitäre Lehre deutlich gewandelt.<br />

Besonders durch den Bologna-<br />

Prozess kam es zu einer Änderung von<br />

einer lehrenden- zu einer lernendenzentrierten<br />

Lehre. Als Lehrende*r sollte<br />

man nicht mehr nur Fachexpert*in sein,<br />

sondern zusätzlich Didaktik-, Digital- und<br />

Lernexpert*in in einer Person. Bei dieser<br />

Entwicklung werden Lehrende durch ein<br />

maßgeschneidertes <strong>BOKU</strong>-Lehrendenfortbildungsprogramm<br />

unterstützt.<br />

Seit dem Wintersemester 2022/23 bietet<br />

die Administration nun auch Initiativen<br />

für Studierende an, um diese über<br />

ihre Rechte und Pflichten, die Organisation<br />

des Studiums und das universitäre<br />

Lernen zu informieren. Ziel ist es,<br />

eine optimale Atmosphäre für Studium<br />

und Lehre zu schaffen und somit gut informierte<br />

und motivierte Studierende<br />

an der Uni zu haben. Davon profitieren<br />

Lehrende ebenso wie Studierende und<br />

der Studienalltag wird durch die Unterstützung<br />

erleichtert.<br />

Das soziale Vernetzen zu Beginn des<br />

Studiums ist ein wichtiger Erfolgsfaktor<br />

für den weiteren Studienverlauf. Um<br />

die Studierenden bestmöglich auf das<br />

Studium vorzubereiten und zu begleiten,<br />

werden an der <strong>BOKU</strong> eine Vielzahl<br />

von Initiativen geboten. Diese Angebote<br />

umfassen Information, Orientierung<br />

und Vernetzung für Erstsemestrige. Die<br />

Stärke dieser Angebote liegt darin, dass<br />

sie von verschiedenen Akteur*innen<br />

der <strong>BOKU</strong> (ÖH <strong>BOKU</strong>, Studienservices<br />

sowie <strong>BOKU</strong> Didaktik) entwickelt und<br />

16 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Die Studienanfänger*innen erwartet eine<br />

erste Woche mit Campusführungen,<br />

spannenden Exkursionen und auch einem<br />

netten Ausklang im Türkenschanzpark.<br />

koordiniert werden. Eine Zusammenarbeit<br />

auf Augenhöhe mit großer Wertschätzung,<br />

bei der die Sichtweisen von<br />

unterschiedlichen Positionen, nämlich<br />

Studierenden und Administration, eingebracht<br />

werden können, ist allen Beteiligten<br />

enorm wichtig.<br />

Die erste Initiative, die jahrzehntelange<br />

Tradition der Erstsemestrigen-Tutorien,<br />

startet mit der Begrüßung der neuen<br />

Studierenden zu Semesterbeginn durch<br />

das Rektorat gemeinsam mit den ÖH-<br />

Vorsitzenden. Seit dem Wintersemester<br />

2022/23 wurden zwei zusätzliche<br />

Initiativen vonseiten der Administration<br />

gestartet, um aufbauend auf dem ÖH-<br />

Erst- semestrigen-Tutorium die Studierenden<br />

vertiefend auf das Studium<br />

vorzubereiten. Mit der Bündelung des<br />

Erstsemestrigen-Tutoriums, der Orientierungslehrveranstaltung<br />

und dem <strong>BOKU</strong><br />

Club Bachelor kommt es zu einer vertiefendenden<br />

Weiterentwicklung bei der<br />

Einführung der Studierenden in den Studienalltag.<br />

ERSTSEMESTRIGEN TUTORIUM (EST)<br />

In der letzten Septemberwoche (heuer<br />

25. 09.–29. 09. <strong>2023</strong>) gibt es die Möglichkeit<br />

im Zuge des Erstsemestrigen-Tutoriums<br />

erste Einblicke in den Studierendenalltag<br />

an der <strong>BOKU</strong> zu bekommen.<br />

Höhersemestrige Tutor*innen aus dem<br />

jeweiligen Studiengang geben wichtige<br />

Einblicke und alle notwendigen Infos,<br />

um sich an der Uni wohlzufühlen und<br />

zurechtzufinden.<br />

Mit anderen Erstsemestrigen verbringt<br />

man eine ereignisreiche erste Woche<br />

mit Campusführungen, spannenden Exkursionen<br />

zu interessanten Betrieben<br />

und Unternehmen aus dem jeweiligen<br />

Fachgebiet und vielleicht auch einem<br />

netten Ausklang im Türkenschanzpark.<br />

Jede Gruppe bietet dabei ein eigenes<br />

studienspezifisches Programm mit jeder<br />

Menge Spaß.<br />

Das Erstsemestrigen-Tutorium ist die<br />

perfekte Möglichkeit, neue Bekanntschaften<br />

und Freundschaften zu schließen,<br />

die nicht selten noch lange in der<br />

Studienzeit erhalten bleiben.<br />

ORIENTIERUNGS-<br />

LEHRVERANSTALTUNG (OLV)<br />

Die Orientierungslehrveranstaltung ist<br />

ein freies Wahlfach (2 ECTS), das Studierende<br />

zu Beginn ihres Studiums unterstützen<br />

soll und eine Vielzahl wichtiger<br />

Punkte thematisiert. Themen wie Studienrecht,<br />

Curriculum, Studienalltag, Interessensvertretungen<br />

und „Lebensraum<br />

Universität“ werden online, im Selbststudium<br />

via <strong>BOKU</strong>learn erarbeitet.<br />

Die Studierenden sollen sich nach Absolvierung<br />

der OLV mit der Organisation<br />

ihres Studiums, an der <strong>BOKU</strong> im<br />

Allgemeinen und mit Angeboten, die<br />

außerhalb des eigenen Studiums an der<br />

<strong>BOKU</strong> existieren, auskennen und auseinandergesetzt<br />

haben.<br />

Die OLV ist als Selbstlernlehrveranstaltung<br />

konzipiert, die aus vier Modulen<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

17


esteht. Pro Semester wird monatlich<br />

ein neues Modul freigeschaltet, sodass<br />

die darin gestellten Aufgaben nacheinander<br />

erledigt werden können. Wurde<br />

das letzte Quiz bestanden, hat man nicht<br />

nur viel nützliches Wissen gewonnen,<br />

sondern kann sich auch über 2 ECTS<br />

freuen.<br />

STIMMEN DER STUDIERENDEN<br />

ERSTSEMESTRIGEN TUTORIUM<br />

O Für mich war das EST der perfekte Start ins Studium. Von Anfang an mit vielen Leuten in<br />

Kontakt kommen und gemeinsam mithilfe der Tutor*innen die Hürden des Studiumbeginns<br />

zu überwinden, war für mich die beste Basis zum Losstarten.<br />

O Das EST hat mir geholfen, mich direkt an der <strong>BOKU</strong> zurechtzufinden und andere Studierende<br />

kennenzulernen, mit denen ich die ersten Unitage meistern konnte. Einige davon<br />

sind immer noch gute Freund*innen von mir!<br />

O Ich habe gleich am ersten Tag meine Mutter angerufen, um ihr zu sagen, dass das die<br />

beste Uni ist. Auch sind viele der Studis, die ich kennengelernt habe, immer noch meine<br />

Freund*innen.<br />

ORIENTIERUNGSLEHRVERANSTALTUNG<br />

O Diese Einführung bietet einen guten Überblick über das Studium und lässt dabei den<br />

einen oder anderen Scherz nicht aus.<br />

O Die LV war unglaublich hilfreich und sehr spannend! So genau wie hier wird man selten<br />

informiert, toll strukturiert!<br />

O Ich hätte nicht gedacht, dass ich doch noch so viel Neues dazulernen würde. (…) Es ist<br />

wie ein Spiel, wo man nicht aufhören möchte und immer mehr Wissen aufsaugen will.<br />

O Man merkt alleine schon durch den Umfang und die Ausführlichkeit der LV und dass es<br />

so eine Möglichkeit erst gibt, dass es der <strong>BOKU</strong> wichtig ist, den Studierenden einen angenehmen<br />

Einstieg in das Studium zu geben.<br />

CLUB BACHELOR<br />

O Es war einfach so eine schöne, entspannte Atmosphäre – man konnte nichts falsch machen<br />

oder sagen und konnte, ohne sich dabei wie ein*e Versager*in fühlen zu müssen, auch<br />

darüber reden, womit man Probleme hat.<br />

O Den Austausch mit Höhersemestrigen fand ich sehr gut, welche einen ein bisschen beruhigt<br />

haben.<br />

O Find das Modell super.<br />

O Die Vielfalt aller angesprochenen Themen hat mir sehr geholfen.<br />

<strong>BOKU</strong> CLUB BACHELOR<br />

„Gemeinsam – Erfolgreich – Motiviert“<br />

– unter diesem Motto und ausgehend<br />

von der langjährigen Clubkultur an der<br />

<strong>BOKU</strong> (Club Habil, Professor*innen<br />

Club) entstand die Idee des Club Bachelor.<br />

Dieser Club bietet die Möglichkeit,<br />

sich sowohl studienintern als auch<br />

studienübergreifend auszutauschen, von<br />

und mit erfahrenen Studierenden zu lernen<br />

und Insidertipps für den Studienalltag<br />

zu erhalten. Dieser Austausch ist für<br />

Studierende enorm wichtig! Gemeinsam<br />

studieren ist ein Faktor zum Erfolg:<br />

• Wie organisiere ich mein Bachelorstudium<br />

effektiv?<br />

• Warum sind Lerngruppen wichtig und<br />

kann man Lernen eigentlich lernen?<br />

• Welche Initiativen außerhalb des Studiums<br />

bietet die <strong>BOKU</strong> und wo kann<br />

ich aktiv mitmachen?<br />

Diese und weitere Fragen werden bei<br />

den einzelnen Terminen behandelt – es<br />

gibt kurze Inputphasen und anschließenden<br />

Austausch untereinander sowie<br />

mit höhersemestrigen Studierenden.<br />

Gemeinsames, vernetztes und selbstgesteuertes<br />

Lernen ist eine wichtige<br />

Kompetenz für jedes Studium.<br />

Alle drei Initiativen bilden ein solides<br />

Fundament für einen erfolgreichen Studieneinstieg,<br />

für das Zurechtfinden im<br />

Hochschulalltag und für selbstgesteuertes,<br />

vernetztes Lernen als wichtige<br />

Kompetenz im Studium.<br />

•<br />

Veranstaltungen<br />

für Erstsemestrige<br />

Christian Malecki, Deborah Sailer, Sofija Matic<br />

(Erstsemestrigentutorium) ÖH <strong>BOKU</strong>; Elisabeth<br />

Gugumuck (Orientierungslehrveranstaltung)<br />

Serviceeinrichtung Studienservices; Verena Vlajo,<br />

Alexandra Strauss-Sieberth (Club Bachelor)<br />

Serviceeinrichtung Lehrentwicklung.<br />

18 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


DIDAKTIK<br />

Qualifizierung für die<br />

eigene berufliche Zukunft<br />

Von Andrea Handsteiner, Verena Vlajo und Alexandra Strauss-Sieberth<br />

Die <strong>BOKU</strong> legt großen Wert auf<br />

die Qualifikation ihrer Mitarbeitenden<br />

sowohl im wissenschaftlichen<br />

als auch im allgemeinen<br />

Bereich und stellt für<br />

die regelmäßige Fortbildung<br />

ein breites internes Schulungsprogramm<br />

bereit. Ziel ist es, die Weiterentwicklung<br />

von fachlichen, methodischen und sozialen<br />

Kompetenzen aller Mitarbeitenden<br />

der <strong>BOKU</strong> zu fördern, damit diese den<br />

Anforderungen an ihrem Arbeitsplatz<br />

professionell begegnen können.<br />

TRAININGSPASS<br />

Mit der Einführung des <strong>BOKU</strong> Trainingspasses<br />

im Jahr 2015 wurde ein wichtiger<br />

Meilenstein für die interne Fortbildung<br />

gesetzt. Der individuelle <strong>BOKU</strong><br />

Trainingspass dient als Nachweis für die<br />

eigene kontinuierliche Weiterbildung<br />

am Arbeitsplatz. Als IT-Anwendung bündelt<br />

der <strong>BOKU</strong> Trainingspass das interne<br />

Fortbildungsangebot und dient als zentrale<br />

Drehscheibe für das interne Wissensmanagement.<br />

Knapp die Hälfte der angebotenen Fortbildungen<br />

bezieht sich auf das interne<br />

Wissensmanagement: <strong>BOKU</strong>-Kolleg*innen<br />

vermitteln wichtige universitäre Rahmenbedingungen,<br />

rechtliches Grundlagenwissen,<br />

Prozess- oder Methoden-<br />

Know-how, das am Arbeitsplatz benötigt<br />

wird. Seit Einführung des Trainingspasses<br />

hat sich die Reichweite der internen Kurse<br />

markant erhöht. Die folgende Grafik<br />

zeigt den Trend: Während die Gesamtzahl<br />

der Beschäftigten von 2015 bis 2022 um<br />

13,5 Prozent zunahm, stieg die Zahl der<br />

Kursbesuche im gleichen Zeitraum stark<br />

überproportional um 79,7 Prozent.<br />

Einen besonderen Höhepunkt erreichte<br />

die Teilnahme an den Kursen während der<br />

COVID-19-Pandemie im Jahr 2021. Alle<br />

Fortbildungen fanden online statt und<br />

es war für viele Kolleg*innen einfacher,<br />

einen Kursbesuch am eigenen Bildschirm<br />

zur organisieren, als einen Kurs vor Ort<br />

an einem der <strong>BOKU</strong>-Standorte zu besuchen.<br />

Auch nach der Pandemie wird<br />

daher ein Teil der Kurse online abgehalten<br />

und ein neues Angebot an eLearning-<br />

Kursen implementiert.<br />

DIDAKTISCHE FORTBILDUNGEN<br />

Das didaktische Fortbildungsangebot<br />

wird vonseiten der <strong>BOKU</strong> Didaktik konzipiert<br />

und in enger Zusammenarbeit mit<br />

der Personalentwicklung in das Fortbildungsprogramm<br />

integriert. Die <strong>BOKU</strong><br />

Didaktik bietet jedes Semester ein vielfältiges<br />

didaktisches Fortbildungspro-<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

19


Abb. Kursbesuche proportional zum Personal Quellen: <strong>BOKU</strong> Trainingspass, Wissensbilanz<br />

3.500<br />

3.000<br />

2.500<br />

2.000<br />

2.634<br />

2.646 2.690<br />

2.878 2.853 2.957 2.944 2.991<br />

2.502<br />

2.131<br />

1.812<br />

1.940<br />

1.876<br />

+13.5 %<br />

+79.7 %<br />

1.500<br />

1.186<br />

1.442<br />

1.415<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

2015<br />

2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022<br />

Anzahl Kursbesuche<br />

1.A.1 Köpfe<br />

Linear (Anzahl Kursbesuche)<br />

Linear (1.A.1 Köpfe)<br />

gramm für Lehrende an. Dieses umfasst<br />

sowohl klassische Themen wie „Grundlagen<br />

des Lehrens und Lernens“ als auch<br />

Aspekte der modernen Hochschuldidaktik.<br />

Alle Fortbildungen sind speziell auf<br />

den Lehr- und Lernkontext an der <strong>BOKU</strong><br />

zugeschnitten und adressieren <strong>BOKU</strong>spezifische<br />

Fragestellungen. Wünsche<br />

und Anregungen der Lehrenden werden<br />

aufgegriffen, um entsprechende Fortbildungen<br />

für das folgende Semester<br />

anzubieten.<br />

Didaktische Fortbildungen stärken die<br />

Lehrkompetenz und ermöglichen es,<br />

Lehrveranstaltungen nach didaktischen<br />

Prinzipien zu gestalten. So sind Lehrende<br />

bestmöglich auf die sich dynamisch<br />

verändernden Rahmenbedingungen an<br />

Universitäten vorbereitet.<br />

Darüber hinaus ist es an der <strong>BOKU</strong> möglich,<br />

ein „Basiszertifikat Hochschullehre“<br />

zu erwerben. Das Basiszertifikat richtet<br />

sich an alle interessierten Lehrenden,<br />

insbesondere an Junglehrende am Anfang<br />

ihrer Lehrtätigkeit und an Habilitant*innen.<br />

Fundierte didaktische Kompetenzen<br />

sind ein wesentlicher Aspekt<br />

qualitativ hochwertiger Hochschullehre.<br />

Mit dem Basiszertifikat werden zentrale<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt,<br />

um Lehrveranstaltungen professionell zu<br />

gestalten.<br />

•<br />

ZVG <strong>BOKU</strong><br />

STIMMEN DER LEHRENDEN<br />

ZU DIDAKTISCHEN FORTBILDUNGEN<br />

Die didaktischen Fortbildungen sind gut organisiert,<br />

praxisnah und eine wunderbare Gelegenheit, sich mit<br />

anderen Lehrenden auszutauschen. Unter Anleitung das<br />

eigene Tun sowie den Umgang mit den Studierenden<br />

aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, ist sehr<br />

hilfreich. Didaktische Methoden und Ansätze kennenzulernen,<br />

auszuprobieren und für den eigenen Unterricht<br />

zu adaptieren, eröffnet neue Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung.<br />

Während jeder Fortbildung konnte ich<br />

neue Ideen mitnehmen und deshalb warte ich jedes Semester gespannt auf „neue“<br />

Fortbildungen, die mir helfen, auch nach jahrelanger Tätigkeit, meinen Unterricht<br />

immer wieder neu zu betrachten, zu ergänzen, aktuell zu halten und hoffentlich<br />

zu verbessern.<br />

DI in Petra Viehauser<br />

Die stetige Weiterentwicklung der Lehre ist für mich<br />

eine Herzensangelegenheit. Dabei erhalte ich wertvolle<br />

Unterstützung von der Abteilung für eLearning und<br />

Didaktik, wobei mir insbesondere die Absolvierung des<br />

„Basiszertifikats Hochschullehre“ bei der didaktischen<br />

Neuausrichtung von forschungsgeleiteten LVs hin zu<br />

motivierender Studierenden- und Kompetenzorientierung<br />

hilfreich war. Darüber hinaus unterstützt mich<br />

die „Expert*innenhospitation“ dabei, mein Potenzial im<br />

Rahmen meines selbstbestimmten Handlungsspielraums ideal zu entfalten, sodass<br />

ich zuletzt etwa innovative Lehrformate (z. B. Serious Game-based Workshops auf<br />

Basis wissenschaftlicher Simulationsmodelle) entwickeln konnte und mit meinen<br />

Studierenden bei Wettbewerben zwischen Universitäten erfolgreich (jeweils zweite<br />

Plätze bei den International Wood Supply Game Competitions 2022 und <strong>2023</strong>)<br />

teilnahm. Individuelles Coaching zu spezifischen Fragestellungen, wie etwa zur<br />

20 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Erstellung von Projektanträgen (u. a.<br />

Ars Docendi, CEEPUS Lehrendenmobilität)<br />

komplettieren das von mir<br />

stets mit viel Freude und Dankbarkeit<br />

wahrgenommene Didaktik-Serviceangebot<br />

an der <strong>BOKU</strong>.<br />

Dr. Christoph Kogler<br />

<strong>BOKU</strong><br />

ILLUSTRATION: ANIKA LEODOLTER<br />

Lehre sehe ich als große Herausforderung,<br />

bei welcher Studierende mit<br />

unterschiedlichen Vorkenntnissen<br />

und Erwartungen „abgeholt“ und im<br />

optimalen Fall in einer gemeinsamen<br />

„quality time“ bis zum Erreichen der<br />

Lernziele begleitet werden. Die Umsetzung<br />

dieses Ziels wird mit didaktischen<br />

Fortbildungen sehr erleichtert.<br />

Die intensive Beschäftigung mit<br />

dem „Constructive Alignment“ hat<br />

aufgezeigt, wie wichtig es ist, in den<br />

Lehrveranstaltungen Bedingungen zu<br />

schaffen, in denen sich Studierende<br />

selbst motivieren und für die Lerninhalte<br />

begeistern. Überraschend für<br />

mich war, wieviel man in diesen didaktischen<br />

Fortbildungen als Lehrender<br />

über seine eigene Rolle nachdenkt<br />

und eingefahrene Muster und Gewohnheiten<br />

bzw. Sichtweisen hinterfragt.<br />

Als Ergebnis dieser Reflexion<br />

lernt man, den Fokus viel stärker auf<br />

die Sicht der Studierenden zu richten.<br />

Im Sinne eines lebenslangen Lernens<br />

freue ich mich auf zukünftige Fortbildungen<br />

und Workshops.<br />

Dr. in Sabine Strauss-Goller<br />

Dr. in Andrea Handsteiner<br />

Leitung <strong>BOKU</strong><br />

Personalentwicklung<br />

DI in Alexandra<br />

Strauss-Sieberth, BEd<br />

Verena Vlajo, MSc<br />

<strong>BOKU</strong> Didaktik<br />

eLEARNING KURSE<br />

FÜR MITARBEITENDE UND STUDIERENDE<br />

Erstmalig bietet die <strong>BOKU</strong> seit dem Sommersemester allen Mitarbeitenden und<br />

Studierenden parallel eLearning-Kurse mit Zertifikatsabschluss an. Interessierte<br />

Kolleg*innen können sich zeit- und ortsungebunden die Themen „Interkulturelle<br />

Kompetenz“ und „Unconscious Bias“ erarbeiten. Mit dieser Themensetzung wird<br />

bewusst die ambitionierte Internationalisierungsstrategie der <strong>BOKU</strong> sowie das<br />

hohe Engagement für Diversitätssensibilität an der <strong>BOKU</strong> unterstützt.<br />

Beide eLearning Kurse beschäftigen sich inhaltlich zunächst mit den eigenen<br />

Werten, Prägungen und Denkmustern. Der Kurs „Interkulturelle Kompetenz“ stellt<br />

das Konzept von Kultur und verschiedene kulturelle Dimensionen vor, erklärt die<br />

Bedeutung von „Ethnozentrismus“ und „Outgroup Bias“ und liefert wichtige Ansatzpunkte<br />

für den professionellen Umgang mit kulturellen Unterschieden.<br />

Der Kurs „Unconscious Bias“ verdeutlicht, wie das Gehirn mit mentalen Abkürzungen<br />

arbeitet und wie es dabei zu kognitiven Verzerrungen kommt. Kursteilnehmende<br />

lernen Techniken zur systematischen Reduzierung von Bias-Effekten<br />

und wie sie unbewussten Vorurteilen und diskriminierenden Tendenzen gezielt<br />

entgegenwirken können.<br />

Die eLearning Kurse sind unterhaltsam und interaktiv aufgebaut. Sie sind digital<br />

barrierefrei zugänglich und können in deutscher oder englischer Sprache absolviert<br />

werden. Einmal eingeschrieben, können die Teilnehmenden die Kurse<br />

jederzeit auf ihrem Computer oder Mobiltelefon starten und die Abschnitte so<br />

oft wiederholen, wie sie möchten. Wenn alle Kapitel durchgearbeitet sind, ist ein<br />

Kurszertifikat erhältlich.<br />

TIPP: Die Kurse eignen sich hervorragend auch als Lehrmaterialien. Alle Lehrenden<br />

der <strong>BOKU</strong> können die Kurse jederzeit im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen<br />

einsetzen.<br />

Nähere Informationen finden Sie hier: https://boku.ac.at/personalentwicklung<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

21


DIDAKTIK<br />

iGEM@<strong>BOKU</strong> – Lehre trifft<br />

auf internationalen Wettbewerb<br />

Lehrveranstaltung zu Synthetischer Biologie fördert Eigeninitiative, Fachkompetenz in molekularbiologischen<br />

Techniken, Teamarbeit, Projektmanagement, Wissenschaftskommunikation<br />

und interdisziplinärem Arbeiten.<br />

Von Martin Altvater, Hans Marx und Diethard Mattanovich<br />

IGEM/JUSTIN KNIGHT<br />

Beim großen internationalen iGEM Giant Jamboree, der Abschlussveranstaltung des Wettbewerbs, treffen die Teams zusammen, um die Projekte zu<br />

präsentieren, sich mit anderen auszutauschen, von den Erfahrungen anderer zu lernen und sich zu vernetzen.<br />

Die Synthetische Biologie (SB) ist ein<br />

faszinierendes und schnell wachsendes<br />

Forschungsgebiet, das<br />

technische Prinzipien mit biologischen<br />

Systemen verschmilzt. Bereits heute<br />

haben Wissenschaftler*innen mithilfe<br />

der SB vielfältige Anwendungen entwickelt,<br />

die unser Leben maßgeblich beeinflussen<br />

und verbessern, zum Beispiel<br />

bei der Herstellung von Medikamenten<br />

oder Impfstoffen. Mithilfe synthetischer<br />

DNA, die Mikroorganismen genetisch<br />

verändert, können Forscher*innen maßgeschneiderte<br />

Therapien entwickeln,<br />

die spezifische Krankheiten gezielt bekämpfen<br />

und so die Heilungschancen<br />

verbessern.<br />

In der Landwirtschaft werden mithilfe<br />

der SB resistente und nährstoffreiche<br />

Pflanzen gezüchtet, die den Ernteertrag<br />

steigern und den Einsatz von Pestiziden<br />

verringern. Auch werden Mikroorganismen<br />

entwickelt, die Plastik recyclen,<br />

Schadstoffe abbauen und so die Umweltverschmutzung<br />

reduzieren. Durch die<br />

Entwicklung klimaresistenter Pflanzen<br />

oder der mikrobiellen Erzeugung von<br />

umweltfreundlichem Biokraftstoff kann<br />

die SB einen maßgeblichen Beitrag bei<br />

der Bekämpfung der Klimakrise leisten.<br />

Wie bei nahezu jeder Forschung ist es<br />

aber auch hier zwingend notwendig,<br />

ethische und soziale Fragen zu berücksichtigen,<br />

um mögliche Risiken und auch<br />

Vorbehalte der Öffentlichkeit zu minimieren.<br />

Daher sind die Einhaltung klarer<br />

Richtlinien und verantwortungsvolle<br />

Forschung unerlässlich.<br />

INTERNATIONALER<br />

WETTBEWERB iGEM<br />

Der iGEM (international Genetically Engineered<br />

Machine) Wettbewerb wurde<br />

2003 am Massachusetts Institute of<br />

Technology (MIT) in Boston mit fünf teilnehmenden<br />

lokalen Studierenden-Teams<br />

zum ersten Mal durchgeführt. Ziel war es,<br />

Studierenden die Möglichkeit zu geben,<br />

praktische Erfahrungen in der Synthetischen<br />

Biologie zu sammeln und innovative<br />

Projekte auf diesem Gebiet zu verwirklichen.<br />

Seit der ersten Durchführung<br />

im Jahr 2003 hat sich der iGEM-Wettbewerb<br />

rapide entwickelt und erfreut sich<br />

mittlerweile weltweit wachsender Beliebtheit.<br />

Im Laufe der letzten 20 Jahre<br />

ist die Zahl auf mehrere Hunderte Teams<br />

mit tausenden Teilnehmer*innen aus verschiedenen<br />

Ländern und Kontinenten<br />

angestiegen. Diese Teams bestehen aus<br />

10–20 Schüler*innen oder Studierenden,<br />

die eigenständig Ideen auf dem Gebiet<br />

der SB entwickeln und verwirklichen.<br />

Begleitet werden die Gruppen von professionellen<br />

Wissenschaftler*innen der<br />

jeweiligen Bildungseinrichtungen. Thematisch<br />

orientieren sich die Projekte an<br />

den SDGs der Vereinten Nationen und<br />

zeigen idealerweise Lösungen für lokale<br />

oder globale Herausforderungen in Bereichen<br />

wie Gesundheit, Energie und<br />

Ernährungssicherheit auf.<br />

Am Ende eines jeden Projektjahres treffen<br />

sich alle Teams beim großen internationalen<br />

iGEM Giant Jamboree, der<br />

22 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Abschlussveranstaltung des Wettbewerbs,<br />

um die Projekte zu präsentieren,<br />

sich mit anderen Teams auszutauschen,<br />

von den Erfahrungen anderer zu lernen<br />

und sich zu vernetzen. Der Spaß<br />

kommt beim bunten Rahmenprogramm<br />

natürlich auch nicht zu kurz. Die rasante<br />

Entwicklung der iGEM Organisation<br />

hat dazu geführt, dass sie zu einer der<br />

größten internationalen Vereinigungen<br />

im Bereich der Synthetischen Biologie<br />

geworden ist.<br />

iGEM@<strong>BOKU</strong><br />

LEHRVERANSTALTUNG<br />

Die iGEM-<strong>BOKU</strong>-Lehrveranstaltung<br />

wurde 2017 von Diethard Mattanovich<br />

am Institut für Mikrobiologie und Mikrobielle<br />

Biotechnologie mit dem Ziel ins<br />

Leben gerufen, Studierenden detaillierte<br />

Einblicke in die Welt und Arbeitsabläufe<br />

der Synthetischen Biologie zu ermöglichen.<br />

Als freie Wahllehrveranstaltung<br />

steht diese Studierenden aller Wiener<br />

Universitäten offen. So bildeten sich in<br />

den vergangenen Jahren interdisziplinäre<br />

Teams von Studierenden und Lehrenden<br />

aller Wiener Hochschulen, um eigenständig<br />

ein wissenschaftliches Projekt im<br />

Bereich der SB durchzuführen.<br />

Zu Beginn der LV diskutieren die Teilnehmer*innen<br />

über Probleme und<br />

He rausforderungen unserer Zeit und<br />

entwickeln daraus wissenschaftliche<br />

Strategien, um diese Probleme mithilfe<br />

der Synthetischen Biologie zu bewältigen.<br />

Daraufhin entwerfen und planen sie<br />

ein Forschungsprojekt und führen dieses<br />

im Labor durch. Neben der praktischen<br />

molekular- und mikrobiologischen Arbeit<br />

führen die Studierenden diverse weitere<br />

Aufgaben aus, etwa Sponsor*innen zu<br />

gewinnen, Öffentlichkeitsarbeit durch<br />

Pub-Quizzes, Umfragen, Interviews und<br />

öffentliche Infoveranstaltungen zur Vermittlung<br />

von SB. Neben dieser interdisziplinären<br />

Arbeit ist ein zusätzlicher wichtiger<br />

Gesichtspunkt die Berücksichtigung<br />

und Erörterung der potenziellen Wirkung<br />

des Projekts auf die Gesellschaft im Hinblick<br />

auf ethische und soziale Fragen<br />

und generell, wie verantwortungsvolle<br />

Wissenschaft zu betreiben ist.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

ALINA DESTINGER<br />

AUSZUG STUDIERENDEN<br />

FEEDBACK<br />

O „… einzigartige Chance den gesamten<br />

Weg eines wissenschaftlichen<br />

Projekts von der Ideenfindung<br />

über die Finanzierung bis<br />

hin zur praktischen Ausführung im<br />

Labor eigenständig zu bestreiten.“<br />

O „… Eigeninitiative, das Lösen von<br />

Problemen und Gruppenarbeit im<br />

Vordergrund - nicht das passive<br />

Zuhören.“<br />

O „… hätte viel mehr auf der Universität<br />

gelernt , wenn mehr Lehrende<br />

mutig genug wären, Studierenden<br />

freie Hand zu lassen…“<br />

O „… Komplexität von großen Projekten<br />

kennengelernt und somit<br />

für zukünftige Projekte schon viel<br />

Erfahrung gesammelt!“<br />

O „… ich konnte sehr von dieser<br />

Lehrveranstaltung profitieren und<br />

kann sie nur allen Studierenden<br />

weiterempfehlen.“<br />

O „iGEM erweitert den Horizont …”<br />

O „… durch diese LV auch persönlich<br />

sehr weiterentwickelt…“<br />

O „… sehr glücklich an iGEM teilgenommen<br />

zu haben.“<br />

Das iGEM-Team der <strong>BOKU</strong>, das 2021 erfolgreich<br />

im internationalen Wettbewerb angetreten ist.<br />

Während der gesamten LV-Zeit von<br />

neun Monaten werden die Studierenden<br />

von Wissenschaftler*innen begleitet.<br />

Neben den Hauptverantwortlichen<br />

Diethard Mattanovich, Hans Marx und<br />

Martin Altvater vermitteln weitere Professor*innen<br />

der <strong>BOKU</strong>, der Fachhochschule<br />

Wien und der Universität Wien<br />

den Studierenden ihr Fachwissen. Am<br />

Ende reicht das Team das durchgeführte<br />

Projekt beim iGEM-Wettbewerb ein<br />

und stellt es beim großen Meeting in<br />

Paris (bis 2019 in Boston) vor, bei dem<br />

sie Feedback von Expert*innen und anderen<br />

Teams erhalten und um Medaillen<br />

konkurrieren.<br />

Die Projekte der Wiener iGEM-Teams<br />

waren bisher durchaus sehr divers und<br />

beinhalteten unter anderem Themen<br />

wie die Entwicklung eines diagnostischen<br />

Schnelltests für eine seltene in<br />

den Tropen verbreitete Krankheit, die<br />

Verbesserung von Phagentherapien<br />

als vielversprechende Alternative für<br />

traditionelle Antibiotikabehandlung bei<br />

Infektionen, oder die Entwicklung von<br />

nachhaltigem Baumaterial als Ersatz für<br />

den klimaschädlichen Beton. Die Qualität<br />

der entwickelten iGEM-Projekte<br />

wurde in den letzten Jahren von der Jury<br />

immer mit einer Silber- oder Gold-Medaille<br />

gewürdigt.<br />

Diese innovative Lehrveranstaltung fordert<br />

ein hohes Maß an Eigeninitiative der<br />

Studierenden und fördert Fachkompetenz<br />

in molekularbiologischen Techniken,<br />

Teamarbeit, Projektmanagement,<br />

Wissenschaftskommunikation und interdisziplinärem<br />

Arbeiten. Studierende lernen,<br />

eigenständig zu planen, zu forschen,<br />

Probleme zu lösen und sich mit der breiten<br />

Öffentlichkeit auszutauschen. Die<br />

<strong>BOKU</strong>-Lehrveranstaltung trägt zur Weiterentwicklung<br />

der wissenschaftlichen<br />

Forschung in der Synthetischen Biologie<br />

bei und erhöht durch die Teilnahme am<br />

iGEM-Wettbewerb die Sichtbarkeit des<br />

Forschungsstandortes Wien in diesem<br />

Bereich. Auch das positive Feedback der<br />

Studierenden zeigt den außerordentlichen<br />

Wert dieser innovativen LV an der<br />

<strong>BOKU</strong>.<br />

•<br />

iGem<br />

The Heart of<br />

Synthetic Biology<br />

Univ.-Prof. Dr. Diethard Mattanovich leitet das<br />

Institut für Mikrobiologie und Mikrobielle Biotechnologie<br />

(IMMB), Dr. Hans Marx und Dr. Martin<br />

Altvater forschen und lehren am IMMB als Senior<br />

Scientists.<br />

23


„Man hat an der <strong>BOKU</strong> das Gefühl,<br />

dass hier alle an einem Strang ziehen“<br />

Christian Malecki, Sofija Matic und Deborah Sailer über ihre Vorhaben für die kommenden beiden<br />

Jahre als ÖH <strong>BOKU</strong>-Vorsitzteam, die Wahl ihres Studiums und was die <strong>BOKU</strong> einzigartig macht.<br />

Interview: Bettina Fernsebner-Kokert<br />

Wo werden eure Schwerpunkte als ÖH-<br />

Vorsitzteam in den kommenden beiden<br />

Jahren liegen?<br />

Christian Malecki: Ein niederschwelliger<br />

Zugang zur Universität ohne Zugangsbeschränkungen<br />

ist sicher einer unserer<br />

Schwerpunkte – und dass die Aufnahmeverfahren,<br />

die beispielsweise bei Umwelt-<br />

und Bioressourcenmanagement<br />

sowie Lebensmittel- und Biotechnologie<br />

abgeschafft wurden, nicht wieder eingeführt<br />

werden. Darüber hinaus würden wir<br />

die hybride Lehre aus den Corona-Jahren<br />

gerne beibehalten und wenn möglich<br />

ausbauen sowie den Verlust der Facultas-<br />

Standorte dadurch ausgleichen, indem<br />

man PDFs über <strong>BOKU</strong> Learn bekommen<br />

kann und nicht extra in den 9. Bezirk<br />

dafür fahren muss.<br />

Sofija Matic: Wir sind diesbezüglich mit<br />

dem Rektorat in gutem Kontakt.<br />

Deborah Sailer: Wie bereits gesagt, dass<br />

Studieren flexibler gestaltet und dadurch<br />

auch für alle und jede Lebenssituation<br />

zugänglicher wird, ist ein wichtiges Anliegen.<br />

Aber man darf auch die soziale<br />

Seite nicht vergessen und muss die Studierenden<br />

finanziell unterstützen, die<br />

diese Hilfe brauchen. Dazu müssen die<br />

Richtlinien des ÖH-Sozialfonds dahingehend<br />

gestaltet werden, dass diese Förderungen<br />

auch besser erfolgen können.<br />

Welche Unterstützung kann die ÖH den<br />

Studierenden geben, um die negativen<br />

24 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


FOTOS: <strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

Folgen von Teuerung und Inflation besser<br />

bewältigen zu können?<br />

Sailer: Die Überarbeitung der Richtlinien<br />

wird ein explizites Projekt sein, aber<br />

auch, darauf zu schauen, dass die wirklich<br />

Bedürftigen die finanzielle Unterstützung<br />

bekommen und nicht, wer als erstes<br />

den Förderantrag stellt. Aber genauso<br />

wichtig ist es, dafür zu kämpfen, dass<br />

auch von anderer Seite etwas passiert,<br />

beim Thema Abschaffung der Studiengebühren<br />

werden wir natürlich auch nicht<br />

lockerlassen.<br />

Was sind eure vorrangigen Forderungen<br />

an die Politik?<br />

Sailer: Freier und offener Hochschulzugang<br />

und dass alle dieselben Chancen<br />

und Möglichkeiten haben, zu studieren.<br />

Für mich als Vorarlbergerin bedeutet das<br />

bereits etwas anderes als für Studierende<br />

aus Wien, die keinen zweiten Wohnsitz<br />

brauchen. Das kann zum Beispiel für<br />

manche ein Knock-out-Kriterium sein,<br />

von denen es noch weitere gibt. Da muss<br />

noch viel getan werden.<br />

Malecki: Das gilt auch für alle unsere<br />

<strong>BOKU</strong>-Studis, die aus Drittstaaten kommen<br />

und knapp 750 Euro Studiengebühren<br />

pro Semester zahlen müssen. Das ist<br />

schon ein harter finanzieller Einschnitt.<br />

An der <strong>BOKU</strong> lag die Wahlbeteiligung mit<br />

mehr als 31 Prozent deutlich höher als der<br />

bundesweite Schnitt (21 Prozent), woran<br />

lag das eurer Meinung nach?<br />

Sailer: Wir sehen natürlich schon noch<br />

Luft nach oben. Aber was wir alle an der<br />

<strong>BOKU</strong> schätzen, ist die sehr familiäre<br />

Atmosphäre, wodurch die Vertretungsarbeit<br />

der ÖH viel besser bei den Studierenden<br />

ankommt. Wir als ÖH können<br />

einfach näher dran sein und ich glaube,<br />

das zeigt sich auch im Wahlergebnis.<br />

» »<br />

Beim Thema Abschaffung<br />

der Studiengebühren<br />

werden wir natürlich<br />

auch nicht locker lassen.<br />

Deborah Sailer<br />

Matic: Die <strong>BOKU</strong> ist von den Studis her<br />

eine politisch ziemlich aktive Uni und ich<br />

denke, dass es den Studierenden hier genauso<br />

wichtig ist, zur ÖH-Wahl zu gehen<br />

und dadurch mitzubestimmen, wie uns.<br />

Sailer: Unsere Vorgänger*innen haben<br />

einfach auch sehr gute Arbeit gemacht,<br />

das trägt sicher auch dazu bei.<br />

Wäre ein Teilzeitstudium-Modell, das einer<br />

bundesweiten gesetzlichen Regelung bedarf,<br />

ein gangbarer Weg, um Studium und<br />

Arbeit besser vereinbaren zu können?<br />

Sailer: Ich glaube, dass es höchste Zeit<br />

für ein echtes Teilzeitstudium ist, denn<br />

ein Großteil der Studierenden arbeitet.<br />

Einen Teilzeitjob mit einem Vollzeitstudium<br />

zu kombinieren, da geht die Rechnung<br />

nicht ganz auf. Hier sind die Politik<br />

und andere Stellen am Zug, um das der<br />

heutigen Realität anzupassen.<br />

Welche weiteren Herausforderungen seht<br />

ihr in der nahen und weiteren Zukunft?<br />

Sailer: Wie schon gesagt, besteht bei der<br />

hybriden Lehre noch Aufholbedarf. Teuerung<br />

und Inflation spüren Studierende<br />

extrem, da muss etwas passieren, dass<br />

uns entlastet und Studieren nicht noch<br />

weniger leistbar wird.<br />

Matic: Was Lernplätze betrifft, könnte<br />

es an der <strong>BOKU</strong> noch einige Verbesserungen<br />

geben, auch wenn die Richtung<br />

stimmt.<br />

Malecki: Ein Thema der <strong>BOKU</strong> ist immer<br />

auch die Verbesserung der Studierbarkeit,<br />

und die ETCS-Gerechtigkeit sollte<br />

man nicht vergessen. Für die Zukunft<br />

sehe ich auch durchaus den Umgang mit<br />

Die <strong>BOKU</strong> ist von den Studis<br />

her eine politisch ziemlich<br />

aktive Uni und ich denke,<br />

dass es den Studierenden<br />

hier genauso wichtig ist, zur<br />

ÖH-Wahl zu gehen<br />

und dadurch mitzubestimmen,<br />

wie uns.<br />

Sofija Matic<br />

KI und ChatGPT als Themen, die immer<br />

wichtiger werden.<br />

Gibt es Knackpunkte zwischen der Unabhängigen<br />

Fachschaftsliste <strong>BOKU</strong> und dem<br />

VSStÖ, wo ihr mögliches Konfliktpotenzial<br />

für euren gemeinsamen ÖH-Vorsitz seht?<br />

Sailer: Bis jetzt sind wir ziemlich auf einem<br />

Nenner, aber vielleicht finden wir ja<br />

die Knackpunkte noch heraus. Wir sind<br />

aber zuversichtlich, schließlich hat sich<br />

diese Kombination ja schon bewährt.<br />

Was ist euer persönlicher Antrieb, euch in<br />

der Unipolitik zu engagieren?<br />

Sailer: Ich war schon in der Schulpolitik<br />

engagiert und habe auch an der Uni wieder<br />

bemerkt, was man für Studierende<br />

bewirken und verändern kann. Ich komme<br />

aus einer Arbeiter*innenfamilie, also<br />

mein Weg war auch nicht ganz glatt und<br />

da merkt man schon, was eigentlich alles<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

25


noch getan werden muss und dass es Leute<br />

braucht, die etwas in die Hand nehmen.<br />

Matic: Ich habe auch an der Schule begonnen,<br />

mich mit Politik auseinanderzusetzen,<br />

dank einer sehr engagierten<br />

Geschichtslehrerin. An der <strong>BOKU</strong> war<br />

ich dann zunächst im Referat für Organisation<br />

und interne Kommunikation,<br />

wo ich die ersten Kontakte mit der ÖH<br />

gemacht habe und über diesen Weg zur<br />

Fachschaftsliste gekommen bin. Ich war<br />

davor auch im Senat und Mandatarin in<br />

der Universitätsvertretung.<br />

Malecki: Mir war es auch immer wichtig,<br />

mich für meine Mitmenschen einzusetzen,<br />

an der <strong>BOKU</strong> habe ich dann begonnen,<br />

mich für die Fachschaftsliste und die<br />

ÖH zu engagieren. Ich versuche auch, da<br />

ich durch mein Selbsterhalterstipendium<br />

meine Zeit leichter einteilen kann, das<br />

gut für die Studierenden zu nutzen.<br />

Warum habt ihr euch selbst für ein Studium<br />

an der <strong>BOKU</strong> entschieden?<br />

Sailer: Ich studiere Landschaftsplanung<br />

und Landschaftsarchitektur und bei mir<br />

war es tatsächlich die Kombination aus<br />

Naturwissenschaften und dem kreativen<br />

Teil, warum ich mich für dieses Studium<br />

entschieden habe. Auch mein Vater war<br />

ein wenig Inspiration, der beruflich eigentlich<br />

aus dem Tiefbau kommt, aber<br />

immer gemeint hat, würde er nochmals<br />

umschulen, würde er etwas in Richtung<br />

Garten- und Landschaftsbau machen. In<br />

erster Linie fand ich allerdings die <strong>BOKU</strong><br />

an sich sehr sympathisch, die ich aber<br />

nur kannte, weil wir Verwandte hier in<br />

Wien haben.<br />

Matic: Für mich war die <strong>BOKU</strong> überhaupt<br />

kein Begriff, ich bin eher zufällig<br />

darüber gestolpert. Aber als ich mir die<br />

Uni näher angeschaut habe, war ich total<br />

begeistert von dem Drei-Säulen-Prinzip<br />

und Naturwissenschaften waren schon<br />

immer meine Richtung. Daher habe ich<br />

mich für Lebensmittel- und Biotechnologie<br />

entschieden.<br />

Malecki: Ich habe Freund*innen, die LBT<br />

studieren, und durch die bin ich auch auf<br />

» Christian Malecki<br />

zusammen.<br />

Man hat hier an der <strong>BOKU</strong><br />

das Gefühl, dass die Studis<br />

das gleiche große Ziel haben:<br />

den Kampf gegen die<br />

Klimakrise. Das schweißt<br />

einen zusammen.<br />

die <strong>BOKU</strong> aufmerksam geworden, nachdem<br />

ich zwei Semester Maschinenbau an<br />

der TU gemacht habe. Wie ich mir das<br />

Studienangebot hier angeschaut habe,<br />

ist mir Holz- und Naturfasertechnologie<br />

aufgefallen, weil für mich Nachhaltigkeit<br />

und das Material sehr interessant waren.<br />

Was unterscheidet die <strong>BOKU</strong> eurer Ansicht<br />

nach von anderen Unis?<br />

Malecki: Der <strong>BOKU</strong>-Spirit.<br />

Was macht den für euch aus?<br />

Sailer: Für mich ist es schon das Familiäre<br />

und das solidarische Zusammenarbeiten<br />

und -leben. Ich habe an der <strong>BOKU</strong> bisher<br />

noch nie Konkurrenzverhalten erlebt und<br />

es wird einem an keiner Uni in Wien so<br />

leicht gemacht, neue Leute kennenzulernen,<br />

etwa im Erstsemestrigen-Tutorium.<br />

Aber auch mit den Lehrenden und den<br />

anderen <strong>BOKU</strong>-Angehörigen begegnet<br />

man sich auf Augenhöhe. Das hebt uns<br />

schon von anderen Unis ab.<br />

Matic: Ich habe zuvor kurz an der Uni<br />

Innsbruck studiert und wie ich dann an<br />

die <strong>BOKU</strong> gekommen bin, war das fast<br />

wie ein positiver Kulturschock für mich:<br />

Jede*r redet mit dir, wenn du Fragen<br />

hast, und hilft dir weiter oder findet jemanden<br />

mit dem notwendigen Wissen.<br />

Die Leute hier kümmern sich einfach<br />

umeinander und das finde ich toll.<br />

Malecki: Das kann ich alles nur bestätigen<br />

und natürlich fördern das Erstsemestrigen-Tutorium<br />

und die <strong>BOKU</strong>-Feste<br />

das Ganze noch zusätzlich. Man hat<br />

hier an der <strong>BOKU</strong> das Gefühl, dass alle<br />

an einem Strang ziehen und die Studis<br />

das gleiche große Ziel haben: den Kampf<br />

gegen die Klimakrise. Das schweißt einen<br />

•<br />

26 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


MINITTA KANDLBAUER<br />

„Die Beteiligung bei den ÖH-Wahlen zu<br />

heben, ist eines meiner großen Ziele“<br />

Mit Nina Mathies hat am 1. Juli nach vielen Jahren wieder eine <strong>BOKU</strong>-Studierende den Vorsitz der<br />

Bundes-ÖH übernommen. Wer den Grundstein für ihr bildungspolitisches Engagement gelegt hat,<br />

welche Ziele sie in den kommenden beiden Jahren verfolgt und was die <strong>BOKU</strong> besonders macht,<br />

erzählt die gebürtige Vorarlbergerin im Gespräch mit Bettina Fernsebner-Kokert.<br />

Gratulation zum Vorsitz in der Bundes-ÖH.<br />

Wie fühlt es sich an?<br />

Nina Mathies: Es ist schon ein bisschen<br />

überwältigend und eine große Aufgabe.<br />

Aber ich glaube, man muss sich einfach<br />

auch bisschen in die Arbeit reinstürzen<br />

und schauen, was kommt.<br />

Du warst bereits während deiner Schulzeit<br />

in Vorarlberg als Klassen-, Schul- und<br />

Landesschulsprecherin aktiv und die vergangenen<br />

beiden Jahre stellvertretende<br />

Vorsitzende der ÖH-<strong>BOKU</strong>. Woher kommt<br />

dein innerer Antrieb, dich gesellschaftspolitisch<br />

zu engagieren?<br />

Eigentlich kann ich es für mein bildungspolitisches<br />

Interesse genau benennen.<br />

Ich hatte einen für mich sehr prägenden<br />

Volksschullehrer, der in einer ganz<br />

regulären Volksschule keine Schularbeiten<br />

und keine Tests gemacht und uns<br />

keine Noten gegeben hat. Er war ein<br />

sehr strenger Lehrer und hat zwar unseren<br />

Wissensstand überprüft, aber ohne<br />

Leistungsdruck. Dank ihm fand ich meine<br />

Volksschulzeit super. Im Gymnasium<br />

habe ich dann erlebt, wie Leute in meiner<br />

Klasse und in den Parallelklassen sitzengeblieben<br />

sind, sich schwergetan haben,<br />

die weniger privilegierte Eltern oder Eltern<br />

ohne Matura hatten. Und dann gab<br />

es bei mir den Punkt, an dem ich dachte,<br />

dass das sehr unfair ist und dass ich da<br />

etwas machen will, so hat es begonnen.<br />

Was brennt aktuell am meisten bei den<br />

Studierenden?<br />

Ich finde es unglaublich, wie die soziale<br />

Lage der Studierenden einfach links<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

27


liegen gelassen wird, wir merken das extrem<br />

bei den Beratungen im Sozialreferat<br />

der ÖH. Gerade jetzt, während der<br />

Teuerung, häufen sich die Fälle, bei denen<br />

Studierende in so tiefen Schwierigkeiten<br />

stecken und es kein staatliches Netz gibt,<br />

das diese Leute auffangen würde, weil<br />

sie aus allen Beihilfen rausfallen. Weil sie<br />

internationale Studierende sind oder weil<br />

die Eltern keine finanzielle Unterstützung<br />

geben, obwohl sie viel verdienen.<br />

Manche müssen ausziehen, weil sie sich<br />

die Wohnung nicht mehr leisten können.<br />

Das Einzige, was man von der Politik bekommt,<br />

sind Einmalzahlungen, die nicht<br />

wirklich etwas abfedern können, und ein<br />

Wegschauen bei der schwierigen sozialen<br />

Lage, in der Studierende gerade sind. Das<br />

wird tiefe Einschnitte hinterlassen, wenn<br />

es so weitergeht. Im Herbst kommt die<br />

Studierenden-Sozialerhebung heraus, die<br />

alle vier Jahre durchgeführt wird – und da<br />

erwarten wir dramatische Zahlen. Zwei<br />

Drittel aller Studierenden müssen bis zu<br />

20 Stunden die Woche arbeiten, das geht<br />

sich bei einem Studium, das nur auf Vollzeit<br />

ausgerichtet ist, nicht mehr aus.<br />

Daher auch die Forderung nach einem<br />

Teilzeitstudium?<br />

Genau. Denn die Zustände werden dazu<br />

führen, dass die Quote der Arbeiter*innenkinder<br />

an den Unis und Hochschulen<br />

wieder rückläufig sein wird, dass weniger<br />

aus migrantischen Familien studieren<br />

können, weniger FLINTA* 1 -Personen. Wir<br />

dürfen keine Rückschritte machen, es<br />

hat bisher schon seit den 1970er-Jahren<br />

gedauert, bis man an einem Punkt ist, an<br />

dem die soziale Durchmischung an den<br />

Hochschulen irgendwo erkennbar ist.<br />

Gleichzeitig werden die demokratischen<br />

Mitspracherechte an den Unis immer<br />

mehr beschnitten, das hat mit der UOG-<br />

Novelle 2002 begonnen und wurde mit<br />

der UOG-Novelle 2021 weitergeführt.<br />

Ich halte es für gefährlich, der ÖH immer<br />

mehr Mitsprache und Legitimität<br />

abzusprechen.<br />

1<br />

FLINTA* ist eine Abkürzung und steht<br />

für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche,<br />

nichtbinäre, trans und agender Personen.<br />

Der angehängte Asterisk dient dabei als<br />

Platzhalter, um alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten<br />

einzubeziehen. Um<br />

explizit Queere einzubeziehen, wird auch<br />

FLINTAQ ausgeschrieben.<br />

Aber die jüngste Wahlbeteiligung von 21<br />

Prozent erweckt den Eindruck, dass die<br />

Studierenden kein sonderlich großes Interesse<br />

an Mitsprache haben …<br />

Die Beteiligung bei den ÖH-Wahlen zu<br />

heben, ist eines meiner großen Ziele. Wir<br />

planen auch eine zweijährige Arbeitsgruppe<br />

mit allen Fraktionen, die mitmachen<br />

wollen sowie dem Bildungsministerium,<br />

um die Wahlbeteiligung wieder zu<br />

erhöhen. Da möchte ich eine gemeinsame<br />

Kampagne mit allen Hochschulvertretungen,<br />

die mitmachen wollen,<br />

starten. Eine Kampagne, die auch deutlich<br />

vor den Wahlen zeigt, dass es ohne<br />

ÖH keine studentische Mitversicherung,<br />

keine Erstsemestrigen-Tutorien, kein<br />

Mitbestimmungsgremium bei den Curricula,<br />

aber auch keine Studienbeihilfe<br />

gäbe. 2025 wird die ÖH 80 Jahre alt<br />

und da planen wir, einen großen Fokus<br />

darauf zu legen, wie Studieren ohne die<br />

ÖH aus schauen würde.<br />

Der zweite Punkt sind Studierende, die<br />

einen Vollzeitjob haben – da müssen wir<br />

uns als ÖH auch anschauen, welche Angebote<br />

wir für diese Personen schaffen,<br />

beziehungsweise erweitern müssen.<br />

Unter den 390.000 Studierenden, die du<br />

seit 1. Juli vertrittst, sind neben den Unis<br />

und Fachhochschulen auch jene von Privatuniversitäten<br />

und -hochschulen. Also<br />

Studierende, deren Eltern sich teils sehr<br />

hohe Studiengebühren leisten können.<br />

Welche Unterstützung brauchen die?<br />

Die Studierenden an den Privatuniversitäten<br />

darf man nicht vernachlässigen.<br />

Viele kommen häufig nicht aus vermögenden<br />

Familien, sondern sie nehmen<br />

sich einen Kredit auf, weil sie das als<br />

Bildungsinvestment sehen. Obwohl die<br />

Studienbedingungen an Privathochschulen<br />

nicht unbedingt besser sein müssen.<br />

Warum hast du dich dafür entschieden,<br />

Umweltingenieurwissenschaften an der<br />

<strong>BOKU</strong> zu studieren?<br />

Ich kannte die <strong>BOKU</strong> eigentlich während<br />

meiner Schulzeit nicht. Aber ich habe<br />

schon mit elf Jahren in einem Aufsatz<br />

geschrieben, dass ich einmal ein Wasserkraftwerk<br />

in Italien leiten möchte, und<br />

ich habe in meiner vorwissenschaftlichen<br />

Arbeit einen ökonomisch-ökologischen<br />

Vergleich zwischen Wärme- und Wasserkraftwerken<br />

gemacht. Zunächst wollte<br />

ich Theoretische Physik oder Mathe an<br />

der Uni Wien studieren und dann hat<br />

mir eine Freundin erzählt, dass sie etwas<br />

Interessantes gefunden hat: In Wien gibt<br />

es eine Uni, die <strong>BOKU</strong>, da gibt es ein<br />

Studium, das ist wie Physik und Mathe,<br />

nur eben in der Anwendung. Und das<br />

fand ich richtig spannend, hab mich im<br />

Sommer einmal beraten lassen – und<br />

seitdem studiere ich hier und es passt<br />

für mich immer noch gut.<br />

Was macht die <strong>BOKU</strong> besonders?<br />

Bei aller Kritik am Universitätswesen<br />

schwärme ich immer sehr von der <strong>BOKU</strong>.<br />

Aus ÖH-Sicht, aber auch für die Studierenden<br />

ist es sehr angenehm, wie nahe<br />

man an den Leuten dran ist, wie gut man<br />

mit allen reden kann – wir als ÖH mit<br />

der Rektorin und die Studierenden mit<br />

den Professor*innen. Die Studierenden<br />

selbst sind alle hilfsbereit und zugänglich,<br />

das kenne ich an anderen Unis gar nicht<br />

so und es wird an der <strong>BOKU</strong> auch gefördert,<br />

dass man sich Lerngruppen sucht,<br />

weil man das Studium besser schafft,<br />

wenn man zusammenhält.<br />

Wo siehst du dich in der Zukunft? Als Leiterin<br />

eines Wasserkraftwerks in Italien oder<br />

doch in der Politik?<br />

Das weiß ich nicht und lass es auf mich<br />

zukommen. Aber ich kann mir nicht vorstellen,<br />

dass ich einmal etwas mache,<br />

wo ich nur im Büro sitze und gar nichts<br />

politisch gestalten und verändern kann.<br />

Was ich sicher zwei Mal überlegen müsste,<br />

wäre die Front-Row-Politik, weil ich<br />

auch glaube, dass man in der zweiten<br />

Reihe wahrscheinlich inhaltlich mehr machen<br />

kann. Ich mag auch das Narrativ von<br />

der ÖH als Sprungbrett in die Politik gar<br />

nicht – auch wenn ich es gut finde, wenn<br />

eine Person in die Politik geht, die sich<br />

seit ihrer Jugend engagiert hat, um etwas<br />

zu verändern. <br />

•<br />

28 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


European Bioeconomy Scientific Forum:<br />

Das Wirtschaftskonzept der Zukunft<br />

Internationale Konferenz zu Bioökonomie an der <strong>BOKU</strong>, die seit 2022 den Vorsitz der European<br />

Bioeconomy University Alliance innehat.<br />

<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

235 Teilnehmer*innen trafen einander<br />

von 6. bis 9. September beim<br />

„European Bioeconomy Scientific<br />

Forum“ an der <strong>BOKU</strong>, um die internationale<br />

und interdisziplinäre Vernetzung voranzutreiben.<br />

„Wir sehen die Bioökonomie<br />

als Wirtschaftskonzept der Zukunft“, sagte<br />

<strong>BOKU</strong>-Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />

bei der Pressekonferenz anlässlich der<br />

Konferenz. Und: „Die <strong>BOKU</strong> sieht sich<br />

als eine maßgebliche Akteurin, um die<br />

Bioökonomie mitzugestalten.“<br />

80 Prozent der <strong>BOKU</strong>-Institute fallen in<br />

den Bereich der Bioökonomie, die Martin<br />

Greimel, der Leiter des 2019 gegründeten<br />

Zentrums für Bioökonomie an der <strong>BOKU</strong>,<br />

als ein „Wirtschaften nach den Gesetzen<br />

der Natur“ beschreibt. Kreislaufwirtschaft<br />

ist ein Teil davon, geht aber vom Konzept<br />

her weniger weit, denn Bioökonomie setzt<br />

grundsätzlich auf nachwachsende Rohstoffe.<br />

„Man kann nicht beim Konsum<br />

weitermachen wie bisher und alles einfach<br />

durch nachwachsende Rohstoffe<br />

ersetzen. Da bräuchten wir zwei bis drei<br />

Erden dazu. Man muss sich also eine Prioritätenliste<br />

überlegen: Wofür verwende<br />

ich die Ressource Biomasse?“, so Greimel.<br />

Der Fokus des Europäischen Bioökonomie<br />

Wissenschaftsforums lag daher auf<br />

der Sichtbarmachung der sozialen Aspekte<br />

der Bioökonomie. „Denn“, so Greimel,<br />

„ganz ohne Reduktion und Verzicht wird<br />

es nicht gehen“. Um das Bewusstsein dafür<br />

in der Öffentlichkeit zu schärfen, hat<br />

er etwa die Etablierung eines persönlichen<br />

CO 2<br />

- oder Rohstoffkontos vorgeschlagen,<br />

bei dem man selbst Prioritäten<br />

setzen kann, um die derzeit 4,7<br />

Tonnen CO 2<br />

und 20 Tonnen Rohstoffe,<br />

die durchschnittlich jeder und jede in<br />

Österreich pro Kopf und Jahr verbraucht,<br />

zu reduzieren.<br />

Seit Herbst hat die <strong>BOKU</strong> den Vorsitz<br />

der European Bioeconomy University<br />

Alliance (EBU) inne, in der neben ihr fünf<br />

weitere Life-Sciences-Universitäten aus<br />

Frankreich, Italien, Deutschland, Finnland<br />

und den Niederlanden vertreten<br />

sind. Zwei weitere Universitäten aus<br />

Polen und Schweden wurden während<br />

der Konferenz neu aufgenommen. „Wir<br />

wollen wichtiger Stakeholder auf europäischer<br />

Ebene sein“, sagte Rektorin<br />

Eva Schulev-Steindl. Das begrüßte auch<br />

Peter Wehrheim von der Generaldirektion<br />

Forschung und Innovation in der<br />

Europäischen Kommission, der die 2012<br />

auf EU-Ebene beschlossene und 2018<br />

überarbeitete Bioökonomie-Strategie<br />

einen wichtigen Teil des Green Deal der<br />

Kommission nannte. „Bioökonomie ist<br />

eines der Standbeine auf dem Weg zur<br />

klimaneutralen Wirtschaft.“ Gleichzeitig<br />

setze aber etwa die chemische Industrie<br />

weiterhin in hohem Ausmaß auf fossile<br />

Rohstoffe. Hier seien noch viele Anstrengungen<br />

nötig, wie überhaupt die<br />

angestrebte Grüne Transformation noch<br />

vieler Diskussionen bedürfe.<br />

Österreich hat seit 2019 eine Bioökonomiestrategie<br />

und seit November 2022<br />

auch einen Aktionsplan zu ihrer Umsetzung.<br />

(APA/fern) <br />

•<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

29


Arbeitsmarktperformance der<br />

<strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen: Schnell im Job,<br />

der noch dazu zufrieden macht Von Elfriede Wagner<br />

In einer Welt, die von drängenden Umweltproblemen<br />

und der Klimakrise<br />

geprägt ist, spielen die Absolvent*innen<br />

der <strong>BOKU</strong> eine wichtige Rolle. Als<br />

führende Universität im Bereich Nachhaltigkeit<br />

hat sich die <strong>BOKU</strong> einen Namen<br />

gemacht. Doch was machen unsere<br />

Absolvent*innen nach ihrem Abschluss<br />

und wie erfolgreich sind sie auf dem Arbeitsmarkt?<br />

Die aktuelle Analyse <strong>2023</strong><br />

zur Arbeitsmarktperformance gibt Einblicke<br />

in die beruflichen Wege unserer<br />

Alumni.<br />

bei ist wichtig anzumerken, dass viele<br />

Absolvent*innen, die weiterstudieren,<br />

bereits berufstätig sind. Tatsächlich waren<br />

42 Prozent der weiterstudierenden<br />

Bachelorabsolvent*innen des Abschlussjahrgangs<br />

2019/20 zwölf Monate nach<br />

Abschluss über der Geringfügigkeitsgrenze<br />

erwerbstätig.<br />

JE HÖHER DER ABSCHLUSS, DESTO<br />

SCHNELLER DER JOBEINSTIEG<br />

Für diejenigen, die einen Job suchen,<br />

gestaltet sich der Einstieg in den Arbeitsmarkt<br />

in der Regel recht zügig. Bachelorabsolvent*innen<br />

finden durchschnittlich<br />

zwei bis drei Monate nach Abschluss eine<br />

Erwerbstätigkeit, Masterabsolvent*innen<br />

bereits nach ein bis zwei Monaten.<br />

Absolvent*innen mit Doktorat finden<br />

großteils sogar schon vor ihrem Abschluss<br />

eine dauerhafte Anstellung.<br />

Bei genauer Betrachtung der verschiedenen<br />

Fachbereiche der <strong>BOKU</strong>-Studien wird<br />

deutlich, dass Absolvent*innen im Bereich<br />

NACH DEM STUDIUM IST<br />

VOR DEM STUDIUM?<br />

Ein interessanter Trend zeigt sich bei den<br />

Bachelorabsolvent*innen. Während vor<br />

zehn Jahren noch 93 Prozent direkt nach<br />

ihrem Bachelorabschluss ein weiterführendes<br />

Studium begannen, ist dieser Anteil<br />

auf 83 Prozent gesunken. Ähnliches<br />

gilt für die Masterabsolvent*innen, bei<br />

denen der Anteil der Weiterstudierenden<br />

auf 23 Prozent gesunken ist. Dader<br />

Agrarwissenschaften am schnellsten<br />

eine Anstellung finden. Die längste Jobsuche<br />

haben hingegen Landschaftsplaner*innen<br />

und -architekt*innen vor sich,<br />

die vergleichsweise mit den größten Herausforderungen<br />

am Arbeitsmarkt konfrontiert<br />

sind: Sie erzielen die niedrigsten<br />

Einstiegsgehälter, die Vollzeitquote ist am<br />

geringsten und bereits beim Berufseinstieg<br />

besteht ein hoher Gender Pay Gap<br />

im Vergleich zu den Absolvent*innen der<br />

anderen Fachbereiche der <strong>BOKU</strong>.<br />

Insgesamt ist die Arbeitslosenquote der<br />

<strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen jedoch sehr<br />

niedrig. Nur vier Prozent der Bachelorabsolvent*innen,<br />

zwei Prozent der Masterabsolvent*innen<br />

und drei Prozent der<br />

Doktoratsabsolvent*innen sind zwei Jahre<br />

nach Abschluss arbeitslos gemeldet.<br />

KLIMAAKTIV IM JOB<br />

Die Bewältigung der Klimakrise prägt<br />

die berufliche Tätigkeit vieler <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen.<br />

Mehr als die Hälfte von<br />

30 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Quelle: ISTAT – KOAB-Absolvent*innenbefragung (Befragung der JG 2017/18 bis 2019/20); eigene Auswertung.<br />

Bildquelle Hand mit Erde: macrovector / Freepik<br />

ihnen gibt an, aktiv einen Beitrag zur<br />

Bewältigung der Klimakrise zu leisten.<br />

Dieses Engagement erstreckt sich über<br />

alle Fachbereiche und umfasst eine Vielzahl<br />

von Tätigkeiten, Beispiele dafür in<br />

der Abbildung.<br />

SOWOHL FACHWISSEN ALS<br />

AUCH INTERDISZIPLINÄRES<br />

DENKEN GEFRAGT<br />

Drei von vier Absolvent*innen sehen<br />

eine enge fachliche Beziehung zwischen<br />

ihrem Studium und ihren beruflichen<br />

Aufgaben. Dieser Zusammenhang wird<br />

mit höheren Studienabschlüssen stärker.<br />

Im Vergleich der Fachbereiche wird<br />

deutlich, dass KTWW-Absolvent*innen<br />

die stärkste fachliche Beziehung zwischen<br />

Berufstätigkeit und Studium herstellen<br />

können, Umwelt- und Bioressourcenmanagement-Absolvent*innen<br />

die niedrigste.<br />

Schließlich zeigt sich, dass mit höheren<br />

Studienabschlüssen auch die Anforderungen<br />

an die Kompetenzen steigen.<br />

Eigenständiges Arbeiten, Planungs- und<br />

Organisationsfähigkeit, Flexibilität in<br />

neuen Situationen sowie das Erkennen<br />

von Zusammenhängen und die Bewertung<br />

von Informationen gehören zu den<br />

besonders geforderten Fähigkeiten.<br />

Die Interdisziplinarität unserer Studien<br />

spielt eine bedeutende Rolle bei<br />

der Jobsuche. Sechs von zehn Absolvent*innen<br />

geben an, dass ihnen das<br />

Drei-Säulen-Prinzip der <strong>BOKU</strong> mit seiner<br />

hohen Interdisziplinarität bei der<br />

Stellensuche geholfen hat. Insbesondere<br />

Absolvent*innen der Fachbereiche,<br />

Kulturtechnik- und Wasserwirtschaft,<br />

Lebensmittel- und Biotechnologie sowie<br />

Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur<br />

sehen darin einen klaren<br />

Vorteil.<br />

Die Zufriedenheit der <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen<br />

mit ihrer beruflichen Situation<br />

ist hoch. Drei von vier erwerbstätigen<br />

Absolvent*innen geben an, mit ihrer beruflichen<br />

Situation insgesamt zufrieden<br />

zu sein. Die Zufriedenheit steigt, je höher<br />

der akademische Abschluss ist.<br />

Die Absolvent*innenstudien bieten also<br />

spannende Einblicke über den Verbleib<br />

der <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen. Sie zeigen,<br />

dass sie mit ihrem breitgefächerten Wissen<br />

und ihren fachlichen Fähigkeiten<br />

einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung<br />

der Klimakrise sowie zur Gestaltung<br />

einer nachhaltigen Zukunft leisten<br />

können und dabei berufliche Zufriedenheit<br />

finden.<br />

•<br />

Weitere Ergebnisse aus<br />

unseren Arbeitsmarktstudien<br />

finden Sie hier:<br />

https://short.boku.ac.at<br />

karriere<strong>2023</strong><br />

Ing. in Mag. a Elfriede Wagner ist in der Stabsstelle<br />

Qualitätsmanagement tätig.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

31


Hightech<br />

mit<br />

Teamgeist<br />

Welche fachliche Basis das <strong>BOKU</strong>-Studium für ihre jetzige Tätigkeit bei Boehringer Ingelheim geschaffen hat<br />

und wie die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens aussehen, erzählen vier<br />

Absolvent*innen im Gespräch mit Bettina Fernsebner-Kokert.<br />

32 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


FOTOS: BOEHRINGER INGELHEIM<br />

„Es gibt zahlreiche<br />

Möglichkeiten, mich<br />

weiterzuentwickeln.“<br />

DR. CLEMENS HEISSENBERGER<br />

Was ist Ihr Tätigkeitsbereich bei Boehringer<br />

Ingelheim?<br />

Clemens Heissenberger: Aktuell bin ich<br />

in der Abteilung Engineering und Technology<br />

tätig, als Unit-Leiter für Plant Engineering.<br />

Dort haben wir die technische<br />

Verantwortung für unsere Produktionsanlagen<br />

im mikrobiellen Bereich über.<br />

Was haben Sie an der <strong>BOKU</strong> studiert?<br />

Zunächst wollte ich Medizin studieren<br />

und hatte die Aufnahmsprüfung auch<br />

bestanden, aber dann habe ich Lebensmittel-<br />

und Biotechnologie entdeckt und<br />

gefunden, dass das Studium ein guter Mix<br />

aus Technik, Biologie und Chemie ist und<br />

habe mich für die <strong>BOKU</strong> entschieden.<br />

Meinen Master habe ich in medizinischer<br />

bzw. pharmazeutischer Biotechnologie<br />

gemacht und anschließend meinen PhD<br />

im Bereich Alterungsforschung, ebenfalls<br />

am Department für Biotechnologie<br />

der <strong>BOKU</strong>. Seit September 2020 bin ich<br />

bei Boehringer und hatte dort die tolle<br />

Gelegenheit, das globale Traineeprogramm<br />

für zukünftige Führungskräfte<br />

absolvieren zu können, und seit genau<br />

einem Jahr bin ich in meiner jetzigen<br />

Position mit zehn Mitarbeiter*innen.<br />

Wie sieht dieses globale Traineeprogramm<br />

aus?<br />

Innerhalb des Konzerns gibt es zahlreiche<br />

Standorte, die beiden größten befinden<br />

sich in Deutschland, direkt in Ingelheim<br />

und in Biberach – aber wir haben auch<br />

Niederlassungen in Freemont in Kalifornien<br />

und in Shanghai, hier in Wien<br />

nehmen wir ein bis drei Trainees pro Jahr<br />

auf. Das Programm läuft zwei bis drei<br />

Jahre, man rotiert dann alle sechs bis<br />

neun Monate als Projektleiter*in von<br />

einer Fachabteilung zur nächsten, etwa<br />

von der Quality Control zum Engineering,<br />

in die Produktion und danach in die<br />

Strategieabteilung – so lernt man das<br />

Unternehmen schnell in seiner gesamten<br />

Bandbreite kennen. Ich selbst war ein<br />

halbes Jahr in Biberach, mit Shanghai hat<br />

es damals leider wegen Corona nicht geklappt.<br />

Während der gesamten Trainee-<br />

Zeit hat man einen Mentor aus der Führungsebene<br />

an der Seite, um sich mit<br />

dem Management abstimmen zu können.<br />

Das spezielle Wissen, das man sich an<br />

der Uni aneignet, ist ja nur ein Bruchteil<br />

dessen, was den Job ausmacht – da geht<br />

es beispielsweise auch um Marketing,<br />

Strategie, Bauprojekte, Behördenkommunikation<br />

oder regulatorische Belange.<br />

Das heißt, Boehringer bietet seinen Mitarbeiter*innen<br />

viele Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Definitiv, Boehringer Ingelheim ist ein<br />

großes Unternehmen und kein Start-up.<br />

Es gibt eine gute Konsenskultur, Dinge<br />

werden innerhalb der Gruppe ausgesprochen,<br />

was natürlich länger dauert<br />

als bei einem kleinen, neu gegründeten<br />

Unternehmen. Es gibt hier viele Benefits:<br />

die wirtschaftliche Sicherheit, es ist ein<br />

familiengeleitetes Unternehmen, das<br />

nicht börsennotiert ist – das bedeutet,<br />

dass die Entscheidungen, die getroffen<br />

werden, vielleicht langsamer, aber dafür<br />

bewusst nachhaltiger sind. Damit kann<br />

ich mich gut identifizieren.<br />

Der zweite Aspekt sind die zahlreichen<br />

Möglichkeiten, mich innerhalb des Konzerns<br />

fachlich, persönlich oder in meinen<br />

Erfahrungen weiterzuentwickeln.<br />

Weiterbildung oder der Wechsel in eine<br />

andere Abteilung werden vom Unternehmen<br />

gefördert, weil sie neue Blickwinkel<br />

bringen.<br />

Wie hat Sie Ihr Studium an der <strong>BOKU</strong> auf<br />

Ihren Job vorbereitet – sowohl fachlich<br />

als auch, was z. B. das Arbeiten im Team<br />

betrifft?<br />

Die <strong>BOKU</strong> hat mir eine gute fachliche<br />

Basis mitgegeben, man muss ehrlicherweise<br />

sagen, mehr ist es nicht, aber deswegen<br />

gibt es ja auch das learning on the<br />

job. Vor allem die vier Jahre während des<br />

Doktoratsstudiums sind sehr prägend<br />

und lehrreich, man lernt mit Niederlagen<br />

umzugehen, das Commitment für<br />

ein Projekt, wie man an Fragestellungen<br />

herangeht. Das hat mich beim Biotechnologie-Master<br />

nochmals „runder“ gemacht<br />

und ich könnte viele Dinge nicht<br />

so sehen, wie ich sie jetzt sehe.<br />

Welche Tipps würden Sie jungen Kolleg*innen<br />

geben, die eine ähnliche Karriere einschlagen<br />

wollen?<br />

Es gibt sicher kein Standard-Prozedere,<br />

aber ich glaube, es ist zielführend, wenn<br />

man während des Studiums Gas gibt – und<br />

sich an Kolleg*innen orientiert, die sich<br />

ebenfalls engagieren. Das hat man selbst<br />

in der Hand. Ich bin ein großer Freund<br />

der <strong>BOKU</strong> und der Wissenschaft, aber für<br />

mich war es nach der Dissertation Zeit, in<br />

ein Unternehmen zu gehen. •<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

33


„Es herrscht ein<br />

sehr familiäres<br />

Umfeld“<br />

MARTIN KELLNER, MA<br />

Was ist Ihr Tätigkeitsbereich bei Boehringer<br />

Ingelheim?<br />

Aktuell bin ich Senior Process Engineer<br />

und für den Prozesstransfer biopharmazeutischer<br />

Produktionsprozesse zuständig,<br />

also für den Downstream – damit<br />

wird gewährleistet, dass das Produkt auch<br />

die gewünschte Qualität hat. Ich habe<br />

bereits 2014 während meines Studiums<br />

ein Praktikum in der Prozessentwicklung<br />

bei Boehringer gemacht, da wurde mir<br />

auch angeboten, die Masterarbeit im<br />

Unternehmen zu machen. Was ich natürlich<br />

dankend angenommen habe, weil<br />

es eine einmalige Gelegenheit war. Und<br />

seitdem bin ich bei Boehringer Ingelheim,<br />

zunächst in der Entwicklung, danach fünf<br />

Jahre als Scientist in der Pilotanlage und<br />

seit zwei Jahren bin ich in meiner jetzigen<br />

Position als Prozessingenieur tätig<br />

– einen großen Teil davon im Microbial-<br />

Bereich und jetzt in der Zellkultur.<br />

Wie war Ihr schulischer Werdegang und<br />

was haben Sie an der <strong>BOKU</strong> studiert?<br />

Ich habe nach der Matura in der HBLVA<br />

Rosensteingasse mit Lebensmittel- und<br />

Biotechnologie an der <strong>BOKU</strong> begonnen<br />

und den Master in Biotechnologie gemacht.<br />

Meine Entscheidung, an die <strong>BOKU</strong><br />

zu gehen, ist schon vor meiner Matura<br />

festgestanden, weil sie einen sehr guten<br />

Ruf im Bereich Life Sciences hat. Aber<br />

auch im Bereich Agrarwissenschaften und<br />

Umwelt- und Bioressourcenmanagement<br />

ist die <strong>BOKU</strong> gut aufgestellt. Ich habe<br />

es nie bereut, hier zu studieren, sondern<br />

genossen, weil das Studentenleben an der<br />

<strong>BOKU</strong> sehr von Freundschaften, Zusammenhalt<br />

und Unterstützung geprägt war.<br />

Was zeichnet Boehringer Ingelheim als<br />

Arbeitgeber aus?<br />

Boehringer Ingelheim ist ein sehr großes<br />

Unternehmen, aber ein Familienunternehmen<br />

und das spürt man. Es herrscht<br />

ein sehr familiäres Umfeld mit vielen<br />

Möglichkeiten zur internen wie zur externen<br />

Weiterentwicklung und einem guten<br />

Sportangebot. Ich gehe die kommenden<br />

fünf Monate in Elternkarenz, auch das<br />

wird bei Boehringer selbstverständlich ermöglicht,<br />

also ich arbeite sehr gerne hier.<br />

Wie hat Sie Ihr <strong>BOKU</strong>-Studium auf Ihren<br />

Job vorbereitet – sowohl fachlich als auch,<br />

was etwa das Arbeiten im Team betrifft?<br />

Die <strong>BOKU</strong> hat mit der Wissensvermittlung<br />

im Studium einen sehr soliden<br />

Grundstein geschaffen, nicht nur in der<br />

Theorie, sondern auch, wie es in der Praxis<br />

abläuft. In meiner Position ist es sehr<br />

wichtig, mit Kolleg*innen aus anderen<br />

Bereichen und Funktionen zu arbeiten,<br />

wir haben sehr viele Schnittstellen zu<br />

anderen Bereichen wie Quality Control,<br />

Entwicklung, Supply Chain oder zum Projektmanagement.<br />

Als Prozessingenieur<br />

ist man da der Knotenpunkt: Das Management<br />

möchte etwa wissen, wie die<br />

Qualität war und ob wir genug Wirkstoff<br />

produzieren, dann möchte ich wiederum<br />

von der Quality Control wissen, ob die<br />

Analytik gepasst hat, die Supply Chain<br />

fragt an, ob wir mehr Rohstoffe brauchen<br />

– und diese Fähigkeit, an einer Schnittstelle<br />

im Team zu arbeiten, habe ich auf<br />

jeden Fall von der <strong>BOKU</strong> mitgenommen.<br />

Welche Tipps würden Sie jungen Kolleg*innen<br />

geben, die eine ähnliche Karriere einschlagen<br />

wollen?<br />

Auf jeden Fall die Sommerferien für<br />

Praktika zu nutzen, um Erfahrung zu<br />

sammeln, weil einem dann später der<br />

Schritt ins Arbeitsleben leichter fällt. Gut<br />

ist es sicher auch, wenn man Praktika in<br />

unterschiedlichen Bereichen sammelt,<br />

weil es einem dabei hilft, den Zweig, die<br />

Richtung zu finden, die einen wirklich<br />

interessiert – die Biotechnologie ist ja<br />

sehr vielfältig. Wir nehmen immer gerne<br />

Praktikant*innen, einfach bei den ausgeschriebenen<br />

Stellen schauen. •<br />

„Man lernt,<br />

in größeren<br />

Zusammenhängen<br />

zu denken“<br />

STEFANIE NEUNER, MA<br />

In welchem Bereich arbeiten Sie derzeit bei<br />

Boehringer Ingelheim?<br />

Ich bin gerade in der Abteilung Projektmanagement<br />

in der Qualitätskontrolle,<br />

davor war ich Lead Analyst im In-Prozess-Kontrolllabor,<br />

wo wir alle Proben<br />

aus der Produktion, die sofort untersucht<br />

werden müssen, analysieren. Bei<br />

Boehringer Ingelheim bin ich seit 2019.<br />

Was haben Sie an der <strong>BOKU</strong> studiert?<br />

Ich habe Lebensmittel- und Biotechnologie<br />

studiert und dann den Master im<br />

Bereich Zellkultur in Biotechnologie gemacht.<br />

Was zeichnet Boehringer als Arbeitgeber<br />

aus?<br />

Ich finde, dass hier ein sehr guter Teamgeist<br />

herrscht und auch die sozialen Benefits<br />

finde ich super, etwa, dass man bei<br />

Laufveranstaltungen mitmachen kann,<br />

die Einarbeitungstage, damit man zum<br />

Beispiel an einem Fenstertag frei nehmen<br />

kann.<br />

34 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Wie hat Sie Ihr Studium an der <strong>BOKU</strong> auf<br />

Ihren Job vorbereitet – sowohl fachlich<br />

als auch, was z. B. das Arbeiten im Team<br />

betrifft?<br />

Den Teamgeist, den ich bei Boehringer<br />

so schätze, hat es an der <strong>BOKU</strong> ebenfalls<br />

gegeben. Im Studium bekommt man<br />

einen guten fachlichen Überblick und<br />

auf dieser Basis kann man dann bei der<br />

Spezialisierung im Job gut aufbauen. Weil<br />

die <strong>BOKU</strong> sehr interdisziplinär ist, lernt<br />

man dort auch, in größeren Zusammenhängen<br />

zu denken.<br />

Welche Tipps würden Sie jungen Kolleg*innen<br />

geben, die eine ähnliche Karriere einschlagen<br />

wollen?<br />

Man sollte offen sein und sich nach dem<br />

Studium bei den Bewerbungen nicht auf<br />

einen bestimmten Bereich festlegen und<br />

einfach ein wenig schauen, was auf einen<br />

zukommt. Projektmanagement, also der<br />

Bereich, in dem ich derzeit bei Boehringer<br />

arbeite, ist zum Beispiel etwas, das<br />

man – neben einigen Trainings – handson<br />

im Job lernt.<br />

•<br />

„Es wird<br />

sehr langfristig<br />

gedacht“<br />

DR. NIKOLAUS HAMMERSCHMIDT<br />

In welchem Bereich arbeiten Sie derzeit bei<br />

Boehringer Ingelheim?<br />

Ich bin in der mikrobiellen Downstream-<br />

Prozessentwicklung tätig. Es gibt bei uns<br />

zwei Schienen: Wir kriegen einerseits<br />

Moleküle aus der eigenen Entwicklungs-<br />

Pipeline, die es großtechnisch herzustellen<br />

gilt und dafür ist ein Prozess<br />

notwendig, der bei uns federführend<br />

entwickelt und dann in Prozessanlagen<br />

transferiert wird. Das gleiche machen<br />

wir auch für Kundenprojekte mit externen<br />

Molekülen aus allen Phasen der<br />

Prozessentwicklung: Das reicht von<br />

ganz frühen Phasen der klinischen Entwicklung<br />

oder teilweise bekommen wir<br />

nur die Sequenz und entwickeln für den<br />

Kunden den Prozess. Es kann aber auch<br />

sein, dass der Prozess bereits fertig ist,<br />

bereits in einer Anlage des Kunden läuft<br />

und primär nur transferiert werden soll<br />

– und da jede Anlage anders ist, nehmen<br />

wir dann die erforderlichen minimalen<br />

Anpassungen vor.<br />

Ich habe Mitte 2018 im Unternehmen<br />

begonnen, zunächst in der Entwicklungsabteilung,<br />

in der Pilotanlage als Projekt<br />

Scientist, wo wir als Nebenschiene auch<br />

Technologieentwicklung betreiben. Dort<br />

bilden wir auch Student*innen aus. Seit<br />

zwei Jahren bin ich Unit Leiter eines rund<br />

zwölfköpfigen Teams aus Scientists und<br />

Labortechniker*innen.<br />

In welche Richtung haben Sie sich während<br />

Ihres Studiums an der <strong>BOKU</strong> spezialisiert?<br />

Ich habe mich im Master auf Biotechnologie<br />

spezialisiert und bin im Zuge<br />

meiner Masterarbeit bei Professor Jungbauer<br />

durch zwei Praktika während meines<br />

Studiums sozusagen in den Bereich<br />

Downstream hineingeschlittert und<br />

habe dort auch mein Doktorat gemacht<br />

und dann noch knapp drei Jahre PostDoc<br />

drangehängt, bevor ich zu Boehringer<br />

gegangen bin.<br />

Was macht Boehringer als Arbeitgeber<br />

aus?<br />

Es ist das einzige Pharma-Unternehmen<br />

dieser Größenordnung, das ein nicht<br />

börsennotiertes Familienunternehmen<br />

ist. Und nach fünf Jahren kann ich sagen,<br />

dass man das auch merkt. In den Geschäftsprozessen<br />

wird vielleicht nicht<br />

in Generationen, aber sehr langfristig<br />

gedacht.<br />

Wie hat Sie Ihr Studium an der <strong>BOKU</strong> auf<br />

Ihren Job vorbereitet – sowohl fachlich als<br />

auch auf das Arbeiten im Team?<br />

Lebensmittel- und Biotechnologie ist ein<br />

Querschnittsstudium aus Verfahrenstechnik,<br />

Chemie und Biologie und das<br />

hat mich sehr gut auf meine jetzige, sehr<br />

interdisziplinäre Tätigkeit vorbereitet. In<br />

meinem Team habe ich Spezialist*innen,<br />

die ich anleiten muss: Der Molekularbiologe<br />

hat wenig Ahnung von Verfahrenstechnik<br />

und der Verfahrenstechniker<br />

wiederum herzlich wenig Ahnung von<br />

Fermentation. <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen<br />

sind hier im Unternehmen vielfach an<br />

diesen Knotenpunkten eingesetzt, weil<br />

es oft um die Frage geht, was in eineinhalb<br />

Jahren sein wird und wenn wir etwas<br />

heute nicht machen, dann können wir<br />

später Probleme haben.<br />

Auch in meiner PostDoc-Zeit habe ich<br />

interdisziplinäres Arbeiten gelernt, habe<br />

gelernt zu schauen, wer was kann, weil<br />

in den Arbeitsgruppen von Bachelorstudierenden<br />

bis zu Senior PostDocs alle<br />

vertreten sind.<br />

Welche Tipps würden Sie jungen Kolleg*innen<br />

geben, die eine ähnliche Karriere einschlagen<br />

wollen?<br />

Auch wenn es selbstverständlich klingen<br />

mag, aber man sollte sich einfach<br />

aufs Studium konzentrieren. Möglichst<br />

unterschiedliche Praktika sind eine gute<br />

Gelegenheit herauszufinden, was einen<br />

interessiert, aber auch draufzukommen:<br />

das ist es nicht. Ich habe bereits während<br />

des Bachelorstudiums immer Praktika<br />

gemacht, das erste war bei der AGES<br />

im Bereich Futtermittelanalytik. Dann<br />

habe ich auch ein Praktikum bei Novartis<br />

in Kundl in der Fermentation gemacht –<br />

und habe dadurch einen Fuß in den Konzern<br />

bekommen und im Jahr darauf in<br />

Basel einen Praktikumsplatz bekommen,<br />

der im Bereich Downstream war. Mein<br />

Laborleiter war sehr engagiert und hat<br />

mir einen dreimonatigen Forschungsauftrag<br />

gegeben, das war für mich der<br />

Trigger, dass ich an der <strong>BOKU</strong> dann ein<br />

Wahlfach bei Alois Jungbauer gemacht<br />

habe.<br />

•<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

35


FOTOS: <strong>BOKU</strong>/CHRISTOPGH GRUBER<br />

Podiumsgäste (v.li.) Reinhard Steurer (<strong>BOKU</strong>), Astrid Rössler (Nationalratsabgeordnete Die Grünen) und Kirsten v. Elverfeldt (Universität Klagenfurt).<br />

Gesellschaftliche Verantwortung in der Klimakrise:<br />

Was soll und darf Wissenschaft leisten?<br />

Die Tagung „Nachhaltigkeit im Diskurs“ an der <strong>BOKU</strong> ging den Fragen nach Aktivismus, neuen<br />

Kommunikationsformen und der Rolle der Forschenden im gesellschaftlichen Diskurs nach. Von Julia Knogler<br />

hard Steurer (Assoc. Prof. an der <strong>BOKU</strong>)<br />

und 40 weitere Wissenschaftler*innen<br />

stellen sich hinter den Klimaprotest der<br />

„Letzten Generation“. In der Pressekonferenz<br />

solidarisiert sich die Gruppe sowohl<br />

aus naturwissenschaftlicher Sicht<br />

mit den Forderungen als auch aus sozialwissenschaftlicher<br />

Sicht mit den Methoden<br />

des zivilen Widerstands, um auf den<br />

Klimanotstand aufmerksam zu machen.<br />

Die Aktion warf innerhalb des Universitätswesens,<br />

auch innerhalb der <strong>BOKU</strong>,<br />

neue Fragen auf: Wie „aktivistisch“ kann,<br />

darf oder muss Wissenschaft sein? Wie<br />

sollen wissenschaftliche Erkenntnisse an<br />

die Bevölkerung und die Politik kommu-<br />

Waldbrände, Überflutungen,<br />

Dürren: Klimakatastrophen<br />

zeigen sich im täglichen<br />

Nachrichtenüberblick<br />

schon jetzt deutlich. Die<br />

Klimakrise hat einen kritischen Punkt<br />

erreicht und gefährdet internationale<br />

Menschenrechte – insbesondere die<br />

Rechte zukünftiger Generationen. Welche<br />

Rolle soll die Wissenschaft angesichts<br />

der Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen<br />

einnehmen? Und welche Verantwortung<br />

kommt ihr zu?<br />

Dienstag, 10. Jänner <strong>2023</strong>, 08:15 Uhr<br />

morgens am Wiener Praterstern: Reinniziert<br />

werden? Und welche Maßnahmen<br />

sind gerechtfertigt, wenn die kommunizierten<br />

wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

ignoriert werden?<br />

Diese Fragen standen am 21. Juni <strong>2023</strong><br />

an der <strong>BOKU</strong> im Fokus. Auf Initiative von<br />

Rektorin Eva Schulev-Steindl beschäftigte<br />

sich die Tagung „Nachhaltigkeit<br />

im Diskurs“ mit der Verantwortung der<br />

Wissenschaft in der Klimakrise. Drei Perspektiven<br />

aus Natur-, Sozial- und Rechtswissenschaft<br />

wurden in Impuls-Vorträgen<br />

eingebracht. Im Anschluss wurde die<br />

Auslegung des Universitätsgesetzes mit<br />

Expert*innen diskutiert. <br />

•<br />

36 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


NATURWISSENSCHAFTEN IN DER<br />

KLIMAKRISE. WAS TUN MIT DER<br />

WISSENSCHAFTLICHEN EVIDENZ?<br />

Vortrag von Univ.-Prof. Gerhard J. Herndl Von Elina Stanek und Julia Knogler<br />

Im Jahr 1956 veröffentlichten Hans<br />

Suess und Roger Revelle die erste<br />

Publikation über die globale Erwärmung,<br />

verursacht durch den Anstieg<br />

von Kohlendioxid in der Atmosphäre.<br />

Seither wurde der Klimawandel intensiv<br />

erforscht, die Datenlage stieg und die<br />

Prognosen wurden exakter. Nun stellt<br />

sich die Frage: Was machen wir mit all<br />

diesen Daten?<br />

Roger Revelle und Hans Suess<br />

Zwei „Theories of Change“ herrschen<br />

in der Wissenschaft vor: Entweder<br />

Wissenschaftler*innen generieren Informationen,<br />

die von der Politik aufgenommen<br />

und in Entscheidungen umgesetzt<br />

werden, oder sie informieren<br />

die Öffentlichkeit, die dann Druck auf<br />

die Politik ausübt. Beide Theorien erwiesen<br />

sich laut Herndl als nicht praxistauglich.<br />

Politische Entscheidungsträger*innen<br />

und Meinungsführer*innen<br />

reagieren selten auf wissenschaftliche<br />

Evidenz. Stattdessen werde mit strategischem<br />

Unwissen (Agnotologie)<br />

versucht, wissenschaftliche Konsense<br />

zu verschleiern oder zu verzögern.<br />

Durch Agnotologie und durch fehlende<br />

Korrektivwirkung der Massenmedien<br />

sei die Öffentlichkeit teilweise falsch<br />

informiert oder auch desinteressiert.<br />

Herndl betonte die Verantwortung<br />

der Wissenschaftler*innen, aus den<br />

Universitäten herauszutreten und Informationen<br />

zu verbreiten. Er stützt<br />

sich auf die Studie From Publications<br />

to Public Actions: The Role of Universities<br />

in Facilitating Academic Advocacy<br />

(..) von Steinberger et al., die abschließend<br />

festhalten: „We suggest that the<br />

Gerhard J. Herndl<br />

traditional academic roles of research<br />

and teaching are not sufficient to drive<br />

transformative change in a time of<br />

rapidly accelerating global crises, so<br />

those with the greatest knowledge and<br />

understanding of these crises have a<br />

moral obligation to provide leadership,<br />

and engage in advocacy and activism.“<br />

Herndl ist aktiver Unterstützer der<br />

„Letzten Generation“ und fordert,<br />

dass sich Wissenschaftler*innen mehr<br />

einbringen. Für eine nachhaltige Zukunft<br />

sei essenziell, dass wir Umweltthemen<br />

einer breiten Öffentlichkeit<br />

verständlich erklären. Der Vortrag von<br />

Herndl hat gezeigt, dass Wissenschaft<br />

und Gesellschaft Hand in Hand gehen<br />

müssen, um die Herausforderungen der<br />

globalen Erwärmung zu bewältigen. Es<br />

ist an der Zeit, dass wir alle unseren Teil<br />

dazu beitragen. <br />

•<br />

Vortragsfolien und den Vortrag zum<br />

Nachhören: https://short.boku.ac.at/<br />

tagung_verantwortung<br />

Vorträge zum Nachlesen<br />

Ilona M. Otto<br />

SUPPORTING<br />

THE GREAT<br />

TRANSFORMATION.<br />

SCIENCE AS A<br />

SOCIAL TIPPING<br />

INTERVENTION?<br />

Vortrag von Univ.-Prof. in<br />

Ilona M. Otto<br />

Von Patrick Scherhaufer und Julia Knogler<br />

Der Ausblick auf ein drohendes<br />

Vier-Grad-Szenario mit extremen<br />

Herausforderungen für<br />

Menschen und Ökosysteme hat Ilona<br />

M. Otto motiviert, „social tipping<br />

points“ zu erforschen. Nicht nur katastrophische<br />

Bilder sind wirkmächtig,<br />

es braucht gleichzeitig positive Geschichten.<br />

Wichtig sind auch Narrative,<br />

wie eine transformierte Welt aussehen<br />

kann, die eine menschliche und soziale<br />

Entwicklung gewährleistet.<br />

Um bis zur Mitte des Jahrhunderts<br />

das Ziel der „net-zero emissions“ zu<br />

erreichen, sind große Veränderungen<br />

in Verhalten und Lebensstilen unabdingbar.<br />

Hier wird der Bedarf an sozialwissenschaftlicher<br />

(Transformations-)<br />

Forschung augenscheinlich. Ilona M.<br />

Otto griff in ihrer Keynote exemplarisch<br />

den Statuskonsum in Form von<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

37


FORSCHUNG ZUR KLIMAKRISE ZWISCHEN<br />

FREIHEIT DER WISSENSCHAFT UND<br />

POLITISCHEM WIDERSTAND. WAS SIND DIE<br />

RECHTLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN?<br />

Vortrag von Univ.-Prof. Daniel Ennöckl<br />

Von Elina Stanek und Julia Knogler<br />

großen Pkws oder viel Wohnfläche auf<br />

und wies in diesem Zusammenhang<br />

insbesondere auf die beeinflussende<br />

Rolle von Werbung und sozialen Medien<br />

hin. Otto argumentierte, dass wir<br />

neben neuen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

auch eine Veränderung<br />

von Wertvorstellungen und sozialen<br />

Normen brauchen. Gleichzeitig seien<br />

technische Innovationen wie die CO 2<br />

-<br />

Abscheidung und -Speicherung sowie<br />

ein bedachter Umgang mit land- und<br />

forstwirtschaftlichen sowie anderen<br />

Landnutzungsformen nötig.<br />

In ihrem Resümee strich Otto die Notwendigkeit<br />

eines schnellen sozialen<br />

Wandels im vollen Bewusstsein und<br />

auf Basis fundierter wissenschaftlicher<br />

Grundlagen für globale soziale Kipppunkte<br />

hervor. Die Rolle wissenschaftlicher<br />

Forschung bestehe darin, in diesem<br />

Wandel auf die Bedeutung sozialer<br />

Ungleichheiten verstärkt einzugehen<br />

und öffentlich darauf hinzuweisen. Ihre<br />

abschließende Ermutigung: Weltweit<br />

gebe es etwa 8,8 Millionen Wissenschaftler*innen.<br />

Wenn jede*r dieser<br />

Wissenschaftler*innen etwa 900<br />

Personen lehrt oder mit ihren*seinen<br />

Werken erreicht, könnten sie theoretisch<br />

die ganze Weltbevölkerung erreichen.<br />

Diese enorme Reichweite der<br />

Wissenschaft – kombiniert mit einer<br />

relativ hohen Vertrauensquote bei den<br />

EU-Bürger*innen – zeigt das Potenzial<br />

von Wissenschaft zur Einleitung von<br />

sozialen Kipppunkten. <br />

•<br />

Vortragsfolien und der Vortrag zum<br />

Nachhören: https://short.boku.ac.at/<br />

tagung_verantwortung<br />

Die Freiheit der Wissenschaft (Art.<br />

17 Staatsgrundgesetz) ist in Österreich<br />

ein Grundrecht, das jede<br />

Person schützt, die forscht und lehrt. Sie<br />

schützt auch Studierende, etwa im Rahmen<br />

von wissenschaftlichen Arbeiten.<br />

„Freiheit“ bedeutet, dass die Forschung<br />

vom Staat nicht intentional beschränkt<br />

werden darf. Gleichzeitig ist dies kein<br />

Freibrief für Wissenschaftler*innen:<br />

Gesetze, die für Bürger*innen gelten,<br />

sind auch von Forschenden zu beachten.<br />

Die Grenzen dieser Wissenschaftsfreiheit<br />

zeigten sich zum Beispiel in der Corona-<br />

Pandemie. Auch wenn eine Kündigung<br />

von Wissenschaftler*innen, die medial<br />

„Fake News“ verbreiten, unzulässig ist,<br />

konnte die MedUni Wien einen Mitarbeiter<br />

kündigen, weil dieser sich weigerte,<br />

die universitären Corona-Regeln einzuhalten.<br />

Klimaskeptische Stimmen sind<br />

in der Wissenschaft sehr gering: Laut<br />

einer Studie zu Klimaskeptizismus in der<br />

Wissenschaft 1 liegt der Anteil wissenschaftlicher<br />

Publikationen, die den menschenverursachten<br />

Klimawandel in Frage<br />

stellen, bei unter 0,7 Prozent.<br />

Aus verschiedenen Gründen kann es<br />

dennoch vorkommen, dass Medien „vermeintlich<br />

wissenschaftliche Meinungen“<br />

ohne Qualitätscheck übernehmen<br />

und den wissenschaftlichen Konsens<br />

über Klima oder Pandemien verzerrt in<br />

der Öffentlichkeit darstellen.<br />

Inwiefern haben Wissenschaftler*innen<br />

nun angesichts der Bedrohung durch<br />

die Klimakrise eine Verantwortung, ihre<br />

Ergebnisse der Allgemeinheit zur Verfügung<br />

zu stellen und gibt es Grenzen?<br />

Eine rechtliche Verpflichtung zur Veröffentlichung<br />

gibt es nicht, dennoch<br />

tragen Forschende eine gesellschaftliche<br />

Verantwortung, ihre Erkenntnisse<br />

zu teilen und zur Lösung der Klimakrise<br />

und anderer gesellschaftlicher Probleme<br />

beizutragen.<br />

Daniel Ennöckl<br />

Zivilen Ungehorsam wie den der „Letzten<br />

Generation“ sieht Ennöckl als Teil<br />

der demokratischen Grundordnung des<br />

Staates: Ziviler Ungehorsam ergänzt<br />

demokratische Verfahren, da diese im<br />

Einzelfall ungerechte Ergebnisse erzielen<br />

können. Ohne Sachbeschädigung<br />

ist eine friedliche Besetzung von Baustellen<br />

oder Straßen unter Umständen<br />

zwar zivilrechtlich, in Österreich jedoch<br />

nicht strafrechtlich relevant. Wissenschaftler*innen,<br />

die an Aktionen zivilen<br />

Ungehorsams teilnehmen, werden<br />

rechtlich nicht anders behandelt als<br />

Nicht-Wissenschaftler*innen.<br />

Sympathiebekundungen für Klimaaktivist*innen<br />

sind jedenfalls durch die freie<br />

Meinungsäußerung gedeckt. Ein Aufruf<br />

zu einer Strafhandlungen könnte jedoch<br />

lt. §282 StGB strafbar sein, allerdings<br />

ist dies erst der Fall, wenn diese Strafhandlung<br />

mit einer mehr als einjährigen<br />

Haftstrafe verbunden ist – was für die<br />

friedlichen Protestformen der Letzten<br />

Generation nicht der Fall ist. Unterstützungserklärungen<br />

für die aktuellen Klimaproteste<br />

– wie sie von vielen <strong>BOKU</strong>-<br />

Kolleg*innen abgegeben wurden – sind<br />

daher laut Ennöckl nicht strafbar. •<br />

https://short.boku.ac.at/<br />

tagung_verantwortung<br />

1<br />

John Cook et al. 2013 Environ. Res. Lett.<br />

8 024024, https://iopscience.iop.org/<br />

article/10.1088/1748-9326/8/2/024024<br />

38 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


ZWISCHEN UNIVERSITÄTSGESETZ UND KLIMAKRISE<br />

Von Julia Knogler<br />

Die Universitäten sind berufen, der wissenschaftlichen Forschung<br />

und Lehre, der Entwicklung und der Erschließung<br />

der Künste sowie der Lehre der Kunst zu dienen und hiedurch<br />

auch verantwortlich zur Lösung der Probleme des Menschen sowie<br />

zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen<br />

Umwelt beizutragen.“ (§1, Universitätsgesetz [UG], 2002)<br />

Sektionschef Elmar Pichl (BMBWF), Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />

Wie die im Universitätsgesetz (UG) festgelegte Verantwortlichkeit<br />

von Universitäten im Kontext der Klimakrise zu interpretieren ist,<br />

debattierten Kirsten v. Elverfeldt (Universität Klagenfurt, S4F),<br />

Elmar Pichl (BMBWF), Astrid Rössler (Die Grünen), Reinhard Steurer<br />

(InFER, <strong>BOKU</strong>, S4F) und Eva Schulev-Steindl (Rektorin der <strong>BOKU</strong>)<br />

unter Moderation von Lisa Bohunovsky (gW/N, <strong>BOKU</strong>) im Anschluss:<br />

Sektionschef Elmar Pichl (BMBWF) liest §1 UG als klaren Gestaltungsauftrag<br />

an Universitäten, allerdings an die Organisationen<br />

– nicht an Einzelpersonen. In der Praterstern-Aktion sieht<br />

er einen Wechsel der Wissenschaftler*innen vom universitären<br />

ins politische System. „Wissenschaft soll nicht in das politische<br />

System eindringen“, lautete sein Fazit. Das Engagement finde er<br />

zwar bemerkenswert, doch die Beteiligten seien zu politischen<br />

Akteur*innen geworden.<br />

Für Rektorin Schulev-Steindl richtet sich §1 UG an alle universitären<br />

Dimensionen, also Lehre, Forschung und Third Mission (Wissenstransfer)<br />

gleichermaßen. Eine Erlaubnis für Aktionen wie am Praterstern<br />

bräuchten Wissenschaftler*innen aufgrund der allgemeinen<br />

Meinungsfreiheit und der Freiheit der Wissenschaft daher nicht.<br />

Schulev-Steindl warf die Frage auf, inwiefern aus dieser Freiheit auch<br />

eine Verantwortung erwachsen kann. Aufsehenerregende Wissenschaftskommunikation<br />

ist sicher keine rechtliche Verpflichtung –<br />

gerade im Hinblick auf die Klimakrise könnten Wissenschaftler*innen<br />

aber eine ethische Verpflichtung dazu verspüren.<br />

Nationalratsabgeordnete Astrid Rössler plädiert für eine starke<br />

Positionierung der Wissenschaft, um populistische Meinungsbildung<br />

und Lobbying auszugleichen. Dafür sei es essenziell, dass<br />

sich Wissenschaftler*innen zu Wort melden. Der Aussage, „Wissenschaft<br />

soll nicht ins politische System eindringen“, widersprach<br />

sie klar. Schon jetzt würden politische Entscheidungen von vielen<br />

Interessengemeinschaften beeinflusst. „Entscheidungsgrundlage<br />

dürfen aber nicht nur Interessen sein, es müssen auch wissenschaftliche<br />

Fakten sein“, betonte Rössler.<br />

Kirsten v. Elverfeldt bestärkte dies und richtete gleichzeitig die<br />

Forderung an die Politik, zuzuhören: „§1 bedeutet für mich eine<br />

Auseinandersetzung von Wissenschaft mit Politik und Gesellschaft.<br />

Und wenn wir diesen Anspruch laut Universitätsgesetz haben,<br />

habe ich den Anspruch, dass wir damit von der Politik auch ernstgenommen<br />

werden!“<br />

Reinhard Steurer beklagte den mangelnden Erfolg konventioneller<br />

Klimakommunikation der vergangenen 30 Jahre. „Wir können<br />

weiter publizieren oder wir überlegen, ob es neue Kommunikationsformen<br />

braucht.“ In der Solidarisierung mit Klimaprotesten<br />

vertrete er auch die sozialwissenschaftliche Erkenntnis, dass<br />

ziviler Widerstand notwendig und wirksam sein kann. Proteste<br />

müssten stören, um psychologische Abwehrmechanismen<br />

wie Verdrängung zu durchdringen und Aufmerksamkeit auf die<br />

Dringlichkeit der Klimakrise zu lenken. „Die Erfahrung zeigt, die<br />

Straße eignet sich insbesondere für Notstandskommunikation<br />

besser als ein Presseclub. Man kann Menschen zum Umdenken<br />

bringen, wenn sich Wissenschaftler*innen hinter die Letzte Generation<br />

stellen.“<br />

Kirsten v. Elverfeldt begründete die geringe Reaktion auf klimawissenschaftliche<br />

Publikationen mit veralteter Wissenschaftskommunikation.<br />

Sie erwähnte die Widerlegung des Informationsdefizitmodells,<br />

wonach Information allein nicht zu Meinungsänderung<br />

führt. Stattdessen brauche es „viele verschiedene Wege, weil wir<br />

erst im Nachhinein wissen werden, was funktioniert hat. Daher lasst<br />

uns so viele Dinge versuchen, wie uns einfallen, damit hoffentlich<br />

einer davon der richtige Weg ist. Alle Wege sind legitim, solange<br />

sie auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhen, friedlich sind und<br />

Gerechtigkeit zum Ziel haben.“<br />

Um den Publikationsdruck auf die Wissenschaft zu verringern, ist<br />

laut Elmar Pichl eine Änderung des wissenschaftlichen Karrierebildes<br />

nötig. Hierzu laufe ein EU-Diskurs, denn „wenn wir wollen,<br />

dass Wissenschaft kommuniziert wird, müssen wir schauen, dass<br />

diese Leistungen auch entsprechend berücksichtigt werden“. In<br />

der Notwendigkeit eines adaptierten Indikatorensystems waren<br />

sich die Diskutant*innen einig. So könne der Wissenschaftskommunikation<br />

im universitären System ein höherer Stellenwert eingeräumt<br />

werden. Abschließend bestätigte Rektorin Schulev-Steindl<br />

nochmals die Freiheit der Wissenschaft und die Unterstützung von<br />

vielfältiger Klimakommunikation seitens der <strong>BOKU</strong>. •<br />

Für Mitarbeiter*innen bietet die <strong>BOKU</strong><br />

Medientrainings an, damit der Umgang mit<br />

Journalist*innen vorab in einem vertrauten<br />

Umfeld geübt werden kann. Alle aktuellen<br />

Kursangebote finden Sie hier:<br />

https://boku.ac.at/personalentwicklung<br />

Julia Knogler, MA ist Universitätsassistentin im Zentrum für Globalen Wandel<br />

und Nachhaltigkeit, Elina Stanek studiert an der <strong>BOKU</strong> und Mag. Dr. Patrick<br />

Scherhaufer ist Senior Lecturer am Institut für Wald-, Umwelt und Ressourcenpolitik.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

39


Einladung zum <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstag<br />

Der <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstag findet am 7. November zum Thema „Demokratie in der Klimakrise“ statt.<br />

Im Fokus stehen die gesellschaftlichen Herausforderungen sowie die Handlungsmöglichkeiten von Politik,<br />

Wissenschaft, Medien, NPOs und Zivilgesellschaft. Wir laden alle Interessierten herzlich ein, die Workshops,<br />

Vorträge, Diskussionen und Netzwerkmöglichkeiten zu besuchen.<br />

Von Julia Knogler<br />

Außergewöhnliche Krisen stellen<br />

unsere Demokratie vor außergewöhnliche<br />

Herausforderungen.<br />

Die Klimakrise verdeutlicht das komplexe<br />

Zusammenwirken verschiedener Akteur*innen<br />

im demokratischen System.<br />

Die Dringlichkeit von wirksamen Klimaschutzmaßnahmen<br />

wird von Hitzerekord<br />

zu Hitzerekord spürbarer, die Handlungsfenster<br />

schließen sich. Klimapolitische<br />

Vorhaben führen zu glühenden Debatten<br />

in Politik und Gesellschaft. Die derzeitigen<br />

Pläne reichen bislang nicht aus, um die<br />

wissenschaftlich notwendigen und völkerrechtlich<br />

verbindlichen Grenzen für den<br />

Ausstoß von Treibhausgasen einzuhalten.<br />

Denn der demokratische Prozess benötigt<br />

Zeit – und Zeit ist der limitierende<br />

Faktor in der Klimakrise. Gefährdet der<br />

wachsende Handlungsdruck unsere Demokratie?<br />

Oder gefährdet das Denken in<br />

Legislaturperioden die Menschheit? Welche<br />

Rolle haben die einzelnen demokratischen<br />

Systemteilnehmer*innen in der<br />

Klimakrise? Welche Akteur*innen können<br />

sich zusammentun, um ihre Wirkungskraft<br />

für eine sozialökologische Transformation<br />

zu bündeln? Diese und weitere Fragen<br />

werden am heurigen <strong>BOKU</strong> Nachhaltig-<br />

keitstag in einem reichhaltigen, interaktiven<br />

Programm behandelt.<br />

PROGRAMM<br />

Um 11 Uhr startet der <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstag<br />

mit einer kreativen Eröffnungsaktion.<br />

Von 12.30 bis 17.30 Uhr können<br />

Besucher*innen aus einer Vielzahl an<br />

INFO<br />

Alle Programmteile sind ohne Anmeldung<br />

für alle Interessierten zugänglich.<br />

Wir freuen uns auf zahlreiche Teilnahmen!<br />

https://short.<br />

boku.ac.at/<br />

NHT<strong>2023</strong><br />

WERDE TEIL DES <strong>BOKU</strong><br />

NACHHALTIGKEITSTAGS!<br />

Um unser umfangreiches Programm<br />

umsetzen zu können, brauchen wir viele<br />

helfende Hände. Die Aufgaben unserer<br />

Volunteers reichen von Unterstützung der<br />

Vortragenden bis hin zu Betreuung des<br />

Empfangs. Freiwillige können sich über die<br />

Website des Nachhaltigkeitstags anmelden<br />

(Praxisstundenbestätigung möglich)!<br />

Workshops und wissenschaftlichen<br />

Vorträgen wählen. Begleitend werden<br />

Umweltschutzorganisationen und studentische<br />

Initiativen mit Infoständen in<br />

der Aula des Schwackhöfer-Hauses vertreten<br />

sein.<br />

Ab 18 Uhr tauchen wir in der Abendveranstaltung<br />

des <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstags<br />

noch tiefer in das Thema „Demokratie<br />

in der Klimakrise“ ein. Auf dem<br />

Podium diskutieren Vertreter*innen<br />

der Politik (Bundesministerin Leonore<br />

Gewessler), Wissenschaft (Patrick<br />

Scherhaufer, <strong>BOKU</strong>), Non-Profit-Organisationen<br />

(Lisa Panhuber, Greenpeace),<br />

Medien (Daniela Kraus, Presseclub Concordia)<br />

und Zivilgesellschaft (Edith Siebenstich,<br />

Klimarat) über demokratische<br />

Handlungsmöglichkeiten in der Klimakrise.<br />

Im Anschluss folgt die feierliche<br />

Verleihung der <strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitspreise<br />

für herausragende Projekte von<br />

<strong>BOKU</strong>-Angehörigen. Der kulinarische<br />

Ausklang im TÜWI bietet abschließend<br />

Raum für Dialog und Vernetzung. •<br />

Mit freundlicher Unterstützung von:<br />

Österreichische Hagelversicherung, Stadt<br />

Wien MA22, 18. Bezirk, 19. Bezirk, ÖH <strong>BOKU</strong><br />

40 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Kinderunis an der <strong>BOKU</strong><br />

Hier wird Studieren kinderleicht gemacht!<br />

Von Paulina Vogt<br />

FOTOS: Kinder<strong>BOKU</strong><br />

Ein besonderes Highlight ist das selbstkomponierte<br />

Lied über den „Staat aus<br />

Zellen“ von Georg Seifert, der die Kinderuni<strong>BOKU</strong><br />

mit seiner Vorlesung dieses<br />

Jahr das erste Mal bereichert. Der<br />

Besuch im forstlichen Versuchsgarten<br />

Knödelhütte am Wiener Stadtrand be-<br />

Wien im Juli, die Sonne brennt vom<br />

Himmel. Es ist die zweite Ferienwoche.<br />

Auch die Universitäten<br />

haben auf Sommerbetrieb umgestellt<br />

und die Hörsäle sind frei.<br />

Genau richtig, um von neugierigen Kindern<br />

erkundet zu werden. Wie gut, dass in<br />

dieser Woche die Kinderuni<strong>BOKU</strong> stattfindet.<br />

Hier können Kinder ausprobieren,<br />

untersuchen, forschen und am allerwichtigsten:<br />

Spaß am Entdecken haben. In 39<br />

Lehrveranstaltungen aus verschiedensten<br />

Fachbereichen erfahren sie, was es<br />

heißt, zu forschen und zu studieren. Die<br />

ersten Kinder trudeln schon im Innenhof<br />

des Gregor-Mendel-Hauses ein, bestaunen<br />

die interaktiven Poster, die von<br />

Studierenden extra gestaltet wurden und<br />

sammeln sich an den mit Schildern gekennzeichneten<br />

Treffpunkten.<br />

gangen, wie beispielsweise, ob eine Kuh<br />

schwitzt, ob das Reh die Frau vom Hirsch<br />

ist, wie die Arbeit auf dem Bauernhof<br />

aussieht, woher das Gemüse kommt oder<br />

wie viel Platz ein Fluss braucht. Doch<br />

damit ist der Wissensdurst noch nicht<br />

gestillt. Die Kinder lernen über Naturgefahren,<br />

die Gefahr Erdbeben, ob ein<br />

Park natürlich ist, welches Beikraut wozu<br />

taugt und nützlich ist und welche Tricks<br />

wir uns aus der Natur abschauen und<br />

für die Technik nutzen können. Es gibt<br />

zu entdecken, wie man mehr Kekse aus<br />

dem Teig bekommt und was gesunde Ernährung<br />

mit unserem Klima zu tun hat.<br />

Und jene, denen das noch nicht genug<br />

ist, können mehr über das Wetter und<br />

den Klimawandel erfahren und ausprobieren,<br />

mit welchen Hindernissen ältere<br />

Menschen tagtäglich zu tun haben.<br />

Im Laufe des Tages werden Sonnenhäuser<br />

gebaut, Insekten unter die Lupe genommen,<br />

Pflanzen gepflanzt und untersucht,<br />

wie sie atmen und sich vermehren und<br />

im <strong>BOKU</strong>-Garten mit Lehm gemalt. Außerdem<br />

wird wichtigen Fragen nachgegeistert<br />

die Kinder jedes Jahr wieder.<br />

Zeitgleich finden in der Muthgasse ebenfalls<br />

Lehrveranstaltungen statt. Im Labor<br />

lernen die Kinder, wie Gentechnik funktioniert<br />

und welche Mikroorganismen in<br />

unseren Lebensmitteln leben. Im Lebensmitteltechnikum<br />

erfahren sie, wie diese<br />

kleinen mikrobiellen Zauberer unsere<br />

Lebensmittel aufwerten und dürfen aus<br />

dem aufgegangenen Teig Brotschnecken<br />

zaubern. Nebenan am Institut für<br />

Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft<br />

und Gewässerschutz lernen<br />

die Kinder, welchen Einfluss Wasser auf<br />

unser Leben hat und warum es eine so<br />

wertvolle Ressource ist. Dieses Jahr ganz<br />

neu dabei: die Lehrveranstaltung „Umweltdetektiv*innen“,<br />

bei der die Kinder<br />

„Proben“ der hauseigenen Kläranlage<br />

der Muthgasse im Labor auf mögliche<br />

Verunreinigungen untersuchen.<br />

Am Ende der KinderuniWien findet<br />

die Sponsion im Festsaal der Universität<br />

Wien statt. Als Repräsentantin der<br />

<strong>BOKU</strong> ist Vizerektorin Doris Damyanovic<br />

vor Ort und nimmt gemeinsam mit<br />

Rektor Sebastian Schütze (Uni Wien)<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

41


ZAHLEN,<br />

DATEN, FAKTEN<br />

Diesen Sommer hat die <strong>BOKU</strong> mit<br />

eigenen Standorten an den Kinderuniversitäten<br />

in Wien (zum 15. Mal) und<br />

Tulln (zum zehnten Mal) teilgenommen.<br />

Insgesamt haben 90 <strong>BOKU</strong>-Lehrende<br />

spannende Lehrveranstaltungen<br />

angeboten.<br />

<strong>BOKU</strong>, ROBERT STINGL<br />

und Kolleg*innen der anderen Wiener<br />

Unis den Kindern das Versprechen ab,<br />

nie aufzuhören „Fragen zu stellen und<br />

nach Antworten zu suchen“.<br />

Genau vier Wochen später findet die<br />

Kinder Uni Tulln statt. Die teilnehmenden<br />

Kinder werden von der Garten Tulln<br />

mit dem sogenannten „Tulli-Express“<br />

zum Universitäts- und Forschungszentrum<br />

Tulln (UFT) gebracht. An mehreren<br />

Tagen dürfen die Kinder am Institut für<br />

Holztechnologie und Nachwachsende<br />

Rohstoffe ihren eigenen Holzkleber herstellen<br />

und diesen auch gleich testen.<br />

Außerdem gibt es eine Mini-Vorlesung,<br />

in der die Frage geklärt wird, was denn<br />

eine Universität eigentlich ist und was<br />

Studieren bedeutet. Im Workshop mit<br />

Severin Neira von der Versuchsstation<br />

des UFT und der Musikpädagogin Helga<br />

Neira-Zugasti erfahren die Kinder, dass<br />

auch Musikinstrumente an der <strong>BOKU</strong><br />

wachsen und wie Inklusion gelingen<br />

kann.<br />

An der Kinderuni<strong>BOKU</strong> <strong>2023</strong> (Teil der<br />

KinderuniWien) haben dieses Jahr 594<br />

Kinder zumindest eine Lehrveranstaltung<br />

gebucht, ein Großteil der Kinder<br />

jedoch gleich mehrere.<br />

O 39 Lehrveranstaltungen gab es zur<br />

Auswahl.<br />

O Von 956 verfügbaren Plätzen wurden<br />

914 gebucht, das entspricht<br />

95,6 Prozent.<br />

O Die KinderuniWien ist ein gemeinsames<br />

Projekt von sechs Wiener Universitäten<br />

und einer FH und wird<br />

vom Kinderbüro der Uni Wien organisiert.<br />

O Das Team der Kinderuni<strong>BOKU</strong> umfasste<br />

33 Personen, darunter 26<br />

mitwirkende Studierende der LV<br />

„Wissenschaftlicher Dialog mit Kindern“<br />

und zwei Tutorinnen.<br />

Die Kinder UNI Tulln ist ein Kooperationsprojekt,<br />

das von „Natur im Garten“<br />

koordiniert wird.<br />

O 120 Kinder haben heuer teilgenommen.<br />

O Mitgewirkt hat die <strong>BOKU</strong> mit dem<br />

Institut für Holztechnologie und<br />

Nachwachsende Rohstoffe und der<br />

Versuchsstation des UFT.<br />

Wir bedanken uns bei allen Kinderuni-<br />

Lehrenden für ihr Engagement und die<br />

spannenden Lehrveranstaltungen, bei allen<br />

Studierenden für die schönen Poster<br />

und wachsamen Augen und danken allen<br />

beteiligten <strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen<br />

für ihr Mitdenken und ihre umfassende<br />

Unterstützung.<br />

•<br />

Paulina Vogt ist studentische Mitarbeiterin bei<br />

der Kinder<strong>BOKU</strong>.<br />

42 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


GENDER &<br />

DIVERSITY<br />

Die <strong>BOKU</strong> Awareness Days <strong>2023</strong><br />

Von Ela Posch<br />

ANNANYM<br />

In den letzten beiden Monaten<br />

des Jahres finden die diesjährigen<br />

Awareness Days statt. Mit verschiedenen<br />

Schwerpunktsetzungen<br />

in den Bereichen Chancengerechtigkeit,<br />

Diversität und Inklusion ist das Programm<br />

wie auch in den vergangenen Jahren auf<br />

Information, Erfahrungsaustausch und<br />

Kompetenzerweiterung ausgerichtet.<br />

Alle <strong>BOKU</strong>-Angehörigen – Studierende<br />

wie Mitarbeitende – sind eingeladen, an<br />

dem vielfältigen Workshop-Programm<br />

teilzunehmen. Den Auftakt macht der<br />

Schwerpunkt AD(H)S und ASS ab dem<br />

6. November mit Vortrags-, Diskussions-,<br />

Vernetzungs- und Beratungsformaten,<br />

die sich an Studierende und Lehrende<br />

richten. Das Rahmenprogramm wird<br />

vom Verein im spektrum gestaltet und<br />

in Kooperation mit der TU Wien und der<br />

WU stattfinden.<br />

Thematisch mit den Awareness Days<br />

eng verknüpft ist das Thema der sozialen<br />

Dimension. Unter dem Dach Nationale<br />

Strategie zur sozialen Dimension<br />

in der Hochschulbildung ist die <strong>BOKU</strong><br />

Gastgeberin der österreichweiten Vernetzungskonferenz<br />

des Ministeriums für<br />

Bildung, Wissenschaft und Forschung.<br />

Am 21. November wird das Thema SD<br />

und SDGs – Der Beitrag der sozialen Dimension<br />

in der Hochschulbildung zu den<br />

Nachhaltigkeitszielen im Zentrum stehen.<br />

Mit der Kampagne ORANGE THE<br />

WORLD wird dem Schwerpunkt<br />

Geschlechterbasierte Gewalt viel Augenmerk<br />

geschenkt. Im Zeitraum der<br />

16 Tage gegen Gewalt an Frauen und<br />

Mädchen finden mehrere Aktionen und<br />

Veranstaltungen statt: Am 22. 11. zeigen<br />

wir mit einer Fahnenaktion an der<br />

Türkenschanze Flagge, am 27. 11. nimmt<br />

ein universitätsübergreifender Expert*innenvortrag<br />

das Thema Umgang<br />

mit sexualisierter Belästigung und Gewalt<br />

im Universitätskontext auf und an einem<br />

vielversprechenden Podium nehmen ver-<br />

schiedene Expert*innen zu dem Thema<br />

Safer Cities – Safer Public Spaces Platz<br />

– eine Kooperation der Koordinationsstelle<br />

für Gleichstellung, Diversität und<br />

Behinderung mit UN Women Austria und<br />

UniNEtZ. Wie in den vergangenen Jahren<br />

wird es auch wieder eine Kooperation mit<br />

dem <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstag geben,<br />

dieses Mal zum Thema Koloniale Kontinuitäten<br />

in demokratischen Prozessen<br />

berücksichtigen – Der Kampf gegen die<br />

Klimakrise muss dekolonial und antirassistisch<br />

sein, siehe: https://short.boku.<br />

ac.at/NHT<strong>2023</strong> <br />

•<br />

Das detaillierte Programm der Awareness<br />

Days ist unter folgendem Link zu finden:<br />

https://short.boku.ac.at/awareness23<br />

Awareness<br />

Days <strong>2023</strong><br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

43


ELA POSCH<br />

SafeR Cities – SafeR Public Spaces in Austria<br />

Von Maciej Palucki<br />

Auch <strong>2023</strong> sind wir – global, aber<br />

auch in Österreich – noch weit<br />

entfernt von der Gleichstellung<br />

der Geschlechter (Gender Equality),<br />

dem SDG 5 der Agenda 2030 der<br />

UNO. Das nachhaltige Entwicklungsziel<br />

5 stellt eine Voraussetzung für die Erreichung<br />

der SDGs dar. Umso wichtiger ist<br />

es, das SDG 5 als Querschnittsziel in allen<br />

Nachhaltigkeitspolitiken mitzudenken.<br />

Alle Menschen sollen unabhängig von<br />

ihrer Geschlechtsidentität und sexuellen<br />

Orientierung gleiche Chancen haben und<br />

sicher leben können. Diese Forderung<br />

bezieht sich auf alle gesellschaftlichen<br />

Bereiche ebenso wie auf öffentliche und<br />

gemeinsam genutzte (Stadt-)Räume. Das<br />

SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden)<br />

thematisiert die Gewährleistung<br />

eines sicheren, inklusiven Zugangs zu<br />

öffentlichen Räumen – insbesondere für<br />

vulnerable Gruppen – und schließt neben<br />

Kindern, Frauen und älteren Personen<br />

auch Menschen mit Behinderungen ein.<br />

Es geht darum, gemeinsam sicher leben<br />

zu können und dabei niemanden zurückzulassen<br />

(Leave no one behind –Grundsatz<br />

der Agenda 2030).<br />

Im Rahmen der UN-Aktion ORANGE THE<br />

WORLD, der 16 Tage gegen Gewalt an<br />

Frauen, wollen wir in Zusammenarbeit<br />

mit UN Women Austria und UniNEtZ am<br />

Montag, 27. 11. um 16 Uhr an der <strong>BOKU</strong><br />

mit den Expert*innen Doris Damyanovic<br />

(Vizerektorin für Lehre, Weiterbildung<br />

und Studierende), Eva Kail (Gender Mainstreaming<br />

Leitstelle Stadtplanung, Stadt<br />

Wien), Gabu Heindl (Architektin/Büro<br />

GABU Heindl und Professorin/Leiterin<br />

des Fachgebiets für Bauwirtschaft und<br />

Projektabwicklung, Kassel), Andrea Jany<br />

(Architektin und Wohnbauforscherin,<br />

Institut für Wohnbauforschung, Graz),<br />

Sophie Thiel (Universitätsassistentin am<br />

Institut für Landschaftsplanung, <strong>BOKU</strong>)<br />

und Sabina Riss (Architekturwissenschaftlerin,<br />

Claiming Spaces, TU Wien)<br />

über geschlechterbasierte Gewalt im<br />

öffentlichen Raum diskutieren und wie<br />

wir diese Räume und Städte für alle sicherer,<br />

nachhaltiger und inklusiver gestalten<br />

können.<br />

Weitere Informationen zur Veranstal -<br />

-tung „SafeR Cities – SafeR Public<br />

Spaces in Austria“ am 27. 11. um 16 Uhr<br />

im Ilse-Wallentin-Haus (ILWA): https://<br />

short.boku.ac.at/awareness23 •<br />

44 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


GENDER &<br />

DIVERSITY<br />

AWARENESS DAYS im November <strong>2023</strong><br />

Von Ruth Scheiber-Herzog<br />

IMSPEKTRUM<br />

NEURODIVERSITÄT –<br />

DIAGNOSE ADHS/ASS!<br />

Für viele Menschen bedeutet der Erhalt<br />

einer Diagnose – insbesondere,<br />

wenn sie diese erst im Erwachsenenalter<br />

gestellt bekommen – eine<br />

Erklärung für ihre ungewöhnlichen<br />

Verhaltensweisen oder rätselhaften<br />

Probleme. Aber was genau steckt hinter<br />

dem Syndrom und kann man damit<br />

erfolgreich studieren und arbeiten?<br />

Im Rahmen der Awareness Days <strong>2023</strong><br />

und in Kooperation mit der TU Wien<br />

und der WU Wien vermitteln selbst<br />

betroffene Expert*innen vom Verein<br />

ADAPT Grundwissen zu AD(H)S/ASS,<br />

berichten über eigene Erlebnisse vor<br />

und nach der Diagnose und bieten<br />

außerdem Gespräche im kleinen Kreis<br />

oder in Einzelsettings an. Es gibt auch<br />

die Möglichkeit eines Vernetzungstreffens.<br />

Für die Zielgruppe Studierende<br />

werden die analogen Workshops an<br />

drei Nachmittagen jeweils an der TU<br />

Wien (6. 11.), WU Wien (7. 11.) und an<br />

der <strong>BOKU</strong> am 9. 11. <strong>2023</strong> von 13 bis<br />

17 Uhr, SR 10, Schwackhöfer-Haus,<br />

angeboten.<br />

Für die Zielgruppe Lehrende wird es<br />

einen hybriden zweistündigen Input +<br />

Diskussion am 10. 11. an der TU Wien<br />

geben. Geplant sind in dieser Woche<br />

auch die Mental-Health-Weeks,<br />

organisiert von der ÖH <strong>BOKU</strong><br />

sowie eine Vorstellung des Vereins<br />

imspektrum.<br />

Information zu dieser<br />

Veranstaltungsreihe:<br />

https://short.boku.ac.at/awareness23<br />

RUTH SCHEIBER-HERZOG<br />

EINLADUNG ZUR TEILNAHME AN DER <strong>BOKU</strong>-<br />

MITARBEITER*INNENBEFRAGUNG AB 19. 9. <strong>2023</strong><br />

Diese elektronische Befragung findet diesmal zweistufig statt und Sie erhalten<br />

zwei Fragebögen, da die Auswertungen mit unterschiedlichen IT-Systemen und<br />

Datenbanken erfolgen:<br />

Einerseits wird die arbeitsschutzrechtlich vorgesehene Evaluierung psychischer<br />

Belastungen am Arbeitsplatz erhoben, bei der Ihre Arbeitsbedingungen und die<br />

Wechselwirkung zu einer möglichen psychischen Belastung durch die Umgebung<br />

(Lärm, Staub, Licht, Prozesse etc.) analysiert werden und andererseits werden<br />

Themen wie Arbeitszufriedenheit, Kommunikation oder Inklusion am Arbeitsplatz<br />

etc. abgefragt.<br />

Information zur Evaluierung: https://short.boku.ac.at/5eydyg<br />

Sie sind Expert*in für Ihren Arbeitsplatz und haben durch die Befragung echtes<br />

Mitgestaltungs- und Mitspracherecht.<br />

DER ÖGS BASIS-GEBÄRDENSPRACHKURS<br />

FINDET WIEDER STATT!<br />

Im kommenden WS <strong>2023</strong>/24 wird<br />

erneut ein ÖGS Basis-Gebärdensprachkurs<br />

für Mitarbeiter*innen<br />

der <strong>BOKU</strong> und der TU Wien angeboten.<br />

Eingeladen sind alle, die<br />

eine Einführung in die österreichische<br />

Gebärdensprache und Gehörlosenkultur<br />

erhalten wollen. An<br />

vier Vormittagsterminen (16., 23.,<br />

30.11. und 7. 12. jeweils von 8.30<br />

bis 11.30 Uhr) erfahren Sie, wie Sie<br />

Ihren Umgang und die Kommunikation<br />

mit tauben Menschen verbessern können und welche Potenziale in Gebärdensprachen<br />

liegen. Der Kurs kann für den Trainingspass angerechnet werden.<br />

Informationen und Anmeldung: https://short.boku.ac.at/awareness23<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

45


FOTOS: <strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

Alles fließt und alles Walzer:<br />

Die Vienna Water Conferences <strong>2023</strong><br />

Gleich drei Wasserkonferenzen<br />

hatten unter dem Motto<br />

„Rivers – Connecting Mountains<br />

and Coasts“ die Flüsse<br />

als Lebensadern im Fokus: der<br />

40. Weltkongress der IAHR (International<br />

Association for Hydro-Environment<br />

Engineering and Research), die<br />

5. World‘s Large Rivers Conference und<br />

die 30. Danube Conference. Konferenzen<br />

fanden vom 21. bis 25. August auf Initiative<br />

der <strong>BOKU</strong> im Austria Center Vienna<br />

und im neuen Wasserbaulabor statt.<br />

Im Fokus standen Diskussionen über Auswirkungen<br />

der Klima- und Landnutzungsänderungen,<br />

Hochwasser und Trockenheit,<br />

nachhaltige Wasserkraft, Schifffahrt<br />

und Ökosystemdienstleistungen<br />

auf Flüssen. „Während wir Flüsse für die<br />

Bereitstellung von Trinkwasser, Energie,<br />

Transport und Schifffahrt sowie für Öko-<br />

systemleistungen benötigen, sind diese<br />

stark von Klima- und Landnutzungsänderungen<br />

sowie Extremereignissen<br />

betroffen“, betont Helmut Habersack,<br />

Leiter des Instituts für Wasserbau, Hydraulik<br />

und Fließgewässerforschung an<br />

der <strong>BOKU</strong> und Initiator der Vienna Water<br />

Conferences <strong>2023</strong>.<br />

VIENNA WATER<br />

CONFERENCES IN ZAHLEN<br />

Es nahmen 1.367 Personen aus 98 Ländern<br />

teil. 7 Keynote lectures, 4 High-<br />

Level-Panels HLP, 4 Vienna Industry<br />

Stream Events VISE, 2 Master Classes,<br />

148 Technical und Special Sessions bildeten<br />

die Basis. 976 Vorträge und 117<br />

Posterpräsentationen ermöglichten<br />

einen exzellenten Überblick zum Stand<br />

der Wissenschaft.<br />

Die Veranstaltungen boten ein Forum<br />

für eine breit angelegte Diskussion zu<br />

Schlüsselfragen über:<br />

O Nachhaltiges Flussgebietsmanagement<br />

O Integriertes Hochwasser- und<br />

Trockenheitsrisikomanagement<br />

O Klimawandel und Wasserwirtschaft<br />

O Ökohydraulik und Strömungsmechanik<br />

O Fließgewässerrückbau, naturbasierte<br />

Lösungen<br />

O Hydroinformatik und künstliche<br />

Intelligenz<br />

O Sedimenttransport und Morphodynamik<br />

O Nachhaltige Wasserkraft und<br />

Schifffahrt<br />

O Großmaßstäbliche wasserbauliche<br />

Modellversuche<br />

O Plastik und neu auftretende<br />

Schadstoffe<br />

46 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


<strong>BOKU</strong>/CHRISTOPH GRUBER<br />

HABERSACK ZUM PRÄSIDENTEN<br />

UND VORSITZENDEN GEWÄHLT<br />

Die World Association for Sedimentation and Erosion Research, WASER, hat<br />

Helmut Habersack, den Leiter des Instituts für Wasserbau, Hydraulik und<br />

Fließgewässerforschung, für die Funktionsperiode 2022–2025 zum Präsidenten<br />

gewählt.<br />

Die Ziele von WASER sind:<br />

O die Förderung des Studiums und der Entwicklung der Wissenschaft in den<br />

Bereichen Erosion und Sedimentation im weitesten Sinne sowie<br />

O die Anwendung und Verbreitung von Kenntnissen auf dem Gebiet der Erosion<br />

und Sedimentation zu fördern.<br />

WASER koordiniert das „International Symposium on<br />

River Sedimentation (ISRS)“, das alle drei Jahre stattfindet,<br />

zuletzt vom 6.–8. September <strong>2023</strong> in Florenz,<br />

und gemeinsam mit dem International Research<br />

and Training Center on Erosion and Sedimentation<br />

(IRTCES) das SCI „International Journal of Sediment<br />

Research“.<br />

http://www.waser.cn/waser/index.htm<br />

Darüber hinaus hat das Geo/Hydro-Science Nationalkomitee der UNESCO<br />

Helmut Habersack zu deren Vorsitzenden gewählt. Das Nationalkomitee vertritt<br />

das UNESCO Intergovernmental Hydrological Programme (IHP) unter<br />

anderem mit der World‘s Large Rivers Initiative sowie das UNESCO International<br />

Geoscience and Geoparks Programme mit seinen beiden Sparten<br />

International Geoscience Programme (IGCP) und UNESCO Global Geoparks<br />

Programme.<br />

O Wasserbildung und Innovation<br />

O High Level Panels, u. a. betreffend<br />

Afrika<br />

Insbesondere die Formate HLP und VISE<br />

lieferten sehr interessante Ergebnisse,<br />

bei denen ein Austausch zwischen Wissenschaftler*innen,<br />

Stakeholdern, der<br />

Wirtschaft sowie Ökologie stattfand.<br />

Die Flüsse bildeten den Mittelpunkt, mit<br />

dem Ziel, nachhaltige Lösungsansätze,<br />

die gleichzeitig Nutzung und Schutz ermöglichen,<br />

zu entwickeln, ein Fokus lag<br />

dabei auf „Nature Based Solutions“.<br />

Ein Highlight stellten die Exkursion in<br />

das neue Wasserbaulabor und das Conference<br />

Dinner ebendort dar, wo inmitten<br />

der laufenden Versuchsaufbauten ein geselliges<br />

Networking stattfand, umrahmt<br />

von einer Balletteinlage samt Tanzkurs<br />

zum Donauwalzer.<br />

Zwölf Preise rundeten die Konferenzen<br />

ab. Hervorzuheben ist, dass Wiener Wasser<br />

den „World Heritage Award“ für die<br />

Hochquellenwasserleitung und viadonau<br />

den IAHR „Industry Innovation Award“<br />

für das nachhaltige und innovative Management<br />

der Donau erhielten.<br />

Als Ergebnis wird an einem „Vienna<br />

Statement“ gearbeitet, das die Erkenntnisse<br />

der Konferenzen zusammenfasst<br />

und bis Ende <strong>2023</strong> online gestellt wird.<br />

Ein herzlicher Dank gilt allen Sponsor*innen,<br />

IWA Mitarbeiter*innen, den vielen<br />

Student*innen, der PCO und allen Konferenzteilnehmer*innen.<br />

•<br />

Mehr zu den<br />

Konferenzen<br />

finden Sie unter<br />

rivers.boku.ac.at<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

47


BioToP: Die Erfolgsgeschichte von strukturierter<br />

Von Lena Wohlschlager<br />

Doktoratsausbildung an der <strong>BOKU</strong><br />

und Chris Oostenbrink<br />

Zahlreiche <strong>BOKU</strong>-Wisssenschaftler*innen haben in den vergangenen zwölf Jahren im Rahmen<br />

des Programms mehr als 170 Doktoratsstudierende aus aller Welt betreut.<br />

FOTOS: <strong>BOKU</strong>/BIOTOP<br />

Events wie die BioToP Konferenz bieten eine großartige Gelegenheit für junge Forschende, sich zu vernetzen und auszutauschen.<br />

Als ich meine Dissertation gemacht<br />

habe, waren wir alle Einzelgänger“,<br />

erinnert sich Florian Rüker, während<br />

er die lebhaften Diskussionen zwischen<br />

den Studierenden am BioToP Retreat<br />

<strong>2023</strong> beobachtet. Aus genau diesem<br />

Grund hatte das Team rund um Christian<br />

Obinger, Lukas Mach und Dietmar Haltrich<br />

2009 einen Antrag für ein FWF-gefördertes,<br />

strukturiertes Doktoratsprogramm<br />

eingereicht. Damit PhD-Studierende in<br />

den Bereichen Protein- Engineering, Biosynthese,<br />

Expressionssysteme und Zellfabriken<br />

sowie Bioinformatik und Molekulare<br />

Modellierung die Möglichkeit<br />

haben, gemeinsam eine multi-disziplinäre<br />

Ausbildung zu genießen, sich sowohl mit<br />

Grundlagenforschung als auch mit angewandter<br />

Forschung zu befassen, über den<br />

O BioToP ist das erste strukturierte<br />

Doktoratsprogramm an der <strong>BOKU</strong><br />

O Seit 2010 wurden über 170 BioToP-<br />

Dissertationen betreut<br />

O Konferenz mit 150 nationalen und<br />

internationalen Teilnehmenden<br />

O Von der FWF-Finanzierung zur<br />

<strong>BOKU</strong> DocSchool<br />

Tellerrand zu schauen, und dazu auch noch<br />

Freundschaften fürs Leben zu schließen<br />

– und in besonderen Fällen sogar Lebenspartner*innen<br />

zu finden.<br />

Das Doktoratskolleg-Plus BioToP (Biomolecular<br />

Technology of Proteins) wurde<br />

seit 2010 großzügig vom Österreichischen<br />

Wissenschaftsfonds FWF und<br />

von der <strong>BOKU</strong> unterstützt. Mehr als 30<br />

hoch qualifizierte <strong>BOKU</strong>-Wissenschaftler*innen<br />

haben dabei über 170 Doktoratsstudierende<br />

aus aller Welt bei ihrer<br />

Forschung und Ausbildung unterstützt.<br />

Wöchentliche Seminare bildeten die Basis<br />

für einen regelmäßigen Austausch<br />

innerhalb des Programms, das umfangreiche<br />

und breit gefächerte Curriculum<br />

gewährte einen Wissensaufbau über das<br />

eigene Spezialgebiet hinaus.<br />

Das jährliche Zusammentreffen beim<br />

BioToP-Retreat ermöglichte fokussierte<br />

Diskussionen, förderte die sozialen<br />

48 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Wissenschaftliche Vorträge und eine Podiumsdiskussion bildeten<br />

das Kernprogramm der BioToP Konferenz <strong>2023</strong>.<br />

Galadinner im festlichen Rahmen des Wiener Rathauskellers (oben) und<br />

Poster-Session.<br />

Kontakte und vertiefte die Kollaboration<br />

zwischen den verschiedenen Forschungsgruppen<br />

der <strong>BOKU</strong>. „In meiner<br />

Zeit im BioToP habe ich die Diskussionen<br />

mit Kolleg*innen und die gegenseitige<br />

Motivation sehr genossen. Die Expertise,<br />

die innerhalb des Programms direkt<br />

verfügbar war, war eine großartige<br />

Hilfestellung bei Problemen“, resümiert<br />

BioToP-Studentin Jennifer Schwestka.<br />

Darüber hinaus ermöglichte die aktive<br />

Förderung von Teilnahmen an renommierten<br />

Konferenzen und die finanzielle<br />

Unterstützung von Forschungsaufenthalten<br />

im Ausland den Studierenden<br />

eine Vernetzung mit internationalen<br />

Expert*innen. Insgesamt hat das BioToP<br />

zu über 500 peer-reviewed Publikationen,<br />

17 Patentanträgen und unzähligen<br />

Präsentationen bei Konferenzen geführt.<br />

Der Erfolg von mehr als zwölf Jahren Bio-<br />

ToP wurde am 19. und 20. Juni <strong>2023</strong> mit<br />

einer zweitägigen Konferenz an der <strong>BOKU</strong><br />

Wien (Campus Muthgasse) gefeiert. Die<br />

über 150 Teilnehmenden wurden mit Vorträgen<br />

und Postern von erstklassigen,<br />

internationalen Wissenschaftler*innen,<br />

BioToP-Alumni sowie aktuellen BioToP-<br />

Studierenden verwöhnt und bekamen<br />

so Einblicke in den aktuellen Stand der<br />

Proteinforschung an Universitäten und<br />

in der Industrie. Eine Podiumsdiskussion<br />

mit BioToP-Alumni zum Thema „Karriere<br />

nach dem Doktorat“ sowie ein Workshop<br />

über Lebenslauf und Bewerbung boten<br />

für die aktuellen BioToP-Studierenden die<br />

Chance, sich über ihre Zukunft Gedanken<br />

zu machen und dabei von der Erfahrung<br />

und den Ratschlägen ihrer Vorgänger*innen<br />

zu profitieren.<br />

Neben dem umfangreichen Programm<br />

wurde aber auch genug Raum für anregende<br />

Gespräche, Wiedersehen mit<br />

alten Kolleg*innen und Schließen neuer<br />

Bekanntschaften gelassen. Besonders<br />

beim Galadinner im Wiener Rathauskeller<br />

wurden viele Erinnerungen geteilt<br />

und neue Kontakte mit unseren internationalen<br />

Gästen geknüpft.<br />

„Auch wenn die FWF-Finanzierung für<br />

BioToP mit <strong>2023</strong> ausläuft, war das nun<br />

keine Abschlussveranstaltung“, verspricht<br />

Chris Oostenbrink, derzeitiger<br />

Sprecher des BioToP-Programms. „Die<br />

Endbegutachtung des Programms von<br />

Seiten des FWF war so exzellent, dass<br />

es eine Schande wäre, die BioToP-Türen<br />

nun wieder zu schließen. Die Strukturen<br />

und Vernetzungen des Programms haben<br />

sich an der <strong>BOKU</strong> so gut etabliert, auch<br />

international hat sich BioToP einen guten<br />

Ruf erarbeitet, und es wäre eine Verschwendung,<br />

die mit viel Mühe und Einsatz<br />

aufgebauten Lehrveranstaltungen<br />

nicht auch kommenden Generationen<br />

an PhD-Studierenden zur Verfügung zu<br />

stellen.“ So wie BioToP als Blaupause für<br />

die Entwicklung von Doktoratsschulen<br />

an der <strong>BOKU</strong> gedient hat, wird das Bio-<br />

ToP-Programm selbst ab 2024 als <strong>BOKU</strong>-<br />

Doktoratsschule weitergeführt. •<br />

https://biotop.boku.ac.at<br />

Univ.-Prof. Dr. Chris Oostenbrink ist der Leiter des<br />

Instituts für Modulare Modellierung und Simulation<br />

(MMS), wo auch DI in Dr. in Lena Wohlschlager<br />

forscht.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

49


ARMIN RUSSOLD<br />

Die Präsentation des neuen mobilen Forschungslabors.<br />

Katastrophenschutz: Neue Möglichkeiten<br />

durch mobiles Forschungslabor<br />

Wie das Disaster Competence Network Austria (DCNA) die Wissenschaft mit der Praxis vernetzt und welche<br />

Rolle dabei ein vom Wissenschaftsministerium gefördertes Forschungslabor spielt. Von Isabel Anger (DCNA)<br />

Im vergangenen Jahrzehnt kam es in<br />

Österreich vermehrt zu Katastrophen,<br />

ausgelöst etwa durch Hochwasser,<br />

Muren oder gravitative Massenbewegungen<br />

größeren Ausmaßes<br />

wie große Hangrutschungen, Berg- oder<br />

Felsstürze und Geröll-Lawinen. Der Umgang<br />

mit diesen Naturphänomenen stellt<br />

die damit befassten Organisationen aus<br />

dem Bereich der öffentlichen Sicherheit<br />

vor massive Herausforderungen.<br />

Aus diesem Grund haben die Universität<br />

für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>) und die<br />

Technische Universität Graz (TU Graz)<br />

das „Disaster Competence Network<br />

Austria“ (DCNA) ins Leben gerufen. Der<br />

Grundgedanke hinter dem DCNA-Netzwerk<br />

ist, die wissenschaftliche Expertise<br />

auf dem Gebiet der Sicherheits- und<br />

Katastrophenforschung zu bündeln.<br />

Als Vernetzungsplattform fungiert das<br />

DCNA dabei als Ansprechpartner für<br />

wissenschaftliche Institutionen, Unternehmen<br />

und Behörden gleichermaßen.<br />

Ziel ist unter anderem, dass wissenschaftliche<br />

Ergebnisse möglichst reibungslos in<br />

die Praxis übergehen und damit auch<br />

tatsächlich zum Einsatz kommen können<br />

– und vice versa auch praktischer<br />

Input schneller und unkomplizierter in<br />

die Forschung gelangt.<br />

„Wir sind akademischer Ansprech- und<br />

Kooperationspartner von Einsatzorganisationen<br />

sowie Entscheidungsträgerinnen<br />

und Entscheidungsträgern aus<br />

dem öffentlichen und privaten Bereich.<br />

Mit unseren Aktivitäten bauen wir die<br />

notwendigen Brücken zwischen Wissenschaft<br />

und Praxis und fördern Interdisziplinarität<br />

in der Sicherheits- und Katas-<br />

trophenforschung“, so Christian Resch,<br />

Geschäftsführer des DCNA.<br />

FORSCHUNG IM FELD<br />

Um auch die Forschung im Feld voranzutreiben,<br />

arbeitete das DCNA gemeinsam<br />

mit den Gründungsuniversitäten und<br />

Fördermitteln des Bundesministeriums<br />

für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

an einer mobilen Forschungsinfrastruktur.<br />

Dieses Mess- und Analyselabor steht<br />

sowohl Forschenden an der Technischen<br />

Universität Graz als auch der Universität<br />

für Bodenkultur Wien zur Verfügung und<br />

ermöglicht es diesen, ihre Expertise bei<br />

Schadensereignissen orts- und zeitnahe<br />

bereitstellen zu können.<br />

Die Kooperation bei der Forschung im<br />

Feld geht jedoch über die Grenzen der<br />

beiden Universitäten hinaus: Sämtliche<br />

50 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


DCNA/RENÉ KASTNER<br />

Teil der mobilen Infrastruktur ist einerseits<br />

ein bodengebundener Roboter<br />

mit Kameras und Brandsensoren, der<br />

selbstständig navigieren kann (Robotikplattform<br />

„Husky“), andererseits<br />

auch ein unbemanntes Luftfahrzeug<br />

mit Laserscanner sowie regulärer und<br />

Wärmebildkamera (Drohne „Matador“).<br />

Um einen Einsatz auch unter schwierigen<br />

Bedingungen zu gewährleisten,<br />

ist eine autarke Stromversorgung gewährleistet.<br />

Dadurch kann die mobile<br />

Forschungsplattform beispielsweise in<br />

folgenden Szenarien zum Einsatz gebracht<br />

werden:<br />

O Überwachung bestehender kritischer<br />

Massenbewegungen im Einflussbereich<br />

von Siedlungsgebieten<br />

O effektive Gefahren- und Risikoabschätzung<br />

entlang von Infrastruktur<br />

(Bahnlinien, Autobahntrassen, Steinbrüche)<br />

O Erhöhung des Verständnisses im Hinblick<br />

auf Prozesse und Auslösemechanismen<br />

durch die Verknüpfung mit<br />

lokalen Einflussgrößen (z. B. Niederschlagsmessungen<br />

mittels Wetterradar)<br />

Der DCNA-Pick-up, Teil der mobilen Forschungsinfrastruktur, im Einsatz.<br />

DCNA-Mitglieder und deren Vertreter*innen<br />

stehen in ständigem Austausch<br />

im Rahmen von sechs Arbeitsgruppen.<br />

Die DCNA-Arbeitsgruppen unterstützen<br />

eine effiziente Koordination exzellenter,<br />

zeitgemäßer und international konkurrenzfähiger<br />

Aktivitäten in der Sicherheits-<br />

und Katastrophenforschung. Sie<br />

behandeln die Themenbereiche Massenbewegungen,<br />

Lawine und Erdbeben,<br />

Kritische Infrastruktur und Industriegefahren,<br />

Hochwasser, Extremwetterereignisse,<br />

Katastrophenrisiko und Public<br />

Health.<br />

TECHNISCHE AUSSTATTUNG<br />

Die mobile Forschungsplattform besteht<br />

aktuell aus einem Laborbus, einem Pickup<br />

sowie einem Anhänger zum Transport<br />

notwendiger Ausstattung und Technik.<br />

Dies umfasst Informations- und Kommunikationsmodule,<br />

Labor- und Analysearbeitsplätze<br />

sowie alles an technischer<br />

Grundausstattung, was für einen effizienten<br />

Betrieb im Feld notwendig ist.<br />

„Zur Prävention und Bewältigung von<br />

Katastrophenereignissen und Bekämpfung<br />

von Katastrophenrisiken spielen<br />

Wissenschaft und Technologie eine zentrale<br />

Rolle. Daher freuen wir uns, mit der<br />

mobilen Forschungsplattform ein einzigartiges<br />

Infrastrukturpaket in Österreich<br />

zu haben, um Wissenschaft in den Einsatz<br />

zu bringen“, so Resch.<br />

FACTBOX<br />

O Gegründet 2017, organisiert als gemeinnütziger<br />

Verein<br />

O 20 ordentliche Mitglieder, 8 assoziierte<br />

Mitglieder, 8 strategische<br />

Partnerschaften<br />

O Die Arbeit des DCNA, speziell die<br />

Ergebnisse und Forschenden, die in<br />

den Arbeitsgruppen tätig sind, werden<br />

im monatlich erscheinenden<br />

Podcast „Wissenschaft im Einsatz“<br />

vorgestellt (zu hören auf Spotify,<br />

Apple Podcasts, Amazon Music und<br />

auf dcna.at).<br />

www.dcna.at<br />

Die mobile Forschungsplattform wurde<br />

im Rahmen der DCNA-Konferenz „Fachtagung<br />

Katastrophenforschung <strong>2023</strong>“<br />

der Öffentlichkeit präsentiert und sowohl<br />

bei der Naturgefahrentagung in<br />

Kufstein als auch bei der RETTER Messe<br />

in Wels vorgestellt. Einzelne Elemente<br />

der mobilen Forschungsplattform sind<br />

aktuell bei Übungen, Forschungsprojekten<br />

und konkreten Risikogebieten im<br />

laufenden Einsatz.<br />

Zudem bietet das DCNA eine Plattform,<br />

um besseres Wissen zusammenzutragen,<br />

eine stärkere Evidenzbasis aufzubauen<br />

und Transformationsprozesse und Innovation<br />

schärfer zu fokussieren. Dies<br />

alles ist unerlässlich, um das Verständnis<br />

von Katastrophenrisiken zu verbessern<br />

sowie Resilienz und risikoinformierte<br />

Ansätze für die Politikgestaltung zu entwickeln.<br />

Das DCNA beteiligt sich mit 15 Mitarbeiter*innen<br />

und drei Standorten in Wien,<br />

Graz und Innsbruck – neben Netzwerktätigkeiten<br />

– sowohl an nationalen als<br />

auch internationalen Forschungsprojekten.<br />

Außerdem unterstützt das DCNA die<br />

Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses,<br />

unter anderem durch das Programm<br />

Young Scientists, mit dem aktuell<br />

neun Forscher*innen, die im Bereich Katastrophenprävention<br />

und -bewältigung<br />

tätig sind, gefördert werden. •<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

51


ROTUL<br />

Traditionelle SUBAK-Systeme fördern Bodengesundheit<br />

und Ertrag im indonesischen Reisanbau<br />

Eine Gruppe von <strong>BOKU</strong>-Wissenschaftler*innen ist im Sommer <strong>2023</strong> nach Indonesien gereist, um Kooperationsprojekte<br />

mit indonesischen Universitäten zu entwickeln. Als Gruppe von Agronom*innen, Agrar- und<br />

Bodenwissenschaftler*innen hofften wir, unsere laufende Zusammenarbeit mit unseren Kolleg*innen an der<br />

Universitas Gadjah Mada (UGM) und der Udayana-Universität zu verstärken, dieses Mal mit dem Schwerpunkt<br />

auf Bodengesundheit in Reisanbausystemen. Von Katharina Keiblinger, Rebecca Hood-Nowotny und Gernot Bodner<br />

Reis ist weltweit eine lebenswichtige<br />

Kulturpflanze. In Indonesien, dem<br />

drittgrößten Reisproduzenten der<br />

Welt, bildet er die Lebensgrundlage für<br />

viele Familien. Obwohl die Grüne Revolution<br />

die Produktivität verbessert hat,<br />

wurden die neuen und hybriden Sorten in<br />

Indonesien bisher nur wenig genutzt. Um<br />

die potenziell hohen Erträge zu erzielen,<br />

die die neuen Sorten versprechen, sind<br />

spezielle Kenntnisse, landwirtschaftliche<br />

Maschinen und synthetische Agrochemikalien<br />

erforderlich.<br />

bau) gebildet haben. In den letzten Jahren<br />

gab es Befürchtungen, dass dieses<br />

traditionelle System, das seit Hunderten<br />

von Jahren für eine nachhaltige Reisproduktion<br />

sorgt, durch die Abkehr von<br />

der traditionellen Praxis hin zu modernen<br />

intensiven Reisanbausystemen verloren<br />

gehen könnte.<br />

Als Reaktion auf die Nachfrage der<br />

Verbraucher*innen und dadurch, dass<br />

die Landwirt*innen diese Marktchancen<br />

wahrgenommen haben, hat der<br />

ökologische Landbau in Indonesien in<br />

den letzten Jahrzehnten an Popularität<br />

gewonnen. Darüber hinaus hat die<br />

Regierung die ökologische Produktion<br />

als Mittel zur Erhaltung traditioneller<br />

Anbaumethoden und Kulturlandschaften<br />

gefördert und dafür gesorgt, dass<br />

Landwirt*innen weiterhin rentabel produzieren<br />

können. Viele Landwirt*innen,<br />

die in SUBAK-Systemen arbeiten, sind<br />

REGIONALE KOLLEKTIVE<br />

Auf Bali, einem der wichtigsten Reisanbaugebiete<br />

Indonesiens, sind SUBAK-<br />

Systeme ein beeindruckender Bestandteil<br />

der Kulturlandschaft. SUBAKs sind<br />

regionale Kollektive von Landwirt*innen,<br />

die sich historisch mit der Zielsetzung<br />

der optimierten Nutzung der Ressource<br />

Wasser in der Landwirtschaft (im Reisanan<br />

der Entwicklung des ökologischen<br />

Landbaus interessiert. Denn die fruchtbaren<br />

vulkanischen Böden und die hohen<br />

Niederschlagsmengen auf Bali bieten<br />

ideale Voraussetzung für die Etablierung<br />

ökologischer Landwirtschaft.<br />

WELTKULTURERBE<br />

SUBAKs haben neben der Bewässerung<br />

oft noch andere Aufgaben, darunter die<br />

Umsetzung ursprünglicher Anbaumuster,<br />

die Lösung von Konflikten zwischen<br />

ihren Mitgliedern und religiöse Rituale.<br />

Somit tragen diese Organisationen nicht<br />

nur zur landwirtschaftlichen Produktion,<br />

sondern auch zur sozialen Gemeinschaft<br />

bei. Mehrere SUBAK-Landschaften sind<br />

von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt<br />

worden.<br />

Ein auf Bali übliches Bewirtschaftungsverfahren<br />

nach der Ernte ist das Verbrennen<br />

von Ernterückständen, vor allem<br />

52 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


KATHARINA KEIBLINGER<br />

Um die Bodengesundheit zu reflektieren<br />

und zu bewerten, wurde zunächst eine<br />

Runde partizipativer Kleingruppendiskussionen<br />

mit den Landwirt*innen abgehalten,<br />

in denen sie ihre Anbaupraktiken,<br />

ihre wichtigsten Produktionseinschränkungen<br />

und ihre Sorgen um die künftige<br />

Produktion beschrieben und über die<br />

bisherigen Praktiken und deren Nachhaltigkeit<br />

nachdachten. Als nächstes gingen<br />

wir auf das Feld, um Bodenproben von<br />

zwei kontrastierenden Feldern zu nehmen,<br />

die geringe respektive hohe Reiserträge<br />

aufwiesen. Anschließend wurden<br />

auf dem Feld an den Bodenprofilen erste<br />

Diskussionen über Konzepte der Bodengesundheit<br />

geführt und an jedem Standort<br />

Bodenproben aus vier verschiedenen<br />

Bodenschichten entnommen.<br />

Stroh. Es gilt als praktisches und wirtschaftliches<br />

Verfahren zur Bekämpfung<br />

von Insekten, Krankheiten und Unkraut<br />

sowie zur Verbesserung der Nährstoffversorgung<br />

des Bodens, das jedoch zu<br />

einer Reihe von Umweltproblemen wie<br />

Biomasseverluste, Treibhausgas- und<br />

Feinstaubemissionen, die schlechte<br />

Sicht und Gesundheitsrisiken verursachen,<br />

führt. Die Einarbeitung von Stroh<br />

als Alternative für die Bewirtschaftung<br />

von Ernterückständen hat neben anderen<br />

Vorteilen für die Umwelt und die Bodengesundheit<br />

positive Auswirkungen<br />

auf die Bodenqualität, die organische<br />

Substanz und die Kohlenstoffspeicherung<br />

im Boden sowie auf die Feuchtigkeitsspeicherung<br />

im Boden, sie verbessert<br />

den Nährstoffkreislauf und verringert<br />

Bodenverluste. Diese Methode hat jedoch<br />

auch negative Auswirkungen, wie<br />

etwa Stickstoff-Immobilisierung, was zu<br />

erheblichen Ertragseinbußen und erhöhten<br />

Methanemissionen führt.<br />

WORKSHOP<br />

Das Ziel der gemeinsamen Forschungsarbeiten<br />

von Wissenschaftler*innen<br />

des Instituts für Pflanzenbau (Gernot<br />

Bodner) und Bodenforschung (Katharina<br />

Keiblinger, Rebecca Hood-Nowotny) und<br />

der Udayana Universität in Indonesien<br />

(Ni Nyoman Sulastri, Sumiyati, I Made<br />

Anom Sutrisna Wijaya; Faculty of Agricultural<br />

Technology) und lokalen Inte r-<br />

essenvertreter*innen war, die Prozesse<br />

und Folgen dieser alternativen Anbaumethoden<br />

aus einer wissenschaftlichen<br />

und agrarsystemischen Perspektive zu<br />

verstehen. Zu diesem Zweck veranstalteten<br />

wir zunächst einen praktischen<br />

Workshop zum Thema Bodengesundheit,<br />

der gemeinsam mit den örtlichen<br />

Landwirt*innen, Berater*innen und<br />

österreichischem und indonesischem<br />

Universitätspersonal durchgeführt wurde.<br />

Dieses Training basierte auf den Erfahrungen<br />

des erfolgreichen Farmer’s<br />

Field Trainings in Bangka im Jahr 2022<br />

und unseren Interaktionen mit österreichischen<br />

Landwirt*innen.<br />

BEWERTUNG DES BODENS<br />

Zurück im SUBAK-Hauptquartier untersuchten<br />

wir gemeinsam, wie die physikalischen<br />

Eigenschaften des Bodens bewertet<br />

werden können, einschließlich der<br />

Beurteilung von Struktur, Textur, Farbe<br />

und Porosität des Bodens, und diskutierten<br />

deren Bedeutung für die Bodengesundheit.<br />

Anschließend wurden die<br />

chemischen Eigenschaften des Bodens<br />

ermittelt, indem die Landwirt*innen einfache<br />

Methoden zur Bewertung der Bodengesundheit<br />

und der grundlegenden<br />

Bodeneigenschaften kennenlernten. Der<br />

Schwerpunkt lag auf der praktischen Erfahrung,<br />

die alle Beteiligten einbezog und<br />

Zeit für Diskussionen und Fragen ließ, um<br />

den Wissensstand auf beiden Seiten zu<br />

ermitteln und festzustellen, wie der Wissensaustausch<br />

verbessert werden könnte.<br />

Wir bedanken uns für die finanzielle<br />

Unterstützung von ASEA Uninet:<br />

https://asea-uninet.org/<br />

VIDEOS INDONESIEN<br />

International Community<br />

Services on Soil Health –<br />

A joint collaboration of<br />

Univ. Udayana, UGM<br />

and <strong>BOKU</strong><br />

https://youtu.be/<br />

fwemRSnI_KY<br />

Training of<br />

Recognizing<br />

Characteristics<br />

& Soil fertility<br />

Priv.-Doz. in Dr. in Katharina Keiblinger und Priv.-<br />

Doz. in Rebecca Hood-Nowotny, MBA Ph.D. forschen<br />

am Institut für Bodenforschung, Priv.-Doz.<br />

Dr. Gernot Bodner am Institut für Pflanzenbau.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

53


SPLITTER<br />

Mitarbeiter*innen-Befragung<br />

gestartet<br />

Am 19. September hat die <strong>BOKU</strong> eine Mitarbeiter*innenbefragung<br />

gestartet, die einerseits die Evaluierung psychischer<br />

Belastungen zum Ziel hat, andererseits auch Themen<br />

wie Arbeitszufriedenheit, Kommunikation, Inklusion etc.<br />

erheben wird. Die Evaluierung psychischer Belastungen<br />

ist nach Arbeitnehmer*innenschutz vorgesehen und ein<br />

genormtes Fragenformat: Hier werden die Arbeitsbedingungen<br />

und die Wechselwirkung zu einer möglichen psychischen<br />

Belastung durch die Umgebung analysiert (Lärm,<br />

Staub, Licht, Prozesse etc.).<br />

Die elektronische Befragung findet diesmal zweistufig statt:<br />

Die <strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen erhalten zwei Fragebögen, da<br />

die Auswertungen im Hintergrund mit unterschiedlichen<br />

IT-Systemen und Datenbanken erfolgt. Damit alles wie<br />

immer den Grundsätzen des Datenschutzes genügt und<br />

Vertraulichkeit sowie vollständige Anonymität garantiert<br />

werden kann, arbeiten die Betriebsratsgremien und das<br />

Rektorat an einer Betriebsvereinbarung für die Mitarbeiter*innenbefragung.<br />

Je mehr <strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen<br />

teilnehmen, umso besser: Denn eine hohe Rücklaufquote<br />

gibt repräsentativen Aufschluss darüber, wo es Handlungsfelder<br />

zur Verbesserung und Erhaltung der Arbeitsbedingungen<br />

gibt.<br />

Das Rektorat und das Team der Gesunden <strong>BOKU</strong>, Stabsstelle<br />

Arbeitnehmer*innenschutz und Gesundheit, sehen<br />

das Feedback der <strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen als klaren Auftrag,<br />

um partizipative Maßnahmen zu gestalten, die wiederum<br />

al len Mitarbeiter*innen zugute kommen. Daher<br />

schon jetzt die Einladung an Sie: Machen Sie mit, es lohnt<br />

sich auf jeden Fall, denn dieses Tool ermöglicht direkte<br />

Mitsprache und Gestaltungsmöglichkeit.<br />

www.boku.ac.at/gesunde-boku<br />

Evaluierung Psychischer<br />

Belastungen und<br />

Mitarbeiter*innenbefragung<br />

<strong>2023</strong><br />

Zertifikat für Hochschullehrende<br />

„Bildung für Nachhaltige<br />

Entwicklung“ – Anmeldung<br />

ab sofort möglich<br />

Mit dem Kick-off am 20. November <strong>2023</strong> startet das Zertifikat<br />

für Hochschullehrende „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“<br />

(BNE-Z) in den zweiten Jahrgang. Das zweisemestrige Weiterbildungsprogramm<br />

bietet den Rahmen für eine intensive<br />

Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Zugängen zur<br />

nachhaltigen Entwicklung. Hochschullehrende aller Disziplinen<br />

können ihre Kompetenzen für die eigene Lehre im Sinn<br />

einer nachhaltigen Entwicklung weiter- oder neu entwickeln<br />

und sich über fachliche und institutionelle Grenzen hinweg<br />

austauschen.<br />

Das Zertifikat gliedert sich in fünf Arbeitspakete mit einem<br />

Gesamtumfang von 4 ECTS (ca. 100 Arbeitsstunden). In von<br />

verschiedenen österreichischen Allianzuniversitäten angebotenen<br />

Workshops erarbeiten die Teilnehmenden Grundlagen<br />

und Methoden und können ihre eigene Lehre reflektieren und<br />

weiterentwickeln. Ein großer Teil des Programms kann aus einem<br />

umfangreichen Wahlfachkatalog den eigenen Interessen<br />

und Vorkenntnissen entsprechend selbst zusammengestellt<br />

werden.<br />

Eine Bewerbung für den Jahrgang <strong>2023</strong>/24 ist noch bis<br />

31. 10. <strong>2023</strong> möglich. Curriculum und Information zu Bewerbung<br />

und Teilnahme:<br />

ILLUSTRATIONEN: ANIKA LEODOLTER<br />

https://nachhaltigeuniversitaeten.at/<br />

zertifikat/<br />

54 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


FORSCHUNG: FAQ<br />

Ausbildungs- und Graduiertenförderung<br />

An der <strong>BOKU</strong> werden jedes Jahr<br />

zahlreiche Preise und Stipendien<br />

vergeben, um herausragende<br />

Leistungen im wissenschaftlichen<br />

Bereich zu würdigen und den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs zu fördern.<br />

Diese Auszeichnungen werden von<br />

verschiedenen Fördergeber*innen wie<br />

Stiftungen, Privatunternehmen und<br />

öffentlichen Organisationen bereitgestellt,<br />

die spezifische Themen der <strong>BOKU</strong><br />

unterstützen möchten.<br />

litationen, Publikationen, konkrete Forschungsprojekte<br />

sowie bereits erbrachte,<br />

gute Studienleistungen. Die Auswahl<br />

der Preisträger*innen erfolgt durch<br />

Kuratorien oder den <strong>BOKU</strong>-Beirat zur<br />

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

und die Verleihung der Preise<br />

bzw. Stipendien findet im Rahmen einer<br />

akademischen Feier an der <strong>BOKU</strong> statt.<br />

Interessierte können sich auf der Website<br />

über aktuelle Ausschreibungen informieren<br />

und bewerben: https://boku.<br />

ac.at/fos/themen/ausbildungs-und-graduiertenfoerderung<br />

•<br />

KONTAKT<br />

Forschungsservice – Projektsupport<br />

Martina Ragoner & Alexander Wieser<br />

researchfunds@boku.ac.at<br />

STRATEGISCHE KOOPERATION<br />

<strong>BOKU</strong>–UMWELTBUNDESAMT<br />

Aktuelles aus der Kooperation<br />

Von Florian Borgwardt<br />

Das Hauptziel dieser Preise liegt in der<br />

Förderung des Nachwuchses in allen<br />

Bereichen der <strong>BOKU</strong>-Forschung. Die<br />

Preisgelder variieren dabei von 1.000<br />

bis zu 100.000 Euro. Ausgezeichnet<br />

werden herausragende Diplom- oder<br />

Masterarbeiten, Dissertationen, Habi-<br />

Im zurückliegenden Sommer gab es rund<br />

um die Verordnung „Nature Restoration<br />

Law“ der EU heiße Debatten.<br />

Nach einem Unentschieden im Umweltausschuss<br />

des EU-Parlaments im Juni<br />

wurde der Vorschlag der EU-Kommission<br />

am 12. Juli knapp und mit einigen Änderungen<br />

im EU-Parlament angenommen.<br />

Diese Verordnung ist deshalb von<br />

so großer Bedeutung, weil sich in Europa<br />

81 Prozent der geschützten natürlichen<br />

Lebensräume in einem besorgniserregenden<br />

Zustand befinden. Demzufolge<br />

ist die Natur dort so stark beeinträchtigt,<br />

dass ökologische Funktionen, die<br />

auch dem Wohl der Menschen zugutekommen,<br />

gestört sind oder nicht mehr<br />

zur Verfügung stehen. Die Verordnung<br />

zielt darauf ab, bis 2050 geschädigte<br />

Lebensräume in einen guten Zustand<br />

zu versetzen und somit die biologische<br />

Vielfalt zu schützen, den Klimaschutz zu<br />

verbessern und die Resilienz der Ökosysteme<br />

gegenüber Naturkatastrophen<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

zu stärken.<br />

Zur Umsetzung sind nationale Wiederherstellungspläne<br />

(„nature restoration<br />

plans“) vorgesehen, die Informationen<br />

über die Gesamtfläche und die Lage der<br />

Lebensraumtypen, den Anteil in schlechtem<br />

Zustand, günstige Referenzflächen<br />

sowie die historische Verteilung und die<br />

prognostizierte zukünftige Verteilung<br />

aufgrund des Klimawandels enthalten<br />

sollen. Die Verordnung greift zwar in<br />

vielen Bereichen auf Ziele und Vorgaben<br />

bereits bestehender EU-Gesetzgebungen,<br />

wie z. B. die Wasserrahmenrichtlinie<br />

oder die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie<br />

zurück, gibt diesen aber eine neue Verbindlich-<br />

und Dringlichkeit – schlussendlich<br />

profitieren die Menschen und<br />

die Gesellschaft am meisten von einer<br />

intakten Umwelt.<br />

Für die erfolgreiche Umsetzung des Nature<br />

Restoration Laws wird es Kooperation<br />

und ein Zusammenspiel unterschied-<br />

licher Akteur*innen von Forschung über<br />

Verwaltung und Politik bis hin zur breiten<br />

Öffentlichkeit brauchen. Die Kooperation<br />

von <strong>BOKU</strong> und Umweltbundesamt<br />

kann hier sicherlich einen wertvollen Beitrag<br />

leisten.<br />

Für Ideen oder Fragen zu Kooperationen<br />

mit dem Umweltbundesamt stehe ich<br />

gerne zur Verfügung!<br />

•<br />

LINK<br />

Nature Restoration Law<br />

https://environment.ec.europa.eu/<br />

topics/nature-and-biodiversity/<br />

nature-restoration-law_en<br />

KONTAKT<br />

DI Dr. Florian<br />

Borgwardt<br />

florian.borgwardt@<br />

boku.ac.at<br />

http://short.boku.<br />

ac.at/fos_<br />

stratkoopbokuu<br />

55<br />

JÜRGEN PLETTERBAUER


PHILIPP SPÖRL, <strong>2023</strong><br />

Dokumentation der Messkampagnen, Standort Lichtblau-Wagner.<br />

Projekt HEDWIG - ErHEbung von MessDaten<br />

zur WIrkungsabschätzung von begrünten Gebäuden<br />

Untersuchung innovativer Begrünungslösungen als wesentlicher Beitrag zur Klimawandelanpassung in Städten.<br />

Von Nicole Jalits und Rosemarie Stangl<br />

PROJEKTHINTERGRUND<br />

Die Benefits und Ökosystemleistungen<br />

von Grüner Infrastruktur (GI), wie Temperaturminderung,<br />

Beschattungs- oder<br />

Transpirationsleistung, die in der heißen<br />

Jahreszeit wesentlich zum Wohlbefinden<br />

beitragen, wurden vielfach beschrieben<br />

und sind weitläufig anerkannt (Europäische<br />

Union 2014, European Commission<br />

2021). Weltweit setzen sich zahlreiche<br />

Forscher*innen mit den Effekten von<br />

GI auseinander, jedoch besteht nach<br />

wie vor keine gesicherte Datenlage zu<br />

deren Wirkungen. Die erhobenen und<br />

publizierten Daten, Standortparameter<br />

sowie Messtechniken sind meist vage<br />

definiert oder unzureichend verfügbar,<br />

was die Ableitung von allgemeingültigen<br />

Aussagen erschwert.<br />

Das Projekt HEDWIG adressiert die oben<br />

genannten Problemstellungen und zielt<br />

auf die Sammlung und Erstellung von<br />

fundierten Vegetationsparametern beziehungsweise<br />

Leistungskennwerten<br />

hinsichtlich der Wirkung von Bauwerksbegrünung<br />

auf den Innen- und Außenraum<br />

ab.<br />

Für HEDWIG werden durch ein Dauermonitoring<br />

relevante meteorologische<br />

und bauphysikalische Daten an ausgewählten<br />

Gründächern und Grünfassaden<br />

in und um Wien und verschiedenen<br />

Gebäudetypen erhoben. An zusätzlichen<br />

Standorten kommen punktuelle<br />

Messkampagnen zum Einsatz, um die<br />

Grünkörper zu charakterisieren und Vegetationsparameter<br />

zu erheben. Darauf<br />

aufbauend soll ein spezifisches Set-up<br />

zur Datengewinnung, Datenanalyse und<br />

deren Vergleichbarkeit zur Evaluierung<br />

von begrünten Demonstrationsobjekten<br />

entwickelt werden.<br />

PROJEKT-OUTPUTS<br />

Neben der Generierung von Messkennwerten<br />

unterschiedlicher Grünstrukturen<br />

unterstützt HEDWIG die Klimawandelanpassung,<br />

da die Schaffung einer validen<br />

Datenbasis, die Standardisierung der<br />

Mess- und Analyseverfahren sowie von<br />

Kennwerten im österreichischen Kontext<br />

ermöglicht wird. Dies stellt eine wichtige<br />

Grundlage und Argumentationsbasis<br />

für künftige Umsetzungsentscheidungen<br />

dar. Messungen finden auch an Gebäuden<br />

der <strong>BOKU</strong> statt und werden wertvolle<br />

Erkenntnisse beisteuern. <br />

•<br />

REFERENZEN<br />

Europäische Union (2014): Eine Grüne Infrastruktur<br />

für Europa. ISBN 978-92-79-39999-2.<br />

DOI:10.2779/26307.<br />

European Commission (2021): Evaluating the<br />

Impact of Nature-based Solutions: A Handbook<br />

for Practitioners. Publications Office of<br />

the European Union: Luxembourg. ISBN978-<br />

92-76-22821-9.<br />

Projektmitarbeiter*innen am Institut<br />

für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau<br />

Rosemarie Stangl, Nicole Jalits, Philipp Spörl,<br />

Bernhard Scharf, Ulrike Pitha, Lars Mezger<br />

In Kooperation mit IBO – Österreichisches<br />

Institut für Bauen und Ökologie GmbH<br />

GsG – Grünstattgrau Forschungs- und<br />

Innovations-GmbH<br />

RED Bernard GmbH<br />

KONTAKT<br />

nicole.jalits@boku.ac.at<br />

LINK<br />

https://nachhaltigwirtschaften.at/de/<br />

sdz/projekte/hedwig-erhebungvon-mess-daten-zur-wirkungsabschaetzung-von-begruenten-gebaeuuden.php<br />

56 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


Regenwasser in der Stadt<br />

Web-Tools und Nature-based Solutions für ein<br />

nachhaltiges Management<br />

Von Anna Briefer, Christina Henöckl und Rosemarie Stangl<br />

GSG <strong>2023</strong><br />

INReS² Projektkonsortium am PV-Dachgarten der <strong>BOKU</strong> Wien. V. li.: Bernhard Pucher (SIG),<br />

Martin Ortbauer, Joachim Kräftner (Kräftner Landschaftsarchitektur), Rosemarie Stangl (IBLB),<br />

Anna Briefer (IBLB), Susanne Formanek (GsG), Christina Henöckl (IBLB), Flora Fath Ruiz (GsG);<br />

Weitere Projektpartner*innen: Green4Cities GmbH; Digital Findet Stadt.<br />

K<br />

limawandelbedingt häufen sich<br />

Starkregenereignisse, Städte wie<br />

Wien sind aufgrund des hohen<br />

Versiegelungsgrades besonders von<br />

den Folgen betroffen. Ein wesentlicher<br />

Aspekt zur Schaffung klimawandelresilienter<br />

Städte sind einfache und transparente<br />

Webanwendungen zur Planung<br />

nachhaltiger, grüner Regenwasserlösungen.<br />

Das IBLB und das SIG erarbeiten<br />

gemeinsam mit externen Partner*innen<br />

im Projekt INReS², gefördert durch die<br />

Wirtschaftsagentur Wien, eine Webanwendung<br />

zur Planung integrativer,<br />

dezentraler und grüner Niederschlagsbewirtschaftungssysteme.<br />

Im Speziellen<br />

dient INReS² der Integration eines<br />

nachhaltigen Regenwassermanagement-<br />

Tools in eine Planungs-, Ausführungsund<br />

Bewirtschaftungssoftware (BIM).<br />

Basierend auf einer BIM-Datenbank und<br />

Berechnungen auf Basis von vordefinierten<br />

und wissenschaftlich erarbeiteten<br />

Parametern werden Lösungen für dezentrales<br />

und integratives grünes Regenwassermanagement<br />

erstellt und über ein<br />

Webinterface zugänglich gemacht. Der<br />

Begriff BIM (Building Information Modeling)<br />

ist eine softwaregestützte Arbeitsmethode,<br />

welche zum Ziel hat, Planung,<br />

Bau sowie ein langfristiges Erhaltungsund<br />

Pflegemanagement zu vernetzen,<br />

INReS² Projektlogo – Integration nachhaltiges<br />

Regenwassermanagement in der Stadt<br />

wobei alle relevanten Gebäudedaten sowie<br />

notwendigen Gewerke kombiniert<br />

erfasst werden.<br />

Die innovativen INReS²-Ansätze dienen<br />

der Entwicklung neuer IFC-Standards<br />

für Modelle der dezentralen, grünen<br />

Regenwasserbewirtschaftung sowie<br />

der Schaffung von Sammelstellen für<br />

grüne Regenwasserbewirtschaftungslösungen<br />

unter Einhaltung von nationalen<br />

und regionalen Normen und rechtlicher<br />

Regelungen. Dies ermöglicht eine transparente,<br />

herstellerunabhängige Planung<br />

von Lösungen zum grünen Regenwassermanagement.<br />

Dabei sollen innovative<br />

grün-blaue Infrastrukturmaßnahmen<br />

kombiniert werden, um einen möglichst<br />

naturnahen Wasserkreislauf auf dem<br />

Grundstück zu gewährleisten und die<br />

kommunale Infrastruktur zu schonen,<br />

indem man Dach- und Fassadenbegrünungen<br />

mit Speicher- und Sickeranlagen<br />

verbindet und vorrangig die Speicherung<br />

vor der Ableitung von Niederschlagswasser<br />

vorsieht.<br />

Die Kanalisation stößt bei Starkregen immer<br />

öfter an ihre Grenzen, es entstehen<br />

massive Schäden. Planung, Ausführung<br />

und Betrieb von Regenwassermanagementanlagen<br />

sind komplex und herausfordernd.<br />

Durch diesen ganzheitlichen<br />

INReS²-Ansatz, einer niederschwellig<br />

erreichbaren Webanwendung, ergänzt<br />

durch Kompatibilität zu BIM-Software,<br />

werden die Bedürfnisse aller potenziellen<br />

Stakeholder und Anwender*innen abgedeckt.<br />

•<br />

PROJEKTPARTNER*INNEN<br />

GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und<br />

Innovations-GmbH (Lead)<br />

<strong>BOKU</strong> Wien, Institut für Ingenieurbiologie<br />

und Landschaftsbau (IBLB) & Institut für<br />

Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft<br />

und Gewässerschutz (SIG)<br />

Green4Cities GmbH<br />

Kräftner Landschaftsarchitektur<br />

Digital Findet Stadt<br />

Martin Ortbauer<br />

KONTAKT<br />

anna.briefer@boku.ac.at<br />

LINK<br />

https://gruenstattgrau.at/en/projekt/<br />

inres2<br />

DI in Anna Briefer, derzeit Universitätsassistentin<br />

am IBLB. In ihrem Doktoratsstudium untersucht<br />

sie die Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten im<br />

Landschaftsbau. DI in Christina Henöckl arbeitet<br />

am IBLB und beforscht in ihrem Doktorat die Aspekte<br />

und Potenziale von grün-blauen Regenwassersystemen<br />

in der Stadt. Univ.-Prof. in DI in Dr. in<br />

Rosemarie Stangl, Leiterin des IBLB der <strong>BOKU</strong><br />

Wien. Neben traditionellen Vegetationstechniken<br />

lehrt sie Aspekte und Anwendungen von Grünen<br />

Infrastrukturen und Nature-based Solutions zur<br />

Klimawandelanpassung und untersucht ihre mikroklimarelevanten<br />

Wirkungen.<br />

<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong><br />

57


Grow Your Skills 4 Future<br />

Entrepreneurship Education an der <strong>BOKU</strong> Von Zacharias Lumerding<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE bietet <strong>BOKU</strong>-Angehörigen Raum und Unterstützung für ihre Visionen und Ideen.<br />

BRUNO SCRAMGNON<br />

Doch was versteht man eigentlich<br />

unter Entrepreneurship? Die europäische<br />

Kommission meint dazu:<br />

„Entrepreneurship beziehungsweise Unternehmergeist<br />

ist die Fähigkeit, Ideen in<br />

die Tat umzusetzen. Dies erfordert Kreativität,<br />

Innovation und Risikobereitschaft<br />

sowie die Fähigkeit, Projekte zu planen<br />

und durchzuführen, um bestimmte Ziele<br />

zu erreichen.“<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE unterstützt insbesondere<br />

Studierende dabei, ihre Ideen für<br />

nachhaltige Initiativen, Unternehmen<br />

oder Projekte weiterzuentwickeln und<br />

zu verwirklichen. Mit einem vielfältigen<br />

Angebot an Lehrveranstaltungen und<br />

Veranstaltungen soll Unternehmergeist<br />

geweckt sowie die Umsetzung eigener<br />

Ideen und die Entwicklung unternehmerischer<br />

Kompetenzen ermöglicht werden.<br />

Zudem bietet der Co-Working-Space im<br />

Ilse-Wallentin-Haus Raum für potenzielle<br />

Start-up-Teams und die Möglichkeit zur<br />

Vernetzung. Durch die enge Zusammen-<br />

arbeit und den aktiven Austausch mit<br />

anderen Universitäten wird dabei auch<br />

interdisziplinäres Denken und das Verständnis<br />

für multiple Perspektiven gefördert.<br />

Der Bereich Entrepreneurship Education<br />

der <strong>BOKU</strong>:BASE umfasst dabei nicht nur<br />

die Vermittlung betriebswirtschaftlicher<br />

Kenntnisse, sondern legt auch sehr viel<br />

Wert auf das Stärken sozialer Kompetenzen,<br />

eigenverantwortliches Handeln<br />

und umfassende Persönlichkeitsbildung.<br />

Schließlich braucht es für eine Gründung<br />

nicht nur das nötige Fachwissen,<br />

sondern auch das richtige Mindset: die<br />

Leidenschaft für eine Vision, den Mut<br />

zur Veränderung sowie die Neugier und<br />

Offenheit für Unbekanntes.<br />

Hierfür wird es ab Herbst ein weiteres,<br />

neues Angebot für Studierende geben:<br />

Die <strong>BOKU</strong>:BASE hat die „BASE:Academy“<br />

ins Leben gerufen, eine Workshop-<br />

Reihe, die unter dem Motto „grow your<br />

skills 4 future“ läuft.<br />

Dabei werden über das gesamte Semester<br />

verteilt acht Workshops zu vielfältigen<br />

Themen wie Rhetorik, künstliche<br />

Intelligenz, Leadership und Woman<br />

Empowerment angeboten. Den Studierenden<br />

werden nützliche Soft Skills an<br />

die Hand gegeben, die die Entwicklung<br />

ihrer unternehmerischen Kompetenzen<br />

fördern. Gepaart mit dem profunden<br />

Nachhaltigkeitsverständnis der <strong>BOKU</strong><br />

erwachsen so verantwortungsvolle Gestalter*innen<br />

der Zukunft. •<br />

base.boku.ac.at<br />

58 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 3 | <strong>2023</strong>


THAT’S THE SPIRIT!


THAT’S THE SPIRIT!<br />

ILLUSTRATION: ANIKA LEODOLTER

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