Zerfall und Verfall: Die deutsche Demokratiekrise
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„Corona-Diktatur“ (2020). War der Eindruck so abwegig? Zu
den Merkmalen autoritärer Herrschaft gehören: Staatsmedien, tendenziöse
Berichterstattung, Polizeigewalt, Ausgrenzung politischer Dissidenz
und Opposition, eingeschränkte und ausgesetzte Bürgerrechte, die
„schweigende Mehrheit“, Angst, Zwang und Bestrafung, eine gestörte
und geschwächte Gewaltenteilung durch den Vorrang der
Exekutive. Alles so gesehen und so geschehen in Deutschland unter Berufung
auf eine „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ von
März 2020 bis November 2021 und darüber hinaus.
Hinter jedem vermeintlichen „Unwort“ steht eine moralische
Verurteilung derjenigen, die etwas damit anzufangen wissen,
es für stichhaltig, zumindest für nicht ganz falsch halten. Übertreibungen
gehören zum lebendigen Diskurs. Aber eben diese kontroverse Aussprache
ist jenseits extremer Verengung, Einseitigkeit und
Vorverurteilung nicht mehr gewollt. Worte, Begriffe, Gedanken,
Meinungen trifft der Bannstrahl, gar nicht erst diskussionswürdig zu
sein, geschweige denn Berücksichtigung finden zu dürfen. Was in Verruf
gebracht wird, hat weit weniger inhaltliche als politische
Gründe. „Populismus“ hätte allein aufgrund seines inflationären und
pauschal-abwertenden Gebrauchs längst zum Unwort erklärt werden
müssen. „Covidiot“ verleumdet und diffamiert Menschen unisono als
dumme Egoisten, die eine andere Sicht auf das Pandemiegeschehen haben.
Knapp die Hälfte der deutschen Bevölkerung war nach einer Allensbach-Umfrage
im Juni 2021 überzeugt, die eigene politische
Meinung nicht mehr frei äußern zu können. Ein erschreckendes
Zeugnis für den inneren Zustand der Demokratie. Insofern haben die
Macher zulässiger und Torwächter unzulässiger Standpunkte ganze Arbeit
geleistet. Gleich der Inquisition werden Abweichler, Zweifler
und Kritiker eines erzeugten Meinungsbildes öffentlich an