humanistisch! Das Magazin #17 - 2/2022
Demokratien unter Belagerung: Drei Vorschläge, sinnvoll mit der neuen Krise in den internationalen Beziehungen umzugehen.
Demokratien unter Belagerung: Drei Vorschläge, sinnvoll mit der neuen Krise in den internationalen Beziehungen umzugehen.
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Anleitungsbroschüre<br />
Glaubst du,<br />
Du bist noch zu klein um<br />
große Fragen zu stellen?<br />
Dann kriegen die<br />
Großen dich klein<br />
noch bevor du groß<br />
genug bist.<br />
Bilderbücher, die in der freien Spielzeit von interessierten<br />
Kindern genutzt werden können, die sich<br />
weiter mit den aufgeworfenen Themen auseinandersetzen<br />
wollen.<br />
Am letzten Tag entwerfen die Kinder ihre, aus<br />
eigenen philosophischen Gesprächen erwachsene,<br />
ideale Kita. Dieser Entwurf und die Fragen-Bibliothek<br />
verbleiben vor Ort. Sie sollen das Philosophieren<br />
in der Einrichtung nachhaltig etablieren.<br />
Pädagogische Grundhaltung<br />
<strong>Das</strong> der boxdesphilosophierens zugrundeliegende<br />
Bild des Kindes wurde vom Reformpädagogen John<br />
Dewey treffend umrissen. Dewey wandte sich gegen<br />
das zu seiner Zeit, im 19. und 20. Jahrhundert, vorherrschende<br />
Bild des Kindes als defizitäres Wesen,<br />
das geformt und mit Wissen befüllt werden muss.<br />
Wenn wir ehrlich sind, wirkt dieses althergebrachte<br />
Bild bis heute nach. Dewey hingegen sah Kinder als<br />
junge Menschen mit eigenen Kompetenzen, Persönlichkeiten<br />
und Bedürfnissen, deren Entwicklung<br />
durch Bildung und Erziehung unterstützt werden<br />
soll. Für ihn sind Kinder aktive Lernende, motiviert,<br />
sich ihre Welt aktiv anzueignen. Es ist unschwer zu<br />
erkennen, dass diese pädagogische Grundhaltung<br />
die oben beschriebene sokratische Vorgehensweise<br />
widerspiegelt.<br />
Philosophieren fördert und kultiviert das Staunen,<br />
erhält die Neugier, zeigt den Kindern, dass ihre<br />
Fragen und Ideen einen Wert haben. Philosophieren<br />
produziert keine abschließenden Antworten,<br />
– Erich Fried –<br />
Die boxdesphilosophierens<br />
lädt Kinder ausgehend<br />
von Sinneserfahrungen<br />
und -täuschungen<br />
zum spielerischen Philosophieren<br />
und Denken<br />
ein. Entlang philosophischer<br />
Grundfragen und<br />
mithilfe von Übungen und<br />
kindgerechten Exponaten<br />
werden kritisches Denken,<br />
toleranter Umgang mit<br />
anderen Sichtweisen,<br />
sowie Reflexions-, Urteilsund<br />
Konfliktfähigkeit<br />
trainiert und kultiviert.<br />
Philosophieren hilft,<br />
die großen Fragen und<br />
Probleme des Lebens<br />
besser meistern zu<br />
können.<br />
sondern viele neue Fragen, neue Herausforderungen.<br />
So wie das Leben selbst mit jedem Fortschritt<br />
neue Herausforderungen bereithält.<br />
„Kinder kommen zum ersten Schultag als Fragezeichen<br />
– und verlassen sie als Punkt.“ – Neil Postman 4<br />
Wenn wir als Erwachsene lernen, mit unseren<br />
Kindern zu philosophieren, dann helfen wir ihnen<br />
dabei, dass sie unser heutiges Schulsystem nicht als<br />
Punkte verlassen, sondern sich zu Persönlichkeiten<br />
entwickeln, die bereit sind, sich den großen Fragen<br />
und den Herausforderungen des Lebens zu stellen.<br />
Lutz Renken<br />
<strong>humanistisch</strong>! <strong>#17</strong> / April <strong>2022</strong><br />
DAS HEBAMMENPRINZIP<br />
Wie also reagiere ich, wenn mich<br />
zum Beispiel ein Dreijähriger fragt:<br />
„Warum regnet es?“ Statt dem<br />
Kleinen den Wasserkreislauf zu erläutern,<br />
entspräche es guter Praxis<br />
des philosophischen Umgangs mit<br />
Kinderfragen, das „Hebammen-<br />
Prinzip“ anzuwenden und das<br />
heraus zu holen, was sich im Kopfe<br />
dieses Kindes bereits an Alltagsund<br />
Erfahrungswissen angesammelt<br />
hat. <strong>Das</strong> geschieht durch die<br />
einfache Rückfrage: „Was denkst<br />
du denn, warum es regnet?“ Die<br />
vielleicht überraschende Antwort<br />
meines Gesprächspartners:<br />
„Es regnet, weil die Blumen durstig<br />
sind!“<br />
Hans-Joachim Müller, Grundschullehrer<br />
i.R., Lehrbeauftragter am Institut<br />
für Philosophie der Carl von Ossietzky-<br />
Universität Oldenburg.<br />
philosophieren-mit-kindern.de<br />
3) John Dewey, Philosoph, Psychologe und Pädagoge, war einer<br />
der Unterzeichner des ersten Humanistischen Manifests von 1933<br />
4) Neil Postman: Keine Götter mehr, Berlin 1995<br />
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