Die Bündner Kulturbahn 2022
18. Jahrgang, 2021 | 2022
18. Jahrgang, 2021 | 2022
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Folgende Gründe wurden genannt: «Die sich immer stärker
abzeichnenden Parkplatzschwierigkeiten, die hauptsächlich
bei Arbeitsbeginn und Arbeitsschluss überlasteten Strassen,
die steigenden Anschaffungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten
für das Auto, was beispielsweise im ‹Merkur›,
dem Organ der reisenden Kaufleute der Schweiz, kürzlich
ausdrücklich bestätigt wurde. Es empfiehlt seinen Lesern,
grosse Strecken mit der Bahn zurückzulegen, ‹wobei den
Mühsalen der Strasse ausgewichen und erst noch Geld gespart
wird›.» Eine darauf abgerichtete Werbekampagne
zugunsten der Bahn «dürfte gewiss ihre Früchte tragen»,
waren Skvor und Hardegger überzeugt. Damit war es aber
noch lange nicht getan. Um diese Früchte ernten zu können,
mussten nämlich auch in betrieblicher Hinsicht einige Baustellen
angepackt werden.
Billiger …
Zu jener Zeit bestand bei der RhB die personelle Besetzung
jedes Personen- und teilweise sogar von Güterzügen ausnahmslos
aus mindestens zwei Mann: Dem Lokführer und
dem Kondukteur. Für den sonst schon unrentablen Vorortsverkehr
zu aufwändig und zu teuer, fanden Hardegger und
Skvor, und setzten den Rotstift bei den Personalkosten an.
Dazu liessen sich die beiden von anderen Bahngesellschaften
inspirieren. Das Zauberwort: Einmannbetrieb. «Es gab
Schmalspurbahnen im Mittelland, welche schon in den
1960er Jahren einen beachtlichen und fortschrittlichen Vorortsverkehr
aufgebaut hatten», erzählt Skvor.
«Besonders bemerkenswert für uns war, dass es bei diesen
Bahnen praktisch keine bedienten Billettschalter mehr gab
und auch Kondukteure suchte man dort vergebens; hatte
jemand kein Abonnement, musste er wie im Bus vorne
einsteigen und konnte beim Lokführer ein Billett kaufen –
Billettautomaten waren damals noch kein Thema. Das
wollten wir bei uns auch einführen.»
… und schneller
Zeit ist Geld. Um die Vorortszüge also gegenüber dem
grössten Konkurrenten – dem Auto – attraktiver zu machen,
mussten diese schneller werden. Mit der damals bei
der RhB allgemein geltenden Höchstgeschwindigkeit von
75 Kilometern pro Stunde ein schwieriges Unterfangen.
Skvor plädierte deshalb auf die Erhöhung der Maximalgeschwindigkeit;
«ein 90er» sollte auf den relativ geraden
Strecken im Vorortsverkehr zwischen Schiers, Chur und Thusis
schon drin liegen. Erreicht werden konnte dies aber nur
mit der Beschaffung von neuen Zügen, da die bestehenden
schlicht zu langsam waren. Obwohl die Direktion eigentlich
kein Geld in den Vorortsverkehr – geschweige denn in neues
Rollmaterial dafür – investieren wollte, bekam Skvor für
dieses Vorhaben grünes Licht.
Hickhack um die Polsterklasse
Damit entflammte eine weitere, heiss diskutierte Frage
rund um den neu aufzugleisenden Vorortsverkehr im Raum
Chur: Soll in den neuen Zügen die erste Klasse angeboten
werden oder nicht? Erhebungen in den Vorortszügen ergaben,
dass die Polsterklasse im Durchschnitt von null bis
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