11/2020
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№ <strong>11</strong>/<strong>2020</strong><br />
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der Digitalisierung weiter außen vor gelassen?
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8<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
seit Jahren wird davon geredet, dass die Therapeuten bei<br />
politischen Entscheidungen zu wenig berücksichtigt werden.<br />
Auch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens scheint<br />
das so. Wenn zum 1. Januar die elektronische Patientenakte<br />
eingeführt wird, haben die Heilmittelerbringer darauf zunächst<br />
keinen Zugriff. In unserem Titelthema versucht unser Autor<br />
der Frage auf den Grund zu gehen, warum die Heilmittelerbringer<br />
wieder eine vergessene Zielgruppe zu sein scheinen.<br />
Beim Thema Digitalisierung geht es aber nicht nur darum,<br />
politische Hürden zu überwinden, sondern auch technologisch<br />
die richtigen Weichen zu stellen, sodass die Vernetzung<br />
zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Gesundheitswesen<br />
einheitlich, einfach und sicher abläuft. Optica hat in den<br />
vergangenen drei Jahren reichlich Erfahrungen sammeln können.<br />
Diese werden in unsere Produkte, Dienstleistungen und<br />
Prozesse einfließen. Mit unserem Pilotprojekt zum E-Rezept in<br />
Hessen haben wir gezeigt, wie eine solche Lösung aussehen<br />
kann und dafür den dfg-Award erhalten. Leider hat es bei der<br />
Vergabe des Fachdienstes zum E-Rezept nicht zum Zusschlag<br />
der Gematik gereicht. Mit einer in qualitativer Hinsicht sehr<br />
hohen Bewertung erzielte Optica 4,12 von 5 möglichen Punkten<br />
und präsentierte der Gematik eine technisch versierte<br />
Lösung, die sich aber am Ende nicht gegen IBM durchsetzen<br />
konnte. Wir werden weiterhin die Zukunft mitgestalten. Als Ihr<br />
Abrechnungsdienstleister ist es unser großes Interesse, dabei<br />
die Heilmittelerbringer frühzeitig mit im Boot zu haben!<br />
Inhalt<br />
4<br />
Kompakt<br />
News und Meldungen<br />
8<br />
Allein auf weiter Flur<br />
Haben die Heilmittelerbringer bei der Digitalisierung<br />
des Gesundheitswesens wieder<br />
einmal das Nachsehen?<br />
14<br />
Bonus zum Gehalt<br />
Wie Praxisinhaber ihren Mitarbeitern Vergünstigungen<br />
unabhängig von einer Gehaltserhöhung<br />
zukommen lassen können.<br />
16<br />
Fragebogen: PRAXISnah<br />
Dieses Mal mit der Logopädin<br />
Esther Pelzer, Losheim am See<br />
18<br />
Kundeninformation<br />
Wissenswertes aus der Welt der Abrechnung<br />
19<br />
Standards<br />
Termine, Vorschau, Impressum<br />
Dr. Jochen Pfänder<br />
Optica-Geschäftsführer<br />
ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL3
THERAPIE<br />
IN ZAHLEN<br />
17 Jahre<br />
SOLLEN DIE MODELLKLAUSELN ZUR ERPROBUNG<br />
VON AKADEMISCHEN AUSBILDUNGSANGEBOTEN IN<br />
DER ERGO- UND PHYSIOTHERAPIE SOWIE DER LOGO-<br />
PÄDIE NUN DAUERN. Eingeführt 2009, gilt die Modellklausel<br />
nun schon elf Jahre und soll jetzt zum zweiten Mal<br />
verlängert werden – bis Ende 2026.<br />
44 €<br />
monatlich, und das steuerfrei in<br />
Form eines Einkaufsgutscheins,<br />
könnte EINE ATTRAKTIVE ZU-<br />
SATZLEISTUNG SEITENS DER<br />
ARBEITGEBER FÜR DIE MIT-<br />
ARBEITER IN IHREN PRAXEN<br />
SEIN. Mit solchen Zusatzleistungen<br />
können Arbeitgeber<br />
über die gedeckelten Gehälter<br />
hinaus ihre Attraktivität für gesuchte<br />
Fachkräfte erhöhen.<br />
46 Buchstaben<br />
60<br />
IMPFZENTREN SOLLEN LAUT<br />
DER IMPFSTRATEGIE DER<br />
BUNDESREGIERUNG<br />
DEUTSCHLANDWEIT AUFGE-<br />
BAUT WERDEN, um die Bevölkerung<br />
gegen SARS-COV2 zu<br />
impfen. Die Zentren sollen von<br />
den Bundesländern mit Hilfe<br />
niedergelassener Ärzte betrieben<br />
werden. Alten- und Pflegeheime<br />
werden von mobilen<br />
Impfteams versorgt.<br />
HAT DER NAME EINES NEUEN GESETZENTWURFS VON BUNDES-<br />
GESUNDHEITSMINISTER JENS SPAHN: Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz,<br />
kurz GVWG. Die 138 Seiten des Referentenentwurfs,<br />
der Änderungen an insgesamt 15 Gesetzen und Verordnungen<br />
umfasst, liegen den Verbänden seit dem 23. Oktober <strong>2020</strong> vor.<br />
48 Stunden<br />
SYMPTOMFREI SOLLTEN PERSONEN<br />
MINDESTENS SEIN, wenn sie Erkältungssymptome<br />
gezeigt haben, die auch auf eine<br />
Covid-19-Infektion hindeuten können.<br />
Erst dann sollten sie ihre Arbeit wiederaufnehmen,<br />
so die Empfehlung des Robert<br />
Koch-Instituts.<br />
Kurz &<br />
Knapp<br />
CORONA-PANDEMIE<br />
Wer zahlt bei<br />
Quarantäne?<br />
Normalerweise sind Krankheitstage von Mitarbeitern im<br />
Praxisalltag einkalkuliert, knapp <strong>11</strong> Tage waren es 2019 im<br />
Durchschnitt. Doch <strong>2020</strong>, im Jahr der Corona-Pandemie,<br />
ist alles anders. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
davon betroffen sind, stellt sich für die Praxen die Frage,<br />
wer für den Verdienstausfall aufkommt. Handelt es sich<br />
um eine vom Gesundheitsamt angeordnete Quarantäne,<br />
können Arbeitgeber und Selbständige eine Entschädigung<br />
nach dem Infektionsgesetz (IfSG) beantragen (bit.<br />
ly/ifsg-antrag). Fällt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter<br />
aus, da Schulen und Betreuungseinrichtungen<br />
behördlich geschlossen wurden und Kinder betreut<br />
werden müssen, sind die Arbeitgeber zur Weiterzahlung<br />
des Nettoentgelts verpflichtet. Auch dafür kann eine Entschädigung<br />
beantragt werden. bit.ly/ifsg-antrag2<br />
Aufgrund dynamisch steigender<br />
Corona-Infektionen hat die<br />
Gesetzliche Unfallversicherung<br />
(DGUV) am <strong>11</strong>. November erneut<br />
Corona-bedingte Sonderregelungen<br />
in Kraft gesetzt. Sie<br />
gelten zunächst bis zum 31.<br />
März 2021. Unter anderem hat<br />
die DGUV beschlossen, die<br />
7-Tage-Frist für den Behandlungsbeginn<br />
auf 14 Tage zu verlängern.<br />
+++ Der Deutsche Verband<br />
für Physiotherapie e. V.<br />
hat die Ausschreibung für den<br />
mit 2.500 Euro dotieren Studienpreis<br />
2021 gestartet. Bis zum<br />
30. April 2021 können sich Absolventen<br />
eines Master-Studienganges<br />
der Physiotherapie<br />
an einer deutschen Hochschule<br />
mit ihrer Masterarbeit bewerben<br />
(bit.ly/studienpreis2021).<br />
+++ Aufgrund der Entwicklung<br />
der Corona-Pandemie in Baden-Württemberg<br />
wurde die<br />
TheraPro in Stuttgart auf 2022<br />
verschoben. Die nächste Fachmesse<br />
für Therapie, Rehabilitation<br />
und Prävention wird dort<br />
vom 28. bis 30. Januar 2022<br />
stattfinden. Zuvor ist jedoch für<br />
den 1. und 2. Oktober 2021 die<br />
TheraPro in Essen geplant.<br />
ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT5
LOGOPÄDIE DIGITAL<br />
Ausgezeichnete<br />
Therapie-Apps<br />
Das Münchner Start-up „neolexon“<br />
wurde für seine Logopädie-Apps<br />
mit dem „Digitalen<br />
Gesundheitspreis <strong>2020</strong>“ von<br />
Novartis Deutschland ausgezeichnet.<br />
Die individualisierbare<br />
digitale Therapie unterstützt<br />
Patienten nach einer Hirnschädigung<br />
dabei, das Sprechen<br />
wieder zu erlernen. Die Idee<br />
zu „neolexon“ entstand 2014<br />
an der Ludwig-Maximilians-<br />
Universität in München. Die<br />
Sprachtherapeutinnen Dr.<br />
Mona Späth und Dr. Hanna<br />
Jakob wollten es Patienten<br />
ermöglichen, die erlernten logopädischen<br />
Inhalte zu Hause<br />
zu festigen und so schnellere<br />
Therapieerfolge zu erzielen.<br />
RAHMENVERTRAG<br />
Weiter im<br />
Schiedsverfahren<br />
Die vier großen Physiotherapieverbände haben<br />
am 9. November ihre Forderungen zum neuen<br />
Bundesrahmenvertrag gegenüber der Heilmittel-<br />
Schiedsstelle schriftlich begründet. Damit legen<br />
sie die Forderungen dar, bei denen während der<br />
vorherigen Verhandlungen keine Einigung erreicht<br />
wurde. Der GKV-Spitzenverband hat vier<br />
Wochen Zeit, darauf zu reagieren. Im Schiedsverfahren<br />
werden die Positionen zunächst<br />
schriftlich dargelegt, dann mündlich verhandelt<br />
und schließlich von Schiedspersonen entschieden.<br />
Diese sind Vertreter des GKV-Spitzenverbands<br />
und der für die Wahrnehmung der Interessen<br />
der Heilmittelerbringer maßgeblichen<br />
Spitzenorganisationen auf Bundesebene. Mehr<br />
dazu unter www.optica.de/rahmenvertrag<br />
PRAXIS-SUCHE<br />
Neue Suchmaschine<br />
Bei der Suche nach Ärzten ist „arzt-auskunft.de“ seit vielen<br />
Jahren etabliert. Der Betreiber „Stiftung Gesundheit“<br />
hat sein Angebot nun um eine Physiotherapeuten-Suchmaschine<br />
erweitert. Seit Oktober <strong>2020</strong> hilft die Physio-<br />
Praxis-Auskunft bei der Suche nach einer Praxis mit der<br />
passenden Spezialisierung. Zukünftig sollen auch Informationen<br />
zur Barrierefreiheit der Praxen ergänzt werden.<br />
„So finden Patienten die Praxis, die zu ihren ganz persönlichen<br />
Bedürfnissen passt“, sagt Stefan Winter, Vorstand und<br />
IT-Leiter der Stiftung Gesundheit. Die Stiftung erhebt derzeit<br />
die Angaben in den Praxen. www.physio-praxis-auskunft.de<br />
6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT
RATGEBER RECHT<br />
Rechtswidrige<br />
Hausverbote?<br />
Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel<br />
beschreibt, wann Praxen gegen ein<br />
unberechtigtes Hausverbot in Pflegeheimen<br />
vorgehen können.<br />
GESAGT<br />
Es ist zu befürchten, dass die<br />
Modellstudiengänge in den<br />
fünf Jahren einer weiteren<br />
Modellklausel so ausbluten,<br />
dass sie in Ermangelung von<br />
Studierenden einfach<br />
abgeschafft werden könnten.<br />
Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe e. V.,<br />
in einer Stellungnahme zu den potentiell verlängerten Modellklauseln,<br />
<strong>11</strong>. November <strong>2020</strong><br />
Der Markt um die Therapie in stationären Pflegeheimen<br />
ist umkämpft. Für Therapeuten, die in<br />
solchen Einrichtungen arbeiten, muss nämlich in<br />
der Praxis kein Behandlungsraum vorgehalten<br />
werden. Immer wieder sprechen Heimleitungen<br />
Hausverbote aus. Ähnlich wie in einem Mietshaus<br />
darf der Vermieter Gästen des Mieters –<br />
hier einem Therapeuten – jedoch nicht einfach<br />
den Zutritt verwehren. Es gilt der Grundsatz der<br />
Therapiefreiheit: Auch in Pflegeeinrichtungen<br />
darf der Patient selbst entscheiden, von wem er<br />
behandelt wird. Für ein Hausverbot müssen deshalb<br />
gewichtige Gründe vorliegen, bei denen die<br />
Rechte des Bewohners (Wohnungsgrundrecht,<br />
Therapiefreiheit, Selbstbestimmungsrecht) und<br />
des Heims abgewogen werden müssen. Berechtigt<br />
ist es bei einem schwerwiegenden objektiven<br />
Fehlverhalten. Ein einmaliges Fehlverhalten reicht<br />
nicht aus. Auch darf kein Verbot für eine ganze<br />
Praxis ausgesprochen werden, wenn sich lediglich<br />
ein Therapeut nicht korrekt verhalten hat. In<br />
diesen Fällen ist ein Hausverbot rechtswidrig, und<br />
die Praxis hat Anspruch darauf, dass es aufgehoben<br />
wird. Entspricht der Heimbetreiber dem nicht,<br />
kann gegen das Hausverbot geklagt werden.<br />
Mehr unter www.optica.de/hausverbot<br />
ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT7
DIGITALISIERUNG<br />
Allein auf<br />
weiter Flur<br />
In diesem Beitrag<br />
1.<br />
2021 wird das Jahr der<br />
Telematikinfrastruktur<br />
2.<br />
Physiotherapeuten können<br />
ab Juli mitmachen.<br />
3.<br />
Eine konsequente Einbindung aller<br />
Heilmittelerbringer wird gefordert.
Bei der Digitalisierung<br />
des Gesundheitswesens<br />
stehen<br />
Heilmittelerbringer in<br />
zweiter Reihe.<br />
Branchenverbände<br />
drängen darauf, sie<br />
besser einzubinden.<br />
TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />
Die Digitalisierung<br />
des deutschen Gesundheitswesens<br />
hat Fahrt aufgenommen.<br />
Mittlerweile<br />
sind nahezu alle<br />
Ärzte, Apotheken<br />
und auch die Krankenhäuser<br />
an die Telematikinfrastruktur<br />
(TI) angebunden. Dieses digitale Kommunikationsnetz<br />
soll die unterschiedlichen<br />
Akteure miteinander verbinden und ihnen<br />
ermöglichen, schneller und einfacher untereinander<br />
zu kommunizieren und medizinische<br />
Daten sowie Rezepte auszutauschen.<br />
Die nächste Stufe in diesem Digitalisierungsprozess<br />
steht schon unmittelbar bevor: Zum<br />
1. Januar 2021 müssen alle Krankenkassen<br />
ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte<br />
anbieten, die ein zentrales Element<br />
der TI darstellt. Diese Akte ist eine digitale<br />
Dokumentensammlung unter der Kontrolle<br />
der Versicherten. Sie kann zum Beispiel Impfund<br />
Mutterpass oder die Erkrankungs- und Be-<br />
ZUKUNFT PRAXIS TITEL9
handlungshistorie enthalten. Auf diese Daten<br />
innerhalb der TI lässt sich dann ausschließlich<br />
mit der elektronischen Gesundheitskarte der<br />
Patienten und dem Heilberufsausweis der Ärzte<br />
sowie einer Institutionskarte zugreifen.<br />
„Nach jahrelanger Lethargie geht es endlich<br />
mit großen Schritten voran“, freut sich<br />
Ariane Schenk, die für Gesundheitsthemen<br />
zuständige Referentin beim Digitalverband<br />
Bitkom stellvertretend für die ganze Branche.<br />
Die Freude ist nicht ungetrübt. Denn ein Akteur<br />
des deutschen Gesundheitswesens bleibt<br />
auch diesmal wieder weitgehend außen vor: die<br />
Heilmittelerbringer. „Damit die neuen Möglichkeiten<br />
in ganzer Breite bei den Patienten<br />
ankommen, ist es wichtig, dass künftig auch<br />
weitere Heilberufe entsprechende Angebote<br />
machen können“, fordert Schenk. Dafür müssten<br />
auch alle Heilmittelerbringer Zugriff auf<br />
die elektronische Patientenakte erhalten. „Dies<br />
muss unbedingt in einer der nächsten Ausbaustufen<br />
geschehen.“<br />
Dies fordern neben der Bitkom auch andere<br />
Verbände - vom Bundesverband Gesundheits-<br />
IT bis hin zur Deutschen Gesellschaft für Telemedizin.<br />
(Ein Interview mit deren Vorstandsvorsitzenden<br />
Prof. Dr. Gernot Marx finden Sie<br />
1.7.<br />
2021<br />
ist der Stichtag für<br />
Physiotherapeuten,<br />
an dem sie sich an<br />
die TI anschließen<br />
können.<br />
online unter www.optica.de/dgtelemed.)<br />
Auch die Bundesregierung stimmt dem zu.<br />
„Ziel ist, dass sich alle Leistungserbringer an<br />
die Telematikinfrastruktur anschließen“, stellte<br />
sie auf Antwort einer „Kleinen Anfrage“ aus<br />
der FDP-Fraktion erst kürzlich wieder klar. Es<br />
sei „ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung,<br />
dass alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen<br />
die Vorteile der Digitalisierung für die<br />
Kommunikation untereinander nutzen können.“<br />
Was den Zeithorizont angeht, bleibt die<br />
Regierung indes vage. Einen konkreten Zeitplan<br />
gibt es einzig für die Physiotherapeuten.<br />
Diese sollen sich ab dem 1. Juli kommenden<br />
Jahres mit einem eigenen Heilberufsausweis<br />
sowie einer Praxiskarte an die TI anschließen<br />
können.<br />
Staatsvertrag über elektronisches<br />
Gesundheitsberuferegister<br />
Die TI-Betreibergesellschaft Gematik gibt sich<br />
zuversichtlich, was Starttermin und die notwendige<br />
Authentifizierungsmöglichkeit angehen,<br />
weist zugleich aber auch auf die im Vorfeld<br />
noch zu bewältigenden Hürden hin. Denn die<br />
Gesundheitsministerkonferenz hat sich zwar<br />
Die Telematikinfrastruktur<br />
(TI)<br />
vernetzt alle Akteure<br />
des Gesundheitswesens<br />
im<br />
Bereich der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung<br />
und gewährleistet<br />
sicheren Informationsaustausch.<br />
E-Medikationsplan<br />
Notfalldaten-<br />
Management<br />
KIM<br />
Versichertenstammdaten-<br />
Management<br />
Telematikinfrastruktur<br />
10 ZUKUNFT PRAXIS TITEL
INTERVIEW<br />
„Als gleichberechtigte Partner<br />
wahrgenommen werden“<br />
Sind Heilmittelerbringer in Sachen Digitalisierung eine<br />
vergessene Zielgruppe? Fragen an SEBASTIAN ZILCH, den<br />
Geschäftsführer des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg).<br />
Welche Rolle spielen Heilmittelerbringer in Ihrem<br />
Verband?<br />
Eine große! Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung<br />
im Gesundheitswesen im Sinne eines<br />
sektorübergreifenden digitalen Versorgungsprozesses<br />
nur dann gelingen kann, wenn alle Akteure<br />
und Berufsgruppen daran beteiligt werden – nicht<br />
nur die medizinischen. Vor rund einem Jahr haben<br />
wir deshalb eine eigene Arbeitsgruppe zum Thema<br />
„Sonstige Leistungserbringer“ gegründet. Diese<br />
beschäftigt sich explizit mit der Frage, wie diese<br />
Gruppen innerhalb unseres Verbands und<br />
darüber hinaus mehr ins Bewusstsein gelangen<br />
und als gleichberechtigte Partner wahrgenommen<br />
werden können.<br />
Was wäre zu tun, damit das auch passiert?<br />
Anfang des Jahres haben wir dazu ein Positionspapier<br />
mit konkreten Maßnahmen herausgebracht.<br />
Zentral ist für uns dabei eine gesetzlich geregelte<br />
Anbindung an die Telematikinfrastruktur bis 2022.<br />
Sie soll als Datenautobahn alle Akteure des Gesundheitswesens<br />
sicher vernetzen. Natürlich verbunden<br />
mit Regelungen, wie die notwendigen Investitionen<br />
refinanziert werden können. Zudem<br />
fordern wir darin, dass papiergebundene Verfahren<br />
konsequent durch elektronische ersetzt werden,<br />
begleitet von einer entsprechenden Fortbildung<br />
des betroffenen Personals. Darüber hinaus<br />
sehen wir auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
und bürokratischen Vorgaben Handlungsbedarf,<br />
damit digitale Innovationen möglichst gut<br />
gedeihen können.<br />
Wie kann man die Digitalisierung für diese Zielgruppe<br />
selbst interessant machen?<br />
Ein aktuelles Beispiel ist die Telemedizin: Dank Videosprechstunden<br />
können während der Corona-Pandemie<br />
in vielen Fällen Therapien fortgesetzt<br />
werden – sofern die Krankenkassen das zulassen.<br />
Vielversprechend ist aber auch der Einsatz digitaler<br />
Lösungen in den teils sehr arbeitsintensiven<br />
Verwaltungsprozessen, etwa in der Abrechnung.<br />
Eine bessere Vernetzung inklusive der Möglichkeit<br />
einer elektronischen Verordnung wäre hier auf jeden<br />
Fall von Vorteil. Nicht zuletzt wird zukünftig die<br />
Möglichkeit des Zugriffs auf eine elektronische<br />
Patientenakte die Arbeit von Heilmittelerbringern<br />
positiv verändern. —<br />
ZUKUNFT PRAXIS TITEL<strong>11</strong>
Heilmittelerbringer<br />
sollten sich beim<br />
Thema Digitalisierung<br />
und Telemedizin<br />
aktiver positionieren<br />
und deutlicher zum<br />
Ausdruck bringen,<br />
was sie wollen.<br />
Prof. Dr. Gernot Marx<br />
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft<br />
für Telemedizin (dgtelemed)<br />
auf die Einrichtung eines gemeinsamen elektronischen<br />
Gesundheitsberuferegisters<br />
(eGBR) verständigt, und der dafür nötige<br />
Staatsvertrag soll noch in diesem Jahr ratifiziert<br />
werden. Damit ist der Prozess jedoch<br />
nicht abgeschlossen. „Erst wenn der Staatsvertrag<br />
über den eGBR unterzeichnet wurde<br />
und in Kraft tritt, können die organisatorischen<br />
Schritte unternommen werden, dass<br />
eine Institution oder Instanz für die fachliche<br />
Prüfung der Physiotherapeutenrolle beauftragt<br />
wird und eine nachgelagerte Instanz<br />
oder ein Dienstleister damit beauftragt wird,<br />
die haptischen Karten zu produzieren und zu<br />
vertreiben“, so eine Sprecherin der Gematik.<br />
Mittlerweile scheinen sich die Berufsverbände<br />
nicht mehr damit abfinden zu wollen, in<br />
Sachen Digitalisierung abgehängt zu werden.<br />
Wie beim Thema Teletherapie drängen Sie inzwischen<br />
deutlich offensiver auf Berücksichtigung<br />
„auf Augenhöhe“, wie es Ute Repschläger,<br />
die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände<br />
(SHV), formuliert: „Wir fordern<br />
vehement eine konsequentere Einbindung<br />
aller Heilmittelberufe in die Telematikinfrastruktur.“<br />
—<br />
Weg in die digitale<br />
Abrechnungswelt<br />
Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens<br />
Fahrt aufnehmen kann, reichen gesetzliche Voraussetzungen<br />
nicht aus. Selbst wenn sich alle Heilmittelerbringer<br />
an die TI anschließen können, müssen die<br />
technischen Weichen richtig gestellt sein. Heißt, es<br />
muss ein sicherer, transparenter und einfacher Datenverkehr<br />
zwischen Patienten, Ärzten, Apothekern,<br />
Pflegekräften und Heilmittelerbringern erfolgen.<br />
Für die Gematik als Betreibergesellschaft der TI stehen<br />
die Entwicklung und der Betrieb des E-Rezepts im<br />
Mittelpunkt ihrer aktuellen Aktivitäten. Sie hatte deshalb<br />
europaweit einen Wettbewerb zur Vergabe des<br />
Fachdienstes E-Rezept ausgelobt, an dem auch Optica<br />
zusammen mit Partnerunternehmen teilgenommen hatte.<br />
Mit einer technisch versierten Lösung konnten die<br />
Stuttgarter bis in die Endrunde einziehen. Optica hat<br />
damit sein Know-how rund um den Ausbau der komplexen<br />
Telematikinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen<br />
bestätigt, auch wenn den Zuschuss letztlich<br />
die Zur Rose-Tochter eHealth-Tec und der IT-Konzern<br />
IBM erhielten.<br />
Optica engagiert sich vor allem, um für seine Kunden und<br />
durch seine entsprechenden Produkte in Zukunft eine<br />
vernetzte und transparente Versorgung der Patienten<br />
entlang der gesamten Behandlungskette zu ermöglichen.<br />
In der Digitalisierung der Rezeptabrechnung hat<br />
sich der Abrechnungsdienstleister in den vergangenen<br />
Jahren eine Expertise erarbeitet, die die Stuttgarter zu<br />
Beginn des Jahres mit dem erfolgreichen Launch des<br />
E-Rezepts in Hessen unter Beweis gestellt haben.<br />
Erst kürzlich wurde das Projekt „MORE – Mein Online-Rezept“<br />
mit dem renommierten dfg-Award ausgezeichnet.<br />
In dem Gemeinschaftsprojekt zum E-Rezept<br />
in Hessen unter Federführung der Kassenärztlichen<br />
Vereinigung Hessen wurde der gesamte Versorgungsund<br />
Abrechnungsprozess digitalisiert. Die Erfahrungen<br />
fließen derzeit in ein weiteres Teilprojekt ein, das im<br />
nächsten Jahr an den Start gehen soll und zum Ziel hat,<br />
auch die Heilmittelverordnung für Physiotherapeuten<br />
und andere Heilmittelerbringer elektronisch verfügbar<br />
zu machen: „MOVE – Meine Online-Verordnung“.<br />
Mehr unter www.optica.de/gematik<br />
12 ZUKUNFT PRAXIS TITEL
IN KOOPERATION MIT<br />
THERAPEUTENWISSEN<br />
Karussell im Kopf<br />
Plötzlich eintretender heftiger Drehschwindel mit Übelkeit, manchmal<br />
Erbrechen, Gangunsicherheit und Falltendenz zu einer Seite –<br />
Personen mit diesen Symptomen haben eine Neuritis vestibularis.<br />
Physiotherapeuten können helfen, die Symptome zu mildern.<br />
ei der Neuritis vestibularis<br />
handelt es sich um den Ausfall<br />
eines Gleichgewichtsorgans,<br />
der durch einen akut einsetzenden,<br />
Tage bis Wochen andauernden<br />
Drehschwindel charakterisiert ist. Die<br />
Patienten berichten von Übelkeit,<br />
manchmal Erbrechen, Gangunsicherheit<br />
und einer einseitigen Falltendenz.<br />
Verstärkt wird der Schwindel<br />
durch Kopf- und Körperbewegungen,<br />
und er nimmt ab, wenn die Personen<br />
liegen und den Kopf ruhig halten. Das<br />
Gehör ist nicht betroffen.<br />
Die Neuritis vestibularis zählt neben<br />
dem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel<br />
(BPLS) und dem<br />
Morbus Menière zu den häufigsten<br />
peripher-vestibulären Schwindelsyndromen.<br />
Die jährliche Inzidenz beträgt<br />
3,5 auf 100.000 Personen und<br />
umfasst sieben Prozent aller Schwindelformen<br />
(Strupp, 2009).<br />
Obwohl der Name der Erkrankung<br />
auf eine Entzündung hinweist, handelt<br />
es sich um den Ausfall eines<br />
Gleichgewichtsorgans. Eine mögliche<br />
Ursache ist die Reaktivierung eines<br />
Herpes-simplex-Virus HSV-1, die zu<br />
einem entzündeten N. vestibularis<br />
führt. Da der Nerv in einem Knochenkanal<br />
verläuft, entsteht durch die<br />
Schwellung eine Kompression des<br />
Blutgefäßes, wodurch es zu einer<br />
Ischämie kommt. In der Regel betrifft<br />
es den oberen Anteil des N. vesti-<br />
Plötzlicher Drehschwindel, der sich durch<br />
Bewegung verstärkt und im Liegen abnimmt:<br />
Neuritis vestibularis (Symbolbild).<br />
bularis, wodurch es eher zu einer<br />
partiellen als zu einer vollständigen<br />
Schädigung des Vestibularorgans<br />
kommt. In den ersten Stunden des Ereignisses<br />
empfiehlt die DGN-Leitlinie<br />
„Schwindel“ die Gabe von Kortison.<br />
Dies führt zu einer Abschwellung des<br />
N. vestibularis und damit zu einer Revaskularisation<br />
– das Innenohr wird<br />
wieder durchblutet. In den ersten<br />
drei Tagen können auch vestibulär<br />
dämpfende Medikamente (Betahistin)<br />
oder Medikamente gegen Übelkeit<br />
gegeben werden. Diese Medikamente<br />
sollten die Patienten nicht länger<br />
als drei Tage einnehmen, da diese<br />
die zentrale Kompensation hemmen.<br />
Weil sich die Neuritis vestibularis<br />
unterschiedlich auswirkt, muss der<br />
Physiotherapeut problemorientiert<br />
und befundbasiert behandeln. Durch<br />
die Therapie lässt sich die Funktion<br />
des Vestibularorgans nicht wiederherstellen.<br />
Das Training dient der<br />
zentralen Kompensation, man versucht<br />
also, das zentrale Netzwerk<br />
auszugleichen. Dazu gehören folgende<br />
Therapiebausteine:<br />
• Training der Blickstabilisation<br />
• Förderung der vestibulären<br />
Habituierung<br />
• Motivation zu dosierten<br />
Alltagsaktivitäten<br />
• Gleichgewichtstraining<br />
gegen die Falltendenz<br />
Im Verlauf nach einer Neuritis vestibularis<br />
kann es zu Lagerungsschwindel,<br />
zu Benommenheits- oder Schwankschwindel<br />
kommen. Diese müssen<br />
gesondert befundet und behandelt<br />
werden. Auch eine Polyneuropathie<br />
kann sich ungünstig auf die Erholung<br />
auswirken. Hat sich der Patient das<br />
Fixieren von Punkten im Alltag angeeignet,<br />
sollte er seine visuelle Abhängigkeit<br />
stufenweise mit Übungen und<br />
Verhaltensänderungen abbauen.<br />
Literatur:<br />
Strupp M, Brandt T. Vestibular neuritis.<br />
Semin Neurol 2009; 29: 509-19<br />
doi:10.1055/s-0029-1241040
Was Mitarbeitern<br />
Freude macht<br />
Gehälter in der Therapiebranche sind an die Zuwendungen<br />
der Krankenkassen gebunden, daher lassen sie sich nicht<br />
beliebig erhöhen. Doch Zusatzleistungen sind möglich.<br />
Und davon gibt es mehr, als viele Praxisinhaber denken.<br />
TEXT: CHARLOTTE SCHMITZ<br />
W<br />
enn es darum geht, abseits einer Gehaltserhöhung<br />
die Leistungen ihrer Mitarbeiter zu<br />
honorieren, werden manche Praxisinhaber<br />
kreativ. Möglichkeiten gibt es viele: „Wir bieten unseren<br />
Mitarbeitern einen Gesundheitszuschuss von 500 Euro<br />
pro Jahr an“, berichtet Lars Hermes, einer der Geschäftsführer<br />
von Theralingua. Mit ihren acht Standorten in<br />
Hamburg, Norderstedt und Berlin gehört die Praxis für<br />
Logopädie zu den größeren ihrer Branche. „Unsere Mitarbeiter<br />
können den Gesundheitszuschuss nutzen, um<br />
einen Yogakurs, eine Rückenschule, Raucherentwöhnung<br />
oder Ähnliches zu besuchen.“ Die Anbieter der Kurse<br />
müssen zertifiziert sein, dann ist der Zuschuss für den<br />
Mitarbeiter steuerfrei.<br />
Allerdings sei der Zuspruch bisher zurückhaltend.<br />
„Vielleicht ist es den Mitarbeitern zu kompliziert, einen<br />
Kurs herauszusuchen und zu absolvieren“, mutmaßt<br />
Hermes. Er hat eigens einen Workshop besucht, um sich<br />
über mögliche zusätzliche Gehaltsbestandteile zu informieren.<br />
Denn er wollte die Leistung seiner Angestellten<br />
besser honorieren, aber dabei innerhalb der Möglichkeiten<br />
einer logopädischen Praxis bleiben. „Wir zahlen<br />
einen Fahrtkostenzuschuss für jeden“, erklärt Lars Hermes.<br />
50 Euro erhält jeder Mitarbeiter, unabhängig davon,<br />
14 ZUKUNFT PRAXIS THEMA
ob er mit dem Rad oder dem Auto kommt und ob er in der<br />
Nähe der Praxis oder weit entfernt lebt. „Der Fahrtkostenzuschuss<br />
ist für den Empfänger teilweise steuerfrei“,<br />
betont Hermes. Der zu versteuernde Anteil hängt von der<br />
jeweiligen Entfernung zum Arbeitsplatz ab. Einen weiteren<br />
Bonus, den Hermes seinen Mitarbeitern einräumt, ist<br />
ein Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge. „Davon<br />
merken die Mitarbeiter im Moment nichts, aber später<br />
im Leben wird das wichtiger“, erklärt der Theralingus-<br />
Geschäftsführer. Er möchte, dass seine Therapeuten gut<br />
abgesichert sind.<br />
Gutscheine als steuerfreie<br />
Zuwendungen<br />
Kurzzeitig hatte Hermes erwogen, Essensgutscheine einzuführen.<br />
Doch die Anbieter der Gutscheine behielten<br />
eine Provision für sich, sodass nicht das gesamte Geld, das<br />
Theralingua dafür aufwendet hätte, bei den Mitarbeitern<br />
auch angekommen wäre. Gutscheine für ein Essen im<br />
Wert von 3,30 Euro täglich gelten als Sachwerte, die der<br />
Mitarbeiter steuerfrei erhalten kann. Der Arbeitgeber<br />
versteuert pauschal 25 Prozent des Werts – dies kommt<br />
oft günstiger als eine entsprechende Gehaltserhöhung.<br />
Neben Essensgutscheinen sind auch Einkaufsgutscheine<br />
in einer Höhe bis zu 44 Euro pro Monat steuerfrei. Diese<br />
kann man in vielen Onlineshops einlösen.<br />
Weitgehend unbekannt scheint noch die Möglichkeit,<br />
dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Erholungsbeihilfe<br />
zahlt. Pro Kalenderjahr können 156 Euro pro Arbeitnehmer<br />
sowie weitere Beträge für dessen Ehepartner<br />
und Kinder gewährt werden, ohne dass darauf Steuern<br />
anfallen. Fortbildungen können ebenfalls bezuschusst<br />
werden, sofern der Inhalt der Qualifizierung in einem<br />
Zusammenhang mit der aktuellen Tätigkeit steht.<br />
Kinderbetreuung<br />
bezuschussen<br />
In vielen Gemeinden ist die Kinderbetreuung<br />
sehr kostspielig. Arbeitgeber können einen Zuschuss<br />
zahlen, egal ob die Kinder in eine Kita<br />
oder zu einer Tagesmutter gehen. Eine Betreuung<br />
durch Familienmitglieder zu Hause kann<br />
jedoch nicht bezuschusst werden. Der Arbeitgeberzuschuss<br />
ist nicht gedeckelt. Die Kinder<br />
müssen jünger als sechs Jahre sein. Ein Arbeitgeberzuschuss<br />
zu den Kosten für die Kinderbetreuung<br />
kann es Angestellten erleichtern, wieder<br />
ins Berufsleben zurückzukehren.<br />
Neben Zuschüssen sind auch Sachleistungen möglich:<br />
So können Arbeitgeber ihren Angestellten E-Bikes, E-Scooter<br />
oder E-Autos sowie Hybridmodelle, die für die Arbeit<br />
benötigt werden, auch in ihrer Freizeit überlassen. Die E-<br />
Mobilität wird derzeit mit üppigen staatlichen Zuschüssen<br />
gefördert. Achtung, hier muss ein Überlassungsvertrag die<br />
Grundlage der Vereinbarung sein. Gleiches gilt für die private<br />
Nutzung von Dienst-Handys und Laptops.<br />
Angesichts der Einkommenssteuersätze ist für viele<br />
Angestellte eine Zusatzleistung günstiger als eine Gehaltserhöhung,<br />
von der netto nicht viel übrig bleibt.<br />
„Wenn ich zum Beispiel 100 Euro brutto mehr an Lohn<br />
zahle, kommt bei vielen Mitarbeiterinnen nur 50 Euro<br />
an – je nach Steuerklasse“, rechnet Lars Hermes vor. Er<br />
ist froh, für Theralingua andere Lösungen gefunden zu<br />
haben, und sieht auch ein positives Feedback der Angestellten.<br />
Allerdings geht er davon aus, dass er damit<br />
niemanden überzeugen kann, sich bei ihm zu bewerben.<br />
„Für die Gewinnung geeigneter Kandidaten setze ich lieber<br />
auf eine gute Atmosphäre in der Praxis – das spricht<br />
sich herum“, betont Hermes. —<br />
Lesen Sie mehr zum Thema im Online-Interview mit der<br />
Logopädin und Fachwirtin im Sozial und Gesundheitswesen<br />
Ann-Kathrin Schäfer unter www.optica.de/schaefer.<br />
Die Überlassung von<br />
E-Autos, E-Bikes und<br />
andere Elektrofahrzeugen<br />
an die Mitarbeiter<br />
wird derzeit vom Staat<br />
üppig bezuschusst.<br />
ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15
Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen:<br />
Unter diesem Motto werden hier die Besonderheiten anderer<br />
Praxen gezeigt. Diesmal im Gespräch: ESTHER PELZER. Die<br />
Logopädin hat eine Praxis im saarländischen Losheim am See.<br />
Das Erste, was Sie morgens machen:<br />
Ich fahre mit dem Auto in die Praxis.<br />
Gerne würde ich die Hausbesuche<br />
mit dem Fahrrad anfahren, aber wir<br />
sind im ländlichen Raum und es ginge<br />
zu viel Zeit verloren. Dem Team<br />
steht ein E-Bike zur Verfügung, das<br />
gerne für kurze Entfernungen genutzt<br />
werden kann.<br />
Was ist in Ihrer Praxis anders als in<br />
anderen Praxen?<br />
Ich habe für die Praxis ein Wohnhaus<br />
mit großem Garten gekauft und umgebaut<br />
– sehr gemütlich mit privatem,<br />
einladendem Charakter und nicht so<br />
steril, wie es viele andere Praxen<br />
sind. Das ist gerade für die Kinder, die<br />
zu uns kommen, sehr schön.<br />
Arbeiten Sie schwerpunktmäßig<br />
mit Kindern?<br />
Ich selbst nicht. Mein Schwerpunkt<br />
sind Patienten mit neurologischen<br />
Störungen, die Kinder mit anderen<br />
Störungsbildern sind eher bei meinen<br />
drei Mitarbeiterinnen.<br />
Wie wird Ihr Team zum Dreamtam?<br />
Wir arbeiten als große Familie zusammen.<br />
Ich bin zwar verantwortlich,<br />
aber im Team sind wir alle auf<br />
Augenhöhe, und jeder arbeitet auch<br />
sehr selbständig und eigenverantwortlich.<br />
Praxis-Outfit oder Freestyle?<br />
Wir tragen Berufsbekleidung, also<br />
Polohemden mit unserem Logo. Das<br />
hat etwas mit Identifikation mit dem<br />
Beruf und mit der Praxis zu tun. Aber<br />
auch aus Hygienegründen finde ich<br />
das besser gegenüber dem Tragen<br />
von Privatkleidung.<br />
Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel<br />
um?<br />
Das ist für uns tatsächlich ein großes<br />
Problem, für das ich auch keine<br />
Patentlösung zu bieten habe. Das<br />
eher ländliche Einzugsgebiet trägt<br />
nicht dazu bei, dass hier freie ausgebildete<br />
Logopädinnen und Logopäden<br />
auf dem Arbeitsmarkt sind.<br />
Manchmal hilft es, Praktikanten<br />
frühzeitig an die Praxis zu binden,<br />
aber das gelingt natürlich auch<br />
nicht immer.<br />
16 ZUKUNFT PRAXIS THEMA
Warum ist das so schwierig?<br />
Weil die Arbeit in einer größeren Einrichtung<br />
für viele Logopäden einfach<br />
attraktiver erscheint, allein schon<br />
wegen der Arbeitszeiten. Wenn<br />
abends ein Patient zu uns kommt,<br />
können wir ihn nicht einfach wegschicken.<br />
Da muss man seinen Beruf<br />
schon sehr lieben, um sich darauf<br />
einzulassen. Auf der anderen Seite:<br />
Eigentlich will ich auch nur solche<br />
Mitarbeiter haben, die ihren Beruf<br />
richtig lieben.<br />
Wie machen Sie Ihre Praxis regional<br />
bekannt?<br />
Die Praxis gibt es seit 2003 mit ihrem<br />
Standort in Losheim am See.<br />
Dadurch haben wir uns bereits einen<br />
hohen Bekanntheitsgrad erworben.<br />
Wie gestalten Sie die Mittagspause?<br />
Wenn es möglich ist, treffen wir uns,<br />
um gemeinsam eine Pause zu machen.<br />
Das kommt allerdings nicht so<br />
häufig vor, weil ja jeder seine Termine<br />
hat.<br />
Workoholic auf einer Skala von 1<br />
bis 10?<br />
Man kann mich schon als Workoholic<br />
bezeichnen, also mindestens 8. Aber<br />
das ist einfach mein Naturell – kombiniert<br />
mit einem gewissen Helfersyndrom,<br />
das dazu führt, dass ich<br />
immer wieder einen Patienten in den<br />
Kalender reinschiebe, wenn er mich<br />
braucht, selbst wenn der Kalender<br />
eigentlich schon voll ist.<br />
Ich würde die<br />
Vergütungen<br />
für alle Heilmittelerbringer<br />
erhöhen, aber<br />
auch anders<br />
gestalten.<br />
Wie stehen Sie dann zur elektronischen<br />
Verordnung?<br />
Wenn sie käme, würde ich mich natürlich<br />
umstellen. Ich gehöre einfach<br />
zu den Menschen, die so etwas<br />
erst machen, wenn sie es müssen.<br />
Aber dann würde ich es bestimmt<br />
irgendwann sehr zu schätzen wissen.<br />
Nur vor der Umstellung graut<br />
es mir immer.<br />
Facebook, Twitter oder Instagram?<br />
Die nutze ich gar nicht.<br />
Wie bleiben Sie fachlich up-to-date?<br />
Vor allem durch Fortbildungen, die<br />
hoffentlich dann auch bald wieder<br />
starten werden. Denn mit diesen digitalen<br />
Formaten konnten wir alle im<br />
Team nicht so viel anfangen.<br />
Gesundheitsminister für einen Tag?<br />
Was würden Sie machen?<br />
Ich würde die Vergütungen für alle<br />
Heilmittelerbringer erhöhen, aber<br />
auch anders gestalten – nämlich<br />
nach Schweregrad staffeln. Wenn ich<br />
sehe, was beispielsweise ein Logopäde<br />
bekommt, der einen Schluckpatienten<br />
betreut – mit all den damit<br />
verbundenen Risiken und der Verantwortung<br />
–, dann ist das einfach nicht<br />
in Ordnung. Auch im Vergleich zu<br />
anderen Berufen, wie dem des Physiotherapeuten<br />
und Ergotherapeuten.<br />
Noch einmal auf Start – würden Sie<br />
alles noch mal genauso machen?<br />
Ja, auf jeden Fall, weil ich diesen Beruf<br />
lieben gelernt habe. Zudem kommt<br />
mir mein erster Beruf als Zahnarzthelferin<br />
fachlich sehr zugute.<br />
Therapeut auch nach Feierabend?<br />
Ja. Ich bin auch noch abends, wenn<br />
ich zu Hause bin, für gewisse Patienten<br />
da. Manchmal lege ich meine<br />
Telefontermine sogar ganz bewusst<br />
auf die Zeit nach 20 Uhr, weil ich da<br />
etwas mehr Zeit und Ruhe habe. Eigentlich<br />
gehört nur der Sonntag mir<br />
und meinem Mann.<br />
Karteikarte oder Praxis-EDV – wie<br />
digital ist Ihre Praxis?<br />
Ich bin da wohl eher so ein alter<br />
Hase. Von der Abrechnung bis zur<br />
Dokumentation ist bei uns alles noch<br />
sehr analog.<br />
ZUKUNFT PRAXIS THEMA<br />
17
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Herausgeber:<br />
Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH<br />
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Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad<br />
Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder<br />
Telefon: 07<strong>11</strong> 99373-2000, Telefax: 07<strong>11</strong> 99373-2025<br />
E-Mail: info@optica.de<br />
Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)<br />
Verlag: FAZIT Communication GmbH, Frankenallee 71 – 81,<br />
60327 Frankfurt am Main<br />
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