essen - Mietergemeinschaft Essen eV
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Profit machen und schnell weg:<br />
Heuschrecken fr<strong>essen</strong><br />
Katernberger<br />
Meerkampsiedlung<br />
Seit Tagen ging keiner mehr ans<br />
Telefon. Die Büroräume von Krüger<br />
Immobilien sind leer gefegt. Ende<br />
Juni hat ein Mieter der Katernberger<br />
Meerkampsiedlung den Hausverwalter<br />
zum letzten Mal an der Telefonstrippe<br />
gehabt: „Wir sind nicht länger für ihre<br />
Siedlung zuständig“, lautete die einzige<br />
Auskunft, die er kriegen konnte.<br />
Seitdem herrscht Funkstille. Die 400<br />
Wohnungen scheinen niemanden<br />
so recht zu interessieren. Kaum einer<br />
weiß, was der australische Eigentümer<br />
„Babcock & Brown“ so treibt. Eine neue<br />
Hausverwaltung war lange unbekannt.<br />
Wäre ein Wasserschaden oder ähnliches<br />
aufgetreten, hätten die Mieter nicht<br />
zum Telefon greifen können.<br />
Erst die Nachforschungen durch<br />
ein Team des Westdeutschen Rundfunk<br />
WDR Anfang Juli bringen einen neuen<br />
Namen hervor. Zuvor hatte sich das<br />
Team bei Mietern, dem Stadtteilprojekt<br />
„Kontakt Katernberg“, der Bürgerinitiative<br />
„AG Meerkamp“ und der <strong>Mietergemeinschaft</strong><br />
<strong>Essen</strong> e.V. schlau gemacht.<br />
Auf telefonische Nachfragen an die Krüger<br />
Immobilien-Zentrale in Kiel wurden<br />
die Reporter nach Berlin verwiesen. Die<br />
„Barg Gruppe“, Teil des Heuschreckenimperiums<br />
von „Babcock & Braun“<br />
B&B, wüsste genaueres. Sie könnte<br />
aufklären, was der Eigentümer B&B<br />
(die einst zweitgrößte Investmentbank<br />
Australiens) vorhabe. Aber eigentlich<br />
hat B&B nicht mehr viel vor. Zumindest<br />
nicht seit der Finanzkrise in ihrer<br />
Immobiliensparte. Im März bestellte<br />
B&B freiwillig einen Insolvenzverwalter.<br />
Das Unternehmen dem unter anderem<br />
Straßen, Häfen und Immobilien auf<br />
der ganzen Welt gehören, hatte sich<br />
mit rund drei Milliarden australischen<br />
Dollar (1,5 Mrd. Euro) verschuldet.<br />
Doch was passiert nun mit den<br />
Mietern der Meerkampsiedlung? Die<br />
Insolvenz von „Babcock & Brown“<br />
solle „ohne Folgen für die Mieter“ von<br />
statten gehen, wie die Geschäftsführung<br />
der Barg Holding GmbH eilig der Presse<br />
mitteilte. Neue Ansprechpartner gäbe<br />
es auch schon: In Berlin erfuhr das<br />
WDR-Team, das fortan die „Treubau<br />
Verwaltung GmbH“ für die Katernberger<br />
zuständig sei. Die Mieter fanden<br />
plötzlich einen Aushang im Hausflur,<br />
dass Treubau Verwaltung<br />
GmbH aus Mannheim<br />
jetzt die Verwaltung<br />
mache. Wer allerdings<br />
zurzeit Eigentümer der<br />
Meerkampsiedlung ist<br />
und wer die treuhänderische Verwaltung<br />
durch Treubau veranlasst habe,<br />
erfährt man nicht. Soweit bleibt alles<br />
unklar für die Mieter.<br />
Erst einmal zahlen<br />
Doch auch ohne Erklärungen ist<br />
Treubau nun aktiv geworden. Ihre<br />
erste gute Tat für den Mieter lautet:<br />
Rechnungen verschicken. Aber nicht<br />
an irgend wen. Anfang August wandten<br />
sich Christian Bücker und Rebecca<br />
Weiß an die <strong>Mietergemeinschaft</strong> <strong>Essen</strong><br />
e.V., deren Mitglieder sie sind. Der<br />
Grund: Treubau hatte ihnen - ziemlich<br />
frech - eine Zahlungsaufforderung<br />
geschickt. Dabei waren sie bereits im<br />
Januar `09 ausgezogen. Zuvor hatten<br />
sie begründet fristlos gekündigt. Um<br />
weiteren Stress mit Krüger Immobilien<br />
abzuwenden, ließen sie sich bei der<br />
Schlüsselübergabe zum Jahresanfang<br />
von Vorstandsmitgliedern der <strong>Mietergemeinschaft</strong><br />
begleiten. Rechtsanwalt<br />
der <strong>Mietergemeinschaft</strong> forderte in<br />
einem Schreiben die Treubau auf, den<br />
angeblichen Rückstand mit Belegen zu<br />
begründen.<br />
Fünf Jahre Verfall<br />
Heute weiß niemand so recht, wer<br />
gerade die Meerkamp-Wohnungen<br />
sein Eigen nennt und was damit geschehen<br />
soll. Klar ist nur, wem sie mal<br />
gehörte und wer davon profitierte, die<br />
Wohnungen verkommen zu lassen:<br />
Angefangen hatte alles in 2004, als Viterra<br />
die 400-Wohnungen umfassende<br />
Siedlung an die Deutsche Annington<br />
verkaufte. Um sich vor einer Verdrängung<br />
zu schützen, gründeten die Mieter<br />
damals die Bürgerinitiative „AG Meerkamp“.<br />
Doch statt der Privatisierung<br />
gab’s saftige Mieterhöhungen - ohne<br />
verbesserte Wohnbedingungen. Instand<br />
gesetzt wurden die Wohnungen lange<br />
Zeit nicht. Balkone blieben marode, die<br />
Elektrik blieb veraltet und Hausflure<br />
gammelten weiter vor sich hin. Die<br />
Mieter machten Druck.<br />
Bevor es aber gründlich zur Sache<br />
gehen kann gehört die Siedlung schon<br />
der <strong>Essen</strong>er „Ruhrboden Liegenschaften<br />
GmbH“. Zumindest für kurze Zeit. Dann<br />
für circa ein Jahr zum bundesweit tätigen<br />
Immobilienhändler „Vivacon AG“. Statt<br />
notwendiger Sanierungen bekamen die<br />
Meerkampmieter nur schwer erreichbare<br />
Ansprechpartner. Im Frühjahr<br />
2008 wuchsen die Wohnungsmängel<br />
zu einem richtigen Sanierungsberg an.<br />
Neuer Eigentümer war seit Anfang 2007<br />
der australische Finanzinvestor „Babcock<br />
& Brown“. In Deutschland, auch in<br />
<strong>Essen</strong>, kümmerte sich die Hausverwaltung<br />
„Krüger Immobilien GmbH“ um<br />
das australische Wohneigentum. Was<br />
man so kümmern nennt: Denn schon<br />
nach wenigen Monaten verpufften die<br />
begonnen Balkonsanierungen. Man<br />
habe noch Beratungsbedarf mit Babcock<br />
& Brown hinsichtlich der Kosten, hieß<br />
es von Krüger.<br />
Ob das Wohnen in der Meerkampsiedlung<br />
mit Treubau besser wird,<br />
mag manch einer bezweifeln. Denn<br />
immerhin ist d<strong>essen</strong> Geschäftsführer<br />
Michael von Hauff erklärter Freund der<br />
Eigentumswohnung, die er als moderne<br />
Wohnform anpreist. Mal sehen, was er<br />
mit den Katernberger Mietwohnungen<br />
alles anstellt.<br />
Auf einer Versammlung am 25.<br />
August warteten die Mieter schon vergeblich<br />
auf den Niederlassungsleiter<br />
Herrn Scheller. Allein der schon für<br />
Krüger Immobilien als Sachbearbeiter<br />
tätige Herr Vogt erschien, konnte aber<br />
die meisten Fragen nicht beantworten.<br />
Er sagte jedoch zu, dass er alle Anfragen<br />
an Treubau weiter gibt.<br />
Die Mieter lassen nicht locker. Sie<br />
laden den Niederlassungsleiter zu einer<br />
nächsten Versammlung ein. Sie wollen<br />
endlich Antworten auf ihre Fragen.<br />
ESSEN<br />
Babcock & Brown-Mieter beraten sich<br />
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