essen - Mietergemeinschaft Essen eV
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ESSEN<br />
Mietspiegel im Sinne der Mieter:<br />
Was tut die Stadt <strong>Essen</strong>?<br />
4<br />
Eigentlich ganz praktisch so ein<br />
Mietspiegel. Gedacht ist er, um<br />
die ortsübliche Vergleichsmiete darzustellen.<br />
Im Konkreten soll sich an<br />
der Tabelle ablesen lassen, wie viel pro<br />
Quadratmeter an Miete zu zahlen ist bei<br />
ähnlichen Lage, gleichem Baujahr, vergleichbarer<br />
Qualität von z. B. Heizung<br />
oder Toilette sowie der Energiewerte<br />
wie beispielsweise der Fensterisolierung.<br />
Im Idealfall kann ich als Mieter einfach<br />
feststellen, welcher Quadratmeterpreis<br />
für meine Wohnung annehmbar ist.<br />
Denn auch für den Vermieter ist der<br />
Mietspiegel eine Richtschnur, über die<br />
er nicht einfach beliebig die Miete erhöhen<br />
kann. „Entscheidend ist, dass der<br />
Mietspiegel regelmäßig und qualifiziert<br />
auf einer breiten Datenlage aus allen<br />
Wohnlageklassen ermittelt wird. Er also<br />
wirklich die Wohnungssituation und<br />
Quadratmeterpreise in <strong>Essen</strong> darstellt.<br />
Immerhin verwenden Vermieter den<br />
Mietspiegel als Argument für Mieterhöhung,<br />
auch vor Gericht verwendet.“<br />
Und in <strong>Essen</strong>? Damit der Mietspiegel<br />
überhaupt seinen Zweck erfüllt<br />
und stets die aktuelle Vergleichsmiete<br />
ausweist, muss die Stadt ihn alle zwei<br />
Jahre neu erstellen. Und macht sie das?<br />
Im Oktober soll der neue <strong>Essen</strong>er Mietspiegel<br />
erscheinen. Wenn alles klappt<br />
und die Datenlage dafür ausreichend<br />
ist. Zu erwarten ist dies allerdings nicht.<br />
Fällig war er außerdem bereits zum 1.<br />
Juli, der noch gültige Mietspiegel ist<br />
nämlich auf den 1. Juli 2007 datiert.<br />
Eine Erklärung für die Verzögerung gibt<br />
es nicht. „Wir rechnen damit, dass der<br />
Mietspiegel noch viel später als Oktober<br />
erscheint. Wenn das passiert, entsteht<br />
ein rechtsfreier Raum. Statt des neuen<br />
ist der alte Mietspiegel weiterhin gültig.<br />
Dabei rechnen wir mit so viel Leerstand<br />
auf dem <strong>Essen</strong>er Wohnungsmarkt, dass<br />
sich die Vergleichsmieten eigentlich<br />
verändern müssten.“<br />
Kein Mietspiegel im<br />
Sinne der Mieter<br />
Sicherlich ist die Erstellung eines<br />
Mietspiegels eine Menge Arbeit. Für<br />
umliegende Städte wie Bochum scheint<br />
die pünktliche Erstellung allerdings<br />
kein Problem zu sein. „Die Stadt <strong>Essen</strong><br />
ist anscheinend nicht bereit den Mietspiegel<br />
nach wissenschaftlichem Prinzip<br />
zu erfassen“, sagt Karin Schnittker von<br />
der <strong>Mietergemeinschaft</strong> <strong>Essen</strong>. Die<br />
Fragebögen gelangen nur durch Zufall<br />
zu den Mietern, die eigentlich befragt<br />
werden sollen. Außer kleinerer Pressemeldungen<br />
wird die Befragung gar nicht<br />
publik gemacht. Extra geschulte Kräfte,<br />
die beim Ausfüllen<br />
des Bogens<br />
helfen, gibt es<br />
kaum. An viel<br />
e n M i e t e r n<br />
geht die Mietspiegel-Befragung<br />
so spurlos<br />
vorbei. Schlussendlich<br />
wird<br />
die Anzahl der<br />
notwendigen<br />
F r a g e b o g e n ,<br />
um überhaupt<br />
qualifiziert Vergleichsmieten<br />
auszuweisen,<br />
gar nicht erreicht.<br />
„Schon 2007<br />
waren viele Bereiche<br />
des Wohnungsmarktes<br />
nicht abgedeckt.<br />
Das verzerrt die<br />
Quadratmeterpreise<br />
im Mietspiegel. Statt eines qualifizierten<br />
Mietspiegels gab es nur eine<br />
einfache Version. Am Schluss hat noch<br />
nicht einmal der Rat der Stadt den<br />
Mietspiegel zu Gesicht bekommen.“<br />
Gerne hätte die <strong>Mietergemeinschaft</strong><br />
<strong>Essen</strong> darum am neuen Mietspiegel<br />
mitgewirkt. Im dafür zuständigen Gutachterausschuss<br />
durfte sie aber nicht<br />
mitarbeiten. „Wir haben uns diesmal an<br />
alle Ratsfraktionen gewendet, trotzdem<br />
sind wir nicht im Gutachterausschuss<br />
vertreten.“<br />
Verspäteter Daten-<br />
Dschungel<br />
Während in <strong>Essen</strong> die Mieter noch<br />
einige Zeit auf den wahrscheinlich<br />
unzureichenden Mietspiegel warten<br />
müssen, halten die Bochum seit 1.<br />
April ihren neuen Mietspiegel in Händen:<br />
pünktlich erschienen, nach wissenschaftlichen<br />
Kriterien erstellt und<br />
durch leichtverständliche Sprache gut<br />
nutzbar. Statt die kleine, zehnseitige<br />
Broschüre der Stadt Bochum als Vorbild<br />
zu nehmen, wurden in <strong>Essen</strong> die Mieter<br />
bisher mit einer 26-seitigen, schwer<br />
verständlichen Broschüre belastet. Zig<br />
Seiten muss der <strong>Essen</strong>er wälzen, um<br />
seine Vergleichsmiete zu begreifen.<br />
Kämpferisch bei Mietspiegel-Fragen: Karin Schnittker<br />
„Das Problem fängt bereits beim Fragebogen“,<br />
weiß Karin Schnittker, „Weil<br />
wir die Fragen selber zu schwer fanden,<br />
haben wir ein paar unserer Mitglieder<br />
gefragt, wie sie den Fragebogen beantworten<br />
würden.“ Das Ergebnis: „Die<br />
Fragen sind viel zu schwierig gestellt.<br />
Die Eingangsfrage lautet zum Beispiel<br />
‚Ist die Miete KEINE Nettokaltmiete?’.<br />
Als Antwortmöglichkeit muss der Mieter<br />
‚Ja’ ankreuzen, damit der Fragebogen<br />
überhaupt gültig ist. All unsere Mitglieder<br />
hätten diese Frage eigentlich mit<br />
‚Ja’ beantworten müssen. Sie war aber,<br />
trotz Erklärungen auf einem Extrablatt,<br />
total unverständlich formuliert.“<br />
Das muss nicht sein. Weder unverständliche<br />
Fragebogen, noch schwer<br />
lesbare Mietspiegel, verspätete Veröffentlichung<br />
oder zu wenig Datensätze<br />
für einen qualifizierten Mietspiegel,<br />
lassen sich rechtfertigen. „Was da passiert<br />
ist nicht im Sinne der Mieter. Das<br />
ist alles vermeidbar, wenn die Stadt nur<br />
will. Und darum werden wir in diesen<br />
Fragen auch nicht locker lassen.“