25.12.2012 Aufrufe

essen - Mietergemeinschaft Essen eV

essen - Mietergemeinschaft Essen eV

essen - Mietergemeinschaft Essen eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

denn je an hohen Dividenden interessiert.<br />

Das allein stützt den Kurs und ermöglicht<br />

weitere Verkäufe von Aktienpaketen,<br />

bevor es zu spät ist. Eine der<br />

Hauptquellen für die Rendite sind niedrige<br />

Instandhaltungskosten. Im Jahr<br />

2008 hat die Gagfah nur 8,33 Euro/qm<br />

für Instandhaltungen aufgewandt. Seit<br />

Jahren häufen sich Meldungen über<br />

mangelnde Reparaturen. Auch die<br />

Gagfah betreibt Personalabbau und Auslagerungen<br />

im großen Stil, um Kosten<br />

zu sparen.<br />

Trotz all dem wurde 2008 ein Verlust<br />

vor Steuern in Höhe von 119,5 Mio<br />

Euro erwirtschaftet. Gleichwohl präsentierte<br />

Gagfah einen „Erfolgsbericht“, der<br />

sich auf die Kennzahlen zum Cashflow<br />

stützte. Der Aktienkurs dankten es –<br />

vorübergehend. Der Geschäftsbericht<br />

für das erste Halbjahr 2009 belegt nun<br />

erneut, dass die Gagfah mit den Zahlen<br />

kämpft. Vor Steuern kam es zu Verlusten<br />

in Höhe von 33,7 Millionen Euro,<br />

vor allem aber brach die wichtige Kennzahl<br />

EBIT um 43,1 Prozent ein. Gagfah<br />

kündigte weitere Einsparungen bei der<br />

Instandsetzung an. Inzwischen ist es zu<br />

einem erneuten Kursverfall gekommen.<br />

Große Banken bieten riesige Aktienpakete<br />

zu Schleuderpreisen an. Die meisten<br />

Analysten sind sich einig: Die Gagfah<br />

kann ihre Dividenden nur durch ein<br />

weiteres Auszehren des Unternehmen<br />

erwirtschaften.<br />

ANNINGTON: Raubbau an<br />

Wohnungen und Belegschaft<br />

Wie alle Private Equity Fonds orientiert<br />

auch Annington-Eigentümer Terra Firma<br />

darauf, die gekauften Unternehmen<br />

nach einigen Jahren mit Gewinn weiter<br />

zu veräußern. Um das zu erreichen,<br />

wird bei Instandhaltung gespart und<br />

massiver Personalabbau betrieben. Mit<br />

unglaublichen Märchen versucht sich<br />

die Annington dabei als guter professioneller<br />

Vermieter darzustellen. Bei der<br />

Einführung der zentralen „Mieterhotline“<br />

ist ihr das gründlich misslungen.<br />

Alle Welt erlebt, was man auch<br />

jederzeit an den Zahlen überprüfen<br />

kann: Es geht um gigantische Einsparungen<br />

durch eine katatastrophal gemanagte<br />

Rationalisierung.<br />

Nicht nur für die Mieter, auch für<br />

die Beschäftigten ist diese Rationalisierung<br />

– Einsparziel 50 Mio. Euro – unerträglich.<br />

Mit 300 Beschäftigten weniger<br />

sollte ohne hinreichende Schulungen<br />

mit noch nicht erprobter Technik<br />

über Nacht die industrielle Revolution<br />

der Wohnungsverwaltung verwirklicht<br />

werden. Die hoffnungslos überforderten<br />

MitarbeiterInnen an den Telefonen<br />

und im Außendienst bekommen nun<br />

die volle Wucht des Mieterärgers ab.<br />

Das Betriebsklima ist vernichtet. Solche<br />

Abenteuer unternimmt nur, wem das<br />

Wasser bis zum Hals steht.<br />

Einmal aufs Korn genommen, wird<br />

auch der hohe Instandhaltungsbedarf<br />

deutlich. Den Reparaturstau hat die<br />

Annington schon von ihren Vorgängern<br />

übernommen. Das ändert aber<br />

nichts an den Tatsachen: Wo mindestens<br />

25 Euro pro Quadratmeter und Jahr<br />

investiert werden müssten, gab die Annington<br />

in den letzten Jahren lediglich<br />

zwischen 9,63 € und 9,72 €/qm/Monat<br />

für Instandhaltung und Modernisierung<br />

aus.<br />

Aber weder Knauserei noch Umstrukturierungen<br />

haben die Annington in<br />

eine Goldmine verwandelt. Das Geschäftsjahr<br />

2008 schloss die DAIG mit<br />

einem Verlust in Höhe von 258 Mio. €<br />

nach Steuern ab. Entsprechend sanken<br />

die Gewinnrücklagen. Die Eigenkapitalquote<br />

sank von 16 auf 14 %. Entscheidend<br />

zu dem Ergebnis beigetragen hat<br />

eine drastische Neubewertung von ursprünglich<br />

für die Privatisierung vorgesehen<br />

Wohnungen. Das ist kein Einzelfall.<br />

Die Fonds können ihre auf dem<br />

Höhepunkt der Finanzblase überteuert<br />

eingekauften Wohnungsbestände nicht<br />

gewinnbringend veräußern.<br />

In dem angeschlagenen Beteiligungs-Imperium<br />

des britischen Annington-Investors<br />

Terra Firma gilt die<br />

Deutsche Annington zwar noch als<br />

Lichtblick. Wenn kein Wunder geschieht,<br />

wird Terra Firma aber wohl<br />

kaum das für ein zukunftsfähiges Wohnungsunternehmen<br />

erforderliche zusätzliche<br />

Eigenkapital in die Annington<br />

pumpen und das fehlende Personal<br />

wieder einstellen können.<br />

Verbriefungs-Bomben<br />

Der weitere Weg von Gagfah, Annington,<br />

LEG und Co. ist vorgezeichnet. Die<br />

finanziellen Handlungsspielräume dieser<br />

Firmenkonstrukte und ihrer Anleger<br />

sind gering. Die größte Teil des Kapitals<br />

wird von gigantischen Verbriefungen<br />

gehalten, die vorübergehend<br />

zwar stabile Zinsen garantieren, dafür<br />

aber die Unternehmen zu einem Weg<br />

verpflichten, der wachsende Einnahmen<br />

bei immer geringeren Ausgaben<br />

bedeutet. Zudem sind alle Verbriefungen<br />

wie alle Fonds befristet. Um 2013<br />

müssen bei den großen Wohnimmobilien<br />

in Deutschland über 10<br />

Mrd. Euro neu finanziert werden. Die<br />

Finanzkrise ist noch lange nicht vorbei.<br />

Auch in den Beteiligungen an deutschen<br />

Mietwohnungen ticken die Zeitbomben.<br />

ku<br />

Kommentar<br />

Politik<br />

Wo bleibt die Politik?<br />

Die Finanzkrise beschleunigt, was ohnehin klar<br />

war: Das Geschäftsmodell der Private Equity Fonds ist<br />

für die Bewirtschaftung von Mietwohnungen nicht<br />

geeignet. Denn Wohnungen sind ein Wirtschaftsgut,<br />

für das man langen Atem braucht. Und den<br />

haben die Fonds nun einmal grundsätzlich nicht.<br />

Um schlimmeres zu verhindern, müsste jetzt<br />

politisch gehandelt werden. Die Wahlprogramme vor<br />

allem der Grünen und der SPD orientieren auf neues<br />

Wachstum durch grüne Investitionen. Aber wie soll<br />

das in einem Wohnungssektor gelingen, d<strong>essen</strong><br />

Eigentümer auf Ausplünderung verpflichtet sind?<br />

Die SPD will die Fonds international stärker regulieren<br />

und höhere Eigenkapitalquoten festschreiben.<br />

Dazu, wie das in der deutschen Immobilienwirtschaft<br />

rechtzeitig umgesetzt werden soll,<br />

schweigen alle Parteien.<br />

Hunderte Milliarden Euro wurden für die Rettung<br />

maroder Banken ausgegeben, die sich mit Immobilien-Verbriefungen<br />

verzockt hatten. Für die Rettung<br />

der realen Werte in den Mietwohnungen gibt es so<br />

gut wie nichts. Dabei wäre es weitaus billiger, die<br />

Wohnungen zu retten als wertlose Papiere.<br />

Um die Flucht in Steueroasen zu verhindern,<br />

könnte der Gesetzgeber dort ansetzen, wo das Geld<br />

herkommt: bei den Mieten. Die Firmen müssten<br />

verpflichtet werden, einen ausreichenden Anteil der<br />

Miete direkt in Instandhaltungsfonds zu zahlen, die<br />

öffentlich reguliert werden, vielleicht auch von<br />

Mietervertretungen kontrolliert, und die gegen<br />

Bankrotte abgesichert sind.<br />

So etwas freilich würde die Krise der Fonds noch<br />

beschleunigen. Sie sind aufgrund ihrer finanziellen<br />

Verpflichtungen nicht in der Lage, die notwendigen<br />

Mittel zur Verfügung zu stellen. Deshalb bräuchte<br />

man eine zweite Säule: öffentliche Auffangträger.<br />

Wenn die Preise verfallen, es zu Notverkäufen<br />

kommt, stehen sie bereit, die Wohnungen wieder in<br />

solide Eigentumsformen zu überführen. Die Stadt<br />

Dortmund hat sich bereits auf diesen Weg gemacht.<br />

In zwei Stadtteilen hat sie Sanierungssatzungen<br />

erlassen, die ihr bei Weiterverkäufen ein Vorkaufsrecht<br />

einräumen. Viel Geld für solche Rettungsmaßnahmen<br />

ist in den überschuldeten Kommunen<br />

des Ruhrgebiets aber nicht vorhanden. Hier müsste<br />

der Staat mit Eigenkapitalhilfen zu Gunsten öffentlicher<br />

Träger für eine solide Auffangstruktur sorgen.<br />

Es ist absurd, war aber voraussehbar: Nach dem LEG<br />

Verkauf wird es unausweichlich Unternehmen wie<br />

die LEG neu zu gründen. K. Unger<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!