07/2022
Die Titelthemen im Juli: Spezielles Angebot: Warum auch in der Nische Erfolgschancen liegen. // Check-In: Mit dem Kartenterminal in die TI einsteigen.
Die Titelthemen im Juli: Spezielles Angebot: Warum auch in der Nische Erfolgschancen liegen. // Check-In: Mit dem Kartenterminal in die TI einsteigen.
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№ <strong>07</strong>/<strong>2022</strong><br />
CHECK-IN<br />
Mit dem Kartenterminal<br />
in die TI einsteigen<br />
Jetzt auch<br />
Digital<br />
www.optica.de/<br />
zukunft-praxis<br />
BUSINESS<br />
PRAXISnah bei einer<br />
Unternehmerin<br />
Spezielles<br />
ANGEBOT<br />
Warum auch in der Nische Erfolgschancen liegen
8<br />
Software mit<br />
Soft Skills.<br />
Die Praxissoftware für Physiotherapie, Ergotherapie,<br />
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Logopädie, Podologie, Ernährungstherapie und Heilpraktiker:innen.<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
für Berufswege gibt es nicht nur eine Karte: Zu zahlreich sind<br />
die Routen, die jede:r Einzelne nehmen kann. Das gilt gerade in<br />
der Branche der Heilmittelerbringer:innen, stehen doch Ergound<br />
Physiotherapeut:innen, Logopäd:innen und Podolog:innen<br />
oft vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Und wer<br />
eine Praxis leitet, wägt noch einmal besonders ab, welchen Weg<br />
er oder sie einschlagen will. Eine wesentliche Frage dabei lautet:<br />
Wie speziell sollte mein Angebot sein?<br />
Auch auf diese Frage gibt es nicht die eine Antwort: Die Vorteile,<br />
die es hat, wenn man seine Praxis vielschichtig aufstellt, haben<br />
wir in der ZUKUNFT PRAXIS 3/2021 („Praxis XXL – Warum<br />
sich ein breites Selbstzahlerangebot lohnen kann“) veranschaulicht.<br />
Nun blicken wir mit unserer neuen Titelgeschichte auf<br />
mögliche Vorteile der Spezialisierung. Erfahren Sie, worauf es<br />
ankommt, wenn man sich für ein außergewöhnlich individuelles<br />
Angebot entscheidet.<br />
Ganz gleich, ob Sie sich für oder gegen eine Spezialisierung<br />
entscheiden: An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei. Sie zu<br />
gestalten zählt zu den zentralen Zukunftsaufgaben. Einer, der an<br />
dieser Aufgabe arbeitet, ist Oliver Neufuß, Geschäftsführer der<br />
Worldline Healthcare GmbH, eines führenden Herstellers von<br />
eHealth-Kartenterminals. Lesen Sie im Interview ab Seite 13, warum<br />
diese Terminals so wichtig für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur<br />
sind.<br />
Ihr Dr. Jochen Pfänder<br />
Optica-Geschäftsführer<br />
Inhalt<br />
4<br />
Kompakt<br />
News und Meldungen<br />
8<br />
Spezielles Angebot<br />
Warum es sich lohnen kann, bei der eigenen<br />
Praxis spezielle Schwerpunkte zu setzen.<br />
13<br />
TI-Türöffner<br />
Welche Bedeutung Kartenterminals für den<br />
Nutzen der Telematikinfrastruktur (TI) haben,<br />
und was die Zukunft der Technologie bringt.<br />
16<br />
Fragebogen: PRAXISnah<br />
Diesmal mit Tanja Weskamp-Nimmergut,<br />
Logopädin und erfolgreiche Unternehmerin in<br />
Hamburg und Schleswig-Holstein.<br />
18<br />
Gesponserte Mittagspause<br />
Wie Praxisinhaber:innen ihren Angestellten<br />
etwas Gutes tun und selbst davon profitieren.<br />
19<br />
Information & Standards<br />
Wissenswertes aus der Welt der Abrechnung,<br />
Vorschau und Impressum<br />
Optica Viva ist eine Software der PRAXINO GmbH.<br />
ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL3
THERAPIE<br />
IN ZAHLEN<br />
-10 Prozent<br />
11 Jahre<br />
LÄNGER LEBEN MENSCHEN IN<br />
DEUTSCHLAND HEUTE IM VERGLEICH<br />
BEI PLANBAREN OPERATIONEN WIE DER IMPLANTATI-<br />
ON KÜNSTLICHER HÜFTGELENKE waren laut Wissenschaftlichem<br />
Institut der AOK im zweiten Jahr der Pandemie<br />
2021 im Vergleich zu 2019 zu beobachten. Im Jahr 2020<br />
ZU 1970. Heute neugeborene Mädchen leben<br />
laut Statistischem Bundesamt im<br />
Durchschnitt 83,4 Jahre, Jungen 78,6 Jahre.<br />
Bis 2060 soll sich die Lebenserwartung weiter<br />
erhöhen: um 4 bis 8 Jahre für Jungen,<br />
war der Rückgang bei diesem Eingriff mit minus 11 Prozent<br />
noch etwas höher. is.gd/rueckgang<br />
um 3 bis 6 Jahre für Mädchen.<br />
4 6,67 17<br />
JAHRE ALTERUNG – IN ETWA EURO – MIT DIESEM BETRAG<br />
SO STARK KANN SICH EINE<br />
SCHWERE ERKRANKUNG<br />
ODER VERLETZUNG AUF<br />
DIE KOGNITIVEN FÄHIGKEITEN<br />
VON PATIENT:INNEN<br />
AUSWIRKEN. Das hat das<br />
RWI Leibniz-Institut für<br />
KÖNNEN ARBEITGEBER:INNEN<br />
DAS MITTAGESSEN IHRER MIT-<br />
ARBEITER:INNEN AN JEDEM<br />
ARBEITSTAG BEZUSCHUSSEN.<br />
Der Betrag setzt sich zusammen<br />
aus 3,57 Euro Sachbezugswert<br />
und 3,10 Euro Arbeitgeberzuschuss.<br />
MILLIARDEN EURO SOLL DAS<br />
DEFIZIT DER GESETZLICHEN<br />
KRANKENKASSEN IM JAHR<br />
2023 BETRAGEN. Voraussichtlich<br />
wird deshalb der Zusatzbeitrag<br />
der Versicherten um 0,3<br />
Prozent steigen.<br />
Wirtschaftsforschung in einer<br />
Mehr dazu in unserem<br />
Studie mit 125.000 Personen Artikel zum Thema auf Seite 18.<br />
aus 20 Ländern festgestellt.<br />
is.gd/rwistudie<br />
3.800<br />
GESUNDHEITS-APPS FÜR<br />
> 450.000<br />
MEDIZINPRODUKTE GIBT ES IN EUROPA, DEREN ZULASSUNG<br />
UND VERTRIEB VON DER MEDIZINPRODUKTEVERORDNUNG<br />
GEREGELT IST. Weil nicht nur neue, sondern auch bestehende<br />
Produkte zertifiziert werden müssen, befürchtet die Deutsche<br />
Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie bald einen Mangel<br />
an Implantaten.<br />
ÄRZT:INNEN UND PSYCHO-<br />
THERAPEUT:INNEN verzeichnet<br />
das Zentralinstitut für die kassenärztliche<br />
Versorgung in der<br />
Bundesrepublik Deutschland.<br />
kvappradar.de<br />
VIDEOSPRECHSTUNDE<br />
Noch nicht für alle<br />
Während der Hochphase der Pandemie mit ihren Lockdowns<br />
und Quarantänen war die dann gestattete Videosprechstunde<br />
für viele eine gute, wenn nicht die einzige Möglichkeit, die<br />
Behandlung aufzunehmen oder fortzusetzen. Nach Jahren<br />
der Diskussion um das Thema stellte das einen regelrechten<br />
Durchbruch dar – und einen gewaltigen Schritt vorwärts bei<br />
der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Doch bei der<br />
Integration der Videosprechstunde in die Regelversorgung<br />
hapert es noch. Während sich die Berufsverbände und der<br />
GKV-Spitzenverband für die Physiotherapie und die Ernährungstherapie<br />
bereits im April geeinigt haben, landeten<br />
die Verhandlungen für die Ergotherapie und die Stimm-,<br />
Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie vor dem Schiedsgericht.<br />
So lange keine Entscheidung gefallen ist, können hier<br />
keine Videosprechstunden angeboten werden, gleichermaßen<br />
ärgerlich für Patient:innen und Therapeut:innen – und<br />
ein Rückschritt für die Digitalisierung.<br />
Kurz &<br />
Knapp<br />
Seit 1. Juli ist der Zugang zu<br />
geriatrischer Rehabilitation<br />
und Anschlussrehabilitation erleichtert.<br />
Ob eine geriatrische<br />
Rehabilitation für Versicherte<br />
ab 70 Jahren medizinisch erforderlich<br />
ist, wird dann nicht<br />
mehr von der Krankenkasse<br />
geprüft. Stattdessen überprüfen<br />
Vertragsärzt:innen<br />
anhand festgelegter Kriterien<br />
und über Funktionstests den<br />
medizinischen Bedarf. is.gd/<br />
leichterreha +++ Seit Juli<br />
müssen Auszubildende in den<br />
Gesundheitsfachberufen an<br />
Privatschulen in Rheinland-<br />
Pfalz kein Schulgeld mehr<br />
zahlen. Das Land übernimmt<br />
die Kosten der momentan 940<br />
Ausbildungsplätze und zahlt<br />
den Schulen eine monatliche<br />
Pauschale von 400 Euro pro<br />
Ausbildungsplatz. Im Haushalt<br />
sind dafür 2,2 Millionen Euro<br />
vorgesehen, im kommenden<br />
Jahr 4,5 Millionen Euro. +++<br />
Wie die eigene Praxis klimaneutral<br />
werden kann, verrät<br />
der Deutsche Verband Ergotherapie<br />
(DVE) in einer Pressemitteilung<br />
und bietet dabei<br />
neben konkreten Tipps auch<br />
Links auf weitere nützliche<br />
Quellen an. is.gd/klimaneutral<br />
4 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT 5
RATGEBER RECHT<br />
CORONA-BÜRGERTEST<br />
Kostet 3 Euro –<br />
manchmal<br />
VOLLAKADEMISIERUNG<br />
Petition läuft noch<br />
Mit der Dritten Verordnung zur<br />
Änderung der Coronavirus-<br />
Testverordnung hat sich seit<br />
dem 30. Juni <strong>2022</strong> der Zugang<br />
zu den Bürgertests verändert.<br />
Nur noch unter bestimmten Bedingungen<br />
besteht Anspruch<br />
auf einen kostenlosen Test.<br />
Wer sich aus Sicht des Bundesgesundheitsministeriums<br />
einem Risiko beispielsweise<br />
bei Veranstaltungen in Innenräumen,<br />
Konzerten oder Hochzeiten<br />
aussetzt, soll sich mit 3<br />
Euro an den Kosten der Tests<br />
beteiligen. Die Bundesländer<br />
können die Eigenbeteiligung<br />
übernehmen.<br />
is.gd/testverordnung<br />
Noch etwa 110 Tage läuft bei Erscheinen dieser<br />
Ausgabe der ZUKUNFT PRAXIS die Petition<br />
„Therapieberufe reformieren – für die Lebensqualität<br />
von morgen!“. Damit möchte das Bündnis<br />
Therapieberufe die Vollakademisierung von Ergotherapie,<br />
Logopädie und Physiotherapie erreichen.<br />
In der Begründung für die Petition heißt es<br />
unter anderem: „Nur an Hochschulen erlangen<br />
zukünftige Therapeutinnen und Therapeuten die<br />
notwendigen Fähigkeiten für eine wissenschaftlich<br />
fundierte und zukunftsfähige Versorgung.“<br />
Kommt die Akademisierung nicht, sehen die<br />
Organisator:innen der Petition in Zukunft die Lebensqualität<br />
und die Versorgung der Patient:innen<br />
bedroht.<br />
buendnis-therapieberufe.de/petition<br />
SPITZENVERBAND SHV<br />
dbs jetzt Mitglied<br />
Als erster Verband aus der Sprachtherapie und Logopädie<br />
ist seit 1. Juli der Deutsche Bundesverband für akademische<br />
Sprachtherapie und Logopädie (dbs) Mitglied im Spitzenverband<br />
der Heilmittelverbände (SHV). Damit ist die Zahl der<br />
Mitgliedsverbände im SHV auf fünf angewachsen. Bereits<br />
bisher gehörten dazu der Deutsche Verband Ergotherapie<br />
(DVE), der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten<br />
(IFK), Physio Deutschland und der Verband Physikalische<br />
Therapie (VPT). Dem Antrag des dbs auf Mitgliedschaft<br />
im SHV hat die außerordentliche Delegiertenversammlung<br />
des Spitzenverbands am 22. Juni <strong>2022</strong> einstimmig zugestimmt.<br />
is.gd/dbsshv<br />
GESAGT<br />
Wir freuen uns, mit dem dbs<br />
nun einen Berufsverband aus<br />
dem Bereich Sprachtherapie<br />
und Logopädie im SHV zu<br />
haben. Je mehr Heilmittelbereiche<br />
sich zusammentun,<br />
desto stärker ist unsere berufspolitische<br />
Stimme.<br />
Andreas Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender<br />
des Spitzenverbands der Heilmittelverbände (SHV)<br />
Gesundheitsdaten –<br />
Rechte und Pflichten<br />
Der Datenschutz ist bedeutend und<br />
allgegenwärtig – und doch ein eher unbeliebtes<br />
Thema. Worauf Therapeut:innen<br />
dabei achten müssen, erläutert<br />
Rechtsanwalt Dr. Dr. Ruppel.<br />
Beim Datenschutz ergeben sich vielschichtige<br />
Fragen zur gesetzeskonformen Umsetzung und<br />
der Durchführbarkeit im Praxisalltag. Beispielsweise<br />
haben Therapeut:innen die Pflicht, wesentliche<br />
Maßnahmen der Behandlung zu dokumentieren<br />
und die Patientenakte für die Dauer von<br />
zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung<br />
aufzubewahren. Zugleich besteht das Recht auf<br />
Löschung gespeicherter Daten. Was gilt denn<br />
nun? Speicherpflicht schlägt Recht auf Löschung,<br />
erst nach zehn Jahren können Patient:innen verlangen,<br />
dass die Daten gelöscht werden. Zweites<br />
Beispiel: die Weitergabe von Gesundheitsdaten,<br />
die schneller geschieht als man denkt. Denn<br />
dazu zählt nicht nur die Weiterleitung per E-<br />
Mail oder Post an andere Therapeut:innen oder<br />
Ärzt:innen, sondern auch das Gespräch mit Familienmitgliedern<br />
oder Ehegatt:innen. Abseits seltener<br />
Ausnahmefälle wie etwa der gerichtlichen<br />
Beschlagnahmung von Patientenakten bei Therapeut:innen<br />
dürfen die Daten nur mit Einwilligung<br />
der Patient:innen weitergegeben werden. Dies<br />
gilt auch und gerade gegenüber Ehegatt:innen.<br />
Bereits das Erwähnen des Bestehens eines Behandlungsverhältnisses<br />
gegenüber einem Dritten<br />
ohne Erlaubnis der Patient:innen ist strafbar.<br />
Weitere Details zum Thema finden Sie online:<br />
optica.de/gesundheitsdaten<br />
6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT 7
SPEZIALISIERUNG<br />
Spitzes<br />
Angebot<br />
Während die einen<br />
Praxen sich möglichst<br />
breit aufstellen,<br />
bevorzugen andere<br />
ganz bewusst die<br />
Spezialisierung. Denn<br />
die Nische bietet<br />
durchaus Vorteile.<br />
TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />
In diesem Beitrag<br />
1.<br />
Unternehmensstrategie:<br />
Nische vs. breites Angebot.<br />
2.<br />
Spezialisierung ist nicht ohne Risiko,<br />
bietet aber wertvolle Chancen.<br />
3.<br />
Spezialisieren kann man sich<br />
auf ganz unterschiedliche Art<br />
und Weise.<br />
Wer Regenwasser<br />
einsammeln möchte,<br />
nutzt dafür am<br />
besten einen Trichter.Umso<br />
breiter<br />
dieser Trichter ist,<br />
desto mehr Wasser<br />
fließt in den Auffangbehälter. Dem gleichen<br />
Prinzip folgen viele Praxisinhaber:innen. Denn<br />
eine breit aufgestellte Praxis verspricht eine<br />
maximal große Zielgruppe und damit bestenfalls<br />
einen maximal großen Ertrag. Gleichzeitig<br />
bietet eine solche Praxis Stabilität, da nicht<br />
gleich das ganze „Geschäftsmodell“ ins Wanken<br />
gerät, falls einmal ein einzelnes Standbein<br />
einbrechen sollte – eine Erfahrung, die gerade<br />
in Pandemiezeiten manche Praxisinhaber:innen<br />
machen mussten.<br />
Dieses Problem hat Birgit Slametschka<br />
nicht. Die Physiotherapeutin aus Berlin hat<br />
ZUKUNFT PRAXIS TITEL 9
sich vor zweieinhalb Jahren selbstständig gemacht.<br />
Doch zu ihr kommen in der Regel keine<br />
Patient:innen mit Rückenleiden oder schmerzenden<br />
Knien. Denn ihre Kernkompetenz ist<br />
die Atemtherapie. „Das Hauptklientel meiner<br />
Praxis sind Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen<br />
wie COPD oder Asthma“,<br />
berichtet Slametschka. Ihre Spezialisierung<br />
auf diesen eher kleinen Teilbereich der Physiotherapie<br />
kommt nicht von ungefähr: Zwölf<br />
Jahre lang arbeitete sie in einer Klinik für Thoraxchirurgie.<br />
Neben der schulmedizinischen<br />
Atemtherapie, die dort praktiziert wurde,<br />
bildete sie sich in den vergangenen Jahren in<br />
fernöstlichen Methoden weiter, vor allem in<br />
Shiatsu und Qigong. „Ich genieße es sehr, dass<br />
ich jetzt in meiner eigenen Praxis beides kombinieren<br />
kann“, schwärmt sie. Genau das entspräche<br />
ihren Neigungen und Interessen. Und<br />
genau das ist für sie ein entscheidender Vorteil<br />
gegenüber Praxen mit unterschiedlichsten Patient:innen.<br />
Allerdings gilt auch: Eine Zulassung von<br />
den Gesetzlichen Krankenversicherungen<br />
(GKV) bekommen Heilmittelerbringer:innen<br />
in Deutschland nur dann, wenn sie grundsätzlich<br />
Patient:innen mit allen Indikationen, für<br />
die sie zugelassen sind, auch behandeln. Wenn<br />
aber eine Praxis einmal eine Kassenzulassung<br />
hat, besteht diese Einschränkung im Grunde<br />
6<br />
verschiedene<br />
Diagnosen bei<br />
Störungen der<br />
Atmung nannte<br />
zuletzt die<br />
Diagnoseliste<br />
langfristiger<br />
Heilmittelbedarf/<br />
besonderer<br />
Versorgungsbedarf.<br />
genommen nur noch auf dem Papier. Schließlich<br />
müsse man nur Patient:innen annehmen,<br />
wenn die entsprechenden Kapazitäten in der<br />
Praxis vorhanden sind, so GKV-Pressereferent<br />
Helge Dickau gegenüber ZUKUNFT PRAXIS.<br />
„Ob das im Einzelfall so ist, können Therapeutinnen<br />
und Therapeuten natürlich nur selbst<br />
beurteilen.“<br />
Und lohnt es sich wirtschaftlich überhaupt,<br />
wenn man sich auf eine Zielgruppe festlegt und<br />
die Chancen eines breiten Angebots verpasst?<br />
„Ich habe eine Nische gefunden, die andere<br />
Praxen hier in der Gegend nicht abdecken“,<br />
erklärt Birgit Slametschka. Die Patient:innen<br />
kämen aus diesem Grund ganz gezielt zu ihr,<br />
sodass sich die Spezialisierung für sie zu hundert<br />
Prozent auch ökonomisch gelohnt habe,<br />
versichert sie. Sie sagt aber auch, dass die Akquise<br />
kein Selbstläufer sei. Während „normale“<br />
Praxen sich dem Ansturm von Patient:innen<br />
meist auch ohne Werbung kaum erwehren<br />
können, muss sie sich durchaus strecken, um<br />
ihr Spezialangebot im Markt der Physiotherapie<br />
sichtbar zu machen. Dafür wird sie zum<br />
Beispiel immer wieder bei Fachärzt:innen in<br />
der Umgebung vorstellig und ruft sich und ihr<br />
Angebot in Erinnerung. Sie sieht das positiv:<br />
„Durch meine Tätigkeit in der Klinik bin ich<br />
den Austausch mit Ärzt:innen gewohnt. Das<br />
mache ich gerne!“<br />
Die Behandlung von Atemwegserkrankungen<br />
ist nur<br />
einer von vielen Bereichen,<br />
in denen sich Heilmittelerbringer:innen<br />
spezialisieren<br />
können.<br />
„Spezialisierung ist<br />
Professionalisierung“<br />
Der Physiotherapeut und Unternehmensberater<br />
THOMAS KÄMMERLING über die Frage,<br />
wann eine Spezialisierung Sinn macht.<br />
Herr Kämmerling, wann würden<br />
Sie einem Unternehmen raten,<br />
sich zu spezialisieren?<br />
In der Betriebswirtschaftslehre<br />
heißt es, dass eine Spezialisierung<br />
dann sinnvoll ist, wenn<br />
es viele Anbieter am Markt<br />
mit einem starken Verdrängungswettbewerb<br />
gibt. Eine<br />
Spezialisierung kann da helfen,<br />
sich von der Masse abzuheben.<br />
Allerdings: In der Heilmittelbranche<br />
gibt es solche Märkte<br />
in Bezug auf Patient:innen nicht.<br />
Doch unter dem Aspekt der<br />
Mitarbeitergewinnung oder der<br />
Wirtschaftlichkeit meiner Praxis<br />
kann eine Spezialisierung durchaus<br />
interessant sein!<br />
Was würden Sie Praxisinhaber:innen<br />
also raten?<br />
Eine Spezialisierung macht vor<br />
allen dann Sinn, wenn man<br />
auch den Wunsch hat, etwas<br />
verändern zu wollen. Bei einer<br />
Spezialisierung sollte man immer<br />
prüfen: Welchen Nutzen haben<br />
ich und mein Unternehmen<br />
davon? Bekomme ich dadurch<br />
mehr Freiheiten für mich als Inhaber:in?<br />
Gewinne oder binde ich<br />
dadurch Mitarbeiter:innen? Habe<br />
ich so mehr finanzielle Mittel zur<br />
Verfügung? Beseitige ich hiermit<br />
generelle Engpässe meiner Branche,<br />
wie die Abhängigkeit von<br />
den Krankenkassen etc.?<br />
Und nicht zu vergessen: Habe<br />
ich dadurch mehr Freude an<br />
meiner Arbeit?<br />
Richtig, auch das ist ein wichtiger<br />
Aspekt! Die meisten<br />
Therapeut:innen erlernen den<br />
Beruf, weil sie Menschen helfen<br />
wollen. Wenn sie dann aber irgendwann<br />
merken, dass sie den<br />
ganzen Tag nur noch Rezepte<br />
abarbeiten und der Beruf keine<br />
Freude mehr macht – weil es an<br />
Strukturen fehlt, an guten Gehältern,<br />
an einer Altersvorsorge,<br />
an Mitarbeiter:innen – spielen<br />
viele Inhaber:innen mit dem Gedanken,<br />
hinzuschmeißen. Eine<br />
Spezialisierung kann jedoch<br />
wieder die Freude am Arbeiten<br />
zurückbringen.<br />
Davon profitieren dann alle?<br />
Genau! Für mich bedeutet<br />
Spezialisierung auch immer<br />
Professionalisierung. Und je<br />
professioneller meine Praxis aufgestellt<br />
ist – für welche Themenschwerpunkte<br />
auch immer –,<br />
umso wohler fühlen sich meine<br />
Mitarbeiter:innen, umso glücklicher<br />
und stressfreier bin ich<br />
als Inhaber:in und umso besser<br />
ist das Therapieerlebnis für die<br />
Patient:innen.<br />
Also empfehlen Sie eine Spezialisierung?<br />
Mit einem Wort: Ja. Zur Spezialisierung<br />
gehört für mich als<br />
Unternehmensberater allerdings<br />
vor allem die Professionalisierung<br />
des Unternehmens. Das ist<br />
für mich die Pflichtaufgabe der<br />
Praxisinhaber:innen, jede weitere<br />
Spezialisierung – also zum<br />
Beispiel auf ein Fachgebiet oder<br />
eine Zielgruppe – ist Kür.<br />
10 ZUKUNFT PRAXIS TITEL ZUKUNFT PRAXIS TITEL 11
SCHAUFENSTER GEMATIK<br />
Sehr speziell!<br />
„Ich habe mit meiner<br />
Praxis eine Nische<br />
gefunden, die andere<br />
Praxen in Berlin nicht<br />
abdecken. Das<br />
funktioniert prima!“<br />
Birgit Slametschka, Praxisinhaberin<br />
Wie „eng“ die gewählte Nische sein sollte, hängt<br />
freilich auch von der Größe der Praxis und der<br />
Nachfrage ab. So ist eine Spezialisierung auf<br />
die Atemtherapie sicherlich weder für eine<br />
entlegene Landpraxis sinnvoll noch für eine<br />
Großpraxis mit mehreren Angestellten. Letztere<br />
bietet schließlich die Möglichkeit, sich<br />
nicht nur auf ein, sondern gleich auf mehrere<br />
Fachgebiete zu spezialisieren und dies auch<br />
durch die unterschiedlichen Kompetenzen der<br />
Mitarbeiter:innen glaubwürdig zu vermitteln.<br />
Spezialisieren kann man sich als Praxis<br />
natürlich nicht nur auf eine Fachrichtung.<br />
Manche wählen eine bestimmte Behandlungsmethode<br />
oder Zielgruppe (s. Info-Box). Ganz<br />
gleich jedoch, auf was man sich letztlich spezialisiert:<br />
Viel wichtiger ist – so der Unternehmensberater<br />
Thomas Kämmerling (s. Interview<br />
auf S. 11) –, dass das Fundament stimmt. Denn<br />
erst eine professionell aufgestellte Praxis erlaube<br />
es den Therapeut:innen, sich auf das zu<br />
konzentrieren, was ihren Neigungen, Vorlieben<br />
und dem jeweiligen Können entspricht. —<br />
13<br />
unterschiedliche<br />
Fachbereiche<br />
nennt allein der<br />
Deutsche Verband<br />
Ergotherapie (DVE).<br />
Chancen zur<br />
Spezialisierung<br />
bieten sich allen<br />
Heilmittelerbringer:innen.<br />
Spezialisieren können sich<br />
Praxen in vielerlei Hinsicht.<br />
Ein Überblick:<br />
1. Fachgebiet<br />
Angebotsorientierte Spezialisierung<br />
auf einzelne Fach- bzw. Ausbildungsthemen,<br />
wie z. B. in der Physiotherapie<br />
Brügger oder in der Ergotherapie<br />
das Feld der Palliativversorgung.<br />
2. Zielgruppe<br />
Spezialisierung auf Zielgruppen bzw.<br />
deren Bedürfnisse, zum Beispiel<br />
Kinder, Sportler:innen – oder auch<br />
Privatpatient:innen.<br />
3. Problemlösungen<br />
Spezialisierung auf Bereiche, für die<br />
konkrete Lösungen angeboten werden<br />
(etwa in der Logopädie bei der<br />
Bewältigung von Heiserkeit oder von<br />
Sprachproblemen nach Unfällen).<br />
4. Störungsbilder<br />
Fokussierung auf einzelne Behandlungsfelder,<br />
in der Physiotherapie<br />
zum Beispiel auf orthopädische oder<br />
neurologische Störungsbilder.<br />
5. Produkt<br />
Bei der Produktspezialisierung steht<br />
ein konkretes „Produkt“ im Fokus,<br />
beispielsweise die Medizinische Trainingstherapie.<br />
6. „Philosophie“<br />
Betonung von Behandlungsansätzen<br />
wie „ganzheitlich“, „interdisziplinär“<br />
oder „evidenzbasiert“.<br />
7. Besondere Angebote<br />
Bestimmte Alleinstellungsmerkmale<br />
wie Haus- und Heimbesuche.<br />
Kartenterminals<br />
als TI-Türöffner<br />
Sie sind entscheidend für die Vernetzung über die<br />
Telematikinfrastruktur (TI): eHealth-Kartenterminals,<br />
wie sie die Worldline Healthcare GmbH herstellt.<br />
Geschäftsführer OLIVER NEUFUẞ spricht im Interview<br />
über die Services der Geräte, Datensicherheit<br />
und Weiterentwicklungen.<br />
INTERVIEW: MICHAEL HASENPUSCH<br />
Herr Neufuß, wozu brauchen Praxen, Krankenhäuser<br />
oder Pflegeheime ein eHealth-Kartenterminal?<br />
Das Kartenterminal ist Teil einer ganzheitlichen Lösung,<br />
die unter dem Begriff Telematikinfrastruktur (TI) bekannt<br />
und vom Gesetzgeber geregelt ist. Aufgebaut, gepflegt und<br />
weiterentwickelt wird sie von der gematik in enger Zusammenarbeit<br />
mit der Industrie. Ziel ist es, alle Leistungserbringer<br />
zum Wohl der Patient:innen digital miteinander<br />
zu verzahnen. Das Kartenterminal ist hier als Schnittstelle<br />
zwischen dem Versicherten und dem jeweiligen<br />
Leistungserbringer zu verstehen. Indem die Versicherten<br />
ihre Gesundheitskarte (eGK) in das eHealth-Kartenterminal<br />
stecken, erfolgt automatisch ein Online-Abgleich<br />
der Stammdaten mit der entsprechenden Krankenkasse.<br />
Therapeut:innen wissen dann, dass es sich um eine gültige<br />
Karte handelt und die zu erbringende Leistung abgerechnet<br />
werden kann. Dieser Prozess dauert nur wenige<br />
Sekunden und verschafft dem Leistungserbringer eine<br />
entsprechende Absicherung.<br />
12 ZUKUNFT PRAXIS THEMA
Für welche anderen Anwendungen ist das Kartenterminal<br />
nötig oder wird es in Zukunft nötig werden?<br />
Neben dem eben beschriebenen Versichertenstammdatenmanagement<br />
und der damit verbundenen fehlerfreien<br />
Übernahme der Patientendaten in das Praxissystem,<br />
kann Stand heute die „Kommunikation im Medizinwesen“,<br />
kurz KIM, durch die Leistungserbringer genutzt<br />
werden. KIM ermöglicht den intersektoralen elektronischen<br />
Austausch von Behandlungsinformationen<br />
zwischen allen an die TI angeschlossenen Leistungserbringern.<br />
Als weiterer Schritt der Digitalisierung erfolgt<br />
derzeit die Umstellung auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
(eAU). Ab voraussichtlich<br />
September <strong>2022</strong> soll das elektronische Rezept (eRezept)<br />
flächendeckend ausgerollt werden. Bei diesen neuen Anwendungen<br />
ist zum Teil neben dem Stecken der Karte<br />
auch die Eingabe der dazugehörigen PIN der Patient:innen<br />
– zur Autorisierung – erforderlich. Dies gilt auch<br />
für den Notfalldatensatz, welcher auf Wunsch des Versicherten<br />
auf seiner eGK gespeichert werden kann. Um<br />
dann im Notfall dem Erstbehandelnden lebenswichtige<br />
Informationen zu geben. Wie wichtig eine solche An-<br />
wendung ist, zeigt die aktuelle Informationskampagne<br />
der gematik in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer<br />
(BÄK), der Deutschen Krankenhausgesellschaft<br />
(DKG) sowie weiteren Partnern.<br />
Das Kartenterminal spielt demnach eine zentrale Rolle<br />
im Gesundheitswesen. Sind Sie sich als Hersteller<br />
dieser Verantwortung bewusst?<br />
Ja, dieser Verantwortung sind wir uns bewusst. Es bestehen<br />
insbesondere hinsichtlich der Datensicherheit<br />
sowie der Interoperabilität mit allen weiteren Komponenten<br />
in der TI sehr hohe Anforderungen, welche<br />
einerseits durch das Bundesamt für Sicherheit in der<br />
Informationstechnik (BSI), andererseits durch die gematik<br />
definiert und regelmäßig aktualisiert werden.<br />
Konkret heißt dies in puncto Sicherheit nicht nur ein<br />
höchstes Maß an Schutz des Kartenterminals vor möglichen<br />
Manipulationen, sondern umfasst zusätzlich<br />
auch die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette. Dies<br />
beginnt bei der regelmäßigen Zertifizierung unserer<br />
Entwicklung und der Produktionsstätten, welche sich<br />
übrigens für unsere Kartenterminals ausschließlich<br />
Mit der elektronischen Gesundheitskarte und über das Kartenterminal gelingt der effiziente und sichere Datenaustausch.<br />
Es bestehen insbesondere<br />
hinsichtlich der Datensicherheit<br />
sowie der<br />
Interoperabilität mit allen<br />
weiteren Komponenten in<br />
der TI sehr hohe Anforderungen,<br />
welche einerseits<br />
durch das Bundesamt für<br />
Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI), andererseits<br />
durch die gematik<br />
definiert und regelmäßig<br />
aktualisiert werden.<br />
in Deutschland befinden. Hinzukommt der Versand<br />
der Geräte über eine sogenannte sichere Lieferkette,<br />
welche gewährleisten muss, dass das Terminal von der<br />
Produktion bis zum Einsatz beim Leistungserbringer<br />
vor Manipulationen geschützt ist. Ferner müssen wir<br />
umfangreiche Nachweise über die Interoperabilität innerhalb<br />
der TI erbringen.<br />
Was ist mit Interoperabilität gemeint?<br />
Interoperabilität heißt in unserem Fall konkret, dass das<br />
Kartenterminal die Fähigkeit besitzt, mit allen zugelassenen<br />
Systemen und Komponenten funktional zusammenzuarbeiten.<br />
Um dies sicherzustellen, führen wir bereits<br />
entwicklungsbegleitend regelmäßig umfassende Tests<br />
durch. Auch die gematik, in deren Hoheit dieser Aspekt<br />
liegt, verfügt für solche Zwecke über ein eigenes Labor.<br />
Die gematik testet das reibungslose Zusammenspiel aller<br />
zugelassenen Komponenten für die TI. Erst, wenn alle<br />
sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt und alle<br />
Tests erfolgreich absolviert wurden, erhalten wir die Zulassung<br />
der gematik für ein Kartenterminal. Gleiches gilt<br />
auch für die von uns zur Verfügung gestellten Software-<br />
Updates für bestehende Geräte.<br />
Sie entwickeln die Geräte ständig weiter. Wie entscheiden<br />
Sie über weitere Funktionen?<br />
Zum einen beeinflussen uns natürlich die Weiterentwicklungen<br />
der Telematikinfrastruktur und die damit<br />
verbundenen zukünftigen Anwendungen. Wir beobachten<br />
aktuell sehr genau, welche neuen Anforderungen<br />
sich aus dem Konzeptpapier TI 2.0 der gematik für unsere<br />
Produkte und Services ergeben. Zum anderen achten<br />
wir natürlich auch darauf, welche Anforderungen sich<br />
aus einem veränderten Verhalten der Anwender oder<br />
auch durch die zukünftige Erweiterung der TI um weitere<br />
Gesundheitsberufe ergeben. Ein Beispiel dafür ist<br />
die NFC-Technologie, deren Verwendung in den letzten<br />
zwei Jahren einen massiven Zuspruch beim Bezahlen<br />
mit Giro- oder Kreditkarten erfahren hat. Aus diesem<br />
Grund werden neue Gesundheitskarten nur noch mit<br />
NFC-Funktionalität herausgegeben. Dies wurde auch<br />
vom Gesetzgeber so geregelt. Aktuell gibt es hierfür aber<br />
nur einen konkreten Anwendungsfall, die elektronische<br />
Patientenakte (ePA).<br />
Was bringt die Zukunft?<br />
Es wird sicherlich weitere Einsatzmöglichkeiten geben,<br />
zum Beispiel den Nachweis einer virtuellen Identität über<br />
ein Smart Device. Auch wir orientieren uns schon jetzt am<br />
Markt der Zukunft und haben erste Apps wie die ORGA<br />
Service App zur Unterstützung der Services des Kartenterminals<br />
entwickelt und erfolgreich released. Weitere<br />
Schritte in diesem Bereich der Entwicklung werden folgen.<br />
Allerdings bedürfen solche Veränderungen und Anpassungen<br />
einer sorgfältigen Planung, um den weiterhin<br />
hohen Anforderungen an Sicherheit und Interoperabilität<br />
gerecht zu werden. Zusätzlich bedarf es klarer und langfristig<br />
gültiger Vorgaben durch die gematik, damit auch<br />
zukünftig ein optimales Zusammenspiel aller Komponenten<br />
der TI gewährleistet ist.<br />
Müssen Kartenterminals von den Praxen regelmäßig<br />
erneuert werden?<br />
Um die im Markt befindlichen Kartenterminals zukunftssicher<br />
zu halten, entwickeln wir als Hersteller regelmäßig<br />
Software-Updates. Diese können – nach erfolgter gematik-Zulassung<br />
– über verschiedene Wege kostenfrei in das<br />
Gerät eingebracht werden. Solange eine Zulassung nicht<br />
widerrufen wird, können Kartenterminals problemlos in<br />
der TI betrieben werden. Erst im Falle von geänderten Anforderungen<br />
an die Hardware, müssten die Geräte tatsächlich<br />
ausgetauscht werden. Für die Erstausstattung erfolgt<br />
übrigens eine Kostenerstattung durch den GKV-Spitzenverband,<br />
welche in der Finanzierungsvereinbarung von<br />
Anfang Februar <strong>2022</strong> geregelt ist. —<br />
ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15
Die Logopädin TANJA WESKAMP-NIMMERGUT ist<br />
Gründerin von Theralingua mit Standorten in Hamburg<br />
und Schleswig-Holstein. Inzwischen arbeitet sie nur noch<br />
unternehmerisch – und das sehr erfolgreich.<br />
Frau Weskamp-Nimmergut, die<br />
Zahl Ihrer Praxen steigt immer weiter,<br />
inzwischen sind es neun. Was<br />
treibt Sie an?<br />
Mein Ziel ist eine andere Art der Logopädie,<br />
und das funktioniert meiner<br />
Ansicht nach nicht in einer normalen<br />
Praxis, die im Schnitt aus 1,2 bis 1,3<br />
Leuten besteht – inklusive Inhaber:in.<br />
Bei uns arbeiten insgesamt<br />
40 Mitarbeiter:innen. Wir tauschen<br />
uns ständig aus, bilden uns permanent<br />
fort und haben uns inzwischen<br />
einen riesigen Wissens- und Erfahrungsschatz<br />
angeeignet. Und davon<br />
profitieren am Ende dann auch unsere<br />
Patient:innen.<br />
Inwiefern?<br />
Weil wir immer besser werden! Wir<br />
wollen aus diesem Semiprofessionellen<br />
rauskommen und uns richtig<br />
professionell aufstellen. Dafür arbeiten<br />
wir auch zunehmend wissenschaftlich.<br />
Zum Beispiel evaluieren<br />
wir unsere Behandlungen, um<br />
unsere Erfolge auch nachweisen zu<br />
können. Meine Vision ist es, dass wir<br />
irgendwann gleichberechtigt und auf<br />
Augenhöhe mit den Ärzt:innen sind.<br />
Sie selbst arbeiten überhaupt nicht<br />
mehr mit Patient:innen. Wollten Sie<br />
immer Unternehmerin werden?<br />
Nein, ich wollte eigentlich immer<br />
nur therapieren. Eine ganze Weile<br />
habe ich das auch noch nebenher<br />
gemacht, aber irgendwann musste<br />
ich mich einfach entscheiden. Heute<br />
arbeite ich tatsächlich nicht mehr im<br />
Unternehmen sondern ausschließlich<br />
am Unternehmen. Und ich muss<br />
wirklich sagen: Das bringt richtig viel<br />
Spaß!<br />
Gelernt haben Sie aber Logopädie<br />
und nicht Unternehmensführung.<br />
Wie ist es Ihnen gelungen, sich all<br />
das dafür nötige Wissen anzueignen?<br />
Am Anfang war das tatsächlich<br />
„learning by doing“. Aber das funktioniert<br />
irgendwann nicht mehr.<br />
Deshalb habe ich mir dann Unterstützung<br />
geholt und mich auch<br />
selbst fortgebildet. Denn es gehören<br />
ja eine Menge Dinge dazu, um<br />
eine erfolgreiche Unternehmerin zu<br />
sein. Es geht nicht nur darum, die<br />
Zahlen im Griff zu haben und die<br />
Mitarbeiter:innen führen zu können.<br />
Das Wichtigste aus meiner Sicht ist:<br />
Kann ich mich selbst führen und<br />
habe ich mich selbst im Griff?<br />
Wie wichtig ist für den Erfolg einer<br />
Praxis, dass sie modern und digital<br />
aufgestellt ist?<br />
Das ist sehr wichtig! Die gesamte<br />
Dokumentation, das Schreiben der<br />
Rechnungen und unsere komplette<br />
Terminplanung laufen bei uns zum<br />
Beispiel über Optica Viva. Zusätzlich<br />
haben wir noch das Tool MeisterTask<br />
eingeführt, worüber wir dann auch<br />
mit den Mitarbeiter:innen kommunizieren.<br />
Alle unsere Prozesse, selbst<br />
unser Anrufbeantworter, laufen<br />
darüber, sodass wir den gesamten<br />
Patientenservice auch aus dem Homeoffice<br />
heraus machen können.<br />
Eigentlich brauchen wir die physischen<br />
Akten fast nur noch für die<br />
Verordnungen.<br />
Ich würde sofort<br />
die Videotherapie<br />
wieder einführen,<br />
die im Frühling auf<br />
Eis gelegt worden<br />
ist. Das ist wirklich<br />
dramatisch, weil<br />
wir viele Hochrisikopatient:innen<br />
nicht mehr versorgen<br />
konnten.<br />
Wie sehr ersehnen Sie sich, dass<br />
auch das bald der Vergangenheit<br />
angehört?<br />
Das wäre schon echt gut! Leider<br />
wird es mit der elektronischen Verordnung<br />
noch etwas dauern, weil ja<br />
erst die Physiotherapeut:innen an<br />
die Telematikinfrastruktur angebunden<br />
werden. Aber wir bereiten uns<br />
schon jetzt darauf vor, da es schließlich<br />
nur eine Frage der Zeit ist, bis<br />
wir auch dran sind.<br />
Auf Ihrer Website steht, dass Ihre<br />
Praxen klimaneutral sind. Wie hat<br />
man sich das vorzustellen?<br />
Zum einen versuchen wir, sehr<br />
ressourcenschonend zu arbeiten,<br />
also zum Beispiel möglichst wenig<br />
Papier zu verbrauchen und möglichst<br />
häufig wiederverwertbare<br />
Materialien zu benutzen. Da das<br />
aber nicht ausreicht, arbeiten wir<br />
mit ClimatePartner zusammen. Das<br />
ist eine Organisation, bei der man<br />
durch einen gewissen finanziellen<br />
Beitrag einen CO 2<br />
-Ausgleich machen<br />
kann. Für uns ist das einfach<br />
wichtig, damit unser Planet auch für<br />
die nachfolgenden Generationen<br />
als schöner Ort zum Leben erhalten<br />
bleibt.<br />
Von Umweltfragen zur Berufspolitik:<br />
Was würden Sie machen,<br />
wenn Sie Gesundheitsministerin für<br />
einen Tag wären?<br />
Ich würde sofort die Videotherapie<br />
wieder einführen, die ja im Frühling<br />
auf Eis gelegt worden ist. Das ist<br />
wirklich sehr dramatisch, weil wir viele<br />
Hochrisikopatient:innen von heute<br />
auf morgen nicht mehr versorgen<br />
konnten. Und auch positiv getestete<br />
Mitarbeiter:innen, die sich aber gesund<br />
fühlen, können dadurch nicht<br />
mehr arbeiten. Auch das ist eine<br />
ziemliche Katastrophe, weil wir im<br />
Moment einen sehr hohen Krankenstand<br />
haben. —<br />
16 ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN 17
Impressum<br />
Zukunft Praxis, Ausgabe <strong>07</strong>/<strong>2022</strong><br />
(Erscheinungsweise: monatlich)<br />
Gesponserte<br />
Mittagspause<br />
INFORMIERT<br />
Aktuelles aus der Welt<br />
der Abrechnung von<br />
Heilmitteln<br />
Herausgeber:<br />
Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH<br />
Marienstraße 10, 70178 Stuttgart<br />
Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad<br />
Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder<br />
Telefon: <strong>07</strong>11 99373-2000, Telefax: <strong>07</strong>11 99373-2025<br />
E-Mail: info@optica.de<br />
Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)<br />
Mit einem Verpflegungszuschuss können Praxisinhaber:innen ihren<br />
Angestellten verbilligte oder kostenfreie Mahlzeiten gewähren. Ein<br />
Beitrag zur Mitarbeiterzufriedenheit, der auch steuerlich interessant ist.<br />
s gibt mehrere Gründe, warum Praxisinhaber:innen<br />
das Mittagessen ihrer Mitarbeiter:innen bezuschussen<br />
sollten: Der Gesetzgeber hat die Zuschüsse so<br />
geregelt, dass sie sogar Steuervorteile mit sich bringen<br />
und Lohnnebenkosten sparen. Wie Teammitglieder ihre<br />
Mittagspause verbringen, wirkt sich direkt auf ihre Leistungsfähigkeit<br />
aus – und eine gesunde Mittagessenskultur<br />
passt nicht zuletzt zur Branche der Heilmittelerbringer:innen.<br />
Arbeitgeber:innen, die auf eine erholsame Mittagspause<br />
achten, stärken zusätzlich auch ihr Image.<br />
Lange Zeit geschah dies vor allem über vorgedruckte<br />
Essensgutscheine oder Guthabenkarten für bestimmte<br />
Restaurants, die vom Arbeitgeber im Vorfeld bezahlt<br />
wurden. Der Nachteil an dieser Methode: Oft ist die Auswahl<br />
stark eingeschränkt. Zunehmend beliebter wird ein<br />
anderes Modell: Mitarbeiter:innen bezahlen selbst ein<br />
Essen ihrer Wahl, reichen die Belege anschließend ein<br />
(etwa schnell und direkt über eine App) und erhalten im<br />
Anschluss die Erstattung. Das geht bei jedem beliebigen<br />
Restaurant oder sogar Bäcker. Wer sich also in Pausen von<br />
Behandlungen oder Schreibarbeit kostengünstig stärken<br />
will, hat die freie Auswahl.<br />
Grundsätzlich setzt sich der Verpflegungszuschuss<br />
aus zwei Teilen zusammen: dem Pflichtanteil, also dem<br />
Sachbezugswert, und dem steuerfreien Arbeitgeberzuschuss.<br />
Eine Zuzahlung durch den oder die Arbeitnehmer:in<br />
ist immer möglich. Wie hoch der Sachbezugswert<br />
ist, wird jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und<br />
Soziales neu definiert und hängt von den Verbraucherpreisen<br />
ab. Für <strong>2022</strong> liegt er bei 3,57 Euro für ein Mittag-<br />
TEXT: MELANIE CROYÉ<br />
oder Abendessen und 1,87 Euro für ein Frühstück. Dieser<br />
Anteil kann in der Regel mit 25 Prozent versteuert werden.<br />
Hinzu kommt der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss in<br />
Höhe von 3,10 Euro. Maximal können Arbeitgeber:innen<br />
das Mittagessen ihrer Mitarbeiter:innen also mit 6,67 Euro<br />
bezuschussen und ihren Angestellten somit direkt mehr<br />
Netto vom Brutto bieten.<br />
Beschäftigte haben in der Regel keinen Anspruch auf<br />
diesen Zuschuss. Sollten sich alle Beteiligten aber darauf<br />
verständigen, muss das in einer vertraglichen Zusatzvereinbarung<br />
ergänzt werden. Arbeitgeber:innen müssen<br />
zudem nachweisen, dass der Essenszuschuss nur an<br />
tatsächlichen Arbeitstagen gewährt wird. Das kann umgangen<br />
werden, wenn pro Monat maximal an 15 Tagen<br />
ein Zuschuss gewährt wird. Unter bestimmten Umständen<br />
kann auch der Pflichtanteil steuerfrei werden. Dafür müssen<br />
die Mitarbeiter:innen selbst einen Anteil am Essen<br />
übernehmen, das Essen also mehr als 6,67 Euro kosten.<br />
Dieser Mehrbetrag mindert dann den zu versteuernden<br />
Pflichtanteil. Ab einem Belegwert von 10,24 Euro ist der<br />
komplette Essenszuschuss für den Arbeitgeber steuerfrei.<br />
Möglich ist das aktuell jedoch nur, wenn die Essenszuschüsse<br />
nicht im Vorfeld vom Arbeitgeber bezahlt werden.<br />
Darüber hinaus gibt es weitere Regeln, die beachtet werden<br />
müssen: Bei Dienstreisen zum Beispiel kann kein Essenszuschuss<br />
bezahlt werden, weil ein Anspruch auf Spesen<br />
besteht. Zudem kann pro tatsächlichem Arbeitstag nur<br />
eine Mahlzeit bezuschusst werden, also Mittagessen oder<br />
Frühstück, nicht beides. Ein Vorteil ist allerdings, dass die<br />
Regelung auch für Mitarbeiter:innen im Homeoffice gilt. —<br />
Wie kann ich selbst<br />
Absetzungen vermeiden?<br />
Dieser Frage<br />
ine<br />
gehen<br />
der häufigsten<br />
wir in unserem<br />
fokalen<br />
aktuellen<br />
Dystonien<br />
Wissenswert-Beitrag ist die zervikale nach und Dystonie geben (ZD). Ihnen Dabei zehn<br />
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Fehlhaltung<br />
durch die Kostenträger des Kopfes, vorzubeugen:<br />
bedingt durch unwillkürliche<br />
Muskelspannungen der Hals-<br />
optica.de/absetzungen-vermeiden<br />
und Nackenmuskeln. Im weiteren<br />
Verlauf entstehen Schmerzen durch<br />
Mediathek: Ihr Start in die TI –<br />
die partielle oder permanente Anspannung<br />
und Optica der entsprechenden informieren Mus-<br />
die gematik<br />
Sie haben unser<br />
kulatur.<br />
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ZDs sind<br />
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idiopathisch<br />
und bestehen in der Regel<br />
der gematik<br />
verpasst oder möchten sich die Veranstaltung noch<br />
einmal ansehen? In unserer Mediathek finden Sie eine<br />
lebenslang.<br />
Aufzeichnung der Veranstaltung, die Sie sich jederzeit<br />
(noch einmal) anschauen können:<br />
optica.de/ti-webinar<br />
Physiotherapie<br />
als Ergänzung<br />
Webinar: Aus Inhaber:in wird Chef:in – Wie<br />
Die Therapie der Wahl ist eine selektive<br />
periphere richtig Denervierung führt der<br />
man Mitarbeiter:innen<br />
Unser Webinar betroffenen bietet Ihnen Muskeln Einblicke mittels in Gehaltsfindung,<br />
lokaler<br />
soziale Bonusleistungen,<br />
Injektion von<br />
mentale<br />
Botulinum-Neurotoxin<br />
(BoNT). Bisher konnte studien-<br />
Herausforderungen<br />
und Kommunikation mit Angestellten. Daniel Woyke<br />
(MyPhysioClub) und Angelika Mettlach (Optica) geben<br />
basiert keine eindeutige Empfehlungen<br />
für die physiotherapeutische<br />
Ihnen am 17. August <strong>2022</strong> von 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr<br />
praxisnahe Hinweise, wie Sie den Sprung von Inhaber:in<br />
zu Chef:in erfolgreich meistern. Dabei haben Sie<br />
Behandlung der ZD ableitet werden.<br />
auch die Gelegenheit, Ein Vergleich individuelle der bisherigen Fragen Studien zu stellen.<br />
Melden Sie sich untereinander gleich an: ist bit.ly/3R4thbA<br />
überdies durch unterschiedliche<br />
physiotherapeutische<br />
Behandlungen und die Bestimmung<br />
unterschiedlicher Zielparameter<br />
erschwert. Dennoch hebt die S1-<br />
Fragen zur Abrechnung?<br />
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18 ZUKUNFT PRAXIS THEMA<br />
ZUKUNFT PRAXIS SERVICE 19
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