Junia 5/2022
Junia ist das Mitgliedermagazin des kfd-Bundesverbandes. Mehr unter: www.junia-magazin.de
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SEPT./OKT. <strong>2022</strong><br />
Mitgliedermagazin der kfd –<br />
Katholische Frauengemeinschaft<br />
Deutschlands<br />
FRAU UND MUTTER HAT JETZT EINEN NAMEN –<br />
WIR<br />
MÜSSEN<br />
jetzt<br />
DIE WELT<br />
RETTEN<br />
UNSER GRÜNER PLANET IM BLICK<br />
DIE KRISE IST JETZT<br />
Luisa Neubauer über<br />
Klima und Kirche<br />
GLAUBE VEREINT<br />
Neues aus dem Verband von der<br />
kfd-Bundesversammlung<br />
1.200 KILOMETER<br />
Mit Geige und Fahrrad für<br />
Frauen in der Kirche
DIE LANDFLÄCHE (= 100 %) IST AUFGETEILT AUF SIEBEN KONTINENTE:<br />
Asien (29,68 %) Afrika (20,26 %) Nord- und Mittelamerika (16,64 %), Südamerika (11,9 %), Antarktis (8,82 %), Europa (7,02 %) Australien & Ozeanien (5,68 %)<br />
Erdumfang<br />
Äquatormessung – 40.075,017 km<br />
Polmessung – 40.007,863 km<br />
Radius (Strecke Erdoberfläche<br />
bis zum Erdkern) – 6.371 km<br />
Durchmesser – 12.756 km<br />
Das ist die Entfernung, wenn<br />
man ein Loch durch die Erde vom<br />
Nordpol zum Südpol graben würde.<br />
Bis zum Mittelpunkt –<br />
6.000 Kilometer; die weltweit<br />
tiefste Bohrung geht aber nur bis<br />
12 Kilometer Tiefe.<br />
Drehung<br />
Die Erde braucht 23 Stunden,<br />
56 Minuten und 4,1 Sekunden,<br />
um sich einmal um sich selbst<br />
zu drehen.<br />
Gewicht<br />
Die Erde wiegt 5,975 Trilliarden<br />
Tonnen, 81 Mal mehr als der Mond.<br />
DRAUF<br />
DRIN<br />
Eisen (32,1 %), Sauerstoff (30,1 %),<br />
Silizium (15,1 %), Magnesium (13,9<br />
%), Schwefel (2,9 %), Nickel (1,8 %),<br />
Calcium (1,5 %) und Aluminium<br />
(1,4 %). Die restlichen 1,2 % teilen<br />
sich Spuren von anderen Elementen<br />
(Wikipedia).<br />
(Quelle: wasistwas?)<br />
KEINE PERFEKTE KUGEL<br />
„Das Leben auf diesem<br />
Planeten ist zwar teuer,<br />
aber im Preis enthalten ist<br />
immerhin ein jährlicher<br />
Rundflug um die Sonne.“<br />
Zitat aus „Taschenhirn.de“<br />
Markus 13,31<br />
Himmel und Erde<br />
werden vergehen; meine<br />
Worte aber werden<br />
nicht vergehen.<br />
Landwirtschaft genutzt<br />
48,8 Mio. km²<br />
(ca. 33 % der Landfläche)<br />
Waldfläche<br />
40,2 Mio. km²<br />
(ca. 27 % der Landfläche<br />
Aufteilung der Landfläche<br />
30 % Grasland (Steppe)<br />
20 % Wüste<br />
17 % Nadelwald<br />
6 % Laubwald<br />
6 % Regenwald<br />
5 % Tundra (baumfreie<br />
Landschaft mit Moosen,<br />
Frostboden)<br />
16 % andere (Siedlungsflächen,<br />
Straßen,<br />
Feuchtgebiete<br />
etc.)<br />
Erde<br />
510.100.000 km2 Gesamt f läche<br />
die (f.)<br />
22.<br />
April<br />
Tag der Erde<br />
(wird seit 1990<br />
gefeiert)<br />
Besonders<br />
fruchtbar<br />
Terra<br />
Preta<br />
die schwarze<br />
Wundererde<br />
der Indios<br />
bestellen, umgraben, aufbereiten, aufforsten, einebnen, abtragen, aufschütten, anfüllen, auflockern … retten ?<br />
1 Mose 1,1<br />
Am Anfang schuf Gott<br />
Himmel und Erde<br />
EARTH<br />
SONG<br />
1995<br />
Michael Jackson<br />
über das<br />
zerstörerische<br />
und rücksichtslose<br />
Handeln<br />
der Menschen<br />
gegenüber<br />
der Natur.<br />
Erdarten<br />
Sand, Lehm, Ton,<br />
Humus, Schluff,<br />
Löss, Kies<br />
Literarisch<br />
Der Erdenkreis<br />
ist mir genug<br />
bekannt. Nach<br />
drüben ist die<br />
Aussicht uns<br />
verrannt.<br />
… sich erden.<br />
(Verb, refl.)<br />
Goethe, Faust II<br />
beruhigen,<br />
runterkommen, auf den Boden<br />
der Tatsachen holen<br />
Wir sind alle<br />
Erdenbürger*innen<br />
IN GÖTTLICHER<br />
NACHBARSCHAFT<br />
MERKUR – VENUS – ERDE<br />
MARS – JUPITER – SATURN<br />
URANUS – NEPTUN<br />
Die Erde ist der einzige Planet,<br />
dessen Name nicht auf griechische<br />
oder römische Götter zurückgeht.<br />
Man vermutet, dass der deutsche<br />
Begriff „Erde” seinen Ursprung im<br />
germanischen „Erda“ hat, was<br />
Erde oder Grund bedeutet.<br />
Vgl. Spanisch: tierra, Italienisch:<br />
terra, Französisch: terre – meint<br />
ebenso Boden, Grund<br />
Zusammengetragen von Jutta Laege, lllustration: Christina Claßen<br />
MUTTERSPRACHE
Editorial<br />
Für unsere<br />
Übernächsten<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
lieben Sie Ihre Übernächsten? Moment mal – Nächstenliebe,<br />
klar, aber die Übernächsten? Wer soll das sein?<br />
„Übernächstenliebe“, dieses Wort hat der Arzt, Kabarettist<br />
und Moderator Eckart von Hirschhausen jüngst beim Katholikentag<br />
gebraucht. Und es symbolisiert auf ganz eindrückliche<br />
Weise, mit welcher Einstellung wir vielleicht<br />
auf unsere Erde, auf Gottes Schöpfung, auf die Klimakrise<br />
schauen sollten: Denn Übernächstenliebe bedeutet, nicht<br />
nur an uns, an unsere Kinder und Enkel zu denken, sondern<br />
an alle, die in kommenden Generationen nachfolgen<br />
werden. Sollen sie nicht auch noch den Specht im Wald<br />
klopfen hören, die Vögel im Garten zwitschern, sollen sie<br />
nicht wie wir erfahren, wie aus einem kleinen, im Balkontopf<br />
gepflanzten Samen eine Tomatenpflanze wird? Sollen<br />
sie nicht unseren grünen Planeten genießen dürfen, so,<br />
wie wir Gottes Schöpfung genießen können?<br />
Wenn wir den Klimawandel jetzt nicht stoppen, wird<br />
daraus nichts. Schon heute erlebt ein 2020 geborenes<br />
Kind in seinem Leben dreimal so viele Ernteausfälle, siebenmal<br />
so viele Hitzewellen und dreimal so viele Überflutungen<br />
wie jemand, der 1960 geboren wurde (Quelle:<br />
Quarks/WDR). Oder, wie es Luisa Neubauer, deutsches<br />
Gesicht von „Fridays for Future“, im Interview mit <strong>Junia</strong><br />
drastischer ausdrückt: „Unsere Lebensgrundlage, die<br />
Schöpfung, wird gerade geschreddert“ (S. 8). In Sachen<br />
Klimawandel sollten wir uns nicht im Klein-Klein verlieren:<br />
Kohlekraftwerke müssen abgeschaltet werden, Autos<br />
elektrisch fahren. Luisa Neubauer ruft uns kfd-Frauen auf,<br />
laut zu sein für den Klimaschutz. Gemeinsam können wir<br />
vieles schaffen. „Ich muss noch kurz die Welt retten“ heißt<br />
es in einem bekannten Song. Das muss aber niemand allein.<br />
Wir sind viele.<br />
Und deshalb wollen wir<br />
in dieser <strong>Junia</strong> auch Hoffnung<br />
machen: Denn vieles wurde<br />
in Sachen Klimaschutz schon<br />
geschafft! Lesen Sie auf Seite<br />
11 „Gute Nachrichten rund<br />
ums Klima“. Zum Beispiel von<br />
einer Mangrove in Brasilien, in<br />
die das Leben zurückgekehrt<br />
ist. Und auch unsere Kulturseite<br />
„Damenwahl“ gib in diesem<br />
Heft inspirierende Buch- und<br />
Museumstipps rund um Klimaund<br />
Naturschutz.<br />
Wie viel eine engagierte Frauengemeinschaft zu leisten<br />
imstande ist, zeigen auch die Preisträgerinnen des<br />
„Mutmachpreises“ der Marianne Dirks Stiftung. Drei kfd-<br />
Gruppen wurden stellvertretend für tolle, innovative Angebote<br />
ausgezeichnet, über die auch neue Frauen für die<br />
Gemeinschaft gewonnen werden können (S. 17).<br />
Nun lesen Sie meinen Namen an dieser Stelle zum ersten<br />
Mal – als Redakteurin begleite ich die <strong>Junia</strong> seit vier<br />
Jahren. In Zukunft schreibe ich hier im Wechsel mit der<br />
neuen Chefredakteurin, Friederike Frücht, die das Redaktionsteam<br />
dann wieder komplett macht. Etwas mehr über<br />
mich erfahren Sie übrigens in unserer neuen Kolumne<br />
„Meine Tochter, die Kirche und ich“, in der es darum gehen<br />
wird, wie eine katholische Familie in diesen Zeiten<br />
mit der Kirche ringt und ihren Glauben bewahren kann<br />
(S. 25).<br />
Ich wünsche Ihnen viel Freude und Inspiration mit<br />
dieser <strong>Junia</strong>.<br />
Ihre Isabelle De Bortoli<br />
Stellv. Chefredakteurin<br />
Folgen Sie uns<br />
Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands
Inhalt<br />
05/22<br />
08<br />
FRAUENFRAGEN<br />
DIE SCHÖPFUNG<br />
WIRD<br />
GESCHREDDERT<br />
12<br />
AKTUELL<br />
ZUSAMMENHALT IN<br />
STÜRMISCHEN ZEITEN<br />
Was es für eine gute Zukunft der kfd<br />
braucht, darum ging es in vielen<br />
Diskussionen und Abstimmungen auf<br />
der kfd-Bundesversammlung<br />
Interview: Die Klimakrise können wir nur<br />
gemeinsam bewältigen, sagt Luisa Neubauer,<br />
Protestantin und deutsches Gesicht der<br />
Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“<br />
10 – Übernächstenliebe als Ausweg:<br />
Eckart von Hirschhausen sieht die<br />
Klimakrise als große Gesundheitsgefahr<br />
11 – Von Uhus und Mangroven:<br />
Gute Nachrichten für unsere Erde<br />
06 – MAMA MIA!<br />
Mit dem Ehrenamt etwas verändern.<br />
Preis für engagierte über-80-Jährige.<br />
Wie Sorgearbeit aufgewertet werden<br />
könnte.<br />
15 – Glaube vereint. Gemeinschaft<br />
bewegt. Die neue digitale<br />
Kampagne der kfd.<br />
16 – ZIEMLICH BESTE FRAUEN<br />
DIESE FRAUEN MACHEN MUT<br />
Der Mutmachpreis der Marianne<br />
Dirks Stiftung geht an drei tolle<br />
Ideen aus kfd-Gruppen<br />
18 – Drei Fragen zur<br />
Marianne Dirks Stiftung<br />
4
19 – GEISTLICHER IMPULS<br />
ERNTEDANK<br />
22 – MUTTER ERDE<br />
DIE HÜTER DER NATUR<br />
In Uganda soll in großem Stil Öl<br />
gefördert werden – in einem<br />
hochsensiblen Ökosystem<br />
25 – NEUE KOLUMNE:<br />
MEINE TOCHTER, DIE<br />
KIRCHE UND ICH<br />
WIR HABEN EIN<br />
KOMMUNIONKIND<br />
26 – GENERATION K<br />
MIT FAHRRAD UND GEIGE<br />
FÜR FRAUEN IN DER KIRCHE<br />
Violinistin Franziska Strohmayr<br />
radelte von Augsburg nach Rom<br />
26<br />
28 – GOTTESLOB<br />
BY THE RIVERS OF<br />
BABYLON<br />
Ein Psalm macht Pop-Karriere:<br />
Lieder der Klage und Befreiung<br />
30 – RÄTSEL<br />
31 – MADAME X<br />
& MS Y<br />
32 – DAMENWAHL<br />
WAS FRAUEN LESEN,<br />
HÖREN, SCHAUEN ...<br />
Buch-, Ausstellungs- und<br />
TV-Tipps rund um Klimaschutz<br />
und unseren grünen Planeten<br />
34 – FRAUENORTE<br />
REISEN DURCHS<br />
kfd-LAND<br />
Besondere Orte in den<br />
Regionen der kfd-<br />
Diözesanverbände<br />
11. Folge: DV Essen<br />
36 – OMAS BESTE<br />
GUT BEHÜTET<br />
Rezepte und Tipps zur Herbstzeit<br />
38 – POST<br />
VORSCHAU<br />
IMPRESSUM<br />
Dieser <strong>Junia</strong> ist in den<br />
Diözesanverbänden<br />
Speyer und München-<br />
Freising sowie im<br />
Landesverband Oldenburg<br />
die Beilage „nah dran“<br />
beigefügt.<br />
TICKER<br />
AN DER<br />
AKTIONSWOCHE<br />
TEILNEHMEN<br />
UND GEWINNEN<br />
Unter dem Motto „Eine Reise<br />
zur kfd“ läuft vom 26. September<br />
bis 2. Oktober die kfd-Aktionswoche.<br />
Es geht darum,<br />
Frauen für die kfd zu begeistern<br />
und sie mit auf eine Reise durch<br />
die vielfältige Themenwelt der<br />
kfd zu nehmen. Die Reise kann<br />
beispielsweise zu einem Gesprächsnachmittag<br />
zum Thema<br />
„Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern in der Kirche“ gehen<br />
oder zu dem Workshop „Ich<br />
schreibe meine eigene Predigt“.<br />
Auch das Thema „Schöpfung<br />
und Klimaschutz“ steht im Reiseführer,<br />
genauso wie „Frieden<br />
und Menschenrechte“ oder<br />
„Frauenleben sind vielfältig“.<br />
kfd-Gruppen, die noch teilnehmen<br />
möchten, finden Materialien<br />
und viele Ideen unter<br />
www.kfd.de/aktionswoche<br />
Übrigens: Im Anschluss an die<br />
Aktionswoche können kfd-<br />
Gruppen und ihre neu gewonnenen<br />
Mitglieder Reisereportagen<br />
an die <strong>Junia</strong>-Redaktion<br />
(junia@junia-magazin.de)<br />
schicken. Die spannendste<br />
Reportage hat die Chance, veröffentlicht<br />
zu werden und eine<br />
kleine Überraschung<br />
zu gewinnen.<br />
5
DIE<br />
Schöpfung<br />
WIRD<br />
GESCHREDDERT<br />
Luisa Neubauer ist das bekannteste<br />
Gesicht von „Fridays for Future“ in<br />
Deutschland und kämpft an vielen Fronten<br />
für die Bewältigung der Klimakrise.<br />
Im Interview sagt die 26 Jahre alte<br />
Hamburgerin, dass es in Sachen<br />
Klimagerechtigkeit auf jede und jeden<br />
ankommt. Und auch darauf, laut zu sein<br />
und laut zu bleiben.<br />
VON MILENA FURMAN UND BARBARA STÖCKMANN<br />
<strong>Junia</strong>: Frau Neubauer, wie steht es um unsere Erde, um die<br />
Schöpfung?<br />
Luisa Neubauer: Wir müssen nicht drum herumreden: Das muss<br />
sich ändern hier! Unsere Lebensgrundlage, die Schöpfung, wird gerade<br />
nicht gewahrt, sie wird geschreddert. Unter anderem von den reichsten<br />
Staaten der Welt, von den reichsten Industrien. Wenn es einen großen<br />
christlichen Auftrag gibt, dann ist es, da genau hinzugucken. Es ist zu<br />
überlegen: Sind wir gerade ein Teil vom Problem oder sind wir Teil der<br />
Lösung? Und wie positionieren wir uns dazu als Kirche, aber auch als<br />
Mitglieder, als Beteiligte, als Gemeinden? Da gibt es richtig viel zu tun,<br />
wenn wir in ein paar Jahrzehnten noch von irgendetwas „Schöpfungsartigem“<br />
leben wollen. Dafür müssen wir uns eben aus unserer Komfortzone<br />
herausbewegen. Wir dürfen uns nicht einbilden, dass es reicht,<br />
einmal laut zu werden, sondern es geht darum, laut zu bleiben.<br />
Wenn es ums Klima geht, gibt es Personen, die sagen: „Was<br />
kann ich schon bewirken?“ Was erwidern Sie diesen Menschen?<br />
Ich sage: Stell Dir mal vor, ich hätte vor vier Jahren auf diese Frage gesagt:<br />
„Ach ja, stimmt, nichts.“ Und das hätten dann vielleicht auch noch<br />
50 andere junge Menschen von Fridays for Future gesagt. Dann hätte es<br />
die Bewegung in Deutschland nicht gegeben. Es ist ja auch eine bequeme<br />
Art zu sagen: „Mein Leben ist nicht so bedeutsam. Ich bin der Welt egal,<br />
dann kann mir die Welt auch egal sein.“ Aber was für eine Haltung ist<br />
das denn? Was für eine Lebenseinstellung? Was machen wir uns denn da<br />
noch vor? Warum machen wir das Ganze denn?<br />
8<br />
FRAUENFRAGEN
FRAUENFRAGEN<br />
Was kann die Kirche in Sachen Klimaschutz unternehmen?<br />
Bis heute profitiert auch die katholische Kirche massiv von Kohle und<br />
Gasinvestitionen, die Kapitalanlagen der Kirche sind ganz massiv in fossilen<br />
Industrien verwickelt. Mittlerweile, und das ist ganz wichtig, hat zum<br />
Beispiel der Vatikan gesagt, sie wollen aus diesen Bereichen austreten. Es<br />
ist also möglich, da was zu verändern.<br />
Gleichzeitig sind die kirchlichen Gemeinden Orte der Hoffnung. In<br />
diesen Zeiten überschlägt sich alles, nach jeder Krise kommt direkt die<br />
nächste und man denkt: Was denn noch? Wir brauchen so dringend Orte<br />
der Hoffnung, der Wärme, des Zusammenkommens, des Innehaltens, in<br />
denen Kraft geschöpft wird, in denen wir uns in die Augen gucken, in der<br />
wir uns zusammen gut verstehen. Und wenn sie das wollen, und bin ich<br />
mir da ganz sicher, können Kirchen diese Orte sein.<br />
Luisa Neubauer wird von vielen die „deutsche<br />
Greta“ genannt, bezogen auf die Schwedin Greta<br />
Thunberg, Initiatorin der Klimaschutz-Bewegung<br />
„Fridays For Future“ (Foto unten). Ende Mai war<br />
Neubauer auf dem Katholikentag zu Gast im kfd-<br />
Zelt (oben). Geboren wurde die Protestantin am<br />
21. April 1996 in Hamburg als jüngstes von vier<br />
Geschwistern. Sie studiert heute an der Uni<br />
Göttingen. Mehr unter www.fridaysforfuture.de<br />
Sie diskutieren mit hochrangigen Politikern und Wirtschaftsbossen<br />
über Klima, Naturschutz und Kohleausstieg. Dabei finden Sie<br />
deutliche Worte. Woher nehmen Sie die Stärke, mit der Sie sich für<br />
den Klimaschutz einsetzen?<br />
Ich weiß, dass ich die besseren Argumente habe. Die eine Sache ist<br />
die, das wissen wir Frauen doch: Uns lädt niemand ein und sagt „Hier<br />
haben wir dir einen Stuhl vorbereitet, ist schon angewärmt, mach es Dir<br />
gemütlich, und hier ist die Hälfte der Macht.“ Quatsch! Das haben wir gelernt,<br />
so läuft das nicht. Also hören wir auf zu warten. Das Interessante ist<br />
ja, dass alle komplett überrumpelt sind, weil wir eine Meinung haben und<br />
dafür einstehen, gerade stehen und aufstehen und auch mal laut werden,<br />
wenn es sein muss. Und dass wir oft viel klüger, intelligenter und charmanter<br />
argumentieren, als man es uns wünschen würde. Ich habe ganz<br />
viel von diesem „Lautwerden“ und von diesem Nachhaken von meiner<br />
Großmutter gelernt. Und die hat das nicht gemacht, weil sie dachte, jetzt<br />
begeistere ich mal meine Enkeltochter, sondern weil es richtig war. Das<br />
färbt ab, das eigene Umfeld prägt einen.<br />
Die kfd ist der größte katholische Frauenverband. Was meinen<br />
Sie, können wir gemeinsam bewirken?<br />
Ihr seid ganz schön viele. Und Ihr seid auch gefragt. Das ist die Sache:<br />
Klimaschutz ist nicht ein interessantes Hobby. Klimagerechtigkeit ist nicht<br />
das Thema von einigen, es geht uns alle was an, ob wir das wollen oder<br />
nicht. Und wir sind alle gefragt, ob wir das wollen oder nicht. Es ist Zeit,<br />
sich zu positionieren. Geht zum Klimastreik, ruft in den Gemeinden dazu<br />
auf, organisiert Euch. Ermahnt oder appelliert an die anderen, inspiriert,<br />
lebt das vor.<br />
Wir jungen Menschen werden das nicht allein hinkriegen. Wir sind<br />
auf Euch alle angewiesen. Und wir sind darauf angewiesen, dass Ihr mitkommt,<br />
dass Ihr auch Euren Teil dazu beitragt. Es ist das schönste Gefühl<br />
zu wissen: Man war da, als man gebraucht wurde. Man hat verstanden,<br />
dass wir alle Verantwortung haben. Das ist in meinen Augen noch größer<br />
als das Klima. Es ist eine Existenzfrage, mit welcher Haltung wir diesen<br />
Zeiten entgegenstehen. Und da gibt es ganz, ganz viel zu tun für alle.<br />
In diesem Sinne, Ihr seid alle ganz herzlich eingeladen, Ihr seid aufgerufen:<br />
Kommt mit! Im September ist wieder großer Klimastreik, Ihr seid<br />
gebraucht. Geht dahin. Zeigt, dass Ihr am Start seid, unterstützt diese<br />
gemeinsame Sache von uns allen. Am Ende des Tages auch für die Schöpfung.<br />
FRAUENFRAGEN<br />
9
Übernächstenliebe<br />
als Ausweg?<br />
Der Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen sprach<br />
beim Katholikentag zum Klimawandel. Die Klimakrise ist für<br />
ihn die größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert.<br />
Vier zentrale Kenngrößen für den Klimawandel haben im vergangenen Jahr<br />
neue Rekordwerte erreicht, so der Klimabericht der Weltorganisation für Meteorologie<br />
(WMO). Demnach waren die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre,<br />
der Anstieg der Meeresspiegel sowie Temperatur und Versauerung der<br />
Weltmeere höher als jemals seit Beginn der Aufzeichnungen. Die letzten sieben Jahre<br />
bilden mit ihren Durchschnittstemperaturen die wärmste Periode der Menschheitsgeschichte.<br />
Gerade die steigenden Temperaturen machen uns krank, so Arzt und Moderator<br />
Eckart von Hirschhausen. Weil das Belüftungssystem der Erde aus dem Tritt gekommen<br />
ist, steigen die Temperaturen an, Extremwetter wird häufiger. Weder die Umwelt<br />
noch wir Menschen sind für extreme Temperaturen geschaffen. Der Körper<br />
reagiert auf Hitze mit Unwohlsein, Kreislaufbeschwerden bis hin zu Herzinfarkt,<br />
mit Durst, Konzentrationsschwierigkeiten, impulsivem Verhalten, es besteht erhöhte<br />
Unfallgefahr und sogar erhöhte Suizidgefahr. Hirschhausen sieht die Klimakrise<br />
als die größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts und engagiert sich mit seiner<br />
Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“, um Klimaschutz als Gesundheitsschutz<br />
in der Fachwelt, Gesellschaft und Politik zu verankern und aktiv zur Lösung<br />
der Probleme beizutragen (https://stiftung-gegm.de).<br />
Auf dem Katholikentag in Stuttgart sprach Eckart von Hirschhausen zu diesem<br />
Thema. Er sieht für Christen/Christinnen eine besondere Chance und auch Verpflichtung,<br />
das Klima zu schützen und für mehr Gerechtigkeit weltweit zu sorgen.<br />
„Sie haben in ihrer DNA ein weniger materialistisches Weltbild, sind weltweit vernetzt<br />
und tragen im Kern die Idee der Nächstenliebe in sich“, sagte der Arzt und<br />
Moderator.<br />
Übernächstenliebe – dieses Wort hat Eckart von Hirschhausen neu erfunden:<br />
Wenn der Kern des Christentums Nächstenliebe sei, dann müsse diese räumlich<br />
und zeitlich ausgeweitet werden, wenn es um den Klimawandel gehe. Eine „Übernächstenliebe“<br />
sorge sich um zukünftige Generationen, die den Klimawandel noch<br />
stärker spüren würden als bisher, und um Menschen, die in anderen Ländern lebten,<br />
aber bereits jetzt an den Folgen der Erderwärmung zu leiden hätten, so der<br />
Gründer der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“. Und das, obwohl sie<br />
in der Regel am wenigsten dazu beigetragen hätten.<br />
Hirschhausen kritisierte außerdem den hohen Fleischkonsum, der besonders<br />
schädliche Auswirkungen auf das Weltklima habe: „Wir können Ressourcen nicht<br />
weiter so verschwenden wie bisher“, so Hirschhausen. Er verwies auf aktuelle Hungerkrisen,<br />
die sich infolge des Kriegs in der Ukraine dramatisch zu verschärfen drohten.<br />
„Wir bekommen auch zehn Milliarden Menschen auf der Welt satt, aber nicht,<br />
wenn wir weiter so viel Fleisch essen.“ Denn es sei durch nichts zu rechtfertigen,<br />
weiterhin 60 Prozent des in Deutschland angebauten Getreides als Tierfutter zu<br />
verwenden. Hirschhausen forderte einen bewussten Konsum. „Ich fordere niemanden<br />
auf, Vegetarier zu werden. Aber wir müssen weniger Fleisch essen und auch<br />
viel stärker das Tierwohl beachten.“ debo/mit kna und epd<br />
Gute<br />
NACH<br />
FÜR UNSERE<br />
Schlechte<br />
Nachrichten rund<br />
ums Klima gibt es<br />
täglich. Deshalb<br />
hat die „<strong>Junia</strong>“-<br />
Redaktion nach<br />
frohen Botschaften<br />
gesucht.<br />
+++ DER UHU IST ZURÜCK<br />
In den 1970er-Jahren galt der Uhu in Nordrhein-Westfalen<br />
als praktisch ausgestorben.<br />
Durch Züchten und Freilassen brüten nun<br />
allein in der Eifel wieder etwa 170 Paare.<br />
Einige kann man per Live-Cam beobachten.<br />
uhu.webcam.pixtura.de<br />
+++ WELTPLASTIKVERTRAG KOMMT<br />
Historischer Durchbruch für die Kampagne<br />
„Break free from Plastic“: Die UN-Umweltversammlung<br />
hat ein globales Abkommen<br />
zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung<br />
auf den Weg gebracht. Der verbindliche<br />
Vertrag, vergleichbar mit dem Pariser Klimaabkommen,<br />
soll spätestens Ende 2024 in<br />
Kraft treten. Noch immer werden weltweit<br />
mehr als 450 Millionen Tonnen Kunststoffe<br />
produziert, nur zehn Prozent werden recycelt.<br />
Schätzungsweise elf Millionen Tonnen<br />
gelangen jedes Jahr in die Ozeane.<br />
10<br />
FRAUENFRAGEN
RICHTEN<br />
ERDE<br />
+++ BÄUME AUS DEM ALL SEHEN<br />
Wissenschaftler haben die erste frei zugängliche satellitengestützte<br />
Baumartenkarte Deutschlands vorgestellt.<br />
Sie zeigt anhand von Aufnahmen aus dem All, wie die<br />
häufigsten Baumarten verteilt sind. Die neue Karte ist für<br />
die Zukunft des Waldes von großer Bedeutung. Nur mit<br />
genauer Kenntnis der Baumartenverteilung können an<br />
den Klimawandel angepasste Maßnahmen für den Naturschutz<br />
und das Waldmanagement entwickelt werden.<br />
„Der weltweit geforderte Schutz von Naturwäldern und<br />
eine Klimawandel-angepasste Behandlung der Wälder<br />
hängt auch von einem deutlich verbesserten Zugang zu<br />
Waldinformationen ab“, erläuterte Torsten Welle von der<br />
Naturwald Akademie.<br />
+++ MOORE WERDEN ERHALTEN<br />
Mit einem 25-Millionen-Euro-Fonds sollen in den nächsten<br />
fünf Jahren Moore in Deutschland erhalten und<br />
wiedervernässt werden. Initiator des Klimafonds ist der<br />
Naturschutzbund (Nabu), Hauptgeldgeber der Handelskonzern<br />
Rewe. Über Jahrhunderte hinweg seien Moore<br />
entwässert worden, um sie landwirtschaftlich zu nutzen.<br />
Das Problem: Bei normalen Witterungsbedingungen wird<br />
in einem entwässerten Moor innerhalb eines Jahres so<br />
viel CO 2<br />
freigesetzt, wie vorher in 50 bis 200 Jahren gebunden<br />
wurde. Die Minderung der CO 2<br />
-Emissionen durch<br />
Wiedervernässung kann also erheblich zum Klimaschutz<br />
beitragen. Außerdem sind Moore Lebensraum vieler Tierund<br />
Pflanzenarten.<br />
+++ KIEBITZE WIEDER ANSIEDELN<br />
Das Bundesland Baden-Württemberg will den vom Aussterben<br />
bedrohten und in Deutschland fast verschwundenen<br />
Kiebitz schützen und ihn wieder ansiedeln. Um<br />
das Überleben dieser Vogelart zu bewahren, kaufte das<br />
Bundesland 13 Hektar Naturfläche zum bestehenden<br />
Vogelschutzgebiet Schönbach im Ammertal dazu. Dort<br />
sollen Äcker für Kiebitze angelegt werden. Damit der Kiebitz<br />
dorthin zurückkehren kann, müssen die neu erworbenen<br />
Flächen feucht gemacht werden, denn dieser Vogel<br />
braucht feuchte Wiesen und Äcker als Lebensraum.<br />
+++ ISLAND BEENDET WALFANG<br />
Island will den umstrittenen Walfang 2024 beenden. Die<br />
Umweltschutzorganisation Greenpeace hat sich viele Jahre<br />
lang gegen den isländischen Walfang eingesetzt, gegen das<br />
Töten der Meeressäuger protestiert und die Bevölkerung<br />
immer wieder über die Notwendigkeit des Walschutzes aufgeklärt.<br />
+++ MANGROVE ZUM LEBEN ERWECKT<br />
25 Jahre lang setzte sich ein brasilianischer Biologe dafür<br />
ein, die zerstörte Natur- und Pflanzenwelt einer Mangrove<br />
wiederherzustellen. Mit Erfolg! Wo einst nur Müll lag,<br />
kommt jetzt das Leben zurück. Pflanzen und Böden nehmen<br />
jährlich weltweit ein Drittel der menschlichen CO 2<br />
-Emissionen<br />
auf. Um den Klimawandel nicht noch zusätzlich anzuheizen,<br />
ist es besonders wichtig, bestehende Ökosysteme,<br />
die große Mengen an CO 2<br />
speichern, zu schützen: ganz<br />
besonders Mangroven, Moore und alte Wälder. Mangroven<br />
filtern Wasser und bieten zahlreichen Arten Lebensraum.<br />
Außerdem speichern sie drei- bis fünfmal so viel Kohlenstoff<br />
wie Tropenwälder.<br />
+++ NORDSEE HAT WENIGER SCHADSTOFFE<br />
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)<br />
gab kürzlich bekannt, dass die Belastung durch Schadstoffe<br />
in der Nordsee zurückgegangen sei. Man spricht hier von<br />
einem Zeitraum von vier Jahrzehnten. Gründe dafür seien,<br />
laut der Behörde, das gesetzliche Verbot von Schadstoffen<br />
sowie die Überwachung der Einhaltung dieser Gesetze.<br />
Wissenschaftler des BSH, der Hochschule HAW Hamburg,<br />
des RWTH Aachen und des Helmholtz-Zentrums Hereon<br />
hatten für diese Studie 90 organische und anorganische<br />
Schadstoffe in den Sedimentkernen der Nordsee untersucht<br />
und bestimmt.
kfd-Bundesversammlung<br />
bedeutet immer: Tage<br />
gefüllt mit Diskussionen,<br />
Anträgen, Gottesdienst und<br />
natürlich Gemeinschaft.<br />
In diesem Jahr fand das<br />
Treffen vom 16. bis 18. Juni<br />
in Mainz statt. Das Ziel der<br />
gut 100 Delegierten war<br />
ganz klar: die Weichen für<br />
eine gute Zukunft der kfd<br />
zu stellen.<br />
Rund 100 Delegierte nahmen an der<br />
kfd-Bundesversammlung <strong>2022</strong> in Mainz teil.<br />
12<br />
Die Delegierten diskutierten auf der Bundesversammlung<br />
kfd AKTUELL<br />
über aktuelle Themen und die Zukunft der kfd.
kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil<br />
AKTUELL<br />
„Draußen ist so viel Sturm,<br />
so viel Wind, da müssen<br />
wir zusammenhalten!“<br />
Mechthild Heil<br />
Bundesversammlung <strong>2022</strong><br />
Die Freude, sich wiederzusehen, war bei allen groß.<br />
GEMEINSAM<br />
IN EINE GUTE<br />
ZUKUNFT<br />
VON ROMINA CAROLIN STORK<br />
E<br />
ndlich wieder ein Treffen im Erbacher Hof! Dieser Satz war bei der kfd-Bundesversammlung<br />
<strong>2022</strong> allgegenwärtig. Zwei Jahre lang musste die Zusammenkunft<br />
der Delegierten aller 20 Diözesanverbände und des Landesverbandes<br />
unter Corona-Auflagen in der größeren Rheingoldhalle in Mainz stattfinden.<br />
Nun sahen sich die Frauen und Männer im gewohnten Umfeld wieder.<br />
Auch die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil betonte bei ihrer Begrüßung,<br />
wie schön es sei, wieder im Erbacher Hof zu sein. „Der Saal sieht so anders aus“,<br />
sagte sie mit einem Augenzwinkern. Doch neben all der Freude schwor Heil die<br />
Delegierten auf weiterhin viel Arbeit ein. Nicht nur Corona, auch die allen bekannte<br />
Situation der katholischen Kirche gehe an der kfd nicht spurlos vorbei,<br />
denn auch viele Frauen fragen sich, ob sie überhaupt noch Teil der Kirche sein<br />
möchten oder können. Deswegen sei es umso wichtiger, die Anliegen des Verbandes<br />
gemeinsam zu bearbeiten und zu transportieren: „Draußen ist so viel Sturm,<br />
so viel Wind, da müssen wir zusammenhalten!“ Nur mit allen kfd-Frauen auf allen<br />
Ebenen schaffe der Verband es, weiterhin groß und sichtbar zu bleiben.<br />
DISKUSSIONEN UND AUSTAUSCH<br />
Doch was braucht es für eine gute Zukunft? Darum ging es in den vielen<br />
Diskussionen, Abstimmungen und Aussprachen. So wurde darum gerungen, die<br />
Geistlichen Ämter in der kfd einheitlich und geschlechtergerecht zu benennen.<br />
Je nach Verband heißen sie nämlich mal Geistliche Begleiterin und Präses, mal<br />
kfd AKTUELL<br />
13
AKTUELL<br />
Geistliche Leitung oder Geistliche Leiterin<br />
und Geistlicher Leiter, wie eine Studie der Uni<br />
Münster herausstellte. Der neue Vorschlag<br />
zur Satzungsänderung des Bundesverbandes,<br />
den eine Arbeitsgruppe erarbeitet hatte, lautet<br />
„Geistliche Leitung“ und wurde nach vielen<br />
Wortmeldungen und Abwägungen von der<br />
Bundesversammlung angenommen.<br />
Auch das Positionspapier „Frauenleben<br />
sind vielfältig“, mit dem die kfd erneut unterstreicht,<br />
dass jede Frau mit ihrer jeweiligen<br />
Lebenssituation willkommen ist, verabschiedete<br />
die Bundesversammlung mit großer<br />
Mehrheit, ebenso wie ein neues Positionspapier<br />
zum Thema Sterbehilfe.<br />
GOTTESDIENSTE, TALKS<br />
UND KULTUR<br />
Morgenimpulse und Gottesdienste, die<br />
einen spirituellen Ein- und Ausklang in die<br />
arbeitsintensiven Tage ermöglichten, begleiteten<br />
die kfd-Bundesversammlung. Einblicke<br />
in die Arbeit des Bistums Mainz – und natürlich<br />
vor allem zum Thema Frauen – gab<br />
der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, und die<br />
vier kfd-Delegierten auf dem Synodalen Weg,<br />
Agnes Wuckelt, Lucia Lagoda, Ulrike Göken-<br />
Huismann und Brigitte Vielhaus, berichteten<br />
über ihr Wirken beim deutschen Reformprozess.<br />
„Wir haben die Welt im Rücken und es<br />
ist schön zu wissen: Wir sind nicht alleine,<br />
Das Duo 2Flügel begeisterte mit einer<br />
Mischung aus Lesung und Konzert.<br />
Impulse und Gottesdienste<br />
begleiteten die Delegierten.<br />
14<br />
kfd AKTUELL<br />
wir werden auch gestärkt“, freute sich<br />
Lucia Lagoda.<br />
Für einen stimmungsvollen festlichen<br />
Abend sorgten Christina Brudereck<br />
und Ben Seipel alias 2Flügel: Mit einem<br />
Mix aus Lesung und Konzert über die<br />
goldenen 20er-Jahre brachten sie die<br />
Frauen und Männer zum Singen, Lachen<br />
und in-Erinnerung-Schwelgen.<br />
„Dieser Spirit, der hier in einer Bundesversammlung<br />
ist, muss auch in die<br />
Gruppen genommen werden“, bestärkte<br />
Mechthild Heil die Teilnehmer*innen<br />
der Bundesversammlung. Denn gemeinsam<br />
haben kfd-Frauen schon viel bewegt<br />
– und werden auch weiterhin mit viel<br />
Engagement und Einsatz für die Themen<br />
der kfd begeistern.<br />
POSITIONSPAPIER<br />
LESEN &<br />
DOWNLOADEN<br />
Zwei Positionspapiere<br />
wurden auf der Bundesversammlung<br />
verabschiedet:<br />
„Zwischen Recht auf<br />
Selbstbestimmung und<br />
Schutz des Lebens“ zum<br />
Thema assistierter Suizid<br />
sowie „Frauenleben sind<br />
vielfältig“ mit Positionen<br />
zu Sexualität und<br />
Beziehungen.<br />
Die Papiere können<br />
online eingesehen werden<br />
unter www.kfd.de
GLAUBE VEREINT<br />
Gemeinschaft<br />
BEWEGT<br />
Mit einer großen digitalen Kampagne möchte die kfd ihre<br />
Stärken in den Vordergrund stellen und neue Mitglieder<br />
gewinnen. Im Rahmen dessen wird auch das kfd-Logo von<br />
1982 weiterentwickelt.<br />
kfd-Frauen wissen: Zusammen bringen wir religiöse, gesellschaftliche wie politische<br />
Themen und Debatten voran. Wir bewegen und wir feiern Erfolge! Mit dieser Kraft<br />
möchte die kfd in Zukunft weitere Frauen überzeugen. Denn je größer der Verband,<br />
desto lauter seine starke Stimme für christliche Werte – und desto mehr kann bewegt<br />
werden. Dafür startet die kfd jetzt unter der Botschaft „Glaube vereint. Gemeinschaft bewegt.“<br />
eine groß angelegte digitale Kampagne zur Gewinnung neuer Mitglieder.<br />
Hinter der Kampagne steckt die Überzeugung: Unsere Gemeinschaft ist stark – und<br />
bietet gerade bei all den herausfordernden Entwicklungen in der Kirche und der Welt<br />
einen Ort der Sicherheit und Stabilität. Die Kampagne wird die kfd als den Ort präsentieren,<br />
an dem Frauen in Deutschland etwas bewegen können, von dem Veränderung ausgeht<br />
und an dem Frauen sich gegenseitig stärken,<br />
inspirieren und motivieren können – für mehr<br />
Gleichberechtigung in der Kirche, Geschlechtergerechtigkeit<br />
und der Bewahrung der Schöpfung.<br />
Kurzum: Die Kampagne stellt heraus, dass die kfd<br />
die Heimat der Christinnen in Deutschland ist.<br />
Die kfd lädt Frauen ein, ein aktiver Teil der Gemeinschaft zu werden. Mit innovativen<br />
Maßnahmen geht der Verband dabei ganz neue Wege: In einer Videoaktion erzählen<br />
kfd-Frauen ihre Geschichte, um andere zu inspirieren. Die kfd kooperiert mit Persönlichkeiten<br />
aus den sozialen Netzwerken, die ihre Themen und Werte vertreten. Und es wird<br />
ein Newsletter entwickelt, über den Interessierte die inhaltliche wie emotionale Identität<br />
der kfd kennenlernen können – und darüber einen Weg zu ihr finden.<br />
Im Rahmen der neu aufgestellten Kampagne wurde das kfd-Logo von 1982 weiterentwickelt.<br />
In reduzierterem Design hebt es ab Januar 2023 die kfd-Charaktereigenschaften<br />
Weiblichkeit, Harmonie, Zukunftsgewandtheit, Offenheit und Stärke hervor. Mit der<br />
Farbe Purpur – wohlbekannt vom Purpurkreuz – wird die kfd ihre Wiedererkennbarkeit<br />
stärken. red<br />
WIR<br />
GRATULIEREN:<br />
+++ kfd St. Laurentius<br />
und kfd St. Marien<br />
in Warendorf/DV<br />
Münster zum 125-<br />
jährigen Bestehen und<br />
zur Fusion der Gruppen<br />
+++ kfd Christkönig<br />
Ersingen/DV Freiburg:<br />
125 Jahre +++ kfd St.<br />
Anno Siegburg/DV<br />
Köln: 110 Jahren +++<br />
kfd St. Josef in Bestwig-<br />
Ostwig/DV Paderborn:<br />
101 Jahren +++ kfd<br />
St. Josef in Ahlen/DV<br />
Münster: 100 Jahren<br />
+++ kfd St. Rochus<br />
Overath-Heiligenhaus/<br />
DV Köln: 90 Jahre<br />
+++ kfd-Heilig-Geist<br />
Arnsberg-Hüsten/DV<br />
Paderborn: 75 Jahre<br />
+++ kfd St. Theresia in<br />
Essen Stadtwald/DV<br />
Essen: 70 Jahre +++ kfd<br />
Zum Heiligen Kreuz in<br />
Leverkusen/DV Köln:<br />
50 Jahre<br />
100 Geburtstag<br />
Elisabeth Pastau aus<br />
München/DV München-Freising,<br />
geboren<br />
am 07.07.1922 ist seit<br />
60 Jahren Mitglied in<br />
der kfd Christi Himmelfahrt<br />
in München-<br />
Waldtrudering<br />
Außerdem gratulieren<br />
wir Helga Heiermann<br />
und Elisabeth Küssner<br />
aus der kfd St. Barbara<br />
Byfang/DV Essen zu<br />
70 Jahren kfd-Mitgliedschaft.<br />
15
DIESE<br />
FRAUEN<br />
MACHEN<br />
Mut<br />
16
ZIEMLICH BESTE FRAUEN<br />
MUTMACHPREIS <strong>2022</strong><br />
Die Marianne Dirks Stiftung der kfd hat den „Mutmachpreis“ verliehen:<br />
Ausgezeichnet wurden drei innovative Projekte von kfd-Gruppen, die in der<br />
Corona-Zeit in besonderer Weise Kontakt mit Frauen gehalten haben,<br />
Aktionen und Angebote gemacht haben oder über mögliche digitale Formate<br />
die Kommunikation zu ihren Mitgliedern aufrechterhalten haben.<br />
„<strong>Junia</strong>“ stellt die Preisträgerinnen vor.<br />
VON ISABELLE DE BORTOLI<br />
1 2<br />
PLATZ<br />
Auf den Spuren<br />
(fast) vergessener<br />
Frauen<br />
Welche beeindruckenden Frauen haben in<br />
unserem Stadtteil gelebt, welche Arbeit haben sie<br />
im Verborgenen erbracht, was war ihr Lebenswerk?<br />
Mit diesen Fragen im Kopf haben die Frauen der kfd „Teresa von<br />
Avila“ aus Mannheim/DV Freiburg einen besonderen Pilgerinnenweg<br />
konzipiert: Friedhofsrundgänge auf den Spuren (fast) vergessener Frauen<br />
der Stadtteile Feudenheim und Wallstadt. Auf den parkähnlichen<br />
Friedhofsanlagen kann man auch in Pandemiezeiten spazieren und<br />
sich dabei an den betreffenden Gräbern an die bemerkenswerten Frauen<br />
der Stadtteile erinnern. „Sie sollen mit ihrem Einsatz und ihren<br />
Leistungen nicht im Verborgenen bleiben und in Vergessenheit geraten,<br />
sondern einen Namen und eine Stimme erhalten, damit sie im<br />
Bewusstsein und der Erinnerung der nachfolgenden Generation gegenwärtig<br />
bleiben“, sagt Marianne Rohde, Vorsitzende der kfd Teresa von<br />
Avila. Die Gruppe machte sich auf, Geschichten zu den Frauen hinter<br />
den Grabsteinen zu finden – und knüpfte dabei viele Kontakte, auch<br />
zu Menschen, die die kfd bis dahin nicht kannten.<br />
Es konnten zahlreiche (kfd-)Frauen zu einer Mitarbeit motiviert<br />
werden: Die inhaltliche Recherche und Aufbereitung der Texte entführte<br />
sie in eine andere Zeit, in der Frauen unter teils schwierigen<br />
Bedingungen viel Mut und Durchsetzungskraft bewiesen haben, ihre<br />
Träume gegen Widerstände zu verwirklichen und zu leben. Dies führte<br />
bei den teilnehmenden Frauen zur Bestätigung im eigenen Schaffen,<br />
einer Kraftquelle aus den charismatischen Vorbildern. „Wir haben uns<br />
gemeinsam mit diesen Lebensläufen und Lebensgeschichten auseinandergesetzt<br />
und schöpfen daraus den Mut und die Kraft, vor Ort weiter<br />
zu wirken, als Frauengemeinschaft zusammenzuwachsen und Spuren<br />
zu hinterlassen“, sagt Marianne Rohde. Und die Friedhofsrundgänge<br />
sind gefragt: „Wir waren überwältigt von dem Interesse an den Inhalten<br />
der Vorträge zu den Frauen, aber auch über das Interesse an<br />
einem Friedhofsrundgang, der sich vielen Teilnehmerinnen sonst nicht<br />
eröffnet“, zieht das Team der kfd Teresa von Avila Bilanz. Über dieses<br />
Projekt haben sich viele Frauen, die (noch) nicht kfd-Mitglied sind, der<br />
Gruppe zugewandt. Übrigens: Die Hälfte des Preisgeldes spendet die<br />
Gruppe an die Frauen im von der Flut betroffenen Ahrtal.<br />
PLATZ<br />
Pilgern auf dem Weg<br />
zur Nachhaltigkeit<br />
Die Stadt Lingen (DV Osnabrück) ist Fairtrade-Stadt – für diese<br />
Auszeichnung haben sich auch die kfd-Frauen der kfd St. Bonifatius<br />
Lingen engagiert. Und deshalb hatten sie die besondere Idee,<br />
einen nachhaltigen Pilgerinnenweg zu gestalten: Ausgestattet mit<br />
einem Pilgerbeutel (wiederverwendbares Gemüsenetz), steuerten<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Ideengeberinnen<br />
und Organisatorinnen Maria Niemann und Traute Pott unter anderem<br />
den Weltladen, einen Bio- und einen Unverpacktladen, die<br />
Photovoltaikanlage des Pfarrzentrums sowie eine Blühwiese an. An<br />
jeder Station gab es einen spirituellen Impuls aus „Laudato si“ und<br />
Fakten zum jeweiligen Thema, etwa zu Foodsharing, erneuerbaren<br />
Energien, Lebensmittelverschwendung oder Carsharing. Zum Abschluss<br />
gab es am Lingener Theaterpädagogischen Zentrum einen<br />
Austausch bei fairem Kaffee.<br />
Der Pilgerbeutel hatte sich unterwegs gefüllt mit dem kfd-Positionspapier<br />
,,nachhaltig und geschlechtergerecht“, dem kfd Pilgerleporello,<br />
einem Bioapfel, Fairtradeschokolade, Blumensamen,<br />
einem ,,fairen Einkaufschip“ und dem Text des deutschen Astronauten<br />
Alexander Gerst an seine Enkel. „Neu war die Zusammenarbeit<br />
der verschiedenen Akteure mit der kfd“, sagen Maria<br />
Niemann und Traute Pott. So seien neue Netzwerke entstanden –<br />
und viele Menschen auch außerhalb der kfd<br />
erreicht worden. „Wir sind erst durch<br />
die Begeisterung von Teilnehmenden<br />
darauf gekommen, uns mit unserem<br />
Pilgerweg für den Mutmachfrauen-<br />
Preis zu bewerben. Deshalb ist der<br />
Preis so wichtig: Er stärkt Frauen,<br />
die oft Arbeit leisten, die sie selbst<br />
nicht so wertschätzen.“ Nun hat sogar<br />
der Lingener Tourismusverband<br />
angefragt, den nachhaltigen Pilgerweg<br />
mit in sein Programm aufnehmen<br />
zu dürfen.<br />
ZIEMLICH BESTE FRAUEN 17
3 Fragen an Monika Mertens,<br />
Vorstandsvorsitzende der Marianne Dirks Stiftung<br />
3PLATZ<br />
Tanzen für<br />
Familien<br />
Aus der „<strong>Junia</strong>“ hat die kfd Sankt<br />
Severin Frechen (DV Köln) vom Preis<br />
für Mutmachfrauen erfahren und sich<br />
beworben, mit Erfolg, denn für ihr Familien-Projekt,<br />
das kfd-Familientanzcorps<br />
St. Severin, gab es den dritten<br />
Preis. Dabei nahm die Gruppe genau<br />
die Zielgruppe in den Blick, die in der<br />
Coronapandemie am stärksten gelitten<br />
hat: Mütter und Kinder. Lockdowns,<br />
Kontaktbeschränkungen, Homeschooling,<br />
Kinderbetreuung daheim,<br />
Homeoffice, Mangel an Bewegung<br />
und sozialen Kontakten – all dies hat<br />
Familien ganz besonders an die Belastungsgrenze<br />
geführt. Und deshalb<br />
wollte die kfd ihnen das Gefühl von<br />
Gemeinschaft zurückgeben. Den Kindern<br />
beim Tanzen und Spielen, den<br />
Müttern bei entspannten Gesprächen,<br />
während die Kinder sich bewegen.<br />
„Auf diese Weise ist es uns gelungen,<br />
nicht nur die Kinder wieder zu vernetzen,<br />
sondern auch neue Kontakte und<br />
Freundschaften zwischen Müttern<br />
zu knüpfen“, so die kfd St. Severin.<br />
Aktuell ist es auch geglückt, ein<br />
Flüchtlingskind aus der Ukraine in<br />
die Tanzgruppe zu integrieren und so<br />
diesem Kind in dieser schrecklichen<br />
Zeit ein Stück Normalität zurückzugeben.Nebeneffekt<br />
für die kfd St. Severin:<br />
Über die Tanzgruppe konnten<br />
18 neue Mitglieder gewonnen werden<br />
– junge Frauen zwischen 30 und<br />
40 Jahren. Mit dem Preisgeld wird<br />
übrigens für etwas mehr Glitzer im<br />
Leben der Kinder gesorgt: Es werden<br />
Kostüme für die ersten Auftritte genäht.<br />
„Ohne diese<br />
Frauen gäbe es<br />
die kfd nicht“<br />
Die Marianne Dirks Stiftung ist eine Stiftung der kfd. Warum hat die kfd<br />
eine Stiftung und welchen Stiftungszweck verfolgt die Marianne Dirks Stiftung?<br />
Die Marianne Dirks Stiftung wurde 2004 gegründet, um sich als Anwältin für die Anliegen<br />
und Ansprüche von Frauen in der kfd starkzumachen. Marianne Dirks war seit 1951 die erste<br />
Präsidentin des Zentralverbandes katholischer Frauen- und Müttergemeinschaften, der heutigen<br />
kfd. Als Ehefrau und Mutter war es in den 1950er-Jahren mehr als unüblich, wenn nicht<br />
sogar unschicklich, sich außerhalb der Familie zu engagierten. Nicht so für Marianne Dirks.<br />
Wir als Stiftung haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Gruppen in unserer kfd zu stärken, zu<br />
ermutigen und zu unterstützen, zum Beispiel mit dem Mutmachpreis. Denn wir Frauen brauchen<br />
unsere Frauengemeinschaft dringend, um als starke Kraft wahrgenommen zu werden<br />
und immer wieder für unsere Anliegen zu kämpfen und letztendlich auch etwas zu erreichen.<br />
Wenn wir die Frauengruppen in der kfd stärken, stärken wir die kfd.<br />
Was möchte der Mutmachpreis?<br />
Wir haben mit großer Besorgnis wahrgenommen, dass die Coronapandemie besonders für<br />
Frauen sehr hart war. Und das auf vielen Ebenen. Auch innerhalb der kfd waren die Auswirkungen<br />
stark zu spüren. Viele Gruppen konnten sich nicht mehr treffen und drohten auseinanderzubrechen.<br />
Hier wollten wir tätig werden. Deshalb entstand die Idee, den Mutmachpreis<br />
zu vergeben. Unsere Ausschreibung richtete sich an innovative Gruppenprojekte der kfd, die<br />
in der Corona-Zeit in besonderer Weise Kontakt mit Frauen gehalten haben, Aktionen und<br />
Angebote gemacht oder über digitale Formate die Kommunikation zu ihren Mitgliedern aufrechterhalten<br />
haben. Das sind Frauen, die uns höchsten Respekt abverlangen. Frauen, ohne die<br />
es die kfd nicht gäbe.<br />
Was hat die Jury an den eingereichten Projekten besonders begeistert?<br />
Beeindruckt hat uns vor allem die Vielfalt der Ideen, die die Frauen in der Pandemie entwickelt<br />
haben, um mit anderen im Kontakt zu bleiben. Diese Ideen, mit denen sich die Frauen<br />
beworben haben, sind so vielfältig wie die Frauen selbst. Das war für uns großartig zu sehen:<br />
Die kfd ist ein Frauenort in der Kirche, wo jede ihren Platz findet. Wir konnten sehen, wie<br />
viel Solidarität es unter den Frauen gab. Frauen haben Netzwerke gebildet, um sich zu unterstützen.<br />
Aber sie haben auch neue Themen entwickelt, neue Kommunikationsformen genutzt<br />
oder Kooperationen gebildet. Für die Jury war das natürlich eine echte Herausforderung. Am<br />
liebsten hätten wir allen Bewerberinnen einen Preis verliehen. Sie alle hätten einen verdient.<br />
Eine neue Chance gibt es 2024: Dann verleihen wir die nächsten Mutmachpreise.<br />
18
Kolumne<br />
MEINE TOCHTER, DIE KIRCHE UND ICH<br />
VON ISABELLE DE BORTOLI<br />
WIR<br />
HABEN EIN<br />
KOMMUNIONKIND<br />
Wie lebt es sich als<br />
katholische Familie in<br />
Zeiten, in denen Skandale<br />
die Kirche erschüttern,<br />
immer mehr Menschen<br />
austreten und immer noch<br />
keine Gleichberechtigung<br />
herrscht?<br />
An dieser Stelle schreibt<br />
die stellvertretende<br />
Chefredakteurin der <strong>Junia</strong>,<br />
Isabelle De Bortoli, ab<br />
sofort über die aktuellen<br />
Herausforderungen rund<br />
um Glauben und Kirche.<br />
Sie lebt mit ihrem Mann<br />
und ihrer 8-jährigen<br />
Tochter in Neuss,<br />
DV Köln.<br />
Da ist sie also im Briefkasten: Die Einladung zum Elternabend für die Kommunionkinder<br />
2023. Und damit verbunden natürlich die Frage: Wird unsere<br />
Tochter zur Kommunion gehen? Noch vor wenigen Jahren hätte ich diese<br />
Frage ohne viel Nachdenken mit „Ja!“ beantwortet. Aber es hat sich viel geändert: Die<br />
Missbrauchsskandale, der Umgang der Kirche mit diesen, speziell in unserem Bistum<br />
– Köln. Dazu die Coronapandemie, die uns in den vergangenen zwei Jahren doch sehr<br />
ferngehalten hat vom kirchlichen Leben, etwa von Familiengottesdiensten. Auch fehlt<br />
es an inspirierenden Geistlichen, an Priestern, die etwas bewegen wollen, die den<br />
Funken der Begeisterung überspringen lassen können. Stattdessen wird die Gemeinde<br />
auf der Landkarte immer größer, riesige Gebilde von Seelsorgeeinheiten mit Priestern,<br />
die man kaum trifft, die häufig wechseln, die nur noch verwalten. Und<br />
natürlich: Die ungeklärte Frauenfrage, auch das Zölibat. „Warum dürfen<br />
Priester keine Frau haben?“, fragte das Kind jüngst. Meine Antwort<br />
„Damit sie sich ganz auf Jesus konzentrieren können“ glaubte ich<br />
mir selbst nicht mehr. Eine moderne Kirche, in der sich etwas<br />
bewegt – zu der soll meine Tochter gehören. Aber so?<br />
„Beichttermin“ lese ich dann auch gleich beim Elternabend.<br />
Und denke: Was haben diese Kinder denn zu<br />
beichten? Erinnerungen an im dunklen Beichtstuhl gestammelte<br />
Sätze wie „Ich habe meinen kleinen Bruder<br />
geärgert“, fallen mir ein. Und sage laut beim Elternabend,<br />
dass ich meine Tochter nicht mit einem Priester<br />
allein in einen Beichtstuhl schicken werde. Warum kein<br />
Versöhnungsgottesdienst, wie in anderen Gemeinden?<br />
Ich hadere.<br />
Andere Eltern nehmen all das leichter: „So kann er<br />
später kirchlich heiraten, wenn er mag“, sagt eine Mutter.<br />
Oder: „Ist doch ein schönes Familienfest, und dann noch das<br />
hübsche Kleid.“ Andere sind entschieden: „Ich kann mein Kind<br />
doch nicht zu einem Verein schicken, den ich gar nicht mehr anfeuere“,<br />
bringt ein Vater einen Fußball-Vergleich. Was also tun?<br />
„Weiß ich nicht“, antwortet unsere Tochter auf die Frage, ob sie zur<br />
Kommunion gehen möchte. Weil sie nicht genau weiß, was das eigentlich bedeutet.<br />
„Möchtest du zu den Freunden von Jesus gehören, wie seine Jüngerinnen und<br />
Jünger?“, frage ich also nochmal. „Ja!“, sagt die Achtjährige. Denn Jesus und seine<br />
Freundinnen und Freunde, die kennt sie natürlich aus vielen Geschichten, die sie zu<br />
Hause, im Religionsunterricht und im Schulgottesdienst gehört hat. Jesus als Freund<br />
zu haben, das ist doch das Wichtigste. Und mehr braucht es vielleicht auch erstmal<br />
gar nicht. Und so haben wir also 2023 ein Kommunionkind.<br />
KOLUMMNE 25
GENERATION<br />
Sie sind katholisch (nicht nur), kritisch, konstruktiv,<br />
kirchennah und kirchenfern: Die Serie „Generation<br />
K“ widmet sich jungen Frauen, die sich die Fragen<br />
von Kirche, Glauben und Gesellschaft neu stellen.<br />
Tagsüber auf dem Fahrrad, abends<br />
in der Kirche: Franziska Strohmayr<br />
und ihre Geige im weißen Koffer<br />
reisten von Augsburg bis nach Rom.<br />
Ihre Botschaft: Das Priesteramt für<br />
Frauen öffnen.<br />
MIT RAD UND GEIGE<br />
FÜR FRAUEN IN DER KIRCHE<br />
Violinistin Franziska Strohmayr ist 1.200 Kilometer weit von Augsburg<br />
nach Rom geradelt, um mit Musik eine wichtige Forderung zu transportieren:<br />
Die nach der Öffnung der Weiheämter für Frauen.<br />
26<br />
GENERATION K
VON ISABELLE DE BORTOLI<br />
Es war ein Biathlon der anderen Art: Statt<br />
Skilaufen und Schießen kombinierte<br />
Franziska Strohmayr für ihren Kultur-<br />
Biathlon in diesem Sommer Fahrradfahren<br />
und Musik. Von Augsburg aus brach sie mit<br />
dem Fahrrad auf Richtung Österreich und<br />
Italien, ihr Ziel: Rom. Auf dem Weg dorthin<br />
spielte die 32-Jährige 14 Konzerte mit Musik<br />
von Bach und Paganini. Und vermittelte dabei<br />
eine wichtige Botschaft: „Musik ist mein<br />
Ausdrucksmittel und meine Sprache, durch<br />
die ich zu allen Konzertbesucherinnen, Würdenträgern<br />
in der katholischen Kirche und<br />
zu Gläubigen auf der ganzen Welt sprechen<br />
möchte. Weil nur Männer geweiht werden<br />
können, geht viel Potenzial in der katholischen<br />
Kirche verloren. Ich sehe die großen<br />
Chancen, die in einer Öffnung der Weiheämter<br />
für Frauen stecken! Dafür braucht es<br />
Gleichberechtigung statt Ausgrenzung. Jetzt<br />
ist die Zeit, in der sich etwas verändern kann.“<br />
Zwischen 11 und 104 Kilometern waren die<br />
jeweiligen Tagesetappen lang, die Franziska<br />
Strohmayr mit dem Fahrrad fuhr. Abends<br />
spielte sie in München, Salzburg und Innsbruck,<br />
Bozen und Trient, Bologna, Florenz,<br />
Siena oder Montepulciano. Als treue Reisebegleiterin<br />
immer mit dabei: Ihre Violine von<br />
Antonio Gragnani (Livorno) aus dem Jahr<br />
1759. Musste sie sich um dieses alte und<br />
wertvolle Instrument keine Sorgen machen?<br />
„Ich war überrascht, wie gut die Geige die Höhenunterschiede,<br />
die Hitze und Feuchtigkeit<br />
vertragen hat – besser als ich“, schmunzelt<br />
Franziska Strohmayr. „Ich habe sie in einem<br />
weißen Kasten transportiert, der sie gut vor<br />
Sonne und Hitze schützt – und das Instrument<br />
hat sogar sein eigenes Regenmäntelchen.“<br />
Auch als Strohmayr, die seit 25 Jahren<br />
musiziert, kurz vor Salzburg einen kleinen<br />
Sturz hinlegte, blieb die Geige unversehrt.<br />
Dass sich Franziska Strohmayr heute so<br />
stark mit der katholischen Kirche auseinandersetzt,<br />
hat auch mit ihrem Beruf zu tun:<br />
„Ich musiziere sehr oft in Kirchen und habe<br />
das auch schon immer gemacht. Dort wurde<br />
mir klar, wie wertvoll der Kern des Glaubens<br />
doch ist – und wie tolle Menschen in der Kirche<br />
arbeiten. Dann hörte ich von den vielen<br />
mutigen Frauen, die gegen die Missstände in<br />
der Kirche demonstrieren und Geschlechtergerechtigkeit<br />
fordern. Ich war an dem Punkt,<br />
an dem ich mich fragte: Trete ich aus, oder<br />
sage ich jetzt etwas? Ich habe mich für Letzteres<br />
entschieden.“ Und das, obwohl Religion<br />
in Strohmayrs Familie kein Thema war. Ihr<br />
Elternhaus sei eher irritiert gewesen, als sie<br />
sich öffentlich mit Kirche auseinandergesetzt<br />
Geboren 1990 in Augsburg,<br />
erhielt Franziska Strohmayr<br />
ihren ersten Unterricht an<br />
der Musikschule Mozartstadt<br />
Augsburg bei Harry Christian<br />
und schloss ihr Studium an der<br />
Universität Mozarteum bei<br />
Prof. Martin Mumelter und an<br />
der Guildhall School of Music<br />
and Drama in London bei Prof.<br />
Jacqueline Ross mit Auszeichnung<br />
ab.<br />
Bekannt wurde Strohmayr<br />
durch ihre innovativen<br />
Tourneeformate, wie dem<br />
Kultur-Biathlon – mit Violine<br />
und Fahrrad, bei welchem sie<br />
die gesamten Tournee-Strecken<br />
auf dem Rad zurücklegt,<br />
und durch spartenübergreifende<br />
Projekte mit Akrobatik<br />
und Lichtinstallationen, die sie<br />
organisatorisch und künstlerisch<br />
leitet.<br />
Für ihren zweiten Kultur-Biathlon<br />
im Jahr 2021 mit<br />
dem Thema „Frauen im Land<br />
Salzburg“ wurde Strohmayr<br />
mit dem Kulturförderpreis<br />
der Stadt Salzburg und als<br />
Newcomerin von der Landesstiftung<br />
PRO SALZBURG<br />
ausgezeichnet.<br />
und dazu gesprochen habe, so die Musikerin.<br />
„Heute ist es nicht mehr so leicht zu sagen:<br />
Ich bin katholisch. Aber ich möchte mit im<br />
Kreis stehen. Vielleicht nicht im Inner Circle,<br />
aber am Rand, und auch mal Ärger machen<br />
dürfen. Und meine Familie hat sich daran<br />
auch gewöhnt.“<br />
Wie wichtig ihre Botschaft sei, sei ihr<br />
gleich bei Beginn des Kultur-Biathlons klar geworden,<br />
als sie ein Konzert in einer evangelischen<br />
Kirche in Augsburg spielte: „Ich stand<br />
in der Sakristei und wartete auf meinen Auftritt.<br />
Da sah ich Fotos der Pfarrerinnen an der<br />
Wand: Ihre Ausstrahlung war toll, sie umgab<br />
ein Leuchten. Und genau das wünsche ich mir<br />
auch für die katholische Kirche: Priesterinnen,<br />
die ihrer Berufung nachgehen können.“<br />
Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist,<br />
auch das zeigen die Erfahrungen, die Franziska<br />
Strohmayr auf ihrer Tour gemacht hat:<br />
„Katholische Priester haben das Thema Geschlechtergerechtigkeit<br />
sehr gemieden. Oft<br />
wurde zwar angekündigt, welche Stücke ich<br />
spiele, aber nicht, was das eigentliche Thema<br />
meiner Tournee war. Wir redeten also über<br />
das Radfahren, über das Reisen – aber nicht<br />
über Frauen in der Kirche.“ Vor allem in Rom<br />
habe sie in der dortigen deutschen Gemeinde<br />
sehr konservative Verhältnisse angetroffen.<br />
„Gleichzeitig bin ich aber auch immer wieder<br />
Priestern und Ordensleuten begegnet, die der<br />
Idee, Frauen in allen Diensten und Ämtern<br />
zuzulassen, offen gegenüberstehen. Anders<br />
als in Deutschland, wo der Synodale Weg ja<br />
in vollem Gange ist, hat man in Italien über<br />
diese Frage offenbar noch gar nicht groß nachgedacht.“<br />
Deshalb kann sie sich auch gut<br />
vorstellen, die Frauenfrage dezentraler zu<br />
betrachten: „Warum sollte man nicht in den<br />
deutschsprachigen Ländern Frauen schon<br />
zum Priesteramt zulassen, während andere<br />
Länder vielleicht sagen: Wir sind noch nicht<br />
so weit?“<br />
Persönlich glaubt Franziska Strohmayr fest<br />
daran, dass sich in der Frauenfrage noch etwas<br />
tun wird. Als kleines Zeichen wertet sie die<br />
Zulassung von Frauen in Führungspositionen<br />
im Vatikan. „Ich wünsche mir die Gleichberechtigung<br />
nicht nur von Frauen und Männern,<br />
sondern aller Menschen, egal welchen<br />
Geschlechts, welcher sexuellen Orientierung,<br />
welcher Herkunft in der katholischen Kirche.“<br />
Als sehr viel größere Aufgabe sieht sie den Abbau<br />
von Machtstrukturen: „Diese abzubauen<br />
und zu ersetzen durch ein gleichberechtigtes<br />
Miteinander ist sehr viel schwieriger, als das<br />
Priestertum für Frauen zu öffnen.“<br />
Die Generation K finden Sie auch hier:<br />
www.kfd.de/generation-k