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kohle Vom<br />

konsul<br />

Von Florian Riesewieck<br />

„Wieviel willst du haben?“, fragte der Mann. Und Ede Schmidt begann zu überlegen. Dass<br />

der Mann, der Dortmunder Bauunternehmer Ingo Petersmann, einiges Geld in die Hand<br />

nehmen wollte, um den VfL Schwerte groß zu machen, hatte er gehört. Aber es handelte<br />

sich hier – das durfte man ja nicht vergessen – nur um einen Landesligisten. Also<br />

etwas weniger fordern? Es waren Sekundenbruchteile, in denen Schmidt beschloss,<br />

hoch zu pokern: „Tausendfünfhundert im Monat“, sagte er mit fester Stimme. Petersmann<br />

schlug ein – und Schmidt war sich sicher, er hätte auch das Doppelte verlangen<br />

können.<br />

„Das war Wahnsinn“, erzählt der heutige Co-Trainer des Bezirksligisten<br />

TuS Müschede. „Ein Landesligist, bei dem plötzlich Profi s spielten.“ Bezahlt<br />

von Ingo Petersmann, der sich gerne als Honorarkonsul von Äquatorial-Guinea<br />

vorstellte. Viele bekamen noch deutlich mehr als Ede Schmidt. Die Bestverdiener<br />

brachten es in den 90er Jahren auf ein Jahresgehalt von 80.000 DM.<br />

Mit ihnen spielte der Unternehmer im Trainingslager Tennis um dicke Geldnoten,<br />

die er als Motivation ins Netz in der Mitte steckte. Oder sie wetteten um Hunderte<br />

von D-Mark, wer von der Mittellinie des Fußballfeldes als Erster die Latte traf.<br />

„Nach einem guten Monat war der Spuk dann aber vorbei“, erinnert sich<br />

Schmidt. Als Petersmann zum ersten Mal Ärger mit der Justiz bekam, beendete der<br />

VfL Schwerte die Zusammenarbeit. Noch lange bevor der Unternehmer um die Jahr<br />

tausendwende wegen Bandengeschäften hinter Gitter kam.<br />

Spätestens in der weiterführenden<br />

Schule beginnen Kinder, in Freundesalben<br />

Ziele zu formulieren wie:<br />

„Ich möchte mit meinem Hobby<br />

später Geld verdienen.“ Und neben<br />

ihre Einträge kleben sie – als eine Art Tauglichkeitsprüfung – ein Foto, das sie mit ihrem zu dieser Zeit engstem Vertrauten<br />

zeigt: einem Fußball aus Leder oder Plastik. nur wenige von ihnen werden später tatsächlich Profi . Geld aber verdienen<br />

auch die meisten Amateurfußballer. Eine Sammlung kurioser Geschichten rund um Gehälter, Handgelder, Job-Versprechen<br />

– und den bewussten Verzicht darauf.<br />

Mecklenbeck klingt nach heiler Welt. Dort wo kurz vor dem Aasee der Meckelbach in<br />

die Münstersche Aa mündet, wo die Menschen nicht mit dem Auto, sondern mit dem<br />

Fahrrad zur Arbeit fahren und die Amateurfußballer ihren Sport noch zum Spaß betreiben<br />

und nicht für das große Geld. Tatsächlich bekommen die Spieler des Bezirksligisten Wacker<br />

Mecklenbeck keinen Cent. „Eine bewusste Entscheidung“, sagt der Sportliche Leiter<br />

Jan Lauhoff . Und eine, die in der Liga ihresgleichen sucht. Geld wandert nur in die<br />

Mannschaftskasse. Etwa 50 Euro für einen Sieg. Am Ende des Jahres gibt es davon<br />

ein Weihnachtsessen beim Italiener, am Ende der Saison dient die Kasse als Zuschuss<br />

zur Mallorca-Tour. Viele Spieler wie der Abwehrmann Lars Niesten Dietrich könnten<br />

auch in höheren Ligen spielen. Regelmäßig bekommen sie Angebote. Doch sie bleiben.<br />

„Weil sie sich hier wohl fühlen“, sagt Lauhoff . „Die meisten sind Studenten, fast alle<br />

haben schon in der Jugend hier gespielt.“ Und vermutlich auch, weil die Sportanlage an<br />

sich schon Belohnung genug ist: In Mecklenbeck nämlich ist Asche noch ein Fremdwort.<br />

Hier haben Spieler die Wahl zwischen einem Kunstrasen- und zwei Naturrasenplätzen.<br />

Wenn sich mehrere Vereine um einen Spieler streiten, dann brauchen sie gute Argumente<br />

wie die viel zitierte sportliche Perspektive – oder ganz einfach ein volles Konto bei<br />

der Bank. So entwickelte sich Ende 2001 unter allen großen Bundesligisten ein wahres Wettbieten<br />

um einen 21-jährigen aus Freiburg, das vermutlich auch deshalb so ausartete, weil es<br />

im deutschen Fußball damals ähnlich viele Talente gab wie Meisterschalen in der Freiburger<br />

Vereinsvitrine.<br />

2 Millionen DM soll der Rekordmeister FC Bayern München an jenen Mann mit dem Namen<br />

Sebastian Kehl überwiesen haben. Betreff : Überzeugungsarbeit. Dass Kehl das Handgeld<br />

annahm, veranlasste den damaligen Münchener Manager Uli Hoeneß zu der Aussage,<br />

man habe sich mit dem Spieler auf einen Transfer geeinigt. Kehl aber einigte sich stattdessen<br />

(oder außerdem?) mit dem damaligen Dortmunder Manager Michael Meier – und wechselte<br />

zum BVB, mit dem er ein halbes Jahr später Deutscher Meister wurde. Das Handgeld<br />

ging natürlich zurück an den Absender. Der war trotzdem wenig amüsiert. (Ein Beweis ist bei<br />

Google unter dem Suchbegriff „hoeneß roter kopf“ zu fi nden.)<br />

„Wenn ich hier irgendwo einen Job kriege“, sagte Giancarlo Fiore im<br />

Sommer 2011, „dann spiele ich auch in der Kreisliga A.“ Ohne großen<br />

Hintergedanken hat er das gesagt, der frühere Profi des KFC Uerdingen. Und<br />

er hätte nie damit gerechnet, dass sein Freund Thomas Allbracht den Satz so<br />

ernst nimmt. Ein paar Wochen später meldete der sich wieder. „Du Django“,<br />

sagte Allbracht. „Ich glaube, ich hab‘ da was.“<br />

Seitdem spielt Fiore für den BSV Lendringsen. In der Kreisliga A. Wo Allbracht<br />

sein Trainer ist. Über Kontakte brachte er den Deutsch-Italiener in der<br />

Mendener Großfi rma OBO unter. Dort arbeitet er zunächst ein Jahr auf Probe,<br />

muss sich zum ersten Mal in einem Betrieb beweisen. „Ganz schön spannend“,<br />

sagt Fiore, der es jetzt mit Feuerverzinken statt mit Chancenversenken<br />

zu tun hat. „Für mich war Fußball immer alles.“ 13 Jahre lang hat er professionell<br />

Fußball gespielt. Angefangen beim KFC Uerdingen, wo er vor gut<br />

zehn Jahren unter anderem Werder Bremen aus dem DFB-Pokal warf. Dann<br />

über den Regionalligisten Preußen Münster bis nach Portugal. „Aber irgendwann“, sagt der<br />

31-Jährige, „muss man an seine Zukunft denken.“ Jahrelang folgte einem Umzug der nächste.<br />

Jetzt ist er mit dem vierjährigen Sohn und seiner Freundin häuslich geworden. In Menden,<br />

wo er schon bis zur D-Jugend für den BSV Lendringsen spielte. „Als ich dort zugesagt habe,<br />

wusste ich: Jetzt ist die Profi zeit vorbei.“<br />

Während er sich im Betrieb erst noch beweisen muss, ist er beim A-Ligisten der Star.<br />

Der Verein ist gerade erst aufgestiegen und träumt als Zweiter vom Durchmarsch in die Bezirksliga.<br />

Auch dank eines Ex-Profi s, der nicht nur Kabel verzinkt, sondern immer noch Chancen<br />

versenkt.<br />

Gute Kontakte in die Wirtschaft helfen, um starke Fußballer in den Verein zu locken.<br />

So triff t sich mancherorts die halbe Mannschaft täglich auf dem Bau, oder der Sechser<br />

schüttelt seinem Zehner des Morgens am Fließband zum Gruße die Hand.<br />

Eher ungewöhnlich aber sind Arbeitsvermittlungen im Rotlicht-Milieu.<br />

„Nach ein paar Monaten habe ich erst mitgekriegt, dass zwei meiner Mit- privat<br />

und<br />

spieler Türsteher im Bordell sind“, erzählt ein früherer Fußballer des Dortmunder<br />

Vereins TV Brechten. Zufall war das nicht. Untergebracht wurden Lukas<br />

sie nämlich von demselben Mann, der gleich mehrere Bordelle betrieb Jens<br />

– und einen Schal mit der Aufschrift TV im Schrank hatte. Fotos:<br />

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