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THE NEW INSIDER No. XLIII, November 2022 #473

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LOKAL | REGIONAL<br />

CRIME<br />

DIE DUNKLEN<br />

SEITEN DER STADT<br />

KINDERPORNOGRAFIE:<br />

OSNABRÜCKER PRIESTER<br />

VERURTEILT<br />

Ein Priester der katholischen<br />

Pfarrgemeinde St.<br />

Elisabeth musste sich am 26.<br />

Oktober <strong>2022</strong> vor dem Amtsgericht<br />

Osnabrück wegen des Besitzes<br />

von Kinderpornografie<br />

verantworten. Am Ende kam<br />

er mit einer Bewährungsstrafe<br />

davon und muss 10.000 Euro an<br />

den Kinderschutzbund zahlen.<br />

WAS WAR<br />

GESCHEHEN?<br />

Der Priester wollte im vergangenen<br />

Jahr Bilddateien bei einem<br />

Fotodienstleister ausdrucken.<br />

Dieser informierte die<br />

Polizei, nachdem ihm das verbotene<br />

Bildmaterial aufgefallen<br />

war. Bei einer Hausdurchsuchung<br />

am 04. <strong>No</strong>vember 2021<br />

wurden insgesamt 6.604 kinderpornografische<br />

Dateien auf<br />

einem Computer und mehreren<br />

externen Festplatten gefunden.<br />

Der Priester wurde daraufhin<br />

von seinen kirchlichen Pflichten<br />

entbunden.<br />

WIE LIEF DIE<br />

GERICHTS-<br />

VERHANDLUNG?<br />

Nachdem die Staatsanwaltschaft<br />

die Anklage verlesen<br />

hatte, beantragte die Verteidigung,<br />

die Öffentlichkeit auszuschließen,<br />

um das Persönlichkeitsrecht<br />

des Angeklagten<br />

zu schützen. Die Staatsanwaltschaft<br />

gab dem Antrag statt und<br />

das Schöffengericht bestätigte<br />

dies. „Das Schutzbedürfnis des<br />

Angeklagten ist höher zu bewerten<br />

als das öffentliche Interesse“,<br />

so die Richterin. Mehr<br />

als eine Stunde lang legte der<br />

einst angesehene Priester daraufhin<br />

ein laut Gericht vollumfängliches<br />

Geständnis ab. Der<br />

22 Anzeigensonderteil<br />

Angeklagte gab an, sich aufgrund<br />

einer beruflichen Überforderung<br />

in einer depressiven<br />

Phase befunden zu haben, als<br />

er die illegalen Bilddateien heruntergeladen<br />

hat.<br />

WIE LAUTET<br />

DAS URTEIL?<br />

Das Mindeststrafmaß in solch<br />

einem Fall beträgt ein Jahr, das<br />

Höchstmaß fünf Jahre Freiheitsentzug.<br />

Am Ende verurteilte<br />

man den Geistlichen zu einer<br />

Haftstrafe von zwei Jahren, die<br />

allerdings zur Bewährung ausgesetzt<br />

wurde. Der Zeitraum,<br />

in dem der Priester nicht mehr<br />

straffällig werden darf, beträgt<br />

drei Jahre. Darüber hinaus<br />

muss er 10.000 Euro an den Osnabrücker<br />

Kinderschutzbund<br />

zahlen, seine bereits begonnene<br />

Psychotherapie fortführen<br />

und zehn anderweitige Beratungstermine<br />

wahrnehmen.<br />

Außerdem wird ihm ein Bewährungshelfer<br />

zur Seite gestellt<br />

und er muss die Verfahrenskosten<br />

tragen.<br />

WIE BEGRÜNDETE<br />

DAS GERICHT<br />

DAS URTEIL?<br />

Die hohe Anzahl an kinderpornografischen<br />

Dateien wertete<br />

das Gericht als schwerwiegend.<br />

Als strafmildernd wurde jedoch<br />

berücksichtigt, dass der Angeklagte<br />

nicht vorbestraft ist, von<br />

Anfang an geständig war und<br />

bei der Aufklärung kooperierte.<br />

Positiv wertete das Gericht<br />

außerdem, dass sich der Priester<br />

von allein in psychotherapeutische<br />

Behandlung begeben<br />

hat. Auch die Art der Bilder<br />

spielte eine Rolle. So sollen nur<br />

wenige Fotos sexuelle Handlungen<br />

an oder mit Kindern gezeigt<br />

haben, während es sich bei den<br />

meisten Abbildungen um so genannte<br />

Posing-Bilder handelte,<br />

auf denen Kinder nackt oder<br />

leicht bekleidet zu sehen waren.<br />

Auch hatte er die Dateien lediglich<br />

heruntergeladen und teilweise<br />

schon wieder gelöscht,<br />

sie jedoch nicht weiterverbreitet<br />

oder getauscht. Zudem soll<br />

er mit Kindern oder Pädophilen<br />

nicht in Kontakt getreten sein.<br />

Darüber hinaus hat man keine<br />

ausschließlich pädophilen<br />

Neigungen erkennen können,<br />

da man neben den verbotenen<br />

auch zahlreiche legale Dateien<br />

mit Erwachsenen fand. Die<br />

Wiederholungsgefahr sei entsprechend<br />

gering „Aufgrund<br />

einer positiven Sozialprognose<br />

und weil der Angeklagte die<br />

Tat bereut, war die Strafe zur<br />

Bewährung auszusetzen“, sagte<br />

die Richterin. Der Angeklagte<br />

hat das noch nicht rechtskräftige<br />

Urteil angenommen. Ob die<br />

Staatsanwaltschaft in Berufung<br />

geht, muss die Zentralstelle in<br />

Hannover entscheiden.<br />

Meinung<br />

von<br />

TNI-Redakteur<br />

Dominik Lapp<br />

Wieder mal geht Täterschutz vor Opferschutz.<br />

Das Gericht hat die Öffentlichkeit<br />

von der Vernehmung des<br />

Angeklagten ausgeschlossen, um<br />

sein Persönlichkeitsrecht zu wahren<br />

und seine Intimsphäre zu schützen.<br />

Schon das allein ist ein Schlag ins<br />

Gesicht der Opfer. Wer schützt ihre<br />

Persönlichkeit, ihre Intimsphäre?<br />

Niemand. Die Kinder sind bis an ihr<br />

Lebensende stigmatisiert, denn das<br />

Internet vergisst nicht. Die verbotenen<br />

Bilder werden selbst in Jahrzehnten<br />

noch abrufbar sein. Mit dem<br />

milden Urteil wird Tätern wieder<br />

einmal suggeriert, dass sie nichts zu<br />

befürchten haben. Ein paar Therapiestunden,<br />

eine Geldzahlung, sich<br />

drei Jahre lang nichts zu Schulden<br />

kommen lassen – prima. Dass sogar<br />

die Art der verbotenen Bilder ausschlaggebend<br />

für eine Urteilsbildung<br />

ist, schlägt dem Fass endgültig<br />

den Boden aus. Wer sich also „nur“<br />

Fotos von nackt oder leicht bekleidet<br />

posierenden Kindern ansieht,<br />

ist also nicht ganz so pervers wie<br />

jemand, der sich Fotos von Kindern<br />

ansieht, an oder mit denen sexuelle<br />

Handlungen vorgenommen werden?<br />

Das ist krank!<br />

Der Priester auf der Anklagebank im Osnabrücker Amtsgericht.

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