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FORUM<br />
FLURNAMEN<br />
Einmal umzäunt bitte!<br />
Cäcilia Wegscheider<br />
BILDSTÖCKLN<br />
& KAPELLEN<br />
Gotthard Andergassen<br />
Vor Jahren gab es ein Traminer Weinetikett,<br />
das den Namen Glassien trug.<br />
Der Name des Weißweins ging auf eine<br />
Flurbezeichnung zurück, die in der Neumarkter<br />
Vill gelegen und der wunderbaren<br />
Landvermessung von 1858, der<br />
Vorgängerin unseres heutigen Katasters,<br />
entnommen worden war. Im Normalfall<br />
sind aber Techniker doch keine Sprachwissenschaftler<br />
und wenn die k.u.k-Vermesser<br />
des 19. Jahrhunderts mancherorts<br />
Gutes getan haben, indem sie durch die<br />
Wiedergabe eines dialektalen Flurnamens<br />
denselben der Nachwelt erhalten haben,<br />
haben sie hier wahrscheinlich entweder<br />
nicht genau hingehört oder nicht richtig<br />
gelesen.<br />
Richtigerweise hätte es nämlich Glassier<br />
heißen müssen und der Weinbauer,<br />
der sich mittlerweile selbstständig einen<br />
Namen gemacht hat – und mich übrigens<br />
schon vor zwanzig Jahren auf den kleinen<br />
Buchstabentausch aufmerksam gemacht<br />
hat – vermarktet seinen Wein auch unter<br />
diesem Namen.<br />
VON TERLAN BIS MARGREID<br />
Glassier – oder seinem Ursprung schon<br />
näher Glasir – wird von Kollmann aus dem<br />
Alpenromanischen *clausüra ‘Einschließung,<br />
Umzäunung’ zu lateinisch clausūra<br />
gedeutet. Ortner unterstreicht zudem, dass<br />
es ein „gesondert genutztes Grundstück“<br />
sei. Kleiner Tipp aus dem Ratgeber für<br />
Do-it-Yourself-Bauern: Grundstücke, die<br />
nicht umzäunt sind, bleiben in Zeiten der<br />
gemeinschaftlichen Viehhaltung eben nicht<br />
lange gesondert genutzt.<br />
<strong>Die</strong> Bezeichnung kommt nur vereinzelt<br />
in unserem Bezirk vor, in Terlan die Flur<br />
Lasir (sic!), dort auch Wohnzonenname,<br />
in Auer, Neumarkt und Laag überall in der<br />
Form Glasir. Auch in Margreid trifft man<br />
den Flurnamen an, dort lässt sich dazu<br />
ein wunderbarer Beleg in einem Urbar<br />
von 1317 finden, der die Etymologie klar<br />
heraustreten lässt, nämlich „in claussuris“.<br />
Quelle: IDM/Südtirol Wein/Benjamin Pfitscher<br />
PEINT UND PUITEN<br />
Und weil wir schon in Margreid sind,<br />
hier findet sich auch die „deutsche“ Entsprechung<br />
zu Glasir, ein vermutlich bekannterer<br />
Name, nämlich die Puit. Sie ist<br />
eine jener Riglbezeichnungen, die in der<br />
Gemeindeflur einen besonderen Platz einnahmen.<br />
Für die Puit war geschichtlich<br />
gesehen sicherlich eine später verlorengegangene<br />
Sondernutzung vorgesehen. <strong>Die</strong><br />
Bezeichnung leitet sich von germanisch<br />
*bi-wentia „das ringsum Umwundene“ ab,<br />
althochdeutsch lautet es piunt. In Margreid<br />
lautet der heutige Name zwar Puit, interessanterweise<br />
findet sich in den geschichtlichen<br />
Quellen aber auch Peint. Genauso<br />
– hier von alters her getrennt in heute kaum<br />
mehr geläufige Oubera und Untera Peint<br />
– kennt man die Flur in Montan. Sie wird<br />
ursprünglich wohl gürtelähnlich um den<br />
Ortskern gelegen sein, heute ist sie großteils<br />
verbaut. In Salurn hingegen gleich<br />
wie in Margreid Puiten, hier aber in der<br />
Mehrzahl üblich, das italienische Pendant<br />
dazu sind le Poit. Früher landwirtschaftlicher<br />
Grund, heute ein Dorfviertel mit<br />
eigenem Puitenfest.<br />
Damit wir das Überetsch nicht zu kurz<br />
kommen lassen, die Flur Puiten findet sich<br />
auch in Eppan. Der schönste Flurname aus<br />
dieser Rubrik bleibt dieses Mal aber Truden<br />
vorbehalten. Pragglasir – umzäunte Wiese<br />
– das ist fast schon Poesie.<br />
<strong>Die</strong> Johannes-Nepomuk-Kapelle<br />
in Kaltern<br />
Am Tag von Autos verparkt, des<br />
Abends ohne jeglichen Kerzenschein,<br />
fristet die Johannes-Nepomuk-Kapelle<br />
südwestlich der Katharinenkirche<br />
zu Mitterdorf ihr Dasein. Unmittelbar<br />
an die Nordflanke der Kapelle grenzte,<br />
hinter Holzbrettern verborgen,<br />
der Wasserschacht mit dem großen<br />
Mühlrad. <strong>Die</strong> Kapelle war 1680 direkt<br />
an den Mühlbach gebaut worden.<br />
Damals war der Kult um den Wasserheiligen<br />
und Hüter des Beichtgeheimnisses<br />
Johannes Nepomuk in<br />
neuem Aufschwung begriffen. Erst<br />
1729 folgte die Heiligsprechung. Leo<br />
Andergassen beobachtete während<br />
der Auswertungen der pfarreilichen<br />
Kirchenpropstraitungen eine hohe<br />
Popularität dieses Heiligen auf Kalterer<br />
Pfarrgebiet im 18. Jahrhundert.<br />
Man denke nur an die Lahnen und<br />
noch unverbauten Wildgewässer!<br />
Johannes Nepomuk war böhmischer<br />
Generalvikar des Spätmittelalters,<br />
der selbst auf Bitten des Königs das<br />
Beichtgeheimnis nicht brechen wollte.<br />
Zur Strafe warf man ihn von der<br />
Prager Karlsbrücke in die Moldau.<br />
Quelle: Gotthard Andergassen<br />
41 // DIEWEINSTRASSE.BZ