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atw - International Journal for Nuclear Power | 06.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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nucmag.com<br />

2022<br />

6<br />

ISSN · 1431-5254<br />

32.50 €<br />

Der Erhalt von sechs<br />

Kernkraftwerken könnte den<br />

Großhandelspreis für Strom<br />

um die Hälfte absenken<br />

Die zweite Sonderanalyse der<br />

deutschen Netzbetreiber<br />

Paris, Technology and Finance –<br />

Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology?


A N N O U N C E M E N T<br />

June 14 – 15, 2023 | Frankfurt am Main | Germany<br />

Scientific exchange <strong>for</strong> young talents<br />

of all nuclear-related disciplines<br />

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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Es kreißte der Berg und gebar eine Maus –<br />

minimale Laufzeitverlängerung durch Kanzlerbrief<br />

3<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

der Auftakt zu diesem Editorial sei ausnahmsweise mit<br />

einer Notiz aus dem Privatleben gemacht, in der aber die<br />

aktuelle Energiekrise unmittelbar ins Auge springt. Im<br />

Juli ging eine Ankündigung der Preiserhöhung durch den<br />

Gasversorger ein. Dieser teilte mit, dass ab 1. September<br />

2022 der Gaspreis von 7,78 ct/kWh auf 16,42 ct/kWh<br />

steigen werde, nachdem er bis zum 30. Juni 2022 noch<br />

bei 5,65 ct/kWh lag.<br />

Vor wenigen Tagen nun – wir erinnern uns, wir haben ein<br />

Gasproblem, kein Stromproblem wie es lange hieß – ging<br />

ein „Angebot“ des Stromanbieters ein. Dieser bot an, den<br />

bisherigen Preis von in Deutschland sehr günstigen 25,81<br />

ct/kWh ab dem 01.01.2023 auf dem Betrag von 56,06 ct/<br />

kWh „abzusichern“. Während landauf, landab solche<br />

Briefe und Mails gelesen werden müssen, die bei gewerblichen<br />

und industriellen Kunden oft noch deutlich stärkere<br />

relative Preissteigerungen ankündigen, fand in der<br />

Bundespolitik ein Eiertanz um einen Weiterbetrieb von<br />

Kernkraftwerken statt, um das Thema möglichst für die<br />

Landtagswahl in Niedersachsen stillzulegen.<br />

Nachdem der lang erwartete zweite Stresstest für die<br />

Stromversorgung durch die Übertragungsnetzbetreiber<br />

ergeben hatte, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke<br />

sinnvoll zur Versorgungssicherheit beitragen würde, präsentierte<br />

das Bundeswirtschaftsministerium einen praktisch<br />

nicht durchführbaren Entwurf für eine frisch erfundene<br />

Einsatzreserve für die zwei süddeutschen Kernkraftwerke.<br />

Weil dieser Weg sich innerhalb von zwei Tagen<br />

als nicht gangbar erwiesen hat, wurde in Absprache<br />

mit den betroffenen Betreibern ein modifizierter Plan<br />

inklusive möglicher Schadenersatzregelungen entwickelt.<br />

Diesen Plan machte sich die Bundesdelegiertenkonferenz<br />

von Bündnis90/Die Grünen zu eigen und zog eine<br />

„rote“ Linie bei der Beschaffung neuer Brennelemente<br />

und damit bei jedweder Möglichkeit eines längeren Weiterbetriebs.<br />

Nach einigem weiteren Koalitionsstreit – ob echt oder inszeniert<br />

– zwischen den Grünen mit der roten Linie und<br />

der FDP, die seit einigen Monaten einen substantielleren<br />

Weiterbetrieb mindestens so lang wie für die reaktivierten<br />

Kohlekraftwerke <strong>for</strong>derte, sprach der Kanzler sein so<br />

genanntes Machtwort über das Thema. Scholz wies die<br />

zuständigen Minister an, den Leistungsbetrieb für die<br />

drei noch laufenden Kernkraftwerke bis zum 15. April<br />

2023 zu ermöglichen. Die rote Linie des grünen Parteitags<br />

war damit respektiert, wenn auch die Landesverbände<br />

der SPD und der Grünen in Niedersachsen desavouiert,<br />

da aus Sicht des Kanzlers der Weiterbetrieb des Kernkraftwerks<br />

Emsland doch im Sinne der Versorgungssicherheit<br />

sinnvoll ist, statt dass es nur „die Netze verstopft“.<br />

Sämtliche Prüfbedingungen, Wenns und Abers<br />

des ursprünglichen „Habeck-Plans“ wurden mit dem<br />

Kanzlerwort allerdings abgeräumt, die Anlagen dürfen<br />

schlicht dreieinhalb Monate lang mit dem vorhandenen<br />

Brennstoffinventar weiter betrieben werden.<br />

Gemein haben der „Scholz-Plan“ und der „Habeck-Plan“<br />

allerdings, dass sie den Winter 2023/24 und seine wahrscheinlich<br />

angespannte Versorgungslage nicht beachten.<br />

Denn die Gasspeicher werden im Frühjahr 2023 wahrscheinlich<br />

stärker entleert sein als 2022 und es wird wohl<br />

konstant keine russischen Gaslieferungen geben, die im<br />

laufenden Jahr bis Mitte Juni weitgehend normal liefen.<br />

Obgleich die Bundesregierung mit Blick auf die Kernkraftwerke<br />

wegen der Nutzung schwimmender LNG-<br />

Terminals von einem fundamentalen Unterschied zwischen<br />

dem kommenden und dem übernächsten Winter<br />

spricht, wurde doch die Befristung der Sonderregeln für<br />

Kohlekraftwerke vom 30. April 2023 auf den 31. März<br />

2024 verlängert, was auch für den Weiterbetrieb von<br />

Braunkohlekraftwerken im rheinischen Revier gilt.<br />

Über die Strompreisentwicklung liegen inzwischen Untersuchungen<br />

vor, die einen deutlichen preissenkenden<br />

Effekt eines substantiellen, also längeren Weiterbetriebs<br />

von Kernkraftwerken zeigen. Eine Untersuchung von<br />

Prof. Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats<br />

Wirtschaft der Bundesregierung, zeigt, dass das<br />

Strompreisniveau 2024 bei Weiterbetrieb von drei Kernkraftwerken<br />

um etwa 13 % niedriger liegen würde als<br />

ohne und auch in 2027 trotz unterstelltem weiterem Ausbau<br />

der erneuerbaren Energie noch ein nennenswerter<br />

Effekt bestünde. In dieser Ausgabe der <strong>atw</strong> findet sich<br />

eine Untersuchung mit dem Charakter einer Sensitivitätsanalyse.<br />

Im Maximalfall des – in der Praxis jetzt nicht<br />

mehr realisierbaren – vollen Weiterbetriebs von sechs<br />

Kernkraftwerken im kommenden Jahr wird aufgrund der<br />

nicht-linearen Effekte im Strommarkt eine Senkung des<br />

Preisniveaus um die Hälfte errechnet.<br />

Wie groß der Preiseffekt in der Praxis auch wäre, zeigen<br />

die Untersuchungen klar, dass ein Weiterbetrieb von<br />

Kernkraftwerken in den kommenden Jahren die Stromkunden<br />

massiv entlasten könnte. Unter der Bedingung<br />

einer Strompreisbremse könnte auch der Staatshaushalt<br />

deutlich entlastet werden. Leider gelang trotz der größten<br />

Energiekrise seit Bestehen der Bundesrepublik und<br />

einer inzwischen breiten Unterstützung der Bevölkerung<br />

für einen Weiterbetrieb kein entschlossenerer Schritt im<br />

parteipolitischen Gestrüpp, das sich nach wie vor im<br />

Klammergriff der Ausstiegsideologie befindet. Ironisch<br />

erscheint es, dass sich Teile der Begründung des Gesetzentwurfs<br />

wie ein Plädoyer für eine weitere Kernenergienutzung<br />

lesen und auch wie ein Dementi vieler gegen<br />

einen Weiterbetrieb monatelang vorgebrachter Argumente.<br />

Nicolas Wendler<br />

– Chefredakteur –<br />

EDITORIAL<br />

Editorial<br />

Es kreißte der Berg und gebar eine Maus – minimale Laufzeitverlängerung durch Kanzlerbrief


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Inhalt<br />

4<br />

CONTENTS<br />

Ausgabe 6<br />

2022<br />

November<br />

Editorial<br />

Es kreißte der Berg und gebar eine Maus –<br />

minimale Laufzeitverlängerung durch Kanzlerbrief . . . . . . . . . . .3<br />

Did you know? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5<br />

Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6<br />

Feature | Energy Policy, Economy and Law<br />

Der Erhalt von sechs Kernkraftwerken könnte den<br />

Großhandelspreis für Strom um die Hälfte absenken . . . . . . . . . .7<br />

Björn Peters<br />

Interview with Pietro Barabaschi<br />

“ITER is a First of a Kind research facility where we are already<br />

encountering many technical breakthroughs”. . . . . . . . . . . . 11<br />

Nicolas Wendler<br />

Serial<br />

Die zweite Sonderanalyse<br />

der deutschen Netzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer<br />

Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle am ELBE-Zentrum im Überblick . . . . . . . . . 22<br />

Kai Dürfeld<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance –<br />

Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology?. . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Henrique Schneider, Lukas Aebi<br />

Research and Innovation<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV –<br />

Forschung und Entwicklung für Primärpumpen . . . . . . . . . . . . 35<br />

David Lauer<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

Innovations in Canister Design could offer improved<br />

cost-effectiveness and Flexibility<br />

in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Gerichtliche Mediation im Atomrecht –<br />

ein Erfahrungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

Herbert Posser<br />

Cover:<br />

Kernkraftwerk Isar<br />

Credit: PreussenElektra GmbH<br />

KTG – Fachinfo. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

Vor 66 Jahren<br />

Auf dem Weg zum Welt–Uranmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

KTG Inside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Inhalt


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Did you know?<br />

Jahresbericht der Euratom Supply Agency 2021<br />

Im August 2022 legte die Euratom Supply Agency (ESA) ihren<br />

jüngsten Jahresbericht für 2021 vor. Die ESA ist für die Versorgungssicherheit<br />

der EU mit Kernmaterial zuständig und als<br />

einziger Akteur in der EU berechtigt, Versorgungsverträge für<br />

Kernmaterialien abzuschließen. Die ESA stellt in ihrem Bericht<br />

fest, dass der gesamte Kernenergiesektor über eine diversifizierte<br />

Versorgungsstruktur verfügt, aber dass manche Betreiber von<br />

Kernkraftwerken nur einen Lieferanten für Kernmaterial hätten.<br />

Fälle von Abhängigkeit von nur einem Lieferanten für WWER-<br />

Brennelementen für Reaktoren russischen Typs stellen die<br />

größte Schwäche in der Versorgungssicherheit des Sektors dar.<br />

Im Zusammenhang mit dem veränderten Kontext für die nukleare<br />

Versorgungssicherheit nach der russischen Invasion der<br />

Ukraine empfiehlt die ESA eine Revision der Risikoabschätzung<br />

einschließlich von Transport- und Lagerungsfragen, die Entwicklung<br />

von Risikovorsorgeplänen, diversifizierte Langzeitverträge,<br />

die Nutzung strategischer Vorräte und strategische industrielle<br />

Investitionen.<br />

In der EU-27 (ohne Großbritannien) waren im Jahr 2021 106<br />

Reaktoren in 13 Staaten in Betrieb. Im Jahr 2020 wurden in der<br />

EU-28 (mit Großbritannien) 683.5 TWh Strom aus Kernenergie<br />

erzeugt, was in der EU-27 im Jahr 2020 einem Anteil von 24,6 %<br />

14,31<br />

1,36 0,17<br />

1,64<br />

0,04<br />

24,26<br />

der gesamten Stromerzeugung entspricht. Es befanden sich in<br />

Finnland, Frankreich und der Slowakei vier Reaktoren im Bau,<br />

von denen der finnische, Olkiluoto 3, inzwischen in Betrieb gegangen<br />

ist und ab Dezember in den kommerziellen Betrieb<br />

übergehen soll.<br />

Im Jahr 2021 wurden 2.197 t Uran in Form frischer Brennelemente<br />

in die kommerziellen Reaktoren geladen. Dieses Uran<br />

wurde aus 15.401 t Natururan und 183 t wiederaufbereitetem<br />

Uran mit einem Anreicherungsaufwand ausgedrückt in Urantrennarbeit<br />

(UTA) von 11.588 tUTA hergestellt. Die<br />

durchschnittliche Anreicherung betrug dabei 4,11 % Uran-235,<br />

die durchschnittliche Abreicherung in den Tails 0,22 % In mehreren<br />

Reaktoren in Frankreich und den Niederlanden wurden<br />

MOX-Brennelemente verwendet. In frischen MOX-BE wurden<br />

4.858 Kilogramm Plutonium eingesetzt, 7 % weniger als 2020.<br />

Dadurch wurden 439 t Natururan und 311 tUTA eingespart.<br />

Die EU hatte 2021 fünf Hauptlieferanten für Uran, Niger, Kasachstan,<br />

Russland, Australien und Kanada (siehe Grafik) und<br />

importierte insgesamt 11.954 t Natururan. Die weltweite Förderung<br />

betrug im Jahr 2021 48.303 t Natururan. Es wurden<br />

Konversionsdienstleistungen in Höhe von 12.237 tU in Anspruch<br />

genommen, von denen 30,67 % in der EU erbracht wurden, der<br />

Rest in Kanada, Russland und den USA. Die Konversionskapazität<br />

in der EU lag bei 10.500 tU und soll bis 2023 bis auf 15.000<br />

tU ausgebaut werden. 2021 haben die EU-Kernkraftwerksbetreiber<br />

10.290 t Urantrennarbeit für an die Kraftwerke geliefertes<br />

Uran in Anspruch genommen, von denen 6.385 tUTA oder 62 %<br />

in der EU bereitgestellt wurden, 31 % in Russland. Die installierte<br />

Kapazität der Anreicherungsanlagen in der EU beträgt 16.400<br />

tUTA. 2021 lag in der EU ein Kern brennstoffvorrat von 36.810 t<br />

Natur uran-Äquivalent vor, was dem Verbrauch von rund drei<br />

Jahren entspricht. Der Uranpreis in langfristigen Verträgen stieg<br />

im Jahresverlauf von 33 Dollar pro Pfund U3O8 auf 41 Dollar.<br />

DID YOU EDITORIAL KNOW? 5<br />

15,54<br />

19,69<br />

22,99<br />

Zu den internationalen Trends am Kernbrennstoffmarkt, die im<br />

ESA-Bericht beschrieben werden, gehört der Aufbau großer<br />

Dekonversionskapazitäten, um abgereichertes Uranhexafluorid<br />

für die langfristige Lagerung in UO2 umzuwandeln. Dies geschieht<br />

in der Anreicherungsanlage der Urenco in Capenhurst,<br />

UK, im Rahmen eines Programms des US-Energieministeriums<br />

in Paducah und Portsmouth sowie bei TVEL in Zelenogorsk,<br />

Russland.<br />

Kasachstan<br />

Australien<br />

Niger<br />

Kanada<br />

Wiederangereichertes Uran<br />

Russland<br />

Usbekistan<br />

Südafrika<br />

| Grafik 1:<br />

Ursprung des an EU-Kernkraftwerke gelieferten Urans 2021 in Prozent.<br />

EU<br />

In Frankreich, den Vereinigten Staaten und Russland werden<br />

Projekte verfolgt, den maximalen Anreicherungsgrad über 5 %<br />

in den Bereich 5,5 bis 10 (LEU+) zu steigern, auch als Vorbereitung<br />

für eine Produktion von HALEU-Kernbrennstoff mit<br />

Anreicherungen bis 20 % für neue Reaktortypen.<br />

Quelle: Annual Report<br />

2021, Euratom Supply<br />

Agency, August 2022<br />

Did you know?


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Kalender<br />

CALENDAR 6<br />

2022 – 2023<br />

01.11. – 02.11.2022<br />

SYP2022 – <strong>Nuclear</strong> Science<br />

and Technology Symposium.<br />

Finnish <strong>Nuclear</strong> Society, Helsinki, Finland<br />

www.ats-fns.fi/en/syp2022<br />

10.11. – 11.11.2022<br />

15th European <strong>Nuclear</strong> Energy Forum.<br />

European Commission, Prague, Czech Republic<br />

https://ec.europa.eu/info/events/europeannuclear-energy-<strong>for</strong>um-enef/15th-europeannuclear-energy-<strong>for</strong>um-2022-nov-10_en<br />

14.11. – 17.11.2022<br />

12th <strong>International</strong> Symposium<br />

Release of Radioactive Materials |<br />

Provisions <strong>for</strong> Clearance and Exemption.<br />

TÜV Nord, Frankfurt, Germany<br />

https://www.tuev-nord.de/de/unternehmen/<br />

veranstaltung/details/akademie/12th-international-symposium-release-of-radioactive-materialsprovisions-<strong>for</strong>-clearance-and-exemption/<br />

15.11. – 16.11.2022<br />

Energy Transition Europe 2022.<br />

Reuters Events, London, UK<br />

https://events.reutersevents.com/energytransition/energy-transition-europe<br />

15.11. – 17.11.2022<br />

ICOND 2022.<br />

Aachen Institute <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Training,<br />

Aachen, Germany<br />

www.icond.de<br />

16.11. – 17.11.2022<br />

<strong>International</strong> <strong>Nuclear</strong> Manufacturing<br />

Summit 2022.<br />

<strong>Nuclear</strong> AMRC, Magna, Rotherham, UK<br />

https://web-eur.cvent.com/event/41605f36-a503-<br />

404b-9ba3-02735892d396/summary<br />

23.11. – 24.11.2022<br />

Hybrid<br />

Energy 2050 Summit.<br />

Frontier, London, UK<br />

www.frontierenergy.network/events/energy-<br />

2050-summit-2022<br />

27.11. – 02.12.2022<br />

Hybrid<br />

IYNC2022 – <strong>International</strong> Youth<br />

<strong>Nuclear</strong> Conference<br />

IYNC, Koriyama, Japan<br />

https://www.iync.org/<br />

28.11. – 02.12.2022<br />

5. <strong>International</strong> Conference on <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Plant Life Management.<br />

IAEA, Vienna, Austria<br />

www.iaea.org/events/plim-5<br />

29.11. – 02.12.2022<br />

Innovative Techniques and Technologies to<br />

Support Characterisation and Decommissioning<br />

of Complex and Legacy Sites.<br />

NEA, Boulogne-Billancourt, France<br />

https://www.oecd-nea.org/jcms/pl_71664/innovative-techniques-and-technologies-to-supportcharacterisation-and-decommissioning-ofcomplex-and-legacy-sites<br />

29.11. – 01.12.2022<br />

Valve World Expo 2022.<br />

Messe Düsseldorf, Düsseldorf, Germany<br />

www.valveworldexpo.com<br />

01.12.2022<br />

<strong>Nuclear</strong> 2022.<br />

<strong>Nuclear</strong> Industry Association, London, UK<br />

https://nuclear2022.co.uk/home<br />

– 2023 –<br />

06.02. – 09.02.2023<br />

CONTE 2023 – Conference on<br />

<strong>Nuclear</strong> Training and Education.<br />

Omni Amelia Island Resort, Amelia Island, FL<br />

www.ans.org/meetings/view-conte23<br />

26.02. – 02.03.2023<br />

WM2023 Conference.<br />

X-CD Technologies, Phoenix AZ, USA<br />

www.wmsym.org<br />

04.04. – 06.04.2023<br />

ITER Business Forum 2023.<br />

ITER Business Forum, Marseille, France<br />

www.iterbusiness<strong>for</strong>um.com<br />

18.04. – 20.04.2023<br />

RWNFC – World <strong>Nuclear</strong> Fuel Cycle 2023.<br />

<strong>Nuclear</strong> Energy Institute, The Hague, Netherlands<br />

https://www.wnfc-event.com/website/21771/<br />

16.04. – 20.04.2023<br />

RRFM – European Research Reactor Conference.<br />

European <strong>Nuclear</strong> Society, Antwerp, Belgium<br />

https://www.euronuclear.org/european-researchreactor-conference-2023-rrfm/<br />

23.04. – 27.04.2023<br />

ICAPP – <strong>International</strong> Congress on Advances<br />

in <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plants.<br />

Gyeongju, South Korea<br />

www.ans.org/meetings/view-icapp2023<br />

15.05. – 20.05.2023<br />

<strong>International</strong> Conference on <strong>Nuclear</strong><br />

Decommissioning: Addressing the Past<br />

and Ensuring the Future.<br />

IAEA, Vienna, Austria<br />

https://www.iaea.org/events/decom2023<br />

14.06. – 15.06.2023<br />

KERNTec 2023 - Scientific Days.<br />

KernD & KTG, Frankfurt, Germany<br />

www.kernd.de, www.ktg.org<br />

11.06. – 16.06.2023<br />

PATRAM22.<br />

World <strong>Nuclear</strong> Transport Institute (WNTI)<br />

and partners, Antibes, France<br />

www.patram.org<br />

27.06. – 29.06.2023<br />

NDE in <strong>Nuclear</strong> 2023.<br />

SNETP, Sheffield, UK<br />

https://snetp.eu/2022/07/20/nde-innuclear-2023/<br />

18.07. – 21.07.2023<br />

TopFuel2023.<br />

Chinese <strong>Nuclear</strong> Society, Xi‘an, China<br />

http://wrfpm2023.org.cn/<br />

20.08. – 25.08.2023<br />

NURETH-20 – 20th <strong>International</strong><br />

Topical Meeting on <strong>Nuclear</strong> Reactor<br />

Thermal Hydraulics.<br />

ANS, Washington DC, USA<br />

https://www.euronuclear.org/project/nureth-<br />

20-august-2023-washington-usa/<br />

30.08. – 01.09.2023<br />

KONTEC 2023.<br />

DKM Janet Scherping, Dresden, Germany<br />

www.kontec-symposium.com<br />

25.09. – 29.09.2023<br />

NPC 2023 – <strong>International</strong> Conference<br />

on <strong>Nuclear</strong> Plant Chemistry.<br />

SFEN, Antibes, France<br />

https://www.nuclearinst.com/events/sfen-npc-<br />

2023-international-conference-on-nuclear-plantchemistry/15571<br />

28.11. – 30.11.2023<br />

World <strong>Nuclear</strong> Exhibition.<br />

Paris Nord Villepinte - Hall 7, France<br />

www.world-nuclear-exhibition.com<br />

This is not a full list and may be subject to change.<br />

Calendar


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Der Erhalt von sechs Kernkraftwerken<br />

könnte den Großhandelspreis für Strom<br />

um die Hälfte absenken<br />

Björn Peters<br />

Die Bundespolitik diskutiert derzeit über die Frage, welche Auswirkungen ein Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

auf den deutschen Strommarkt haben würde. Das ifo hat errechnet, dass ein Weiterbetrieb<br />

der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim und Emsland eine Ersparnis von vier Prozent in den Großhandelspreisen<br />

erbringen würde. Auf Basis von langjährigen Wetter- und Lastgangsdaten ermitteln wir<br />

für dieses Szenario eine Ersparnis von 21 Prozent. Würden auch die bereits außer Betrieb genommenen<br />

Kernkraftwerke Gundremmingen, Grohnde und Brokdorf wieder reaktiviert werden können, errechnen<br />

wir eine Ersparnis von 60 %. Diese Werte sind mit Vorsicht zu betrachten. Märkte handeln die Zukunft,<br />

und sie agieren nicht immer rational, so dass die tatsächliche Ersparnis auch höher oder niedriger ausfallen<br />

kann. Auch wird nur ein Teil der Strommenge an den Börsen gehandelt, andere Teile werden in Langfristkontrakten<br />

zwischen jeweils zwei Parteien verkauft. Die Simulationsergebnisse zeigen aber den starken,<br />

nichtlinearen Effekt des Erhalts von Kernkraftwerken auf die Erschwinglichkeit von elektrischer<br />

Energie.<br />

METHODIK<br />

Wir simulieren den Strommarkt auf Basis des Lastgangs<br />

und einer siebenjährigen Wetterdatenreihe<br />

der Kalenderjahre 2008 bis 2014. Die Lastgangsdaten<br />

werden von den Stromnetzbetreibern regelmäßig<br />

veröffentlicht. Die Wetterdaten wurden vom<br />

DWD übernommen und von einem Team um den<br />

Autor herum am Institut für Atmosphärenphysik<br />

der Universität Mainz im Jahr 2015 in synthetische<br />

Wind- und Solarproduktion umgerechnet.<br />

Die synthetische Produktion von wetterabhängig<br />

arbeitenden Kraftwerken hat Vor- und Nachteile.<br />

Ein wichtiger Vorteil ist die leichte Skalierbarkeit<br />

der Produktionsdaten auf ein gewünschtes Kapazitätsziel.<br />

Dadurch lassen sich beliebige politisch<br />

gewünschte Szenarien der Marktdurchdringung<br />

mit wetterabhängigen Kraftwerken durchspielen.<br />

Allerdings ermöglichen die synthetischen Produktionsdaten<br />

keine regional spezifischen Ausbaupfade<br />

– es werden Wind- und Solaranlagen gleichmäßig<br />

über Deutschland und die nahen Seegebiete verteilt<br />

– und die Lastgangsdaten bleiben statisch, können<br />

daher keine Verhaltensänderungen in Gesellschaft<br />

und Industrie widerspiegeln.<br />

Phasen extremer Kälte, Bewölkung und Windstillstand<br />

zu berücksichtigen. Eine Gewichtung mit der<br />

Wahrscheinlichkeit solcher Phasen ist unzulässig,<br />

da die Energieversorgung immer funktionieren<br />

muss, also auch in den Phasen von Extremwetter.<br />

Dies stellt allerdings noch keinen Schwerpunkt der<br />

Energiesystem<strong>for</strong>schung dar; die besten Modelle<br />

(wie das des IEK-3 in Jülich) verwenden zwar über<br />

35-jährige Datenreihen, der Schritt zur statistischen<br />

Energiemeteorologie wurde aber noch nicht gegangen.<br />

Dieser würde bedeuten, aus den langjährigen<br />

Wetterdaten Profile mit 30-, 100- oder gar 500-jährlichen<br />

Dunkelflauten zu errechnen, in Analogie<br />

zu entsprechenden Hochwasserlinien. (Deutsche<br />

Kernkraftwerke müssen einem 10.000-jährlichen<br />

Hochwasser standhalten.)<br />

Der veröffentlichte Lastgang ist unvollständig, er<br />

enthält keine Beiträge von Eigenversorgern, also<br />

von Kraftwerken, die nicht ans Stromnetz angeschlossen<br />

sind, sondern nur an eine industrielle<br />

Produktionsanlage. Andererseits ignorieren wir den<br />

Beitrag von Wasserkraft und Biomasseverstromung.<br />

Beide Effekte liegen im Bereich von 7 GW und gleichen<br />

sich daher aus.<br />

FEATURE | ENERGY POLICY, ECONOMY EDITORIAL<br />

AND LAW 7<br />

Unumgänglich ist die Verwendung von langjährigen<br />

Wetterdaten. Als die Daten im Jahr 2015<br />

erstellt wurden, waren sie der längste Datensatz in<br />

der Energie<strong>for</strong>schung, während selbst heute noch<br />

unzulässigerweise nur jeweils ein Wetterjahr für<br />

Simulationen des Energiesystems herangezogen<br />

wird. Professionelles Risikomanagement in der<br />

Energiemodellierung würde bedeuten, auch seltene<br />

Durch Abzug der synthetischen Produktion aus Solarund<br />

Windkraftwerken vom Lastgang erhalten wir die<br />

Residuallast. Diese muss vom Strommarkt mit thermischen<br />

Kraftwerken produziert werden. Für den<br />

Strommarkt ist daher die Solar- und Windeinspeisung<br />

eine externe Größe; man könnte <strong>for</strong>mulieren,<br />

dass es nicht einen Strommarkt für Deutschland<br />

gibt, sondern jede Stunde einen anderen.<br />

Editorial Feature<br />

Der Erhalt von Der sechs Erhalt Kernkraftwerken von sechs Kernkraftwerken könnte den Großhandelspreis könnte den Großhandelspreis für Strom um die für Strom Hälfte um absenken die Hälfte ı Björn absenken Peters


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

FEATURE | ENERGY POLICY, ECONOMY EDITORIAL<br />

AND LAW 8<br />

| Abb. 1:<br />

Residuallast mit und ohne Kernkraft.<br />

Wir berücksichtigen jeweils den Lastgang mit und<br />

ohne Kernkraftwerke, die wir für diese Zwecke zu<br />

den sauberen Energien aus Solar- und Windkraft<br />

hinzurechnen. Zeiten mit Überschüssen an sauberen<br />

Energien ignorieren wir. In der Praxis würde man<br />

die Überschüsse abregeln, da sich auch heute durch<br />

hier nicht berücksichtigte Netzengpässe immer<br />

wieder Situationen der Abregelung von Wind- und<br />

Solarenergie ergeben.<br />

Die Preise, die sich am Strommarkt ergeben, ermitteln<br />

wir aus dem EWI Merit Order Tool 2022 mit<br />

Werten für 2021. Das Jahr 2021 zeichnete sich dadurch<br />

aus, dass sich die gegenwärtige Energiekrise<br />

zu entfalten begann. Die Ursachen für die Energiekrise<br />

sehen wir auch im Krieg Russlands gegen die<br />

Ukraine und dem Lieferstopp für Gas, die Krise begann<br />

aber wesentlich früher, ausgelöst durch<br />

schwache Windstromproduktion in der ersten Jahreshälfte<br />

2021 und dem vermehrten Einsatz von<br />

Erdgas zur Stromproduktion in ganz Westeuropa.<br />

Dadurch hatten sich bis zur Jahresmitte 2021 die<br />

Preise für Erdgas und CO 2 -Emissionszertifikate im<br />

Verhältnis zum Jahresanfang bereits verdoppelt,<br />

und bis zum Jahresende 2021 waren diese Preise<br />

um das 3 – 4-fache angestiegen.<br />

Wir berechnen also für jede der 61.368 Stunden<br />

der Jahre 2008 bis 2014 den Börsenpreis, der sich<br />

aufgrund der Residuallast laut dem EWI-Merit-Order-Tool<br />

ergeben hätte, gewichten diesen durch<br />

die Residuallast und summieren dann über den<br />

Marktwert der Stromproduktion über alle Stundenscheiben.<br />

Nach Division durch den Faktor 7 erhalten<br />

wir den durchschnittlichen Marktwert des Strommarkt<br />

in einem ganzen Kalenderjahr.<br />

Die Eingangsparameter im EWI Merit-Order-Tool<br />

variieren wir, um den gestiegenen Marktpreisen für<br />

Kohle, Erdgas und CO 2 -Emissionszertifikaten Rechnung<br />

zu tragen bzw. den Einfluss von zusätzlichen<br />

Kernkraftwerken zu simulieren (s. u.).<br />

ERGEBNISSE<br />

Aus der Merit-Order-Kurve des EWI und unseren<br />

simulierten Stromproduktionsdaten über sieben<br />

| Abb. 2:<br />

EWI Merit Order Tool 2022 mit Daten für 2021.<br />

Editorial Feature<br />

Der Erhalt von sechs Kernkraftwerken könnte den Großhandelspreis für Strom um die Hälfte absenken ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Szenarien<br />

Situation<br />

2021<br />

Ohne KKW<br />

Werte von<br />

2021<br />

Drei KKW<br />

Werte von<br />

2021<br />

Jahre ermitteln wir einen Durchschnittspreis von<br />

46,10 EUR/MWh. Fallen die drei im Jahr 2021 abgeschalteten<br />

Kernkraftwerke weg, errechnen wir<br />

einen Durchschnittspreis von 62,60 EUR/MWh.<br />

Ganz ohne Kernkraft ermitteln wir einen Durchschnittspreis<br />

von 83,90 EUR/MWh, also fast eine<br />

Verdoppelung der Börsenstrompreise. Der starke<br />

Anstieg ergibt sich aus der quadratischen Gewichtung<br />

von Zeiten mit hoher Residuallast: Sowohl<br />

muss ja dann auch mehr Strom aus fossil betriebenen<br />

Kraftwerken bereitgestellt werden, er ist über<br />

den Merit-Order-Effekt auch noch deutlich teurer,<br />

gerade dann, wenn ein Brennstoffwechsel in der<br />

Preissetzung von Kohle nach Erdgas eintritt.<br />

In der rechten Hälfte der Tabelle wurden die Simulationsergebnisse<br />

wiederholt. Angenommen wurde<br />

zunächst ein Anstieg des Preises für Steinkohle von<br />

14,56 auf 27,50 EUR/MWh th , ein Anstieg des Preises<br />

für Erdgas von 54,06 auf 150 EUR/MWh th sowie<br />

ein Anstieg des Preises für CO 2 -Emissionszertifikate<br />

von 52,09 auf 90 EUR/Tonne. Dies entspricht in<br />

etwa den Marktwerten des Sommers 2022.<br />

Das Ergebnis „ohne Kernkraftwerke“ entspricht den<br />

Markterwartungen ab 2023, also nach vollendetem<br />

Atomausstieg. Wir errechnen auf Basis der Simulationen<br />

einen durchschnittlichen Börsenpreis von<br />

197,10 EUR/MWh, also immer noch deutlich unter<br />

den Grundlastpreisen der Jahresfutures 2023 und<br />

2024, wie sie derzeit an der EEX gehandelt werden.<br />

Der relative Effekt der Preisersparnis durch Laufzeitverlängerung<br />

wäre noch größer, wenn realistischere<br />

Parameter verwendet worden wären.<br />

Ein Testfall ist auch das Szenario mit drei KKW, also<br />

dem Szenario 2022. Dort sollte sich der Börsenstrompreis<br />

um 31 % auf im Mittel 135,70 EUR/MWh<br />

verbilligen. Würden die drei zuletzt abgeschalteten<br />

Kernkraftwerke noch laufen, ergäbe sich eine Absenkung<br />

um 54 % auf 91,40 EUR/MWh.<br />

Diese Absenkung ist aber für 2023 noch nicht die<br />

volle Wahrheit, denn neben der Preissenkung aus<br />

dem Merit-Order-Effekt ergeben sich noch zwei<br />

Sechs KKW<br />

Werte von<br />

2021<br />

Ohne KKW<br />

Werte von<br />

2022<br />

Drei KKW<br />

Werte von<br />

2022<br />

Sechs KKW<br />

Werte von<br />

2022<br />

Sechs KKW<br />

sekundäre<br />

Effekte<br />

Preis Steinkohle (EUR/MWh) 14,56 14,56 14,56 14,56 27,50 27,50 27,50 25,00<br />

Preis Erdgas (EUR/MWh) 54,06 54,06 54,06 54,06 150,00 150,00 150,00 130,00<br />

Preis CO 2 (EUR/Tonne) 52,09 52,09 52,09 52,09 90,00 90,00 90,00 75,00<br />

Kernkraftkapazität (MW/a) 7.546,00 0,00 3.772,00 7.546,00 0,00 3.772,00 7.546,00 7.546,00<br />

Marktwert/Jahr (Mrd. EUR) 22,70 41,30 30,8 22,70 97,00 66,80 45,00 39,10<br />

Durchschnittspreis (EUR/MWh) 46,10 83,90 62,60 46,10 197,10 135,70 91,40 79,40<br />

ERSPARNIS 31 % 54 % 60 %<br />

| Tab. 1:<br />

Simulationsannahmen und -ergebnisse.<br />

weitere sekundäre Effekte und ein tertiärer Effekt<br />

der Preisabsenkung.<br />

Wenn Atomstrom erhalten bleibt, wird weniger Gas<br />

und Kohle im Stromsektor verbrannt. Dadurch stehen<br />

diese Mengen andernorts zur Verfügung und<br />

deren Preis sinkt ab. Da diese Märkte europäisch<br />

oder gar international organisiert sind, werden<br />

Verbraucher auch jenseits der deutschen Landesgrenzen<br />

entlastet. Wir simulieren den Effekt mit<br />

einer Reduktion von 150 auf 130 EUR/MWh th bei<br />

Erdgas und mit einer Reduktion von 27,50 auf 25,00<br />

EUR/MWh th bei Kohle.<br />

Ähnlich bedeutend ist der Effekt auf CO 2 -Emissionszertifikate.<br />

Wenn über 60 TWh jährlich an<br />

Atomstrom zusätzlich erzeugt würden, entfiele<br />

die Notwendigkeit, diese Menge mit CO 2 emittierenden<br />

Kraftwerken zu erzeugen. Je nachdem, ob<br />

der Atomstrom mehr Gas- oder mehr Kohlestrom<br />

ersetzt, ergeben sich 40 – 60 Millionen Tonnen an<br />

CO 2 -Einsparungen, mithin mehrere Prozent des<br />

ETS-Markts. Da dieser Markt stark inelastisch auf<br />

Nachfrageschwankungen reagiert, kann der Preiseffekt<br />

größer sein. Wir simulieren die Preisentlastung<br />

mit einer Reduktion von 90 auf 75 EUR/Tonne, die<br />

gleichfalls wieder allen europäischen Nachbarn zugutekäme.<br />

Ein tertiärer Effekt der Absenkung ergibt sich, weil<br />

gesunkene Brennstoff- und CO 2 -Preise unmittelbar<br />

wieder die Merit-Order-Kurve insgesamt drücken<br />

würde. Diese Effekte sorgen in unserer Simulation<br />

für eine weitere Entlastung des durchschnittlichen<br />

Strompreises von 91,40 auf 79,40 EUR/MWh, was<br />

im Verhältnis zur Situation ohne Kernkraftwerke<br />

(197,10 EUR/MWh) einer Entlastung um 60 % entspricht.<br />

FAZIT<br />

Die hier vorgestellte Simulation des Gesamtmarkts<br />

beruht auf zahlreichen Vereinfachungen,<br />

berücksichtigt aber langjährige Datenreihen des<br />

Stromverbrauchs (Lastgang) und der wetterbedingt<br />

schwankenden Einspeisung aus Solar- und<br />

FEATURE | ENERGY POLICY, ECONOMY EDITORIAL<br />

AND LAW 9<br />

Editorial Feature<br />

Der Erhalt von Der sechs Erhalt Kernkraftwerken von sechs Kernkraftwerken könnte den Großhandelspreis könnte den Großhandelspreis für Strom um die für Strom Hälfte um absenken die Hälfte ı Björn absenken Peters


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

FEATURE | ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 10<br />

| Abb. 3:<br />

Kernkraftwerk Isar. Credit: PreussenElektra GmbH.<br />

Windkraft über sieben Jahre. Zusätzlich wird die<br />

reale Merit-Order-Kurve des Jahres 2021 verwendet.<br />

Die Merit-Order-Kurve des Jahres 2022 stand<br />

aber noch nicht zur Verfügung, um noch realistischere<br />

Preise am Strommarkt abbilden zu können,<br />

außerdem wurde stark vereinfachend angenommen,<br />

dass sämtlicher Strom über die Strombörse<br />

gehandelt würde. Eine weitere Vereinfachung stellt<br />

die Annahme einer „Kupferplatte“ dar, also dass jedweder<br />

produzierte Strom abtransportiert werden<br />

kann, ohne Netzengpässe. Ungenauigkeiten werden<br />

auch dadurch erzeugt, dass in der Wettersimulation<br />

Solar- und Windkraftanlagen gleichmäßig über die<br />

Landes- und Seefläche (für Offshore-Windkraft)<br />

verteilt wurden, wohingegen in realiter Windkraft<br />

im Norden des Landes viel stärker ausgebaut ist als<br />

im Süden, und bei Solarenergie umgekehrt im Süden<br />

stärker ausgebaut wurde.<br />

Trotz all dieser Vereinfachungen zeigt die Simulation,<br />

dass der Preiseffekt einer Laufzeitverlängerung<br />

hoch nichtlinear entlasten würde. Dies liegt an vielen<br />

Jahresstunden, in denen die Grenzkosten von<br />

Kohle- statt von Gaskraftwerken preissetzend sind,<br />

wenn mehr Kernkraft angeboten wird.<br />

geschlossen abwandern, muss jeder Beitrag geleistet<br />

werden, der zur Absenkung der Energiepreise<br />

beiträgt. Die sechs Kernkraftwerke sollten daher so<br />

lange weiter betrieben werden, bis die Energiekrise<br />

überwunden ist. Sie wird uns noch mindestens für<br />

ein Jahrzehnt beschäftigen, daher sollten die Enddaten<br />

für die Kernkraftwerke aus dem Atomgesetz<br />

endlich herausgestrichen werden. Abhilfe wird es<br />

frühestens in den 2030er-Jahren geben, wenn neue<br />

Kernkraftwerke errichtet oder Speichermöglichkeiten<br />

für wetterabhängige Kraftwerke großtechnisch<br />

eingeführt wurden.<br />

Quellenverzeichnis:<br />

| M. Mier (ifo), Erdgas- und Strompreise, Gewinne, Laufzeitverlängerungen und das Klima,<br />

ifo Schnelldienst, 2022, 75, Nr. 09, 20–26.<br />

| C. Güler, Stromproduktion aus Wind- und Solarenergie unter Berücksichtigung der Meteorologie,<br />

Masterarbeit, Institut für Atmosphärenphysik Mainz, 2016.<br />

| EWI Merit-Order Tool 2022, Januar 2022. Der Sprung von Kohle zu Gas ergibt sich mit Kernkraft<br />

bei etwa 37 GW Residuallast, ohne Kernkraft bereits bei rund 29 GW Residuallast.<br />

| EEX Marktdaten, https://www.eex.com/de/marktdaten/strom/futures.<br />

| Bundesministerium für Wirtschaft und Klima, Veröffentlichung der Langfassung der Ergebnisse des<br />

zweiten Stresstests zum Stromsystem, 15.09.2022, PDF.<br />

Autor<br />

Dr. Björn Peters<br />

Peters Coll. Unternehmens- und Politikberatung,<br />

Kelkheim<br />

Allgemeiner gesprochen ist eine Energiekrise durch<br />

hohe Preise gekennzeichnet, hohe Preise sind<br />

Knappheitspreise und Knappheit kann durch eine<br />

Angebotsausweitung einfach behoben werden. Das<br />

Potential der letzten sechs Kernkraftwerke wird<br />

nicht ausreichen, um die Strompreise gänzlich auf<br />

das Vorkrisenniveau zu normalisieren. Dennoch<br />

zählt in Notzeiten jede Kilowattstunde. Wenn Stromabschaltungen<br />

drohen, energieintensive Industrien<br />

bp@mail-peterscoll.de<br />

Dr. Björn Peters ist Physiker und erfahrener Kraftwerksfinanzierer. Er leitet das<br />

von ihm gegründete Forschungs- und Beratungsinstitut Peters Coll., berät Unternehmer<br />

und Politiker, und engagiert sich im Startup Dual Fluid Inc. Ehrenamtlich<br />

ist er Gründungsmitglied der <strong>Nuclear</strong> Pride Coalition sowie Bundesvorstandsmitglied<br />

und Ressortleiter Energiepolitik bei der wirtschaftsliberalen Denkfabrik<br />

Deutscher Arbeitgeberverband e.V., wo er die energiepolitische Kolumne „Die<br />

Energiefrage“ verantwortet.<br />

Editorial Feature<br />

Der Erhalt von sechs Kernkraftwerken könnte den Großhandelspreis für Strom um die Hälfte absenken ı Björn Peters


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

“ITER is a First of a Kind research facility where<br />

we are already encountering many technical<br />

breakthroughs”<br />

Interview with Pietro Barabaschi I Director-General of the ITER Organization<br />

Pietro Barabaschi<br />

Pietro Barabaschi has been, since 2009, the Head of a R&D Department in Fusion-<strong>for</strong>-Energy<br />

(F4E), the European Joint Undertaking responsible to deliver European components to the<br />

ITER and Broader Approach Fusion international projects. He has been specifically responsible<br />

<strong>for</strong> the European contributions to the three projects implemented in the frame of the Broader<br />

Approach Agreement between Euratom and the government of Japan: JT60SA (a large tokamak),<br />

IFMIF/EVEDA (a large linear accelerator) and IFERC (a joint EU/JA R&D center). During<br />

2015, and again in 2022, he operated as Acting Director of F4E being responsible <strong>for</strong> the<br />

overall management of the organisation, <strong>for</strong> the Project management infrastructure and <strong>for</strong><br />

the implementation of re<strong>for</strong>m measures implemented in the frame of the ITER Management.<br />

Be<strong>for</strong>e joining F4E and up to early 2006 he was the deputy to the Project Leader and head of<br />

the Design Integration Division of the ITER <strong>International</strong> Team at the Munich Joint Work Site.<br />

Soon after the university studies in Electrical Engineering he joined the JET Project, Culham UK,<br />

where he worked in the machine development department.<br />

Pietro, 56, always worked in the field of <strong>Nuclear</strong> Fusion research, mainly in the development<br />

and construction of research infrastructures needed to make progress in the achievement of<br />

nuclear fusion as a viable energy source.<br />

INTERVIEW 11<br />

Congratulations to your new responsibilities<br />

as Director-General of the multinational ITER<br />

organization. What are your priorities <strong>for</strong> the<br />

organization in the run up to the completion <strong>for</strong><br />

the ITER device?<br />

The main objective is to work towards a better integrated<br />

team between the central ITER Organization and<br />

the Domestic Agencies in the ITER<br />

Members. This will increase the<br />

efficiency of the whole project. We<br />

also need to work on transparency<br />

with the Regulator and with the<br />

ITER Members. It needs to be<br />

understood that this is a research<br />

project and is a First of a Kind and there<strong>for</strong>e there will<br />

be unexpected events; the team is here to deal with these<br />

events but they should not come as a surprise.<br />

Your background in fusion is long and broad. Can<br />

you tell us, what have been the major milestones<br />

of fusion research in the past 10 to 20 years?<br />

There have been many developments in both physics<br />

and engineering; thanks to advances in computers we<br />

have understood the behavior of turbulence in the<br />

plasma much better <strong>for</strong> instance. An important point in<br />

the past 20 years is the decision to construct ITER and<br />

to launch an upgrade of JT-60 in Japan. Other publicly<br />

funded machines – such as KSTAR in Korea, EAST in<br />

China, and JET, the Joint European Torus based in<br />

Culham near Ox<strong>for</strong>d – have made strong contributions<br />

to body of global fusion R&D. The arrival of many<br />

We still face the challenge<br />

of efficient breeding of tritium<br />

fuel from lithium in the walls<br />

of the Tokamak<br />

commercial start-ups in the fusion field shows that<br />

more and more people start to believe in this.<br />

And concerning technical implementation, which<br />

were the major technical or conceptional breakthroughs<br />

achieved so far constructing ITER?<br />

As said above, ITER is a First of a Kind research facility<br />

where we are already encountering<br />

many technical breakthroughs.<br />

The successful manufacturing of a<br />

large part of the toroidal field coils,<br />

the manufacturing of part of the<br />

vacuum vessel sectors, the manufacturing<br />

of most of the poloidal<br />

field coils are all technological breakthroughs by themselves.<br />

What are the most urgent scientific, what are<br />

the technical challenges which are worked on in<br />

magnetic confinement fusion globally?<br />

There are many concepts that are currently being developed<br />

both in the private and the public sectors; all these<br />

concepts will take time to mature and to be fully understood;<br />

although we have made many advances over the<br />

years, there are still things that we don’t know. For<br />

example, we still face the challenge of efficient breeding<br />

of tritium fuel from lithium in the walls of the Tokamak;<br />

we continue to develop better materials <strong>for</strong> dealing with<br />

high temperatures and intense neutron flux; and we still<br />

need to understand how to transfer the energy from the<br />

high energy fusion neutrons to heat water and make<br />

Interview<br />

“ITER is a First of a Kind research facility where we are already encountering many technical breakthroughs” ı Pietro Barabaschi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

INTERVIEW 12<br />

Above:<br />

ITER in April 2022.<br />

Below: First section of<br />

the ITER vacuum vessel<br />

in place.<br />

Credit: ITER Organization.<br />

steam in an efficient way. But as I just<br />

mentioned, at ITER we are already solving<br />

some of the engineering challenges related to<br />

manufacturing components of the necessary<br />

size and precision. Another challenge is the<br />

education of the next generation of fusion<br />

scientists and engineers. People who have<br />

worked their whole career in fusion (as I have)<br />

have seen great advances and we need to<br />

make sure that by the time we retire a next<br />

generation is ready to take our place; we need<br />

to work on this now.<br />

In which areas do you see the most<br />

important needs of R+D with regard to the future<br />

prototype fusion power plant DEMO, which is<br />

already under development?<br />

There are quite a few teams around the world that are<br />

working on DEMO designs; the one thing that they have<br />

in common is that they are all waiting <strong>for</strong> results from<br />

ITER. Also the smaller private startups are looking at<br />

ITER and are awaiting our results. The fusion ef<strong>for</strong>t<br />

around the world needs to work closely together to make<br />

these work <strong>for</strong> the benefit of mankind.<br />

different concepts so that we can choose the best generating<br />

unit <strong>for</strong> each circumstance. At this moment it is<br />

more important that we get to a working generating unit<br />

and we will work very hard at ITER to make our contribution<br />

to this.<br />

Author<br />

Nicolas Wendler<br />

Head of Press and Politics<br />

KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)<br />

The work <strong>for</strong> ITER and DEMO focuses – <strong>for</strong> technical<br />

reasons – on large fusion power plants. Other<br />

fusion concepts aim <strong>for</strong> smaller generating units. In<br />

your opinion, will we see in fusion a similar competition<br />

of concepts as nowadays exists between<br />

small and modular vs. classical large fission power<br />

plants?<br />

It is difficult to predict what will happen because many<br />

concepts are in the development stage at the moment. It<br />

would be great if there would be a choice between<br />

nicolas.wendler@kernd.de<br />

Nicolas Wendler has been Head of Press and Politics at KernD since August 2013<br />

(<strong>Nuclear</strong> Technology Germany e. V. / German Atomic Forum e. V.) and started<br />

his career in March 2010 as Policy officer. Previously he was an international<br />

consultant <strong>for</strong> the international relations of the Young Union (Junge Union) of<br />

Germany among other topics of energy, climate and economic policy <strong>for</strong> the<br />

organization. Since January 2022 he is also the editor in chief at <strong>atw</strong>. Wendler<br />

studied in Munich and Bordeaux political science and economics and (North)<br />

American cultural history.<br />

Interview<br />

“ITER is a First of a Kind research facility where we are already encountering many technical breakthroughs” ı Pietro Barabaschi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Die zweite Sonderanalyse<br />

der deutschen Netzbetreiber<br />

Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer<br />

Die Netzbetreiber unterstrichen in ihrer Sonderanalyse zur Versorgungssicherheit im Winter 2022/2023 die angespannte<br />

Situation für die deutsche Stromversorgung. Sie empfahlen eine Nutzung mehrerer technischen Lösungen,<br />

darunter auch die weitere kurzfristige Verwendung von Kohle- und Kernkraftwerken. Eine Betrachtung der Entwicklung<br />

der gesicherten Kapazitäten in Deutschland zeigt auf, dass die Versorgungssicherheit nicht nur im nächsten Winter<br />

eine Heraus<strong>for</strong>derung ist.<br />

Die fünf Szenarien für den<br />

Winter 2022/2023<br />

Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber<br />

50 Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW haben<br />

Anfang September 2022 eine Sonderanalyse zur<br />

Versorgungssicherheit im Winter 2022/2023 veröffentlicht.<br />

Diese Sonderanalyse (oft „Stresstest“<br />

genannt) wurde vom BMWK beauftragt, nachdem<br />

im Laufe des Jahres 2022 eine Reihe diverser Risiken<br />

für die Versorgungssicherheit sichtbar geworden<br />

sind: ausbleibende Gaslieferungen aus Russland und<br />

deutlich verringerte Produktion aus Wasserkraft<br />

und Kernkraft. Diese Analyse steht in einer Linie<br />

mit dem „Netzreservebedarf 2022/2023“ vom April<br />

2022 und der ersten Sonderanalyse vom Mai 2022.<br />

Somit stehen insgesamt fünf Szenarien für die Bewertung<br />

der Versorgungssicherheit zur Verfügung:<br />

p Bedarfsanalyse (April 2022)<br />

p Sonderanalyse 1 (Mai 2022)<br />

p Sonderanalyse 2 + (Juli 2022)<br />

p Sonderanalyse 2 ++ (Juli 2022)<br />

mit Sensitivität „Streckbetrieb“<br />

p Sonderanalyse 2 +++ (Juli 2022)<br />

Während die Bedarfsanalyse den gesetzlichen<br />

An<strong>for</strong>derungen Grundlage aller Sonderanalysen genügt, ist verschärfen die die Sonderanalysen<br />

Bedarfsanalyse die 2022 t+1 Annahmen gem. § 3 Abs. 2 und NetzResVnehmen eine<br />

ge ringere Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke<br />

an, eine geringere Verfügbarkeit der Sicherheitsreserve<br />

in Deutschland und weitere Annahmen,<br />

wie in der Tabelle (Abb. 1) dargestellt.<br />

Neu hinzugekommen in die Betrachtungen ist die<br />

mögliche Lasterhöhung durch Heizlüfter. Diese<br />

Geräte wurden in den letzten Wochen verstärkt<br />

eingekauft, auch wenn klar ist, dass dies eine sehr<br />

teure Art zu heizen ist. In der Öffentlichkeit könnte<br />

zudem wenig Bewusstsein vorhanden sein, dass<br />

der gleichzeitige Betrieb einer großen Menge von<br />

Heizlüftern Heraus<strong>for</strong>derungen für die lokale<br />

Versorgung mit Strom darstellt.<br />

Zu den Verfügbarkeiten von Braunkohleanlagen<br />

(Abb. 2) und der drei in Frage stehenden Kernkraftwerke<br />

(Abb. 3) wurden detaillierte Annahmen<br />

getroffen. Dabei sollte beachtet werden, dass die<br />

verfügbare Leistung auch vom Betriebszustand<br />

der Kraftwerke abhängt: so benötigen beide Kraftwerkstypen<br />

eine bestimmte Vorlaufzeit, um die volle<br />

Arbeitsfähigkeit zu erreichen, sind dann aber auch<br />

in der Lage, mit einem sehr hohen Maß an Flexibilität<br />

zum Ausgleich erneuerbarer Stromerzeugung<br />

beizutragen. Braunkohlenkraftwerke können<br />

Untersuchungsansatz<br />

Gibt es ein Risiko der Lastunterdeckung aufgrund<br />

beispielsweise in etwa 30 Minuten von 100 % Lastbetrieb<br />

Untersuchungsansatz auf 50 % der Leistung runtergefahren<br />

Last<br />

unzureichender Erzeugungskapazitäten?<br />

werden.<br />

Übersicht Analyseumfang und Eingangsparameter<br />

Netz<br />

Ist die Netzsicherheit gegeben?<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 13<br />

Untersuchungsansatz:<br />

Gasverbrauchsreduktion<br />

im Stromsektor<br />

Geprüfte Maßnahme:<br />

Szenario (++) mit<br />

KKW -Streckbetrieb<br />

Annahmen Bedarfsanalyse 2022 Sonderanalyse 1 Sonderanalyse 2<br />

Szenario (+)<br />

Sonderanalyse 2<br />

Szenario (++)<br />

Max. KKW Verfügbarkeit in FR: 61 GW 51 GW 45 GW 45 GW 40 GW<br />

Marktrückkehrer aus Netzreserve<br />

und Sicherheitsbereitschaft:<br />

Verfügbarkeit<br />

Steinkohlekraftwerke:<br />

Leistungsreduktion aufgrund der<br />

Niedrigwassersituation<br />

- - 6,1 GW 5,0 GW 4,6 GW<br />

Sonderanalyse 2<br />

Szenario (+++)<br />

- - - 2 GW - 3 GW - 3,75 GW<br />

Netzreserve Verfügbarkeit: 6 GW ( 100 %) 6 GW (100 %) 4,5 GW (75 %) 4 GW (67 %) 3 GW (50 %)<br />

Gasverfügbarkeit Süd-DE und AT: 100 % 100 % 100 % 75 % 50 %<br />

Lasterhöhung Heizlüfter: - - 1,5 GW / 2,5 TWh 1,5 GW / 2,5 TWh 2,5 GW / 5,0 TWh<br />

Gaspreis: 68 €/MWh 200 €/MWh 300 €/MWh 300 €/MWh 300 €/MWh<br />

| Abb. 1:<br />

Die Annahmen für die Szenarien im Rahmen der Stresstests Winter 2022/2023.<br />

08.09.2022<br />

10<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


Marktrückkehr von Braunkohleanlagen (ÜNB Abschätzung)<br />

<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Betreiber Kraftwerk Brennstoff Leistung [MW] Regime früheste Marktrückkehr<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 14<br />

LEAG Jänschwalde E Braunkohle 465 Sicherheitsbereitschaft 01.10.2022<br />

LEAG Jänschwalde F Braunkohle 465 Sicherheitsbereitschaft 01.10.2022<br />

RWE <strong>Power</strong> AG Niederaußem E Braunkohle 295 Sicherheitsbereitschaft 11.10.2022<br />

RWE <strong>Power</strong> AG Niederaußem F Braunkohle 299 Sicherheitsbereitschaft 11.10.2022<br />

RWE <strong>Power</strong> AG Neurath C Braunkohle 292 Sicherheitsbereitschaft 11.10.2022<br />

RWE <strong>Power</strong> AG Neurath E Braunkohle 604 KVBG Anhang 2 01.01.2023<br />

RWE <strong>Power</strong> AG Neurath D Braunkohle 607 KVBG Anhang 2 01.01.2023<br />

• Das Portfolio der Braunkohleanlagen, für die eine Marktrückkehr unterstellt wurde, basiert auf Abfragen der ÜNB bei den jeweiligen Kraftwerksbetreibern.<br />

• Die Marktrückkehr ist ggf. möglich nach EU-beihilferechtlicher Genehmigung und Freigabe der Bundesregierung<br />

• Die Annahmen zur Nicht-Verfügbarkeit wurden getroffen, da große Unsicherheiten z.B. in Bezug auf Genehmigungen, technische Restriktionen, Personal bestehen.<br />

Zudem kann aufgrund des technischen Zustands davon ausgegangen werden, dass geringere Verfügbarkeiten zu erwarten sind.<br />

Annahmen zur Nicht-Verfügbarkeit unter den Marktrückkehrern von Braunkohleanlagen<br />

Szenario (+)<br />

- 0,6 GW<br />

SUMME: 3027<br />

| Abb. 2: Marktrückkehr von Braunkohleanlagen (ÜNB Abschätzung)<br />

Die Details zu den Annahmen der Braunkohleanlagen im zweiten Stresstest.<br />

Das Gleiche gilt in der Gegenrichtung. Deshalb ist<br />

es wichtig, die Anlagen nicht nur als Notfallreserve<br />

zu nutzen, sondern dass sie tatsächlich auch in<br />

der Stromproduktion eingesetzt werden. Denn nur<br />

so kann Gas am Ende auch substituiert werden, um<br />

einen Preis-dämpfenden Effekt für Gas zu erzielen.<br />

Ergebnisse des<br />

zweiten Stresstests<br />

Die Szenarien wurden nicht mit Wahrscheinlichkeiten<br />

hinterlegt, sondern beschreiben eine mögliche<br />

Kombination von Ereignissen. Dabei müssen kritische<br />

Situationen nicht über Tage hinweg auftauchen,<br />

sondern es können auch einzelne oder mehrere<br />

Stunden sein, in denen die Stromversorgung gefährdet<br />

sein kann.<br />

Szenario (++) - 0,9 GW Szenario (+++) - -0,9 GW<br />

08.09.2022<br />

13<br />

13<br />

In allen drei betrachteten Szenarien des zweiten<br />

Stresstests sehen die Netzbetreiber die Versorgungssituation<br />

im kommenden Winterhalbjahr äußerst<br />

angespannt. Für Europa insgesamt kann die Last<br />

nicht vollständig gedeckt werden. In den beiden Szenarien<br />

++ und +++ treten auch in Deutschland<br />

Stunden mit Lastunterdeckungen auf.<br />

Netzengpässe werden in Deutschland seit etlichen<br />

Jahren mittels Redispatch kompensiert. Allerdings<br />

reichen die deutschen Redispatchmöglichkeiten in<br />

keinem der drei Szenarien des zweiten Stresstests<br />

mehr aus: mindestens 5,8 GW an Leistung aus dem<br />

Ausland wird benötigt. Da jedoch die Lage in Europa<br />

insgesamt angespannt ist, ist die tatsächliche Verfügbarkeit<br />

im Bedarfsfall unsicher.<br />

Kernkraftwerks-Sensitivität: Untersuchung zum Streckbetrieb<br />

» Auf Basis des Szenarios (++) wurde eine Kernkraftwerks-Sensitivität durchgeführt, die die Auswirkungen des Streckbetriebs untersucht.<br />

» Hierzu wurden die Verfügbarkeiten der Kernkraftwerke im Streckbetrieb wie folgt angenommen:<br />

Verfügbarkeiten der Kernkraftwerke im Streckbetrieb<br />

KKW Emsland<br />

KKW GKN II<br />

KKW Isar 2<br />

10/2022 1310 MW<br />

10/2022 90%<br />

10/2022 100%<br />

Kernkraft<br />

11/2022 1310 MW<br />

12/2022 1115 MW<br />

11/2022 80%<br />

12/2022 70%<br />

11/2022 100%<br />

12/2022 100%<br />

01/2023 920 MW<br />

01/2023 810 MW*<br />

01/2023 90%<br />

02/2023 820 MW*<br />

02/2023 810 MW<br />

02/2023 80%<br />

03/2023 740 MW<br />

03/2023 810 MW<br />

03/2023 70%<br />

*Die ersten 10 Tage des Februar:<br />

Stillstand zum Rekonfigurieren der<br />

Brennstäbe. Rest Februar 820 MW<br />

**ab Beginn der KW02<br />

» Die In<strong>for</strong>mationen zu den KKW-Verfügbarkeiten basieren auf direktem Austausch des BMWK mit den jeweiligen<br />

Kraftwerksbetreibern.<br />

| Abb. 3:<br />

Die Details zu den Annahmen der drei Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim und Isar 2 im zweiten Stresstest.<br />

08.09.2022<br />

14<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Der KKW-Streckbetrieb im Szenario ++ führt zu<br />

Abhilfe, kann das Problem aber nicht vollständig<br />

lösen. Zwar werden durch die drei KKW ca. 5 TWh<br />

Strom zusätzlich produziert, womit in Deutschland<br />

die Stromproduktion aus Erdgas um 0,9 TWh und<br />

im europäischen Ausland um 1,5 TWh sinkt. Ebenso<br />

können die Lastunterdeckungen in Deutschland<br />

weitestgehend vermieden werden. Der Redispatch-<br />

Bedarf sinkt auf 4,6 GW, so dass weitergehende<br />

Maßnahmen nötig sind. Die Absenkung von Redispatch<br />

um 0,5 GW betrifft dabei den im Ausland<br />

zu deckenden Redispatchbedarf, der Bedarf an<br />

Gesamtredispatch wird um 1,4 GW gemindert. Die<br />

Netzbetreiber sehen die Nutzung aller Möglichkeiten<br />

zur Sicherung der Stromversorgung als nötig<br />

an. Das ging aus ihren Empfehlungen (Abb. 4) klar<br />

hervor. Die Quantifizierung der Beiträge zur Versorgungssicherheit<br />

zeigen dabei alle in etwa die gleiche<br />

Größenordnung.<br />

Das BMWK zog daraus die Schlussfolgerung, dass<br />

KKW nur wenig Nutzen für die Versorgungssicherheit<br />

bringen, wollten zwei Anlagen aber dennoch bis<br />

ins Frühjahr 2023 als Netzreserve verfügbar halten.<br />

Am 17. Oktober hat Bundeskanzler Scholz sich für<br />

den Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke bis zum<br />

15. April 2023 ausgesprochen. Dafür soll nun eine<br />

gesetzliche Grundlage geschaffen werden.<br />

Aktuelle Situation bei der Stromerzeugungsleistung<br />

zur Deckung des<br />

Bedarfs in Deutschland<br />

Zum 31. Mai 2022 existierte in Deutschland eine installierte<br />

Stromerzeugungsleistung von netto 232,0<br />

Gigawatt (GW) 1 . Davon entfielen mit 138,6 GW rund<br />

60 % auf Erneuerbare-Energien- und mit 93,4 GW<br />

zirka 40 % auf konventionelle Anlagen. Von der insgesamt<br />

installierten Leistung befinden sich 12,5 GW<br />

Kraftwerke außerhalb des Strommarktes. Das sind<br />

Empfehlungen der Übertragungsnetzbetreiber (I)<br />

Nutzung aller Möglichkeiten zur Erhöhung der Strom-Erzeugungs- und Transportkapazitäten<br />

wird dringend empfohlen! Im Einzelnen:<br />

1. Transportkapazitäten erhöhen: Zusätzliche Potenziale des witterungsabhängigen Freileitungsbetriebes<br />

müssen kurzfristig erschlossen werden, um damit die Nord-Süd-Transportkapazität<br />

zu erhöhen.<br />

2. Redispatch-Potential im Ausland in den Fokus nehmen: Hierfür sind klare und verbindliche<br />

Absprachen mit den Nachbarländern er<strong>for</strong>derlich.<br />

3. Vertragliches Lastmanagement: Kurzfristige Potenziale müssen gehoben werden.<br />

4. Reserven für Stresssituationen breiter nutzbar machen: Sämtliche Reserven (auch Netzreserve<br />

und besondere netztechnische Betriebsmittel) müssen für die bilanzielle Lastdeckung und<br />

den Redispatch nutzbar gemacht werden.<br />

5. Nutzung weiterer Kraftwerkskapazitäten in Stresssituationen absichern:<br />

a. Marktrückkehr der Kohlekraftwerke aus der Reserve erleichtern (Genehmigungen, Kostenanerkennungen/Kostenübernahmen).<br />

b. Alle in einer Stresssituation notwendigen Gaskraftwerke müssen gesichert mit Gas versorgt<br />

werden.<br />

c. Verfügbarkeit der KKW ist ein weiterer Baustein zur Beherrschung kritischer Situationen<br />

(siehe Analyseergebnisse).<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 15<br />

Für alle Empfehlungen sind kurzfristig gesetzgeberische Tätigkeiten oder hoheitliches Handeln<br />

er<strong>for</strong>derlich.<br />

Sollten all diese Maßnahmen nicht ausreichen, müssten als Ultima ratio Exporte beschränkt<br />

oder Großverbraucher kontrolliert und temporär abgeschaltet werden, um die Netzsicherheit<br />

aufrecht zu erhalten.<br />

| Abb. 4:<br />

Die Empfehlungen der Übertragungsnetzbetreiber nach dem zweiten Stresstest.<br />

1 Beinhaltet Offshore-Windleistung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (Offshore); außerdem sind in den ausgewiesenen Angaben zur Stromerzeugungsleistung<br />

am Strommarkt Anlagen enthalten, die zwar in den Ländern Österreich, Luxemburg, der Schweiz oder Dänemark installiert sind, allerdings direkt ins deutsche Netz<br />

einspeisen.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 16<br />

Empfehlungen der Übertragungsnetzbetreiber (II)<br />

Empfehlungen Quantifizierung der Wirkungsweisen der Übertragungsnetzbetreiber (II)<br />

Quantifizierung der Wirkungsweisen<br />

Transportkapazitäten (um 1 bis 2 GW*) erhöhen ./.<br />

Kurzfristige Potenziale des vertraglichen<br />

Lastmanagements heben<br />

Reserven breiter nutzbar machen und maximale<br />

Verfügbarkeit sicher stellen<br />

Beitrag zur Lastdeckung<br />

Braunkohleblöcke in Sicherheitsbereitschaft, systemrelevante<br />

Anlagen auf Basis Steinkohle, Erdgas<br />

und Mineralölprodukte, die nur auf An<strong>for</strong>derung der<br />

Übertragungsnetzbetreiber zu Zwecken der Wahrung<br />

der Versorgungssicherheit betrieben werden<br />

(Netzreserve), vorläufig stillgelegte Anlagen auf<br />

Basis von Erdgas und Mineralölprodukten sowie<br />

Erdgas-Leistung in der Kapazitätsreserve.<br />

Beitrag zur Netzsicherheit<br />

1,5 bis 3 GW** standortabhängig<br />

Beitrag zur Verringerung des Redispatch-<br />

Bedarfes: abhängig von der Netztopologie<br />

6 GW (Netzreserve***) ./. bereits vollständig gesichert<br />

1,1 GW (Kapazitätsreserve) – bereits<br />

vollständig gesichert, frühere<br />

Aktivierungsmöglichkeit sinnvoll)<br />

0,6 GW (besondere netztechnische<br />

Betriebsmittel)<br />

standortabhängig<br />

abhängig vom Einsatzkonzept<br />

Marktrückkehr von Kraftwerken sichern**** bis zu 6,7 GW standortabhängig<br />

Verfügbarkeit der Kernkraftwerke ermöglichen<br />

3 GW (Januar)<br />

2,75 GW (Februar)<br />

2,5 GW (März)<br />

Beitrag zur Verringerung des Auslands-<br />

Redispatch-Bedarfes: 0,5 GW<br />

* quantitative Abschätzung<br />

** Angaben aus externen Studien (Guidehouse/ffe, r2b)<br />

*** verbleibende Netzreserve nach Marktrückkehr<br />

**** Es wurde eine Marktrückkehr aus Netzreserve und Sicherheitsbereitschaft i.H.v. 6,7 GW als Arbeitshypothese für die Sonderanalysen unterstellt<br />

| Abb. 5:<br />

Die Quantifizierung der Beiträge zur Versorgungssicherheit durch die Netzbetreiber.<br />

Energieträger<br />

Kernenergie<br />

Braunkohle<br />

Steinkohle<br />

Erdgas<br />

Mineralölprodukte<br />

Pumpspeicher<br />

Sonstige Energieträger*<br />

Installierte<br />

Netto-Leistung<br />

in MW<br />

4.056<br />

18.898<br />

19.045<br />

32.085<br />

4.715<br />

9.778<br />

4.877<br />

Die Netto-Leistung der Stromerzeugungsanlagen<br />

am Strommarkt betrug mit Stand 31. Mai 2022<br />

entsprechend 219,5 GW. Davon entfallen 81,0 GW<br />

auf konventionelle und 138,6 GW auf Erneuerbare-<br />

Energien-Anlagen (Tab. 1).<br />

Die in Deutschland in den letzten Jahren erreichte,<br />

von den Übertragungsnetzbetreibern gemessene<br />

Kraftwerke außerhalb<br />

des Strommarktes<br />

in MW<br />

—<br />

2.180<br />

4.299<br />

4.202<br />

1.808<br />

—<br />

—<br />

Netto-Leistung<br />

der Stromerzeugungsanlagen<br />

am Strommarkt<br />

in MW<br />

4.056<br />

16.718<br />

14.746<br />

27.883<br />

2.907<br />

9.778<br />

4.877<br />

08.09.2022<br />

63<br />

Erneuerbare Energien davon:<br />

p Onshore-Windenergie<br />

p Offshore-Windenergie<br />

p Solare Strahlungsenergie<br />

p Biomasse<br />

p Wasser**<br />

p Sonstige Energieträger***<br />

138.571<br />

56.080<br />

7.774<br />

59.297<br />

9.492<br />

4.878<br />

1.050<br />

—<br />

—<br />

—<br />

—<br />

—<br />

—<br />

—<br />

138.571<br />

56.080<br />

7.774<br />

59.297<br />

9.492<br />

4.878<br />

1.050<br />

Insgesamt 232.025 12.489 219.536<br />

| Tab. 1: Leistung der Stromerzeugungsanlagen in Deutschland im Jahr 2022<br />

* nicht erneuerbar: 50 % Abfall und Grubengas<br />

** ohne Pumpspeicher<br />

*** 50 % Abfall, Deponiegas, Klärgas, Geothermie<br />

Stand: 31. Mai 2022 (EEG-Anlagen ausgewertet zum 31. Dezember 2021)<br />

Quelle: Monitoringreferat der Bundesnetzagentur, Kraftwerksliste mit Stand 31. Mai 2022<br />

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Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

höchste Last, die in der Regel am frühen Abend eines<br />

Wintermonats (und außerhalb der Feiertagssaison)<br />

auftritt, beträgt etwa 80 GW. Nach Angaben der<br />

Bundesnetzagentur wurde die Höchstlast im Jahr<br />

2021 am 30. November im Zeitraum von 11:45 –<br />

12:00 mit insgesamt 81.368 MW erreicht. Im Jahr<br />

2020 lag die Höchstlast bei 79.480 MW am 3. Dezember<br />

um 17:45 – 18:00. Diese ‚Lastmessung‘ auf<br />

Basis von stündlichen Produktionsdaten der TSOs ist<br />

für Deutschland aber nicht komplett. Grund dafür<br />

sind Industriekraftwerke, deren Produktion nicht in<br />

das öffentliche Netz eingespeist wird. Schätzungen<br />

beziffern die fehlenden Mengen auf 5 % – 10 % der<br />

stündlich gemessenen Nachfrage, so dass die tatsächliche<br />

Spitzenlast aktuell bei ca. 85 GW liegen<br />

dürfte.<br />

Für die Sicherheit der Versorgung ist maßgeblich,<br />

in welchem Umfang Stromerzeugungsleistung zum<br />

Zeitpunkt der Höchstlast als sicher verfügbar unterstellt<br />

werden kann.<br />

Der Anteil der gesicherten Leistung an der installierten<br />

Leistung ist bei den verschiedenen Technologien<br />

unterschiedlich hoch. Bei Anlagen auf Basis von<br />

Kernenergie, Steinkohle, Braunkohle und Erdgas<br />

können mehr als 90 % der installierten Leistung<br />

als gesichert eingestuft werden 2 . Am anderen Ende<br />

der Bandbreite rangiert die Photovoltaik (PV). Die<br />

zum Zeitpunkt der zu erwartenden Höchstlast verfügbare<br />

PV-Leistung ist mit Null anzusetzen, da<br />

in Deutschland die Höchstlast typischerweise zu<br />

einem Zeitpunkt auftritt, an dem es dunkel ist. Bei<br />

Windenergie – dies gilt insbesondere für Offshore-<br />

Anlagen – stellt sich die Situation günstiger dar.<br />

Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt<br />

der höchsten Last eine Windflaute herrscht.<br />

Deshalb setzt etwa der Verband der Europäischen<br />

Übertragungsnetzbetreiber den Anteil der gesicherten<br />

Leistung an der installierten Kapazität mit<br />


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 18<br />

Konkret hat sich der Bundesminister für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz mit den Betreibern der Kernkraftwerke<br />

Isar 2 und Neckarwestheim auf ein Konzept<br />

für eine Einsatzreserve verständigt. Den gemeinsam<br />

vereinbarten Eckpunkten zufolge sollen die beiden<br />

Blöcke nach dem Ende ihrer regulären Laufzeit am<br />

31.12.2022 in eine Einsatzreserve überführt werden.<br />

Sie stehen damit bereit, um einen drohenden Stromnetzengpass<br />

in Süddeutschland zu verhindern. Die<br />

Betreiber sind jetzt ge<strong>for</strong>dert, die notwendigen Maßnahmen<br />

zu ergreifen, damit die Anlagen über den<br />

31.12.2022 hinaus bis längstens zum 15.04.2023<br />

weiter im Markt betrieben werden können.<br />

„Ob der Betrieb der Anlagen notwendig ist, wird<br />

entlang der Grunddaten des „Netzstresstest“ entschieden.<br />

Basis ist ein Monitoring, das die Verfügbarkeit<br />

der Atomkraftwerke in Frankreich, den Umfang der<br />

an den Markt zurückgekehrten Kohlekraftwerke, die<br />

Verfügbarkeit der Gas- und Kohlekraftwerke sowie<br />

die erwartete Entwicklung des Stromverbrauchs<br />

berücksichtigt. Die Entscheidung über den Reservebetrieb<br />

der Atomkraftwerke soll den Eckpunkten<br />

zufolge noch in diesem Jahr fallen.“ 3<br />

Zu den Einsatzmöglichkeiten der beiden Kernkraftwerke<br />

in Süddeutschland werden in dem<br />

Eckpunkte-Papier folgende Aussagen getroffen:<br />

p Bei Nutzung der Einsatzreserve würde das Kernkraftwerk<br />

Isar 2 seinen Betrieb mit dem aktuellen<br />

Reaktorkern über den 31.12.2022 hinaus bis<br />

voraussichtlich Anfang März 2023 <strong>for</strong>tsetzen.<br />

Dabei können nach Betreiberangaben zwischen<br />

anfänglich etwa 95 Prozent der Leistung bis etwa<br />

50 Prozent der Leistung zum Ende bereitgestellt<br />

und damit ca. 2 TWh Strom produziert werden.<br />

p „Das Kernkraftwerk Neckarwestheim kann den<br />

Angaben der Betreiber zufolge mit Nutzung der<br />

Einsatzreserve nach einem technisch notwendigen<br />

Stillstand zur Rekonfiguration des<br />

Reaktorkerns Anfang Januar 2023 zwischen<br />

anfänglich etwa 70 Prozent der Leistung bis etwa<br />

55 Prozent der Leistung zum Ende bereitstellen<br />

und insgesamt ca. 1,7 TWh Strom erzeugen.“<br />

Die Entscheidung über den Abruf von Isar 2 erfolgt,<br />

so der Wortlaut des Eckpunktepapiers, spätestens<br />

Anfang Dezember 2022 zum 01.01.2023, die Entscheidung<br />

über den Abruf von Neckarwestheim 2 ist<br />

ebenfalls für spätestens Anfang Dezember 2022 vorgesehen.<br />

Die Entscheidung zu Neckarwestheim 2<br />

wird, „im Fall des erfolgten Abrufs, Anfang Januar<br />

2023 nochmals überprüft, so dass Neckarwestheim,<br />

sofern der spätestens im Dezember erfolgte Abruf<br />

hier nochmals bestätigt wird, nach Abschluss des<br />

Stillstands in den Leistungsbetrieb gehen kann.“ 4<br />

Entgegen den Vorschlägen aus dem BMWK vom<br />

September, hat sich Bundeskanzler Scholz im<br />

Oktober auch für den Weiterbetrieb vom Kernkraftwerk<br />

Emsland ausgesprochen: „Es wird die gesetzliche<br />

Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb<br />

der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2<br />

sowie Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis<br />

längstens 15.4.2023 zu ermöglichen.“ 5 Der Rückbau<br />

der drei Anlagen soll im Anschluss erfolgen.<br />

Darüber hinaus hat das Bundeskabinett zwei<br />

Verordnungen zur weiteren Stärkung der Vorsorge<br />

für den kommenden Winter verabschiedet.<br />

Auf Grundlage der Verordnung zur sogenannten<br />

Versorgungsreserve können die Braunkohlekraftwerke<br />

aus der bisherigen Sicherheitsbereitschaft<br />

wie geplant und wie im Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz<br />

vorgesehen zum 1. Oktober 2022 an<br />

den Markt zurückkehren. Außerdem hat das Kabinett<br />

die Verordnung zur Rückkehr der Kraftwerke<br />

aus der Netzreserve angepasst und den Geltungszeitraum<br />

des Netzreserve-Abrufs verlängert. „Bleibt<br />

die Alarmstufe Gas bestehen oder wird die Notfallstufe<br />

ausgerufen, können die Kraftwerke aus der<br />

Netzreserve nun bis zum 31. März 2024 am Markt<br />

bleiben; bislang endete die Netzreserve am 30.<br />

April 2023. Die Netzreserve betrifft überwiegend<br />

Steinkohlekraftwerke. Ziel der Netzreserve ist es,<br />

vorübergehend mehr Kohlekraftwerke in der Stromerzeugung<br />

zu haben, um so Stromerzeugung aus Gas<br />

zu reduzieren und damit Gas einzusparen.“ 6<br />

Seit dem Inkrafttreten des Abrufs der ersten Reserve<br />

am 14.07.2022, der sogenannten Netzreserve, sind<br />

die Kraftwerke Mehrum (690 MW el ) und Heyden<br />

(875 MW el ) in den Markt zurückgekehrt. Weitere<br />

Anlagen bereiten die Marktrückkehr derzeit vor. Mit<br />

der Verlängerung des Geltungszeitraums der Netzreserve<br />

bis zum 31. März 2024 ist die Attraktivität<br />

einer Rückkehr der Anlagen an den Markt erhöht<br />

worden. Voraussetzung bleibt jedoch die Geltung<br />

der Alarmstufe oder die Ausrufung der Notfallstufe.<br />

Die verabschiedete Rechtsverordnung zur<br />

3 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Pressemitteilung vom 27.09.2022.<br />

4 Eckpunkte AKW-Einsatzreserve, BMWK – E.ON – EnBW vom 27.09.2022.<br />

5 Brief des Bundeskanzlers vom 17. Oktober 2022 an die Minister Lemke, Habeck und Lindner.<br />

6 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Kabinett stärkt Vorsorge für den kommenden Winter: Marktrückkehr von Braunkohlekraftwerken startet wie<br />

geplant zum 1. Oktober 2022 – Netzreserve wird bis zum 31. März 2024 verlängert, Pressemitteilung vom 28.09.2022.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Versorgungsreserve Braunkohle umfasst verschiedene<br />

Braunkohlekraftwerksblöcke, die sich<br />

aktuell in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft<br />

befinden. Durch das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz<br />

wurden sie mit der Versorgungsreserve<br />

in ein Nachfolgeregime überführt. Dies betrifft die<br />

Kraftwerksblöcke Jänschwalde E und F der LEAG im<br />

Lausitzer Revier und die Kraftwerksblöcke Niederaußem<br />

E und F sowie Neurath C der RWE <strong>Power</strong> AG<br />

im Rheinischen Revier. Sie sollen zunächst befristet<br />

bis zum 30. Juni 2023 an den Markt zurückkehren<br />

können. Insgesamt können durch die Verordnung<br />

1,9 GW Braunkohle in den Markt zurückkehren.<br />

Gesetzliche Voraussetzung für die Teilnahme dieser<br />

Kraftwerke am Strommarkt ist auch für die<br />

Braunkohlekraftwerke die Geltung der Alarm- oder<br />

Notfallstufe gemäß Notfallplan Gas.<br />

Von den 138,6 GW Erneuerbare-Energien-Anlagen<br />

handelt es sich bei 134,1 GW um Anlagen<br />

mit Zahlungsanspruch nach dem EEG (zum Stand<br />

31.12.2021).<br />

Die angegebene Kraftwerksleistung außerhalb des<br />

Strommarktes verteilt sich mit 1.886 MW auf<br />

Sicherheitsbereitschaft, 7.293 MW Netzreserve,<br />

2.047 MW vorläufig stillgelegte Anlagen und 1.263<br />

MW Kapazitätsreserve (Kapazitätsreserve nach<br />

Angabe des Kraftwerksbetreibers gemäß MaStRV).<br />

Differenziert nach diesen Kategorien und nach<br />

Energieträgern stellt sich die Leistungsaufteilung<br />

der Anlagen außerhalb des Strommarktes wie folgt<br />

dar:<br />

p Anlagen in Sicherheitsbereitschaft: Braunkohle<br />

mit 1.886 MW<br />

p Systemrelevante Kraftwerke gem. § 13b EnWG<br />

und KVBG, die nur auf An<strong>for</strong>derung der Übertragungsnetzbetreiber<br />

zu Zwecken der Wahrung der<br />

Versorgungssicherheit betrieben werden (Netzreserve):<br />

Steinkohle mit 4.299 MW, Erdgas mit<br />

1.382 MW und Mineralölprodukte mit 1.612 MW<br />

p Vorläufig stillgelegte Anlagen: Erdgas mit 1.557<br />

MW, Mineralölprodukte mit 196 MW und Braunkohle<br />

mit 294 MW<br />

p Leistung in der Kapazitätsreserve: Erdgas mit<br />

1.263 MW<br />

In den ausgewiesenen Angaben zur Stromerzeugungsleistung<br />

am Strommarkt sind Anlagen, die<br />

zwar in den Ländern Österreich, Luxemburg, der<br />

Schweiz oder Dänemark installiert sind, allerdings<br />

direkt ins deutsche Netz einspeisen, enthalten.<br />

Bewertung<br />

Die Situation in Bezug auf die gesicherte Leistung ist<br />

nicht erst seit diesem Jahr angespannt, sondern eine<br />

Entwicklung, die seit mehreren Jahren beobachtbar<br />

ist. Die Situation in den Nachbarländern, sowie die<br />

Versorgungslage bei Erdgas, führt das System nun<br />

an neue Belastbarkeitsgrenzen.<br />

Die im Stresstest genannten Lösungsvorschläge<br />

z. B. Redispatch mit Kapazitäten aus dem Ausland<br />

oder vom BMWK verfolgten Ansätze z. B. <strong>Power</strong>-<br />

Barges 7 , bedürfen vor allem auch einer Umsetzung,<br />

damit die Pläne realisiert werden können, was angesichts<br />

der zur Verfügung stehenden Zeit mit einer<br />

gewissen Dringlichkeit zu versehen ist.<br />

Während eine Bewertung der Stromversorgungslage<br />

durch die Netzbetreiber dringend er<strong>for</strong>derlich ist,<br />

wäre es auch sehr empfehlenswert, hier den Bogen<br />

zum Gasmarkt und potentiellen Gasmangellagen<br />

zu schließen, z. B. durch Referenzieren auf das<br />

Extremszenario der LÜKEX 2018-Übung. Bei dieser<br />

Übung wurden bereits die Auswirkungen einer<br />

Extremwetterlage auf die Gasversorgung in Süddeutschland<br />

durchgespielt.<br />

Entscheidend für die verfügbare gesicherte Leistung<br />

von Kohle- und Kernkraftwerken ist deren Betriebszustand:<br />

beide Kraftwerkstypen sind sehr gut dazu<br />

geeignet, volatile Erzeugung zu kompensieren und<br />

rasch benötigte Leistungsrampen abzufahren –<br />

wenn sie in Betrieb sind.<br />

Zudem ist eine belastbare Mittelfristprognose<br />

Ende des Jahres 2022 er<strong>for</strong>derlich für den weiteren<br />

Verlauf des Winters:<br />

p Gasbedarf<br />

p Verfügbarkeit der Kraftwerke im Ausland<br />

p Wettersituation (Temperaturen, Länge des<br />

Winters)<br />

Da alle diese Prognosen mit relativ hohen Unsicherheiten<br />

versehen sind, wenn Sie z. B. Ende 2022 für<br />

das erste Quartal 2023 abgegeben werden, sind<br />

auch Entscheidungen, die Ende 2022 für den restlichen<br />

Winter zu Beginn des Jahres 2023 getroffen<br />

werden, mit hohen Unsicherheiten versehen. Daher<br />

ist es wichtig, sich hier so viel Flexibilität bei den<br />

Entscheidungen wie möglich zu erhalten.<br />

Der Stresstest betonte naturgemäß vor allem den<br />

Aspekt der Versorgungssicherheit, darüber hinaus<br />

ist jedoch auch die Bezahlbarkeit ein wichtiges<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 19<br />

7 „<strong>Power</strong>-Barges“ sind Kraftwerksschiffe, die beispielsweise mit Öl befeuert werden können. Sie stellen vor allem für den norddeutschen Raum eine Lösungsmöglichkeit<br />

dar, da hier ausreichend Schiffsliegeplätze zur Verfügung stehen.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 20<br />

Kriterium für eine ökonomisch nachhaltige Energieversorgung.<br />

Das ifo-Institut errechnete im<br />

September 2022 8 , dass eine längere Laufzeit der<br />

drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke den<br />

Strompreis in Deutschland für 2023 um rund 4<br />

Prozent senken würde. Zudem würde dadurch die<br />

Nutzung von Erdgas und Kohle bei der Verstromung<br />

zurückgehen, was zu einem geringeren Treibhausgasausstoß<br />

beitragen würde.<br />

Bereits vor dem zweiten Stresstest betonte der<br />

Sachverständigenrat in einem Gastbeitrag für die<br />

Wirtschaftswoche 9 , dass für eine resiliente und diversifizierte<br />

Energieversorgung weitere Schritte,<br />

wie verlängerte Laufzeiten von Kernkraftwerken<br />

oder eine Substitution von Erdgas durch Kohle bei<br />

der Verstromung, zügig erfolgen sollten.<br />

Der zweite Stresstest hat zudem Versäumnisse und<br />

einen gewissen Über-Optimismus der letzten Jahre<br />

offengelegt. So äußerte sich Prof. Dr. Christian<br />

Rehtanz (Institutsleiter, Institut für Energiesysteme,<br />

Energieeffizienz und Energiewirtschaft (ie3),<br />

Technische Universität Dortmund): „Grundlegend<br />

zeigen sich zwei kritische Punkte bei der sehr realistischen<br />

und pragmatischen Sonderanalyse. Erstens<br />

können die Lasten nicht sicher gedeckt werden,<br />

wenn zu schnell Kohle- und Kernkraftwerke aus<br />

dem Markt genommen werden, und dieses nicht<br />

durch Gaskraftwerke beliebig abgedeckt werden<br />

kann. Zweitens zeigt sich die zwingende Notwendigkeit<br />

des Netzausbaus, dessen Verzögerung den<br />

deutschen und europäischen Energieaustausch<br />

behindert, und damit die Versorgungssicherheit<br />

einschränkt.“<br />

Aus diesen Versäumnissen gilt es nun, die richtigen<br />

Schlüsse zu ziehen, um die Versorgungssicherheit<br />

in Deutschland auf hohem Niveau zu halten:<br />

dabei geht es weniger darum, einen Schuldigen<br />

zu finden, sondern beim Thema Netzausbau und<br />

Zubau gesicherter Leistung voranzukommen.<br />

Dabei können Erneuerbare im Zusammenhang mit<br />

Stromspeichern wesentliche Beiträge im Bereich<br />

der kurzfristigen Versorgungssicherheit leisten. Allerdings<br />

führt die deutliche verringerte Nutzbarkeit<br />

von Erdgas dazu, sich verstärkt Gedanken um die<br />

saisonalen Schwankungen zu machen.<br />

Eine kürzlich veröffentlichte Studie vom ewi 10 beleuchtete<br />

die perspektivische Entwicklung der<br />

Versorgungssicherheit in Deutschland und kam zu<br />

dem Schluss, dass die Versorgungssicherheit bei<br />

Rückbau der Kohlekapazität und gleichzeitig ausbleibenden<br />

Neuinvestitionen in gesicherte Leistung<br />

im Verlauf dieses Jahrzehnts nicht mehr unbedingt<br />

garantiert werden kann. Bei Extremwettersituationen<br />

können dabei bereits 2026 Lücken bis zu<br />

ca. 1 GW auftreten, bis 2030 sogar 10 GW. Ein beschleunigter<br />

Ausbau von Wind und Solar reduziert<br />

dies auf etwa 8,5 GW, mittels Speicher können sogar<br />

noch kleinere Werte bei dieser Lücke erreicht werden.<br />

Ein verlangsamter Anstieg der Elektrifizierung<br />

bei Transport und Wärme würde die Versorgungssicherheit<br />

ebenso vor geringere Heraus<strong>for</strong>derungen<br />

stellen. Das ewi betont die Rolle der Stromimporte:<br />

sie trügen zu etwa 30 % zur Deckung der Nachfrage<br />

bei. Deutschland profitiert also in erheblichem<br />

Maße von der europäischen Solidarität.<br />

Fazit<br />

Die zweite Sonderanalyse der vier deutschen<br />

Netzbetreiber betont die Notwendigkeit eines Maßnahmenbündels.<br />

Einzelne Maßnahmen werden<br />

nicht ausreichen, um in den extremen Szenarien<br />

eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten.<br />

Dabei kann auch der Streckbetrieb der Kernkraftwerke<br />

eine gewisse Rolle spielen, ist dabei aber auf<br />

politische und soziale Akzeptanz angewiesen.<br />

Die Analysen für den Winter 2022/23 – Beobachter<br />

gehen sogar davon aus, dass der Winter 2023/24<br />

Deutschland vor ähnliche und sogar größere Heraus<strong>for</strong>derungen<br />

stellen wird – haben deutlich<br />

gemacht, dass ein Konzept wie „gesicherte Leistung“<br />

wieder verstärkt in den Mittelpunkt energiepolitischer<br />

Überlegungen rücken muss.<br />

Kurzfristig spielen hierbei vor allem bestehende<br />

konventionelle Kraftwerkskapazitäten, Netze und<br />

demand response in der Industrie die entscheidende<br />

Rolle. Perspektivisch kann dies ergänzt werden<br />

durch die Kombination von ungesicherter Leistung<br />

aus Erneuerbaren mit Stromspeichern und Lastfolge.<br />

Unabdingbar ist aber auch eine saisonale<br />

Speicherung – gerade auch im Hinblick auf die avisierte<br />

Wärmebereitstellung durch Wärmepumpen.<br />

Hier können mit Wasserstoff betriebene Kraftwerke<br />

eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.<br />

Bei den bestehenden konventionellen Kraftwerkskapazitäten<br />

ist nicht nur die installierte Leistung<br />

relevant, sondern auch die Verfügbarkeit des Brennstoffes.<br />

Dabei haben heimische Energieträger wie<br />

Braunkohle und quasi-heimische Energieträger wie<br />

Kernkraft einen Vorteil im Vergleich zu importierten<br />

8 ifo Schnelldienst, 2022, 75, Nr. 09, 20-26, Matthias Mier, Erdgas- und Strompreise, Gewinne, Laufzeitverlängerungen und das Klima<br />

9 Wirtschaftswoche, 22. Juni 2022, Was wir in Sachen Energiepolitik von Japan lernen können von Veronika Grimm, Monika Schnitzer und Achim Truger<br />

10 Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI) gGmbH, Dr. Johannes Wagner et al., Analyse der Versorgungssicherheit bis 2030, 29.9.2022.<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

mcm/d<br />

Energieträgern wie Erdgas oder Steinkohle. Darüber<br />

hinaus ist auch der Betriebszustand der Kraftwerke<br />

von Bedeutung: konventionelle Kraftwerke sind hervorragend<br />

dazu geeignet, Systemdienstleistungen<br />

im Netz zu erbringen – wenn sie sich im Arbeitsmodus<br />

befinden. Für einen Kaltstart sind Gasturbinen<br />

und Pumpspeicher mit deutlichem Abstand besser<br />

geeignet.<br />

Ergänzend sollte erwähnt werden, dass die ersten<br />

Anzeichen der kommenden Heizperiode einen<br />

nicht zuversichtlich stimmen können. Die IEA zeigte<br />

sehr nachdrücklich, dass es in Nordwesteuropa zu<br />

einem Nachfragesprung bei Erdgas als Konsequenz<br />

einer kleinen Kältewelle kam (Abb. 6). Während in<br />

der Zeit davor der Verbrauch des Jahres 2022 unterhalb<br />

des 5-Jahres-Durchschnitts blieb, hat sich<br />

dies Ende September geändert. Die Wintertemperaturen<br />

werden dabei nicht nur einen Einfluss auf<br />

die Energierechnung von Industrie und Haushalten<br />

haben, sondern auch die Versorgungssicherheit<br />

beeinflussen. Die zusätzliche Stromerzeugung in<br />

KKW und in Kohlekraftwerken bewirkt zumindest<br />

für den kommenden Winter drei positive Effekte:<br />

p Verbesserung der Versorgungssicherheit<br />

(Vorbeugung einer Mangellage bei Gas und<br />

eines Black-outs bei Strom)<br />

p Dämpfung der Gaspreise und damit auch<br />

p Dämpfung der Strompreise.<br />

Autoren<br />

| Abb. 6:<br />

Die Heizperiode Winter 2022/23 begann in<br />

Nordwesteuropa mit einer kleinen Kältewelle.<br />

Prof. Dr. Stefan Ulreich<br />

Professor für Energiewirtschaft, Hochschule<br />

Biberach, Deutschland<br />

ulreich@hochschule-bc.de<br />

Prof. Dr. Stefan Ulreich lehrt Energiewirtschaft an der Hochschule Biberach<br />

mit den Schwerpunkten Rohstoffhandel, Risikomanagement, Energiepolitik<br />

und Digitalisierung. Stefan Ulreich studierte Theoretische Physik an der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität in München. Seine Karriere startete er bei Dresdner<br />

Kleinwort Benson im Investment Banking. Danach arbeitete er für den E.ON-<br />

Konzern als Energiehändler und Originator, in der Energiepolitik und in der<br />

Energiestrategieabteilung. Stefan Ulreich leitet die Task Force Renewables der<br />

European Federation of Energy Traders (EFET) und ist im World Energy Council<br />

aktiv.<br />

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer<br />

Lehrbeauftragter der RWTH Aachen,<br />

Deutschland<br />

HWSchiffer@t-online.de<br />

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Schiffer ist Mitglied des Studienausschusses des World<br />

Energy Council, London und Gastdozent für Energiewirtschaft an der RWTH<br />

Aachen. Dr. Schiffer studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Köln<br />

und an der Pennsylvania State University. Seine berufliche Laufbahn begann er<br />

als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energiewirtschaft der Universität<br />

Köln. Anschließend arbeitete er als Beamter im Bundeswirtschaftsministerium,<br />

unter anderem beim britischen Energieministerium und im Bundesumweltministerium<br />

in Bonn, und anschließend für den RWE-Konzern in Essen. Er ist<br />

Autor des im November 2018 bei Springer Vieweg erschienenen Standardwerks<br />

Energiemarkt Deutschland.<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 21<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Die zweite Sonderanalyse der deutschen Netzbetreiber ı Stefan Ulreich, Hans-Wilhelm Schiffer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

22Die Strahlungsquelle am<br />

ELBE-Zentrum im Überblick<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

Brillante Maschine<br />

ELBE – so wie der Fluss, der die sächsische<br />

Landeshauptstadt quert, heißt auch<br />

der Linearbeschleuniger am nahen Helmholtz-Zentrum<br />

Dresden-Rossendorf. Dort<br />

sorgen Peter Michel und sein 30-köpfiges<br />

Team dafür, dass Forschungsgruppen aus<br />

aller Welt mit brillanter Strahlung experimentieren<br />

können.<br />

„Früher“, erzählt der Physiker, „befand sich hier das<br />

Zentralinstitut für Kern<strong>for</strong>schung der DDR.“ Der Leiter<br />

der Großanlage ELBE kennt die Vorgeschichte noch<br />

aus eigener Erfahrung. „Ich habe in den 80ern hier<br />

promoviert und gearbeitet“, sagt er. „Nach der Wende<br />

war sich unser damaliger Direktor sicher: Wenn wir<br />

eine Perspektive haben wollen, brauchen wir eine<br />

eigene Maschine. Einen eigenen Beschleuniger. Und<br />

den haben wir dann gebaut.“<br />

ELBE steht für Elektronen Linearbeschleuniger für<br />

Strahlen hoher Brillanz und niedriger Emittanz. Modular<br />

aufgebaut und supraleitend, bringt er Elektronen<br />

auf Energien bis 40 MeV. Die Elektronen stammen<br />

aus zwei Quellen. Eine thermionische Gun war<br />

bereits bei Inbetriebnahme des Beschleunigers installiert<br />

und arbeitet nach dem klassischen Prinzip einer<br />

Kathodenstrahlröhre. Die<br />

andere kam im Jahr 2007 hinzu.<br />

„Hier benutzen wir einen<br />

supraleitenden Niob-Resonator<br />

zur Beschleunigung“, erzählt<br />

Peter Michel. Genaugenommen<br />

ist es nur eine Hälfte davon. „In der Mitte<br />

des Resonators, wo das elektrische Feld am stärksten<br />

ist, erzeugen wir die Elektronen in einer fotoempfindlichen<br />

Schicht.“ Dazu schießt ein Laser auf das<br />

Material. Elektronen werden emittiert und das elektromagnetische<br />

Feld der Welle nimmt sie mit. „Das<br />

Ganze ist ebenfalls supraleitend, relativ kompakt und<br />

eine viel bessere Elektronenquelle als die thermionische<br />

Gun“, sagt der Physiker. „Aber sie ist auch technisch<br />

aufwändiger.“ Zum Einsatz kommt die supraleitende<br />

Gun immer dann, wenn viele Elektronen pro<br />

Puls nötig sind. „Die thermionische Gun kann zwar<br />

relativ große Wiederholraten erreichen. Doch wenn<br />

man die Zahl der Elektronen pro Puls und die Strahlqualität<br />

betrachtet, ist ihr die supraleitende wesentlich<br />

überlegen.“<br />

Die Guns schießen den Elektronenstrahl in zwei baugleiche,<br />

hintereinander angeordnete und ebenfalls<br />

supraleitende Beschleunigermodule mit Hohlraumresonatoren.<br />

„Die Resonatoren bestehen aus reinem<br />

Niob, das auf zwei Kelvin abgekühlt wird“, erklärt Peter<br />

Michel. Das Metall wird zwar bereits ab neun Kelvin<br />

supraleitend, die tieferen Temperaturen bringen aber<br />

einen Vorteil. Denn gekühlt wird mit flüssigem Helium.<br />

Und das wird bei einer Temperatur von zwei Kelvin<br />

superfluid. Es verliert jegliche innere Reibung und wird<br />

zum idealen Kühlmittel. „Nimmt man hier ein normalleitendes<br />

Material wie Kupfer, wird das extrem schnell<br />

aufgeheizt. Das heißt, Sie müssen einen vergleichbaren<br />

normalleitenden Beschleuniger immer gepulst betreiben“,<br />

erklärt der Physiker. „Bei supraleitendem<br />

Niob findet man hingegen die über die Hochfrequenzwelle<br />

ins System hineingekoppelte Leistung zu 100<br />

Prozent im Strahl wieder.“ Ein Vergleich: Der Duty-Cycle<br />

normalleitender Beschleuniger liegt typischerweise<br />

bei etwa eins zu hundert. Das heißt, sie sind zu 99 Prozent<br />

aus- und zu einem Prozent eingeschaltet. Bei supraleitenden<br />

Beschleunigern liegt der Duty-Cycle hingegen<br />

bei eins. Er ist also immer an. „Wir können<br />

kontinuierlich Pulse hindurchschicken.<br />

In unserem<br />

Fall mit einer Frequenz von<br />

bis zu 26 Megahertz“, sagt<br />

Peter Michel. „Und das tagelang.<br />

Der mittlere Strom<br />

liegt dabei im Milliampere-Bereich. Das schafft man<br />

mit einem normalleitenden Beschleuniger nicht annähernd.“<br />

„Dank Supraleitung finden wir die<br />

über die Hochfrequenzwelle ins<br />

System hineingekoppelte Leistung zu<br />

fast 100 Prozent im Strahl wieder.“<br />

Das hat allerdings seinen Preis. „Der Aufwand, einen<br />

supraleitenden Beschleuniger zu bauen und zu betreiben,<br />

ist relativ hoch“, gesteht der Physiker. „Ein wesentlicher<br />

Punkt ist die Energie, die wir erzeugen. Ein<br />

Milliampere Strom und 40 Megaelektronenvolt Strahlenergie<br />

entspricht 40 Kilowatt Strahlleistung. Damit<br />

kann man recht schnell den eigenen Beschleuniger<br />

zerstören.“ Um das zu verhindern, braucht es eine<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Die Strahlungsquelle ELBE: Nutzerbetrieb seit mehr als 18 Jahren<br />

… der erste Strahl<br />

– noch ganz ohne<br />

Nutzer<br />

… die Beamline für<br />

die Gammastrahlung<br />

geht in Betrieb<br />

… die Bauarbeiten<br />

an der Terahertz-<br />

Beamline beginnen<br />

… die Erweiterungen<br />

werden feierlich in<br />

Betrieb genommen …<br />

23<br />

2000 2004 2007 2010<br />

2001<br />

2005<br />

2008<br />

2013<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

… das Gebäude<br />

wird gebaut<br />

… der Nutzer betrieb<br />

startet, es sind noch<br />

nicht alle Beamlines<br />

in Betrieb<br />

… der zweite Freie-Elektronen-<br />

Laser geht in Betrieb, die supraleitende<br />

Elektronen-Gun kommt<br />

hinzu und die Neutronen-<br />

Beamline beginnt ihre Arbeit<br />

… die Terahertz-Beamline<br />

geht in den Nutzerbetrieb<br />

und umfangreiche<br />

Umbauarbeiten beginnen<br />

Menge Infrastruktur und Technik. „Kein Operator<br />

kann so schnell reagieren, dass nichts passiert. Das<br />

muss alles automatisiert sein – und zwar so sicher, dass<br />

man eben auch die Maschine vor sich selbst schützt.“<br />

Wenn er die Beschleunigereinheiten verlässt, ist der<br />

Elektronenstrahl zwar schon für sich genommen ein<br />

wichtiges wissenschaftliches Werkzeug. Die Stärken<br />

von ELBE liegen aber in den verschiedenen Arten von<br />

Sekundärstrahlung, die mit den Elektronen erzeugt<br />

werden können. „Wir haben eine Art Rangierbahnhof“,<br />

erklärt Peter Michel das, was sich an die Beschleunigungsstrecke<br />

anschließt. „Der Strahl wird auf verschiedene<br />

Endstationen verteilt, von denen immer nur<br />

eine gleichzeitig genutzt werden kann. Je nachdem,<br />

welche Art von Sekundärstrahlung wir erzeugen wollen,<br />

schicken wir den Strahl durch die verschiedenen<br />

Beamlines.“<br />

In einer davon erzeugt ein Freie-Elektronen-Laser Infrarotstrahlung.<br />

Dazu werden die Elektronen in einen<br />

Undulator, eine Anordnung wechselseitig angebrachter<br />

Permanentmagneten, geleitet. Dort fangen sie an<br />

zu oszillieren und erzeugen dabei<br />

Strahlung. Diese wird durch<br />

mehrere Spiegel wieder zurück<br />

in den Undulator geleitet; trifft<br />

sich mit dem Elektronenpuls;<br />

erzeugt erneut Strahlung und<br />

so weiter; am Ende verlässt kohärentes<br />

Infrarotlicht die Beamline. Der Elektronenstrahl<br />

selber wird aus dem Undulator herausgelenkt<br />

und in einem Beamdump abgebremst. „Natürlich gibt<br />

es für alles, was wir machen, auch Alternativen. Aber<br />

für bestimmte Anwendungen ist nur unsere Technologie<br />

geeignet und das macht uns auch unikal.“ Beim<br />

Infrarot, sagt er, würden sie in Konkurrenz zu klassischen<br />

Lasern stehen. „Doch für viele Experimente ist<br />

nicht nur die richtige Wellenlänge, sondern auch die<br />

richtige Pulsenergie oder die richtige mittlere Leistung<br />

nötig. Und das geht in vielen Fällen nur mit einem Elektronenstrahl<br />

und einem Freie-Elektronen-Laser. Da<br />

sind wir im Moment konkurrenzlos.“<br />

Eine weitere Beamline versorgt die ELBE-Nutzer mit<br />

Neutronenstrahlung. Dazu haben Peter Michel und<br />

sein Team ein Neutrontarget aus flüssigem Blei in den<br />

Strahlengang der Elektronen positioniert. Seine hohe<br />

Kernladungszahl macht es zur idealen Neutronenquelle.<br />

Und es nimmt die entstehende Wärme auf. Die Elektronen<br />

erzeugen hochenergetische Photonen, deren<br />

Bindungsenergie jene eines Neutrons im Kern übersteigt.<br />

Die folgende Gamma-N-Reaktion setzt Neutronen<br />

frei. Die fliegen zwar in alle Richtungen, was für<br />

Experimente ungeeignet ist. Doch eine starke Wand<br />

und ein Kollimatorkanal sorgen dafür, dass eine Art<br />

Neutronenstrahl entsteht und die Nutzer damit zum<br />

Beispiel Kernphysik betreiben<br />

können. „Um Neutronen<br />

zu erzeugen, eignet<br />

sich ein Kernreaktor natürlich<br />

besser“, sagt Peter Michel.<br />

„Da ist die Ausbeute<br />

viel höher. Allerdings kommen<br />

diese kontinuierlich an und haben alle möglichen<br />

Energien. Hat der Nutzer dann eine Kernreaktion,<br />

weiß er nicht genau, mit welcher Energie das Neutron<br />

in den Kern hineingegangen ist.“ Doch das ist zum<br />

„Es gibt für alles, was wir machen,<br />

auch Alternativen. Aber für<br />

bestimmte Anwendungen ist nur<br />

unsere Technologie geeignet und<br />

das macht uns auch unikal.“<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

24<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

Beispiel dann entscheidend, wenn es darum geht, die<br />

Kinematik in so einer Kernreaktion zu verstehen und<br />

Kernprozesse energieselektiv zu untersuchen. „Bei uns<br />

haben die Neutronen zwar auch alle möglichen Energien.<br />

Aber wir können diese im Nachgang messen.<br />

Denn die Zeit vom Start des Elektronenstrahls durch<br />

die gesamte Beschleunigerstrecke<br />

bis hin zum Neutrontarget und<br />

die Flugzeit des Neutrons bis zur<br />

Ankunftszeit am Experiment lassen<br />

sich exakt bestimmen. Und<br />

damit auch die Energie des Neutrons.<br />

Das kann man mit einem<br />

Reaktor prinzipiell nicht machen.“<br />

ELBE stellt auch Positronenstrahlung zur Verfügung.<br />

Dafür wird der Elektronenstrahl in ein Wolfram-Target<br />

geschickt. Die Elektronen kollidieren mit den Atomen<br />

des schweren Materials, werden abgebremst<br />

und senden ein hochenergetisches Photon aus. Dessen<br />

Energie reicht für eine Paarbildung. Zwei neue<br />

Teilchen werden geboren: Ein Positron und ein Elektron.<br />

Das Positron wird erst mit Folien zu ganz geringen<br />

Energien moderiert. Und anschließend wieder<br />

nach beschleunigt. So entsteht ein Positronenstrahl<br />

mit definierter Energie von bis zu 15 keV. Dieser wird<br />

in die Labore und schlussendlich von den Nutzern auf<br />

die Probe gelenkt. „Auch für Positronen gibt es<br />

„Unser gepulster Elektronenstrahl<br />

gibt immer eine Art Startpunkt vor.<br />

Deshalb kann man manche<br />

Experimente nur an einer Maschine<br />

wie der unseren machen.“<br />

alternative Technologien. Man kann zum Beispiel mit<br />

einer Natriumquelle arbeiten“, sagt Peter Michel.<br />

„Das ist einfacher und die kostet auch weniger – kann<br />

aber hinsichtlich der erzeugten Positronenintensitäten<br />

und der Möglichkeit, Materialien tiefenselektiv<br />

zu untersuchen, nicht konkurrieren.“ Bei der Defektspektroskopie<br />

mit Positronen<br />

geht es darum,<br />

Fehlstellen und Defekte<br />

im Kristallgitter aufzuspüren.<br />

Hier eignen sich<br />

Positronen extrem gut.<br />

Sie werden auf die Probe<br />

geschossen; finden die<br />

Stellen, an denen ein Gitterbaustein fehlt; verweilen<br />

dort für eine gewisse Zeit; finden dann ein Elektron<br />

und zerstrahlen. „Dabei entstehen zwei Gammaquanten<br />

genau auf einer Achse. Und diese kollineare<br />

Signatur lässt sich sehr gut messen“, erklärt der Physiker.<br />

Dabei spielt die Zeit vom Einschuss des Positrons<br />

bis zum Zerstrahlen eine wichtige Rolle. Diese sogenannte<br />

Positronenlebenszeit gibt einen Hinweis auf<br />

die Häufigkeit und Größe der Fehlstellen. „Unser gepulster<br />

Elektronenstrahl gibt immer eine Art Startpunkt<br />

vor. Deshalb kann man solche Experimente<br />

sehr gut an einer Maschine wie der unseren machen.“<br />

Die am ELBE-Positronenstrahl untersuchten Materialien<br />

sind äußerst vielfältig. Sie reichen von<br />

ELBE-Beschleuniger<br />

(Elektronen-Linearbeschleuniger mit hoher<br />

Brillanz und geringer Emittanz)<br />

Foto: HZDR/Jürgen Jeibmann<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Supraleitern über Katalysatormaterialien bis zu neuartigen<br />

Energiespeichern.<br />

Eine vierte Beamline liefert Terahertz-Strahlung. Die<br />

ähnelt der Infrarotstrahlung, hat nur eine etwas größere<br />

Wellenlänge. ELBE erzeugt die Strahlung hauptsächlich<br />

über Undulatoren. Dabei entstehen Terahertz-Pulse<br />

mit sehr wenigen Wellenzügen. Das führt<br />

zu einer extrem hohen elektrischen Feldstärke des<br />

Pulses und damit einer sehr intensiven<br />

Pulsleistung. „Terahertz-Strahlung<br />

kann man natürlich<br />

ebenfalls mit Lasern<br />

erzeugen“, sagt Peter Michel.<br />

„Aber hier gilt das Gleiche wie<br />

beim Infrarot. Will man zusammen<br />

mit der Wellenlänge noch weitere Parameter<br />

wie die mittlere Leistung oder die Wiederholrate dieser<br />

Pulse realisiert haben, kommt man an einem Beschleuniger<br />

wie dem unseren nicht vorbei.“<br />

Last but not least ist ELBE auch eine Quelle für Gammastrahlung.<br />

Dazu wird der Elektronenstrahl in der<br />

Beamline auf eine Target-Folie aus Niob gelenkt. Die<br />

Elektronen wechselwirken mit den Atomen; werden<br />

abgelenkt; erfahren eine Beschleunigung und senden<br />

hochenergetische Photonen aus. Der Elektronenstrahl<br />

wird anschließend in einem Beamdump<br />

entsorgt. „Um Gammastrahlen zu erzeugen, könnte<br />

„Wir fahren vier Kampagnen<br />

im Jahr. Da läuft der<br />

Beschleuniger dann elf Wochen<br />

lang rund um die Uhr.“<br />

man natürlich auf entsprechende Isotope zurückgreifen“,<br />

sagt Peter Michel. „Doch damit erreicht man niemals<br />

die Intensität wie bei einem Beschleuniger.<br />

Wenn wir ein Milliampere Elektronenstrom in einen<br />

Gammafluss umwandeln, haben wir rund 108 Gammas<br />

pro Sekunde.“<br />

All diese Sekundärprozesse finden in einem abgeschirmten<br />

Bereich statt. Und auch der Beschleuniger<br />

selbst ist tief in eine Betonabschirmung<br />

eingebaut. Die<br />

Wände sind gut drei Meter<br />

dick. Das ist wichtig, denn die<br />

Sekundärstrahlung ist der Gesundheit<br />

nicht zuträglich. „Der<br />

abgeschirmte Bereich liegt in<br />

der Verantwortung der Beschleunigermannschaft,<br />

für die ich zuständig bin“, sagt Peter Michel. „Von<br />

dort werden die Sekundärstrahlen in die Labore ausgeschleust<br />

und da baut der Nutzer sein Experiment<br />

auf.“ Für viele Standardklassen von Experimenten<br />

stellt ELBE Ausrüstung bereit. Der Nutzer braucht also<br />

nur eine Idee und manchmal auch ein Target. Und etwas<br />

Glück. Denn die Nachfrage nach der Strahlzeit ist<br />

groß.<br />

„Zweimal im Jahr gibt es einen Call“, erklärt Peter Michel<br />

die Prozedur. „Die eingereichten Proposals werden<br />

dann vom Scientific Advisory Committee<br />

25<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf<br />

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gehört zur Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren<br />

und strebt nach neuen Erkenntnissen, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und zu<br />

verbessern. Dafür wird am HZDR in Dresden und weiteren Standorten Forschung in den Bereichen Energie,<br />

Gesundheit und Materie betrieben. Unsere Großgeräte helfen auch externen Gästen aus der ganzen Welt<br />

bei der Beantwortung von drängenden Fragen der Gesellschaft.<br />

Das HZDR <strong>for</strong>scht strategisch und langfristig orientiert an der Lösung wichtiger Zukunftsfragen:<br />

p<br />

p<br />

p<br />

Wie nutzt man Ressourcen und Energie effizient, sicher und nachhaltig?<br />

Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?<br />

Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten<br />

Dimensionen?<br />

Im Forschungsbereich Energie arbeiten Helmholtz-Wissenschaftler*innen daran, die Energieversorgung<br />

sowie Ressourcen langfristig und nachhaltig zu sichern und dafür Lösungen zu erarbeiten, die ökonomisch,<br />

ökologisch und gesellschaftlich tragbar sind.<br />

Die Forschung am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf konzentriert sich auf die Entwicklung innovativer<br />

Ansätze, um Energie und Ressourcen in Industrieprozessen einzusparen, sowie auf neue Technologien<br />

zur bestmöglichen Nutzung von Rohstoffen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Daneben entwickeln HZDR-<br />

Wissenschaftler*innen auch neuartige und kostengünstige Batterien, mit denen sich große Mengen an<br />

Energie speichern lassen, und sie beschäftigen sich mit Fragen zur Endlagerung von nuklearen Abfällen<br />

und zur Sicherheit von Kernkraftwerken.<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

26<br />

Anlage zur Erzeugung eines<br />

monoenergetischen Ionenstrahls (MePS) im<br />

ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen<br />

für die Defektuntersuchung an Materialien.<br />

Foto: HZDR/André Wirsig<br />

bewertet und gerankt.“ Anschließend kommen er<br />

und seine Mannschaft ins Spiel. Sie sagen, wie viel<br />

Strahlzeit insgesamt zur Verfügung steht. Wessen<br />

Proposal besonders gut rankt, der kommt zum Zuge.<br />

„Der Überbuchungsfaktor liegt bei zwei bis drei. Das<br />

heißt, mindestens jedes zweite Proposal können wir<br />

nicht berücksichtigen.“<br />

Zeit ist übrigens ein wichtiger Punkt, der den Forschungsbetrieb<br />

an einem Linearbeschleuniger von<br />

dem an einem Kreisbeschleuniger unterschiedet. „An<br />

einem Synchrotron wie beispielsweise BESSY in Berlin<br />

sitzen mehrere Forschergruppen parallel und messen<br />

gleichzeitig an unterschiedlichen Experimenten“, sagt<br />

Peter Michel. „Ein Linearbeschleuniger<br />

wie unserer hat immer<br />

nur eine Endstation und<br />

damit immer nur einen Nutzer<br />

gleichzeitig.“ Wenn sich der Erfolg<br />

ihrer Maschine am Ende<br />

aber vor allem über die Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen<br />

pro Strahlzeitstunde definiert, muss<br />

sich die Mannschaft einiges einfallen lassen. „Das ist<br />

der Grund, warum wir relativ früh zu einem 24-Stunden-Betrieb<br />

übergegangen sind“, erzählt er. „Wir fahren<br />

vier Kampagnen im Jahr. Da läuft der Beschleuniger<br />

elf Wochen lang rund um die Uhr. Danach haben<br />

wir zwei Wochen Zeit für Wartungsarbeiten.“<br />

„Eine Forschungsgruppe hatte<br />

sogar Pfeifen einer Orgel aus dem<br />

Mittelalter im Gepäck.“<br />

Hälfte der Nutzer müssen Helmholtz-Externe sein.<br />

„Das schaffen wir locker. Wir liegen immer bei etwa<br />

70 Prozent“, erzählt der Physiker. „Das sind neben<br />

Forschungseinrichtungen aus dem In- und Ausland<br />

auch viele Universitäten. Und das ist ja auch die<br />

Grundidee. Die Universitäten haben viele junge Leute<br />

mit guten Forschungsthemen, aber eher die schlechtere<br />

Infrastruktur. Deshalb betreibt Helmholtz die<br />

Groß<strong>for</strong>schungsanlagen und stellt sie den Forschern<br />

der Universitäten für ihre Experimente zur Verfügung.“<br />

Den Forschungsthemen, die mit ELBE bearbeitet werden,<br />

sind kaum Grenzen gesetzt. Kern- und Astrophysik<br />

zählen natürlich zu den<br />

Klassikern. Ebenso Festkörperphysik,<br />

Halbleiterphysik und<br />

Strahlenbiologie. Aber auch<br />

„Exoten“ hat Peter Michel hier<br />

schon willkommen geheißen.<br />

„Eine Forschungsgruppe hatte Pfeifen einer Orgel<br />

aus dem Mittelalter im Gepäck“, erzählt er schmunzelnd.<br />

Von denen habe er gelernt, dass das Material,<br />

aus dem die Orgelpfeifen damals hergestellt wurden,<br />

sehr gut mit ELBE-Positronen er<strong>for</strong>scht werden kann.<br />

„Die Löcher im Orgelmaterial liegen im Nanometerbereich<br />

und lassen sich am besten mit Positronen<br />

untersuchen.“<br />

Woher die Nutzer kommen, hält Peter Michel akribisch<br />

fest. Denn ELBE ist eine LKII-Nutzeranlage innerhalb<br />

der Helmholtz-Gemeinschaft. Und Groß<strong>for</strong>schungsgeräte<br />

mit diesem Status müssen einige<br />

Bedingungen erfüllen. Zum Beispiel: Mehr als die<br />

Und auch der Elektronenstrahl selbst wird genutzt.<br />

Vor allem in der medizinischen Forschung. Zum Beispiel,<br />

wenn es um die Strahlentherapie geht. Klassisch<br />

werden dort geladene Teilchen in mehreren<br />

Pulsen in tumoröses Gewebe appliziert. Es gibt aber<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

27<br />

Freie-Elektronen-Laser<br />

im ELBE-Zentrum für<br />

Hochleistungs-Strahlenquellen.<br />

SITE SPOTLIGHT<br />

Foto: HZDR/Christoph Reichelt<br />

auch neue Ansätze, die die gesamte Dosis mit einem<br />

Mal ins Gewebe tragen wollen. „Das macht biologisch<br />

natürlich einen Unterschied. Und den kann man<br />

am ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen<br />

untersuchen.“ Denn mit dem Beschleuniger lassen<br />

sich ganz unterschiedliche Regime einstellen. „Die<br />

Forscher bringen Zellkulturen mit und schießen auf<br />

eine mit dem Puls und auf die andere mit einem klassischen<br />

Bestrahlungsregime. Und dann haben sie den<br />

direkten Vergleich.“<br />

Für Universitäten und Forschungseinrichtungen ist<br />

die Strahlzeit kostenlos. Aber auch die Industrie kann<br />

die Maschine nutzen – für einen gewissen Preis. „Hier<br />

gab es erst im Februar ein hochspannendes Experiment“,<br />

verrät Peter Michel. „Für das Projekt SMART<br />

hat ein internationales Konsortium die Maschine gebucht.“<br />

In diesem Projekt, erzählt er weiter, soll ein<br />

Beschleuniger gebaut werden, der das Radioisotop<br />

Molybdän-99 herstellen kann, aus dem sich wiederum<br />

das Tochterisotop Technetium-99m erzeugen<br />

lässt. Und zwar nicht wie heute über einen klassischen<br />

Kernreaktor. Das sei eine Frage der Versorgungssicherheit,<br />

denn Technetium-99m ist das am<br />

häufigsten für die medizinische Diagnostik eingesetzte<br />

Isotop.<br />

„Wir waren die Testmaschine. Wir können zwar nicht<br />

die Strahlleistung erzeugen, die man braucht. Aber<br />

immerhin ein Tausendstel davon“, sagt er stolz. „Also<br />

musste für das Experiment alles um den Faktor Tausend<br />

herunterskaliert werden – die Größen der Targets,<br />

die Strahlleistung und so weiter.“ Für die Beschleunigermannschaft<br />

war das vor allem deshalb<br />

eine Heraus<strong>for</strong>derung, weil sie die 30 Kilowatt Strahlleistung<br />

in ein nur zwei Millimeter großes Target<br />

schossen. Und das über Tage. „Wir konnten uns kaum<br />

vorstellen, dass so etwas geht. Aber es ging. Das Experiment<br />

war erfolgreich.“<br />

Trotz oder auch gerade wegen solcher Erfolge denken<br />

Peter Michel und seine Kollegen bereits über<br />

einen Nachfolger für ELBE nach. DALI (Dresden Advanced<br />

Light Infrastructure) heißt die neue Maschine,<br />

die aktuell nur auf den Konzeptpapieren existiert. Sie<br />

soll in Zukunft einmal mehr die Forschergruppen aus<br />

aller Welt nach Dresden ziehen. Aber das ist eine andere<br />

Geschichte.<br />

> Autor: Kai Dürfeld | Wissenschafts- und Technikjournalist<br />

Site Spotlight<br />

Die Strahlungsquelle ELBE im Überblick


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ISSN 1431-5254


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Paris, Technology, and Finance –<br />

Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology?<br />

Henrique Schneider, Lukas Aebi<br />

It is difficult to conceive decarbonization without electrification, yet it is equally difficult to conceive<br />

af<strong>for</strong>dable and scalable electrification being quickly deployed while safeguarding environmental integrity<br />

without nuclear technology. Nonetheless, the Paris Agreement remains ambiguous, or neutral<br />

at best, towards it. The conditionalities of its instruments dedicated to the transfer of technology and<br />

finance seem to exclude nuclear. However, bi- and multilateral agreements as well as private action<br />

can deploy nuclear technology under the Paris Agreement. There are several examples of how this<br />

has been realized in the past.<br />

2. Introduction<br />

The Paris Agreement (PA) 1<br />

is an international<br />

framework <strong>for</strong> climate change targeting the mitigation<br />

of global warming by adapting to it and channeling<br />

financial means towards a more sustainable<br />

future. In pursuit of this ef<strong>for</strong>t, the Paris Agreement<br />

is in theory open towards specific technologies.<br />

For example, not even fossil fuels are strictly<br />

ruled out by the PA. Rather, the Agreement envisages<br />

the implementation of paths <strong>for</strong> the short-,<br />

medium-, and long-term trans<strong>for</strong>mation. 2<br />

On the other hand, the implementation of the PA’s<br />

provisions in the different decisions taken by its<br />

Conference of Parties clearly favor some technologies<br />

over others. While in these decisions, nuclear<br />

technology is not explicitly addressed, it is clearly<br />

not encouraged. The conditionalities attached to<br />

the implementation of the PA seem to exclude<br />

nuclear technology altogether. 3<br />

Nonetheless, the Intergovernmental Panel on<br />

Climate Change IPCC 2018 Special Report on<br />

Global Warming of 1.5 degrees Celsius (SR15), the<br />

first report in the sixth assessment (AR6), addresses<br />

at the request of the Conference of Parties to the PA<br />

the most ambitious and challenging target: 4<br />

of<br />

staying within 1.5 °C of pre-industrial temperatures.<br />

To achieve the goal of limiting the temperature<br />

rise to 1.5 °C by 2100, the study of 85 scientific<br />

pathways concludes that nuclear power generation<br />

must more than double between 2020 and 2050:<br />

10.84 EJ to 22.64 EJ (1 exajoule EJ = 10 18 Joule J). 5<br />

If this is the relevant background, how come there<br />

is seldom mention of nuclear technology in implementing<br />

PA? One possible explanation is given by<br />

the same report. The IPCC specifies, in relation to<br />

its analysis, that “there are large differences in<br />

nuclear power between models and across pathways.<br />

One of the reasons <strong>for</strong> this variation is that<br />

the future deployment of nuclear can be constrained<br />

by societal preferences assumed in narratives<br />

underlying the pathways.” 6<br />

This paper attempts to bridge this prima facie<br />

discrepancy marked by the need of nuclear<br />

energy, on the one hand, and its de facto exclusion<br />

on the other. Focusing on finance and technology,<br />

this paper identifies a modality <strong>for</strong><br />

exchange and discusses some examples of its<br />

implementation. While exploring the role of<br />

nuclear technology in the mitigation of greenhouse<br />

gas emissions according to article 6, the<br />

PA also provides a bridge to this dilemma, but it<br />

is outside of the scope of this paper. 7<br />

3. Navigating Finance and<br />

Technology in the PA<br />

The most important mechanisms and instruments<br />

of the PA are: national determined contributions<br />

(NDCs) (Article 4), mitigation of<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 29<br />

1 FCCC/CP/2015/10/Add.1.<br />

2 Refer to, <strong>for</strong> example, Klein, D., Carazo, M. P., Doelle, M., Bulmer, J., & Higham, A. (Eds.). (2017). The Paris Agreement on Climate Change: Analysis and Commentary.<br />

Ox<strong>for</strong>d University Press.<br />

3 Mathew, M. D. (2022). <strong>Nuclear</strong> energy: A pathway towards mitigation of global warming. Progress in <strong>Nuclear</strong> Energy, 143, 104080.<br />

4 Wigley, T. (2018). The role of nuclear energy in meeting the Paris Agreement climate targets. IAEA Bulletin, 27.<br />

5 Intergovernmental Panel on Climate Change (2018): Special Report: Warming of 1.5 °C, Mitigation Pathways Compatible with 1.5 °C in the Context of Sustainable<br />

Development. In: Global Warming of 1.5 °C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5 °C above pre-industrial levels and related global greenhouse<br />

gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and ef<strong>for</strong>ts to eradicate<br />

poverty. IPCC.<br />

6 IPCC (2018), see note vi.<br />

7 Schneider, H., & Bigler, H. U. (2020, October). <strong>Nuclear</strong> Energy in the Article 6 of the Paris Agreement. In Climate Change and the Role of <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong>. Proceedings of<br />

an <strong>International</strong> Conference. Supplementary Files.<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance – Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology? ı Henrique Schneider, Lukas Aebi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 30<br />

Finance Mechanism<br />

Goal: Finance Climate Action<br />

Reporting: Finance<br />

• Green Climate Fund<br />

• Adaptation Fund<br />

• LDC Fund<br />

• Global Environment Facility<br />

---------<br />

• Bi-/multilateral Action<br />

• Private Action<br />

green house gas emissions (Article 6), enhancing<br />

adaptive capacity (Article 7), provision of financial<br />

resources (Article 9), technology framework<br />

(Article 10), enhancing capacity of developing<br />

parties to take action (Article 11), and the transparency<br />

framework (Article 13). For the scope of<br />

this paper, articles 9 and 10 PA are relevant. These<br />

articles are interlinked, which is explained by<br />

the United Nations Framework Convention on<br />

Climate Change (UNFCCC):<br />

“The Paris Agreement reaffirms the obligations of<br />

developed countries to support the ef<strong>for</strong>ts of developing<br />

country Parties to build clean, climate-resilient<br />

futures, while <strong>for</strong> the first time encouraging<br />

voluntary contributions by other Parties. Provision<br />

of resources should also aim to achieve a balance<br />

between adaptation and mitigation. In addition to<br />

reporting on finance already provided, developed<br />

country Parties commit to submit indicative in<strong>for</strong>mation<br />

on future support every two years, including<br />

projected levels of public finance. The agreement<br />

also provides that the Financial Mechanism<br />

of the Convention, including the Green Climate<br />

Fund (GCF), shall serve the Agreement. <strong>International</strong><br />

cooperation on climate-safe technology<br />

development and transfer and building capacity in<br />

the developing world are also strengthened: a<br />

technology framework is established under the<br />

Agreement and capacity-building activities will be<br />

strengthened through, inter alia, enhanced<br />

Possible<br />

alimentation<br />

| Fig. 1:<br />

Brief overview of finance and technology mechanism procedures and modalities.<br />

Technology Mechanism<br />

Goal: Transfer of Technology<br />

Reporting: Technology<br />

• Technology Framework<br />

• Technology Executive<br />

Commitee<br />

• Climate Technology Center<br />

and Network<br />

---------<br />

• Bi-/multilateral Action<br />

• Private Action<br />

support <strong>for</strong> capacity building actions in developing<br />

country Parties and appropriate institutional<br />

arrangements.” 8<br />

The goal of the so-called Finance Mechanism is to<br />

provide funding <strong>for</strong> climate action. Some institutions<br />

serve as outlets of this mechanism, such as<br />

the Green Climate Fund, the Adaptation Fund, the<br />

LDC Fund, and the Global Environment Facility. In<br />

addition to them, there are also possibilities of bi-/<br />

multilateral agreements between Parties as well as<br />

completely private actions, which are independent<br />

of the Parties but within the purview of their sovereignty.<br />

9<br />

The goal of the so-called Technology Mechanism is<br />

the transfer of technology. The relevant institutions<br />

of this mechanism are the Technology Framework,<br />

the Technology Executive Committee, and<br />

the Climate Technology Center and Network. In<br />

this mechanism, too, bi-/multilateral as well as<br />

private actions are possible. 10<br />

An alimentation of the Technology Mechanism by<br />

the Finance Mechanism is theoretically possible,<br />

however, because of the principle of no-doublecounting,<br />

an implemented activity is reported as<br />

either related to the finance or the technology<br />

mechanism. It cannot be both, not even if the technology-transfer<br />

was facilitated by finance in the<br />

first place. 11<br />

8 United Nations Framework Convention on Climate Change (2022). Key aspects of the Paris Agreement. Retrieved from https://unfccc.int/most-requested/key-aspectsof-the-paris-agreement.<br />

9 Refer to, <strong>for</strong> example, Munira, S., Bashar, R., Easher, T. H., & Khan, M. R. (2021). Climate Finance in the UNFCCC Negotiations: Bridging Gaps with Lessons Learnt. In<br />

Climate Change in Bangladesh (pp. 1-24). Springer, Cham; Bowman, M., & Minas, S. (2019). Resilience through interlinkage: the green climate fund and climate<br />

finance governance. Climate policy, 19(3), 342-353.<br />

10 See, <strong>for</strong> example, Majekolagbe, A. (2020). The Evolution of the UNFCCC Environmentally Sound Technology Development and Transfer Framework. Law Env‘t & Dev. J.,<br />

16, 112; Brandt, U. S., & Svendsen, G. T. (2022). Is the annual UNFCCC COP the only game in town?: Unilateral action <strong>for</strong> technology diffusion and climate partnerships.<br />

Technological Forecasting and Social Change, 183, 121904; Oh, C. (2020). Discursive Contestation on Technological Innovation and the Institutional Design of the<br />

UNFCCC in the New Climate Change Regime. New Political Economy, 25(4), 660-674.<br />

11 See, <strong>for</strong> example, Oh, C. (2020). Contestations over the financial linkages between the UNFCCC’s Technology and Financial Mechanism: using the lens of institutional<br />

interaction. <strong>International</strong> Environmental Agreements: Politics, Law and Economics, 20(3), 559-575.<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance – Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology? ı Henrique Schneider, Lukas Aebi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

The implementation of both mechanisms depends<br />

on the regulations of the institutions associated<br />

with them. A brief overview of their procedures<br />

and modalities shows that there are many strings<br />

attached to what Parties can implement under each<br />

one of them. In addition to national regulatory<br />

prerogatives, activities need to be sustainable to<br />

comply with adequate local consultation processes,<br />

to set a path to (net) zero emissions, to incorporate<br />

indigenous technologies, and to be inclusive. As a<br />

result, these modalities face a bias towards smaller<br />

scale projects. This bias can be empirically verified<br />

by reviewing the projects financed by the Green<br />

Climate Fund 12 and the activities undertaken by the<br />

Climate Technology Center and Network. 13<br />

A<br />

review of these projects also shows the absence of<br />

nuclear energy, technology, or any capacity building<br />

related to them. On the other hand, there is no<br />

indication that these conditionalities also apply<br />

outside the scope of the institutions. In other words,<br />

they are not applicable to bi/multilateral or private<br />

actions.<br />

What is the main take-away from this overview? If<br />

there is room <strong>for</strong> nuclear technology in the technological<br />

or financial mechanisms of the Paris Agreement,<br />

it is within the bi/multilateral and private<br />

actions. There, only the conditionalities agreed<br />

upon by the parties involved are applicable.<br />

However, the constraint concerning the reporting<br />

of such actions as either technological or as financial<br />

remains, too. These actions are already<br />

underway. For example, as technology, there is<br />

FIRST and the European SMR partnership. It is<br />

conceivable that the Network of Multilateral<br />

Development Banks as well as individual projects<br />

of Multilateral Development Banks also contribute<br />

to it.<br />

also whether the projects are bilateral or multilateral.<br />

In the case of multilateral projects, development<br />

banks typically offer themselves as initiators<br />

<strong>for</strong> such financing partnerships.<br />

a) FIRST (bilateral)<br />

During his speech at the climate conference in<br />

Glasgow, U.S. President Joe Biden stressed that a<br />

priority of U.S. climate policy is to help other countries,<br />

and especially developing countries, to implement<br />

a low-emissions economy. 14 One of the most<br />

ambitious programs is FIRST (Foundational Infrastructure<br />

<strong>for</strong> Responsible Use of <strong>Nuclear</strong> Technology),<br />

initiated by the U.S. Department of State in<br />

April 2021. FIRST is a bilateral program between<br />

the United States of America and partner nations to<br />

support energy innovation and to advance technical<br />

cooperation in the nuclear field. Countries<br />

like Ukraine, Romania, Ghana, or Latvia already<br />

signed corresponding agreements with the State<br />

Department to foster nuclear energy and to achieve<br />

their climate goals. Scientific and technical knowledge<br />

sharing is explicitly mentioned. 15<br />

Other<br />

important pillars of the cooperation include:<br />

p work<strong>for</strong>ce development<br />

p stakeholder engagement<br />

p regulatory development (common framework)<br />

p familiarization with advanced nuclear energy<br />

technologies such as small modular reactors<br />

Interestingly, the participating states never explicitly<br />

refer to the Paris Agreement technology mechanism<br />

in their official communication. If one compares<br />

the chosen wording of the media releases with<br />

the relevant article of the Paris Convention, it becomes<br />

clear that FIRST is significantly inspired by the<br />

technology mechanism of the Paris Agreement.<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 31<br />

4. Examples<br />

In the following, the division into funding and<br />

technology activities is maintained <strong>for</strong> the characterization<br />

of nuclear partnerships. It needs to be<br />

mentioned that some of the projects described here<br />

are not yet at an operational stage. This is mainly<br />

due to the state of modern nuclear technology or<br />

because of the strongly national character of the<br />

nuclear energy industry. A very central criterion is<br />

For the further development of FIRST, it is important<br />

to note that not only the Paris Agreement is authoritative<br />

<strong>for</strong> such a cooperation. These cooperative<br />

initiatives also must comply with established international<br />

economic law. Under the WTO agreements,<br />

countries are not allowed to discriminate<br />

bet ween their trading partners. 16<br />

Special trade<br />

benefits must be granted to all countries accordingly<br />

(most favored nation principle, MFN). The<br />

United Nations Framework Convention on Climate<br />

12 Green Climate Fund (2021). Annual Results Report. Retrieved from https://www.greenclimate.fund/annual-results-report-2021<br />

13 UN Climate Technology Centre & Network (2021). 2021 CTCN Progress Report. Retrieved from https://www.ctc-n.org/resources/2021-ctcn-progress-report<br />

14 The White House (2021) Remarks by President Biden at the COP26 Leaders Statement. Retrieved from https://www.whitehouse.gov/briefing-room/speechesremarks/2021/11/01/remarks-by-president-biden-at-the-cop26-leaders-statement/<br />

15 U.S. Department of State (2022) Joint statement on the new clean energy and nuclear security collaboration under the foundational infrastructure <strong>for</strong> responsible use<br />

of small modular reactor technology (FIRST) initiative. Retrieved from https://www.state.gov/joint-statement-on-the-new-clean-energy-and-nuclear-security-collaboration-under-the-foundational-infrastructure-<strong>for</strong>-responsible-use-of-small-modular-reactor-technology-first-initiative/<br />

16 Di Leva, Charles E. and Shi, Xiaoxin (2017). „The Paris Agreement and the <strong>International</strong> Trade Regime: Considerations <strong>for</strong> Harmonization“. Sustainable Development<br />

Law & Policy, 17(1), Article 4.<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance – Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology? ı Henrique Schneider, Lukas Aebi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 32<br />

Change from 1992, a precursor of the Paris Agreement,<br />

mentions this potential conflict of objec tives<br />

explicitly. 17 Consequently, the envisaged partnerships<br />

in nuclear infrastructures should not go so far<br />

as to exclude other suppliers of advanced reactor<br />

technology from the market in the first place. This is<br />

especially important <strong>for</strong> the possible development<br />

of a shared regulatory framework. Regarding the<br />

above-mentioned classification, the FIRST program<br />

clearly qualifies <strong>for</strong> the technology mechanism.<br />

b) European SMR partnership (bilateral)<br />

The European Commission is well aware of the role<br />

of nuclear energy in a successful climate policy. In<br />

corresponding scenarios, it expects nuclear energy<br />

to account <strong>for</strong> at least 15 percent of the electricity<br />

mix in 2050. 18 Unresolved issues such as the joint<br />

advancement of nuclear technologies, their financing,<br />

and the vulnerability of nuclear supply chains<br />

are accordingly strategic priorities <strong>for</strong> the European<br />

Commission. There<strong>for</strong>e, the European Commission<br />

and the U.S. Department of Energy hosted the first<br />

U.S.-EU High Level Industrial Forum on Small Modular<br />

Reactors in October 2019. 19 The legal basis of<br />

this cooperation was an arrangement between the<br />

United States of America and the European Atomic<br />

Energy Community (EURA TOM) <strong>for</strong> the exchange<br />

of the technical in<strong>for</strong>mation and cooperation in<br />

nuclear safety matters signed at Vienna in September<br />

2015. 20 In June 2021, the European Commission<br />

organized a workshop on small modular reactors to<br />

engage interested EU industrial actors in joining<br />

<strong>for</strong>ces to create European alternatives to other SMR<br />

models and to consolidate the industrial value<br />

chain. 21 The main target of the European Commission<br />

is to establish a collaboration scheme <strong>for</strong> industrial<br />

stakeholders. As such, the European SMR partnership<br />

clearly qualifies as a technology cooperation.<br />

the moment. One exception is the support provided<br />

by the Development Bank of Latin America to the<br />

Embalse nuclear power plant in Argentina in 2013.<br />

It is important to clarify that the Embalse project is<br />

not a matter of financing a new building but of<br />

maintaining long-term operation. 22 Financing the<br />

long-term operation of an existing plant involves far<br />

fewer risks than financing a greenfield project due<br />

to better cost predictability. The World Bank issued<br />

a strategic directions note in 2020 in which the<br />

bank explained its strategy <strong>for</strong> a decarbonized<br />

world economy in 2050. 23 In its report, the World<br />

Bank states its investments in the energy sector<br />

shall meet a time horizon of thirty to <strong>for</strong>ty years<br />

because of the longevity of power-infrastructure. 24<br />

Regarding the circumstance that a newly constructed<br />

nuclear power plant has a functional time of at<br />

least fifty years, financing a newly built project<br />

should present an attractive business case <strong>for</strong> development<br />

banks with long-term investment perspectives.<br />

But taking a look at the World Bank’s<br />

history, it becomes apparent that the evaluation of<br />

nuclear energy has completely changed. In 1956,<br />

the bank issued a report examining the status of<br />

nuclear power development. Three years later, the<br />

bank started to finance a nuclear power plant on the<br />

c) The possible role of multilateral<br />

development banks (multilateral)<br />

It needs to be mentioned that multilateral development<br />

banks rarely fund nuclear energy projects at<br />

| Fig.2:<br />

<strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong> Plant Garigliano, Italy.<br />

17 United Nations Framework Convention on Climate Change (1992) Art. 3 Par. 5: “Measures taken to combat climate change, including unilateral ones, should not constitute<br />

a means of arbitrary or unjustifiable discrimination or a disguised restriction on international trade.”<br />

18 European Commission (2012) Energy Roadmap 2050. Retrieved from www.ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/2012_energy_roadmap_2050_en.pdf<br />

19 European Commission (2019) U.S.-E.U. high-level industrial <strong>for</strong>um on small modular reactors. Retrieved from https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/energy_<br />

climate_change_environment/events/documents/us_eu_hlroundtable_smrs_concept_note.pdf<br />

20 The arrangement explicitly mentions the cooperation in nuclear safety research. The mutual use of test facilities is also written down. See there<strong>for</strong>e: U.S. Department<br />

of State (2015) Atomic Energy Safety Arrangement between the United States of America and EURATOM. Retrieved from https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/02/15-915.4-EURATOM-Atomic-Energy-Safety.pdf<br />

21 European Commission (2021): First EU workshop on small modular reactors. Retrieved from https://ec.europa.eu/info/events/first-eu-workshop-small-modular-reactors-2021-jun-29_en<br />

22 World <strong>Nuclear</strong> News (2013) Embalse wins loan <strong>for</strong> longer life. Retrieved from https://www.world-nuclear-news.org/c_embalse_wins_loan_<strong>for</strong>_longer_life_2203131.<br />

html<br />

23 World Bank Outlook 2050 – Strategic directions note: Supporting Countries to Meet Long-Term Goals of Decarbonization. Retrieved from https://openknowledge.<br />

worldbank.org/bitstream/handle/10986/33958/149871.pdf?sequence=3&isAllowed=y<br />

24 P. 58: Aligning power sector development with long-term decarbonization and resilience goals will require concerted ef<strong>for</strong>ts by policy makers, national infrastructure<br />

planners, developers, and financiers. <strong>Power</strong> infrastructure is long-lived, so investments made now may serve to shape the sector <strong>for</strong> 20, 30 or 40 years.<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance – Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology? ı Henrique Schneider, Lukas Aebi


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Garigliano river in southern Italy. 25 To date, this remains<br />

the only nuclear project financing in the<br />

bank‘s history. If we apply the criteria of the abovedescribed<br />

finance mechanism to the world bank<br />

loan to the Garigliano river project, we can state the<br />

following: <strong>Nuclear</strong> greenfield projects and projects<br />

regarding long-term operation of existing plants<br />

clearly fall under the finance mechanism of the Paris<br />

Agreement.<br />

d) Initiatives by American think tanks<br />

(mostly bilateral)<br />

In the wake of the 2015 Paris Agreement and stoked<br />

by fears of ceding nuclear leadership to states such<br />

as Russia or China, U.S. think tanks have repeatedly<br />

called <strong>for</strong> strengthening nuclear partnerships<br />

between the United States and like-minded states<br />

states. 26 Back in early 2020, the Atlantic Council,<br />

which advocates the deepening of the transatlantic<br />

partnership, recommended to allow more flexibility<br />

in the lending guidelines of export-import<br />

banks and the World Bank <strong>for</strong> future nuclear<br />

projects, in particular. 27 Shortly thereafter, the U.S.<br />

<strong>International</strong> Development Finance Corporation<br />

(DFC) amended its policies regarding nuclear<br />

energy, paving the way <strong>for</strong> U.S. development<br />

funding <strong>for</strong> nuclear facilities. 28 To minimize capital<br />

risk <strong>for</strong> new nuclear power plants in developing<br />

and emerging countries, a rapid expansion of partnerships<br />

between the private sector and government<br />

financing structures is recommended by<br />

leading American think tanks. 29<br />

The outlined<br />

nuclear initiatives do not always distinguish<br />

between technological and financial partnerships,<br />

hence, to attribute an activity to one or the other,<br />

the focus of the activity must be taken into account.<br />

Likewise, these projects are only partially underpinned<br />

by the legal foundations of the Paris Agreement.<br />

Agreement are currently not being exploited by<br />

nuclear-friendly states. Many states and other<br />

actors do not even refer to the Paris Agreement<br />

in their pursuit of nuclear energy cooperation<br />

projects. Such partnerships could benefit from<br />

additional legitimization through reference to<br />

the Paris Agreement.<br />

p In advancing existing and establishing new technology<br />

partnerships, stakeholders should incorporate<br />

existing WTO law and in particular the<br />

most favored nation-principle (MFN) into their<br />

strategic considerations.<br />

p For some of the partnerships described here, it<br />

remains unclear whether they should be attributed<br />

to the funding mechanism or the technology<br />

mechanism. Accordingly, attribution<br />

should take place where the focus of the partnership<br />

lies.<br />

AUTHORS<br />

Prof. Dr. Henrique Schneider<br />

Deputy CEO of the Swiss Federation of Small and<br />

Medium Sized Enterprises<br />

h.schneider@sgv-usam.ch<br />

Prof. Dr. Henrique Schneider is deputy CEO of the Swiss Federation of Small and<br />

Medium Sized Enterprises and professor of economics at Nordakademie, university<br />

of applied sciences in Germany. Henrique has participated as a negotiator in<br />

several climate summits and served as an advisory board member of the Climate<br />

Technology Center and Network.<br />

Lukas Aebi<br />

Secretary general of the Swiss <strong>Nuclear</strong> Forum<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 33<br />

5. RESULT<br />

In summary, the following can be stated regarding<br />

the inclusion of nuclear energy in the Paris Agreement:<br />

p The possibilities offered by the financial and<br />

technological mechanisms of the Paris<br />

lukas.aebi@nuklear<strong>for</strong>um.ch<br />

Lukas Aebi is the secretary general of the Swiss <strong>Nuclear</strong> Forum. He sits on<br />

numerous expert and working groups of the European nuclear energy trade association<br />

<strong>Nuclear</strong>Europe. The Swiss <strong>Nuclear</strong> Forum accompanies the energy policy<br />

debate in Switzerland and Europe as a scientific-technical expert organization. It<br />

has over five hundred members. Among them are numerous national politicians,<br />

energy companies, scientific organizations and industrial enterprises.<br />

25 World Bank (2016). Loan <strong>for</strong> nuclear power. Retrieved from https://documents.worldbank.org/en/publication/documents-reports/documentdetail/700621467993172257/loan-<strong>for</strong>-nuclear-power<br />

26 For example: Backgrounder from July 2021 by the Heritage Foundation (Katie Tubb): Needed: An Effective <strong>Nuclear</strong> Energy Policy. Retrieved from https://www.heritage.<br />

org/sites/default/files/2021-07/BG3633.pdf<br />

27 Issue Brief by the Atlantic Council January 2020 (Dr. Jennifer T. Gordon: <strong>International</strong> Co-financing of <strong>Nuclear</strong> Reactors Between the United States and its Allies, p. 11<br />

and 12).<br />

28 U.S. <strong>International</strong> Development Finance Corporation (2020) DFC modernizes nuclear energy policy. Retrieved from DFC https://www.dfc.gov/media/press-releases/<br />

dfc-modernizes-nuclear-energy-policy<br />

29 Council on Foreign Relations (2022) Renewing America’s leadership in the global civil nuclear energy market. Retrieved from https://www.cfr.org/blog/renewingamericas-leadership-global-civil-nuclear-energy-market<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Paris, Technology, and Finance – Is There Room <strong>for</strong> <strong>Nuclear</strong> Technology? ı Henrique Schneider, Lukas Aebi


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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV –<br />

Forschung und Entwicklung<br />

für Primärpumpen<br />

David Lauer<br />

EINLEITUNG<br />

Heute und in absehbarer Zukunft tragen Kernkraftwerke weltweit zur Versorgung mit elektrischer Energie<br />

bei – die aktuellen geopolitischen Geschehnisse zeigen die Wichtigkeit unabhängiger Energieversorgung<br />

und verstärken den Wunsch vieler Länder sich diesbezüglich zu „entflechten“.<br />

Im Gegensatz zum enormen Brennstoffbedarf<br />

fossiler Kraftwerke werden beim Betrieb von Kernkraftwerken<br />

vergleichsweise geringe Mengen an<br />

Brennstoff benötigt. Eine Bevorratung für mehrere<br />

Perioden kann mit geringem Platzbedarf gesichert<br />

werden. 1<br />

Auch ist der Brennstoff vergleichsweise<br />

günstig und verursacht bei der Energieumwandlung<br />

kein klimaschädliches CO 2 .<br />

Gegenüber den ebenfalls quasi rohstoffunabhängigen<br />

erneuerbaren Energiequellen besteht allerdings<br />

ein großes Plus, Kernkraftwerke sind grundlastfähig<br />

und stellen somit planbar und dauerhaft<br />

Energie bereit. Die Volatilität der meisten erneuerbaren<br />

Energiequellen ist dabei ein entscheidender<br />

Nachteil und dadurch für heutige Industriegesellschaften<br />

weniger geeignet. 2<br />

In vielen europäischen Nachbarländern (wie z. B.<br />

Frankreich, Polen, England, etc.) – aber auch<br />

darüber hinaus – findet seit einiger Zeit ein<br />

Umdenken bezüglich der Kerntechnik statt und so<br />

werden – bereits heute – konkrete Neubauvorhaben<br />

geplant und <strong>for</strong>ciert. 3<br />

Derzeitige Marktentwicklungen fokussieren,<br />

neben der Implementierung der bereits heute<br />

kommerziell genutzten Großanlagen der Generation<br />

III bzw. Generation III+, auf Weiterentwicklung<br />

von Reaktorkonzepten der Generation IV und<br />

deren mittel- bis langfristigen Kommerzialisierung.<br />

4<br />

Begründet aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

Anlagenplanern und unserer Bewertung des<br />

aktuellen Marktgeschehens bekommen Pumpen<br />

für Hochtemperaturanwendungen zukünftig eine<br />

hohe Relevanz. Vor allem da es, neben den Entwicklungen<br />

rund um das Thema Generation IV Reaktoren,<br />

ebenso eine erhöhte Nachfrage im Rahmen<br />

genereller industrieller Entwicklungen bzw.<br />

Anwendungen, wie beispielsweise der Bereitstellung<br />

hocheffizienter Wärme- bzw. Energiespeicher,<br />

zur Ergänzung erneuerbarere Energiebereitstellung,<br />

sowie Prozesswärme, dem Betrieb chemischer<br />

Reaktoren oder innovativer Solarkraftwerke.<br />

Als führender und innovativer Hersteller hydraulischer<br />

Komponenten hat die KSB den wachsenden<br />

Bedarf erkannt und in diesem Zusammenhang<br />

einige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur<br />

Schließung vorhandener Wissenslücken im Bereich<br />

der Hochtemperaturanwendung und Materialwechselwirkungen<br />

ins Leben gerufen.<br />

GENERATION IV – REAKTORKONZEPTE<br />

Kernreaktoren gelten international als ein wichtiger<br />

Baustein im Kampf gegen den „Klimawandel“,<br />

auch die EU hat dies mit der Einordnung als nachhaltige<br />

Technologie bestätigt. 5 Dabei bekommt die<br />

neueste Reaktorgeneration – die Generation IV –<br />

eine besondere Bedeutung. Eine Übersicht über die<br />

zeitliche Einordnung verschiedener Reaktorgenerationen<br />

ist Abb. 1 zu entnehmen. Die Implementierung<br />

von Generation IV Reaktoren wird dabei<br />

für die Jahre nach 2030 realistisch.<br />

Dem Generationswechsel kommt eine besondere<br />

Bedeutung zu. Reaktoren der Generation IV haben<br />

neben den Vorteilen, hoher Wirtschaftlichkeit, reduzierter<br />

radioaktiver Abfallmengen, teilweise mit<br />

der Möglichkeit radioaktiven Abfall heutiger<br />

RESEARCH AND INNOVATION 35<br />

1 https://www.kernenergie.ch/de/rohstoff-uran-_content---1--1085.html<br />

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Grundlastfähigkeit<br />

3 https://www.world-nuclear-news.org<br />

4 https://www.terrestrialenergy.com/2021/11/19/terrestrial-energy-launches-390-mw-molten-salt-nuclear-reactor-design<br />

5 https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_22_711<br />

Research and Innovation<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV – Forschung und Entwicklung für Primärpumpen ı David Lauer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

RESEARCH AND INNOVATION 36<br />

| Abb. 1:<br />

Reaktor-Generationen mit zeitlicher Einordnung, inklusive der Vorteile bei Technologiewechsel zu Generation IV.<br />

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generation_IV_<strong>International</strong>_Forum#/media/Datei:GenIVRoadmap-en.svg<br />

Kernkraftwerke zu „verbrennen“ und somit deren<br />

noch vorhandene Energie weiter auszunutzen, und<br />

ihrer Proliferationsresistenz vor allem eine deutlich<br />

erhöhte Reaktorsicherheit gegenüber allen bis dato<br />

in Leistungsreaktoren eingesetzten Konzepten (Generation<br />

I, II, III und III+).<br />

Im Unterschied zur Konzeption heutiger kommerzieller<br />

Leistungsreaktoren haben die Konzepte der<br />

Generation IV häufig besondere Eigenschaften im<br />

Primärkreis gemeinsam, wie beispielsweise:<br />

p Hohe Temperaturen: 650 °C – 1.000 °C<br />

p Unkonventionelle Primärmedien<br />

(z. B. Flüssigsalz oder Metallschmelzen)<br />

Die hohe Betriebstemperatur sowie die Eigenschaften<br />

des zur Anwendung kommenden Primärkreismediums<br />

stellen hohe An<strong>for</strong>derungen an die<br />

Konstruktion des Primärkreises und seiner Komponenten.<br />

Durch die stets <strong>for</strong>tschreitende Planung der Anlagenbauer<br />

bekommt die Auslegung und Konstruktion<br />

einzelner Primärkreiskomponenten eine bedeutende<br />

Rolle – die Primärkreispumpen können dabei<br />

als Schlüsselkomponente betrachtet werden.<br />

Primärkreispumpen haben bei Reaktorkonzepten<br />

der Generation IV ebenfalls sicherheitsrelevante<br />

Funktionen, ähnlich zu den heute betriebenen bzw.<br />

verfügbaren Leistungsreaktoren und werden<br />

dementsprechend sicherheitstechnisch klassifiziert,<br />

welche wie folgt beschrieben werden können:<br />

p Integrität: Bestandteil der Druckhülle des<br />

Primärkreises (Barriere-Funktion)<br />

p Betriebssicherheit: Relevant für ungestörten<br />

Dauerbetrieb und somit wichtig zur Vermeidung<br />

anomaler Betriebszustände der Gesamtanlage<br />

Eine Übersicht über Generation IV Reaktorkonzepte<br />

gibt Tab. 1.<br />

Generation IV Reactor-Type Temperature Primary Coolant<br />

Very High Temperature Reactor (VHTR) > 1.000 °C Helium (gas)<br />

Gas-cooled Fast Reactor (GFR) > 850 °C Helium (gas)<br />

Molten Salt Reactor (MSR) < 800 °C Salt (liquid)<br />

Supercritical Water-cooled Reactor (SCWR) > 374 °C Water (gas)<br />

Sodium-cooled Fast Reactor (SFR) < 500 °C Sodium (liquid)<br />

Lead-cooled Fast Reactor (LFR) < 560 °C Lead-Bismuth (liquid)<br />

| Tab. 1:<br />

Übersicht von Generation IV Konzepten. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generation_IV_<strong>International</strong>_Forum)<br />

Research and Innovation<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV – Forschung und Entwicklung für Primärpumpen ı David Lauer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

| Tab. 2:<br />

Zusammenfassung bekannter MSR-Konzepte (Europa & Amerika).<br />

RESEARCH AND INNOVATION 37<br />

Dabei erscheinen die MSR-Reaktorkonzepte mit<br />

einer mittelfristigen Implementierung als besonders<br />

vielversprechend, worauf die KSB ihre F&E<br />

Aktivitäten fokussiert hat.<br />

Eine Darstellung bekannter europäischer und<br />

amerikanischer MSR-Konzepte gibt Tab. 2.<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

Die An<strong>for</strong>derungen an die Neukonstruktion von<br />

Generation IV Pumpen unterscheidet sich wesentlich<br />

zu den heute verfügbaren Konstruktionen von<br />

Primärkreispumpen. Die hohen Temperaturen und<br />

die Korrosivität der Primärkreismedien begründen<br />

die wesentlichen Heraus<strong>for</strong>derungen, wie<br />

beispielsweise:<br />

p Auswahl geeigneter Pumpenwerkstoffe<br />

p Lagerung der Pumpenwelle<br />

p Statische und dynamische Abdichtung<br />

p Hydraulisches Verhalten bei verschiedenen<br />

Medien<br />

p Auslegung der Dauerfestigkeit<br />

Darüber hinaus sind Themen bezüglich der Konstruktion<br />

und Betriebs eines Pumpenaggregats, üblicherweise<br />

bestehend aus der eigentlichen Pumpe,<br />

einer Kupplung, eines Antriebs sowie notwendiger<br />

Hilfssysteme von Bedeutung, wie beispielsweise:<br />

p Integrierte Wärmesperre – Isolation von<br />

Komponenten gegenüber hoher Temperatur<br />

p Abschirmkonzepte – Schutz von Komponenten<br />

gegenüber ionisierender Strahlung<br />

p Anwendung (nuklearer) Regelwerke, inklusive<br />

Nachweisführung<br />

p Wartungs- und Reparaturkonzepte<br />

Diesen Heraus<strong>for</strong>derungen versuchen wir uns<br />

durch die strategische Ausrichtung in Bezug auf<br />

unsere F&E Aktivitäten zu stellen.<br />

LÖSUNGSANSATZ<br />

Wie bereits zuvor erwähnt, hat KSB entschieden,<br />

sich strategisch auf das Thema Hochtemperaturanwendungen<br />

im Nuklearbereich zu fokussieren<br />

und dies mit verstärkter F&E-Tätigkeiten zu adressieren.<br />

Um die zukünftigen Heraus<strong>for</strong>derungen zu<br />

meistern, stützen sich unsere F&E-Aktivitäten auf<br />

3 Säulen:<br />

p Eigenmittelfinanzierte Projekte<br />

p Förderprojekte im Bereich Hochtemperatur<br />

p Zusammenarbeit mit Anlagenplanern<br />

In den verschiedenen Projekten werden theoretische<br />

und praxisnahe Fragestellungen untersucht<br />

und diese Ergebnisse fließen direkt in die Konzeptionierung<br />

unserer Komponenten ein, dabei im<br />

Fokus:<br />

p Materialwechselwirkungen mit Fördermedien<br />

p Hydraulisches Verhalten durch Fördermedien<br />

p Einfluss höchster Temperaturen<br />

Langjährige Erfahrungen der KSB im Bereich<br />

hydraulischer Komponenten in den unter schiedlichsten<br />

Anwendungen ermöglichen es, das bereits<br />

Research and Innovation<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV – Forschung und Entwicklung für Primärpumpen ı David Lauer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

RESEARCH AND INNOVATION 38<br />

| Abb. 2:<br />

Exemplarische Darstellung zur Entwicklung von Neukonstruktionen.<br />

vorhandene Know-how in aktuelle Fragestellungen<br />

einfließen zu lassen und bilden somit einen<br />

weiteren wichtigen Baustein zur Erarbeitng von<br />

Lösungsansätzen.<br />

Bei Neukonstruktionen bzw. Produktentwicklungen,<br />

vor allem im Nuklearbereich, sind stets<br />

verschiedene Aspekte zu berücksichtigen:<br />

p Vorhandene Erfahrungen mit ähnlichen<br />

Komponenten und Anwendungen<br />

p Entwicklung auf Grundlage etablierter und<br />

zuverlässiger Technologie<br />

p Analyse des vorhandenen KSB Produktportfolios<br />

p Fragestellungen in Bezug auf eine geeignete<br />

Fertigung<br />

p An<strong>for</strong>derungen aus Regelwerken, im speziellen<br />

nuklearer Regelwerke<br />

p Umsetzbarkeit der Qualitätsan<strong>for</strong>derungen<br />

Exemplarisch kann der Produktentwicklungsprozess<br />

gemäß Abb. 2 dargestellt werden.<br />

Aktuelle Entwicklungen und der Plan zur mittelfristigen<br />

Realisierung von MSR-Anlagen lenken<br />

den Fokus auf Konstruktion und Fertigung benötigter<br />

Komponenten. Dabei sind Pumpen als<br />

Schlüsselkomponente einzuordnen. Einerseits von<br />

besonderer Bedeutung als Komponente des<br />

Primärkreises ist die damit einhergehende sicherheitsrelevante<br />

Barrierefunktion. Andererseits<br />

leisten Primärkreispumpen einen wichtigen<br />

Beitrag zum sicheren und ungestörten Reaktorbetrieb.<br />

Ein Grund für KSB die Anstrengungen im Bereich<br />

F&E zu bündeln sowie in das Thema hydraulische<br />

Komponenten für Hochtemperaturanwendungen<br />

und damit zukunftsorientiert zu investieren, mit<br />

dem Ziel frühzeitige Marktreife zu erreichen.<br />

Autor<br />

David Lauer<br />

Project Manager Sales<br />

KSB SE & Co. KGaA, Frankenthal<br />

Die beschriebene Vorgehensweise hat das Ziel, mit<br />

einer spezifischen und an<strong>for</strong>derungsgerechten<br />

Konstruktion eine optimale Einbindung der Komponente<br />

in das Kraftwerkskonzept zu gewährleisten.<br />

FAZIT<br />

Generation IV Reaktorkonzepte bilden einen wichtigen<br />

Baustein für die zukünftige CO 2 -freie Energiebereitstellung.<br />

Diese Weiterentwicklung ist in<br />

Bezug auf die Reaktorsicherheit revolutionär – die<br />

inhärante Sicherheit dieser Konzepte verspricht<br />

die Vermeidung schwerer Störfälle mit Radioaktivitätsfreisetzung<br />

an die Umwelt.<br />

David.Lauer@ksb.com<br />

David Lauer studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Darmstadt.<br />

Im Rahmen seiner Diplomarbeit war er bei der RWE <strong>Power</strong> AG am Standort<br />

Biblis beschäftigt.<br />

Nach erfolgreichem Abschluss im Jahre 2010 begann er seine berufliche Karriere<br />

bei Westinghouse in Deutschland und verantwortete in dieser Zeit hauptsächlich<br />

den Vertrieb weltweiter Field-Service Tätigkeiten und wurde später zum Projektleiter<br />

für internationale Entwicklungs- und Service-Projekte in der Kerntechnik.<br />

Seit 2019 ist er als Project Manager Sales bei der KSB SE & Co. KGA in Frankenthal<br />

tätig und hier verantwortlich für die Projektierung und den Vertrieb<br />

von kerntechnischen Pumpen mit Fokus auf internationale Neubauprojekte.<br />

Research and Innovation<br />

Reaktorkonzepte der Generation IV – Forschung und Entwicklung für Primärpumpen ı David Lauer


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Innovations in Canister Design could<br />

offer improved cost-effectiveness and<br />

Flexibility in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal<br />

Systems<br />

Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley<br />

INTRODUCTION<br />

As nuclear energy experiences a resurgence of interest around the world, to meet net zero targets and<br />

achieve greater energy security, innovations in nuclear waste solutions are in turn becoming a more urgent<br />

priority.<br />

That is particularly the case in the European Union<br />

thanks to the new taxonomy rules <strong>for</strong> environmentally<br />

sustainable economic activities, which require<br />

nuclear power plant developers to have a waste<br />

disposal plan in place by 2050 as they seek to deploy<br />

new facilities.<br />

While there has been progress toward establishing<br />

mined repositories in several countries <strong>for</strong> the<br />

disposal of spent nuclear fuel, high-level waste,<br />

and other highly radioactive materials, disposal in<br />

deep boreholes is an alternative or complementary<br />

approach that has been considered and evaluated<br />

<strong>for</strong> more than a decade.<br />

system efficiencies throughout the nuclear power<br />

life cycle, while preserving options <strong>for</strong> other disposal<br />

methods such as mined geologic repositories.<br />

Boreholes <strong>for</strong> disposal will be customized <strong>for</strong> the<br />

specific geology, waste <strong>for</strong>m and stakeholder<br />

requirements. This concept leverages mature technologies<br />

that are widely used in the oil and gas<br />

industry and is one that Deep Isolation has integrated<br />

and enhanced with patented innovations.<br />

DECOMMISSIONING AND WASTE MANAGEMENT 39<br />

This disposal method uses directional drilling<br />

techniques and proposes emplacing disposal canisters<br />

in either a vertical, slanted, or horizontal (or<br />

nearly horizontal) orientation in boreholes far<br />

deeper underground than in a mined geologic<br />

repository. Fig. 1 shows the alternative borehole<br />

orientations. Geologic media such as sedimentary,<br />

igneous, or metamorphic host rocks that have<br />

remained isolated from the environment <strong>for</strong><br />

hundreds of thousands or millions of years are<br />

under consideration as the preferred location <strong>for</strong><br />

borehole disposal.<br />

This concept has the potential to provide a more<br />

economical disposal solution <strong>for</strong> high-level waste<br />

and spent nuclear fuel from existing reactors as<br />

well as advanced reactors, small modular reactors,<br />

and <strong>for</strong> countries with smaller waste inventories,<br />

but it could be even more effective to package that<br />

waste – when removed from a spent fuel pool –<br />

directly into a “disposal ready” canister that would<br />

also be designed to fit into a borehole. Furthermore,<br />

a standardized canister designed <strong>for</strong> borehole<br />

disposal presents an opportunity <strong>for</strong> greater<br />

| Fig. 1:<br />

Alternative borehole orientations.<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

Innovations in Canister Design could offer improved cost-effectiveness and Flexibility in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal Systems ı Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

DECOMMISSIONING AND WASTE MANAGEMENT 40<br />

Fig. 2 below illustrates the horizontal borehole<br />

disposal concept. The directional drilling shown in<br />

this figure is a highly developed technology used in<br />

over 70,000 oil and gas wells in the United States<br />

and Canada.<br />

Deep Isolation and NAC <strong>International</strong><br />

Universal Canister Designs<br />

During the past two years, Deep Isolation, in partnership<br />

with NAC <strong>International</strong> Inc. (NAC), further<br />

advanced the engineering design of canisters <strong>for</strong><br />

storage, transportation and disposal of spent fuel<br />

assemblies from pressurized water reactors (PWRs).<br />

These canister designs potentially eliminate the<br />

need <strong>for</strong> repackaging spent fuel <strong>for</strong> disposal, leaving<br />

open many nuclear waste management options<br />

<strong>for</strong> the lifecycle of the waste. Deep Isolation started<br />

this canister design process by developing a functional<br />

requirements specification <strong>for</strong> disposal of<br />

spent nuclear fuel in a deep horizontal borehole.<br />

NAC used those requirements to develop the canister<br />

designs. The canister designs considered a generic<br />

repository design with a vertical access hole<br />

that gradually transitions to a 1,500-meter horizontal<br />

section in which the waste canisters would be<br />

emplaced at total vertical depths ranging from<br />

1,500 to 3,000 meters. Designs with different shell<br />

thicknesses were developed <strong>for</strong> the deeper disposal<br />

depths to ensure structural integrity. The canisters<br />

were designed to accommodate a single intact PWR<br />

fuel assembly, and different design configurations<br />

were developed with varying internal cavity lengths<br />

sized to accommodate the vast majority (90 %+) of<br />

PWR spent nuclear fuel generated in the United<br />

States and Europe. The canister would be fabricated<br />

with high-strength, corrosion-resistant steel<br />

| Fig. 3:<br />

This illustration depicts the canister design.<br />

alloy materials (Duplex stainless steel was assumed<br />

as the canister material <strong>for</strong> this design ef<strong>for</strong>t) to ensure<br />

integrity during emplacement as well as during<br />

any required retrieval.<br />

As shown in Fig. 3, the canister, which is part of an<br />

overall engineered barrier system <strong>for</strong> storage,<br />

transport, and borehole disposal, consists of a canister<br />

shell assembly, an internal support assembly,<br />

and a removable (bolt-on) lifting fixture. The canister<br />

shell assembly consists of a cylindrical shell, an<br />

integral welded bottom plate, and a field installed<br />

closure lid. The canister includes drain and vent<br />

port features that are used in wet-loading operations<br />

to drain water, vacuum dry, and backfill the<br />

canister cavity with inert helium gas. A lift adapter<br />

is bolted to the top end of the canister to provide a<br />

lifting interface <strong>for</strong> handling at the borehole repository<br />

surface facility. The lift fixture would be used<br />

only in the disposal configuration to assist with emplacement<br />

into (and if necessary <strong>for</strong> retrieval out of)<br />

| Fig. 2:<br />

Horizontal borehole<br />

disposal concept<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

Innovations in Canister Design could offer improved cost-effectiveness and Flexibility in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal Systems ı Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

the borehole. The canister internals consist of a fuel<br />

tube and four side inserts that bridge the gap between<br />

the fuel tube and shell, providing both structural<br />

support and heat transfer capability required to<br />

meet current United States <strong>Nuclear</strong> Regulatory Commission<br />

(NRC) regulations.<br />

Preliminary structural, thermal, shielding, and criticality<br />

safety evaluations were per<strong>for</strong>med <strong>for</strong> design-limiting<br />

conditions to develop canister designs<br />

sufficient to satisfy established regulatory requirements<br />

<strong>for</strong> storage and transportation and anticipated<br />

regulatory requirements <strong>for</strong> disposal. The analyses<br />

were per<strong>for</strong>med assuming up to nineteen canisters<br />

stored within an existing licensed NAC MAGNAS-<br />

TOR® concrete storage cask or loaded into NAC’s<br />

MAGNATRAN® transportation cask. The preliminary<br />

safety analyses were per<strong>for</strong>med to satisfy established<br />

and anticipated regulatory requirements, as follows:<br />

p Storage: United States Title 10 Code of Federal<br />

Regulations Part 72, “Licensing Requirements <strong>for</strong><br />

the Independent Storage of Spent <strong>Nuclear</strong> Fuel,<br />

High-Level Radioactive Waste, and Reactor-<br />

Related Greater Than Class C Waste” and the<br />

equivalent <strong>International</strong> Atomic Energy Agency<br />

regulations<br />

p Transportation: United States Title 10 Code of<br />

Federal Regulations Part 71, “Packaging and<br />

Transportation of Radioactive Material” and the<br />

equivalent <strong>International</strong> Atomic Energy Agency<br />

regulations<br />

p Disposal: United States Title 10 Code of Federal<br />

Regulations Part 63, “Disposal of High-Level<br />

Radio active Wastes in a Geologic Repository at<br />

Yucca Mountain, Nevada” and the equivalent<br />

<strong>International</strong> Atomic Energy Agency regulations<br />

(<strong>for</strong> pre-closure operations only)<br />

It is recognized that the United States’ disposal regulation,<br />

Title 10 Code of Federal Regulations Part 63,<br />

was established specifically <strong>for</strong> the proposed candidate<br />

repository site at Yucca Mountain, but it was<br />

used <strong>for</strong> this design ef<strong>for</strong>t as representing the most<br />

recent disposal regulatory framework from the United<br />

States NRC. In the paragraphs that follow, a summary<br />

of the analyses per<strong>for</strong>med by NAC is presented:<br />

Structural Evaluation<br />

The structural evaluation of the preliminary canister<br />

designs included: (1) buckling analyses of the canister<br />

shell under repository hydrostatic and lithostatic<br />

loading, (2) stress analyses of the canister <strong>for</strong> repository<br />

handling conditions, including a vertical lift and<br />

retrieval of a stuck canister using the lift adapter attached<br />

to the top of the canister, and (3) dynamic<br />

analyses of the canister <strong>for</strong> a range of postulated drop<br />

events at the borehole repository, including free<br />

drops at the surface facility and a free drop into the<br />

borehole. The buckling evaluation demonstrates that<br />

canister shell will withstand hydrostatic and lithostatic<br />

pressure loading in the borehole and provide the<br />

required factors of safety against buckling instability.<br />

The repository handling evaluation demonstrates<br />

that the canister handling features satisfy the applicable<br />

allowable stress design criteria <strong>for</strong> normal handling<br />

conditions and off-normal stuck canister retrieval<br />

conditions. For an inadvertent drop of a canister,<br />

evaluations were per<strong>for</strong>med <strong>for</strong> a one-meter<br />

free drop onto an unyielding horizontal surface, a<br />

one-meter side drop onto a six-inch diameter steel<br />

puncture bar, and a free drop into a 3,000 meter deep<br />

brine-filled borehole; in the latter scenario, the analysis<br />

found that the canister would stop prior to exiting<br />

the curved section of the borehole, due to hydrostatic<br />

resistance of the fluid in the borehole, thus assuring<br />

such a drop would not impact the canisters<br />

already emplaced in the horizontal section of the<br />

borehole.<br />

Thermal Evaluation<br />

The thermal evaluation <strong>for</strong> transportation conditions,<br />

which is based on an array of 19 canisters in a<br />

MAGNATRAN® transportation cask, assuming each<br />

canister has a heat load of 1.21 kilowatts, demonstrates<br />

compliance with applicable temperature limits.<br />

The disposal thermal evaluation, which models<br />

an array of canisters and radiation and conduction<br />

heat transfer from the fuel assemblies to the canister,<br />

engineered barrier system, and host rock, demonstrates<br />

compliance with all applicable temperature<br />

limits.<br />

Shielding Evaluation<br />

The shielding evaluation was based on a single Westinghouse<br />

17x17 PWR fuel assembly inside the canister<br />

with representative source terms that are typical<br />

<strong>for</strong> fuel assemblies discharged in the last decade. For<br />

example, the following assumptions were used: 4.3<br />

weight percent U-235 initial enrichment, 55 gigawatt-days<br />

per metric ton uranium burnup, and 7-year<br />

cool time in a spent fuel pool. The primary concern<br />

is the radiological dose above the canister during<br />

closure operations: a peak dose of 1.2 millisieverts<br />

per hour (0.12 Rem per hour) was calculated and this<br />

is sufficiently low to comply with occupational radiation<br />

exposure limits during canister loading operations.<br />

Surface dose rates were also calculated during<br />

transportation as well as <strong>for</strong> transfer cask operations,<br />

and all regulatory limits were met.<br />

DECOMMISSIONING AND WASTE MANAGEMENT 41<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

Innovations in Canister Design could offer improved cost-effectiveness and Flexibility in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal Systems ı Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

DECOMMISSIONING AND WASTE MANAGEMENT 42<br />

Criticality Evaluation<br />

The criticality analysis demonstrated that no neutron<br />

absorbing materials are needed to comply with<br />

transportation criticality requirements. For disposal,<br />

it was found that an infinite array of parallel boreholes<br />

spaced 100-feet apart and containing canisters<br />

loaded with a PWR fuel assembly is inherently subcritical,<br />

even with fresh fuel and no neutron absorbers<br />

assumed in the canister.<br />

Summary of Design Analyses<br />

In summary, the preliminary design study evaluated<br />

the canister <strong>for</strong> structural, thermal, shielding, and<br />

criticality aspects. The canister met all established<br />

regulatory requirements <strong>for</strong> storage and transportation<br />

and anticipated regulatory requirements <strong>for</strong><br />

disposal. Importantly, this study provides a generic<br />

design that meets expected requirements <strong>for</strong> storage,<br />

transportation, and disposal (pre-closure operations)<br />

while being small enough in diameter to facilitate<br />

disposal in a borehole.<br />

Next steps <strong>for</strong> advancing deep<br />

borehole disposal<br />

Deep Isolation, in conjunction with NAC, has partnered<br />

with the United Kingdom’s <strong>Nuclear</strong> Advanced<br />

Manufacturing Research Centre (NAMRC) to complete<br />

an initial design-<strong>for</strong>-manufacture review. This<br />

review led to some evolution in the design features<br />

of the canister to improve the fabrication process, as<br />

shown in Fig. 4 in its storage configuration.<br />

With the initial borehole canister design in hand,<br />

Deep Isolation plans to leverage this work to further<br />

advance deep borehole disposal. There is consensus<br />

in the international community that a beneficial next<br />

step is to per<strong>for</strong>m a full-scale demonstration of the<br />

technology. Deep Isolation conducted a study in<br />

2021 to analyze international stakeholder views<br />

across 18 countries in the Americas, Europe, and the<br />

Asia-Pacific region about deep borehole repositories<br />

<strong>for</strong> nuclear waste disposal. The results show that<br />

those surveyed agree overwhelmingly that the ideal<br />

next step in the development of borehole disposal<br />

technology is an end-to-end technology demonstration.<br />

| Fig. 4:<br />

The canister in<br />

its storage<br />

configuration.<br />

In 2019, Deep Isolation completed a successful smallscale<br />

demonstration, in which a small disposal canister<br />

(with no waste inside) was emplaced in and<br />

later retrieved from a pre-existing horizontal drillhole.<br />

Deep Isolation is committed to building on this<br />

ef<strong>for</strong>t by working with the international community<br />

to launch the planning process <strong>for</strong> a long-term collaborative<br />

borehole demonstration program. Working<br />

with industry partners and government research<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

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<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

institutions, Deep Isolation intends to assemble an<br />

independent, science-driven non-profit task <strong>for</strong>ce of<br />

experts and interested stakeholders to oversee the<br />

program. Once launched, it will be the first ever public-private<br />

partnership devoted to researching how<br />

deep boreholes can be used to safely dispose of spent<br />

nuclear fuel and other types of high-level radioactive<br />

waste. The goal of the project is to advance the technology<br />

readiness levels of deep borehole disposal in<br />

a progressive, cost-effective manner, accelerating<br />

the preparation <strong>for</strong> global deployment as a licensed<br />

disposal technology.<br />

As a first step in this demonstration program, Deep<br />

Isolation is moving <strong>for</strong>ward with the fabrication of a<br />

full-size prototype of a disposal canister, based on<br />

the jointly developed designs with NAC discussed<br />

above, and plan to demonstrate the functionality of<br />

the physical interface between the canister and a<br />

drill rig and the ability to lift the canister using<br />

standard oil and gas industry drilling equipment.<br />

As part of this demonstration program, Deep Isolation<br />

also plans to continue its collaboration with<br />

NAMRC, working with the Center to develop manufactured<br />

prototypes <strong>for</strong> full scale field and laboratory<br />

testing, with the goal of elevating the borehole<br />

canister design to a minimum of Technology Readiness<br />

Level 7 to assure its readiness <strong>for</strong> commissioning<br />

within a borehole repository.<br />

CONCLUSION<br />

Based on preliminary analyses by Deep Isolation, the<br />

cost of disposal <strong>for</strong> smaller waste inventories in a<br />

properly sited horizontal borehole disposal system<br />

has the potential to be significantly less than the cost<br />

of a mined geologic repository. Other factors must be<br />

considered, but work done to date on the post-closure<br />

safety case and technology indicate that nuclear<br />

waste can be safely disposed using borehole disposal<br />

repositories while offering cost savings when compared<br />

to mined geologic repositories. In addition,<br />

with no workers underground in a deep borehole<br />

repository, compared to a mined geologic repository,<br />

the pre-closure safety case from both an industrial<br />

safety and radiation safety perspective could potentially<br />

be much improved.<br />

This new, first-of-a-kind disposal canister has been<br />

specifically designed and evaluated <strong>for</strong> use in the<br />

transport, storage, and disposal of commercial spent<br />

nuclear fuel in deep boreholes. It has the potential to<br />

become an integral component of a technically viable,<br />

cost-efficient, and safe deep borehole solution to<br />

the long-standing problem of the disposal of spent<br />

nuclear fuel and other high-level nuclear waste.<br />

Acknowledgement<br />

Special thanks to Steve Sisley, Program Manager<br />

NAC <strong>International</strong>, who contributed to this article.<br />

AUTHORS<br />

Chris Parker<br />

Director Deep Isolation Ltd. EMEA,<br />

London, United Kingdom<br />

Chris@DeepIsolation.net<br />

Chris Parker is Deep Isolation’s Global Head of Business Development, and Managing<br />

Director of its subsidiary <strong>for</strong> Europe and the Middle East (Deep Isolation EMEA<br />

Limited). He works with multiple countries investigating the suitability of deep<br />

borehole disposal of nuclear waste. This includes most recently working with<br />

Estonia, which has contracted with Deep Isolation to study disposal of waste <strong>for</strong> a<br />

proposed advanced reactor small modular reactor, and also leading a review of<br />

borehole disposal <strong>for</strong> five countries within the ERDO Association: Croatia, Denmark,<br />

Netherlands, Norway and Slovenia. Parker also led a survey of international<br />

opinions on deep borehole repositories. Formerly a civil servant reporting to the<br />

British Prime Minister on the digital trans<strong>for</strong>mation of the UK’s economy and public<br />

services, Parker has more than 30 years of experience in stakeholder engagement,<br />

governance and partnership development <strong>for</strong> innovative solutions.<br />

Jesse Sloane<br />

Head of Engineering, Deep Isolation,<br />

Berkeley, Cali<strong>for</strong>nia, USA<br />

Jesse@DeepIsolation.com<br />

Jesse Sloane, Deep Isolation’s Head of Engineering, is a <strong>for</strong>mer U.S. Naval Officer<br />

who worked with the Naval <strong>Nuclear</strong> Propulsion Program, including the management<br />

of transportation and storage-related tasks <strong>for</strong> the Navy’s spent fuel inventory.<br />

He has led risk assessments related to nuclear fuel fabrication facilities and transportation<br />

operations of nuclear waste <strong>for</strong> large-scale nuclear companies.<br />

His role at Deep Isolation includes the management of the company’s U.S. federal<br />

grant awards, which focus on the disposal of pyroprocessing waste streams and<br />

the development of a universal disposal canister system <strong>for</strong> advanced reactor waste<br />

<strong>for</strong>ms.<br />

Mark Frei<br />

Consultant to Deep Isolation,<br />

Berkeley, Cali<strong>for</strong>nia, USA<br />

Mark@DeepIsolation.com<br />

Mark Frei, Senior Project Manager <strong>for</strong> Deep Isolation, has more than 45 years of<br />

experience in the nuclear energy industry, including nuclear weapons-related<br />

legacy environmental cleanup and nuclear waste disposal. After serving as an<br />

engineer <strong>for</strong> the U.S. Department of Energy (DOE) on advanced nuclear reactor<br />

projects, he served as Head of Engineering on DOE’s Yucca Mountain mined<br />

geologic repository project. He then headed up the project team to take the Waste<br />

Isolation Pilot Plant – the United State’s geologic repository <strong>for</strong> defense-generated<br />

intermediate level waste – from a construction complete status to an operational<br />

status, addressing regulatory, safety, environmental, legislative, and technical<br />

issues. He later served as Deputy Assistant Secretary in the DOE managing critical<br />

components of the environmental cleanup program, as well as serving as Manager<br />

of the Idaho Operations Office – overseeing the Idaho National Laboratory and<br />

related environmental remediation. After retiring from the U.S. government, he<br />

was the Project Operations Manager at the Han<strong>for</strong>d Site’s Waste Treatment &<br />

Immobilization Plant <strong>for</strong> Bechtel National Inc., and is now consulting <strong>for</strong> nuclear<br />

waste cleanup industry contractors, including Deep Isolation. At Deep Isolation<br />

Mark managed the completion of the deep borehole canister design per<strong>for</strong>med by<br />

its partner, NAC <strong>International</strong>, and is serving as the project management lead on<br />

the program to demonstrate the deep borehole disposal technology.<br />

DECOMMISSIONING AND WASTE MANAGEMENT 43<br />

Decommissioning and Waste Management<br />

Innovations in Canister Design could offer improved cost-effectiveness and Flexibility in <strong>Nuclear</strong> Waste Disposal Systems ı Chris Parker, Jesse Sloane, Mark Frei, Steve Sisley


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 44<br />

Gerichtliche Mediation im Atomrecht –<br />

ein Erfahrungsbericht<br />

Herbert Posser<br />

„Mediation? Im Atomrecht? Ausgeschlossen!“ Eine solche Skepsis gegenüber einem Mediationsverfahren<br />

ist gerade im Atomrecht weit verbreitet. Denn in der Regel stehen sich nahezu unversöhnlich<br />

Überzeugungen gegenüber, die grundsätzlich unvereinbar und nicht ergebnisoffen diskutierbar erscheinen.<br />

Allerdings gibt es auch hier Themen, bei denen das übergreifende Ziel – etwa der Rückbau eines Kernkraftwerks<br />

– gemeinsames Anliegen aller Parteien ist und es im konkreten Streitfall „nur“ um dessen Ausgestaltung<br />

geht.<br />

Die Sinnhaftigkeit einer Mediation erschließt sich<br />

aus den Defiziten herkömmlichen Rechtsschutzes.<br />

Verwaltungsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten sind,<br />

insbesondere aufgrund des Instanzenzugs, der Themenvielfalt<br />

und der technischen Sachverhaltselemente,<br />

langwierige und aufwendige Verfahren –<br />

mit zudem häufig ungewissem Ausgang. Für die<br />

Genehmigungsbehörde und den Vorhabenträger<br />

besteht das Risiko, dass zwar die Mehrzahl der vorgebrachten<br />

Einwendungen abgewehrt werden<br />

kann, allerdings ein oder zwei der geltend gemachten<br />

Rügen durchdringen. Das gilt insbesondere im<br />

Hinblick auf die äußerst scharfen Rechtsfolgen sog.<br />

„absoluter Verfahrensrechte“ (vgl. § 4 UmwRG), da<br />

diese – unbeschadet materieller Fragestellungen –<br />

zur Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit<br />

einer Genehmigung führen können, selbst wenn in<br />

der Sache am Klagevorbringen nichts dran sein sollte;<br />

der dann notwendige Heilungsbedarf kann zu<br />

erheblichen Verzögerungen führen. Langwierigkeit<br />

und Komplexität gerichtlicher Streitverfahren treffen<br />

indessen auch den Kläger; durch die Möglichkeit<br />

der Fehlerheilung kann er Projekte zwar aufhalten,<br />

aber nur äußerst selten ganz verhindern. Im<br />

Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen<br />

Klageverfahrens ist<br />

er zudem auf bestimmte Rügen<br />

beschränkt und muss in seinem<br />

Vortrag anspruchsvollen Darlegungsan<strong>for</strong>derungen<br />

genügen (vgl. § 6 UmwRG,<br />

§ 67 Abs. 4 VwGO). Im Rahmen einer Mediation besteht<br />

für ihn demgegenüber die Chance, das enge<br />

Korsett des Verwaltungsprozessrechts zu verlassen<br />

und Lösungsinhalte zu vereinbaren, die mit einer<br />

streitgegenständlich begrenzten Klage nicht zu erreichen<br />

wären.<br />

Eine Mediation im verwaltungsgerichtlichen<br />

Verfahren findet vor speziell ausgebildeten Richterinnen<br />

und Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

statt. Sie sind ausdrücklich nicht demjenigen<br />

Fachsenat zugeordnet, der nach der Geschäftsverteilung<br />

über die Klage entscheiden würde. Die<br />

Mediationsrichter sind deshalb keine Experten im<br />

Zentral ist die Schaffung einer<br />

Atmosphäre, in der alle Parteien zu<br />

wechselseitigem Vertrauen finden.<br />

Atomrecht – und sollen dies auch nicht sein. Denn<br />

es geht gerade nicht um die richterliche Entscheidung<br />

atomrechtlicher Sachverhalte oder Rechtsprobleme;<br />

maßgeblich ist vielmehr, dass die Parteien<br />

selbst eine einvernehmliche und eigenverantwortliche<br />

Lösung erarbeiten. Die Richter sind<br />

deshalb eher „Geburtshelfer“, Vermittler (Mediation,<br />

lat. Vermittlung); sie unterstützen die<br />

Parteien, ihre „wahren“, sowohl hinter dem Klagebegehren<br />

als auch der schlichten Projektrealisierung<br />

liegenden Interessen zu definieren und in<br />

einer gemeinsamen Verständigung zusammenzuführen.<br />

Insofern geht es in erster Linie um Interessen-,<br />

nicht um Rechtswahrung. Deshalb ist der<br />

richterliche Vorsitz auch keine klassische Verhandlungsführung,<br />

sondern Rahmensetzung für die<br />

Erarbeitung einer von beiden Seiten getragenen<br />

Vereinbarung; dementsprechend tagt das Gericht<br />

nicht in voller Besetzung, vielmehr wird in aller<br />

Regel nur ein Richter tätig.<br />

Zentral ist die Schaffung einer Atmosphäre, in der<br />

alle Parteien – neben den Klägern und der beklagten<br />

Behörde auch das beigeladene Unternehmen als<br />

Genehmigungsinhaber – zu<br />

wechselseitigem Vertrauen finden.<br />

Das kann durchaus eine gewisse<br />

Zeit in Anspruch nehmen,<br />

weil sich die privaten Kläger<br />

(häufig Anwohner oder benachbarte Landwirte)<br />

intensiver in das Mediationsverfahren einbrin gen<br />

können und sollen als dies in einem rechtlich strukturierten<br />

Klageverfahren mit stärkerer anwaltlicher<br />

Vertretung der Fall ist. Als vertrauensbildende<br />

Maßnahme trägt zunächst die gegenseitige Vorstellung<br />

bei. Anders als in einer normalen mündlichen<br />

Gerichtsverhandlung sind die Beteiligten dabei<br />

nicht als Parteien in einer spezifischen Rolle anwesend,<br />

sondern lediglich als normale Teilnehmer;<br />

auch beteiligte Rechtsanwälte sind nicht als solche<br />

aktiv, tragen insbesondere keine Robe.<br />

Von besonderer Bedeutung ist es, dass zu Beginn<br />

einer Mediation die wechselseitigen Interessen und<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Gerichtliche Mediation im Atomrecht – ein Erfahrungsbericht ı Herbert Posser


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Erwartungshaltungen ausdrücklich geäußert und<br />

je eigen definiert werden. Da die Beteiligten selbst<br />

eine Lösung erarbeiten müssen, ist die thematische<br />

Herausarbeitung dessen, was sie eigentlich erreichen<br />

wollen, für den Erfolg einer Mediation<br />

entscheidend. Da die Interessen über dasjenige<br />

hinausgehen können, was unter rechtlichen<br />

Gesichtspunkten Klagevortrag sein darf, kann es<br />

allerdings auch zu nicht erfüllbaren Wünschen und<br />

Erwartungen kommen. So kann eine inhaltliche<br />

Forderung darauf hinauslaufen, dass sie – etwa<br />

wenn es um (gesetzlich oder verordnungsrechtlich<br />

geregelte) Bundesthemen geht, aber eine Landesbehörde<br />

Teilnehmerin ist – von vornherein<br />

unerfüllbar bleiben muss. Denn selbstverständlich<br />

können die Beteiligten nichts zusagen, was letztlich<br />

außerhalb ihrer Einflusssphäre und Kompetenzen<br />

bleibt. Dennoch ist es wichtig herauszufinden,<br />

worum es den Beteiligten letztlich geht,<br />

welche rote Linien bestehen oder wo – auch über<br />

das unmittelbare Prozessthema hinausgehend –<br />

Möglichkeiten für eine Einigung liegen. Für<br />

manche Kläger war es von besonderer Bedeutung,<br />

Regelungen und Mechanismen zu etablieren, bei<br />

denen sie sich – unbeschadet der rechtlichen Validität<br />

ihrer Punkte – in ihren Anliegen ernstgenommen<br />

fühlen und mit Behörde wie Genehmigungsinhaber<br />

auf Augenhöhe diskutieren konnten;<br />

insofern ging es um Gehörtwerden – nicht zwingend<br />

um rechtliches Gehör. Häufig liegen die<br />

Ergebnisse deshalb weniger in harten Fakten (z. B.<br />

in Grenzwertreduzierungen oder sonstigen materiellen<br />

Zusagen) als in prozeduraler Hinsicht, etwa<br />

bei der Verabredung bestimmter Kooperationsund<br />

Kommunikations<strong>for</strong>mate. Das Herausarbeiten<br />

dessen, worum es den Klägern „eigentlich“ ging,<br />

war deshalb für erfolgreiche Lösungsansätze<br />

jeweils zentral.<br />

Mediationsgespräche dauern häufig länger als eine<br />

mündliche Verhandlung, wo das Gericht frühzeitig<br />

eine erste rechtliche Einschätzung äußert und sich<br />

danach das weitere Prozedere richtet; offenere<br />

Formate können dagegen genutzt werden, um „das<br />

zu sagen, was man immer schon einmal sagen<br />

wollte“. Das kann zuweilen ermüdend sein, hilft<br />

aber für die Herausarbeitung dessen, was als definiertes<br />

Interesse dann einer konkreten Lösung<br />

zugeführt werden kann. Insgesamt sind Mediationen<br />

aber kürzer als Klageverfahren, bedenkt<br />

man, wie lange es gegenwärtig dauert, bis nach<br />

Wechseln umfangreicher Schriftsätze überhaupt<br />

terminiert wird.<br />

Typischerweise wird das Mediationsergebnis in<br />

einer verbindlichen Abschlussvereinbarung festgehalten<br />

und führt dazu, dass das anhängige gerichtliche<br />

Verfahren ohne Urteil zu beenden ist. Eine<br />

Vereinbarung über die Kostentragung ist ebenso<br />

zweckmäßig wie eine Sprachregelung zur Kommunikation<br />

der Ergebnisse nach außen. Zudem<br />

können Regelungen über zukünftiges Verhalten<br />

und Abstimmungsprozeduren Vereinbarungsinhalte<br />

sein.<br />

Aus der Erfahrung mit mehreren Mediationsverfahren<br />

ist festzuhalten, dass sie eine echte Alternative<br />

zur Klage sein können, weil für beide Seiten<br />

unter Umständen eine bessere Gesamtlösung zu<br />

erzielen ist als die „Alles-oder-nichts“-Entscheidung<br />

eines gerichtlichen Urteils.<br />

Autor<br />

Prof. Dr. Herbert Posser<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht ,<br />

Posser Spieth Wolfers & Partners, Düsseldorf<br />

SPOTLIGHT ON NUCLEAR LAW 45<br />

Ein großer Vorteil der Mediation besteht in der<br />

übergreifenderen Befriedungsfunktion, die Klageverfahren<br />

– je nach konkretem Streitgegenstand<br />

und inhaltlichem Vortrag – so nicht haben. Sie<br />

kann insoweit breitere Wirkung entfalten und ein<br />

dauerhaft besseres Miteinander zwischen den<br />

Beteiligten erreichen, das sich auch für zukünftige<br />

Themen und Auseinandersetzungen als belastbar<br />

erweisen kann. Denn das als Grundlage jeder<br />

erfolgreichen Mediation notwendige Vertrauensverhältnis<br />

kann über den konkreten Anlassgegenstand<br />

hinaus Bestand haben. Da die Lösung nicht<br />

durch einen gerichtlichen Entscheidungsspruch,<br />

sondern durch eine einvernehmliche, eigenständig<br />

erarbeitete Einigung der Beteiligten selbst herbeigeführt<br />

wird, gibt es in der Regel nicht Sieger und<br />

Verlierer, sondern eine „Win-Win-Situation“.<br />

herbert.posser@pswp.de<br />

Prof. Dr. Herbert Posser, geboren 1962 in Essen, studierte in Münster und<br />

Göttingen Rechts- und Staatswissenschaften. Er promovierte bei Prof. Dr. Friedrich<br />

Schoch über ein verfassungsprozessuales Thema. Zudem war er vier Jahre<br />

als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Wirtschaftsrecht<br />

bei Prof. Dr. Ehlers. Seit 1993 ist er Rechtsanwalt, zunächst in einer internationalen<br />

Wirtschaftskanzlei, sodann in einer auf das Öffentliche Recht spezialisierten<br />

Sozietät. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Mitglied im Umweltausschuss<br />

des DAV. Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt im deutschen<br />

und europäischen Umwelt- und Energierecht sowie im Bau- und Planungsrecht;<br />

ein besonderer Fokus besteht in der öffentlich-rechtlichen Begleitung von<br />

Infrastrukturprojekten und der Strukturierung komplexer Genehmigungsverfahren,<br />

die eng mit politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen verknüpft<br />

sind, einschließlich der Prozessvertretung vor deutschen und europäischen<br />

Gerichten aller Instanzen. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist er Herausgeber<br />

und Autor verschiedener Publikationen, etwa des BeckOK VwGO (Posser/Wolff)<br />

oder des Praxishandbuchs Netzausbau und Netzplanung (Posser/Faßbender)<br />

sowie zahlreicher Kommentierungen zu umwelt- und energierechtlichen<br />

Vorschriften (etwa zum KSG, EnWG, EEG, Immissionsschutz-, Wasser-, Bodenschutz-<br />

und Atomrecht). An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hält er seit<br />

vielen Jahren die Grundlagenvorlesung zum Umweltrecht.<br />

Spotlight on <strong>Nuclear</strong> Law<br />

Gerichtliche Mediation im Atomrecht – ein Erfahrungsbericht ı Herbert Posser


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

46<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo 25/2022 vom 17.10.2022:<br />

Fortsetzung folgt: Kanzlerentscheid<br />

zu Weiterbetrieb für drei Kernkraftwerke<br />

– FDP hält Betrieb im Winter<br />

2023/24 offen<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

Über die Nachrichtenagentur Reuters ist ein Schreiben von<br />

Bundeskanzler Scholz an Wirtschaftsminister Habeck,<br />

Umweltministerin Lemke und Finanzminister Lindner<br />

bekannt geworden, in dem Scholz die zuständigen Minister<br />

anweist, eine Regelung vorzulegen, die den Weiterbetrieb<br />

der drei noch laufenden Kernkraftwerke nach dem 31.<br />

Dezember 2022 aber längstens bis zum 15. April 2023<br />

ermöglicht. Über die beabsichtigte Regelung ist nichts<br />

genaues bekannt, allerdings wurde am 27. September 2022<br />

eine Eckpunktevereinbarung (siehe KTG-Fachinfo Nr. 23)<br />

zum möglichen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2<br />

(KKI 2) und Neckarwestheim 2 (GKN 2) in einer Einsatzreserve<br />

mit den jeweiligen Betreibern vorgestellt.<br />

Winter 2023/24 zu nutzen, wie dies unter anderem die<br />

FDP seit mehreren Monaten <strong>for</strong>dert. Gespräche zur Auflösung<br />

dieses Dissens am Sonntag und am Montag blieben<br />

zumindest nach außen hin ergebnislos. Wie die FAZ<br />

berichtet, hat Christian Lindner die Entscheidung von<br />

Bundeskanzler Scholz nun gleichwohl begrüßt, zugleich<br />

aber darauf hingewiesen, dass man auch für den Winter<br />

2023/24 gemeinsame Lösungen finden werde. Zahlreiche<br />

Stimmen hatten sich in den vergangenen Wochen dahin<br />

gehend geäußert, dass die Energiesituation im Winter<br />

2023/24 mindestens ebenso angespannt werden wird wie<br />

im kommenden Winter oder sogar noch heraus<strong>for</strong>dernder.<br />

Zuletzt hatte sich die IWF-Vizedirektorin Gita Gopinath<br />

speziell mit Bezug auf Deutschland so geäußert. Am Mittwoch<br />

vergangener Woche <strong>for</strong>derte die internationale<br />

Klimaaktivistin Greta Thunberg in einem Interview mit<br />

Sandra Maischberger Deutschland auf, in der Energiekrise<br />

besser seine laufenden Kernkraftwerke länger zu nutzen<br />

als verstärkt auf Kohle zu setzen. Der Bundeskanzler <strong>for</strong>dert<br />

in dem heutigen Brief auch, dass die Vereinbarung<br />

mit RWE zur vorgezogenen Beendigung der Kohleverstromung<br />

im rheinischen Revier bis 2030 bei gleichzeitig<br />

verlängertem Betrieb von zwei Braunkohlekraftwerken bis<br />

31. März 2024 gesetzgeberisch umgesetzt wird.<br />

Die Eckpunktevereinbarung sieht folgendes vor:<br />

a KKI 2 soll im Fall des Abrufes der Einsatzreserve im<br />

Streckbetrieb bis zur Erschöpfung des Kerns (55 Prozent<br />

der Nennleistung) betrieben werden;<br />

a ·Entscheidung über Einsatzreserve für KKI 2 und GKN 2<br />

Anfang Dezember;<br />

a GKN 2 soll am 31.12. abgefahren werden und im Fall<br />

des Abrufes Anfang Dezember seinen Kern mit<br />

vorhandenen Brennelementen aus dem BE-Lagerbecken<br />

auffrischen<br />

a Hinsichtlich GKN 2 wird Anfang Januar noch einmal<br />

entschieden, ob die Anlage mit dem aufgefrischten Kern<br />

in den Streckbetrieb bis maximal 15. April 2023 oder in<br />

eine Reserverolle übergeht;<br />

a Hinsichtlich des Kernkraftwerks Emsland, dessen<br />

Einbeziehung in die Einsatzreserve bislang nicht<br />

vorgesehen war, ist noch keine entsprechende In<strong>for</strong>mation<br />

verfügbar.<br />

Zuvor hatte am Freitagabend die Bundesdelegiertenkonferenz<br />

von Bündnis90/Die Grünen dem Vorschlag von<br />

Bundeswirtschaftsminister Habeck gemäß der o.g. Eckpunkte<br />

für die zwei süddeutschen Kernkraftwerke<br />

zugestimmt und zugleich kategorisch jede Zustimmung<br />

zur Beschaffung neuer Brennelemente ausgeschlossen.<br />

Diese wäre er<strong>for</strong>derlich, um die Kernkraftwerke auch im<br />

Der bayerische Ministerpräsident Söder kritisierte die Entscheidung<br />

des Bundeskanzlers als unzureichend und<br />

erklärte, dass damit nur der Streit in der Koalition, nicht<br />

aber die Probleme der Stromversorgung gelöst würden. Er<br />

warnte, dass die Gefahr eines Blackout bestehen bleibe.<br />

RWE erklärte, dass man die Entscheidung der Bundesregierung<br />

in der Energiekrise nachvollziehen könne und<br />

diese akzeptiere. Das Unternehmen werde nun alle<br />

er<strong>for</strong>derlichen Maßnahmen ergreifen, einen Weiterbetrieb<br />

des Kernkraftwerks Emsland bis zum 15. April 2023 zu<br />

ermöglichen.<br />

Somit deutet sich an, dass zunächst eine Regelung ähnlich<br />

der so genannten Einsatzreserve in ihrer zweiten Fassung<br />

von Ende September, aber für drei statt zwei Kernkraftwerke<br />

im Sinne eines Minimalzugeständis an die FDP<br />

umgesetzt wird. Die Idee eines Notfallbetriebes statt einer<br />

Betriebsverlängerung mit den vorhandenen Brennelementen<br />

war entstanden, nachdem die grüne Bundestagsfraktion<br />

signalisiert hatte, einen Streckbetrieb als solchen<br />

nicht mitzutragen. Da die Bundesregierung den<br />

Winter nicht ab Frühjahr 2023 abschaffen kann, das Problem<br />

der extremen Strompreise mit der Einsatzreserve nicht<br />

angegangen wird und das Jahr 2023 in Bezug auf die Gasbeschaffung<br />

schwieriger wird als 2022, da voraussichtlich<br />

die russischen Lieferungen durchgängig fehlen werden, ist<br />

zu erwarten, dass auch die heute bekannt gewordene Entscheidung<br />

des Bundeskanzlers noch kein Ende der Diskussion<br />

über die Kernkraftwerke bringen wird.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

KTG-Fachinfo 24/2022 vom 30.09.2022:<br />

Gesetzentwurf zur<br />

Genehmigungsbeschleunigung<br />

für neue Kernkraftwerke<br />

in Frankreich<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

Die französische Regierung stellte am Dienstag, 27. September<br />

einen Gesetzentwurf vor, mit dem die Verfahren<br />

zur Errichtung neuer Kernkraftwerke vereinfacht und<br />

beschleunigt werden sollen, wie u. a. der Fernsehsender<br />

TF1 online berichtete. Tags zuvor war ein ähnlicher Vorschlag<br />

mit Bezug auf erneuerbare Energien gemacht worden.<br />

Ziel ist es, mit dem Bau des ersten EPR2-Reaktors vor<br />

Ende der Legislaturperiode 2027 zu beginnen und den<br />

kommerziellen Betrieb der ersten Anlagen 2035/36 zu<br />

erreichen.<br />

werden und positive Effekte für die Stromkunden erzielt<br />

werden sollen. Der Entwurf ist dem Nationalen Rat für die<br />

ökologische Wende aus Gewerkschaften, Arbeitgebern,<br />

NGOs und Gebietskörperschaften übermittelt worden und<br />

soll Mitte Oktober dem Ministerrat vorgelegt werden, mit<br />

dem Ziel eines Parlamentsbeschlusses bis Mitte 2023.<br />

Die französische Regierung ergreift mit diesem Gesetzentwurf<br />

nun konkrete Schritte, um den bereits vor dem<br />

Ukraine-Krieg angekündigten Ausbau der Kernenergie<br />

umzusetzen. Diese erste Tranche von sechs der insgesamt<br />

14 geplanten Reaktoren ist mit 46 Milliarden Euro budgetiert.<br />

Ob das Programm noch weiter aufgestockt oder um<br />

kleine modulare Reaktoren ergänzt wird, muss die Zukunft<br />

zeigen. Das aktuelle politische Ziel von 50 Prozent Kernenergie<br />

im Strommix in 2035 (heute 70 Prozent) würde laut<br />

der französischen Wikipedia für 2050 auch mit Laufzeitverlängerungen<br />

der bestehenden Anlagen und den 14 Neubauanlagen<br />

nicht erreicht werden.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

47<br />

KTG-FACHINFO<br />

In Umsetzung des von Präsident Macron im Februar<br />

angekündigten Bauprogramms sollen sechs Anlagen als<br />

Doppelblockanlagen an drei Standorten errichtet werden.<br />

Zwei der Standorte werden schon angekündigt, Penly und<br />

Gravelines, die beide an der Kanalküste liegen. Der dritte<br />

Standort werde aus Gründen des Netzgleichgewichts vermutlich<br />

im Rhône-Tal liegen. Auch hier sollen die neuen<br />

Anlagen an oder nahe einem bestehenden Standort<br />

errichtet werden, da dort bereits Infrastruktur vorhanden<br />

sei und darüber hinaus in den siebziger und achtziger Jahren<br />

häufig noch Raum für mögliche Erweiterungen gelassen<br />

worden sei.<br />

Neben dieser Vorgehensweise, die die Errichtung bereits<br />

vereinfacht und beschleunigt, sollen die Er rich tungsgenehmigungen<br />

so gestaltet werden, dass sie alle notwendigen<br />

Verwaltungsentscheidungen bündeln, einschließlich<br />

kommunaler Genehmigungen, deren Tatbestände<br />

ebenfalls durch die staatlichen Behörden geprüft<br />

würden. Zugleich sollen schon parallel zum Genehmigungsverfahren<br />

vorbereitende Arbeiten ermöglicht werden. Die<br />

Projekte hätten einen zwingenden Grund von großem<br />

öffentlichen Interesse und könnten deshalb Ausnahmetatbestände<br />

im Hinblick auf den Artenschutz geltend machen.<br />

Das Ministerium für Energiewende stellte dennoch klar,<br />

dass dem Artenschutz Rechnung getragen werden solle<br />

und die Belange der kerntechnischen Sicherheit und deren<br />

unabhängige Bewertung durch die Aufsichtsbehörde ASN<br />

entsprechend internationaler Praxis von der Planungsbeschleunigung<br />

nicht berührt würden.<br />

Mit dem Vorhaben sollen wirtschaftliche und ökologische<br />

Vorteile erreicht werden, indem mit einer der CO2-ärmsten<br />

Technologien der Erderwärmung entgegen getreten<br />

KTG-Fachinfo 23/2022 vom 23.09.2022:<br />

Einigung über einen möglichen<br />

Weiterbetrieb von KKI 2 und GKN 2 –<br />

Unsicherheit über Einsatzreserve<br />

bleibt<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

PreussenElektra und EnBW haben eine Einigung mit dem<br />

Bundeswirtschaftsministerium über Modalitäten eines<br />

möglichen Weiterbetriebs der Kernkraftwerke Isar 2 (KKI 2)<br />

und Neckarwestheim 2 (GKN 2) bis längstens zum 15. April<br />

2023 erzielt und sich damit bereit erklärt, die so genannte<br />

Einsatzreserve zu unterstützen. Der Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung von PreussenElektra, Dr. Guido Knott,<br />

begrüßte die erzielte Einigung im Grundsatz, bedauerte<br />

aber, dass es noch keine endgültige Klarheit über den<br />

Weiterbetrieb von Isar 2 gibt. Er stellte fest, dass die Vorbereitungen<br />

für den Weiterbetrieb einen erheblichen<br />

zusätzlichen Einsatz der KKI-Kraftwerksmannschaft<br />

er<strong>for</strong>dern und wünschte eine zeitnahe Entscheidung.<br />

Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die Eckpunkte der<br />

Einigung in einem Pressestatement bekannt gegeben. Es<br />

wird dabei vorgesehen, dass das Kernkraftwerk Isar 2 zur<br />

Revision des Druckhalterventils im Oktober abgefahren<br />

wird und dann bis zum Jahresende im geplanten Leistungsbetrieb<br />

sowie zusätzlich im An<strong>for</strong>derungsfall der Einsatzreserve<br />

bis zur Erschöpfung des Brennstoffinventars im<br />

Streckbetrieb weiter betrieben wird. Dabei würde die<br />

Anlagenleistung von 95 auf 55 Prozent der Nennleistung<br />

absinken und rund 2 TWh Strom erzeugt. Von der<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

48<br />

KTG-FACHINFO<br />

Möglichkeit einer Revision zur Auffrischung des Kerns um<br />

einen Betrieb bis zum 15. April zu ermöglichen, soll wegen<br />

deren Dauer (vier bis sechs Wochen) kein Gebrauch<br />

gemacht werden. Die Entscheidung über den Abruf von Isar<br />

2 für die Einsatzreserve soll endgültig Anfang Dezember<br />

fallen.<br />

Im Fall des Kernkraftwerks Neckarwestheim 2, das bereits<br />

vor Jahresende in den Streckbetrieb gehen wird, soll eine<br />

Auffrischung des Kerns mit Brennelementen aus dem<br />

Abklingbecken Anfang des Jahres 2023 erfolgen. Eine vollständige<br />

Revision ist dafür nicht er<strong>for</strong>derlich, da im laufenden<br />

Jahr bei der Anlage bereits eine Revision ohne Brennelementwechsel<br />

durchgeführt wurde. Die Anlage würde<br />

danach bis zum 15. April 2023 betrieben. Die Leistung<br />

würde dabei von 70 bis 55 Prozent der Nennleistung sinken,<br />

es würden ca. 1,7 TWh Strom erzeugt. Eine Entscheidung<br />

soll Anfang Dezember getroffen werden, soll aber Anfang<br />

Januar noch einmal überprüft werden.<br />

Angebots- und Preiseffekt einer umfangreicheren Nutzung<br />

von Kernkraftwerken war nicht Gegenstand der<br />

Erörterungen von Minister Habeck bei seinem Pressestatement.<br />

KTG-Fachinfo 22/2022 vom 23.09.2022:<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

September-Rückblick mit Atomstrom-<br />

Angebot-Ukraine, Wiederbetrieb<br />

Frankreich, CDU/CSU Gesetzentwurf<br />

Weiterbetrieb, Beschluss CSU-<br />

Klausurtagung<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

wir berichten Ihnen heute jeweils kurz über einige aktuelle<br />

Themen rund um die Kernenergie:.<br />

Um die Einsatzreserve rechtlich zu ermöglichen, sollen das<br />

Atomgesetz und das Energiewirtschaftsgesetz geändert<br />

werden. Das Bundeskabinett soll den Gesetzentwurf zur<br />

Umsetzung der heute vorgestellten „Eckpunkte AKW-Einsatzreserve“<br />

am 5. Oktober 2022 beschließen, der Bundestag<br />

bis Ende Oktober. Die Betreiber leiten alle er<strong>for</strong>derlichen<br />

Maßnahmen zur Ermöglichung der Einsatzreserve in<br />

die Wege, auch wenn eine Entscheidung über deren Nutzung<br />

erst im Dezember fallen wird. Eine kostenseitige<br />

Abrechnung des Aufwands für die Einsatzreserve soll bis<br />

Ende April erfolgen. Dabei würden die Kosten einer nicht<br />

abgerufenen Einsatzreserve erstattet sowie mögliche Verluste<br />

aus dem Betrieb in Einsatzreserve. Im Fall eines<br />

Abrufes wären die Strommarkterlöse Gegenstand der allgemeinen<br />

Regelungen für inframarginale Erzeuger hinsichtlich<br />

einer Abschöpfung von Übergewinnen. Mit den<br />

Betreibern soll ein öffentlich-rechtlicher Vertrag<br />

geschlossen werden.<br />

Ukraine bietet Deutschland Strom aus Kernenergie an<br />

Anfang September machte der ukrainische Minister präsident<br />

Denys Schmyhal vor seinem Besuch Deutschland das<br />

Angebot, mit der Lieferung von Atomstrom zur<br />

Unabhängigkeit Deutschlands von russischen Energieexporten<br />

beizutragen. Wörtlich sagte er: „Derzeit exportiert<br />

die Ukraine ihren Strom nach Moldau, nach Rumänien, in<br />

die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit,<br />

unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern. Wir haben<br />

eine ausreichende Menge an Strom in der Ukraine dank<br />

unserer Kernkraftwerke. Bei meinem Besuch in Berlin und<br />

dann auch in Brüssel werde ich das ansprechen.“ Seit März<br />

ist die Ukraine an den europäischen Stromverbund<br />

angeschlossen und exportiert täglich zwischen 400 und<br />

700 Megawattstunden Strom in die Europäische Union und<br />

nach Moldau. Die Ukraine produzierte 2021 55 Prozent<br />

ihres Stroms mit Kernenergie. Über eine Reaktion auf das<br />

Angebot seitens der Bundesregierung ist nichts bekannt.<br />

Minister Habeck hat bei seiner Vorstellung der Eckpunkte<br />

stark auf die Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke<br />

abgestellt, die möglicherweise ungünstiger ausfällt, als<br />

frühere Prognosen nahelegten und deshalb in den Bereich<br />

der ungünstigsten Annahmen im Stresstest gelangen<br />

könnte. Die Erfahrung zeige auch, so Habeck weiter, dass<br />

die Prognosen bisweilen zu optimistisch gewesen wären.<br />

Die Verfügbarkeit der Anlagen würde darüber hinaus<br />

gemäß der Planungen nach einem Höhepunkt Ende<br />

Dezember bereits Ende Januar wieder sinken.<br />

Eine längere Nutzung von Kernkraftwerken in Verbindung<br />

mit frischem Kernbrennstoff ist in der Einigung nicht vorgesehen,<br />

obgleich die Bundesregierung inzwischen davon<br />

ausgeht, dass auch im übernächsten Winter 2023/24 noch<br />

eine kritische Versorgungslage zu erwarten ist. Auch der<br />

Französische Kernkraftwerke gehen wieder ans Netz<br />

Anfang September haben 31 von 56 Kernkraftwerken in<br />

Frankreich keinen Strom geliefert, aktuell sind es 28. Bis<br />

Weihnachten sollen aber weitere 23 Anlagen wieder Strom<br />

erzeugen. Wie u. a. die F.A.Z. berichtete, teilte die Energieministerin<br />

Agnès Pannier-Runnacher bei einer Krisensitzung<br />

mit Präsident Macron mit, dass sich EDF verpflichtet habe,<br />

bis zum Winter alle Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen.<br />

Im Januar sollen weitere drei Anlagen wieder ans Netz<br />

gehen, darunter am Standort Civaux, wo der Spannungsrisskorrosionsbefund<br />

in Leitungen des Notspeisesystems zuerst<br />

entdeckt worden ist. Bei den Anlagen, die kürzlich bzw. zur<br />

Zeit wieder angefahren werden, ist es zu kleineren Verzerungen<br />

gegenüber der ursprünglichen Terminplanung<br />

gekommen.<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum<br />

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken<br />

Am 22. September wurde im Plenum des Deutschen Bundestages<br />

in erster Lesung ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-<br />

Bundestagsfraktion debattiert, mit dem ein Weiterbetrieb<br />

der drei noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke Isar 2,<br />

Neckarwestheim 2 und Emsland bis mindestens zum<br />

31.12.2024 ermöglicht würde. Darüber hinaus soll die<br />

Bundesregierung ermächtigt werden, einen öffentlichrechtlichen<br />

Vertrag mit den Eigentümern/Genehmigungsinhabern<br />

abzuschließen, in dem die Rahmenbedingungen<br />

für den Weiterbetrieb geregelt werden sollen. Die Bundesregierung<br />

soll bis zum 31. August 2024 einen Bericht darüber<br />

vorlegen, ob mit Blick auf die Energieversorgung, das<br />

Strompreisniveau und den Klimaschutz ein Betrieb über den<br />

31.12.2024 hinaus er<strong>for</strong>derlich ist. Der Bundestag soll darüber<br />

bis zum 30. September 2024 entscheiden. Die Betreiber<br />

werden nach dem Gesetzentwurf im Fall des Leistungsbetriebs<br />

über den 31.12.2022 hinaus verpflichtet, die Ergebnisse<br />

einer Periodischen Sicherheitsüberprüfung bis zum<br />

31.12.2023 vorzulegen.<br />

Wie die F.A.Z. berichtet, betonte der CDU-Abgeordnete<br />

Steffen Bilger in der Debatte, dass man keinen Ausstieg vom<br />

Ausstieg wolle, aber in der gegenwärtig prekären Lage alle<br />

ver fügbaren Energie<strong>for</strong>men nutzen müsse. Bundesumweltministerin<br />

Steffi Lemke entgegnete, dass der Atomausstieg<br />

stehe, die Fraktionen von SPD und Bdnis90/Die Grünen<br />

lehnten den Vorstoß der Union ab. Die FDP stellte fest, dass<br />

es zu diesem Thema keine einheitliche Meinung in der Koalition<br />

gebe. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung<br />

in die Ausschüsse verwiesen.<br />

Beschluss auf der CSU-Klausurtagung zur Energiepolitik<br />

Bei ihrer Klausurtagung in Kloster Banz vom 20. bis 22. September<br />

2022 hat die CSU-Landtagsfraktion unter anderem<br />

den energiepolitischen Beschluss „Energiekrise: Bürger und<br />

Betriebe entlasten, Versorgung sicherstellen“ gefasst. Zur<br />

Kernenergie wird darin von der Bundesregierung ge<strong>for</strong>dert,<br />

„ein klares und eindeutiges Bekenntnis für eine Laufzeitverlängerung<br />

aller drei aktiven Kernkraftwerke mindestens bis<br />

2024“ abzugeben. Die CSU-Landtagsfraktion bewertet den<br />

Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers, trotz der hohen<br />

Strompreise und der durch den Stresstest der Übertragungsnetzbetreiber<br />

aufgezeigten Gefahr, dass es bei Spitzenbelastungen<br />

im Winter zur Lastunterdeckung und damit zu<br />

Stromausfällen kommen kann, nur einen optionalen<br />

Reservebetrieb von zwei Kernkraftwerken vorzusehen, als<br />

energie- und wirtschaftspolitisch fatal und unverantwortlich.<br />

Soweit der aktuelle Rückblick auf einige Themen der Kernenergie<br />

im September 2022.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

KTG-Fachinfo 21/2022 vom 13.09.2022:<br />

Standortvorschlag der NAGRA<br />

für ein Endlager in der Schweiz<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

wir berichten Ihnen heute über die aktuelle Standortauswahl<br />

der NAGRA für ein Endlager für radioaktive Stoffe in<br />

der Schweiz und die ersten Reaktionen darauf in Deutschland.<br />

Zusammenfassung:<br />

In der Schweiz hat es einen historischen Meilenstein beim<br />

Auswahlprozess für ein Endlager für radioaktive Abfälle<br />

gegeben. Wie bereits am Wochenende gemeldet und von<br />

der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver<br />

Abfälle (Nagra) gestern offiziell mitgeteilt, wurde<br />

aus den drei im Sachplanverfahren geologische Tiefenlagerung<br />

in Phase drei verbliebenen Standorten nun der<br />

Standort „Nördlich Lägern“ ausgewählt. Dieser Standort<br />

befindet sich in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze.<br />

Wie nicht anders erwartet, wurden von deutscher lokaler<br />

Seite neben einer grundsätzlichen Kritik zur Standortfindung<br />

so<strong>for</strong>t ernsthafte Bedenken gegen das Vorhaben<br />

geäußert, so etwa in Sachen Grundwasserschutz in Verbindung<br />

mit gedachten Unfallszenarien betreffend<br />

Nukleartransporte. Auch „Ausgleichszahlungen“ wurden<br />

be reits heute von der Bundesregierung ge<strong>for</strong>dert.<br />

Im Einzelnen:<br />

Der in der Nordschweiz südlich des Hochrheins und in<br />

unmittelbarer Nähe zur deutschen Gemeinde Hohentengen<br />

gelegene Standort wurde aus geologischen Gründen<br />

gegenüber den Standortgebieten Zürich Nord-Ost und<br />

Jura Ost ausgewählt. Die dortige Opalinustonschicht, auf<br />

die sich das Schweizer Standortauswahlverfahren konzentriert<br />

hat, ist im Bereich Nördlich Lägern tiefer, mächtiger<br />

und von größerer Festigkeit als an den anderen zuletzt<br />

betrachteten Standorten. In 2015 wurde beim Übergang<br />

von Phase zwei des Sachplanverfahrens auf Phase drei von<br />

der Nagra noch vorgeschlagen, den Standort Nördlich<br />

Lägern wie die Standorte Südranden, Jura-Südfuss und<br />

Wellenberg zurück zu stellen. Im Fall Nördlich Lägern<br />

wurde dies mit dem Platzangebot und Unsicherheiten bzgl.<br />

der Tiefenlage begründet. Die zuständige Aufsichtsbehörde,<br />

das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat<br />

(ENSI) folgte Ende 2016 dieser Einschätzung aber<br />

nicht, da im Verfahren nicht Standorte wegen ggf.<br />

bestehenden Erkenntnisdefiziten ausgeschlossen werden<br />

sollten. Daher blieb Nördlich Lägern im Auswahlverfahren.<br />

Die folgende (obertägige) geologische Erkundung hat die<br />

Einschätzung des ENSI dann bestätigt, so dass dieser Standort<br />

nun als am sichersten eingestuft und von der Nagra<br />

vorgeschlagen wird.<br />

49<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

50<br />

KTG-FACHINFO<br />

Das aktuelle Auswahlverfahren startete 2008 mit einem<br />

partizipativen Prozess unter frühzeitiger Einbindung der<br />

Bevölkerung in den im Verfahren betrachteten Regionen.<br />

Dieses Verfahren war eine Konsequenz des Scheiterns einer<br />

früheren Standortauswahl, dem Tonmergel-Standort<br />

Wellenberg, gegen den sich das Kanton Nidwalden in insgesamt<br />

acht Volksentscheiden zur Wehr gesetzt hat. Das<br />

zweite Auswahlverfahren sieht keine regionale Vetomöglichkeit<br />

mehr vor. Ihren Anfang nahm die Arbeit an der<br />

nuklearen Entsorgung in der Schweiz mit Gründung der<br />

Nagra 1972 und orientierte sich zunächst vor allem auf ein<br />

Tiefenlager in Kristallingestein.<br />

Am 123 Quadratkilometer großen Standort Nördlich Lägern<br />

ist nun ein Kombilager vorgesehen, in dem von einem<br />

gemeinsamen oberirdischen Zugang aus, der voraussichtlich<br />

im Gebiet Haberstal in der Zürcher Gemeinde Stadel<br />

gebaut werden soll, ein Bergwerksteil für schwach- und<br />

mittelradioaktive Abfälle und ein Bergwerksteil für hochradioaktive<br />

Abfälle und abgebrannte Brennelemente<br />

errichtet werden soll. Der Standortvorschlag wird nun vom<br />

ENSI geprüft und die Nagra wird bis 2024 ein Rahmenbewilligungsersuchen<br />

erarbeiten, das sie beim ENSI einreicht. Es<br />

wird erwartet, dass die Gesuche bis 2029 bewertet sein<br />

werden, worauf hin der Bundesrat (Regierung) und<br />

abschließend das Parlament entscheiden. Wie in der Schweiz<br />

üblich, untersteht die Parlamentsentscheidung einem Referendum,<br />

mit dem dann etwa in 2031 zu rechnen wäre. Es<br />

wird aber nur ein Referendum des gesamten Schweizervolkes<br />

geben, keines in den Kantonen in denen das Endlager<br />

sich befinden soll. Der Betrieb des geologischen Tiefenlagers<br />

wird frühestens für 2050 erwartet. Vor dem Beginn des<br />

eigentlichen Baus ist auch noch eine vertiefte geologische<br />

Erkundung vorgesehen.<br />

Auf deutscher Seite steht man der Standortwahl kritisch<br />

gegenüber wie u. a. die F.A.Z. berichtet. Mehrere Bürgermeister<br />

in Südbaden erklärten bereits am Sonntag in einem<br />

Brief die Besorgnis, dass bei einem Transportunfall auf dem<br />

Weg zum Endlager die Grundwasserströme von Aare und<br />

Rhein und damit die Trinkwasserquellen gefährdet seien.<br />

Die Landesregierung von Baden-Württemberg mahnte den<br />

Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor radioaktiver<br />

Strahlung und insbesondere auch den Grundwasserschutz<br />

an. Wie Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla<br />

Walker (Grüne) erklärte, erwarte man bestmögliche Sicherheitseinrichtungen<br />

und Transportkonzepte sowie eine<br />

grenzüberschreitende Mitsprache. Der Bürgermeister von<br />

Hohentengen möchte den Entscheidungsträgern in der<br />

Schweiz „auf den Zahn fühlen“ und möchte Fragen zu Störfallszenarien<br />

beantwortet wissen. Er stellt auch die Standortauswahl<br />

in Frage und wünscht eine sehr gute Begründung,<br />

warum ein zurückgestellter Standort plötzlich zum präferierten<br />

Standort werde. Das Bundesministerium für Umwelt,<br />

Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz<br />

(BMUV) kündigt eine vertiefte Prüfung des Schweizer Vorschlags<br />

an. Die 2006 vom BMUV gegründete Expertengruppe<br />

Schweizer Tiefenlager (ESchT) wird nun be auf tragt,<br />

eine Einschätzung zur Nachvollziehbarkeit des Standortvorschlags<br />

zu erstellen und ihn zu bewerten. Übrigens gehören<br />

der Expertengruppe geologische Tiefenlager des ENSI auch<br />

vier Deutsche an.<br />

Aktuell <strong>for</strong>dert sogar die deutsche Bundesregierung via<br />

Sprecherin des Umweltministeriums schon „Ausgleichszahlungen<br />

für die regionale Entwicklung“ von der Schweiz.<br />

Und sogar Bundeskanzler Olaf Scholz schaltete sich bereits<br />

in die Sache ein und sagte laut F.A.Z., die Bundesregierung<br />

werde die Entscheidung zum Standort „mit der Schweizer<br />

Regierung zu besprechen haben“.<br />

Wie schon in den vergangenen Jahren wird es u. a. im Rahmen<br />

der Deutschen Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager<br />

noch einige deutsch-schweizerische Diskussionen zu<br />

dem Thema geben. Es bleibt zu hoffen, dass diese auch im<br />

Angesicht einer konkreten Entwicklung nachbarschaftlich<br />

und konstruktiv verlaufen.<br />

KTG-Fachinfo 20/2022 vom 05.09.2022:<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

Kein Weiterbetrieb, nur Einsatzreserve<br />

für KKI 2 und GKN 2<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

mit der heutigen Pressekonferenz von Bundeswirtschaftsminister<br />

Habeck mit den Geschäftsführern der vier Übertragungsnetzbetreiber,<br />

50Hertz, Amprion, TenneT und<br />

TransnetBW wurde auch die Schlussfolgerung der Bundesregierung<br />

daraus im Hinblick auf die Kernkraftwerke in<br />

Deutschland bekannt gegeben.<br />

Zwei der drei noch betriebenen Anlagen, das Kernkraftwerk<br />

Isar 2 (KKI 2) und Neckarwestheim 2 (GKN 2) sollen den<br />

regulären Betrieb am 31. 12.2022 beenden und danach als<br />

„Einsatzreserve“ verbleiben. Das Kernkraftwerk Emsland<br />

wird am 31.12.2022 abgeschaltet, ohne dass es in eine Einsatzreserve<br />

überführt wird, u. a. weil hier kurzfristig zusätzliche<br />

Ölkraftwerke in Form von Kraftwerksschiffen<br />

sogenannten „<strong>Power</strong>-Barges“ eingesetzt werden können,<br />

so die Pressemitteilung des Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz (BMWK).<br />

Der Status in der Einsatzreserve soll bis zum 15. April 2023<br />

befristet sein, eine PSÜ soll dementsprechend nicht nachgeholt<br />

werden, sondern die Ausnahmebestimmung im AtG<br />

soll für die Dauer der Einsatzreserve verlängert werden. Es<br />

ist mit der Schaffung von Grundlagen für einen Betrieb der<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Kernkraftwerke als Einsatzreserve keine Entscheidung über<br />

deren tatsächlichen Einsatz getroffen. Diese soll erst<br />

getroffen werden, wenn ein Monitoring der Bundesnetzagentur<br />

zur Bewertung der Strommarkt- und Netzsituation<br />

frühzeitig ungünstige Entwicklungen im Stromsystem bzgl.<br />

Kohlevorräten, Kraftwerksverfügbarkeiten, Gasverfügbarkeit<br />

etc. aufzeigt. Die Aktivierung der Netzreserve innerhalb<br />

etwa einer Woche soll nach Analyse der Bundesnetzagentur<br />

(BNetzA) und der ÜNB auf Vorschlag des BMWK durch die<br />

BNetzA erfolgen und die Form einer Regierungsverordnung<br />

haben, gegen die der Deutsche Bundestag Einspruch<br />

erheben kann. Im Anschluss würden die Landesaufsichtbehörden<br />

die Erlaubnis zu Wiederanfahren erteilen.<br />

Es werden in diesem Verfahren u. a. die Parameter überwacht,<br />

die in den Stresstest- Szenarien kritische Markt- und<br />

Netzsituationen nach sich ziehen. Man könnte das so interpretieren,<br />

dass das BMWK die Ergebnisse des Stresstests, der<br />

sowohl Risiken für Lastunterdeckung als auch erheblichen<br />

Redispatchbedarf aufgezeigt hat, dazu missbraucht um eine<br />

Politik des „wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“<br />

zu verfolgen, indem man einen potentiellen Einsatz von<br />

Kernkraftwerken zwar <strong>for</strong>mell ermöglicht, aber de facto<br />

ausschließt, denn die Bedingungen für einen Einsatz der Einsatzreserve<br />

sind so gestaltet, dass ein kurzfristiger Einsatz in<br />

einer akuten Notsituation ausgeschlossen ist und ein mittelfristiger<br />

Einsatz immer „wegargumentiert“ werden kann.<br />

Im Übrigen bewertet die Bundesregierung die Energiesituation<br />

im Winter 2023/24 als ganz anders, insbesondere<br />

wegen der Verfügbarkeit von LNG-Terminalschiffen. Zum<br />

Thema Strompreis argumentierte Habeck damit, dass die<br />

sehr hohen Preise, die in ungünstigen Versorgungsszenarien<br />

auftreten würden, die Stromnachfrage dämpfen würden<br />

und von daher eher nicht damit zu rechnen wäre, dass sich<br />

die ungünstigen Szenarien aus dem Stresstest manifestieren<br />

würden.<br />

Man wird sehen, wie die Betreiber der betroffenen Anlagen<br />

reagieren und wie das Konzept der Einsatzreserve in den<br />

kommenden Wochen in Politik und Wirtschaft bewertet<br />

werden wird.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

diskutiert, in Japan neue Kernkraftwerke zu errichten.<br />

Ministerpräsident Fumio Kishida unterstützt die Pläne nicht<br />

nur vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges, der auch in<br />

Japan Energie verknappt und verteuert, sondern auch mit<br />

Blick auf die Erreichung der japanischen Klimaziele bis 2050.<br />

Bis Ende des Jahres soll ein konkreter Plan dafür beschlossen<br />

werden.<br />

In Japan hat nach dem Unfall von Fukushima die Kernenergie<br />

stark an Rückhalt verloren und zeitweilig haben<br />

alle ehemals 54 Kernkraftwerke des Landes keinen Strom<br />

mehr erzeugt, da die zuständigen Behörden die<br />

Genehmigungen zum Anfahren nach den Revisionen verweigert<br />

haben. Es wurde ein Programm umfangreicher<br />

Sicherheitsüberprüfungen und Nachrüstungen aufgelegt,<br />

dass dazu geführt hat, dass nun noch 33 Reaktoren als in<br />

Betrieb befindlich gelten. Teils wegen Verzögerungen beim<br />

Nachrüstprogramm, teils aus rechtlichen Gründen<br />

erzeugen aber nur 10 Anlagen tatsächlich Strom und trugen<br />

in 2021 sieben Prozent zur japanischen Stromerzeugung<br />

bei. Bis zum kommenden Sommer sollen weitere<br />

sieben Reaktoren wieder ans Netz gehen..<br />

Im Rahmen der Energie- und Klimastrategie ist bereits jetzt<br />

ein Anteil von 20 bis 22 Prozent Stromerzeugung mit Kernenergie<br />

bis 2030 vorgesehen. Dies würde neben weiteren<br />

Wiederinbetriebsetzungen auch Neubauten und Laufzeitverlängerun<br />

gen von 40 auf 60 Jahre er<strong>for</strong>derlich<br />

machen, die ebenfalls inzwischen diskutiert werden. Nach<br />

Berechnungen des Wirtschaftsverbandes Keidanren müssen<br />

zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität im Jahr<br />

2050 bis zum Jahr 2030 27 Kernkraftwerke in Betrieb sein,<br />

bis 2050 dann 40 Kernkraftwerke.<br />

Falls ein entsprechender Plan beschlossen wird, würde sich<br />

erstmals seit 2011 eine japanische Regierung konkret zum<br />

Neubau von Kernkraftwerken bekennen. In der Bevölkerung<br />

wandelt sich auch im Zusammenhang mit der Russland-<br />

Ukraine-Krise die Einstellung zugunsten der Kernenergienutzung.<br />

So gab es vor kurzem die erste Umfrage, in der<br />

sich die Mehrheit für eine stärkere Kernenergie-Nutzung<br />

aussprach.<br />

Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />

Nicolas Wendler<br />

51<br />

KTG-FACHINFO<br />

KTG-Fachinfo 19/2022 vom 25.08.2022:<br />

Neue Kernkraftwerke<br />

in Japan geplant<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der KTG,<br />

wie unter anderem die FAZ berichtet, wurden am gestrigen<br />

Mittwoch in einer Ausschusssitzung im japanischen<br />

Ministerpräsidentenamt Pläne des Industrieministeriums<br />

KTG-Fachinfo


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 52<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 53<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 54<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

VOR 66 EDITORIAL JAHREN 55<br />

Vor 66 Jahren


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

KTG INSIDE 56<br />

Inside<br />

Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und in ihren „ Neunzigern“.<br />

Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Dezember 2022<br />

97 Jahre | 1925 10. Dr. Arthur Pilgenröther, Kleinostheim<br />

Januar 2023<br />

90 Jahre | 1933 9. Prof. Dr. Hellmut Wagner, Karlsruhe<br />

92 Jahre | 1932 3. Dipl.-Ing. Fritz Kohlhaas, Kahl/Main<br />

94 Jahre | 1929 20. Dr. Devana Lavrencic-Cannata, Rom/IT<br />

96 Jahre | 1927 1. Prof. Dr. Werner Oldekop, Braunschweig<br />

Wenn Sie künftig eine<br />

Erwähnung Ihres<br />

Geburtstages in der <strong>atw</strong><br />

wünschen, teilen Sie dies<br />

bitte der KTG-<br />

Geschäftsstelle mit.<br />

KTG Inside<br />

Lektorat:<br />

Kerntechnische<br />

Gesellschaft e. V. (KTG)<br />

Berliner Straße 88A,<br />

13467 Berlin<br />

E-Mail: info@ktg.org<br />

www.ktg.org<br />

Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!<br />

Dezember 2022<br />

50 Jahre | 1972<br />

10. Gunther Deinl, Marl<br />

65 Jahre | 1957<br />

25. Dr. Joachim Ohnemus, Gronau<br />

70 Jahre | 1952<br />

27. Dr. Hubertus Flügge, Lingen/Ems<br />

71 Jahre | 1951<br />

1. Dipl.-Ing. Ulrich Braunroth, Talheim<br />

72 Jahre | 1950<br />

7. Detlef Gründler, Euskirchen<br />

73 Jahre | 1949<br />

9. Jochen Seidel, Hemmingen<br />

73 Jahre | 1949<br />

28. Fritz Grimm, Alzenau<br />

74 Jahre | 1948<br />

10. Dr. Jürgen Götz, Dresden<br />

74 Jahre | 1948<br />

19. Dipl.-Phys. Werner Kaspari, Berlin<br />

74 Jahre | 1948<br />

4. Dr. Alfred Sahm, Ludwigshafen<br />

75 Jahre | 1947<br />

8. Karl Wasinger, Mühlheim<br />

76 Jahre | 1946<br />

4. Dipl.-Ing. Stefan Ahner, Rodenbach<br />

76 Jahre | 1946<br />

8. Dr. Arno-H. Stollenwerk, Brühl<br />

79 Jahre | 1943<br />

7. Dipl.-Ing. Norbert Bauer, Limburgerhof<br />

79 Jahre | 1943<br />

8. Dr. Dieter Herrmann, Brandis<br />

80 Jahre | 1942<br />

8. Karl Georg Weber, Neckarwestheim<br />

80 Jahre | 1942<br />

6. Prof. Dr. Helmuth Böck, Wien/AT<br />

80 Jahre | 1942<br />

14. Günter Breiling, Weinheim<br />

81 Jahre | 1941<br />

13. Dipl.-Ing. Klaus-Dieter Hnilica,<br />

Rodenbach/Hanau<br />

82 Jahre | 1940<br />

8. Dipl.-Ing. Wolfgang Heess, Laudenbach<br />

82 Jahre | 1940<br />

19. Prof. Dr. Wernt Brewitz, Braunschweig<br />

82 Jahre | 1940<br />

16. Dipl.-Ing. Wolfgang Breyer, Erlangen<br />

83 Jahre | 1939<br />

6. Dipl.-Ing. Hans-Henn. Kuchenbuch,<br />

Laboe-Brodersdorf<br />

83 Jahre | 1939<br />

27. Dr. Horst Bauer, Sigless/AT<br />

84 Jahre | 1938<br />

1. Dr. Gert Spannagel, Linkenheim-Hochstetten<br />

86 Jahre | 1936<br />

17. Prof. Dr.-Ing. Rolf Theenhaus, Linnich<br />

86 Jahre | 1936<br />

7. Dipl.-Ing. Aurel Badics, Bad Kreuznach<br />

88 Jahre | 1934<br />

28. Dipl.-Phys. Bernhard Wigger, Ettlingen<br />

89 Jahre | 1933<br />

10. Prof. Dr. Jürgen Vollradt, Unna-Königsborn<br />

Januar 2023<br />

40 Jahre | 1983<br />

21. Sebastian Hahn, Hannover<br />

50 Jahre | 1973<br />

24. Thomas Speckmaier, Essenbach<br />

60 Jahre | 1963<br />

20. Dipl.-Ing. Lutz Oelschläger, Gorleben<br />

60 Jahre | 1963<br />

6. Ulf Kutscher, Alzenau<br />

71 Jahre | 1952<br />

17. Dipl.-Ing. Hans Genthner, Nußloch<br />

71 Jahre | 1952<br />

1. Dr. Erwin Wehner, Hammersbach<br />

72 Jahre | 1951<br />

19. Dr. Angelika Seibold, Fürth<br />

73 Jahre | 1950<br />

15. Dipl.-Ing. Andreas Hüttmann, Oering<br />

74 Jahre | 1949<br />

20. Dr. Hans-Uwe Siebert, Lingen/Ems<br />

74 Jahre | 1949<br />

6. Dr. Wolfgang Steinwarz, Grefrath<br />

75 Jahre | 1948<br />

20. Dipl.-Ing. Edgar Bogusch, Fürth<br />

77 Jahre | 1946<br />

7. Dr. Johann Zech, München<br />

76 Jahre | 1947<br />

31. Dipl.-Ing. Wolfgang Hauck, Worms<br />

81 Jahre | 1942<br />

31. Dipl.-Phys. Werner Scholtyssek, Stutensee<br />

82 Jahre | 1941<br />

12. Dr. Hans-Gerb. Bogensberger, Sun City/USA<br />

82 Jahre | 1941<br />

15. Dipl.-Ing. Ulf Rösser, Heiligkreuzsteinach<br />

84 Jahre | 1939<br />

16. Dr. Wolfgang Kersting, Blieskastel<br />

84 Jahre | 1939<br />

13. Dr. Udo Wehmann, Hildesheim<br />

84 Jahre | 1939<br />

11. Dipl.-Ing. Gerwin H. Rasche, Hasloch<br />

85 Jahre | 1938<br />

22. Dr. Franz Müller, Erlangen<br />

85 Jahre | 1938<br />

12. Dipl.-Ing. Hans Dieter Adami, Rösrath<br />

86 Jahre | 1937<br />

9. Dipl.-Ing. Werner Rossbach,<br />

Bergisch Gladbach<br />

87 Jahre | 1936<br />

5. Peter Vetterlein, Oberursel<br />

87 Jahre | 1936<br />

30. Dipl.-Ing. Friedrich Morgenstern, Essen<br />

87 Jahre | 1936<br />

30. Dipl.-Phys. Wolfgang Borkowetz, Rüsselsheim<br />

88 Jahre | 1935<br />

17. Dipl.-Ing. Helge Dyroff, Alzenau<br />

87 Jahre | 1936<br />

23. Prof. Dr. Hartmut Schmoock, Norderstedt<br />

88 Jahre | 1935<br />

10. Dipl.-Ing. Walter Diefenbacher, Karlsruhe<br />

88 Jahre | 1935<br />

24. Theodor Himmel, Bad Honnef<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

Nachruf<br />

Dipl.-Ing. Karl-Josef Sauerwald<br />

17. Juli 1928<br />

13. Februar 2022<br />

Die Kerntechnische Gesellschaft trauert um<br />

Dipl.-Ing. Karl-Josef Sauerwald, eines ihrer<br />

ältesten Mitglieder. Im Alter von fast 94<br />

Jahren ist Karl-Josef Sauerwald nun von uns<br />

gegangen.<br />

Nach Abitur und Studium der Elektrotechnik<br />

in Karlsruhe startete Karl-Josef Sauerwald<br />

seine berufliche Laufbahn bei der Firma Siemens in<br />

Erlangen. Mit Gründung der Siemenstochter Kraftwerk<br />

Union (KWU) wechselte er in dieses Unternehmen, wo er<br />

zuletzt als Generaldirektor dem obersten Führungskreis<br />

angehörte. Als überzeugter Befürworter der<br />

Kernenergie zur friedlichen Nutzung erlebte<br />

er in seinen Berufsjahren die Diskussionen<br />

um die Kernkraft und die Auseinandersetzung<br />

mit den Kritikern dieser Technologie<br />

hautnah mit.<br />

Im Ruhestand widmete er sich Familie, Haus<br />

und Garten sowie seinen Hobbies, zu denen<br />

Angeln, Lachsfischen und Reisen gehörten.<br />

Die Diskussion um die Kernkraft hat er auch<br />

in dieser Zeit interessiert verfolgt. Der Kerntechnischen<br />

Gesellschaft blieb er stets verbunden.<br />

Im Februar dieses Jahres ist er friedlich eingeschlafen.<br />

KTG INSIDE 57<br />

50 Jahre (Kern-)Energiediskussion –<br />

haben wir etwas gelernt?<br />

Liebe Mitglieder der KTG-Sektion NORD, sehr<br />

geehrte Damen und Herren,<br />

hiermit möchten wir Sie einladen zum Online-Vortrag<br />

mit dem Titel:<br />

50 Jahre (Kern-)Energiediskussion –<br />

haben wir etwas gelernt?<br />

von Herrn Dipl.-Phys. Ulrich Waas<br />

Am Dienstag, den 8. November 2022 um 17 Uhr<br />

Inhalt: Nach der Ölpreiskrise 1973 entwickelte<br />

sich eine gewaltige Euphorie zur Kernenergie<br />

(fast) alle waren dafür, Regierung, Parlament,<br />

Verbände, Kirchen. Knapp 40 Jahre später, nach<br />

Fukushima 2011, waren (fast) alle dagegen, Regierung,<br />

Parlament, viele Verbände, Kirchen.<br />

p Was hat den Umschwung verursacht?<br />

p Welche Fehler haben die Befürworter<br />

gemacht?<br />

p Was kann man daraus lernen?<br />

Antworten zu diesen Fragen werden zur Diskussion<br />

gestellt.<br />

Referent: Herr Dipl.-Phys. Ulrich Waas war von<br />

1975 bis 2012 bei KWU und ihren Nachfolgeunternehmen<br />

mit den Aufgabengebieten:<br />

p Inbetriebsetzung von Druckwasserreaktoren,<br />

Grundsatzfragen in der Öffentlichkeits arbeit,<br />

Sicherheitsberichte, technische Vertretung in<br />

Verwaltungsgerichtsverfahren, Sicherheitsfragen<br />

und deterministische Sicherheitsanalysen für<br />

DWR.<br />

p von 1998 bis 2012 Mitglied im Kerntechnischen<br />

Ausschuss<br />

p von 2005 bis 2016 Mitglied im Ausschuss<br />

Anlagen- und Systemtechnik der Reaktor-Sicherheitskommission<br />

p von 2010 bis 2021 Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission<br />

Im Anschluss an den knapp einstündigen Vortrag<br />

wird es ausreichend Gelegenheit für weitere<br />

Diskussionen geben.<br />

Interessierte KTG-Mitglieder sowie Freunde und<br />

Bekannte sind herzlich eingeladen. Wenn Sie an<br />

dem Vortrag teilnehmen möchten, dann senden<br />

Sie bitte bis zum 4. November 2022 ein E-Mail an:<br />

hans-georg.willschuetz@preussenelektra.de<br />

Sie erhalten dann spätestens am 7. November<br />

eine Outlook-Einladung mit Link für die<br />

teams-Videokonferenz.<br />

KTG Inside


<strong>atw</strong> Vol. 68 (2022) | Ausgabe 6 ı November<br />

KTG INSIDE 58<br />

Ein erfolgreicher Start nach<br />

zweijähriger Zwangspause<br />

Die Zeit der Kerntechnik in Deutschland neigt, zumindest<br />

energetisch, Ende des Jahres dem Ende zu. Doch<br />

der Bedarf nach qualifiziertem Nachwuchs bleibt auch<br />

in der Zukunft bestehen. Um Industrie und Akademie<br />

mit potentiellen Nachwuchs zu vernetzen, lud die Junge<br />

Generation der KTG vom 29. zum 30. September zu ihrer<br />

Nachwuchstagung nach Stuttgart an das Institut für<br />

Kernenergetik und Energiesysteme (IKE) der Universität<br />

Stuttgart ein. Insgesamt sind der Einladung 35 Teilnehmende<br />

aus ganz Deutschland und aus unterschiedlichen<br />

kerntechnischen Bereiche und Universitäten/Fachhochschulen<br />

gefolgt.<br />

Abschluss des Abends erfolgte im Römerhof in Stuttgart-Osterfeld,<br />

bei dem das Networking nochmals in entspannter Atmosphäre<br />

intensiviert wurde.<br />

Am Freitag folgte am Morgen eine Laborführung am IKE, das<br />

praktische Teile der durchgeführten Forschung präsentierte.<br />

Danach folgte eine Überfahrt nach Karlsruhe zur Kerntechnische<br />

Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE), in der alte Forschungs- und<br />

Prototypreaktoren besichtigt wurden sowie eine Führung über<br />

die Anlage. Dieser Besuch kam sehr gut bei den Teilnehmenden<br />

an und wir bedanken uns nochmals bei der KTE GmbH für die<br />

Kooperation.<br />

Das Programm war in zwei Teile gegliedert: Vorträge und<br />

Exkursionen. Die Eröffnung der Veranstaltung am Donnerstag<br />

erfolgte durch Herrn Prof. Dr.-Ing. Starflinger, Direktor des IKE,<br />

Nelson Rincon Soto, Vorstandsmitglied der KTG JG, und Andrea<br />

Kozlowski, Vice-Chair der ENS-YGN. Über den Tag verteilt<br />

wurden verschiedenste Fachbereiche der Kerntechnik angesprochen<br />

und präsentiert. Die Keynotes behandelten die Themen<br />

SMRs (Prof. Dr.-Ing. Starflinger), GEN IV (David Lauer, KSB) und<br />

Fusion (Dr. Tomarchio, TUM) und stießen auf sehr großes Interesse<br />

der Beteiligten.<br />

Die KTG JG, aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen, nur<br />

vertreten durch Nelson Rincon Soto (Universität Stuttgart) und<br />

Andrea Kozlowski (University of Strathclyde, Glasgow), zieht<br />

eine positive Bilanz der Tagung. Das Comeback der KTG JG ist<br />

Nach der Mittagspause folgten Kurzvorträge die Einblicke in<br />

die kerntechnische Industrie und auch Ratschläge an den Nachwuchs<br />

für eine erfolgreiche Karrierelaufbahn gaben.<br />

Zum Abschluss referierte Sebastian Hahn (KTG Mitglied,<br />

ehemaliges KTG JG Vorstandsmitglied, PreussenElektra<br />

GmbH, Hannover) zu den Aktivitäten der KTG JG und wurde<br />

im Anschluss durch Andrea Kozlowski mit dem Jan Runermark<br />

Award der ENS-YGN ausgezeichnet. Dieser Award wird<br />

jährlich an eine Person vergeben, die durch auszeichnendes<br />

Engagement für den kerntechnischen Nachwuchs auffällt. Der<br />

gelungen, die unterschiedlichen Perspektiven der Kerntechnik<br />

in Deutschland wurden beleuchtet und zeigten, dass auch nach<br />

dem Atomausstieg der Bedarf nach qualifiziertem Personal<br />

gegeben ist und die Branche sichere Arbeitsplätze bietet.<br />

KTG Inside


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English - May 22nd 2023<br />

German - Feb. 13th 2023<br />

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Organisation)<br />

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English - Nov. 26th 2023<br />

German - Jun. 12th 2023<br />

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English - Sep. 15th 2023<br />

German - May 2nd 2023

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