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KnapsackSPIEGEL 5/2022

Das Magazin des Chemieparks Knapsack

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KNAPSACK<br />

SPIEGEL<br />

MAGAZIN 5/ <strong>2022</strong><br />

Bereit<br />

machen,<br />

bereit<br />

sein


04<br />

08<br />

24<br />

16<br />

INHALT<br />

04 Schüler*innen: Spitzenpositionen<br />

für einen Tag<br />

07 Clariant: Auszubildende sind<br />

gestartet<br />

08 Nachhaltigkeit: die Abwasseraufbereitung<br />

im Chemiepark Knapsack<br />

12 Alte Sorten und Rassen: erhalten<br />

durch verbrauchen<br />

14 Erasmus+: den europäischen<br />

Gedanken leben<br />

16 Großübungen von Feuerwehr<br />

und Werkskrisenstab<br />

20 Junge Menschen: gut auf den Weg<br />

bringen<br />

21 Ausbildungstag der REA<br />

22 YNCORIS Azubis: der nächste Schritt<br />

23 Gerüche in Hürth und Umgebung:<br />

Es stinkt – aber nicht aus dem<br />

Chemiepark<br />

24 DEPAL-Anlage von Clariant:<br />

Know-how aus Knapsack für China<br />

2 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


07<br />

12<br />

5 / <strong>2022</strong><br />

Editorial<br />

Herausforderungen warten jeden Tag<br />

auf uns, mal sind es kleine, mal große<br />

Veränderungen, die wir meistern<br />

müssen. Auf vieles können wir uns<br />

nicht vorbereiten. Dann heißt es: auf<br />

Erfahrungen vertrauen, Wissen anwenden<br />

– oder improvisieren. Umso besser, wenn wir das<br />

Planbare rechtzeitig planen, Wertvolles bewahren und<br />

kreative Lösungen für den Wandel entwickeln. Unsere<br />

aktuelle Ausgabe des KNAPSACKSPIEGELs handelt<br />

deshalb von Menschen, die sich bereit machen oder<br />

es schon sind: Schüler*innen tauchen in die Berufswelt<br />

ein, Auszubildende gehen den nächsten Schritt in<br />

ihrem Berufsleben, Feuerwehr und Werkskrisenstab<br />

üben im großen Stil, um für Ereignisse gerüstet zu sein,<br />

die hoffentlich nie eintreten.<br />

Außerdem stellen wir Ihnen Lösungen vor, die nicht<br />

nur kreativ, sondern auch nachhaltig sind. So sparen<br />

die Mitarbeiter*innen in der Abwasseraufbereitung im<br />

Chemiepark Knapsack nicht nur Strom und Frischwasser,<br />

sondern planen schon die nächsten Schritte auf<br />

dem Weg zur sich selbst „ernährenden“ Kläranlage.<br />

Und das nova-Institut sorgt mit alten Sorten und Rassen<br />

für biologische Vielfalt. Sind sie bereit für unser neues<br />

Heft? Dann viel Spaß beim Lesen!<br />

Benjamin Jochum, Leonie Sengelmann<br />

und Thomas Kuhlow<br />

Kommunikation Chemiepark Knapsack<br />

27 Pumpen und Co.: YNCORIS und<br />

Richter Chemie-Technik arbeiten<br />

zusammen<br />

28 Jürgen Erlemeier: neuer Standortleiter<br />

bei SGS<br />

29 Marco Bergbold: neuer Standortleiter<br />

der Karl Schmidt Spedition<br />

30 Nachrichten, Ankündigungen<br />

und Termine<br />

31 Dumm gelaufen: Interessantes<br />

über Wegeunfälle<br />

Impressum<br />

Herausgeber: YNCORIS GmbH & Co. KG, Industriestr. 300,<br />

50354 Hürth, Tel. 02233 48-6570, Fax 02233 48-946570,<br />

knapsackspiegel@yncoris.de, www.chemiepark-knapsack.de<br />

Handelsregister Köln: HRA 18732, UST-IdNr.: DE 812 134 801<br />

Redaktion: Thomas Kuhlow (verantwortlich), Benjamin Jochum,<br />

Leonie Sengelmann, Simone Nörling, Katja Sallewsky, Christiane<br />

Radwan, Dirk Rehberg, Britta Ressing, Günther Geisler; sofern nicht<br />

anders angegeben, ist die Redaktion der Autor der Artikel<br />

Konzept / Gestaltung: Dipl.-Des. Carolin Wanner, Kommunikation<br />

YNCORIS Bildmaterial: Ralf Baumgarten, YNCORIS, Adobe Stock,<br />

Clariant, Rhein-Erft Akademie, Richter Chemie-Technik, SGS, GKKG 1932<br />

Druck: Theissen Medien Gruppe GmbH, 40789 Monheim<br />

Druckauflage: 1.600 Exemplare<br />

Erscheinungsweise: zwei monatlich, Jahrgang <strong>2022</strong>.<br />

© YNCORIS GmbH & Co. KG Nachdruck und Weiter verbreitung<br />

in allen Medien und Onlinediensten nur mit Geneh migung<br />

der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />

Illustrationen keine Gewähr.<br />

ID-Nr. 22127190<br />

Titelbild: Ralf Baumgarten<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 3


SPITZENPOSITION<br />

ZU VERGEBEN<br />

Im Chemiepark Knapsack erprobten sich Schülerinnen und<br />

Schüler im Rahmen der Aktion „Meine Position ist spitze“<br />

als Führungskräfte in fünf Standortunternehmen<br />

Bereits seit 2015 machen<br />

Führungskräfte aus der<br />

chemischen Industrie im<br />

Rahmen der Brancheninitiative<br />

ChemCologne<br />

für einen Tag ihren Posten<br />

für interessierte junge<br />

Menschen frei. „In diesem<br />

Jahr haben insgesamt 45<br />

Schüler*innen die Gelegenheit<br />

genutzt, auf einem<br />

Chefsessel Platz zu nehmen.<br />

Das ist Rekord“, freut sich<br />

Daniel Wauben, Geschäftsführer<br />

der ChemCologne.<br />

Fünf davon waren im Chemiepark<br />

Knapsack im Einsatz.<br />

WIESO, WESHALB, WARUM?<br />

Einen Tag im Top-Job. Das klingt spannend<br />

und aufregend, verspricht besondere<br />

Einblicke und außerdem eine<br />

Chance. Denn nähert sich die Schullaufbahn<br />

ihrem Ende, wird die Frage<br />

danach, wie es weitergeht, immer drängender.<br />

Eine Orientierungshilfe kommt<br />

da gelegen. Am 23. August ergriffen<br />

fünf Jugendliche die Möglichkeit, attraktive<br />

Positionen im Chemiepark<br />

Knapsack unter die Lupe zu nehmen.<br />

Die Aktion birgt gleichzeitig auch<br />

Chancen für die beteiligten Unternehmen<br />

aus der chemischen Industrie: die<br />

Möglichkeit, sich zu präsentieren, den<br />

Kontakt zu potenziellen Nachwuchskräften<br />

aufzubauen, neuen Input zu<br />

bekommen, sich in Selbstreflexion zu<br />

üben im Angesicht der direkten, unverstellten<br />

Fragen der Jugendlichen.<br />

MOMENTAUFNAHMEN<br />

Als die Kurzzeit-Führungskräfte in<br />

Begleitung der eigentlichen „Amtsinhaber*innen“<br />

zum wohlverdienten<br />

Mittagssnack im Feierabendhaus eintreffen,<br />

liegen schon einige Stunden<br />

hinter ihnen, die mit Aufgaben und<br />

Eindrücken nicht gegeizt haben. Alle<br />

fünf sind begeistert und randvoll mit<br />

dem Erlebten. Die Menschen, deren Job<br />

sie für diesen Tag übernehmen, sind<br />

nicht weniger erfreut über ihre jungen<br />

Kolleg*innen. Dr. Carsten Buchaly, Betriebsleiter<br />

bei BASF, bringt es auf den<br />

Punkt: „Ich schätze den Austausch mit<br />

den Jugendlichen. Was treibt sie um?<br />

Sie sind die Arbeitskräfte von morgen<br />

und wir brauchen gute Leute!“<br />

4 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


„Seit heute Vormittag weiß ich,<br />

für wie viele Dinge man<br />

als Leiter Standortbetrieb<br />

Verantwortung trägt. Wir<br />

sind durch den Chemiepark<br />

geradelt, zum Beispiel zur<br />

Kantine und zum Rückkühlwerk.<br />

Eine Besichtigungstour<br />

mit dem Fahrrad! Ich bin<br />

sehr beeindruckt.“<br />

PASCAL HONG,<br />

17 JAHRE, AUS DÜSSELDORF/<br />

DR. CARSTEN BUCHALY<br />

BETRIEBSLEITER BASF<br />

„Ich hatte mir ja im Vorfeld<br />

schon gedacht, dass der Job<br />

anstrengend ist, aber heute<br />

Morgen mussten wir mit<br />

so vielen Leuten sprechen<br />

und so viel regeln. Einen<br />

Betrieb zu führen und gut<br />

zu kommunizieren, ist echt<br />

eine Herausforderung!“<br />

D<br />

er 17-Jährige beginnt im Herbst ein Studium an der ETH Zürich,<br />

Fachgebiet: Umweltnaturwissenschaften. Der Tag zeigte<br />

ihm, mit welchen Herausforderungen Betriebsleiter in der<br />

chemischen Industrie konfrontiert werden und dass neben Fachwissen<br />

auch Führungskompetenz gefordert ist. Er erzählt, dass er sich<br />

mittendrin und voll akzeptiert fühlt. „Wir geben heute alles!“, lacht<br />

Buchaly. „Die Busrundfahrt wird Pascal heute auslassen. Am Nachmittag<br />

gibt’s noch ein Meeting, in dem es um eine Genehmigung geht.<br />

Da will ich ihn unbedingt dabeihaben.“<br />

JONAS JUCHELKA,<br />

16 JAHRE, AUS AACHEN/<br />

THOMAS THEISEN<br />

LEITER STANDORTBETRIEB<br />

YNCORIS<br />

„Heute Morgen<br />

hatte ich schon<br />

E<br />

ine besondere Erfahrung – im<br />

einen Call mit<br />

wahrsten Sinne des Wortes –,<br />

den Kollegen von<br />

wie der Schüler findet. Sein<br />

CABB in China.<br />

Chemielehrer hatte ihn motiviert, sich<br />

Aufregend!“<br />

bei „Meine Position ist spitze“ zu bewerben.<br />

Für Jonas ist es spannend, wie alles<br />

im Chemiepark ineinandergreift und<br />

PIA ALBIGER,<br />

welche Themen zum Tragen kommen,<br />

16 JAHRE, AUS BONN/<br />

wie zum Beispiel Nachhaltigkeit oder<br />

DR. WOLFGANG SCHICK<br />

CO 2 -Ausstoß. An der Position gefällt<br />

STANDORTLEITER CABB<br />

ihm der Mix aus Chemie und praktizierter<br />

Unternehmenskultur. Thomas<br />

KNAPSACK<br />

Theisen wiederum, der an diesem Tag<br />

A<br />

uf der Agenda für den Vormittag standen für Pia<br />

seinen Stuhl für Jonas geräumt hat,<br />

Albiger außer der Videokonferenz mit China als Legal<br />

schätzt, wie exzellent sich sein Vertreter<br />

auf den Tag vorbereitet hat.<br />

platz, ein Sicherheitsrundgang im Betrieb und eine Prüfung<br />

Representative schon eine Einweisung am Arbeits­<br />

der ZEL-Räume als diensthabende zentrale Einsatzleitung<br />

für den Werkskrisenstab. Dr. Wolfgang Schick von CABB<br />

outet sich als – wie er augenzwinkernd selbst sagt – „Wiederholungstäter“<br />

in Sachen „Meine Position ist spitze“: „Das Format<br />

ist für unser Unternehmen eine Form der Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Wir schätzen die Möglichkeit, in Kontakt mit potenziellen<br />

Nachwuchskräften zu treten. Das ist heute besonders erfreulich,<br />

denn selten hatte ich eine so lebhafte Schülerin wie Pia.“<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 5


CELINA SPECHT,<br />

16 JAHRE, AUS DÜSSELDORF/<br />

DR. LAURA DAVID<br />

BETRIEBSLEITERIN UND<br />

LABORLEITERIN BAYER<br />

MARIE KRISTIN SPRENGER,<br />

16 JAHRE, AUS LINDLAR/<br />

MARCO MENCKE<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

RHEIN-ERFT AKADEMIE<br />

„Mir ist es wichtig, Celina heute<br />

zu zeigen, wie komplex alles ist“,<br />

erklärt Dr. Laura David. Was das<br />

genau bedeutet, erfuhr Celina während<br />

der Frühbesprechung, der<br />

Zeit im Labor und einem Betriebsrundgang.<br />

Sie findet es toll, dass<br />

sie selbst Abwasserproben entnehmen<br />

durfte. Keine Frage: Ihren Mitschüler*innen<br />

würde sie unbedingt<br />

empfehlen, auch so einen Ausflug<br />

in eine reale Arbeitssituation zu<br />

machen.<br />

„Ich wusste nicht, was mich<br />

erwartet. Nun habe ich eine Idee<br />

von dieser Führungsposition<br />

bekommen. Faszinierend, einen<br />

echten Produktionsbetrieb zu<br />

erleben und in einem echten<br />

Labor zu stehen.“<br />

„Marco Mencke und ich haben<br />

heute Morgen eine Fahrgemeinschaft<br />

gebildet und ich<br />

konnte währenddessen all<br />

meine Fragen loswerden.<br />

Das war ein guter Start und<br />

hat mich bestens auf den<br />

Tag vorbereitet. ‚Meine Position<br />

ist spitze‘ gibt mir die<br />

Gelegenheit, den wirklichen<br />

Arbeitsalltag als Geschäftsführerin<br />

kennenzulernen. Das<br />

ist super. Andere Branchen<br />

können sich von der Aktion<br />

ein Stück abschneiden.“<br />

Nicht nur Zuschauerin sein, sondern<br />

selbst mitmischen, das durfte<br />

die Schülerin an der Rhein-Erft<br />

Akademie. Mit der Idee, TikTok<br />

als Plattform zu nutzen, um junge<br />

Menschen für das Programm der<br />

Bildungsakademie zu interessieren,<br />

überraschte sie Marco Mencke. Der<br />

begeistert sich: „Marie Kristin hat<br />

mir schon ein Loch in den Bauch<br />

gefragt. Das ist großartig. Der Tag<br />

ist für beide Seiten bereichernd und<br />

inspirierend. Ich hoffe, ich kann sie<br />

mit den heutigen Einblicken in die<br />

Aufgaben des Geschäftsführers einer<br />

Bildungsakademie bei der Entscheidungsfindung<br />

für ihren weiteren<br />

Berufsweg unterstützen.“<br />

6 |<br />

AUSTAUSCH GELUNGEN<br />

Während des Mittagessens im Feierabendhaus<br />

finden sich wechselnde<br />

kleine Gruppen um die Stehtische zusammen.<br />

Köpfe werden zusammengesteckt,<br />

Gesprächsfetzen fliegen durch<br />

den Raum, entspanntes Lachen ist zu<br />

hören. Der Austausch funktioniert.<br />

Nachdem Daniel Wauben, Geschäftsführer<br />

von ChemCologne, allen eine<br />

Teilnehmerurkunde übergeben hat,<br />

löst sich die Gruppe auf. Thomas<br />

Kuhlow, Leiter Kommunikation von<br />

YNCORIS, lädt nun zur Busrundfahrt<br />

durch den Chemiepark ein. Anschließend<br />

gibt es noch eine gemeinsame<br />

Pflanzaktion im Werksteil Hürth, bevor<br />

alle ihre letzten Termine für den<br />

Tag in Angriff nehmen. Um 17 Uhr<br />

geht’s für die fünf Jugendlichen in den<br />

Feierabend und damit zurück in den<br />

Schulalltag oder auf Wohnungssuche<br />

im zukünftigen Studienort. Doch wer<br />

weiß. Vielleicht sieht man sich wieder …<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


„SCHÖN, DASS SIE DA SIND!“<br />

Sechs junge Menschen starten ihre Ausbildung bei Clariant<br />

D<br />

er Beginn einer Ausbildung<br />

ist nichts anderes als der Anfang<br />

eines neuen Lebensabschnitts.<br />

Vorfreude, Aufregung und<br />

frohe Erwartungen inklusive. Was<br />

wird mir der Job bringen? Werden all<br />

meine Erwartungen erfüllt? Sind die<br />

Kolleginnen und Kollegen nett? Werde<br />

ich übernommen? Der freundliche<br />

Empfang Ende August bei Clariant jedenfalls<br />

konnte den sechs Neuzugängen<br />

im Betrieb die Gewissheit vermitteln,<br />

dass ihnen jede Unterstützung<br />

während der Ausbildung sicher ist<br />

und sie nun Teil der „Familie auf dem<br />

Knapsacker Hügel“ sind.<br />

WILLKOMMEN<br />

Der Standort als Familie. Das Bild<br />

spricht von Verbundenheit, Identifikation<br />

und gegenseitiger Verlässlichkeit.<br />

„Schön, dass Sie da sind!“, begrüßt<br />

Dr. Martin Sicken, stellvertretender<br />

Standortleiter und Head of Innovation,<br />

die neuen Azubis und ergänzt:<br />

„Eine Floskel, ich weiß. Aber ich meine<br />

das ernst.“ Er bleibt dem Bild treu und<br />

erzählt von Familien, in denen gleich<br />

mehrere Generationen in Knapsack<br />

arbeiten. Anschließend stellt er den<br />

beiden angehenden Chemielaborant*innen,<br />

vier Chemikanten und<br />

einem Industriemechaniker das Unternehmen<br />

Clariant vor, spricht über<br />

Standorte, Flammschutzmittel und<br />

Phosphorchemikalien. Er betont die<br />

Bedeutung von Nachhaltigkeit für die<br />

Produkte und Anlagen in Bezug auf<br />

Umwelt und Gesundheit.<br />

HOHE ERWARTUNGEN<br />

Dann richtet Personalleiter Johannes<br />

Heyer das Wort an die jungen Leute. Er<br />

spricht über die Betriebe am Standort<br />

Knapsack und stellt auch die jeweiligen<br />

Betriebsmeister und Ausbildungsbeauftragten<br />

vor. Noch einige Infos<br />

zu Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Ausbildungsvergütung<br />

und Sozialleistungen,<br />

dann stellt er klar: „Wir bilden aus,<br />

Die sechs Azubis starteten Mitte August in der Rhein-Erft Akademie. Nach den Herbst ferien<br />

ging es für Bayab Hevar, Benjamin Rahimic, Mert Kara, Maurice von der Aa, Garrett Krämer,<br />

Adrian Kreitner und Lotte Wolter (von links oben nach rechts unten) erstmals in die Betriebe<br />

weil wir Sie brauchen. Das ist der Plan,<br />

der dahintersteht.“ Ein Plan für die<br />

Zukunft, um Fachkräftemangel und<br />

demographischem Wandel trotzen zu<br />

können. Erwartungen gibt es also auch<br />

auf der Arbeitgeberseite. Heyer fordert<br />

die neuen Azubis auf, ihre Ausbildung<br />

zu gestalten sowie mit Interesse bei<br />

der Sache zu sein und zu bleiben. Außerdem<br />

weist er auf die Notwendigkeit<br />

hin, sich strikt an Sicherheitsregeln<br />

und Vorgaben zu halten. Nicht zuletzt<br />

wird kollegiales Verhalten erwartet.<br />

Familie verpflichtet.<br />

MIT PERSPEKTIVE<br />

Bei Fingerfood und Getränken gibt es<br />

nun Gelegenheit, sich auszutauschen,<br />

untereinander, mit allen, die zur Begrüßung<br />

gekommen sind, darunter einige<br />

Betriebsmeister, Azubis aus dem<br />

vorherigen Lehrjahr, Reiner Wirsbitzki<br />

vom Betriebsrat, Yvonne Frahm, die<br />

Azubi-Beauftragte der Laboranten<br />

und Dorothee Geißler, die Assistentin<br />

des Standortleiters. Der Anfang ist<br />

gemacht, Kontakte sind geknüpft und<br />

Zukunftsperspektiven gegeben.<br />

„Knapsack ist ein Standort, an dem man sich sehr wohl<br />

fühlen kann. Als jemand, der hier seit über 30 Jahren<br />

arbeitet, kann ich das guten Gewissens sagen.“<br />

Dr. Martin Sicken<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 7


8 |<br />

Kalkhydratsuspension<br />

zur Neutralisation<br />

des Abwassers:<br />

Bewährter Prozess,<br />

neu gedacht.


NACHHALTIGKEIT KONKRET:<br />

EIN VIERTEL WENIGER STROM<br />

Die Abwasseraufbereitung spart mit einer Vielzahl von Maßnahmen<br />

Über Nachhaltigkeit reden ist gut, machen ist besser … zum Beispiel in der Kläranlage des<br />

Chemieparks Knapsack. Denn zur Verwandlung von Abwasser in gereinigtes Wasser braucht<br />

es viel Strom. Wie sich dabei durch clevere Ideen sparen lässt, erklärt Christoph Schneiders,<br />

Leiter Standortbetrieb-Anlagen von YNCORIS.<br />

S<br />

chneiders hat mit Abstand die<br />

meisten Mitarbeiter*innen im<br />

Chemiepark. Denn sie sind nicht<br />

nur menschlicher, sondern auch bakterieller<br />

Natur. Letztere leben im sogenannten<br />

„Belebungsbecken“, wo sie<br />

organische Bestandteile im Abwasser<br />

in ihre Einzelteile verstoffwechseln.<br />

Um gut arbeiten zu können, benötigen<br />

die Bakterien vor allem eines: Sauerstoff.<br />

Ihn erhalten sie in der Knapsacker<br />

Anlage über die Abwässer sowie<br />

vier Mammutrotoren® pro Becken, die<br />

wie bei einem Schaufelraddampfer<br />

Luft ins Wasser bringen. Die Rotoren<br />

werden durch große Elektromotoren<br />

angetrieben – mit einem entsprechend<br />

großen Stromhunger. Schon seit einigen<br />

Jahren arbeitete das Team der<br />

Abwasser aufbereitung deshalb an<br />

verschiedenen Einsparmaßnahmen.<br />

Dazu maßen die Kolleg*innen den<br />

Sauerstoffgehalt in den Becken und<br />

regelten per Hand nach. Doch erst mit<br />

einer modernen Automatisierung und<br />

optimierter Anlagentechnik kam der<br />

Durchbruch. „Wir sparen nun rund ein<br />

Viertel des Stromverbrauchs von 2016“,<br />

sagt Schneiders. „Gerade wenn wir<br />

mit Teillast fahren, können wir jetzt<br />

deutlich schneller reagieren.“ Denn die<br />

Kunst liegt in der richtigen Sauerstoffmenge.<br />

Sie muss hoch genug sein, dass<br />

die Bakterien möglichst viele Schmutzteilchen<br />

verstoffwechseln und damit<br />

eine möglichst hohe Reinigungsleistung<br />

erbringen können. Gleichzeitig<br />

sollten die Rotoren nur wenn nötig<br />

laufen und möglichst wenig ins Wasser<br />

eintauchen. Denn so bleibt der Widerstand<br />

und damit der Stromverbrauch<br />

7<br />

BEZAHLBARE<br />

SAUBERE ENERGIE<br />

Die Vereinten Nationen haben<br />

17 Ziele für eine nachhaltige<br />

Entwicklung (Sustainable<br />

Development Goals, SDGs)<br />

definiert. Eines davon ist<br />

„Bezahlbare und saubere<br />

Energie“. Die Aktivitäten der<br />

Abwasseraufbereitung zahlen<br />

auf dieses Ziel ein.<br />

gering. Durch die Regelung mit Messsonden<br />

in den Klärbecken und Anpassung<br />

der Eintauchtiefe ist das nun viel<br />

genauer möglich.<br />

ZIEL: KLIMANEUTRALITÄT<br />

Doch damit nicht genug. „Irgendwann<br />

möchten wir klimaneutral sein“, so<br />

Schneiders. Er denkt dabei an die sich<br />

selbst „ernährende“ Kläranlage. Die ersten<br />

großen kommunalen Kläranlagen<br />

kommen der Idee schon nahe. Dort liefern<br />

unter anderem die in den Faultürmen<br />

entstehenden Faulgase die nötige<br />

Energie. „Das Abwasser im Chemiepark<br />

Knapsack enthält jedoch andere Inhaltsstoffe,<br />

die uns vor deutlich größere<br />

Herausforderungen stellen. Unser<br />

Ziel ist es trotzdem, unser Abwasser zu<br />

reinigen, ohne dafür Energie von außen<br />

einspeisen zu müssen.“ Auch wenn<br />

dies noch Zukunftsmusik ist, plant das<br />

Die Abwasserreinigung im Werksteil Knapsack<br />

Geplante<br />

Strom einsparung:<br />

Jahresbedarf von<br />

200 Vier-Personen-<br />

Haushalten<br />

Team bereits weitere Optimierungsmaßnahmen.<br />

So sollen beispielsweise<br />

Solarflächen in beiden Kläranlagen<br />

Strom produzieren. Die erste soll im<br />

nächsten Jahr am Rand der Abwasseraufbereitung<br />

in Knapsack entstehen.<br />

„Das bringt uns zwischen 200.000 und<br />

300.000 Kilowattstunden pro Jahr – so<br />

viel wie etwa 25 Solaranlagen auf Einfamilienhäusern“,<br />

schätzt Schneiders.<br />

Durch den Einbau neuester Membranbelüftungstechnik<br />

in der Abwasseranlage<br />

im Werksteil Hürth erhofft<br />

sich Schneiders Stromeinsparungen in<br />

Höhe von weiteren 500.000 Kilowattstunden<br />

pro Jahr. Das entspricht rund<br />

zehn Prozent des Gesamtstromverbrauchs.<br />

Auch Fördermittel vom Bund<br />

wurden für die Umsetzung beantragt.<br />

Bis spätestens März nächsten Jahres<br />

soll das Projekt verwirklicht sein.<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 9<br />

Illustrationen: United Nations (SDG) und gaga vastard – stock.adobe.com


Die Abwasseraufbereitung hat noch weitere Ideen umgesetzt:<br />

Weniger Frischwasser<br />

Zur Reinigung von Abwasser ist Kalkhydratsuspension nötig.<br />

Das ist eine Mischung von Kalkhydrat in Wasser. Hier hat das<br />

Team ebenfalls umgestellt. Bis 2020 wurde Kalkhydrat ausschließlich<br />

mit Frischwasser angemischt – auch weil ein erster<br />

Versuch mit Schmutzwasser vor Jahren nicht die nötigen Ergebnisse<br />

lieferte. Mit einer neuen Idee konnten die Mitarbeiter*innen<br />

im zweiten Anlauf eine zuverlässig funktionierende Technik realisieren.<br />

Seit 2021 wird nun fast ausschließlich Abwasser genutzt.<br />

So sparen die Kolleg*innen pro Jahr rund 50.000 Kubikmeter<br />

Frischwasser. Das entspricht dem Jahresbedarf von 300<br />

Vier-Personen-Haushalten.<br />

René Zistig beim Abfüllen<br />

der Kalkhydratsuspension<br />

Wasserjahresbedarf<br />

von 300 Vier-<br />

Personen-Haushalten<br />

Werner Krüger an der Luftverteilung<br />

zur Auflockerung des<br />

Kalkhydrats<br />

10 |<br />

Strom gespart auch in den Silos<br />

Das Kalkhydrat, das die Kläranlage<br />

benötigt, lagert in großen Silos und wird<br />

von unten entnommen. Damit der Stoff<br />

trotz Druck von oben entnahmefähig<br />

bleibt, musste er früher durchgängig<br />

über Düsen mit Druckluft aufgelockert<br />

werden. Und die dafür nötigen Druckluftkompressoren<br />

brauchen Strom.<br />

Spezielle Platten mit Membranen sorgen<br />

nun dafür, dass die Mitarbeiter*innen<br />

das Kalkhydrat nur noch bei den<br />

Entnahmen zweimal täglich auflockern<br />

müssen. Das spart rund 1,5 Millionen<br />

Kubikmeter Druckluft pro Jahr und<br />

entspricht fast der Hälfte des Druckluft-Verbrauchs<br />

der Kläranlagen. Zum<br />

Vergleich: Die eingesparte Strommenge<br />

reicht, um rund vierzig Vier-Personen-Haushalte<br />

pro Jahr zu versorgen.<br />

Stromjahresbedarf<br />

von 40 Vier-Personen-<br />

Haushalten<br />

Mechanische Reinigung<br />

Damit aus Abwasser sauberes Wasser<br />

wird, sind einige Schritte nötig. Alles beginnt<br />

mit der mechanischen Reinigung.<br />

Dabei werden die Abwässer – aus den<br />

Produktionsprozessen, aber zum Beispiel<br />

auch aus den Toiletten – zunächst<br />

mit einem Rechen von Feststoffen<br />

befreit. Danach geht es in den Sandfang.<br />

In diesem Becken sammeln sich<br />

durch Sedimentation kleinere, schwere<br />

Partikel wie Sand.<br />

Vorklärbecken<br />

Durch die Zugabe von Calciumhydroxidsuspension<br />

– auch Kalkhydratsuspension<br />

genannt – wird das<br />

Abwasser neutralisiert und im folgenden<br />

Vorklärbecken durch Fällung von<br />

Phosphaten, aber auch Schwermetallen<br />

befreit. Schwere Teilchen sinken auch<br />

hier nach unten.<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


So simpel wie erfolgreich: Schatten für die Nachklärbecken<br />

Wer schon in Spanien, Italien oder Kroatien einkaufen war, kennt die mit netzartigen<br />

Tüchern überspannten Parkplätze. „Warum so etwas nicht auch für unsere Nachklärungsbecken<br />

nutzen?“, dachte sich Werner Krüger, Betriebsmeister der Abwasseranlagen.<br />

Denn das geklärte Wasser, das die Abwasseraufbereitung in den Rhein leitet, darf<br />

höchstens eine Temperatur von 30 Grad aufweisen. Doch schon bei der Ankunft in der<br />

Kläranlage ist es teils über 27 Grad warm. „An sonnigen und heißen Tagen heizen sich<br />

die vier 40 bis 50 Meter langen und acht Meter breiten Becken schnell weiter auf“, so<br />

Krüger. „Dann wird es immer schwieriger, den Grenzwert einzuhalten.“ Ein Sommer, wie<br />

in diesem Jahr, hätte das Team in Bedrängnis bringen können. Doch dank der Beschattung<br />

– sie führt zu eineinhalb bis zwei Grad Abkühlung – blieb alles im grünen Bereich.<br />

Dabei ist die Lösung umweltfreundlich, ermöglicht den Zugang zu den Becken und wird<br />

im Winter abgebaut. Auch Regen fällt einfach durch das Netzgewebe. Ganz nebenbei<br />

ist sie auch noch deutlich günstiger als andere Lösungen. Bereits nach zwei Jahren<br />

sind die Investitionskosten im Vergleich zu Kältemaschinen auf Leihbasis geringer –<br />

und das schon vor der Energiekrise.<br />

So funktioniert eine Kläranlage<br />

Auslauf<br />

Abwasserreinigung Hürth<br />

Quelle: YNCORIS<br />

Denitrifikation<br />

Regenwasser<br />

Nitrifikation<br />

Betriebsgebäude<br />

M<br />

Neutralisation<br />

Einlauf<br />

Der Chemiepark Knapsack<br />

reinigt zusammen mit dem Produktions-<br />

und Sanitärabwasser<br />

auch das anfallende Regenwasser.<br />

Somit ist sichergestellt, dass<br />

zum Beispiel auch kleine Verschmutzungen<br />

auf den Straßen<br />

bei Regen nicht unbehandelt in<br />

die Umwelt gelangen.<br />

Eindicker<br />

Pufferbehälter<br />

Auffangbehälter<br />

Belebungsbecken<br />

Nachklärung<br />

Nun folgt die biologische Reinigung im<br />

Belebungsbecken. Milliarden Bakterien<br />

verstoffwechseln dort die organischen<br />

Bestandteile im Abwasser.<br />

In den abschließenden Nachklärbecken<br />

sinken die Bakterien in Flocken auf<br />

den Boden, werden mittels Räumern<br />

abgezogen und in das Belebungsbecken<br />

zurückgepumpt. An der Oberfläche<br />

wird das geklärte Wasser abgeleitet.<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 11


ERHALTEN DURCH<br />

VERBRAUCHEN<br />

Wertschöpfung mit alten Sorten und Rassen<br />

Mit dem starken Fokus auf Menge hat sich die frühere<br />

Vielfalt der genutzten Pflanzensorten und Tierrassen in der<br />

Landwirtschaft verringert und damit auch die biologische<br />

Vielfalt auf dem Acker. Arno Todt, nova-Institut, zeigt an<br />

Beispielen aus der Region neue Wege der Wertschöpfung<br />

mit alten Sorten und Rassen.<br />

Arno Todt, Bereichsleiter „Biologische<br />

Vielfalt – Nachhaltige Regionalentwicklung“<br />

im nova-Institut, erarbeitete in<br />

Kooperation mit der Stiftung Rheinische<br />

Kulturlandschaft die bundesweite Studie<br />

„AgroBioNet“ zur Nutzung alter Sorten<br />

und Rassen mit Erfolgsgeschichten und<br />

Erfolgsfaktoren<br />

S<br />

eit den 1960er Jahren zielte die<br />

Züchtung vor allem auf Quantität:<br />

Hühner, die viele Eier legen,<br />

Hochleistungskühe, Getreidesorten<br />

mit hohem Ertrag pro Hektar. Viele<br />

Rinderrassen wurden früher vielfältiger<br />

genutzt: als Zugtiere, Fleisch- und<br />

Milchlieferanten. Von den über 7.000<br />

Pflanzenarten, die für die menschliche<br />

Ernährung kultiviert wurden, setzt<br />

sich der Anbau heute zu 90 Prozent<br />

aus nur noch rund 15 Pflanzenarten<br />

zusammen, ähnlich verhält es sich bei<br />

den Tierarten.<br />

GESCHICHTE VOR ORT<br />

SCHMECKEN<br />

„Der Wiederanbau alter Sorten, die<br />

für eine Region einst typisch waren,<br />

kommt nicht nur der biologischen<br />

Vielfalt zugute“, erläutert Arno Todt:<br />

„Dem regional orientierten Einzelhandel<br />

oder Hofladen bieten sich Produkte,<br />

die sich von der Masse abheben und<br />

Charakter haben. Gastronomen, die<br />

diese Produkte verarbeiten, punkten<br />

mit regionalen Spezialitäten. Das fördert<br />

die Identität ländlicher Gebiete<br />

und unterstützt die Image- und Mar­<br />

12 |


kenbildung im Wettbewerb der Regionen.<br />

Diese neue traditionelle Vielfalt<br />

mit alten Sorten und Rassen verbindet<br />

Wertschöpfung und Beschäftigung<br />

in ländlichen Regionen mit Tradition<br />

und Geschichte und dem Erhalt biologischer<br />

Vielfalt.“<br />

Viele fast vergessene Pflanzensorten<br />

und Tierrassen weisen besondere<br />

Merkmale auf im Geschmack und<br />

Aussehen oder bei den Inhaltsstoffen.<br />

Das prädestiniert sie für Produktinnovationen.<br />

Die Erzeugung, das handwerkliche<br />

Können, gewinnt dabei an<br />

neuer Bedeutung und Wertschätzung.<br />

ROTES HÖHENVIEH<br />

IN BÜNGHAUSEN<br />

Das Rote Höhenvieh war bis in die<br />

1930er Jahre als Dreinutzungsrind<br />

weit verbreitet. Mit der Züchtung von<br />

Hochleistungsrassen war diese Rasse<br />

bis in die 1970er Jahre nahezu ausgestorben.<br />

Landwirt Peter Schmidt aus<br />

Bünghausen brachte das Rote Höhenvieh<br />

wieder zurück ins Bergische Land.<br />

Die robusten und genügsamen Tiere<br />

beweiden auch kargere und abschüssigere<br />

Gebiete. Gefüttert werden sie<br />

nur mit Gras und Heu, was in Zeiten<br />

des Klimawandels besonders wichtig<br />

ist. Sie liefern besonders hochwertiges<br />

und schön marmoriertes Fleisch: Genießer<br />

und verantwortungsbewusste<br />

Verbraucher wissen dies zu schätzen.<br />

BIER AUS ALTEN GERSTEN-<br />

SORTEN: FRIEDENREITER BRÄU<br />

Aufgrund ihrer guten Braueigenschaften<br />

wurden Imperial- und Chevaliergerste<br />

im 19. Jahrhundert in ganz<br />

Deutschland angebaut. Aus ihnen<br />

wurde die heutige ertragreichere Gerste<br />

gezüchtet. Doch die Chevaliergerste<br />

liefert auch bei Trockenheit und geringerer<br />

Stickstoffversorgung relevante<br />

Erträge. Die Geschäftsidee, die Marke<br />

„Friedensreiter Bräu“ wieder aufleben<br />

zu lassen, überzeugte Landwirte, die<br />

alten Gerstensorten wieder anzubauen.<br />

Friedensreiter galoppierten 1648<br />

von Münster in alle Himmelsrichtungen,<br />

um die Nachricht vom Ende des<br />

dreißigjährigen Krieges zu verkünden.<br />

Überall, wo sie ankamen, wurden Feste<br />

gefeiert. Das neue Friedensreiter Bräu<br />

ist auf Westfalen ausgerichtet und verbindet<br />

Regionalität mit Geschichte.<br />

STREUOBSTWIESEN – APFEL,<br />

BIRNE, PFLAUME IM TEAM<br />

Auf Streuobstwiesen sind Obstbäume<br />

unterschiedlicher Arten und Sorten<br />

verstreut angepflanzt. Oft handelt es<br />

sich um alte Sorten, die besonders genügsam<br />

oder besonders widerstandsfähig<br />

gegenüber Schädlingen sind.<br />

Im Vergleich zu Obstplantagen ist der<br />

Ertrag von Streuwiesen deutlich geringer<br />

und fernab von EU-Normen. Doch<br />

die Erträge toppen mit geschmacklicher<br />

Fulminanz. Fulminant ist auch<br />

die Gastfreundschaft von Streuwiesen:<br />

Sie bieten mehr als 5000 Arten von<br />

Tieren und Insekten Lebensräume.<br />

Streuobstwiesen werden oft staatlich<br />

gefördert.<br />

ÄPFEL, DIE NACH APFEL<br />

DUFTEN<br />

„Viele der alten Sorten überraschen mit<br />

intensivem Geschmack und Aroma,<br />

den man von vielen der üblichen Supermarktsorten<br />

kaum noch gewöhnt ist“,<br />

sagt Arno Todt: „Letztlich entscheiden<br />

die Verbraucher, ob sie eine neue Chance<br />

bekommen. Somit ist jeder Einkauf<br />

auch ein Voting. Mich stimmt optimistisch,<br />

dass immer mehr Verbraucher<br />

umdenken und beim Einkauf auf die<br />

Region achten: kürzere Transportwege,<br />

heimische Landwirte und frischere<br />

Produkte aus dem Rhein-Erft-Kreis.<br />

Oft fehlt es leider noch an Erzeugern<br />

mit Produkten aus alten Pflanzensorten<br />

oder Tierrassen. Aber es werden<br />

immer mehr. Dabei gilt: Die Vielfalt der<br />

Produkte bleibt erhalten, wenn diese<br />

genutzt und gegessen werden."<br />

Klosterhof Bünghausen<br />

Peter Schmidt, Hömelstr. 12,<br />

51645 Gummersbach-Bünghausen,<br />

Tel.: 02261 78369,<br />

info@klosterbauer.de<br />

© Fotos Höhenvieh: Peter Schmidt, Klosterhof Bünghausen<br />

Monopolist unter den Milchkühen<br />

ist das Holstein-Rind mit einem Anteil<br />

von 90 Prozent aller weltweit<br />

gehaltenen Milchkühe.<br />

Quelle: IG FÜR<br />

| 13


EUROPÄISCHEN GEDANKEN<br />

LEBEN – ERASMUS+<br />

Im Rahmen des europäischen Bildungsprojekts Erasmus+ empfing die Rhein-Erft<br />

Akademie zum elften Mal Schüler*innen aus Prag: Eine gewachsene Kontinuität<br />

im Wandel der Zeit. Bei dem zweiwöchigen Praktikum sind René Grundke und<br />

Ludwig Volkelt auch dieses Jahr die projektverantwortlichen Ausbilder.<br />

Die Rhein-Erft Akademie ist<br />

anerkannter Bildungspartner für alle<br />

Mitgliedsstaaten der Europäischen<br />

Union. Doch die Prager Verbindung<br />

ist mehr als stabil.<br />

Ludwig Volkelt: Bereits letztes Jahr gaben wir der renommierten<br />

Prager Masaryk-Fachmittelschule für Chemie die<br />

Zusage, das Projekt weiterzuführen. Denn die Kollegen<br />

dort brauchen eine Planungssicherheit und einen Vorlauf<br />

zur Vorbereitung der Schüler*innen. Eva Vrzáčková<br />

und Vlastimil Souček, die begleitenden Chemielehrer der<br />

Masaryk-Fachmittelschule, sind bestens vertraut mit den<br />

Anforderungen, die die Schüler*innen hier erwarten und<br />

bereiten sie auf die Projektwochen vor.<br />

Dem Erasmus+ Gedanken verpflichtet<br />

sich die Rhein-Erft Akademie.<br />

Wir vermitteln den Schüler*innen Fachwissen aus den<br />

Bereichen chemische Produktions- und Verfahrenstechnik.<br />

Dies erlernen sie an den Ausbildungsanlagen im Technikum<br />

der Rhein-Erft Akademie. Die Schüler erfahren durch<br />

das Projekt den Sprung vom Laborversuch zur Produktion<br />

in modernen mit Prozessleittechnik ausgestatteten Chemieanlagen.<br />

Dabei beziehen wir unsere Chemikanten-Azubis<br />

aus unterschiedlichen Ausbildungsjahren mit ein. So ist es<br />

auch für sie ein neuer Erfahrungs- und Lerngewinn.<br />

Auch gilt es, den Schüler*innen Einblick in die deutsche<br />

Kultur, Land und Leute zu bieten. Zum Begleitprogramm<br />

haben wir uns wie auch in den vorigen Jahren einiges<br />

14 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


einfallen lassen. Die Highlights des diesjährigen Programms<br />

sind eine Klettertour im Hochseilgarten, eine<br />

Führung im Brühler Schloss Augustusburg – es zählt zum<br />

UNESCO Welterbe, das Haus der Geschichte in Bonn sowie<br />

Besuche der Stadt Köln, der „Philharmonische Lunch“ in<br />

der Philharmonie und Bowling am Abschlussabend.<br />

Wie bereiten sich die Schüler<br />

auf das Praktikum vor?<br />

Sprachkenntnisse in Englisch und Deutsch sind ein wichtiger<br />

Teil der Vorbereitung: Der Englischunterricht konzentriert<br />

sich auf Fachvokabular und Abläufe. Die Lektionen<br />

in Deutsch umfassen Kultur und das tägliche Leben.<br />

Das Sprachtraining absolvieren die Schüler in ihrer Freizeit.<br />

Die Chemielehrer bereiten mit ihnen im Unterricht<br />

die Versuche theoretisch vor, die dann im Technikum der<br />

Rhein-Erft Akademie umgesetzt werden.<br />

Ihr Ausblick:<br />

Als Ausbilder werden wir mit der Wissbegierde und der<br />

hohen Motivation der Schüler*innen belohnt. Das sehen<br />

unsere tschechischen Lehrerkollegen Eva Vrzáčková und<br />

Vlastimil Souček genauso. So ist es unser gemeinsames<br />

Ziel, dieses Projekt auch in den nächsten Jahren<br />

fortzuführen.<br />

Die Schüler*innen führen in den Labors der Rhein-Erft Akademie<br />

Versuche durch, die sie im Unterricht vorbereitet haben<br />

Schlossbesichtigung und Klettertour zählten zu den diesjährigen<br />

gemeinsamen Unternehmungen<br />

„Bei uns treffen Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen<br />

aus über 15 Herkunftsländern aufeinander – wir nutzen diese<br />

Vielfalt in unserer ganzheitlichen Aus- und Weiterbildung und<br />

legen in unseren Projekten und Lerninhalten einen großen<br />

Schwerpunkt auf Diversität und Gleichberechtigung. Deshalb<br />

ist es unabdingbar auch an interkulturellen und länderübergreifenden<br />

Projekten mitzuarbeiten, um den Ausbildungsalltag<br />

zu bereichern. In den letzten Jahren konnten immer beide Seiten<br />

Ihre Erfahrungen und Ihr fachliches<br />

Wissen erweitern – die Ausbildung<br />

erreicht somit eine breitere und höhere<br />

Basis. Außer dem haben auch unsere<br />

Azubis die Fachbegriffe und Erklärungen<br />

vorher in englischer Sprache lernen<br />

müssen, dieses ist für das weitere<br />

Berufsleben eine weitere wichtige<br />

Kompetenz.“<br />

Marco Mencke<br />

Geschäftsführer<br />

Rhein-Erft Akademie<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 15


GROSSÜBUNG IM CHEMIEPARK<br />

Werkfeuerwehr und öffentliche Feuerwehren der Region<br />

üben gemeinsam für den unwahrscheinlichen Ernstfall<br />

Das Aufgebot an Feuerwehr-Löschzügen und Rettungsfahrzeugen ist immens: Rund 150<br />

Einsatzkräfte passieren am 24. September das Tor Hürth des Chemieparks Knapsack. Die<br />

Großübung eines Notfalls mit vielen Verletzten, initiiert von YNCORIS, entstand in Zusammenarbeit<br />

mit Feuerwehren und Rettungskräften aus Hürth und dem Rhein-Erft-Kreis. Beobachter,<br />

besetzt mit behördlichen Führungskräften, begleiten und erfassen die Aktion zur weiteren<br />

Auswertung. Die Übung selbst und ihre Analyse ist ein Erfahrungsgewinn in puncto Großeinsatz<br />

für alle beteiligten Rettungskräfte und erhöht somit das Sicherheitsniveau ihres Sektors.<br />

D<br />

as gespielte Ausgangsszenario:<br />

In einer chemischen<br />

Produktionsanlage kam es<br />

zur Beschädigung einer Rohrleitung.<br />

Eine größere Menge des freigesetzten<br />

Rohprodukts wurde in einer Auffangtasse<br />

betrieblich zurückgehalten.<br />

Es bildeten sich brennbare Gase,<br />

die sich entzünden. Durch die Explosion,<br />

entstehende Brandgase und<br />

Zersetzungsprodukte verletzten sich<br />

23 Personen unterschiedlich schwer.<br />

„Wir wählten ein realistisches Szenario<br />

mit unterschiedlichen Auswirkungen<br />

in der Gefahr“, erläutert Ralf<br />

Lassmann, Leiter der Werkfeuerwehr<br />

Chemiepark Knapsack: „Mit mehr als<br />

20 Verletzten inszenieren wir eine sogenannte<br />

MANV-Situation, Massenanfall<br />

von Verletzten. Denn dann wird die<br />

Interaktion mit einer großen Anzahl<br />

an externen Rettungseinheiten relevant.<br />

Jede Feuerwehr ist in sich ein absolut<br />

eingespieltes Team, anders geht<br />

es gar nicht. Doch wie läuft es, wenn<br />

einander fremde Feuerwehren einen<br />

Großeinsatz stemmen sollen? Sich<br />

zuvor bekannt zu machen in Kommunikation<br />

und Arbeitsweise, ihr Zusammenspiel<br />

im Rahmen einer Übung zu<br />

trainieren, ist von Vorteil.“<br />

Am Übungstag qualmt es ordentlich,<br />

aber ungiftig: Graue und gelbe<br />

Rauchschwaden hängen in der Luft.<br />

Die Verletzten-Darsteller sind je nach<br />

Rolle aufwendig geschminkt bzw.<br />

„Hier treffen viele<br />

Organisationen mit<br />

Mannschaft und Gerät<br />

aus der Gefahrenabwehr<br />

Rhein-Erft-Kreis<br />

zusammen, das gilt<br />

es zu beüben!“<br />

Ralf Lassmann<br />

Leiter Werkfeuerwehr<br />

16 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


„Einsatzabläufe trainieren, Kommunikation<br />

optimieren – praktische Übungen sind<br />

unersetzlich.“<br />

Jürgen Groborz<br />

Leiter Standortsicherheit<br />

optisch authentisch zugerichtet. Sie begeben<br />

sich auf ihre Positionen, so auch<br />

ein junger Mann, der einen Schwerverletzten<br />

darstellt. Dann geht es los: Die<br />

Hilferufe der „Verletzten“ setzen die<br />

erst eintreffende Werkfeuerwehr unter<br />

Druck. Eine von vielen Aufgaben ist neben<br />

der Gefahrenpriorisierung, die Verletzten<br />

möglichst schnell aus der Gefahrenzone<br />

zu bringen zur medizinischen<br />

Erstversorgung. Für den Transport des<br />

„Schwerverletzten“ wird ein Helikopter<br />

angefordert. Krankenhaus-Check: Welche<br />

Klinik hat Kapazitäten, diese Verletzung<br />

sofort zu behandeln? Die Zeit<br />

läuft; der steigende Adrenalinpegel der<br />

Mannschaft ist echt.<br />

Neben der Menschenrettung sind<br />

die Einsatzkräfte der Werkfeuerwehr<br />

mit Unterstützung der öffentlichen<br />

Einsatzkräfte mit der Bekämpfung des<br />

Brandes und dem Niederschlagen der<br />

Rauchgase gebunden. Zur Koordination<br />

aller Aktivitäten wurde durch den<br />

Rhein-Erft-Kreis im Umfeld der Einsatzstelle<br />

eine mobile Leitstelle aufgebaut.<br />

Die „Verletzten“ sind schnellstmöglich<br />

aus dem Gefahrenbereich zu bringen<br />

Lagesichtung, Gefahreneinschätzung: Die Werkfeuerwehr ist zuerst am Ereignisort.<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 17


Herzlicher Dank gilt insbesondere<br />

den beteiligten ehrenamtlichen<br />

Einsatzkräften, bereit zu üben, was<br />

niemals Anwendung finden soll.<br />

SCHNELL REAGIEREN,<br />

ABER BITTE MIT KÜHLEM KOPF<br />

Ebenso wie Feuerwehren und Rettungskräfte übt auch der Werkskrisenstab regelmäßig<br />

I<br />

n Notfall- und Krisensituationen ist rasches<br />

und dennoch überlegtes Handeln gefragt. Doch<br />

besonnen und richtig unter stressigen Umständen<br />

zu funktionieren, wäre ohne Vorbereitung<br />

und Übung eher ein Glücksfall. Darauf will sich der<br />

Chemiepark Knapsack besser nicht verlassen. Dort<br />

übt der Werkskrisenstab daher zweimal jährlich in<br />

einem fiktiven, aber möglichen Szenario, wie sich<br />

Krisensituationen beherrschen lassen.<br />

Sebastian Hecht von YNCORIS gehört zum Team<br />

Notfall- und Krisenmanagement und hat mit seinen<br />

Kolleg*innen die Werkskrisenstabsübung für diesen<br />

September entworfen. „Ein halbes Jahr vor dem angesetzten<br />

Termin fangen wir an zu planen und legen den<br />

Schwerpunkt der Übung fest. Diesen Herbst war das<br />

Szenario ein Ereignisfall mit großer Außenwirkung<br />

und mehreren Verletzten“, erzählt er. Über 40 Personen<br />

beteiligten sich an der Übung. Neben Vertretern der<br />

Standortunternehmen wirkten auch Behörden – die<br />

Bezirksregierung, die Berufsgenossenschaft, Polizei und<br />

Feuerwehr – mit. Die Stimmung und das Miteinander<br />

waren konzentriert und ruhig. „Grundsätzlich sind wir<br />

schon sehr gut aufgestellt, treiben mit einer solchen<br />

Übung aber den kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

weiter voran. Schließlich muss auch das Zusammenspiel<br />

von internen und externen Akteur*innen<br />

funktionieren“, erklärt Hecht. Die Werkskrisenstabsübung<br />

ist neben den Schulungen einzelner Personen in<br />

ihren Funktionen ein wichtiger Baustein, um für den Ereignisfall<br />

bestmöglich vorbereitet zu sein. Nicht zu vergessen:<br />

Alle Beteiligten, Werkskrisenstabsmitglieder und<br />

externe Teilnehmer der Behörden lernen sich kennen.<br />

„Wir zeigen, wie der Werkskrisenstab arbeitet. So wächst<br />

das Verständnis für die Prozesse und die Aufgaben des<br />

jeweils anderen.“ Das Team Notfall- und Krisenmanagement<br />

von YNCORIS bewertet die Übung im September<br />

positiv. Auch alle Beteiligten hatten die Gelegenheit, ein<br />

Feedback zu geben. Jetzt läuft die Nachbereitung: Sämtliche<br />

Anmerkungen werden aufgenommen, geprüft und<br />

Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt.<br />

18 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


Beteiligte Rettungskräfte und<br />

Einrichtungen an der Großübung<br />

am 24.09. <strong>2022</strong> im Chemiepark<br />

Knapsack:<br />

• Werkfeuerwehr Chemiepark Knapsack<br />

• Freiwillige Feuerwehr Hürth mit den<br />

Lösch zügen Hermülheim und Gleuel und<br />

Fahrzeugen aus dem Rettungsdienst<br />

„Die Aktion hat mich sehr beeindruckt.<br />

Sie gibt mir auch als Privatperson ein<br />

sicheres Gefühl.“<br />

IM SCHULTERSCHLUSS<br />

„Planung und Organisation dieser<br />

Großübung unter Einbeziehung aller<br />

Beteiligten nahm gut ein halbes<br />

Jahr in Anspruch“, erläutert Jürgen<br />

Groborz, Leiter Standortsicherheit<br />

Chemiepark Knapsack: „Vor Corona<br />

haben wir bereits gemeinsam mit der<br />

Feuerwehr Hürth und dem Rhein-Erft-<br />

Kreis Großübungen durchgeführt,<br />

wenn auch nicht in diesem Umfang.<br />

Ich denke, alle beteiligten Einsatzkräfte<br />

schätzen die Möglichkeit, nach<br />

zweijähriger Pause endlich wieder<br />

Handlungsabläufe und Kommunikation<br />

praktisch trainieren zu können.“<br />

Erkenntnisse über den Ablauf an allen<br />

Einsatzorten und Abschnitten gewinnen<br />

die Einsatzkräfte nach der Auswertung<br />

der Beobachterprotokolle.<br />

Übungen seien dazu da, um besser zu<br />

werden. „Doch was die Großübung<br />

einmal mehr gezeigt hat: Wir haben<br />

mit dem Rhein-Erft-Kreis und der<br />

Feuerwehr Hürth kompetente und<br />

verlässliche Partner, die uns, falls erforderlich,<br />

im Ereignisfall zur Seite ste­<br />

Ralf Müller<br />

Geschäftsleitung YNCORIS<br />

hen“, so Groborz weiter. Die detaillierte<br />

Vorbereitung der Konzepte zahle sich<br />

aus, bestätigt Michael Fey, Feuerwehr<br />

Hürth.<br />

Die erfolgreiche Durchführung der<br />

Großübung hält Groborz für einen Gewinn<br />

für alle Beteiligten: „Die Transparenz,<br />

mit der wir mit dem Thema<br />

Großübung umgehen, schafft Vertrauen<br />

bei den Mitarbeitern des Chemieparks,<br />

der Öffentlichkeit und auch den<br />

Behörden.“<br />

„Mit der Analyse und<br />

Auswertung der<br />

Übung und Optimierung<br />

der Einsatzkonzepte<br />

fängt die Arbeit<br />

für uns erst richtig<br />

an. Noch besser zu<br />

werden ist unser<br />

Ziel.“<br />

Jürgen Groborz<br />

Leiter Standortsicherheit<br />

• Personelle und technische Ressourcen<br />

des Rhein-Erft-Kreises, initiiert durch<br />

Harald Band<br />

• Freiwillige Feuerwehr Bergheim mit<br />

dem Löschzug Oberaußem und Fahrzeugen<br />

aus dem Rettungsdienst<br />

• Freiwillige Feuerwehr Kerpen mit<br />

Fahrzeugen aus dem Rettungsdienst<br />

und der Stellung der Einsatzleitkomponente<br />

des Rhein-Erft-Kreises mitsamt<br />

11 Kollegen aus der Kreisleitstelle für<br />

Feuerwehr und Rettungsdienst des<br />

Rhein-Erft-Kreises<br />

• Freiwillige Feuerwehr Erftstadt mit<br />

Fahrzeugen aus dem Rettungsdienst<br />

• Freiwillige Feuerwehr Frechen mit dem<br />

Löschzug Frechen und dem Löschzug<br />

Habbelrath mit den Komponenten<br />

für den „Massenanfall von Verletzten“<br />

sowie mit Fahrzeugen aus dem<br />

Rettungsdienst<br />

• Freiwillige Feuerwehr Pulheim mit<br />

Fahrzeugen aus dem Rettungsdienst<br />

• Deutsches Rotes Kreuz Bedburg mit<br />

Kollegen für die Psychosoziale Notfallversorgung<br />

• Malteser Hilfsdienst mit der Sanitätsgruppe<br />

Erftstadt und Fahrzeugen aus<br />

dem Rettungsdienst sowie der Malteser<br />

Hilfsdienst Pulheim mit Fahrzeugen<br />

aus dem Rettungsdienst<br />

• Rettungshubschrauber „Christoph<br />

Dortmund“, gestellt durch den „DRF“<br />

• Freiwillige Feuerwehr Kerpen Löschzug<br />

Brüggen übernahm während der<br />

Übung den Grundschutz für das Stadtgebiet<br />

Hürth, damit alle Beteiligten<br />

die Übung ohne Unterbrechung<br />

durchführen können<br />

• Beobachter der Feuerwehrschule<br />

Rhein-Erft-Kreis<br />

• Team der Realistischen Unfalldarsteller<br />

Feuerwehrschule Rhein-Erft-Kreis<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 19


GUT<br />

AUF DEN WEG<br />

BRINGEN<br />

Sigrid Bender hat Projekte wie die Ausbildungsvorbereitung „Fliegender<br />

Start“ der Rhein-Erft Akademie (REA) entscheidend geprägt und vorangetrieben.<br />

Damit verhalf sie vielen jungen Menschen, bei denen es im ersten<br />

Anlauf nicht rund lief, zum Durchstarten in ein erfolgreiches Berufsleben.<br />

Mit Empathie und Pack-an hat Sigrid<br />

Bender viele junge Menschen weitergebracht.<br />

Ihre Erfahrungen und positive<br />

Bilanz unterstreichen die Bedeutung<br />

von Einrichtungen wie dem Rhein-Erft<br />

BERUFSSTART e. V.<br />

K<br />

eine Ausbildungsstelle gefunden<br />

– dann ist bei den Jugendlichen<br />

der Frust groß, sie sind<br />

noch verunsicherter, ihnen fehlt Orientierung<br />

und Möglichkeiten an sich<br />

zu arbeiten“, berichtet Sigrid Bender:<br />

„Die Ausbildungsvorbereitung ‚Fliegender<br />

Start‘ bietet Interessierten<br />

der Berufsfelder Metall, Elektronik,<br />

Chemie die Möglichkeit im zweiten<br />

Anlauf diese Hürde zu schaffen. In<br />

unserem Bildungssystem gibt es ein<br />

großes Gap zwischen Schule und<br />

Beruf. So richtet sich unser Fokus<br />

darauf, Jugendliche bei ihrer Entwicklung<br />

zu helfen, damit sie eine<br />

Ausbildung durchstehen.<br />

Schule heißt dabei dreimal wöchentlich<br />

Praxis in unseren Ausbildungswerkstätten,<br />

plus Förderung<br />

persönlicher Fähigkeiten wie Selbstvertrauen,<br />

Disziplin und Durchhaltevermögen.<br />

Ob sozialpädagogische<br />

Gruppenarbeit, Bewerbungstraining<br />

oder Erlebnispädagogik: unsere individuelle<br />

Förderung kommt den jungen<br />

Menschen und ihren zukünftigen<br />

Arbeitgebern zugute. Viele Standortfirmen<br />

sind Mitglied des Rhein-Erft<br />

BERUFSSTART e. V. So können wir den<br />

jungen Menschen direkten Zugang zu<br />

Praktika und möglichen Arbeitgebern<br />

verschaffen und darüber hinaus – einen<br />

fliegenden Wechsel ermöglichen,<br />

bevor sie sicher landen, daher der Projektname<br />

‚Fliegender Start‘.<br />

SICHER LANDEN BEI FLIEGEN-<br />

DEM WECHSEL<br />

Beispiel dafür ist Dominik: Er hatte bereits<br />

einen Ausbildungsvertrag als Chemikant<br />

in der Tasche und startete bei<br />

seinem zukünftigen Arbeitgeber ein<br />

Praktikum. Dabei merkte er, dass der<br />

gewählte Beruf absolut nicht sein Ding<br />

ist, ihn unglücklich macht. Er gab seinen<br />

Ausbildungsvertrag zurück. Umso<br />

glücklicher er mit seinem neuen Ausbildungsplatz<br />

als Industriemechaniker.<br />

Dafür steht unser ‚Fliegender Start‘!“<br />

Sigrid Bender, die treibende Kraft<br />

vieler Projekte der Rhein-Erft Akademie<br />

seit 2000, geht nun in den Ruhestand.<br />

Und wer sie kennt, weiß, dass<br />

Ruhe kaum mit ihrem Temperament<br />

vereinbar ist.<br />

20 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


GUT IN KONTAKT KOMMEN<br />

Chemiepark Partner präsentieren sich beim „Tag der Ausbildung“ der REA<br />

D ie Rhein-Erft Akademie bot jungen Menschen, die sich<br />

für einen Ausbildungsberuf in der Chemiebranche interessieren,<br />

Informationen aus erster Hand. Kooperationspartner<br />

der Rhein-Erft Akademie, darunter zahlreiche Standortfirmen,<br />

waren am 17.09.<strong>2022</strong> präsent. Geschäftsführer,<br />

Betriebsräte und junge Mitarbeiter der jeweiligen Firmen<br />

standen Rede und Antwort: Klartext über Berufsbilder und<br />

ihre Karriere- und Verdienstmöglichkeiten. Der mögliche<br />

neue Arbeitsplatz konnte per Werksrundfahrt mit dem<br />

Wasserstoffbus besichtigt werden. Für Kurzweil und neue<br />

Erkenntnisse sorgte das Handy-Quiz „Wo ist Chemie drin?“<br />

„Chemie ist mein Lieblingsfach. Was<br />

man da genau beruflich machen kann,<br />

weiß ich noch nicht. Aber hier kann<br />

ich die Möglichkeit nutzen, mich<br />

zu informieren – das ist besser als<br />

nachher leer auszugehen.“<br />

Jonas, 15 Jahre<br />

„Wir suchen Auszubildende, Chemielaboranten, Industriemechaniker<br />

und Elektroniker für Automatisierungstechnik<br />

und bieten gute Konditionen – die Chemiebranche ist da<br />

noch privilegiert. Die jungen Leute suchen nach Berufen, die<br />

für sie geeignet sind: Gibt es die Möglichkeit, übergreifend<br />

zu arbeiten in Netzwerken, im Verbund? Wie modern ist die<br />

Ausbildung? Unsere Anlagen haben einen hohen Automatisierungsgrad,<br />

das fordert die jungen Leute natürlich heraus,<br />

und sie sind interessiert, mit modernen Anlagen zu arbeiten.“<br />

Jürgen Eichler, Standortleiter Westlake Vinnolit GmbH<br />

„Manche kamen hier hereingeschnuppert und informierten<br />

sich ganz generell, manche hatten schon eine klare Vorstellung<br />

und kamen gezielt zu uns. Wir hatten die ganze Bandbreite<br />

dabei, auch einen Einzelhandelskaufmann, der sich dafür<br />

interessiert, im Leben nochmal was anderes zu machen.<br />

Das sind auch Sachen, die wir anbieten können. Von ihm kam<br />

die Frage, ob Alter bei uns ein Thema sei. Das ist bei uns natürlich<br />

überhaupt kein Thema: wir haben junge Kollegen da, im<br />

mittleren Alter und Leute, die seniorer unterwegs sind. Wenn<br />

man Spaß hat an Chemie, Spaß hat hier zu arbeiten, ist das<br />

Alter gar keine Frage und kein Thema. Ob Praktika, Ausbildung,<br />

oder weiter zum Techniker oder Meister – die Rhein-Erft<br />

Akademie ist dafür hier ums Eck ein klasse Partner.“<br />

Carsten Buchaly, Betriebsleiter BASF, Standort CPK<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 21


Die Absolvent:innen des Jahres <strong>2022</strong> starten optimistisch ins Berufsleben.<br />

Jetzt für 2023 bewerben!<br />

Zum Zeitpunkt der Feierstunde<br />

zählte YNCORIS 88 Auszubildende.<br />

Das Auswahlverfahren für 2023 ist<br />

bereits gestartet. Wir freuen uns auf<br />

Bewerbungen über unsere Karriereseite:<br />

https://www.yncoris.com/<br />

karriere/einstieg/auszubildende<br />

für diese Berufe:<br />

Industriemechaniker, Mechatroniker,<br />

Elektroniker für Automatisierungstechnik,<br />

Fachinformatiker, Industriekaufmann,<br />

Kfz-Mechatroniker (alle<br />

jeweils w/m/d).<br />

GEHE NICHT ÜBER LOS<br />

UND LASS‘ NICHT<br />

DIE GESCHÄFTSLEITUNG<br />

SPRECHEN<br />

Oder: Warum YNCORIS‘ eigener Nachwuchs gerade<br />

jetzt anpacken und für Themen einstehen will<br />

V<br />

ielleicht lag es am neuen<br />

Raum, dem Blauen Salon, vielleicht<br />

am Wetter, sicherlich an<br />

den Menschen und eventuell am Anlass!<br />

Etwas Besonderes lag in der Luft<br />

bei diesem Zusammenkommen: Ende<br />

der Ausbildung, Neueintritt ins Berufsleben<br />

und dann hat man sich schon<br />

länger nicht mehr in der Gemeinschaft<br />

gesehen. Da war der Austausch untereinander<br />

wichtiger, als große Worte<br />

über sich zu hören.<br />

Im Jahr <strong>2022</strong> haben Auszubildende<br />

aus zwei Jahrgängen ihre Abschlussprüfung<br />

erfolgreich abgeschlossen.<br />

„Das sind zwei ganz besondere Jahrgänge“<br />

betonte Ausbildungsleiter<br />

Dirk Borkenhagen. „Der 2018er-Jahrgang<br />

startete noch zu InfraServ<br />

Knapsack-Zeiten, der 2019er ist der<br />

erste YNCORIS-Jahrgang und bei beiden<br />

war Corona zu Beginn noch ein<br />

Fremdwort, was sich leider im Laufe<br />

der Ausbildung bekanntermaßen änderte.<br />

Immerhin konnten Sie alle noch<br />

eine Ausbildungsfahrt erleben, was<br />

bestimmt zum guten Gemeinschaftsgefühl<br />

beigetragen hat.“<br />

Das offene Ohr schätzen alle an<br />

ihren Kolleginnen und Kollegen sowie<br />

den Führungskräften – und die Möglichkeit,<br />

die Vielfalt von YNCORIS in<br />

nahezu allen Bereichen und an nahezu<br />

allen Standorten erfahren zu können.<br />

Veränderung und Entwicklung war<br />

erlebbar und manchmal sehr herausfordernd.<br />

„Der Wechsel nach Dormagen<br />

war nicht mein Wunsch, jedoch<br />

ist es heute absolut mein Ding dort zu<br />

arbeiten“, berichtete Luis Föllmer, der<br />

nun seine Kollegen motivierte, auch<br />

diese Teams zu verstärken. Ralf Müller<br />

und Christoph Kappenhagen freuten<br />

sich über diese Sichtweise, sich trotz<br />

Die Ausbildung bei YNCORIS ist<br />

ausgezeichnet und in bundesweiten<br />

Rankings von Ausbildungsbetrieben<br />

seit Jahren vorne mit dabei. Bereits<br />

zehn Mal in ununterbrochener Reihenfolge<br />

erhielt das Unternehmen<br />

die Urkunde „Die Besten“ der IHK<br />

Köln.<br />

Bedenken auf die neue Aufgabe einzulassen<br />

und dann festzustellen, welches<br />

Potenzial dahintersteckt. Zusammen<br />

mit Nina Vering vom Betriebsrat beglückwünschten<br />

sie die neuen Kolleginnen<br />

und Kollegen und begrüßten<br />

es sehr, dass alle ihren Berufsweg bei<br />

YNCORIS weitergehen möchten.<br />

Beim Austausch stellten die ehemaligen<br />

Azubis fest: „Wir stehen für<br />

eine neue Generation mit Ideen und<br />

Vorstellungen im Bereich Arbeitssicherheit,<br />

die geprägt waren durch Lernen<br />

und Erleben im Team und beim<br />

Kunden, auch schon mal durch Fehler.“<br />

Hier waren sich alle einig, dass es bei<br />

dem Thema Sicherheit keine Kompromisse<br />

geben darf. Die Geschäftsleitung<br />

sicherte volle Rückendeckung zu, dass<br />

bei unsicheren Situationen die Arbeit<br />

sofort gestoppt werden soll. „Wir wollen,<br />

dass alle nach der Arbeit gesund<br />

nach Hause kommen!“<br />

Nach dem „Runden-Tisch-Austausch“<br />

verlagerten sich die Gespräche<br />

an Stehtische in lockerer Atmosphäre.<br />

Leckereien aus der Küche und ein Präsent<br />

für jede:n sorgten für einen guten<br />

Abschluss einer Lebensphase und einen<br />

Start in einen neuen Abschnitt.<br />

22 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


ES STINKT – ABER NICHT<br />

AUS DEM CHEMIEPARK<br />

Seit vielen Monaten wabern immer wieder üble<br />

Gerüche durch Hürth und Brühl. Jetzt hat die<br />

Bezirksregierung relevante Verursacher identifiziert.<br />

Der Chemiepark Knapsack ist es nicht.<br />

E<br />

r tritt insbesondere nachts oder in den frühen Morgenstunden<br />

auf: der Gestank, der viele Menschen in<br />

Hürth, Brühl und Umgebung belastet. Von chemisch,<br />

modrig-faulig oder gülleähnlich bis hin zu „wie Schweißfüße“<br />

reichen die Schilderungen. Denn Geruch ist eine subjektive<br />

Wahrnehmung und lässt sich schwer beschreiben. Die Verursacher<br />

ließen sich bisher jedoch nicht finden. Nun hat die<br />

Bezirksregierung den Kreis erstmals deutlich eingegrenzt.<br />

In ihrer Pressemitteilung verweist sie neben einer Eisengießerei<br />

in Brühl auf Anlagen der Abfallentsorgung. Erste<br />

Maßnahmen, um die Geruchsemissionen einzudämmen,<br />

habe die Bezirksregierung mit den Unternehmen bereits<br />

abgestimmt. „Wir sind erleichtert, dass die aufwendigen<br />

Untersuchungen durch die Behörden nun endlich neue Erkenntnisse<br />

geliefert haben und weitere Unternehmen als<br />

relevante Verursacher identifiziert werden konnten – und<br />

natürlich auch, dass die Betriebe des Chemieparks Knapsack<br />

damit als Verursacher ausgeschlossen wurden“, sagt Thomas<br />

Kuhlow, Pressesprecher von YNCORIS. „Unser Interesse an<br />

einer Lösung des Themas war immer groß, denn es beeinträchtigt<br />

unser traditionell gutes Verhältnis zu den Menschen<br />

rund um den Standort.“<br />

NICHT ALLES, WAS CHEMISCH RIECHT, KOMMT<br />

AUS DEM CHEMIEPARK<br />

Der Chemiepark Knapsack stand wiederholt im Verdacht, für<br />

die Geruchsbelästigung verantwortlich zu sein. Schließlich<br />

liegt für viele der Schluss nahe, dass Gestank auch immer<br />

etwas mit Chemie zu tun haben müsse. Dabei können auch<br />

andere Prozesse chemisch anmutende Gerüche verursachen.<br />

„Die Anlagen im Chemiepark Knapsack sind so ausgelegt, dass<br />

Geruchsemissionen sehr stark eingeschränkt sind“, erklärt<br />

Jürgen Groborz, Leiter Standortsicherheit von YNCORIS.<br />

Auch Bezirksregierung und LANUV (Landesamt für Natur,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen) kamen<br />

bei einer intensiven Begehung im Chemiepark Mitte Februar<br />

zu dem Ergebnis, dass nur in einzelnen Bereichen der Anlagen<br />

lokal charakteristische Gerüche auftraten, die aber bereits im<br />

näheren Umkreis innerhalb der Chemieparkgrenzen nicht<br />

mehr wahrnehmbar waren. „Trotzdem kommunizieren wir<br />

schon immer mögliche, lokal und zeitlich begrenzte Geruchsentwicklungen<br />

im Zusammenhang mit besonderen Betriebsvorgängen<br />

oder auch Reinigungsarbeiten im Chemiepark<br />

transparent und im Vorfeld – in Richtung Behörden, aber<br />

auch immer in Richtung Öffentlichkeit“, so Groborz weiter.<br />

Hintergrund der Aktion<br />

Das Thema Geruchsbelästigung begleitet die Bewohner*innen<br />

und Unternehmen in Hürth seit einigen<br />

Jahren. Schon 2018 rief die Stadt Hürth einen runden<br />

Tisch ins Leben. Derzeit können sich Betroffene<br />

über eine Plattform im Internet melden. Die Bezirksregierung<br />

Köln hat zudem als Koordinierungsstelle<br />

ein qualifiziertes Fallmanagement und intensive<br />

Vor-Ort-Kontrollen in den betroffenen Gebieten installiert.<br />

Beteiligt sind außerdem die Städte Hürth, Erftstadt<br />

und Brühl, die Bezirksregierung Arnsberg sowie der<br />

Rhein-Erft-Kreis.<br />

DEM GESTANK AUF DER SPUR<br />

Über unterschiedliche Methoden unterstützten die Verantwortlichen<br />

im Chemiepark Knapsack die Suche nach<br />

der Ursache dieser großflächig auftretenden Gerüche.<br />

Dazu gingen die Notfallmanager unter anderem jeder Beschwerde<br />

nach, die sie über das Bürgertelefon erreichte.<br />

Der Werkschutz fuhr tags und nachts zusätzlich Streife mit<br />

Immissionskontrollen und versuchte, die Gerüche im Umfeld<br />

des Chemieparks wahrzunehmen. Das Notfallmanagement<br />

wertete die Geruchsfeststellungen und Beschwerden<br />

aus und verglich Position und Charakteristik mit anderen<br />

Daten, zum Beispiel zu Wetter und Windrichtung. Auf die<br />

Wetterdaten des Chemieparks greift auch die Bezirksregierung<br />

Köln zu. Gemeinsam mit weiteren Unternehmen gab<br />

YNCORIS zudem eine sechsmonatige Rasterbegehung<br />

durch ein unabhängiges und notifiziertes Gutachterbüro<br />

in Auftrag. Dabei wurden 95 Messpunkte in Brühl, Erftstadt<br />

und Hürth mehrfach nach wissenschaftlichen Methoden<br />

untersucht. Fachlich begleiteten LANUV und Bezirksregierung<br />

das Projekt, das am 31. August endete. Die Auswertung<br />

der Ergebnisse läuft derzeit. Die Hoffnung aller Beteiligten<br />

ist nun groß, dass die Geruchsbelästigungen bald ein Ende<br />

haben könnten. Klar ist jetzt immerhin: Es ist nicht zwingend<br />

ein Chemieunternehmen, wenn’s chemisch riecht.<br />

Foto: Diego Cervo – stock.adobe.com<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 23


KNOW-HOW AUS KNAPSACK<br />

ZIEHT HINAUS IN DIE WELT<br />

Im Rahmen eines Clariant Projekts entsteht derzeit<br />

eine „state of the art“ DEPAL-Produktionsstraße in China<br />

G<br />

elegentlicher Besuch aus Fernost<br />

ist bei Clariant im Chemiepark<br />

Knapsack nichts Ungewöhnliches.<br />

Schließlich betreibt das<br />

Unternehmen einen wichtigen Standort<br />

an der Daya-Bucht in Huizhou in<br />

der chinesischen Provinz Guangdong<br />

und ein entsprechender Erfahrungsaustausch<br />

ist mehr als sinnvoll. In letzter<br />

Zeit jedoch häufen sich diese Besuche<br />

und sind von längerer Dauer. Das<br />

hat einen guten Grund: Das Projekt<br />

zur Errichtung einer weltweit dritten<br />

Clariant Produktionsstraße für Aluminiumdiethylphosphinat<br />

(DEPAL),<br />

auf dem Clariant Flammschutzmittel<br />

der Exolit OP-Reihe basieren, ist derzeit<br />

in DayaBay in vollem Gange. Und<br />

das Projekt hat eine äußerst markante<br />

Lokale Produktionskapazitäten<br />

Seit Dezember 2021 baut das Schweizer Spezialchemieunternehmen<br />

Clariant seine erste Produktionsanlage für die erfolgreichen Exolit OP<br />

Flammschutzmittel in China, am bereits bestehenden Standort an der<br />

Daya-Bucht in Huizhou in der Provinz Guangdong. Durch den Aufbau lokaler<br />

Produktionskapazität kann Clariant ihre Kunden in China wesentlich<br />

schneller bedienen. Denn die Nachfrage nach den Flammschutzmitteln<br />

von Clariant steigt in China und anderen asiatischen Märkten rasant an.<br />

Dies ist auf das schnelle Wachstum im Bereich elektrischer und elektronischer<br />

Produkte und Komponenten zurückzuführen, insbesondere im<br />

Zusammenhang mit E-Mobilität, 5G-Kommunikationstechnologie und der<br />

Erweiterung von Verkehrsinfrastrukturen. China ist für Clariant eine der<br />

wachstumsstärksten Regionen. Durch die Investition von rund 60 Millionen<br />

CHF zum Aufbau von Produktionskapazitäten will das Unternehmen<br />

seine Präsenz in China und die Position im lokalen Markt weiter festigen.<br />

Clariant arbeitet beim Bau nach eigenen Angaben im größtmöglichen<br />

Umfang mit einheimischen Unternehmen zusammen und bezieht – wann<br />

immer möglich – lokale Rohstoffe.<br />

Es geht voran: Die neue DEPAL-Produktionsstraße<br />

von Clariant in China soll spätestens im März 2023<br />

fertiggestellt sein<br />

Besonderheit: Die neue Anlage in China<br />

nutzt den patentierten Produktionsprozess<br />

der Anlage in Knapsack,<br />

wie der projektverantwortliche Manager<br />

Dr. Thomas Westerfeld, Clariant<br />

Plastics & Coatings (Deutschland)<br />

GmbH, erläutert: „Der Kernprozess,<br />

also wirklich der eigentliche Produktionsprozess<br />

nachdem die Rohstoffe da<br />

sind, ist in der Tat eine Kopie der Anlage<br />

in Knapsack. Alles Weitere ist dann<br />

natürlich auf den Standort angepasst.“<br />

Vor diesem Hintergrund versteht es<br />

sich von selbst, dass die Experten aus<br />

Knapsack bei der Planung und Umsetzung<br />

des Projektes in DayaBay eine<br />

zentrale Rolle spielen und ihr Knowhow<br />

mit den chinesischen Kollegen<br />

teilen. So war von Anfang August bis<br />

Mitte September eine Gruppe von Mitarbeitern<br />

des chinesischen Betriebsteams<br />

zur Ausbildung in Knapsack.<br />

Ein zweites Team aus China sammelte<br />

im Anschluss von Mitte September bis<br />

Ende Oktober ebenfalls fleißig Praxis-Erfahrungen.<br />

Der Besuch diente<br />

einer intensiven Schulung im Anlagenbetrieb,<br />

um die bereits vorhandene<br />

solide Prozesskenntnis der Kollegen<br />

direkt vor Ort im Detail zu vertiefen.<br />

Zur Vorbereitung wurden in den vergangenen<br />

Monaten umfangreiche<br />

Online-Schulungen durchgeführt. Ein<br />

Team um Operations Manager Mario<br />

Bückreiß, der eigens für das Projekt<br />

freigestellt ist, musste dazu im Vorfeld<br />

alle Trainingsmodule des Kernprozesses<br />

und die zugehörigen Betriebsanweisungen<br />

überarbeiten und abschließend<br />

auf Englisch übersetzen.<br />

24 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


Gemeinsam für das neue<br />

DEPAL-Projekt:<br />

Das deutsch-chinesische<br />

Expertenteam aus Knapsack<br />

und Huizhou<br />

Im Gegenzug werden die Knapsacker<br />

Kollegen für die Inbetriebnahme-Phase<br />

und deren Vorbereitung nach Daya­<br />

Bay reisen. Mehrere Kollegen werden<br />

für einen längeren Aufenthalt von<br />

bis zu sechs Monaten das Team vor<br />

Ort unterstützen. Für die eigentliche<br />

Inbetriebnahme-Phase werden dann<br />

weitere Kollegen auch für kürzere<br />

Zeiträume in DayaBay sein. „Dieses<br />

individuelle, persönliche Engagement<br />

ist für den Projekterfolg ein wichtiger<br />

Baustein. Dafür allen Kollegen ein<br />

herzliches Dankeschön“, unterstreicht<br />

Westerfeld.<br />

500 Patente<br />

Exolit-Flammschutzmittel<br />

Clariants Flammschutzmittel der Exolit OP-Reihe basieren auf Aluminiumdiethylphosphinat<br />

(DEPAL), das im Gegensatz zu halogenhaltigen Flammschutzmitteln<br />

ein anerkanntes ökotoxikologisches Profil aufweist. Die<br />

Exolit-Flammschutzmittel bieten in vielen Anwendungen Schutzmöglichkeiten:<br />

In Smartphones und Computern tragen sie zum Brandschutz bei<br />

und in Infrastrukturanwendungen verlangsamen sie die Ausbreitung von<br />

Flammen und Rauch. Für den Ausbau der E-Mobilität spielt die Produktreihe<br />

eine wichtige Rolle, da sie Ladestationen, Fahrzeugbatterien und<br />

weitere Komponenten in E-Fahrzeugen vor Brand schützen. Im Hinblick<br />

auf den neuen 5G-Standard werden diese innovativen Flammschutzmittel<br />

benötigt, um eine neue Generation von Verbrauchergeräten mit dichterer<br />

und hochkomplexerer technischer Infrastruktur gut zu schützen.<br />

In den 1990er Jahren erfand Clariant<br />

ihre Flammschutz-Technologie,<br />

die auf organischen Phosphaten<br />

basiert, und entwickelte sie seither<br />

stets weiter. Clariant hat ihre<br />

Technologie mit einem Patentportfolio<br />

geschützt, das mehr als 500<br />

individuelle Patente und globale<br />

Patentanwendungen umfasst.<br />

Diese schützen die phosphatbasierten<br />

Flammschutzmittel sowie<br />

damit zusammenhängende Polymerzusammensetzungen<br />

und sind<br />

relevant für Komponenten und<br />

Endprodukte, wie beispielsweise<br />

Steckverbindungen, Leiterplatten,<br />

Einkapselungen, Stromstecker,<br />

LED-Gehäuse, Kondensatorgehäuse,<br />

Ladekabel für Mobiltelefone<br />

und Motorabdeckungen. Clariant<br />

hat ihre patentgeschützte Technologie<br />

nie an andere Hersteller für<br />

die Produktion von Flammschutzmaterialien<br />

lizenziert, weder in<br />

China noch in anderen Ländern.<br />

Mittlerweile trägt das Engagement<br />

auch deutlich sichtbare Früchte: Die<br />

Errichtung der Anlage in DayaBay ist<br />

erheblich vorangeschritten. Die baulichen<br />

Aktivitäten wurden abschnittweise<br />

fertiggestellt und unmittelbar<br />

im Anschluss hat bereits die Montage<br />

von Ausrüstung begonnen. Mehr als<br />

500.000 Mannstunden wurde bereits<br />

auf der Baustelle gearbeitet – unfallfrei.<br />

„Wir ergreifen derzeit alle erdenklichen<br />

Maßnahmen für eine frühere Fertigstellung“,<br />

sagt Westerfeld, muss aber<br />

andererseits einräumen, dass die Einflüsse<br />

von Pandemie, Ukraine-Konflikt<br />

und gestörten Lieferketten dieses Ziel<br />

stark beeinflussen.<br />

Neben der eigentlichen Anlagenerrichtung<br />

ist in den kommenden Monaten<br />

auch ein Aufbau des operativen<br />

Anlagenumfelds notwendig. Neben<br />

dem Aufbau und der Ausbildung der<br />

Betriebsmannschaft gehören dazu<br />

Themen wie ESHA (Umweltschutz,<br />

Clariant Investition transformiert die bereits bestehende<br />

Anlage an der Daya-Bucht bis 2023 zu einem<br />

wichtigen strategischen Standort<br />

Sicherheit, Gesundheit und Behörden),<br />

SAP-Roll-out, Rohstoffqualifikation,<br />

Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung<br />

/ Labor, Genehmigungsmanagement<br />

und Kundenqualifizierung.<br />

Westerfeld: „Diese Aktivitäten werden<br />

unter dem Begriff ‚Operational Readiness‘<br />

zusammengefasst.“<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 25


„Die richtig heiße Phase<br />

hat noch nicht begonnen“<br />

Dr. Thomas Westerfeld erläutert im Gespräch<br />

mit KNAPSACKSPIEGEL die mitunter schwierigen<br />

Projektbedingungen im Zeichen der Corona-Pandemie<br />

HERR WESTERFELD, KÖNNEN SIE KURZ<br />

SKIZZIEREN, WIE LANGE SIE SCHON AN<br />

DIESEM PROJEKT ARBEITEN?<br />

Westerfeld: Gestartet haben wir das Projekt bereits 2018.<br />

Es ging da zunächst um das Bereitstellen aller Informationen,<br />

die notwendig sind, um die Anlage später zu bauen,<br />

vom möglichen Standort – marktstrategisch als auch<br />

umwelttechnisch – über die Verfügbarkeit von Rohstoffen<br />

bis hin zu Umweltaspekten (Handling von Abströmen, Abfällen,<br />

Abwasser) und einer belastbaren Kostenschätzung.<br />

Nach dieser Planungsphase hat das Unternehmen über die<br />

Investition entschieden.<br />

2019 FOLGTE DANN DIE PHASE DES BASIC<br />

ENGINEERINGS?<br />

Genau – in diesem Rahmen wurde die eigentliche Anlage<br />

detailliert geplant. Der Kernprozess ist eine komplette<br />

Kopie von Knapsack, von den Apparaten her komplett<br />

gleich. Und dann muss das Ganze natürlich am Standort<br />

eingebunden werden. Denn die Infrastruktur ist natürlich<br />

schon anders als in Knapsack, weil auch die örtlichen<br />

Gegebenheiten anders sind. Das gilt zum Beispiel für die<br />

Energieversorgung am Standort als auch für die Art und<br />

Weise, wie das Abwasser dort behandelt wird.<br />

2020 folgte coronabedingt mehr oder weniger ein<br />

Projektstopp für ein Jahr. Diese Zeit haben wir aber dazu<br />

genutzt, die Abwasseranlage am Standort zu pilotieren<br />

und zu testen, das Konzept der Abwasserbehandlung zu<br />

überprüfen und festzuzurren.<br />

Seit Anfang 2021 ist das Projekt dann scharf gestellt<br />

worden, um zunächst den Landkauf zu realisieren. Erst<br />

dann ging es ins normale Projektgeschäft, wenn man von<br />

Normalität sprechen kann – denn das Besondere an diesem<br />

Projekt ist, dass wir eigentlich seit Ende des Basic Engineerings<br />

noch nicht einmal in der Lage waren, nach China zu<br />

reisen.<br />

AUFGRUND VON CORONA?<br />

Ja, aufgrund von Corona war das alles völlig unmöglich. Da<br />

haben wir dankenswerterweise sehr viele Kollegen sowohl<br />

in China als auch hier vor Ort, die sich um diese Themen<br />

gekümmert haben. Mit vielen Telefonaten und sehr vielen<br />

Online-Besprechungen haben wir das letztlich gemanagt.<br />

Glücklicherweise haben wir inzwischen digitale Medien,<br />

mit denen Meetings einfach geplant und umgesetzt und<br />

auch Dokumente einfach geteilt werden können. Das wäre<br />

noch vor fünf oder zehn Jahren eine ganz andere Herausforderung<br />

gewesen.<br />

TROTZ EINER IM KERN BAUGLEICHEN<br />

PRODUKTIONS STRASSE GALT ES NUN AUCH<br />

BEI DER UMSETZUNG NOCH VIELE DETAILS<br />

ZU BEACHTEN.<br />

Ja, denn alles andere ist eben auf den Standort angepasst.<br />

Da musste die Anlage bis hin an die Schnittstellen angepasst<br />

werden. Hinzu kam, dass das, was wir hier an Infrastruktur<br />

in Knapsack haben, dort am Standort nicht in dem<br />

Maße vorhanden war, also auch neu aufgebaut werden<br />

musste – wie beispielsweise die Druckluft- und Kühlwasser-<br />

Versorgung. Diese Dinge, die wir in Knapsack aus der Rohrleitung<br />

erhalten, müssen wir in DayaBay selbst erzeugen.<br />

Energie, Strom mit Stickstoffdampf gibt es schon, aber<br />

eben nicht die Druckluft und nicht das Kühlwasser. Und<br />

auch kein VE-Wasser (Anm. d. Red.: Vollentsalztes Wasser).<br />

Hier musste man für entsprechende Ausrüstungen noch<br />

separat investieren.<br />

WIE IST JETZT DER STAND DER DINGE?<br />

IST MAN ALS „KNAPSACKER“ IN DER HEISSEN<br />

PROJEKTPHASE ZUKÜNFTIG MEHR IN CHINA<br />

ALS IN KNAPSACK?<br />

Die richtig heiße Phase hat noch nicht begonnen. Die<br />

Planung ist, was die Teams betrifft, unterschiedlich. Wir<br />

haben Kandidaten, die länger dorthin gehen, wahrscheinlich<br />

ab Anfang nächsten Jahres. Die Spezialisten aus der<br />

Anlage selber, die dort auch Leitungsfunktionen haben,<br />

werden immer wieder für zwei, drei Wochen nach DayaBay<br />

reisen, maximal zwei Monate am Stück. Das ist auch an<br />

den persönlichen Befindlichkeiten orientiert, was jeder für<br />

sich vereinbaren kann, auch mit seinem familiären Umfeld.<br />

Aber es wird kein Dauereinsatz.<br />

Es wäre sehr hilfreich für uns als Leitungsteam, schon<br />

jetzt mal vor Ort zu sein und das eine oder andere Gespräch<br />

persönlich zu führen. Stand jetzt sind wir aber noch ein<br />

stückweit abhängig von den Quarantäne-Bedingungen.<br />

26 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


Experten für die Reparatur von Richter Pumpen, Armaturen und Aggregate (v. l. n. r.): Dirk Mühlbauer, Jörg Surmann, Tim Hengemühle,<br />

Lukas Overmeyer, Mike Lindner (alle YNCORIS) mit Schulungsleiter Hans-Jürgen Lamprecht (Richter)<br />

PUMPEN UND ARMATUREN<br />

SCHNELL UND ZUVERLÄSSIG REPARIERT<br />

YNCORIS ist offizieller Servicepartner von Richter Chemie-Technik<br />

W<br />

enn sie nicht mehr laufen,<br />

läuft in einer Anlage nichts<br />

mehr. Deshalb sind wichtige<br />

Pumpen und Aggregate in der Regel<br />

redundant ausgelegt. Trotzdem muss<br />

es im Reparaturfall schnell gehen. Nutzer<br />

von Richter Pumpen und Armaturen<br />

im Chemiepark Knapsack finden<br />

nun einen autorisierten Servicepartner<br />

direkt vor Ort.<br />

Die Servicepartnerschaft ist eine<br />

logische Konsequenz der langjährigen<br />

Zusammenarbeit. „In unserem Aggregatepool<br />

verfügen wir über zahlreiche<br />

Richter Pumpen und Aggregate.<br />

Wir kennen uns daher seit vielen<br />

Jahren mit diesen Geräten aus“, sagt<br />

Michael Tugendheim, Teamleiter Rotating<br />

Equipment bei YNCORIS. Diese<br />

Erfahrung und Kompetenz war zusammen<br />

mit der großen Nähe zu den<br />

Kunden für Dr. Stefan Ubben, Leiter<br />

Product Management und Product &<br />

Application Support bei Richter, ein<br />

wichtiges Argument: „Außerdem kann<br />

YNCORIS nicht nur Pumpen und Armaturen,<br />

sondern auch deren Antriebe<br />

direkt mit instand setzen. Dadurch<br />

sind die Aggregate deutlich schneller<br />

wieder verfügbar.“ Der Pionier für<br />

ausgekleidete Pumpen und Armaturen<br />

hat sich weitgehend aus dem Reparaturgeschäft<br />

zurückgezogen und<br />

setzt derzeit neben YNCORIS auf drei<br />

weitere autorisierte Servicepartner in<br />

Deutschland und den Niederlanden.<br />

NEUES SCHULUNGSKONZEPT<br />

Gerade hat das YNCORIS-Team die<br />

mehrtägigen Schulungen vor Ort abgeschlossen.<br />

Sie bestanden aus einem<br />

theoretischen Grundseminar und einem<br />

Hands-on-Training, bei dem die<br />

Teilnehmer die Pumpen unter Anleitung<br />

auseinander- und zusammenbauten<br />

und so Handhabung, Reparatur<br />

und Wartung intensiv übten. Zusätzlich<br />

tauschten sich die Teilnehmer bei<br />

gemeinsamen Abendveranstaltungen<br />

aus, um Kontakte zu knüpfen und<br />

mögliche Hemmschwellen abzubauen.<br />

Die Trainings werden regelmäßig wiederholt.<br />

Auch bei der Ermittlung von Reparaturbefunden<br />

arbeiten die Partner<br />

eng zusammen. Dabei kommt eine spezielle<br />

Video-App zum Einsatz. Tugendheim:<br />

„Dadurch können wir gemeinsam<br />

mit Richter deutlich schneller eine<br />

Diagnose stellen.“ Der direkte Zugriff<br />

auf das Konsignationslager des Herstellers<br />

macht Ersatzteile außerdem<br />

noch rascher verfügbar.<br />

Einen wichtigen Pfeiler der Zusammenarbeit<br />

bildet darüber hinaus der<br />

regelmäßige Austausch und Wissenstransfer.<br />

„Unser Ziel ist es, Schwachpunkte<br />

zu erkennen und unsere<br />

Pumpen, Ventile und Antriebe noch<br />

zuverlässiger und wartungsfreundlicher<br />

zu machen“, so Ubben. „Gleichzeitig<br />

wollen wir unser Know-how<br />

nutzen, um gemeinsam mit YNCORIS<br />

zukünftig Lösungen für Predictive<br />

Maintenance zu entwickeln.“<br />

Richter Chemie-Technik zählt mit<br />

seinen weltweit etwa 280 Mitarbeitenden<br />

zu den führenden Anbietern von<br />

PFA-ausgekleideten Pumpen und Armaturen.<br />

Es bietet rund 1.000 verschiedene<br />

Modellvarianten. Das Unternehmen<br />

gehört zur IDEX Corporation mit<br />

Spezialunternehmen und 7.000 Mitarbeitenden.<br />

Eine solche magnetgekuppelte<br />

Kreiselpumpe (MNK) wird im<br />

Chemiepark häufig eingesetzt<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 27<br />

Bildmaterial: Richter Chemie-Technik


Zum guten Schluss<br />

die Führungsposition<br />

Seit Juli <strong>2022</strong> ist Jürgen Erlemeier<br />

Standort- und Laborleiter bei SGS<br />

in Hürth. Er ist aber kein neues<br />

Gesicht, sondern kennt sein Umfeld<br />

seit mehreren Jahrzehnten.<br />

Herr Erlemeier, Sie kennen den Standort<br />

sehr gut und lange und haben hier<br />

verschiedene Stationen durchlaufen –<br />

welche waren das?<br />

Jürgen Erlemeier: Richtig, ich bin schon seit 1976 vor<br />

Ort. Zu der Zeit war ich bei Hoechst in der Ausbildung<br />

zum Chemielaboranten. Im Anschluss arbeitete ich in<br />

der Oxychlorierung bei Vinnolit. Nach einer Zwischenstation<br />

bei der Bundeswehr ging es dann in die Analytik.<br />

Auf der Abendschule habe ich den Labortechniker<br />

gemacht und dann die Abteilungsleitung der Gaschromatographie<br />

übernommen. Jetzt bot sich mir kurz vor<br />

Ende der Berufstätigkeit – in rund zwei Jahren steht die<br />

Pensionierung an – die tolle Gelegenheit, die Standortund<br />

Laborleitung zu übernehmen. Die Geschäftsführung,<br />

wie sie mein Vorgänger Johannes Meyer innehatte,<br />

habe ich nicht übernommen. Das war nicht nötig, weil<br />

Alida Scholtz seit 2021 bundesweit die Geschäfte der<br />

SGS-Gruppe führt.<br />

Bildmaterial: SGS<br />

Wie hat sich Ihre Arbeit nun verändert?<br />

Ich bin sowohl für die Organisation und die Sicherheit<br />

hier am Standort verantwortlich als auch für den Laborbereich.<br />

Das bedeutet natürlich mehr administrative<br />

Arbeit als vorher. Ich habe drei Abteilungen unter mir,<br />

leite zugleich immer noch die Abteilung Chromatographie<br />

– da ist aber ein Wechsel geplant. Die Zuständigkeit<br />

für die Mitarbeiter liegt nun komplett bei mir. Das ist<br />

alles spannend und herausfordernd, aber ich freue mich<br />

über die neuen Aufgaben.<br />

Die Tatsache, dass Sie den Standort gut<br />

kennen, macht es bestimmt leichter, oder?<br />

Genau, ich muss mich nicht erst in die Abläufe einarbeiten<br />

und die Kunden kennenlernen. Das ist schon ein<br />

Vorteil. Zumal wir ja noch dabei sind, den Standort in<br />

die SGS-Welt zu integrieren, nachdem Synlab im vergangenen<br />

Jahr an SGS verkauft hat. Mir wird auf jeden Fall<br />

bis zur Pensionierung nicht langweilig! Die Umstellung<br />

gelingt offenbar gut – die Kunden sagen, dass sie es gar<br />

nicht merken.<br />

Durch die Integration bei SGS profitieren<br />

die Kunden bestimmt auch von Neuerungen.<br />

Ja, zum Beispiel was GLP-Studien betrifft. In unserem<br />

Speziallabor in Hürth analysieren rund 40 Fachleute<br />

jährlich rund 35.000 Proben für die Entwicklung und<br />

Herstellung chemisch-industrieller Produkte. Zusammen<br />

mit dem hessischen Standort in Taunusstein mit<br />

rund 800 Mitarbeitern hat SGS ausreichend Erfahrung<br />

und Kapazitäten, um genaue und effiziente Studien im<br />

Rahmen der Guten Laborpraxis, kurz GLP, für Chemikalien<br />

und chemische Produkte anzubieten. Nun hat SGS<br />

das Angebot für GLP-Studien um den Bereich Produktchemikalien<br />

und Polymere erweitert. Prüfungen von<br />

chemischen Produkten, die mit der Umwelt oder den<br />

Endverbrauchern in Kontakt kommen, sind in Deutschland<br />

und der EU vorgeschrieben, Polymere waren bisher<br />

davon ausgenommen. Da steht aber eine Änderung<br />

bevor. SGS hat frühzeitig auf diese Entwicklung reagiert.<br />

Das kommt unseren Kunden zugute.<br />

Mehr dazu erfahren Sie unter:<br />

https://www.sgsgroup.de/de-de/news/<strong>2022</strong>/07/<br />

glp-studien-und-polymer-reach<br />

28 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


GENERATIONENWECHSEL<br />

IN HERAUSFORDERNDEN<br />

ZEITEN<br />

Seit Juni <strong>2022</strong> ist Marco Bergbold als<br />

Standortleiter der Karl Schmidt Spedition<br />

Nachfolger von Jürgen Effern.<br />

Z<br />

eitweise trifft man Jürgen Effern<br />

noch auf dem Gelände der<br />

Karl Schmidt Spedition in<br />

Hürth an, aber wesentlich seltener<br />

als früher. Denn seine Zeit im Chemiepark<br />

Knapsack nähert sich dem<br />

Ende: Nach 32 Jahren steht der Ruhestand<br />

vor der Tür. Die Standortleitung<br />

hat er bereits weitergegeben.<br />

„Es war an der Zeit für einen Generationenwechsel“,<br />

sagt Effern. Die neue<br />

Generation, das ist Marco Bergbold.<br />

Kein unbekanntes Gesicht, sondern<br />

seit der Ausbildung bei der Spedition<br />

und eine Zeit lang auch schon<br />

Efferns Stellvertreter. Er hat Familienbezug<br />

zum Unternehmen: „Mein<br />

Vater hat auch schon hier gearbeitet<br />

und da lag ein Schulpraktikum nahe.<br />

Zwei Jahre später, 1994, habe ich mich<br />

für die Ausbildung entschieden.“<br />

GROSSE VERANTWORTUNG<br />

VON ANFANG AN<br />

Zu der Zeit hatte Effern schon spannende<br />

Zeiten im Beruf erlebt, nicht nur<br />

die Entwicklung seines Arbeitgebers<br />

zu einem der führenden Spezialisten<br />

in der Schüttgutlogistik, sondern auch<br />

die Umbrüche während der Entstehung<br />

des Chemieparks. Nachdem er<br />

Erfahrung als Niederlassungsleiter im<br />

Gefahrgutbereich gesammelt hatte,<br />

übernahm Effern die Standortleitung<br />

– genau in dem Jahr, als Hoechst die<br />

Granulatlagerung und -abfüllung sowie<br />

die komplette Logistik an die Karl<br />

Schmidt Spedition übergab und die<br />

erste damals neuartige Silo-Station<br />

gebaut wurde. „1996 haben wir die Anlage<br />

dann schon erweitert und zwei<br />

Jahre später kam die Silo-Station für<br />

das PVC-Pulver von Vinnolit dazu, die<br />

wir bis heute betreiben“, blickt Effern<br />

zurück. Hinzu kam dann noch die Zuständigkeit<br />

für die Stationen bei LyondellBasell<br />

in Wesseling. Die Verantwortung<br />

für diesen Standort wird Effern<br />

erst im kommenden Jahr abgeben.<br />

Als Führungskraft in der Spedition<br />

ist man viel unterwegs. Effern reiste<br />

beruflich innerhalb Europas und in<br />

Asien, eröffnete Anlagen etwa in Belgien,<br />

Spanien oder China. „Man muss<br />

Lust auf die Arbeit haben, flexibel sein<br />

und sich auf andere Länder einstellen<br />

können“, betont er. Davon kann sein<br />

Nachfolger ein Lied singen. Bergbold<br />

war zweimal beruflich für längere<br />

Zeit im belgischen Antwerpen sowie<br />

einmal im britischen Liverpool. Aber<br />

zwischendurch machte er immer wieder<br />

Station in Hürth. Zuletzt arbeitete<br />

Bergbold sechs Jahre in der IT-Abteilung.<br />

Ihn als seinen Nachfolger vorzuschlagen,<br />

war für Effern ein logischer<br />

Schritt: „Er kennt das ganze Unternehmen<br />

von A bis Z.“<br />

AUF EIGENE FACHKRÄFTE<br />

SETZEN<br />

Vielleicht hilft das dem neuen Standortleiter<br />

bei den Herausforderungen,<br />

welche die aktuelle Energiekrise mit<br />

sich bringt. Nicht einfacher wird auch<br />

die Personalsituation. „Wir müssen<br />

sehen, dass wir weiter verlässlichen<br />

Nachwuchs bekommen“, so Bergbold.<br />

„Da setze ich wie mein Vorgänger auf<br />

unsere Ausbildung, damit wir gute<br />

eigene Leute ins Team holen können.“<br />

Zudem besteht innerhalb der<br />

Marco Bergbold und Jürgen Effern (v. l.)<br />

„Er kennt das ganze<br />

Unternehmen von<br />

A bis Z.“<br />

Jürgen Effern<br />

über seinen Nachfolger<br />

Marco Bergbold<br />

Schmidt-Gruppe auch immer die Möglichkeit<br />

eines Standort-Wechsels. „Mir<br />

ist es wichtig, dass es hier weiter in geordneten<br />

Bahnen läuft.“<br />

Dabei wird ihn sein Vorgänger noch<br />

eine Weile unterstützen. Im Frühjahr<br />

2023 ist dann endgültig Schluss. Wie er<br />

den Ruhestand angehen möchte, hat<br />

sich Effern schon überlegt: „Zu Hause<br />

einiges aufarbeiten, was liegen geblieben<br />

ist, Motorrad fahren, das Boot nutzen<br />

– und den lieben Gott einen guten<br />

Mann sein lassen.“<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 29


Neuer<br />

Tarifvertrag<br />

DIALOG IN KRISENZEITEN<br />

AUSTAUSCHPLATTFORM FÜR BRANCHENTHEMEN ZEIGT<br />

AUSWIRKUNGEN DER ENERGIEKRISE AUF<br />

Die Tarifpartner der Chemie- und<br />

Pharmaindustrie haben sich<br />

auf einen neuen Tarifvertrag<br />

geeinigt. Danach erhalten die<br />

Arbeitnehmer*innen und Auszubildende<br />

in den nächsten zwei<br />

Jahren jeweils 3,25 Prozent<br />

– insgesamt also 6,5 Prozent –<br />

mehr Lohn. Hinzu kommen zwei<br />

steuer- und beitragsfreie Einmalzahlungen<br />

in Höhe von jeweils<br />

1.500 Euro spätestens im Januar<br />

2023 und 2024, Teilzeitbeschäftigte<br />

profitieren entsprechend<br />

anteilig. Auszubildenden werden<br />

pro Jahr 500 Euro ausgezahlt.<br />

Der Tarifvertrag läuft 20 Monate<br />

bis Ende Juni 2024.<br />

Weitere Informationen erhalten<br />

Sie unter anderem auf der Website<br />

der IG BCE:<br />

D<br />

ie Energiekrise ist allgegenwärtig.<br />

Gerade die Chemiebranche<br />

steht unter hohem Druck. Die<br />

chemische Industrie braucht viel Gas und<br />

Strom für die Produktion, daher setzen<br />

ihr die hohen Preise besonders zu. Mit<br />

diesen und weiteren Auswirkungen der<br />

Krise beschäftigt sich aktuell die Webseite<br />

www.ihre-chemie.de, die relevante<br />

Anliegen der Branche zum Thema<br />

macht. Bei Videokampagnen für die<br />

Seite wurde auch schon Filmmaterial<br />

von YNCORIS eingebunden.<br />

„Ihre Chemie“ ist ein Informationsund<br />

Dialogangebot der Initiative<br />

„Chemie im Dialog“ (CID), zu deren<br />

mehr als 20 Mitgliedern der Verband<br />

der Chemischen Industrie e. V. (VCI)<br />

zählt. YNCORIS schätzt die Arbeit des<br />

Verbands, der die Interessen von<br />

rund 1.900 Unternehmen aus der<br />

chemisch-pharmazeutischen Industrie<br />

und chemienaher Wirtschaftszweige<br />

vertritt. Er sichert die gesellschaftliche<br />

Akzeptanz seiner Mitglieder, steht mit Politik<br />

und Gesellschaft im Dialog, analysiert<br />

Entwicklungen, bietet Lösungen an und<br />

setzt sich für nachhaltiges Handeln ein.<br />

Nachhaltigkeit ist eines der großen<br />

Themen auf „Ihre Chemie“. Der schwierige<br />

Weg zur CO 2 -neutralen Produktion<br />

wird aufgezeigt, es werden Lösungen<br />

angeregt sowie die von VCI und<br />

VDI initiierte Klimaschutzplattform<br />

„Chemistry4Climate“ im Video vorgestellt.<br />

Weitere Schwerpunktthemen<br />

sind Gesundheit, Corona, Kunststoffe<br />

und Landwirtschaft. Als Plattform für<br />

Kommunikation bietet „Ihre Chemie“ die<br />

Möglichkeit zum Austausch, der gerade<br />

in diesen herausfordernden Zeiten<br />

große Bedeutung hat.<br />

Ankündigungen & Termine<br />

Wir gedenken<br />

Wilhelm Schmitz (85)<br />

Verstorben am 01.07.<strong>2022</strong><br />

Herbert Ernst<br />

Verstorben am 24.09.<strong>2022</strong><br />

Gerhard Maria Reinwald (89)<br />

Verstorben am 27.09.<strong>2022</strong><br />

Günter Zündorf (70)<br />

Verstorben am 1.11.<strong>2022</strong><br />

Termine<br />

23. und 24.11.<strong>2022</strong><br />

Prozess- & Anlagensicherheit<br />

im Dialog – Online Event<br />

28.11.<strong>2022</strong><br />

13. ChemCologne Chemieforum:<br />

„Transformation trotz Krise –<br />

Die Chemieregion Rheinland<br />

auf dem Weg zur Klimaneutralität“<br />

Feierabendhaus Knapsack<br />

29.11.<strong>2022</strong><br />

Bürgerinformationsversammlung<br />

der Bezirksregierung Köln<br />

Vorstellung der Ergebnisse zur<br />

Thematik Geruchsbeschwerden<br />

im südlichen Rhein-Erft-Kreis<br />

Bürgerhaus Hürth<br />

30 |<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong>


Arbeitsschutz-Themen<br />

von und mit Christian Ballion<br />

„Dumm gelaufen?“<br />

Das sollten Sie über Wegeunfälle wissen!<br />

Wer mit der Berufsgenossenschaft zu tun hatte, weiß um<br />

die Formulare: Sie erscheinen endlos – und was die alles<br />

wissen wollen! Viele Arbeitnehmer*innen kapitulieren<br />

vor dem Papierwust, auch aus Unsicherheit etwas „falsch“<br />

zu machen, und melden ihren Wegeunfall nicht. Damit<br />

verzichten sie vorschnell auf mögliche Leistungen.<br />

Christian Ballion leitet den Arbeitsschutz bei YNCORIS,<br />

berät Standortunternehmen und externe Branchen<br />

Unfälle auf dem direkten Weg von zuhause zur Arbeitsstätte und zurück<br />

gelten als Wegeunfälle und sind Arbeitsunfällen rechtlich gleichgestellt.<br />

Die Berufsgenossenschaft erfragt detailliert die genommene Wegstrecke.<br />

Haben Sie Fragen oder Anregungen<br />

zum Thema Arbeitsschutz?<br />

christian.ballion@yncoris.com<br />

Telefon: 0 22 33.48 11 48<br />

WAS ZÄHLT ZUM DIREKTEN WEG?<br />

Der Versicherungsschutz beginnt und endet an<br />

der Außentür des Wohngebäudes, also bei einem<br />

Hochhaus unten am Haupteingang.<br />

Ob zu Fuß, mit Auto, Rollschuhen oder Zug:<br />

Der Versicherungsschutz umfasst alle gewählten<br />

Transportmittel.<br />

Umwege, die im Rahmen einer Fahrgemeinschaft<br />

zurückgelegt werden, sind legitim. Wenn Sie Ihren<br />

Partner zuerst zur Arbeit fahren und dann weiter zu<br />

Ihrer Arbeitsstätte, ist dies eine Fahrgemeinschaft.<br />

Umwege, die zurückgelegt werden, um Kinder in<br />

die Schule, den Kindergarten oder zu Betreuungspersonen<br />

zu bringen, sind ebenfalls akzeptiert.<br />

Verkehrsbedingte Umleitungen sind erlaubt.<br />

Der direkte Weg darf maximal zwei Stunden<br />

unterbrochen werden.<br />

„Verbotene Wege“ wie abgesperrte Treppen u. ä.<br />

sind nicht versichert.<br />

Anhalten, um zu tanken ist nicht versichert.<br />

Einkaufen gehen auf dem Hin- oder Rückweg ist<br />

nicht versichert, auch nicht der Stop beim Bäcker,<br />

um ein Brötchen für die Frühstückspause zu erstehen.<br />

ABER<br />

In der Mittagspause ist der Gang zum Bäcker, zur Pommesbude<br />

oder nach Hause zum Mittagessen versichert.<br />

Die Zeit des Essens, der konkreten Nahrungsaufnahme,<br />

ist wiederum nicht versichert. „Dumm gelaufen“:<br />

„Während ich das Brötchen aß, rutschte ich aus.“<br />

Versichert ist: „Nachdem ich das Brötchen aufgegessen<br />

hatte, trat ich den Rückweg an und rutschte aus.“<br />

Das Verlassen des Werksgeländes in der Mittagspause<br />

nur zum Spaziergang ist nicht versichert, außer es liegt<br />

dafür eine ärztliche Indikation vor.<br />

Verkehrsuntüchtigkeit von Transportmittel oder<br />

Fahrer (blanke Reifen oder Alkohol) entheben<br />

von Leistungsansprüchen.<br />

FAZIT<br />

Das Thema „Wegeunfall“ ist bürokratisch. Doch es ist ein wichtiger<br />

Baustein zur Absicherung und zum Schutz von Arbeitnehmer*innen.<br />

Über die Anerkennung eines Wegeunfalls entscheidet die Berufsgenossenschaft.<br />

Dem Arbeitgeber entstehen dadurch keine Kosten<br />

oder Nachteile.<br />

Mehr interessante Informationen<br />

zum Arbeitsschutz gibt es auch bei<br />

Service.Wissen, dem YNCORIS-Blog:<br />

https://www.yncoris.com/<br />

servicewissen<br />

KNAPSACKSPIEGEL 5 / <strong>2022</strong> | 31

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