Thermenland-Magazin Nov 2022
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01 TLM <strong>Nov</strong>ember 22:TLM März 21 neu 08.11.22 01:27 Seite 20<br />
KULTUR & FREIZEIT<br />
Kreisarchäologe Spieleder stellte Baju<br />
Spannende Funde aus der En<br />
„Die Bayern sind vielleicht das einzige<br />
Volk, dem es durch materielle<br />
Bedeutung, durch die bestimmt<br />
ausgeprägte Stammeseigentüm -<br />
lickeit und durch die Begabung<br />
seiner Herrscher gelungen ist, ein<br />
wirkliches und in sich selbst befriedigtes<br />
Narionalgefühl auszubilden.“<br />
Mit diesem schon fast 150 Jahre alten<br />
Zitat von Otto von Bismarck begann<br />
Alois Spieleder seinen Vortrag über das<br />
frühbajuwarische Gräberfeld von Würding.<br />
Der Passauer Kreisarchäologe war<br />
auf Einladung des Schlossfördervereins<br />
zu dem VHS-Vortrag nach Ortenburg<br />
gekommen, mit dem er seine jüngsten<br />
Grabungsbefunde in Bad Füssing und<br />
Pocking geschichtlich einordnete. Spiel -<br />
eder, so Alfons Niederhofer, Kulturbeauftragter<br />
des Marktes Ortenburg, in seiner<br />
Vorstellung des Referenten, habe in Passau<br />
seinen Uni-Abschluss in „Archäologie<br />
der Römischen Provinzen“ gemacht<br />
und damit seinen derzeitigen Tätigkeitsschwerpunkt<br />
bestens vorbereitet.<br />
Woher kamen die Bajuwaren?<br />
„Die Frage ist, woher diese Stammes -<br />
eigentümlichkeit und überhaupt die Bajuwaren<br />
gekommen sind“, meinte der<br />
Archäologe einleitend. Heute wisse man,<br />
dass von der ursprünglich keltischen,<br />
später romanisierten Bevölkerung in der<br />
römischen Provinzen nördlich der Alpen<br />
beim Abzug der Römer im Laufe des 5.<br />
Jahrhunderts n. Chr. viele dageblieben<br />
seien. Mit ihnen hätten sich die zugewanderten<br />
elbgermanischen Gruppen, Ost -<br />
goten, Thüringer, Alemannen – nicht<br />
immer – ganz friedlich gemischt und so<br />
das bajuwarische Volk herausgebildet.<br />
Landrat Raimund Kneidinger und Kreisarchäologe Alois Spieleder (rechts) bei der gerade entdeckten<br />
Adeligen.<br />
Foto: Landratsamt Passau<br />
Sein Vortrag sei in dieser geschichtlich<br />
äußerst interessanten Epoche im ausgehenden<br />
5. Jahrhundert angesiedelt, so<br />
Spieleder. Diese sei schriftlich kaum dokumentiert<br />
und man daher auf archäo -<br />
logische Zeugnisse angewiesen, wie sie<br />
bei der Grabung im Juni 2021 im Bad<br />
Füssinger Ortsteil Würding gewonnen<br />
worden seien.<br />
Befühlbares Frühmittelalter<br />
In Würding seien bei der Aushebung von<br />
Baugruben Knochen zum Vorschein gekommen.<br />
Bei einer ersten Ortseinsicht sei<br />
klar geworden, dass es sich um ein typisches<br />
Reihengräberfeld, also einen bajuwarischen<br />
Friedhof des 5.–8. Jh. handle.<br />
Bei dem massiven Bodeneingriff des Baggers<br />
waren schon viele Skelette angeschnitten<br />
oder sogar Schädel halbiert<br />
worden. Beim Absuchen des Aushubs<br />
seien zahlreiche Knochenfragmente, zwei<br />
Saxe, also einschneidige kurze Hiebschwerter,<br />
ein langes Reiterschwert<br />
(Spata), mehrere Messer sowie Trachtbestandteile<br />
festgestellt worden. Zur Veranschaulichung<br />
wurden ein solches Sax, ein<br />
Spata, später auch Schlackenbruchstücke<br />
und Repliken von gefundenen Gefäßen<br />
durch die Zuhörerreihen gegeben. Die<br />
Bilder zum Vortrag ließen die Schrift -<br />
tafeln, Grabungssituationen, gefundenen<br />
Gegenstände oder auch Personen deutlich<br />
erkennen.<br />
Seltene Grabbeigaben<br />
Seltener Granat-Schmuck: Gürtelschnalle mit<br />
Almandin-Einlage des späten 5. Jahrhunderts.<br />
Foto: Büro für Archäologie Neupert, Kozik & Simm<br />
„Bajuwaren-Ritter“: Ein Mann bekam sein langes Reiterschwert und eine Lanze mit ins Grab.<br />
Foto: Büro für Archäologie Neupert, Kozik & Simm<br />
Nach dem Feinputz des Plenums hätten<br />
sich über 60 Grabgruben feststellen lassen.<br />
Einige davon stellte Alois Spieleder<br />
dann vor. Bei der ältesten Bestattung<br />
habe es sich um einen 40- bis 60-jährigen<br />
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