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VNW-Magazin 5/2022

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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TAGE<br />

<strong>VNW</strong> magazin<br />

FREI.<br />

Wohnen<br />

im Norden<br />

5_<strong>2022</strong><br />

Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen<br />

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Stand: Juni <strong>2022</strong><br />

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1<br />

Inhalt 5_<strong>2022</strong><br />

<strong>VNW</strong><br />

Analysen<br />

Editorial 03<br />

Vier Tage 04<br />

Aus der Ohnmacht ... 08<br />

100 Jahre Mietpreisbindung 12<br />

9. Norddeutscher Mietrechtstag 18<br />

Großsiedlungen 20<br />

40 Milliarden Euro 22<br />

Pizza-Lunch 26<br />

Aus Alt wird Neu 28<br />

Fit für eine unbekannte Zukunft 30<br />

Alles, was Recht ist! 34<br />

Wohnen auf dem Baggersand 38<br />

Namen und Nachrichten 40<br />

Termine 44<br />

Fachkräftemangel 46<br />

Baukulturbericht 22/23 48<br />

Zinsanstieg 50<br />

Immobilienpreise 54<br />

Cyber-Attacke 58<br />

Betriebskosten 62<br />

Impressum 70<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />

der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet.<br />

Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.<br />

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DREI TAGE FREI.<br />

Auch die Wohnungswirtschaft muss sich<br />

im Kampf um beruflichen Nachwuchs<br />

strecken. Die Vier-Tage-Woche könnte ein<br />

Vorteil sein.


2 <strong>VNW</strong><br />

„Der Weg, auf dem uns tatsächlich eine Stadt beschieden wird, über die<br />

sich bereits heute nachzudenken lohnt – kein Flickenteppich der Kurzsichtigkeiten,<br />

Feigheiten, Bequemlichkeiten und des Profitstrebens –, der Weg<br />

zu dieser Stadt ist sehr beschwerlich. Denn uns selbst erforschen – und<br />

für uns selbst wißbar zu machen – ist kein geringeres Unternehmen als<br />

die Erforschung eines fernen Himmelskörpers. Die Unlust, hergebrachte<br />

Sicherheit, hergebrachte Stücke unseres Charakters aufzugeben, ist ein<br />

etwa ebenso großer Faktor in der Weltgeschichte wie die unermüdliche<br />

Lust, der Natur Geheimnisse abzujagen. Das macht jene Mischung von<br />

zäher Unbeweglichkeit und überraschenden Hinwendungen auf neue<br />

Chancen aus, die es so erschweren, eine Prognose zu wagen.“<br />

Alexander Mitscherlich in „Thesen zur Stadt der Zukunft“ (1972)


3<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

Noch dauert es etwas bis zum Jahreswechsel.<br />

Dennoch lassen sich schon jetzt einige Dinge<br />

zum Jahr <strong>2022</strong> sagen. Für die sozialen Vermieter<br />

war (und ist) es eine schwierige Zeit.<br />

Noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte dürften<br />

die Aussichten für unser „Geschäftsmodell bezahlbares<br />

Wohnen“ so schwierig gewesen sein wie derzeit.<br />

Das liegt zuallererst an den äußeren Bedingungen, mit<br />

denen wir es zu tun haben. Auch wenn die Baupreise<br />

schon 2021 deutlich anzogen, verschärfte der militärische<br />

Überfall Russlands auf die Ukraine die wirtschaftliche<br />

Lage weltweit – insbesondere aber im vom russischen<br />

Gas abhängigen Deutschland.<br />

Die von Tag zu Tag teurer werdende Energie führte zu<br />

einem Anstieg der Inflation und in der Folge zu einer<br />

sprunghaften Erhöhung der Zinsen. Die Auswirkung<br />

hoher Zinsen für die Wohnungswirtschaft wird in der<br />

öffentlichen Debatte oft unterschätzt. Dabei sind sie ein<br />

fundamentales Element. Steigen die Zinsen, wird alles<br />

teurer: Investitionen in den Neubau genauso wie in den<br />

Bestand.<br />

Für die Auswirkungen dieser äußeren Einflüsse können<br />

unsere Politikerinnen und Politiker nichts. Sie dafür in<br />

Haftung zu nehmen, wäre unredlich. Letztlich haben wir<br />

alle in den vergangenen Monaten bei der Bewältigung<br />

der Krise Neuland betreten. Allerdings müssen wir erleben,<br />

dass vermehrt populistische Kräfte, die vermeintlich<br />

einfache Lösungen vorschlagen, von der Krise profitieren.<br />

Ganz oben steht die Forderung nach einem pauschalen<br />

Mietenstopp. Während öffentliche Unternehmen mit<br />

Verweis auf explodierende Preise wie selbstverständlich<br />

(und richtigerweise) ihre Gebühren erhöhen, wird das<br />

– zumindest in der öffentlichen Debatte – Wohnungsunternehmen<br />

verwehrt. So, als seien diese von den gestiegenen<br />

Kosten nicht betroffen.<br />

Auch die Anhänger der These, die Energiekrise lasse sich<br />

vor allem mithilfe schärferer Klimaschutzbestimmungen<br />

bewältigen, machen es sich zu einfach. Keine Frage: Die<br />

Reduzierung der Treibhausgase bleibt einer der wichtigsten<br />

Tagesordnungspunkte. Zugleich aber führt uns die<br />

Krise vor Augen, wie wichtig der Zweiklang aus Klimaschutz<br />

und sozialer Ausgewogenheit ist.<br />

Wenn bei <strong>VNW</strong>-Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern<br />

die Netto-Kalt-Miete teilweise bei knapp über fünf<br />

Euro pro Quadratmeter liegt, dann stellt sich die Frage,<br />

wie diese Unternehmen ihre Bestände klimaneutral<br />

machen sollen, ohne ihre Mieterinnen und Mieter zu<br />

überfordern. Und vergessen wir nicht: Kommunale Wohnungsunternehmen<br />

sind durch ihre „Gewinnauszahlung“<br />

oft ein unverzichtbarer „Finanzier“ öffentlicher Infrastruktur.<br />

Wer sie schwächt, schwächt die Kommunen.<br />

Sinnvoll wäre es, wenn Experten die „Hamburger Machbarkeitsstudie“<br />

studieren würden. Unter Leitung der<br />

ARGE Kiel haben Wissenschaftler Hamburgs Gebäudebestand<br />

umfassend analysiert und berechnet, was notwendig<br />

ist, bis 2045 klimaneutral zu werden. Das Ergebnis:<br />

Die Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen<br />

in den kommenden gut 27 Jahren auf Netto-Null wird<br />

teuer. Sie ist aber machbar, wenn man das Ganze nüchtern<br />

und pragmatisch angeht.<br />

Wir haben angesichts der Auswirkungen des Klimawandels<br />

keine Zeit mehr zu verlieren. Aber Klimaschutz muss<br />

– und das belegt die Machbarkeitsstudie mit Fakten –<br />

stets die Bezahlbarkeit des Wohnens im Blick behalten.<br />

Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor


4 <strong>VNW</strong>


5<br />

Auch die Wohnungswirtschaft muss sich im Kampf um beruflichen Nachwuchs strecken.<br />

Die Baugenossenschaft Mittelholstein bietet seit Oktober ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

die Möglichkeit, auf eine Vier-Tage-Woche zu wechseln.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Kiel. Klagen gehören zum Geschäft. Zumindest könnte man auf<br />

diesen Gedanken kommen, wenn man mit Personalentwicklern<br />

oder Personalverantwortlichen aus Unternehmen spricht. Lange<br />

Zeit war es für die Branche der Wohnungswirtschaft, in der man<br />

gutes Geld verdient und sozial abgesichert ist, vergleichsweise<br />

einfach, motiviertes und qualifiziertes Personal zu finden.<br />

Doch die Zeiten haben sich geändert – oder besser gesagt,<br />

die potenziellen künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der<br />

Personaldienstleister Randstad fand in einer jüngst veröffentlichten<br />

Studie heraus, dass mehr als die Hälfte der 18- bis 24jährigen<br />

Beschäftigten den Job kündigen würde, wenn dieser ihnen nicht<br />

zusagt. 40 Prozent der Befragten wären sogar lieber arbeitslos, als<br />

einen langweiligen Job zu machen.<br />

Klaus Leuchtmann, Vorstandschef des Europäischen Bildungszentrums<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) in Bochum,<br />

spricht von einem „dezenten Druck auf den Alarmknopf“<br />

und beruft sich auf die Ergebnisse des jüngsten HR-Monitors, einer<br />

Studie, die seit 2007 im Zwei-Jahres-Abstand durchgeführt<br />

wird. Demnach sehen 55 Prozent der Immobilienunternehmen im<br />

Fachkräftemangel inzwischen ein Investitionshemmnis.<br />

Kampf um Talente hat sich verschärft<br />

Die Folgen spüren auch Wohnungsunternehmen. „Die Zahl der<br />

Bewerbungen ist seit Jahren stark rückläufig“, sagt Sandra Balicki,<br />

Prokuristin der Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORDLAND<br />

und Vorsitzende des <strong>VNW</strong>-Fachausschusses „Personal“. „Aufwand<br />

und Dauer einer Stellenbesetzung, gerade für Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter mit technischem Hintergrund, nehmen zu.“<br />

Manja Buntrock, Personalleiterin bei der WIRO Wohnen in Rostock<br />

Wohnungsgesellschaft mbH, bestätigt, dass der Kampf um<br />

Talente in den vergangenen zwei, drei Jahren härter geworden ist.<br />

Als Bauingenieure ausgebildetes Personal würde man kaum mehr<br />

finden. „Wenn man spezialisierte Fachkräfte nicht mehr auf dem<br />

Markt findet, muss man sie entwickeln“, sagt Buntrock.<br />

Sandra Balicki ist überzeugt, dass Personalabteilungen professionalisiert<br />

und als strategische Partner der Unternehmensentwicklung<br />

verankert werden müssten. Dr. Ulrik Schlenz, Vorstand<br />

der Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein,<br />

fügt hinzu: Als Unternehmen müsse man heute „ein Umfeld<br />

schaffen, in dem Menschen Spaß haben, zu arbeiten“.<br />

Vier Tage müssen reichen<br />

Bei der Baugenossenschaft Mittelholstein habe man derzeit kaum<br />

Probleme mit dem Nachwuchs, sagt Vorstand Stefan Binder. Dennoch<br />

geht die Genossenschaft, die mit rund 4100 Wohnungen,<br />

7700 Mitgliedern und gut 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

zu den großen schleswig-holsteinischen Wohnungsbaugenossenschaften<br />

gehört, jetzt einen ungewöhnlichen Weg, um langfristig<br />

als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.<br />

„Wir führen im Rahmen unseres Arbeitszeitmodells 'bgm<br />

workflex 23' eine Vier-Tage-Woche ein,` sagt der bgm-Vorstand.<br />

„Das Modell bietet unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die<br />

Möglichkeit, die tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit auf vier<br />

Arbeitstage zu verteilen.“ Das gelte sowohl für Vollzeit- als auch<br />

für Teilzeitarbeitskräfte. Das Ganze sei freiwillig. „Alternativ kann<br />

die Fünf-Tage-Woche beibehalten werden.“<br />

f<br />

„Die Wünsche der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter spielten bei der<br />

Einführung der Vier-Tage-Woche eine<br />

gewichtige Rolle.“<br />

STEFAN BINDER<br />

Vorstand Baugenossenschaft<br />

Mittelholstein eG


6 <strong>VNW</strong><br />

„Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch darin, unseren<br />

Kunden, Geschäftspartnern und Mitgliedern auch am Freitag<br />

kompetente Hilfestellung zu bieten.“<br />

Eine Reduzierung der Gesamtarbeitszeit ist mit der Neuerung nicht<br />

verbunden. Eine Vollzeitkraft, die in den Vier-Tage-Modus wechseln<br />

würde, müsste dann pro Tag 9,25 Stunden arbeiten. „Zusammen<br />

mit Pausen kommt man auf zehn Stunden Anwesenheit im<br />

Unternehmen“, sagt Stefan Binder. Wem ein Zehn-Stunden-Tag<br />

zu lang sei, könne seine bisherige Wochenarbeitszeit reduzieren –<br />

sofern dem betriebliche Belange nicht entgegenstünden.<br />

Das Gehalt bleibt gleich<br />

Weil sich der Umfang der Arbeitszeit nicht verändere, ändere sich<br />

auch nichts am monatlichen Gehalt, fügt Stefan Binder hinzu. Um<br />

die betrieblichen Abläufe nicht zu stören, gelte: „Bei einer Vier-<br />

Tage-Woche ist generell der Freitag frei.“ Für die vier Arbeitstage<br />

gelte aber das, was auch für die Fünf-Tage-Woche gelte: „flexibler<br />

Arbeitsbeginn, flexible Pausenzeiten und eine gleichmäßige Verteilung<br />

der Wochenarbeitszeit auf die Wochentage.“<br />

bgm-Vorstand Stefan Binder ist sich der organisatorischen<br />

Herausforderungen bewusst. „Es muss möglich sein, dass beispielsweise<br />

die üblichen Besprechungen zum Start der Woche wie<br />

gewohnt gemeinsam im Team am Montag stattfinden.“ Hinzu<br />

komme, dass der Wechsel von der Fünf- auf die Vier-Tage-Woche<br />

immer nur zu Jahresbeginn möglich sei.<br />

Die eigentliche Herausforderung liege jedoch darin, „unseren<br />

Kunden, Geschäftspartnern und Mitgliedern auch am Freitag<br />

kompetente Hilfestellung zu bieten“, sagt Stefan Binder. „Hier ist<br />

künftig mehr Teamarbeit gefordert. Dem Kunden darf nicht vermittelt<br />

werden, dass der Kollege am Freitag ‚nie‘ da ist.“ Deshalb<br />

stehe auch nicht zur Debatte, dass die Genossenschaft am Freitag<br />

nicht mehr erreicht werden könne.<br />

Reduzierung von Arbeitstagen – und auf Wunsch auch der Arbeitsstunden<br />

– ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im<br />

Unternehmen halten.<br />

Mehr als die Hälfte der Belegschaft nutzte die<br />

Probephase<br />

Die ersten Erfahrungen, die das Unternehmen während einer Probephase<br />

im Juli, August und September sammelte, stimmen den<br />

bgm-Vorstand positiv. „Mehr als die Hälfte der Belegschaft hat die<br />

Vier-Tage-Woche ausprobiert. Auch wir sammelten Erfahrungen.“<br />

So wurde ein angedachtes Schichtmodell (Montag bis Donnerstag<br />

und Dienstag bis Freitag) verworfen, weil sich der unterschiedliche<br />

Wochenstart der „Schichten“ ungünstig auf die Teamarbeit<br />

auswirkte.<br />

Seit dem 1. Oktober dieses Jahres läuft die Einstiegsphase in<br />

das Arbeitszeitmodell „bgm workflex 23“ mit der Einführung beider<br />

Arbeitszeitvarianten und vollständiger Flexibilität. „In der Einstiegsphase<br />

entscheiden sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

für ihre Wunschvariante und äußern ihre Wünsche über eine<br />

Reduzierung der Arbeitszeit“, sagt Stefan Binder. Zudem spreche<br />

man über die veränderte Organisation der Arbeitsabläufe. Eine<br />

Betriebsvereinbarung ist inzwischen ausgearbeitet und unterzeichnet.<br />

Und was passiert, wenn sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

am Ende für die Vier-Tage-Woche entscheiden? „Kein<br />

Problem“, sagt Stefan Binder. „Dann werden wir den Freitag mit<br />

einem ‚rotierenden Kompetenzteam‘, bestehend aus vier bis fünf<br />

Personen aus unterschiedlichen Bereichen der Genossenschaft,<br />

besetzen. „Na ja: Und der Notdienst funktioniert ja auch künftig<br />

rund um die Uhr.“ h<br />

Wunsch nach mehr flexibler Arbeitszeit<br />

Die Wünsche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielten bei<br />

der Einführung der Vier-Tage-Woche eine gewichtige Rolle. „Wir<br />

hatten bisher feste Arbeitszeiten mit unterschiedlicher Verteilung<br />

auf die einzelnen Arbeitstage“, sagt Stefan Binder. „Seit längerer<br />

Zeit besteht jedoch der Wunsch seitens der Belegschaft, die Arbeitszeit<br />

flexibler zu gestalten.“<br />

„Unsere Idee der Vier-Tage-Woche hat manche überrascht“,<br />

sagt der bgm-Vorstand. „Wir glauben aber, dass die Auswahl<br />

zwischen einer Vier- und einer Fünf-Tage-Woche mehr Flexibilität<br />

bietet. „Beide Varianten haben ihre Vorteile für unterschiedliche<br />

Lebensphasen und sich über die Jahre verändernde familiäre Verhältnisse.“<br />

Stefan Binder führt den Wettbewerb um Fachkräfte als einen<br />

Grund für das neue Arbeitszeitmodell an. „Wir erhoffen uns<br />

einen deutlichen Vorsprung.“ Außerdem wolle man durch die<br />

Oliver Schirg hat mehr als<br />

20 Jahre in Hamburg, Berlin<br />

und Leipzig bei unterschiedlichen<br />

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und verantwortet jetzt die<br />

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7


8 <strong>VNW</strong><br />

„Deeskalation ist die Reise<br />

vom Heizkessel der Amygdala<br />

zum Frontallappen.“<br />

Aus der „Ohnmacht“<br />

zu überlegtem Handeln<br />

Corona, Ukraine-Krieg, massiv steigende Energiepreise: Viele Menschen sind tief verunsichert und<br />

lassen diese Verunsicherung an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Wohnungsunternehmen<br />

aus. Die Profilerin Kati Johannsen bringt Menschen bei, wie man in einer kritischen Situation am<br />

besten reagiert.<br />

VON OLIVER SCHIRG


9<br />

„Als Menschen verfügen wir über sechs Kommunikationswege:<br />

vier davon – die Sprache, die Makromimik des<br />

Gesichts, unsere Körpersprache und unsere Stimmlage –<br />

können wir beeinflussen.“<br />

Hamburg. Die Nerven liegen immer häufiger blank. Wohnraumverdichtung,<br />

zunehmende Heterogenität der Mieterschaft, Corona-Pandemie<br />

und jetzt die unsicheren Aussichten, angesichts der<br />

massiv gestiegenen Energiepreise gut über den Winter zu kommen.<br />

Die sozialen Vermieter spüren oftmals als Erste, wenn sich<br />

eine negative Stimmung in der Gesellschaft aufbaut.<br />

Das muss nicht immer in Gewalt enden. Aber die zunehmende<br />

Zahl an Beschwerden, die bei den Wohnungsunternehmen<br />

eingehen, und ein höheres Maß an Empfindlichkeit bei Telefongesprächen<br />

belegen, dass etwas ins Rutschen gekommen ist.<br />

Aktuelle Studien über mehr Gewalt zwischen Mieterinnen<br />

und Mietern oder gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

von Wohnungsunternehmen gibt es zwar nicht. Aber der GdW<br />

hatte vor zwei Jahren unter Mitgliedsunternehmen nachgefragt<br />

und dabei festgestellt: Vor allem in belasteten Quartieren drohen<br />

sich die sozialen Probleme zu verschärfen. Mehr Gewalt, mehr Ruhestörungen<br />

und eine vermehrte Missachtung der Hausordnung<br />

sind die Folge.<br />

Energiekrise führt zu mehr Konflikten<br />

Gewalt, und sei es „nur“ verbale Gewalt, trifft inzwischen vermehrt<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wohnungsunternehmen<br />

– darum soll es vordergründig in diesem Text gehen. Oftmals<br />

ist der Anlass für die Verunsicherung einer Mieterin oder eines<br />

Mieters ein Schreiben des Energieversorgers mit der Nachricht,<br />

dass sich ihr Energiepreis vervielfacht.<br />

Die unlängst beschlossene Gaspreisbremse ist zwar ein richtiger<br />

Schritt, den Menschen Sorgen zu nehmen. Aber von heute<br />

auf morgen lässt sich Verunsicherung, die oft über Jahre gewachsen<br />

ist, nicht abbauen. So entwickeln manche Anrufe von Mietern<br />

oder Gespräche von Angesicht zu Angesicht in den Geschäftsstellen<br />

nicht selten eine Eigendynamik, die sich – nicht immer,<br />

aber immer öfter – in verbalen Drohungen und Beschimpfungen<br />

äußert.<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens<br />

stehen dann unter einem enormen Druck. Es geht ja<br />

darum, nicht nur die Sachlage zu klären und das Gegenüber zu<br />

beruhigen oder gar zu trösten. Genauso wichtig ist es, mit den<br />

eigenen Emotionen klarzukommen – und besonnen zu reagieren.<br />

Doch das klingt einfacher, als es ist.<br />

Die Psychologie der Gewalt verstehen<br />

Als Dozentin bildet Kati Johannsen seit vielen Jahren in den Themen<br />

Emotionserkennung, Verhaltensanalyse, Manipulation und<br />

Selbstschutz aus. In ihren Seminaren und Coachings lehrt sie Methoden,<br />

sich selbst zu schützen, zu deeskalieren, gewaltfrei zu<br />

kommunizieren und zu überzeugen. Zu ihren Kunden gehören<br />

Wohnungsunternehmen, Berufsfeuerwehren, Rettungsdienste,<br />

Frauenhäuser und Kliniken.<br />

Kati Johannsen ist ausgebildete Profilerin und besitzt als<br />

Kampfsportlerin mehrere „schwarze Gürtel“, die ihre Qualifikation<br />

belegen. Aber es wäre eine unzulässige Verkürzung, ihre Arbeit<br />

auf das richtige Verhalten bei „körperlichen Auseinandersetzungen“<br />

zu reduzieren. Das Erkennen von Emotionen und Traumata,<br />

Teambuilding, Face-Reading, Kommunikation und Deeskalation<br />

gehören ebenso zu ihrem Coaching-Angebot wie Selbstverteidigung<br />

und Notwehr.<br />

Dechiffrieren von Signalen<br />

Eine grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen Umgang<br />

mit Gewalt bestehe darin, die Psychologie von Gewalt zu<br />

verstehen, sagt die Expertin. „Auseinandersetzungen zwischen<br />

Menschen, auch Telefonate mit Mieterinnen und Mietern, können<br />

gewaltträchtige Gespräche sein. Da, wo Empathie und Verständnis<br />

nicht an erster Stelle stehen, regiert gewalttätige Sprache.“ Im<br />

schlimmsten Fall finde ein tätlicher Angriff statt.<br />

„Es geht um das Dechiffrieren der Signale, die mein Gegenüber<br />

aussendet“, sagt Kati Johannsen. „Hat man diese wahrgenommen<br />

und im besten Falle richtig gedeutet, hat man seine<br />

eigenen Emotionen im Griff und kann dadurch besser argumentieren<br />

und überzeugen.“<br />

Grundlage dieses Vorgehen ist die Erkenntnis, eigene Befindlichkeiten<br />

nicht auf das Gegenüber zu projizieren. Entscheidend<br />

sei, dass man sich in der Auseinandersetzung immer wieder bemühe,<br />

so schwer es auch fallen möge, ein Mindestmaß an Distanz<br />

zu wahren, sagt die Expertin. Zugleich dürfe die Distanz nicht zu<br />

groß werden. „Nur wer eine ‚Verbindung‘ aufbauen kann, kann<br />

den anderen erreichen.“<br />

Kati Johannsen räumt ein, dass Selbstbeherrschung auch eine<br />

Frage des Alters sei. „Gestandene, geschulte und mental gesunde<br />

Personen, die sich ihrer selbst bewusst sind und sich selbst erkannt<br />

haben, wissen, dass eine Beleidigung oder ein verbaler Angriff<br />

nichts mit einem selbst zu tun hat – aber eben sehr viel über das<br />

Gegenüber verrät.“<br />

f


10<br />

„Es geht um das Dechiffrieren<br />

der Signale, die mein<br />

Gegenüber aussendet.“<br />

Kommunikation verstehen<br />

Das Verstehen, wie Kommunikation funktioniert, sei ein Schlüssel,<br />

Gewalt schon im Ansatz zu erkennen – und zu beenden, sagt Kati<br />

Johannsen. Wobei sie Kommunikation weiter fasst als ein normales<br />

Gespräch. „Als Menschen verfügen wir über sechs Kommunikationswege:<br />

vier davon – die Sprache, die Makromimik des<br />

Gesichts, unsere Körpersprache und unsere Stimmlage – können<br />

wir beeinflussen.“ Die wichtige Mikromimik und das vegetative<br />

Nervensystem, das uns zum Beispiel bei Angst schwitzen lässt,<br />

entzögen sich dagegen unserer Beeinflussung.<br />

„Die Motivation und die Bedürfnisse einer Person zu erkennen,<br />

ist der erste Schritt zum Selbstschutz“, sagt die Expertin. Es<br />

gehe darum, beim Gegenüber Emotionen zu beobachten, ihre<br />

oder seine Persönlichkeit einzuschätzen und – in der Folge – zu<br />

erkennen, ob die Person zu Gewalt oder Manipulation neige.<br />

„Dieses Wissen ist für eine erfolgreiche Vorbeugung von Gewalt<br />

genauso notwendig wie deeskalierende Worte und eine deeskalierende<br />

Körpersprache.“<br />

Die Kernfrage, die sich in einer kritischen Situation stelle, sei<br />

die Frage nach dem „Bedürfnis des gewalttätigen Menschen“,<br />

sagt Kati Johannsen. „Viele Menschen sind verunsichert und haben<br />

Angst, manchmal sind sie gar in Panik.“ Es gelte herauszufinden,<br />

was sie/er wolle – oder vermeiden wolle. Doch so einfach<br />

die Frage ist, so schwierig ist die Antwort. „Häufig befinden sich<br />

Menschen in einer kritischen Situation in einem emotionalen Ausnahmezustand.“<br />

Dieser biete „viel Raum für Missverständnisse“.<br />

Menschen nehmen Gewalt individuell wahr<br />

Kati Johannsen verweist auf eine Binsenweisheit, die zu kennen<br />

aber gerade bei der Kommunikation unter Menschen wichtig ist:<br />

„Jeder Mensch tickt anders. Das gilt auch für das Maß, ab wann<br />

man (verbale) Gewalt als solche empfindet.“ Sie als Trainerin mit<br />

viel theoretischem Wissen und der Fähigkeit zur Selbstverteidigung<br />

im Hintergrund habe möglicherweise eine höhere Resilienz<br />

gegen „Angriffe“ als „beispielsweise eine Mitarbeiterin einer Pflegeeinrichtung,<br />

die vor allem Empathie und Sensibilität benötigt,<br />

um ihren Job gut zu machen“.<br />

Passiv-aggressiver Tonfall, abweisende Körpersprache oder<br />

verachtende Blicke würden von den Menschen aufgrund persönlicher<br />

Erfahrungen in ihrer Bedrohlichkeit unterschiedlich empfunden.<br />

„Was für den einen gerade noch erträglich ist, kann bei<br />

jemand anderem zu einer gewalttätigen Handlung führen“, sagt<br />

Kati Johannsen.<br />

Es sei daher wichtig, das eigene Gewalterleben zu reflektieren<br />

und zu definieren, was Gewalt für einen selbst bedeute. „Wir<br />

unterscheiden ja unterschiedliche Arten von Gewalt: körperliche<br />

Gewalt wie Schlagen, Beißen, Treten oder Würgen, verbale Gewalt<br />

wie Drohungen und Beleidigungen sowie visuelle Gewalt, die<br />

sich im Ignorieren, in ‚tötenden‘ Blicken oder einer abweisenden<br />

Körpersprache äußert.“<br />

Gewalt entstehe oftmals durch ein Überschreiten der eigenen<br />

Distanzzonen. Üblicherweise umfasse die Intimzone eines Menschen<br />

einen Radius von 60 Zentimetern. Allerdings sei das „Über-


11<br />

„Da, wo Empathie<br />

und Verständnis nicht<br />

an erster Stelle stehen,<br />

regiert gewalttätige<br />

Sprache.“<br />

schreiten“ nicht nur im Sinne von körperlichem Abstand gemeint.<br />

„Auch bei Gesprächen, die emotional aufgeladen sind, dringen<br />

wir manchmal in die Intimzone unseres Gegenübers ein. Zumindest<br />

empfindet der andere ein Wort, einen scharfen Tonfall oder<br />

eine abwertende Geste dann als Eindringen.“<br />

Deeskalation beginnt im Kopf<br />

So, wie jeder Mensch unterschiedlich „tickt“, so unterschiedlich<br />

müsse man auch mit ihr oder ihm umgehen, sagt Kati Johannsen.<br />

„Der eine Mensch braucht verbale Fürsorge, der andere ein ganzes<br />

Repertoire von Überzeugungshebeln, und ein Dritter braucht<br />

kurze Ansagen.“ Das bringe sie in ihren Seminaren – meist an<br />

Beispielen aus dem Alltag und Situationsübungen – ihren Kursteilnehmerinnen<br />

und Kursteilnehmer bei.<br />

„Deeskalation ist die Reise vom Heizkessel der Amygdala zum<br />

Frontallappen“, sagt die Expertin. Insofern lernen die Kursteilnehmerinnen<br />

und Kursteilnehmern beispielsweise rhetorische Tricks<br />

zum Überzeugen, genauso wie körperliche Bewegungen, um den<br />

Angriff eines aggressiven Menschen abzuwehren. Kati Johannsen<br />

bezeichnet das als körperliches Situationstraining.<br />

„Allerdings lehre ich nicht nur Befreiungsgriffe für typische<br />

Würge-, Festhalte- und Klammergriffe.“ Vielmehr setzt die Expertin<br />

schon weit vor der eigentlich kritischen Situation an. „Men-<br />

schen können mit einer unsicheren Körpersprache, hängenden<br />

Schultern, Blick nach unten oder einer unsicheren Stimme nicht<br />

überzeugen, sprich auch nicht deeskalieren.<br />

Sie spreche in ihren Trainings daher auch über die richtige<br />

Körpersprache. „Man kann Empathie signalisieren und zugleich<br />

verdeutlichen, dass man kein Opfer ist. Gewalttätige Menschen<br />

haben oft ein feines Gespür dafür, ob das Gegenüber schwach<br />

und damit ein potenzielles Opfer – oder eben stark ist, mit dem<br />

man sich besser nicht anlegt – körperlich wie auch rhetorisch.“<br />

Ein Werkzeug an die Hand geben<br />

Viele Unternehmen nutzen inzwischen ihr Fortbildungsangebot,<br />

so beispielsweise die Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORD-<br />

LAND. Der <strong>VNW</strong> hat ein Seminar mit Kati Johannsen in seinem<br />

Weiterbildungsangebot. Sie gebe potenziell „bedrohten“ Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern Werkzeuge an die Hand, sagt die<br />

Profilerin. „Sie erhalten mächtige Tools, die ihnen helfen, von der<br />

‚Ohnmacht‘ in einer gefährlichen Situation zu überlegtem und<br />

effizientem Handeln zu kommen. Gewaltprävention schützt die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gewalt kostet Personal, Zeit,<br />

Geld und Gesundheit.“ h


12<br />

<strong>VNW</strong>


100 Jahre<br />

Mietpreisbindung<br />

13<br />

Der Hamburger Senat und zwei Bürgerinitiativen einigen sich nach zwei Jahren Verhandlung.<br />

Die Wohnungswirtschaft spricht von einer „dramatischen Fehlentscheidung“ der Politik.<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Hamburg. In Hamburg soll künftig ein Teil der neu gebauten Sozialwohnungen<br />

mit einer 100-jährigen Mietpreisbindung ausgestattet<br />

werden. Zudem wird der Verkauf von städtischen Wohnungen<br />

und Wohngrundstücken grundsätzlich ausgeschlossen. Das sind<br />

Kernpunkte der Vereinbarung, auf die sich der rot-grüne Senat<br />

nach fast zweijährigen Verhandlungen mit zwei Volksinitiativen<br />

verständigt hat. Die Einigung soll in der Bürgerschaft beschlossen<br />

werden. Die Volksinitiativen sagten im Gegenzug zu, das Volksabstimmungsverfahren<br />

zu beenden.<br />

Die Hamburger Wohnungswirtschaft bezeichnet den Kompromiss<br />

als eine „dramatische Fehlentscheidung“. Sie werde die<br />

Probleme auf Hamburgs engem Wohnungsmarkt verschärfen.<br />

„Wir befürchten eine extreme Verknappung öffentlich geförderter<br />

und damit für viele Menschen bezahlbarer Wohnungen“, sagt<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Bereits heute sei die Errichtung<br />

nur durch eine Quersubventionierung im Rahmen des Drittelmix<br />

möglich. „Erhöht sich der Anteil der geförderten Wohnungen,<br />

verteuert sich der frei finanzierte Wohnungsbau – und die Zahl<br />

der Menschen, die sich derart hohe Preise leisten können, wird<br />

deutlich kleiner.“<br />

Matthias Saß, Vorsitzender des Vereins Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften<br />

und Vorstand der Allgemeinen Deutschen<br />

Schiffszimmerer-Genossenschaft eG, sagt: „Ich gehe davon aus,<br />

dass unter den neuen Rahmenbedingungen in den kommenden<br />

Jahren keine Genossenschaft auf städtischem Boden neue Wohnungen<br />

errichten wird.“ Hauptgrund sei die Vereinbarung, nach<br />

der städtische Grundstücke künftig nur noch auf dem Weg des<br />

Erbbaurechts vergeben werden dürften. „Das macht es für uns<br />

Genossenschaften quasi unmöglich, zu bauen.“<br />

Zähe Verhandlungen änderten am Ende nicht viel<br />

Die beiden Initiativen waren vor rund zwei Jahren unter dem<br />

Motto „Keine Profite mit Boden & Miete“ mit insgesamt 28.400<br />

Unterschriften im Rücken gestartet. Sie wollten erreichen, dass in<br />

Hamburg der Verkauf städtischer Flächen unterbunden und der<br />

Bau preisgünstiger Wohnungen beschleunigt wird. Grundstücke<br />

der Stadt sollten grundsätzlich nur noch im Rahmen des Erbbaurechts<br />

vergeben werden. Dabei wurden sie von Mietervereinen<br />

unterstützt.<br />

Experten des <strong>VNW</strong> waren auf Bitten der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde<br />

an den Verhandlungen mit Vertretern der<br />

Initiativen beteiligt. Dabei machten sie deutlich, dass auch am Gemeinwohl<br />

orientierte Wohnungsunternehmen aus betriebswirtschaftlichen<br />

Gründen eine Mindestrendite erwirtschaften müssten.<br />

Zugleich belegten sie anhand „alltagstauglicher“ Berechnungen,<br />

welche Auswirkungen hohe Zinsen und gestiegene Baupreise auf<br />

Wohnungsmieten haben – und dass im <strong>VNW</strong> organisierte Unternehmen<br />

rasch an die Grenze der Machbarkeit geraten.<br />

„Unsere Hinweise wurden von den Vertreterinnen und Vertretern<br />

der Initiativen zwar zur Kenntnis genommen, führten bei<br />

ihnen aber nicht zu einer Änderung ihrer Auffassung“, sagt <strong>VNW</strong>-<br />

Direktor Andreas Breitner. Stattdessen hieß es, man glaube den<br />

Darlegungen der Wohnungswirtschaft nicht. „Wer aber nur sich<br />

selbst glaubt, dem ist auch mit Fakten nicht beizukommen“, so<br />

der <strong>VNW</strong>-Direktor.<br />

„Wir befürchten eine extreme<br />

Verknappung öffentlich geförderter<br />

und damit für viele Menschen<br />

bezahlbarer Wohnungen.“<br />

ANDREAS BREITNER<br />

<strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor<br />

f


14 <strong>VNW</strong><br />

„Ich gehe davon aus, dass unter den<br />

neuen Rahmenbedingungen in den<br />

kommenden Jahren keine Genossenschaft<br />

auf städtischem Boden neue<br />

Wohnungen errichten wird.“<br />

MATTHIAS SASS<br />

Vorstand Schiffszimmerer-<br />

Genossenschaft<br />

Am Ende fürchtete man bei den Hamburger Regierungsparteien<br />

offenbar, dass ein möglicher Volksentscheid verloren gehen und<br />

der von den Initiativen zur Abstimmung gestellte „Gesetzentwurf“<br />

Realität werden würde. Hamburgs Volksgesetzgebung sieht<br />

vor, dass die Bürgerschaft bis zu einem Volksentscheid über Verhandlungen<br />

mit einer Volksinitiative Änderungen erreichen kann.<br />

Ein erfolgreicher Entscheid führt dann aber dazu, dass dessen Inhalt<br />

Gesetzeskraft erhält.<br />

1 000 Wohnungen mit 100-jähriger Mietpreisbindung<br />

Die Vereinbarung zwischen Initiativen und Hamburgs Regierungsparteien<br />

sieht im Wesentlichen Folgendes vor:<br />

1. Jährlich werden mindestens 1 000 Wohnungen im ersten<br />

Förderweg mit 100-jähriger Mieterpreisbindung errichtet.<br />

2. Die Vergabe der Grundstücke erfolgt im Wege des Erbbaurechts<br />

mit 100-jähriger Laufzeit.<br />

3. Diese Wohnungen werden 50 Jahre gefördert. Nach Ablauf<br />

dieser Förderzeit gelten Mietpreisbindungen mit im Erbbaurechtsvertrag<br />

festgelegten Steigerungen.<br />

4. Zudem sollen auf 33 Prozent der für den Wohnungsbau<br />

vorgesehenen städtischen Flächen 20 Prozent der im<br />

1. Förderweg errichteten Wohnungen für vordringlich<br />

Wohnungssuchende reserviert werden.<br />

5. Der Verkauf städtischer Wohnungen und städtischer<br />

Wohngrundstücke wird ausgeschlossen. Lediglich in Ausnahmefällen<br />

soll die Bürgerschaft einen abweichenden<br />

Beschluss fassen können. Das wird in der Hamburgischen<br />

Verfassung verankert.<br />

6. Die Attraktivität des Erbbaurechts soll beispielsweise durch<br />

einen gesenkten Steuersatz für Erbbaurechte bei der<br />

Grunderwerbssteuer, den Erbbauzins, Laufzeiten und<br />

Beleihbarkeit gesteigert werden.<br />

Da bei allen weiteren Wohnungsbauprojekten auf öffentlichem<br />

Grund gilt, dass 35 Prozent öffentlich gefördert sein müssten, erhöht<br />

sich in Summe die Quote öffentlich geförderter Wohnungen<br />

auf 56 Prozent.<br />

Deren Anteil könne sogar noch steigen, wenn die Stadt nicht<br />

jährlich Flächen für mindestens 3 000 Wohneinheiten zur Verfügung<br />

stellt, erklärt die Wohnungswirtschaft. Der Kompromiss garantiere<br />

der Initiative nämlich auf jeden Fall 1 000 Wohnungen im<br />

1. Förderweg und mit 100-jähriger Mietpreisbindung.<br />

„Somit besteht die Gefahr, dass sich dort die Fehler der 60er<br />

und 70er Jahre wiederholen und es zu sozial überforderten Quartieren<br />

kommt.“<br />

Enttäuschung vor allem bei den<br />

Wohnungsbaugenossenschaften<br />

Heftige Kritik und große Enttäuschung löste die Vereinbarung mit<br />

den Initiativen bei Hamburgs Wohnungsbaugenossenschaften<br />

aus. Mit Blick darauf, dass jährlich 1 000 Wohnungen mit einer<br />

100-jährigen Mietpreisbindung auf einem Niveau unterhalb des<br />

Mittelwerts des Mietenspiegels gebaut werden sollen, sagt Matthias<br />

Saß: „Kein Genossenschaftsvorstand kann so eine Verpflichtung<br />

eingehen. Man würde Gefahr laufen, gegen die Grundsätze einer<br />

ordentlichen Geschäftsführung zu verstoßen.“<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner sieht die über viele Jahrzehnte<br />

geleistete Arbeit der Genossenschaften als „Vermieter mit Werten“<br />

entwertet. „Seit mehr als 100 Jahren kann sich die Stadt<br />

Hamburg darauf verlassen, dass Genossenschaften bezahlbaren<br />

Wohnraum bauen, vermieten und modernisieren. Sie haben über<br />

alle Krisen hinweg bewiesen, dass auch in einer europäischen Metropole<br />

wie Hamburg beides geht: sicher und bezahlbar wohnen.“<br />

f


15<br />

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16 <strong>VNW</strong><br />

Saß und Breitner zeigen sich skeptisch, dass sich Banken finden<br />

lassen, die eine Finanzierung auf 100 Jahre und unter diesen Rahmenbedingungen<br />

ermöglichen. Notwendig sei auf jeden Fall eine<br />

deutliche Erhöhung der öffentlichen Wohnungsbauförderung.<br />

„Leider steht in der Vereinbarung nichts zu lesen, woher das viele<br />

Geld in den kommenden Jahrzehnten kommen soll.“<br />

Wenig nachhaltig: Verlagerung der Kosten in die<br />

Zukunft<br />

Ähnlich sieht das der Wohnungsbau-Experte Matthias Günther,<br />

Vorstand des Hannoveraner Pestel Instituts für Systemforschung.<br />

„Wenn Sie eine Sozialbindung auf 100 Jahre fixieren, dann müssen<br />

Sie auf diesen Zeitraum auch Nachförderungen einplanen,<br />

denn Sanierungskosten sind ja aus der Miete nicht zu bezahlen“,<br />

sagt der Wissenschaftler in einem Interview mit der „Hamburger<br />

Morgenpost“.<br />

Generell müsse sich auch der soziale Wohnungsbau lohnen,<br />

fügt Günther hinzu. „Und hier liegt in vielen Bundesländern das<br />

Problem: Schleswig-Holstein etwa hat die Förderung erhöht und<br />

es werden Sozialwohnungen gebaut. In Berlin hingegen wurde<br />

in diesem Jahr noch keine Förderung für eine Sozialwohnung abgerufen,<br />

weil die so niedrig ist, dass die Wirtschaftlichkeit nicht<br />

erreicht wird.“<br />

Zu guter Letzt verweist Günther auf mögliche rechtliche Probleme:<br />

„2019 hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass die dauerhafte<br />

Bindung von Sozialwohnungen nicht wirksam ist.“ h<br />

„Somit besteht die Gefahr, dass<br />

sich dort die Fehler der 60er und<br />

70er Jahre wiederholen und es zu<br />

sozial überforderten Quartieren<br />

kommt.“<br />

Oliver Schirg hat mehr als<br />

20 Jahre in Hamburg, Berlin<br />

und Leipzig bei unterschiedlichen<br />

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18 <strong>VNW</strong><br />

Mietrecht<br />

im Zeichen der<br />

Energiekrise<br />

Lübeck. Der 9. Norddeutscher Mietrechtstag, der am 18. Noveber<br />

<strong>2022</strong> in Lübeck stattfand, stand ganz im Zeichen der aktuellen<br />

Energiekrise. Dramatisch gestiegene Preise für Strom und Heizung<br />

führen dazu, dass viele Mieterinnen und Mieter Sorge haben, ihre<br />

Wohnkosten nicht mehr tragen zu können. In der Folge steigt<br />

nicht selten die Zahl der Konflikte zwischen Mieter und Vermieter.<br />

Erfahrene Expertinnen und Experten, unter ihnen die Richterin am<br />

Bundesgerichtshof, Dr. Susanne Matussek, berichteten auf der eintägigen<br />

<strong>VNW</strong>-Fachveranstaltung unter anderem über die aktuelle<br />

Rechtsprechung im Wohnraummietrecht, über Neuerungen beim<br />

Betriebskostenrecht und über mietvertraglich relevante Änderung<br />

im Energierecht. Wer Interesse an den Manuskripten der Vorträge<br />

hat, meldet sich bitte bei Kerstin Haase, Referat Veranstaltung des<br />

<strong>VNW</strong>, unter haase@vnw.de.


19


20 <strong>VNW</strong><br />

Groß<br />

siedlu


21<br />

Experten berichten auf einer Fachveranstaltung über die Herausforderungen,<br />

wie derartige Quartiere erneuert werden können.<br />

Lübeck. Ralf Protz, Kompetenzzentrum Großsiedlungen, Berlin,<br />

und Dr. Peter Hitpaß, <strong>VNW</strong>-Landesgeschäftsastelle Schwerin, eröffneten<br />

am 17. Oktober <strong>2022</strong> in Lübeck die Veranstaltung, die in<br />

dieser Form erstmalig stattfand. Knapp 50 Teilnehmer informierten<br />

sich über städtebauliche, architektonische, soziale und infrastrukturelle<br />

Aspekte dieser Wohnform. Für Dr. Dr. Bernd Hunger,<br />

Vorstand des Kompetenzzentrums, sind die heutigen Probleme<br />

der Siedlungen auf veränderte gesellschaftliche Verhältnisse zurückzuführen.<br />

Für Hilmar von Lojewski, Deutscher Städtetag, Berlin/Köln, wird<br />

Wohnen in der „Platte“ gerade in Ballungszentren wieder attraktiver.<br />

Marco Hahn und Sven Solterbeck, beide SAGA Hamburg,<br />

stellten den Osdorfer Born vor. Hier beträgt die Leerstandsquote<br />

0,1 Prozent. Torsten Kärlin, Trave, erläuterte die Pläne des Unternehmens<br />

zur Umgestaltung der Neuen Mitte in Lübeck-Moisling.<br />

Klaus Peter Adomeit, Geschäftsführer der WVG Greifswald, berichtete<br />

über positive Erfahrungen beim Neubau kompakter<br />

Wohnanlagen.<br />

Antje Neelmeijer, Vorständin der Eisenbahner-Wohungsbau-Genossenschaft<br />

Dresden, hat bei der Umgestaltung von Gorbitz auf<br />

die Aufteilung der Siedlung auf kleinere, überschaubarere Einheiten<br />

gesetzt. Jeder Standort soll eine Besonderheit haben. Guido<br />

Schwarzendahl, Vorstand des Bauvereins Halle & Leuna, gab einen<br />

geschichtlichen Abriss über das DDR-Vorzeigeprojekt Halle-Neustadt.<br />

Michael Jakobs, WIS Wohnungsbaugesellschaft Lübbenau<br />

im Spreewald, will Missstände in den Anlagen zu Leistungsträgern<br />

machen.<br />

Abschließend berichtete Lisa Winter, Geschäftsführerin von Aktiv-<br />

Bo aus Hamburg, über schwedische Erfahrungen bei der Erneuerung<br />

von Großsiedlungen. Eines der Hauptprobleme dabei ist die<br />

massive Kriminalität in den Vororten.<br />

Das Kompetenzzentrum Großsiedlungen, Berlin Hellersorf, vertritt<br />

die Interessen von 200 Mitgliedern, darunter Wohnungsgenossenschaften,<br />

kommunale und private Wohnungsunternehmen, Architektur-,<br />

Planungs- und Ingenieurbüros, wissenschaftliche Institute<br />

und Verbände der Wohnungswirtschaft und Bauindustrie sowie<br />

Vertreter aus Bürgervereinen, Kommunalpolitik und -verwaltung.<br />

Es wurde 2001 gegründet. h<br />

ngen<br />

im Fokus


22 <strong>VNW</strong><br />

40 Milliarden Euro<br />

Erstmals liegt für eine deutsche Großstadt eine wissenschaftlich fundierte Studie vor, die vor allem<br />

einer Frage nachging: Was kostet die Energiewende die Wohnungswirtschaft und ihre Mieter<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Hamburg. Es war eine schwere Geburt. Mit mehrmonatiger Verspätung<br />

hat Hamburgs Stadtentwicklungsbehörde Mitte Oktober<br />

eine Machbarkeitsstudie vorgestellt, aus der hervorgeht, wie Hamburgs<br />

Wohngebäude bis 2045 klimaneutral werden können. Die<br />

Studie, die aus sechs Teilstudien besteht, ist etwas Besonderes:<br />

Hamburg ist die erste deutsche Großstadt, die jetzt einen derartigen<br />

„Fahrplan zur Klimaneutralität“ im Bereich der Wohngebäude<br />

erstellt hat.<br />

Im Kern erbrachte die Machbarkeitsstudie folgende<br />

wesentliche Erkenntnisse:<br />

Es gibt 262.000 Wohngebäude in Hamburg. Diese müssen<br />

1 alle bis 2045 mehr oder weniger umfangreich saniert werden.<br />

Der gesamte Investitionsbedarf bis dahin liegt bei einem<br />

moderaten Maßnahmenszenario bei rund 40 Milliarden Euro.<br />

Dazu muss die jährliche Sanierungsrate von derzeit rund einem<br />

bis 2045 schrittweise auf durchschnittlich 1,7 Prozent erhöht<br />

werden.<br />

Die Wissenschaftler raten, das Hauptaugenmerk auf die<br />

2 energetische Sanierung von Wohngebäuden zu legen, die<br />

zwischen 1949 bis 1978 errichtet wurden. Sie gelten als die<br />

„Worst-first-Gebäude“ mit dem höchsten Effizienzhebel der<br />

vorgeschlagenen Maßnahmen. Am Ende wird es für jeden Gebäudetyp<br />

sogenannte Gebäudedatenblätter geben, aus denen<br />

auch hervorgeht, welche Kosten bei unterschiedlichen Sanierungsstandards<br />

entstehen.<br />

3Der tatsächliche Energieverbrauch vieler Hamburger Wohngebäude<br />

ist anders als ursprünglich angenommen. Dabei<br />

weichen die tatsächlichen Verbräuche der Gebäude mit geringen<br />

berechneten Bedarfen – neue Gebäude mit vermeintlich<br />

hohen energetischen Standards – deutlich nach oben, die Verbräuche<br />

der Gebäude mit hohen berechneten Bedarfen – zumeist<br />

alte Gebäude mit vermeintlich schlechten energetischen<br />

Standards – deutlich nach unten ab. Hier stellt die Studie „Kalibrierungsfaktoren“<br />

bereit, die alle berechneten Bedarfsniveaus<br />

in tatsächliche Verbräuche überführen und so die bekannten<br />

energetischen Effizienzhausstandards vergleichbar macht.<br />

4Bei Ein- und Zwei-Familien-Häusern besteht der größte<br />

Handlungsbedarf. Allerdings dürften hier die größten Probleme<br />

liegen, weil sich viele Hausbesitzer eine umfassende energetische<br />

Sanierung nicht leisten können.<br />

5Mit steigender Sanierungsrate steigt der Anteil „vorfälliger“<br />

Anteile an den Sanierungsmaßnahmen. Dabei werden Bauteile<br />

vor Ende ihrer eigentlichen Nutzungsdauer ausgetauscht.<br />

Solche Maßnahmen enthalten übermäßig Anteile umlagefähiger<br />

Kosten, die auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden<br />

können. Sie bedingen so ein hohes Mietsteigerungspotenzial.<br />

6Die genauen Kosten, die auf den einzelnen Mieter zukommen,<br />

sind wegen der gestiegen Bau- und Energiepreise sowie<br />

der ungeklärten Förderstruktur noch nicht bezifferbar. Erste<br />

Einschätzungen sollen Anfang 2023 vorliegen. Klar ist: Es wird<br />

für Mieterinnen und Mieter teuer.<br />

7Es ist volkswirtschaftlich gesehen sinnvoller, in die Dekarbonisierung<br />

der Energieträger insgesamt zu investieren, als<br />

auf eine Überoptimierung der Gebäude zu setzen. Strom und<br />

Fernwärme klimaneutral zu erzeugen, birgt also das größte Klimaschutzpotenzial.


23<br />

„Wir müssen die ganze Stadt mitnehmen.“<br />

DR. DOROTHEE STAPELFELDT Senatorin für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg<br />

„Die Frage der Finanzierbarkeit wird in den kommenden Jahren nicht von der<br />

Tagesordnung verschwinden. Hier darf die Hamburger Politik die Wohnungswirtschaft<br />

nicht im Regen stehen lassen und gewaltig nachlegen.“<br />

ANDREAS BREITNER <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor<br />

„Es wird die größte Herausforderung, die wir jemals nach<br />

dem Krieg erlebt haben.“<br />

PROF. DIETMAR WALBERG Geschäftsführer der<br />

Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.<br />

Es gibt nicht „eine Lösung für alles“<br />

Zweck der Studie sei gewesen, den aktuellen Zustand der Hamburger<br />

Wohngebäude mit dem Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045<br />

zusammenzubringen, sagte Prof. Dietmar Walberg, Geschäftsführer<br />

der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE), bei<br />

der Vorstellung vor der Hamburger Landespressekonferenz. „Ein<br />

wertvolles Ergebnis ist, dass Hamburg jetzt fundierte Kenntnisse<br />

über den Gebäudezustand hat.“ Die ARGE war der Primus inter<br />

Pares bei der Erstellung der Machbarkeitsstudie.<br />

„Es wird die größte Herausforderung, die wir jemals nach<br />

dem Krieg erlebt haben“, sagte Walberg weiter. Deshalb sei ein<br />

Hineinplaudern nach dem Motto: „Wir haben eine Lösung für alles“<br />

leichtfertig und fahrlässig. Man habe eine wissenschaftliche<br />

Grundlage erarbeitet, auf der Entscheidungen künftig möglich seien.<br />

Das Gutachten solle ein langfristiges Monitoring und damit ein<br />

Reagieren auf künftige Herausforderungen ermöglichen.<br />

Ausgangspunkt der Betrachtung seien zwölf Gebäudetypen<br />

gewesen, „von denen wir wissen, dass sie in Hamburg vorhanden<br />

sind“, sagte Walberg. Man habe valide Daten von rund 70.000<br />

Wohnungen und Gebäuden ausgewertet: Wann war welche Modernisierung?<br />

Wie ist die Dämmstoffqualität? Welche Energieversorgung<br />

liegt vor? Welchen Anteil haben fossile Energieträger?<br />

Energieverbrauchskennwert, Nutz- und Wohnfläche sowie Alter<br />

der Heizungen. „In dieser Tiefe hat es das noch nie gegeben“,<br />

sagte Walberg.<br />

Zudem ging es darum, herauszufinden, welchen Wärmeverbrauch<br />

Hamburgs Wohngebäude heute und in Zukunft wirklich<br />

haben, der durch Fernwärme, dezentrale Wärmekonzepte und<br />

Strom befriedigt werden muss.<br />

Wenig überraschend war eine Erkenntnis, nach der das Mehrfamilienhaus,<br />

das in der Nachkriegszeit zwischen 1949 und 1978<br />

errichtet wurde, Hamburg prägt und so den größten CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

hinterlässt. „Wir haben in Hamburg die typische Signatur<br />

einer zerstörten Großstadt“, sagte Walberg.<br />

Instandhaltung und energetische Sanierung<br />

Bei den Studien ging es auch darum, herauszufinden, wie sich<br />

die Kosten zwischen Instandhaltung und energetischer Sanierung<br />

aufteilen. Je besser sich das Gebäude im Ausgangszustand präsentiert,<br />

desto leichter fällt es in der Regel, es in einen besseren Zustand<br />

zu versetzen. Allerdings ist dann auch die Umlagefähigkeit<br />

auf die Mieten höher, weil noch funktionierende Bauteile ersetzt<br />

werden.<br />

Die Wissenschaftler plädieren dafür, vor einer energetischen<br />

Sanierung genau zu prüfen, wie alt technische Anlagen wie Lüfter,<br />

Heizung oder Fenster sind. Haben sie ihr „Lebensende“ erreicht,<br />

wäre eine Erneuerung normale Instandhaltung und müsste zu 100<br />

Prozent vom Vermieter getragen werden. Erfolgt der Austausch<br />

aber früher im Rahmen einer energetischen Sanierung, so könnten<br />

die Kosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden.<br />

In überambitionierten Sanierungsmaßnahmen und -raten liegt<br />

demnach gleichermaßen die Gefahr von Kosten- und Mieterhöhungen<br />

sowie ein eher geringes zusätzliches Klimaschutzpotenzial.<br />

„Bei den Überlegungen, wie schnell und umfassend der Ausstoß<br />

von Treibhausgasen reduziert werden kann, spielt die Betrachtung<br />

der Wohnkosten eine entscheidende Rolle. Nur wenn<br />

die Wohnung für Mieterinnen und Mieter – aber auch für selbst<br />

nutzende Eigentümer – auf Dauer bezahlbar bleibt, werden sie<br />

die Maßnahmen zum Klimaschutz mittragen“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor<br />

Andreas Breitner.<br />

f


24 <strong>VNW</strong><br />

Drei Szenarien<br />

Die Wissenschaftler haben drei Szenarien berechnet.<br />

Szenario 1: Es geschieht nicht viel mehr als gegenwärtig.<br />

Die Sanierungsrate liegt zwischen einem und<br />

1,3 Prozent. Zielstandard bei der Bestandssanierung ist das<br />

Effizienzhaus 115.<br />

Szenario 2: Die Sanierungsrate wird schrittweise deutlich,<br />

„aber noch machbar“ von durchschnittlich einem auf 1,7<br />

Prozent gesteigert. Das Szenario beinhaltet ein hohes Maß<br />

an minimalinvasiven Maßnahmen. Diese sind günstig und<br />

bewirken rasch eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen.<br />

Beispiele wären eine flächendeckende Installation<br />

elektronischer Thermostate, der hydraulische Abgleich<br />

von Heizungs- und Warmwasserverteilungen oder eine rasche<br />

Umstellung der Wärmeversorgung auf emissionsfreie<br />

Energieträger. Zugleich setzen die Wissenschaftler auf eine<br />

„serielle Sanierung mit hohem Vorfertigungsgrad“. Im Kern<br />

wird allein schon aus Kostengründen die Sanierung von<br />

Bestandsgebäuden nur zulasten des Neubaus im erforderlichen<br />

Maß steigen können.<br />

Szenario 3: Hierbei wird die Sanierungsrate von einem auf<br />

zwei Prozent verdoppelt. Wirtschaftlich betrachtet bedeutet<br />

das eine Vervier- bis Verachtfachung der Investitionen,<br />

weil die Eingriffe in die Bausubstanz viel weitgehender (und<br />

damit teurer) sind. Vor allem müssen Bauteile erneuert werden,<br />

die das Ende ihrer Nutzungsdauer noch nicht erreicht<br />

haben, was aus Gründen der Nachhaltigkeit fragwürdig ist.<br />

Viele dieser Arbeiten sind keine Instandhaltung mehr, sondern<br />

eine Modernisierung – und damit komplett umlagefähig.<br />

50 Prozent aller auch bereits heute sanierten Gebäude<br />

müssten noch einmal saniert werden.<br />

Um bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, unterscheiden<br />

sich nach Darstellung der Wissenschaftler die Szenarien 2 und<br />

3 nicht grundlegend. „Wir werden mit beiden Szenarien 2045 im<br />

Hinblick auf den Ausstoß von Treibhausgasen klimaneutral sein.<br />

Das Szenario 3 erreicht Klimaneutralität keinen Tag früher“, sagte<br />

Prof. Dietmar Walberg. Die vermeintlich größere Effizienz am<br />

Gebäude zeigt am Ende bei der Verringerung des Ausstoßes von<br />

Treibhausgasen keinen nennenswerten Vorteil. Gravierend sei allerdings<br />

der Unterschied bei der Höhe der nötigen Investitionen:<br />

Bei Szenario 3 lägen die Investitionen statt bei rund 40 Milliarden<br />

bei mehr als 50 Milliarden Euro.<br />

Entscheidend ist am Ende die Dekarbonisierung von<br />

Strom und Wärme<br />

So unverzichtbar die energetische Sanierung der Hamburger<br />

Wohngebäude auf ein moderat-ambitioniertes Niveau ist: Entscheidend<br />

ist am Ende, wie sich die Dekarbonisierung des Stroms<br />

und der Hamburger Fernwärme entwickelt. Emissionsfrei erzeugter<br />

Strom und emissionsfrei erzeugte Fernwärme haben das mit<br />

Abstand größte Potenzial, den Ausstoß von Treibhausgasen zu<br />

reduzieren.<br />

Es sei denkbar, dass in den kommenden beiden Jahrzehnten technologische<br />

Entwicklungen reifen, die eine dekarbonisierte Energieversorgung<br />

im Quartier ermöglichen, sagte Walberg. Dadurch<br />

könnten möglicherweise bestimmte Maßnahmen am Gebäude,<br />

die heute als unverzichtbar angesehen würden, relativiert werden.<br />

Der Wissenschaftler verwies darauf, dass ein umfassend energetisch<br />

saniertes Gebäude nur rund 25 bis 30 Prozent weniger<br />

Energie pro Quadratmeter verbrauche als ein unsaniertes Gebäude.<br />

Das sei der Unterschied zwischen theoretisch errechnetem<br />

Bedarfswert und der Realität. Der Trugschluss sei, dass sanierte<br />

Gebäude einen deutlich geringeren Verbrauch an Energie hätten<br />

als unsanierte Gebäude. „Das ist eine Lücke zwischen Theorie und<br />

Praxis.“<br />

Auf „Überoptimierung“ von Gebäuden verzichten<br />

ARGE-Geschäftsführer Dietmar Walberg mahnte, auf eine Überoptimierung<br />

der Gebäude zu verzichten. Ein nicht energetisch saniertes<br />

Gebäude unreflektiert an eine Wärmepumpe anzuschließen,<br />

sei allerdings ebenfalls technischer Unsinn. Wärmeversorgung und<br />

Wärmeschutz des Gebäudes müssten zusammenpassen.<br />

Über Lösungen mit regenerierbaren Wärmespeichern oder<br />

„kalten Netzen” könnten Wärmepumpen mit einem bereits vortemperierten<br />

Medium auch in Bestandsgebäuden gute Wirkungsgrade<br />

erzielen. Hier liege das Potenzial von Quartierskonzepten,<br />

sagte Walberg. Es gehe beim Klimaschutz darum, nicht nur alle<br />

mitzunehmen, sondern ihn auch allen zu ermöglichen.<br />

Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt<br />

machte deutlich, dass sie die einvernehmliche Empfehlung<br />

der Gutachter, die Sanierungsrate auf 1,7 Prozent zu erhöhen, unterstütze.<br />

Mit der Investitions- und Förderbank (IFB) werde man<br />

ein Förderinstrumentarium entwickeln, das einen starken Anreiz<br />

für die Sanierung von Bestandsgebäuden enthalte. Als Erstes stelle<br />

der Senat in den kommenden vier Jahren insgesamt 210 Millionen<br />

Euro an Fördermitteln zusätzlich zur Verfügung.<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner begrüßte die Ankündigung<br />

der Senatorin, mahnte aber zugleich: „Die Frage der Finanzierbarkeit<br />

wird in den kommenden Jahren nicht von der Tagesordnung<br />

verschwinden. Hier darf die Hamburger Politik die Wohnungswirtschaft<br />

nicht im Regen stehen lassen und sollte gewaltig nachlegen.“<br />

Gut sei es, dass die Senatorin ausdrücklich Flotten- und Quartiersansätze<br />

für die Energieversorgung und die Sanierung von<br />

Wohnungsbeständen als zentrale Elemente zur Erreichung der<br />

Klimaneutralität benannt habe. „Am Ende geht es darum, wie<br />

mit leistbarem Aufwand der größtmögliche Nutzen für den Klimaschutz<br />

erlangt werden kann“, sagte <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas<br />

Breitner.<br />

Senatorin Dr. Stapelfeldt wandte sich dagegen, Zwang auf die<br />

Hauseigentümer auszuüben. Man habe sich bislang immer dagegen<br />

entschieden, Klimaschutzziele mithilfe des Ordnungsrechts<br />

durchzusetzen und sei damit gut gefahren, sagte die SPD-Politikerin.<br />

Zwang sei nicht der richtige Weg. „Wir müssen die ganze<br />

Stadt mitnehmen.“h


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26 <strong>VNW</strong><br />

Hamburg. Roland Keich, Leiter des Hamburger<br />

EBZ-Campus, hatte es vor einigen<br />

Monaten in einem Interview mit dem<br />

<strong>VNW</strong>-<strong>Magazin</strong> angekündigt: Einmal im<br />

Monat will man an einem Sonnabend mit<br />

der Veranstaltung „Pizza und Diskussion“<br />

die Mittagspause nutzen, um mit interessanten<br />

Gesprächspartnern beim Essen ins<br />

Gespräch zu kommen.<br />

Am 12. November war <strong>VNW</strong>-Direktor<br />

Andreas Breitner bei den Studentinnen<br />

und Studenten zu Gast. Am Ende zog er<br />

eine positive Bilanz: „Gute Diskussion mit<br />

den Hamburger Studies des EBZ. Einfach<br />

schön, solch interessierten, talentierten<br />

und jungen Menschen Rede und Antwort<br />

zu stehen. Mit Euch ist mir um die Zukunft<br />

der Wohnungswirtschaft und des bezahlbaren<br />

Wohnens so gar nicht bange. Das<br />

beruhigt.“<br />

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28 <strong>VNW</strong><br />

Aus Alt wird Neu –<br />

Forscher stellen Ziegel<br />

aus Abfall her<br />

Besonders nachhaltig soll der neue Flügel des Design Museums in<br />

Gent werden. Forscher und Designer machen daher unter anderem aus<br />

Altglas Ziegel für neue Gemäuer. Hat der Müllziegel eine Zukunft?<br />

VON HEIKE HEICKMANN<br />

Gent (dpa). Müll für Mauern: Forscher und Designer aus Belgien<br />

und England haben einen nachhaltigen Ziegelstein aus regionalem<br />

Abfall entwickelt. Er soll beim Bau eines neuen Gebäudes<br />

des Design Museums im belgischen Gent eingesetzt werden. Das<br />

Baumaterial bestehe zu 63 Prozent aus regionalem Müll, teilte das<br />

Museum mit.<br />

Begonnen habe das Projekt vor rund anderthalb Jahren, erläuterte<br />

Museumssprecherin Bie Luyssaert. Der kalkbasierte Fassadenziegel<br />

sei speziell entwickelt worden, um die CO 2<br />

-Emissionen<br />

beim Bau des neuen Museumsgebäudes zu reduzieren. Für die<br />

Herstellung habe man Abfälle wie zerkleinerten Beton, Weißglas<br />

und Kalk aus der Region gesammelt und in einer Produktionsstätte<br />

in Gent in die gewünschte Form und Größe gepresst, hieß es<br />

in der Mitteilung des Museums. Das Prinzip lasse sich wegen des<br />

einfachen Produktionsverfahrens leicht auf andere urbane Umgebungen<br />

übertragen.<br />

Der Ziegel werde nicht wie üblich in einem Ofen gebrannt,<br />

sondern gepresst und anschließend an der frischen Luft getrocknet,<br />

erklärte die Museumssprecherin weiter. Somit sei keine<br />

zusätzliche Hitze nötig und die Herstellung des Baumaterials<br />

dadurch besonders umweltfreundlich. Durch das spezielle Herstellungsverfahren<br />

und den recycelten Abfall werde im Vergleich<br />

zu herkömmlichen Ziegeln nur ein Drittel des CO 2<br />

verursacht.<br />

Seine Stärke erhalte der Ziegel durch sogenannte Karbonisierung.<br />

Der Kalk in den Ziegelsteinen binde beim Aushärten CO 2<br />

aus der Atmosphäre und speichere auf diese Weise Kohlenstoff,<br />

erklärte Luyssaert. Der gebundene Kohlenstoff sorge für Festigkeit<br />

und Widerstandsfähigkeit und mache die Ziegel so für den<br />

Außenbereich einsatzbereit.<br />

Die herkömmliche Produktion von Ziegeln habe durch die hohen<br />

Temperaturen zwischen 800 und 1 000 Grad im Brennprozess<br />

einen hohen Energieverbrauch, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer<br />

des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Deswegen<br />

könne man mit einem optimierten Brennverfahren, etwa<br />

mit grüner Energie, Ziegel nachhaltiger machen.<br />

Auch die Beimischung von Recyclingmaterial sei eine Option, um<br />

den Verbrauch der Ressourcen zu reduzieren. Wegen des Trocknens<br />

an frischer Luft statt im Ofen vermutet der Experte eine<br />

geringere Belastbarkeit der Ziegel und damit eventuelle Risiken<br />

in der Statik von Gebäuden. „Allerdings könnte ein Einsatz von<br />

Verkleidungen, also nicht statischen Elementen, möglich sein”,<br />

erklärt der Experte.<br />

Ken De Cooman, der an dem Forschungsprojekt beteiligt war,<br />

sieht den Abfallziegel zukünftig auch in anderen Bauvorhaben.<br />

Denn der Ziegel trage dazu bei, den Bau von Gebäuden zu dekarbonisieren<br />

– also den Ausstoß von Kohlenstoff zu reduzieren<br />

– und die Verwendung lokaler Abfallströme und abgebauter<br />

Ressourcen zu bevorzugen, erläuterte der Forscher. „Wir werden<br />

allein schon aufgrund der Ressourcenschonung zukünftig immer<br />

mehr in Kreisläufen denken und planen müssen und so weit wie<br />

möglich vorhandene Materialien weiternutzen müssen”, erklärte<br />

auch Pakleppa.


29<br />

Brüssel. Nachhaltige<br />

Ziegel werden im Werk<br />

von BC Materials hergestellt.<br />

Forscher und<br />

Designer aus Belgien<br />

und England haben<br />

einen nachhaltigen Ziegelstein<br />

aus regionalem<br />

Abfall entwickelt.<br />

Brüssel. Das Bild zeigt<br />

nachhaltige Ziegel aus<br />

Müll.<br />

Brüssel. Nachhaltige<br />

Ziegel werden im Werk<br />

von BC Materials hergestellt.<br />

f


30 <strong>VNW</strong><br />

Fit für eine<br />

unbekannte<br />

Zukunft<br />

Von der Kunst, ein anpassungsfähiges Unternehmen zu werden<br />

VON RÜDIGER GREBE<br />

Hamburg/Bochum. Aktuell herrscht Krisenstimmung in der<br />

Wohnungswirtschaft. Steigende Baukosten und Handwerkermangel<br />

haben den Neubau nahezu zum Erliegen gebracht. Die Situation<br />

am Energiemarkt lässt die Nebenkosten explodieren und wird<br />

Zahlungsausfälle zur Folge haben. Gleichzeitig sollen die Klimaziele<br />

der Bundesregierung zeitnah umgesetzt werden. Viele fragen<br />

sich, ob dies alles eine vorübergehende Krise ist oder ob es nicht<br />

die Vorboten einer tiefgreifenden Transformation unserer Arbeitswelt<br />

und damit auch der Wohnungswirtschaft sind.<br />

Letzteres ist mehr als wahrscheinlich – und damit wäre auch<br />

die Wohnungswirtschaft in der „VUCA-Welt“ angekommen. Eine<br />

Welt, die durch disruptive Veränderungen, eine hohe Dynamik<br />

und komplexe Strukturen<br />

geprägt ist.<br />

Doch wie müssen sich<br />

Wohnungsunternehmen<br />

verändern, um<br />

in dieser neuen Welt<br />

bestehen und ihren<br />

gesellschaftlichen Auftrag<br />

erfüllen zu können?<br />

Wenn sich die<br />

Rahmenbedingungen<br />

nur bedingt beeinflussen<br />

lassen, kann die<br />

Lösung einzig darin<br />

liegen, dass Unternehmen<br />

personell und<br />

organisatorisch eine<br />

Fähigkeit zur Anpassung<br />

entwickeln. Wir<br />

kennen dieses Phänomen<br />

aus der Evolution.<br />

Pinguine können unter<br />

extremen klimatischen<br />

Bedingungen in der<br />

Antarktis überleben,<br />

weil sie gelernt haben,<br />

sich an die Umwelt anzupassen.<br />

Framework für eine zukunftsfähige Organisation<br />

Entwicklungsansätze für eine zukunftsfähige<br />

Organisation<br />

Gemeinsam mit Prof. Dr. Armutat von der FH Bielefeld haben wir<br />

in der EBZ Akademie ein Gerüst mit Entwicklungsansätzen für eine<br />

zukunftsfähige Organisation entwickelt, die diese Anpassungsleistung<br />

Schritt für Schritt ermöglicht und damit Wohnungsunternehmen<br />

fit für die anstehende Transformation macht.<br />

Das Modell der zukunftsfähigen Organisation setzt auf die<br />

bestehenden Organisationstrukturen im jeweiligen Unternehmen<br />

auf und ist fokussiert auf insgesamt vier Fitnessfaktoren für eine<br />

gelingende Transformation.


W LEADERSHIP <strong>2022</strong><br />

31<br />

EBZ-Modell „New Leadership“<br />

für Leader von zukunftsfähigen<br />

Organisationen in der<br />

Immobilienwirtschaft<br />

EBZ-Akademie <strong>2022</strong><br />

22.08.<strong>2022</strong> 1<br />

Fitnessfaktor 1: Das Orientierungssystem<br />

Zunächst benötigt ein Unternehmen ein Orientierungssystem, das<br />

dem Management hilft, frühzeitig wichtige Einflüsse zu erkennen<br />

und für das Unternehmen realistische Entwicklungsrichtungen<br />

auszumachen.<br />

Stärken- und Zukunftsorientierung<br />

Ausgangsbasis für jede Transformation sollte das Wissen um die eigenen<br />

Stärken und Kernkompetenzen sein, die das Unternehmen<br />

in der Vergangenheit erfolgreich gemacht haben. Rückblickend<br />

auf die jeweilige Historie gibt es in jedem Wohnungsunternehmen<br />

vieles, auf das man stolz ist und was Mut für die Zukunft macht.<br />

Diesem Vergangenheitsfokus mit Stärkenorientierung steht ein<br />

Zukunftsfokus mit einer Explorationsorientierung gegenüber. Exploration<br />

meint, Neues zu wagen, Innovationen auszuprobieren,<br />

aus Fehlern zu lernen und Erfolge systematisch weiterzuverfolgen.<br />

Stakeholder und Umfeldorientierung<br />

Während es sich bei der Stärken- und Zukunftsorientierung im<br />

Wesentlichen um eine Binnenbetrachtung handelt, geht es bei<br />

der Stakeholder- und Umfeldorientierung darum, sich permanent<br />

mit den äußeren Einflüssen zu beschäftigen. Beispiele für die Stakeholder-Orientierung<br />

können Mieterbefragungen, regelmäßige<br />

Workshops mit den Aufsichtsgremien oder eine strukturierte Zusammenarbeit<br />

mit externen Dienstleistern und Beratern sein. Im<br />

Kern geht es darum, frühzeitig und systematisch die Bedürfnisse<br />

der Stakeholder und zukünftige Umfeldveränderungen zu antizipieren<br />

und diese in einem ständigen Rückkopplungsprozess mit<br />

eigenen Strategieüberlegungen zu reflektieren.<br />

Fitnessfaktor 2: Das strategische Zielsystem<br />

Weiterhin braucht es einen klaren Kompass, eine strategische<br />

Identität, die dem unternehmerischen Handeln eine Richtung gibt<br />

und die die großen Entwicklungslinien beschreibt – über die Hektik<br />

des Alltags hinaus.<br />

So wichtig Kosteneinsparungen zur Liquiditätssicherung im<br />

Moment auch sind, sie ersetzen auf Dauer keine experimentelle<br />

und zukunftsorientierte Weiterentwicklung des bestehenden<br />

Geschäftsmodells von Bestandshaltern. Impulse liefert auch hier<br />

die intensive Beschäftigung mit dem Umfeld und den wichtigsten<br />

Stakeholdern.<br />

Wenn die Stoßrichtung klar ist, muss in der Organisation die<br />

notwendige Zugkraft entwickelt werden. Hierfür braucht es auf<br />

strategischer und operativer Ebene ein klares und transparentes<br />

Zielsystem, an dem sich Führungskräfte und Mitarbeiter in ihrer<br />

täglichen Arbeit ausrichten können. Die Ziele sollten ambitioniert<br />

sein: Sie sollten herausfordernd, aber machbar sein. Moderne Managementtechniken<br />

wie die OKR-Methode (Objectives and Key<br />

Results) brechen die Gesamtziele in kurze, überschaubare vierteljährliche<br />

Teilziele auf und ermöglichen eine aktive Einbindung der<br />

Mitarbeitenden in die Zielformulierung.<br />

Fitnessfaktor 3: Das agile Organisationsmodell<br />

Auf der operativen Ebene braucht es nachfolgende Strukturen und<br />

Prozesse, die agil neue Themen aus dem Umfeld- und Stakeholderkontext<br />

aufnehmen und mit der notwendigen Kraft und Geschwindigkeit<br />

umsetzen.


32 <strong>VNW</strong><br />

RÜDIGER GREBE<br />

ist Leiter der EBZ-Akademie und Experte für Organisationsentwicklung und learning &<br />

development.<br />

Duale Organisationsstrukturen<br />

Wohnungsunternehmen sind traditionell in Fachbereiche und Abteilungen<br />

wie z.B. Bewirtschaftung, Technik, Neubau- und Rechnungswesen<br />

gegliedert. Dieser Aufbau ist historisch gewachsen<br />

und ergibt viel Sinn – stößt aber zunehmend an Grenzen. Daher<br />

sollte die klassische Silostruktur um eine zweite Organisationsstruktur<br />

(duale Organisation) ergänzt werden, bestehend aus Prozess-,<br />

Projekt- und Netzwerkelementen.<br />

Prozessstrukturen haben durch die Digitalisierung enorm an<br />

Bedeutung gewonnen. Viele der neuen Themen – Digitalisierung,<br />

Klimastrategie, Mieterstrom u.a. – kommen heute als Projekte<br />

in die Unternehmen. Jedes Innovationsthema ist damit auch ein<br />

Projektthema. Sowohl Prozesse als auch Projekte sind häufig bereichsübergreifend<br />

und müssen in der bestehenden Organisation<br />

mit Silostruktur neu gelernt werden (Aufbau von Projekt- und Prozessmanagementstrukturen,<br />

Entwicklung entsprechender Kompetenzen<br />

bei den Teammitgliedern).<br />

In Zeiten, wo sich vieles dekonstruiert und neu gebaut werden<br />

muss, braucht es eine gute Netzwerkarbeit der Mitarbeitenden<br />

und Führungskräfte – sowohl nach außen als auch nach innen.<br />

Diese Netzwerkarbeit sollte nicht dem Zufall überlassen werden,<br />

sondern möglichst institutionalisiert werden. Beispiele sind hier<br />

die regelmäßige Teilnahme an Arbeitskreisen und Arbeitsgemeinschaften<br />

für organisationsübergreifende Netzwerke oder an<br />

Open- Space-Formaten und Communities of Practise für die interne<br />

bereichsübergreifende Vernetzung.<br />

Partizipative Führung (New Leadership)<br />

Der Führungsansatz in der Zukunftsfähigen Organisation verbindet<br />

agile, partizipativ-beteiligende Elemente mit klaren Zielen. Dafür<br />

braucht es reflektierte Führungskräfte, die eine humanistisch<br />

-systemische Grundhaltung mitbringen, die eigenen Skills stetig<br />

weiterentwickeln und eine Fokussierung auf Ergebnisse und Stakeholder<br />

in Handlung übersetzen. Gleichzeitig müssen die Führungskräfte<br />

stärker als früher die Relevanz von Umfeldveränderungen<br />

für das eigene Unternehmen antizipieren und entsprechend<br />

ihren Verantwortungsbereich darauf ausrichten. Dabei gilt es in<br />

erster Linie die Selbstverantwortung und die Entwicklung der Mitarbeiter<br />

zu stärken.<br />

Top-Talentmanagement<br />

Für die interne Umsetzung der als wichtig identifizierten Themen<br />

braucht jede Organisation eine signifikante Anzahl von starken<br />

Leistungsträgern auf Schlüsselpositionen, die diese Themen selbstständig<br />

und in hoher Qualität vorantreiben (sog. fully formed<br />

adults). Voraussetzung dafür ist eine kompromisslose Top-Talent-<br />

Strategie im Personalmanagement, die die Auswahl, Entwicklung,<br />

Steuerung und die Arbeitsplatzgestaltung dieser Mitarbeitenden<br />

prägen muss.<br />

Lern- und Innovationsmanagement<br />

Personalentwicklung muss einen klaren Businessbezug haben, auf<br />

die Unternehmensziele/-strategie einzahlen sowie innovationsfördernd<br />

sein. Dies gilt für alle PE-Instrumente – von der Bewerberauswahl<br />

über die Weiterbildung bis hin zur Karriereplanung. Im<br />

Mittelpunkt der Personalentwicklung sollten sog. Future Skills stehen,<br />

also Kompetenzen, die die Mitarbeitenden zukünftig in der<br />

VUCA-Welt benötigen.<br />

In von Disruption und Dynamik geprägten Zeiten braucht es<br />

Lernsysteme, die in der Lage sind, schnell neues Wissen für die<br />

Organisation zu generieren und an die Arbeitsplätze zu verteilen.<br />

Gute und praktikable Ansätze hierfür liefern die Ansätze der lernenden<br />

Organisation oder Konzepte aus dem Wissensmanagement.<br />

Beispielhaft seien hier Open-Space-Formate, Community<br />

Learning, Learning on demand oder das Lernen durch Lehren<br />

genannt. Technologische Unterstützung bieten Wikis, Lernmanagement-Systeme<br />

und Lernvideo-Plattformen wie z.B. EBZ4U oder<br />

Kommunikations- und Kollaborationstools wie z.B. Microsoft 365.<br />

Fitnessfaktor 4: Die Ergebniskultur<br />

Die Ergebniskultur schafft die Wertebasis für die zukunftsfähige<br />

Organisation. Die Ergebniskultur kombiniert das Wir-Gefühl des<br />

Unternehmens mit der Ausrichtung des Unternehmenshandelns<br />

an Ergebnissen.<br />

Fazit<br />

Mit dem Framework der zukunftsfähigen Organisation zeigen wir<br />

die Struktur auf, die Unternehmen die innere Stärke gibt, um sich<br />

schnell an neue und heute noch unbekannte Herausforderungen<br />

anzupassen. Die konkrete Umsetzung allerdings muss jedes Unternehmen<br />

für sich entwickeln, denn Konzepte von außen lassen sich<br />

niemals eins zu eins kopieren. Dafür sind jedes Unternehmen und<br />

jede Unternehmenskultur zu individuell. Organisationsentwicklungen<br />

brauchen Zeit und Kraft. Deshalb lohnt es sich, sich frühzeitig<br />

auf den Weg zu machen.


33<br />

Die größte Transformation<br />

seit vielen Jahren<br />

Elke Nippold-Rothes, Expertin für das Thema Führung, zu den Herausforderungen, vor denen<br />

Führungskräfte heute stehen.<br />

magazin: Warum braucht es ein neues Führungsverständnis?<br />

Elke Nippold: Weil sich unsere Branche in der seit vielen<br />

Jahren größten Transformation befindet, die besonders<br />

von äußeren Faktoren beeinflusst ist. Um die vielzähligen<br />

und uns allen bekannten Herausforderungen wie Digitalisierung,<br />

Klimawandel, eine Pandemie, Explosion der Baukosten,<br />

Rohstoffmangel, Fachkräftemangel und die noch<br />

nicht alle absehbaren Folgen des Kriegs in der Ukraine zu<br />

meistern, und dabei unsere Unternehmen krisenfest und<br />

zukunftsfähig aufzustellen, braucht es eine veränderte<br />

Haltung und neue Kompetenzen für alle Mitarbeiter. Die<br />

Aufgabe von Führungskräften ist es, diese Haltung und<br />

neue Kompetenzen zu entwickeln und vor allem, und<br />

dazu gibt es keine Alternative, vorzuleben.<br />

magazin: Welche Fragen müssen sich Führungskräfte heute<br />

stellen?<br />

Elke Nippold: Es braucht neue bzw. erweiterte Blickrichtungen.<br />

Wir sprechen da von einem 360-Grad-Ansatz.<br />

Erstens geht es um ständige Selbstreflexion. Welche<br />

Haltung bringe ich mit? Glaube ich an Wachstumsmöglichkeiten,<br />

also daran, dass ich mich und dass Menschen<br />

sich entwickeln können – und wollen? Wie arbeite ich an<br />

meiner eigenen Entwicklung? Bei der Beantwortung dieser<br />

Fragen sind nicht nur fachliche Kompetenzen gemeint,<br />

sondern vor allem neue Methoden und daraus folgende<br />

persönliche Kompetenzen. Dazu zählen Selbstlernkompetenzen,<br />

der Umgang mit Komplexität, mit Unsicherheit<br />

und mit schnellen Veränderungen. Eine Führungskraft<br />

muss sich zudem fragen, inwieweit sie über eine Innovations-<br />

und Vernetzungskompetenz verfügt und die eigene<br />

Resilienz einschätzen.<br />

Drittens geht es um das Team. Wie kann ich gute Zusammenarbeit<br />

in Teams fördern, die inzwischen viel stärker<br />

mobil, also verteilt arbeiten als früher? Wie organisiere ich<br />

virtuelle Führung und stärke zugleich den Zusammenhalt?<br />

Zu einer unverzichtbaren Aufgabe gehört zudem die Förderung<br />

von Selbstorganisation, beispielsweise die Vermittlung<br />

von Lern- und Innovationsmanagement.<br />

Viertens geht es um die Organisation, die Kunden und<br />

äußere Rahmenbedingungen und dabei um die Fragen :<br />

Welche Ziele und Strategien verfolgt meine Organisation?<br />

Braucht es Kursänderungen? „Fahren auf Sicht“ ist eine<br />

Herausforderung für eine Branche wie die Wohnungswirtschaft,<br />

die früher stets mit langfristigen Strategien gearbeitet<br />

hat.<br />

Alles in allem befinden wir uns in einer Zeit gewaltiger<br />

Veränderungen, für die es noch kein Patentrezept, jedoch<br />

viele nachhaltige Ansätze gibt, die insgesamt unser Führungsverständnis<br />

und unsere Organisationen verändern<br />

werden.<br />

ELKE NIPPOLD-ROTHES<br />

ist eine der führenden Expertinnen für das Thema Führung<br />

in der Wohnungswirtschaft. Sie ist stellvertretende<br />

Leiterin der EBZ-Akademie, Beraterin und Coach.<br />

Zweitens geht es um den steten Blick auf den einzelnen<br />

Mitarbeiter. Welche Stärken und welche Motive hat sie<br />

bzw. er? Wie kann ich Raum für Weiterentwicklung und<br />

Veränderungsbereitschaft schaffen, wie Eigenverantwortung<br />

und Selbstlernkompetenzen stärken? Ein regelmäßiges<br />

Feedback ist selbstverständlich.


34<br />

Recht<br />

Alles, was<br />

RECHT ist!<br />

Erlös aus Immobilienverkauf zählt für Kindesunterhalt<br />

Berlin (dpa). Unterhaltspflichtige Elternteile<br />

müssen unter Umständen auch große Teile<br />

ihres Vermögensstamms verwenden, um<br />

den Unterhalt zu zahlen. Auf ein Urteil des<br />

Oberlandesgerichts Frankfurt/Main weist<br />

die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des<br />

Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.<br />

Im konkreten Fall traf es einen Vater,<br />

der die Unterhaltszahlungen für seine beiden<br />

Töchter eingestellt hatte, obwohl er<br />

nach der Trennung seine Eigentumswohnung<br />

für 650.000 Euro verkauft hatte.<br />

Von 650 000 Euro nichts für Kinder<br />

übrig<br />

Er machte gegenüber der Mutter, die wenigstens<br />

den Mindestunterhalt für die beiden<br />

Kinder forderte, folgende Rechnung<br />

auf: Er könne allenfalls 300 Euro für beide<br />

Kinder zahlen. Denn er habe für die Finanzierung<br />

der damaligen Wohnung bei seiner<br />

Mutter ein Darlehen aufgenommen, das er<br />

aus dem Verkaufserlös abgelöst habe.<br />

Außerdem müsse er für die Einlagerung<br />

seiner Möbel monatlich 650 Euro<br />

und seinen Eltern für seinen Aufenthalt<br />

in ihrem Haus monatlich „ca. 700 Euro”<br />

zahlen. Den restlichen Verkaufserlös müsse<br />

er zudem nicht für den Kindesunterhalt<br />

einsetzen, meinte er. Falsch!<br />

Gericht:<br />

Mindestunterhalt muss sein<br />

Der Vater muss den Mindestunterhalt<br />

zahlen, so das Gericht. Die angebliche<br />

Darlehensrückzahlung an seine Mutter<br />

könne er nicht vom unterhaltsrelevanten<br />

Einkommen abziehen. Die Interessen seiner<br />

Kinder stünden an erster Stelle. Könne<br />

er Unterhalt nicht aus dem laufenden<br />

Einkommen zahlen, müsse er dafür sein<br />

Vermögen einsetzen. Eltern seien verpflichtet,<br />

alle verfügbaren Mittel für den<br />

eigenen und den Unterhalt der Kinder<br />

gleichmäßig zu verwenden.<br />

Glasierte Dachziegel können zumutbar sein<br />

Berlin (dpa). Gegen Lichtreflexionen<br />

durch Dachziegel kann man als Nachbar<br />

grundsätzlich vorgehen. Geht aber von<br />

glasierten Dachziegeln keine unzumutbare<br />

Beeinträchtigung aus, muss man das<br />

hinnehmen. Insoweit hat dann die Baugenehmigung<br />

Bestand, zeigt eine Entscheidung<br />

des Oberverwaltungsgerichts Berlin-<br />

Brandenburg (Az. OVG 10 N 66.18), auf<br />

die das Rechtsportal „anwaltauskunft.de”<br />

verweist.<br />

Der Fall: Der beklagte Bauherr hatte eine<br />

Baugenehmigung. Auf seinem Einfamilienhaus<br />

wollte er Sonnenlicht reflektierende,<br />

glasierte Dachziegel. Der Nachbar<br />

fühlte sich durch diese Lichtemissionen<br />

gestört und verlangte die Aufhebung der<br />

Baugenehmigung hinsichtlich der Ziegel.<br />

Seine Klage scheiterte bei Gericht.<br />

Zwar ist ein Einschreiten gegen die<br />

Lichteinwirkung auf das Nachbargrundstück<br />

laut Gericht grundsätzlich möglich.<br />

Jedoch kam im Zuge des Verfahrens eine<br />

fachliche Stellungnahme des Landesamts<br />

für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz<br />

zu dem Ergebnis, dass die Reflexionen<br />

zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung<br />

führen. Auf dieses Fachwissen<br />

durfte die Bauaufsichtsbehörde vertrauen.


35<br />

Klagen gegen Kita – kaum Chancen<br />

VON ELKE RICHTER, DPA<br />

München (dpa). Plätze in Kindertagesstätten<br />

werden landauf, landab dringend<br />

benötigt – doch statt um Kindertoiletten<br />

und Klettergerüste müssen sich die Betreiber<br />

beim Bau neuer Einrichtungen oftmals<br />

erst um einen Anwalt kümmern. Denn so<br />

wie aktuell in München versuchen Anwohner<br />

immer wieder auf juristischem<br />

Wege, die Errichtung von Krippen, Kindergärten<br />

und Horten zu verhindern – meist<br />

mit dem Argument des Lärmschutzes. Damit<br />

durchkommen tun sie aber nur mehr<br />

selten. Ob auch die Nachbarn im Münchner<br />

Fall sich mit tobenden Kindern abfinden<br />

müssen, entscheidet das Oberlandesgericht<br />

(OLG) in Kürze.<br />

Die Vorgeschichte ist komplex: Eine<br />

Hausverwaltungsgesellschaft will das<br />

Grundstück im Stadtteil Nymphenburg für<br />

25 Jahre an einen privaten Anbieter von<br />

Kindertagesstätten vermieten. Vier Anwohner<br />

von zwei Nachbargrundstücken<br />

jedoch versuchen, dies zu verhindern –<br />

zunächst mit einer Klage gegen die Baugenehmigung,<br />

dann unter Verweis auf die<br />

sogenannte Grunddienstbarkeit, die auf<br />

dem für die Kita vorgesehenen Grundstück<br />

liegt.<br />

Eine solche Grunddienstbarkeit räumt<br />

dem Besitzer eines Grundstücks Rechte<br />

an einem benachbarten Grundstück ein,<br />

etwa was die Durchleitung von Strom<br />

oder Abwasser anbelangt. Im konkreten<br />

Fall lautet der Text: „Auf dem Grundstück<br />

dürfen weder eine öffentliche Tankstelle<br />

noch eine Gastwirtschaft noch ein sonstiger<br />

lärmerregender oder belästigender<br />

Betrieb errichtet werden.”<br />

Doch die Geräusche von Kindern werden<br />

von den Gerichten inzwischen regelhaft<br />

als zu tolerierend eingestuft, weil es<br />

zum normalen Verhalten gerade jüngerer<br />

Kinder gehört, laut lachend durch die Gegend<br />

zu flitzen oder auch einmal wütend<br />

zu toben. „Kinderlärm ist sozialadäquat,<br />

mit dieser Begründung werden die Klagen<br />

fast immer zurückgewiesen, außer es ist<br />

etwas ganz Extremes”, erläutert Wilfried<br />

Schober vom Bayerischen Gemeindetag.<br />

In dem kommunalen Spitzenverband<br />

gibt es inzwischen reichlich Erfahrung mit<br />

entsprechenden Klagen, da die Städte<br />

und Gemeinden neben den Kirchen die<br />

größten Träger von Kitas sind. In geschätzt<br />

90 Prozent der Fälle gewinnen Träger entsprechende<br />

Prozesse laut Schober vollumfänglich,<br />

manchmal müssen sie einen<br />

Lärmschutzzaun bauen oder die Kosten<br />

für Lärmschutzfenster übernehmen.<br />

Nach Angaben des Deutschen Städteund<br />

Gemeindebunds liegt dies an einer<br />

Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes<br />

vor einigen Jahren. Seitdem<br />

gelten Kindergeräusche von Spielplätzen<br />

oder Kitas nicht mehr als schädliche Umwelteinwirkungen,<br />

wie Sozialexperte Uwe<br />

Lübkin sagt. Anders als früher hätten Anwohner<br />

deshalb in ganz Deutschland nur<br />

noch geringe Chancen, sich zur Wehr zu<br />

setzen, wenn in Wohngebieten Kitas gebaut<br />

werden.<br />

Auch das Landgericht München I hatte<br />

im vorliegenden Fall entschieden, dass<br />

die Grunddienstbarkeit der Kita nicht entgegensteht.<br />

Denn um den Betrieb endlich<br />

aufnehmen zu können, hatte die Hausverwaltungsgesellschaft<br />

eine Feststellungsklage<br />

erhoben, um auf der sicheren Seite<br />

zu sein, wie eine Sprecherin des Oberlandesgerichts<br />

erläuterte. Gegen diese<br />

Entscheidung waren die Nachbarn in die<br />

nächste Instanz gezogen. Das Urteil des<br />

nun zuständigen OLG dürfte schon am<br />

Dienstag verkündet werden, sofern der<br />

Senat nicht einen eigenen Verkündungstermin<br />

festsetzt.<br />

Mieter müssen Kontrolle der Mülltrennung mitbezahlen<br />

Karlsruhe (dpa). Lässt ein Vermieter<br />

die korrekte Mülltrennung durch einen<br />

Dienstleister kontrollieren, darf er die Kosten<br />

dafür auf die Mieterinnen und Mieter<br />

umlegen. Das geht aus einem am Dienstag<br />

veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH) hervor.<br />

Geklagt hatten Mieter aus Berlin, die<br />

für dieses „Behältermanagement” im Jahr<br />

2018 etwas mehr als zwölf Euro zahlen<br />

sollten. Der Dienstleister hatte den Auftrag,<br />

die Restmülltonnen der Anlage mit<br />

rund 100 Wohnungen regelmäßig zu kontrollieren<br />

und falsch eingeworfenen Abfall<br />

bei Bedarf von Hand nachzusortieren. Laut<br />

BGH fällt dieser Service unter „Müllbeseitigung”<br />

– und die Kosten dafür dürfen<br />

nach der Betriebskostenverordnung auf<br />

die Mieter umgelegt werden. Die konkrete<br />

Dienstleistung werde in der Verordnung<br />

zwar nicht ausdrücklich erwähnt, heißt es<br />

in dem Urteil vom 5. Oktober. Der Begriff<br />

„Müllbeseitigung” sei aber weit auszulegen.<br />

Dass der Dienstleister nur beauftragt<br />

wurde, weil ein Teil der Mieter sich beim<br />

Mülltrennen nicht an die Vorschriften<br />

hielt, spielte für die obersten Zivilrichterinnen<br />

und -richter in Karlsruhe keine Rolle.<br />

In dem Streit ging es auch um Kosten<br />

für die regelmäßige Überprüfung der<br />

Rauchmelder. Diese dürfen ebenfalls auf<br />

die Mieter umgelegt werden, wie die Richter<br />

entschieden Az. VIII ZR 117/21). Betriebskosten<br />

sind laut Verordnung Kosten,<br />

die dem Eigentümer „durch den bestimmungsmäßigen<br />

Gebrauch des Gebäudes,<br />

der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen<br />

und des Grundstücks laufend entstehen”.<br />

Kosten für Verwaltung und Instandhaltung<br />

gehören nicht dazu.


36 Recht<br />

Alles, was RECHT ist!<br />

Nachbarhaus darf bei Sanierung nicht beschädigt werden<br />

Oldenburg/Berlin (dpa). Bei Sanierungsarbeiten<br />

am eigenen Haus sollte man umsichtig<br />

vorgehen. Entsteht durch die Arbeiten<br />

ein Schaden am Nachbarhaus, kann<br />

man sich schadenersatzpflichtig machen.<br />

Geschädigte können sogar fiktiv abrechnen<br />

– also den Schaden selbst beheben,<br />

aber dennoch die Kosten geltend machen,<br />

die eine Fachfirma veranschlagen würde.<br />

Auf eine entsprechende Entscheidung des<br />

Oberlandesgerichts Oldenburg (Az. 6 U<br />

328/21) weist das Rechtsportal „anwaltauskunft.de”<br />

hin.<br />

In dem konkreten Fall hatten der Beklagte<br />

und seine Geschwister das geerbte<br />

Elternhaus sanieren lassen. Dabei wurde<br />

auch Wasser aus dem Keller nach draußen<br />

gepumpt. Der Beklagte war überzeugt,<br />

das Wasser würde auf seinem Grundstück<br />

versickern, eine Ableitung zur Kanalisation<br />

nahm er daher nicht vor. Doch entgegen<br />

der Erwartung floss das Wasser zum<br />

Nachbarhaus und gelangte dort über einen<br />

Lichtschacht in den Keller, wo es Wände<br />

und Fußboden durchnässte.<br />

Eigeninitiative schmälert Schadenersatz<br />

nicht<br />

Der Nachbar verlangte 6 700 Euro Schadenersatz<br />

– den Betrag, den eine Fachfirma<br />

zur Behebung des Schadens in Rechnung<br />

gestellt hätte. Das Landgericht Osnabrück<br />

sprach ihm in der Vorinstanz nur gut die<br />

Hälfte der Summe zu: Die Abläufe des<br />

Lichtschachts seien unzureichend gewesen.<br />

Zudem habe er den Schaden selbst behoben,<br />

weshalb er nicht den gesamten Betrag<br />

geltend machen könne.<br />

Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg<br />

setzte der Nachbar seine Ansprüche dann<br />

aber voll durch. Dort urteilten die Richter,<br />

dass ihm kein Vorwurf zu machen sei. Der<br />

Lichtschacht sei zwar teilweise nicht in Ordnung<br />

gewesen, das habe sich laut Gutachten<br />

aber nicht auf den Schaden ausgewirkt.<br />

Auch könne der Kläger die fiktiven Kosten<br />

einer Fachfirma verlangen. Schädiger sollten<br />

nicht davon profitieren, wenn Geschädigte<br />

einen Schaden selbst beseitigten, so<br />

das Gericht.<br />

STOPP DEN HEIZ-KOSTENHAMMER!<br />

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (<strong>VNW</strong>)<br />

bietet in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bildungszentrum<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (EBZ) und dem<br />

Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland<br />

Westfalen e.V. eine Kampagne an, die möglichst viele Mieterinnen<br />

und Mieter erreichen und für das Energiesparen sensibilisieren<br />

soll.<br />

Die Kampagne heißt „Stopp den Heizkosten-Hammer“ und<br />

wird über Social Media-Kanäle, Flyer und Plakat-Aushänge in<br />

den Hausfluren der am Gemeinwohl orientierten Wohnungswirtschaft<br />

in die Öffentlichkeit getragen. Fünf Motive mit einfachen<br />

Botschaften geben Tipps und helfen, Energie in der eigenen<br />

Wohnung zu sparen.<br />

Der <strong>VNW</strong> stellt Ihnen die entsprechenden Dateien für die Plakate<br />

und den Flyer kostenlos zur Verfügung.<br />

Wenn Sie mehr wissen wollen, schicken Sie einfach eine Mail<br />

mit den Kontaktdaten einer Ansprechpartnerin oder eines<br />

Ansprechpartners in Ihrem Unternehmen an das <strong>VNW</strong>-ReferatKommunikation<br />

schirg@vnw.de. Wir<br />

melden uns so rasch wie möglich und<br />

besprechen dann alles Weitere.<br />

Scannen Sie unten stehenden QR-<br />

Code, ergänzen Sie die Kontakt daten<br />

und schicken Sie die Mail ab.<br />

Photo: AdobeStock von Jultud


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37<br />

Die Tür, die alle<br />

wichtigen Dinge<br />

im Leben schützt.<br />

Eine Daloc Wohnungseingangstür stoppt nicht nur Langfinger, sie schützt<br />

auch vor Lärm, Feuer und Rauch – egal, ob giftig oder vom Nachbarn.<br />

Durch ihr einzigartiges Design hält die Tür über lange Zeit, ohne dabei<br />

ihre Schutzeigenschaften einzubüßen. Ein sicheres Investment für Sie<br />

und Ihre Projekte – und für jeden, der hinter der Tür leben wird.<br />

Erfahren Sie mehr über die ultimative<br />

Wohnungseingangstür auf daloc.de


38 <strong>VNW</strong><br />

„Wohnen auf dem Baggersand“<br />

nimmt Gestalt an<br />

Richtfest für das 91-Millionen-Projekt in Lübeck-Travemünde<br />

VON HEIKE HEICKMANN


Lübeck. In bester Lage entstehen aktuell im Gemeinschaftsprojekt<br />

„Wohnen auf dem Baggersand“ 254 Wohneinheiten, davon<br />

47 öffentlich geförderte Wohneinheiten. Gut zwei Jahre nach<br />

dem ersten Spatenstich wurde am 25. Oktober <strong>2022</strong> Richtfest<br />

gefeiert.<br />

Bei schönstem Herbstwetter begrüßte Bauvereins-Vorständin<br />

Christine Koretzky im Namen der Bauherrengemeinschaft gut<br />

250 Gäste, Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner aus<br />

Politik und Wirtschaft sowie die am Bau beteiligten Architekten,<br />

Fachplaner und Handwerksfirmen.<br />

Zu diesem einmaligen Projekt übermittelten Lübecks Bürgermeister<br />

Jan Lindenau, Jörg Sibbel, Staatssekretär im Ministerium<br />

für Inneres, Kommunales und Wohnen des Landes Schleswig-<br />

Holstein, sowie <strong>VNW</strong>-Verbandsdirektor Andreas Breitner der Bauherrengemeinschaft<br />

und den am Bau beteiligten Unternehmen<br />

ihre Grußworte.<br />

Im Juli 2017 hatten die vier Wohnungsunternehmen Grundstücks-Gesellschaft<br />

TRAVE mbH, Lübecker Bauverein eG, NEUE<br />

LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft eG und Vereinigte<br />

Baugenossenschaften Lübeck eG das Grundstück Auf dem Baggersand<br />

in Lübeck-Travemünde von der Hansestadt Lübeck erworben.<br />

Vielfalt in der Einheit und Einheit in der Vielfalt<br />

Die ersten Planungen für die Neubebauung wurden in einem kooperativen<br />

Workshopverfahren aller Beteiligten abgeschlossen. In<br />

diesem Verfahren hat man sich auf ein gemeinsames Gestaltungsund<br />

Freiraumkonzept verständigt. Ziel war es, eine durchgängig<br />

hohe Qualität der Planung auf der städtebaulichen sowie gebäude-<br />

und freiraumplanerischen Ebene sicherzustellen.<br />

Unter dem Motto „Vielfalt in der Einheit, Einheit in der Vielfalt“<br />

und unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bebauungsplans<br />

wurden die Entwürfe der vier beauftragten Architektenteams aufeinander<br />

abgestimmt.<br />

Insgesamt plant die Bauherrengemeinschaft auf dem rund<br />

20.000 Quadratmeter großen Areal den Bau von 254 Mietwohnungen,<br />

davon 47 öffentlich geförderte Wohneinheiten, sowie<br />

eine Tiefgarage mit 257 Stellplätzen und 16 E-Ladesäulen.<br />

Geplant sind Wohnungen für Familien, Singles, Paare und Senioren.<br />

Das Projekt läuft planmäßig. Die Fertigstellung des Gesamtprojekts<br />

ist für Anfang 2024 geplant. Das gesamte Investitionsvolumen<br />

beträgt ca. 91 Millionen Euro.<br />

Eine Übersicht des Gesamtprojekts erhalten Interessierte<br />

auf www.wohnen-auf-dem-baggersand.de.<br />

27.10.<strong>2022</strong>, hh h<br />

39<br />

Heike Heickmann<br />

ist Diplom-Kauffrau und seit<br />

mehr als 13 Jahren bei der<br />

Lübecker Bauverein eG als<br />

Leiterin Unternehmenskommunikation<br />

beschäftigt.


40 <strong>VNW</strong><br />

Namen und<br />

Nachrichten<br />

Richtfest für Buntes Miteinander Billstedt<br />

Hamburg. Die Baugenossenschaft Hamburger Wohnen eG hat<br />

das Richtfest für ihr Neubauprojekt „Buntes Miteinander Billstedt“<br />

gefeiert. Die 20 öffentlich geförderten Genossenschaftswohnungen<br />

bieten Familien sowie Seniorinnen und Senioren mit einem<br />

niedrigen Einkommen ein bezahlbares Zuhause. Der energieeffiziente<br />

Neubau ergänzt den genossenschaftlichen Wohnungsbe-<br />

stand auf dem Nachbargrundstück. Die Wohnungen haben zwei<br />

bis 3,5 Zimmer und sind zwischen 55 und 90 Quadratmeter groß.<br />

Alle Wohnungen werden im 1. Förderweg errichtet, die anfängliche<br />

Nettokaltmiete beträgt 6,90 Euro pro Quadratmeter. Die Gebäude<br />

werden im KfW 55-Standard errichtet. Dr. Hardy Heymann,<br />

Vorstand der Baugenossenschaft Hamburger Wohnen, verwies darauf,<br />

dass die Genossenschaft derzeit rund 230 Wohnungen baut<br />

bzw. plant. Davon würden 170 Wohnungen öffentlich gefördert.<br />

Ummelden nach Umzug online möglich<br />

Hamburg. Künftig können die meisten Hamburgerinnen und<br />

Hamburger ihre neue Adresse nach einem Umzug innerhalb Hamburgs<br />

digital anmelden. Damit sparen sie nicht nur Zeit, sondern<br />

auch Geld. Das Pilotprojekt wird schrittweise erweitert und nach<br />

und nach für die Nutzung in der gesamten Bundesrepublik zur<br />

Verfügung stehen. Wer umzieht, muss innerhalb von 14 Tagen<br />

seine neue Adresse bekanntgeben. Der neue Onlinedienst, die sogenannte<br />

elektronische Wohnsitzanmeldung (eWA), bietet eine<br />

Alternative zum Behördengang. Der komplette Anmeldeprozess<br />

lässt sich ab sofort rechtssicher und fristgerecht jederzeit und von<br />

jedem Ort erledigen. Anders als bei der Ummeldung im Amt fallen<br />

online außerdem keine Gebühren an.


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Zahl der Strom- und Gassperrungen<br />

gestiegen<br />

Bonn. Schon vor dem dramatischen Anstieg der Energiepreise infolge<br />

des Ukraine-Krieges hat die Zahl der Strom- und Gassperren<br />

wegen unbezahlter Rechnungen wieder zugenommen. Im vergangenen<br />

Jahr habe sich die Zahl der Stromsperrungen in Deutschland<br />

um gut zwei Prozent auf rund 235.000 erhöht, wie aus Zahlen für<br />

den neuen Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt<br />

hervorgeht. Die Zahl der Gassperrungen erhöhte<br />

sich um rund zwölf Prozent auf rund 27.000. Damit waren etwa<br />

0,4 Prozent aller Stromkunden und rund 0,2 Prozent aller Gaskunden<br />

in Deutschland von Lieferstopps betroffen. Für <strong>2022</strong> liegen<br />

nach Angaben der Behörden noch keine Daten vor. Der Anstieg<br />

der Energiekosten im Jahr <strong>2022</strong> könne allerdings dazu führen,<br />

dass mehr Strom- und Gaskunden mit ihren Strom- und Gasrechnungen<br />

in Zahlungsverzug geraten. Das könne letztlich zu einem<br />

Anstieg der Sperrungen führen. (dpa)<br />

Offener Bücherschrank Rosentreppe<br />

Hamburg. Leihen und schenken liegt im Trend: Es spart Geld, hilft<br />

dem Klima und macht auch noch Spaß. Für Klimaprojekte ist der<br />

Eisenbahnbauverein Harburg (EBV) schon lange bekannt. Nun ist<br />

die Genossenschaft aufs Buch gekommen. Am 12. Oktober lud<br />

man in Wilstorf zur Einweihung eines Offenen Bücherschranks ein.<br />

Rund 50 Mitglieder und Nachbarn waren der Einladung gefolgt,<br />

saßen auf Stufen und Mäuerchen rund um den Schrank und genossen<br />

die Lesung der Schauspielerin Sandra Keck. Sie las neben<br />

einer bunten Zusammenstellung von Jane Austen bis Erich Kästner<br />

Zitate aus genossenschaftlichen Schriften. Zumindest am ersten<br />

Tag ging das Konzept, mit dem Schrank auch einen Treffpunkt<br />

eingerichtet zu haben, auf: Lange nach Veranstaltungsschluss<br />

stand man noch zusammen, blätterte in Büchern und plauderte<br />

miteinander.<br />

Seit 14 Jahren<br />

erfolgreich für<br />

die Wohnungswirtschaft<br />

Telefonischer Mieterservice<br />

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42 <strong>VNW</strong><br />

Klaus-Novy-Preis verliehen<br />

Berlin. Klimaschutz und Partizipation – Themen, die die Wohnungsgenossenschaften<br />

vor neue Aufgaben stellen und kreative<br />

Wege fordern, um beides in Einklang zu bringen. Mit dem Klaus-<br />

Novy-Preis <strong>2022</strong> wurden nun jene Genossenschaften geehrt, die<br />

sich diese Themen zur Aufgabe gemacht haben. Überzeugt hat<br />

dabei vor allem das Forum Kreuzberg, die das „Dorf in der Stadt“<br />

gemeinschaftlich im Sinne der Genossenschaft klimagerecht<br />

gestalten. Zur Verleihung des erstmals vom Verein „Wohnen in<br />

Genossenschaften“ vergebenen Preises kamen Wohnungsgenossenschaften<br />

verschiedener Größe und Ausgestaltung des Genossenschaftsgedankens<br />

zusammen.<br />

MEIN VERMIETER SOLLTE ...<br />

Jeder zweite Mieter will Nachhaltigkeit<br />

des Vermieters<br />

Hamburg. Rund die Hälfte der deutschen Mieterinnen und Mieter<br />

findet es wichtig, dass ihr Vermieter nachhaltig handelt. Das ist<br />

ein Ergebnis der repräsentativen Studie „Servicemonitor Wohnen“<br />

des Beratungsunternehmens Analyse & Konzepte immo.consult.<br />

15 Prozent der Befragten stufen es hingegen als unwichtig ein,<br />

dass der Vermieter sich der Nachhaltigkeit widmet. Die relevantesten<br />

Dimensionen der Nachhaltigkeit im Wohnungsunternehmen<br />

seien faire Mieten und die Einhaltung des Datenschutzes sowie<br />

anderer Gesetze. Erst danach folgen der Einsatz erneuerbarer<br />

Energien und die energetische Gebäudesanierung. Auf Letzteres<br />

legen insbesondere Menschen Wert, die ihre Wohnung über eine<br />

Hausverwaltung mieten.


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Minol eMonitoring<br />

Transparenz für Verwalter und Bewohner.<br />

Richtfest für 145 Wohnungen in Harburg<br />

Hamburg. 145 Wohnungen, davon 118 öffentlich gefördert,<br />

entstehen derzeit an der Bremer Straße in Hamburg-Eißendorf.<br />

Der Standort ist gut erschlossen: Neben Einkaufsmöglichkeiten,<br />

Ärzten und Schulen gibt es viel Grün, beginnend bei den Außenanlagen<br />

über Schrebergärten im Göhlbachtal bis zum Stadtpark<br />

Harburg. Der 1921 gegründete Eisenbahnbauverein Harburg verfügt<br />

hier bereits über Siedlungshäuser aus ihrer Gründungszeit<br />

und über 200 in den 1970er Jahren gebaute Wohnungen. Fünf<br />

der Siedlungshäuser bleiben – komplett modernisiert – stehen.<br />

Wahrscheinlich noch Ende kommenden Jahres ziehen die ersten<br />

Mieter in die neuen Wohnungen ein, bis Ende 2025 werden alle<br />

Wohnungen bezugsfertig sein. Das Gesamtvolumen für diesen<br />

Wohnungsneubau beträgt rund 38 Millionen Euro.<br />

SAGA-Systemhaus nimmt Fahrt auf<br />

Hamburg. Die Unternehmensgruppe SAGA wird bis zum Jahr<br />

2023 rund 500 Wohnungen als Systemhaus gebaut haben. Weitere<br />

rund 2 600 Wohnungen sollen in den kommenden Jahren<br />

folgen. Das teilte das Unternehmen anlässlich eines Besuchs von<br />

Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt<br />

in Farmsen-Berne mit. Ziel sei die Entwicklung eines nachhaltigen<br />

Baustandards, der über deutlich verringerte Baukosten infolge<br />

starker Vereinfachung die erforderliche Wirtschaftlichkeit<br />

sichere. Dennoch solle dieser Standard sowohl den Wünschen der<br />

Mieter, klimapolitischen Zielen und städtebaulichen Ansprüchen<br />

genügen. Vorgabe der maximalen Herstellungskosten für diese<br />

preisgedämpften und frei finanzierten Wohnungen seien Kosten<br />

in Höhe von 3 100 Euro je Quadratmeter Wohnfläche, erklärte<br />

das Unternehmen. Die Broschüre „SAGA-Systemwohnungsbau.<br />

Seriell, modular, effizient“ kann von der Internetseite des Unternehmens<br />

heruntergeladen werden.<br />

Die neue Heizkostenverordnung ist da.<br />

Minol hat die passenden Lösungen für fernauslesbare<br />

Messgeräte, unterjährige Verbrauchsinformationen und<br />

erweiterte Abrechnungsdetails.<br />

Schaffen Sie hierfür die Basis mit dem Funksystem<br />

Minol Connect und dem Minol eMonitoring.<br />

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44 <strong>VNW</strong><br />

Die wichtigsten Termine in den kommenden Monaten<br />

18. / 19.<br />

JAN 2023<br />

25. <strong>VNW</strong>-MANAGEMENTFORUM<br />

Rostock-Warnemünde<br />

01.<br />

MÄR 2023<br />

<strong>VNW</strong>-/VDW FACHTAGUNG DIGITALISIERUNG<br />

IN DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT<br />

Hamburg<br />

01.<br />

JUN 2023<br />

<strong>VNW</strong>-/VDW GENOSSENSCHAFTSTAG<br />

Hamburg<br />

27. / 28.<br />

JUN 2023<br />

FACHFORUM RECHNUNGSWESEN/<br />

UNTERNEHMENSSTEUERUNG<br />

Boltenhagen<br />

18. / 19.<br />

SEP 2023<br />

<strong>VNW</strong>-ARBEITSTAGUNG<br />

Lübeck<br />

06.<br />

NOV 2023<br />

10. NORDDEUTSCHER MIETRECHTSTAG<br />

Lübeck


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DCX Next<br />

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DLX Next<br />

DBX Next<br />

Prospekt<br />

Neue Durchlauferhitzer-Serie für die Wohnungswirtschaft<br />

Der Heizwärmebedarf unseres Gebäudebestandes sinkt durch den energieeffizienten Neubau und die energetische<br />

Sanierung stetig. Darum empfehlen wir, Heizung und Warmwasser voneinander zu trennen. Dabei werden Investitionskosten<br />

gespart, denn es müssen keine langen Warmwasserleitungen verlegt werden. E-Durchlauferhitzer erhitzen dann das Wasser<br />

bedarfsgerecht direkt in der Wohnung. Das spart Energie und Wasser und erleichtert die Abrechnung. Die Heizung läuft<br />

separat mit geringeren Temperaturen z. B. über eine Wärmepumpe. Damit werden wir von fossilen Energieträgern immer<br />

unabhängiger, ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität.<br />

Die neuen E-Durchlauferhitzer von CLAGE wurden an die Anforderungen der Wohnungswirtschaft angepasst. Leichtere<br />

Installation, geringere Einschaltwassermenge und bequeme Bedienung wurden integriert. Für jeden Komfortanspruch gibt<br />

es nun ein spezielles Gerät. Touchdisplay mit Monitoring-Funktionen oder lieber gar keine Bedienelemente?<br />

Welches Gerät passt zu Ihnen?<br />

Wir beraten Sie gern > Tel.: 04131 89 01-161 > clage.de


46<br />

Fachkräftemangel<br />

Wie Automatisierung dem<br />

Fachkräftemangel entgegenwirkt<br />

Wo qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fehlen, gewinnen<br />

automatisierte Prozesse an Bedeutung. Die Chancen für das Unternehmen<br />

sind vielfältiger als Geschwindigkeit und Effizienz.<br />

VON DR. CARSTEN THIES GESCHÄFTSFÜHRER DER HAUFE GROUP<br />

Der Fachkräftemangel trifft die Immobilien- und Wohnungswirtschaft<br />

immer empfindlicher, wie der vom EBZ beauftragte<br />

„Human Resources Monitor – Immobilienwirtschaft <strong>2022</strong>“ vorrechnet.<br />

Über 80 Prozent der befragten Unternehmen haben<br />

zunehmende Schwierigkeiten, technisches Personal zu finden.<br />

70 Prozent beklagen einen Mangel im kaufmännischen Bereich.<br />

Dabei werden qualifizierte Mitarbeitende dringend benötigt, um<br />

Herausforderungen wie die Klimawende zu stemmen. Gleichzeitig<br />

schrumpft der Pool an Nachwuchskräften. Dem HR-Report<br />

zufolge könnten im Jahr 2030 der Branche bis zu 840 000 junge<br />

Fachkräfte weniger zur Verfügung stehen als noch 2019.<br />

Eine mehrgleisige Strategie ist notwendig<br />

Für die Unternehmen wird es überlebenswichtig, eine Gegenstrategie<br />

zu entwickeln. Auf der einen Seite werden die Unternehmen<br />

die Attraktivität ihrer Arbeitsplätze weiter erhöhen müssen. Dabei<br />

geht es nicht nur um flexible Arbeitszeiten, die freie Wahl des<br />

Arbeitsortes und Nebenleistungen. Die Arbeit muss Spaß machen<br />

und Sinn stiften. Am anderen Ende des Instrumentariums steht<br />

die Steigerung der Produktivität. Dies muss nicht im Widerspruch<br />

zu attraktiven Arbeitsplätzen stehen. Ganz im Gegenteil – repetitive<br />

Tätigkeiten werden schnell eintönig, sie können auch von<br />

Software übernommen werden. Hier kommt der Automatisierung<br />

durch moderne Software eine Schüsselrolle zu.


47<br />

DR. CARSTEN THIES<br />

ist als Geschäftsführer der Haufe Group SE für die Business-Group-EES, ERP- und<br />

Eco-Systems verantwortlich und hat die Transformation der Haufe Group jahrelang<br />

maßgeblich mitgestaltet.<br />

Diese Expertise und sein tiefgreifendes Verständnis für die Potenziale der Digitalisierung<br />

mittels Ökosystem-Plattformen und neuester ERP-Technologie setzt er ein,<br />

um wohnungswirtschaftliche Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten. Damit<br />

verbunden tritt er ein für neue Chancen in der Führung, durch Enabling und Empowerment.<br />

Automatisierung sorgt dort für hohen Zeitgewinn, wo Daten<br />

in großen Mengen nach festen Schemata verarbeitet werden.<br />

Statt des Menschen übernimmt der Algorithmus die Auswahl, Zuordnung,<br />

Verarbeitung und Verteilung der Daten. Und das bringt<br />

nicht nur hohe Geschwindigkeit in den Prozess, sondern senkt<br />

auch die Fehlerquote. Die Mitarbeitenden als kontrollierende Instanz<br />

können sich auf solche Tätigkeiten fokussieren, die individuelle<br />

Entscheidungen und Fähigkeiten verlangen. Die nächste<br />

Stufe der Automatisierung wird durch Künstliche Intelligenz oder<br />

Machine Learning erreicht. Dann lernt eine Software, was sie zu<br />

tun hat, erkennt komplexe Zusammenhänge und kann diese abbilden.<br />

Durch Senken der Arbeitslast entstehen<br />

neue Kapazitäten<br />

Jede Routinetätigkeit, die eine Software übernimmt, entlastet das<br />

bestehende Personal. Dabei werden nicht nur Kapazitäten frei,<br />

häufig verbessern sich auch Zusammenarbeit, Information und<br />

Kommunikation. Das sehen viele Verantwortliche ähnlich. Im HR-<br />

Monitor stimmen 53 Prozent der Befragten damit überein, dass<br />

gute Software die Verwaltungstätigkeit vereinfacht und Personaleinsparungen<br />

ermöglicht. Der Digitalisierungsstudie 2021 des<br />

ZIA zufolge sind sogar 90 Prozent der Unternehmen davon überzeugt,<br />

dass automatisierte Prozesse den Fortbestand des Unternehmens<br />

sichern.<br />

Wie Automatisierung greift – zwei Beispiele<br />

An dem cloudbasierten ERP-System Haufe axera lässt sich zeigen,<br />

wie Software mit einem hohen Automatisierungsgrad wirken<br />

kann. Zum Beispiel im Zahlungsverkehr übernimmt Haufe axera<br />

sämtliche Daten zu Zahlungseingängen von der Bank, identifiziert<br />

die Kontobewegung, ordnet sie dem entsprechenden Mieter oder<br />

sonstigen Zahlungspflichtigen zu und verbucht sie selbstständig.<br />

Für viele unserer Kunden ist dieser Prozess ein Quantensprung,<br />

weil die Mitarbeitenden überhaupt nicht mehr in den Ablauf eingreifen<br />

müssen. Der Zahlungsverkehr läuft geräuschlos im Hintergrund<br />

ab und die Buchhaltung erledigt die Software.<br />

Oder bei der Kündigung eines Mieters: Hier stößt Haufe axera<br />

die nächsten Schritte an wie Wohnungsabnahme, Betriebskostenabrechnung<br />

oder Vermietungsprozess. Aufgaben lassen sich<br />

bestimmten Personen oder Kategorien zuordnen. So weiß axera,<br />

wann es welche Daten für welchen Prozess oder Mitarbeitenden<br />

bereitstellen soll, bspw. von der Technik in die Verwaltung. Die<br />

Mitarbeitenden müssen weder Informationen hinterherrennen<br />

noch Daten doppelt pflegen. Ist das System einmal sorgfältig eingerichtet,<br />

eröffnen sich immer neue Möglichkeiten, sich Arbeit<br />

abnehmen zu lassen. Die Maschine denkt mit – das entlastet den<br />

Kopf: Sie erinnert an Termine, macht auf fehlende Daten aufmerksam<br />

oder bereitet Aktivitäten wie einen Mahnprozess fristgerecht<br />

vor. Doch es bleibt der Mensch, der entscheidet, ob er die Mahnung<br />

auslöst. Viele weitere Beispiele könnte man hier anführen.<br />

Automatisierung setzt neue Kräfte und Ideen frei<br />

Aber Automatisierung steigert nicht nur die Produktivität, sondern<br />

diffundiert in alle Winkel der Organisation. Dazu lohnt ein<br />

kleiner Gedankensprung: Was macht Mitarbeitende unglücklich?<br />

Neben Stress und Überforderung gehört fehlende Sinnhaftigkeit<br />

der Tätigkeit zu den häufigsten Kündigungsgründen. Gute<br />

Fachkräfte wollen über das Tagesgeschäft hinaus auch Ideen und<br />

Projekte vorantreiben, die sie befriedigen und für die sie Anerkennung<br />

finden. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Ein analoges<br />

Dokument in Altakten suchen zu müssen, kann 15 bis 20<br />

Minuten kosten – sinnlos vergeudete Zeit. Die Suche in einem<br />

digitalen Dokumentenmanagementsystem ist in wenigen Sekunden<br />

erfolgreich. Wer hier auf Digitalisierung und Automatisierung<br />

verzichtet, wird sich auf dem Fachkräftemarkt immer schwerer<br />

tun und vor allem jüngere Mitarbeitende auf Dauer nicht halten<br />

können.<br />

In einem „entschlackten“ Arbeitsalltag gibt es Freiraum für<br />

motivierende Aufgaben, für die intensivere Betreuung der Kunden<br />

oder die Beschäftigung mit neuen Themen. Ein Unternehmen,<br />

das diese Perspektiven bietet, weil es auf Automatisierung<br />

setzt, wo immer sie der Organisation und der Belegschaft nützt,<br />

sorgt für hohe Mitarbeiterbindung und kann auch auf dem Fachkräftemarkt<br />

nur gewinnen. h


48<br />

Baukulturbericht<br />

Bundesstiftung Baukultur stellt<br />

Baukulturbericht <strong>2022</strong>/23 vor<br />

Mit der „Neuen Umbaukultur“ fordert der Baukulturbericht<br />

<strong>2022</strong> / 23 aktiv zum Umdenken auf. Jahrzehntelang<br />

galten Abriss und Ersatzneubau als ebenso selbstverständlich<br />

wie die Ausweisung von Bauland auf der<br />

grünen Wiese. Jetzt wird klar: Der Bausektor ist für einen<br />

Großteil der CO 2<br />

-Emissionen verantwortlich. Angesichts<br />

der sich verschärfenden Klimalage kann mit dem Umbau<br />

von Bauwerken ein wesentlicher Beitrag<br />

gegen den Klimawandel geleistet werden.<br />

Dafür ist ein Umdenken notwendig und<br />

eine neue baukulturell verankerte Umbaukultur,<br />

die auch den Umbau der Zukunft<br />

mitdenkt und gängige Abläufe von Neubauvorhaben<br />

auf den Prüfstand stellt. Wie<br />

der Paradigmenwechsel im Bausektor gelingen<br />

kann, greift der aktuelle Baukulturbericht<br />

auf und zeigt Handlungsoptionen<br />

für Kommunen, Politik und Bauschaffende<br />

auf.<br />

Der Bericht stützt sich auf repräsentative<br />

Ergebnisse einer forsa-Umfrage zum Thema<br />

Baukultur und Umbau von Städten und<br />

Gebäuden sowie Ergebnisse von Umfragen<br />

bei Städten und Kommunen, im Handwerk<br />

und bei den planenden Berufen. Zudem<br />

beauftragte die Stiftung beim Wuppertal<br />

Institut für Klima, Umwelt, Energie eine<br />

konzeptionelle Recherche zum klimaverträglichen<br />

Umgang mit dem Bestand.


49


50 Zinsanstieg<br />

Die Folgen bei einer<br />

Anschlussfinanzierung:<br />

rasanter Zinsanstieg<br />

Folgen des Zinsanstiegs<br />

Die Zeiten der niedrigen Bauzinsen sind vorbei; mit dem Beginn<br />

des Jahres <strong>2022</strong> endete die vielfach, auch negativ diskutierte Niedrigzinsphase<br />

in Deutschland. Ausgelöst durch die Finanzkrise 2008<br />

hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen deutlich gesenkt<br />

und gleichzeitig die Liquidität durch Anleihekaufprogramme<br />

massiv ausgeweitet. Das Resultat waren stetig sinkende Zinsen bis<br />

hin zu einer negativen Rendite bei Bundesanleihen.<br />

Die ersten Aktivitäten beim Ausstieg aus der ultra-expansiven<br />

Geldpolitik kamen aus Amerika, wo die amerikanische Notenbank<br />

die Zinsen sukzessive erhöhte. Als Reaktion darauf und um die<br />

hohen Inflationsraten in Europa zu bekämpfen, sah sich auch die<br />

EZB gezwungen, aus den Anleihekaufprogrammen auszusteigen<br />

und die Leitzinsen zu erhöhen.<br />

Seit Jahresanfang sind sowohl die Renditen der Bundesanleihen<br />

und Pfandbriefe als auch die Zinsen für Wohnungsbaukredite<br />

stark gestiegen. Trotz eines leichten Rückgangs im Sommer dieses<br />

Jahres stiegen die Bauzinsen zuletzt sogar auf über vier Prozent. Es<br />

ist davon auszugehen, dass sich die Lage bei den Zinsen in absehbarer<br />

Zeit nicht nachhaltig entspannen wird. Ein weiterer Anstieg<br />

ist aufgrund der Ankündigungen der EZB eher wahrscheinlich.<br />

Die Folgen der Zinserhöhung machen sich auch auf den Immobilienmärkten<br />

bemerkbar:


51<br />

PROF. DR. GÜNTER VORNHOLZ<br />

Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum<br />

• Erstens bei Portfolioentscheidungen: Die Kapitalanleger vergleichen<br />

die Rendite der Anleihen mit der Immobilienrendite und<br />

stellen fest, dass die Anleiherenditen deutlich attraktiver geworden<br />

sind. Es erfolgen Umschichtungen im Portfolio bzw. Neuanlagen<br />

von Kapital nicht mehr vorzugsweise in Immobilien.<br />

• Zweitens kommt es bei der Finanzierung durch die Zinserhöhung<br />

zu einer Belastung der Käufer. Als Reaktion auf den massiven<br />

Zinsanstieg haben viele Immobilienerwerber ihre Eigenkapitalquoten<br />

erhöht oder die Tilgungsrate bei Neuabschlüssen deutlich<br />

gesenkt. Der Anstieg der Bauzinsen hat insgesamt dazu geführt,<br />

dass sich viele Menschen eine Wohnimmobilie nicht mehr leisten<br />

können oder wollen. So ging seit Jahresanfang die Nachfrage nach<br />

Baufinanzierungen sowohl für Neubauten bei Eigennutzern als<br />

auch bei Kapitalanlegern deutlich zurück.<br />

• Drittens leidet der Bau bzw. die Projektentwicklungen. Durch<br />

die Zinserhöhungen wird entweder die Zwischenfinanzierung teurer<br />

oder insgesamt der Bau von Immobilien. Darüber hinaus droht<br />

die Gefahr, dass das Objekt nicht verkauft werden kann.<br />

• Viertens wird auf die Gefahr einer steigenden Belastung bei<br />

einer Anschlussfinanzierung bzw. Umschuldung hingewiesen.<br />

Anschlussfinanzierung bzw. Umschuldung<br />

Über lange Jahre war das Eigenheim trotz fehlendem Eigenkapital<br />

und moderatem Einkommen für viele Haushalte relativ problemlos<br />

realisierbar. Durch den erheblichen Anstieg der Bauzinsen für<br />

Immobilienfinanzierungen im Jahr <strong>2022</strong> hat sich das plötzlich geändert.<br />

Es besteht die Angst vor negativen Auswirkungen einer<br />

Umschuldung bzw. Anschlussfinanzierung für die Haushalte.<br />

Zahlreiche Darlehensnehmer, die ihre Immobilienkredite noch<br />

tilgen müssen, blicken mit Sorge auf das Auslaufen der Zinsbindungsfrist<br />

oder das Laufzeitende ihres Kreditvertrags. Je nach<br />

Ausgangslage müssen sich diese infolge gestiegener Bauzinsen<br />

auf gravierende Konsequenzen einstellen. Nach Auslauf der Zinsbindung<br />

muss ein Immobilienkredit grundsätzlich zu aktuellen<br />

Zinssätzen refinanziert werden. Kreditnehmer, die sich vor längerer<br />

Zeit für den Bau bzw. Kauf eines Hauses bzw. Wohnung verschuldet<br />

haben, würden jetzt bei einer Umschuldung mit höheren<br />

Zinsen belastet. Auch für die zukünftige Entwicklung wird dies als<br />

Risiko gesehen.<br />

Quelle: www.bundesbank.de<br />

­f


52<br />

Wohnungspolitik Zinsanstieg<br />

Die Hypothekenzinsen mit einer Laufzeit von mehr als zehn<br />

Jahren sanken seit Anfang der 1990er Jahre kontinuierlich bis zum<br />

Jahresende 2021. Nach den letzten veröffentlichten Daten der<br />

Deutschen Bundesbank über Hypothekenzinsen mit einer Laufzeit<br />

von über zehn Jahren lag dieser Zinssatz bei rund drei Prozent,<br />

nach Angaben der Interhyp AG ist der Zinssatz mittlerweile auf<br />

über vier Prozent (Ende Oktober <strong>2022</strong>) gestiegen. Dadurch ergeben<br />

sich verschiedene Szenarien, wobei aufgrund fehlender Daten<br />

keine Aussage über die jeweilige empirische Bedeutung gemacht<br />

werden kann.<br />

Die Effekte der Umschuldung für einzelne Haushalte hängen<br />

entscheidend davon ab, zu welchem Zinssatz, zu welchem Zeitpunkt<br />

und mit welcher Laufzeit ein Kreditvertrag in der Vergangenheit<br />

abgeschlossen wurde. Trotz des sehr starken Zinsanstiegs<br />

von gut einem Prozent auf aktuell gut vier Prozent je nach Laufzeit<br />

kann es durch eine aktuelle notwendige Umschuldung oder Nachverhandlung<br />

zu einer stärkeren Belastung oder aber auch zu einer<br />

Entlastung kommen.<br />

Schlechte Nachrichten gibt es für die Kreditnehmer, die ihren<br />

Kreditvertrag in den letzten zehn Jahren abgeschlossen haben. Der<br />

aktuelle Zins liegt über dem zum Abschluss des Vertrags. Somit<br />

kommt es zu einer höheren Zinsbelastung, wenn ein neuer Darlehensvertrag<br />

abgeschlossen wird. Wäre zum Beispiel vor einem<br />

Jahr (2021) nur ein Überbrückungskredit von einem Jahr Laufzeit<br />

abgeschlossen worden, so würde sich nun die Zinszahlung vervierfachen.<br />

Bei den weiteren Verträgen, die in den letzten zehn Jahren<br />

abgeschlossen wurden, ist es ebenso wichtig, wie hoch die Tilgung<br />

in den vergangenen Jahren war. So kann durch einen geringeren<br />

Kreditbetrag ein Teil des Zinsanstiegs kompensiert werden.<br />

Für diejenigen, die in der Niedrigzinsphase Immobilienkredite<br />

zu günstigen Konditionen abschließen konnten und diese Zinsen<br />

nicht langfristig festgeschrieben haben, wird es allerdings kritisch.<br />

In absehbarer Zeit werden sie sich um eine Anschlussfinanzierung<br />

bemühen müssen. Oft ist nach Ablauf eines Zinsbindungsabschnitts<br />

eine Anschlussfinanzierung nötig. Werden dafür nun<br />

höhere Sollzinsen verlangt als für die laufende Zinsbindungsfrist,<br />

müssen Kreditnehmer höhere monatliche Raten aufbringen oder<br />

längere Abzahlungszeiträume in Kauf nehmen. Die Auswirkungen<br />

des Zinsanstiegs spüren dabei diejenigen am meisten, die noch<br />

eine hohe Restschuld zu tilgen haben. Je nachdem, in welchem<br />

Lebensalter die Haushalte ihr Eigenheim erworben haben, kann<br />

sich die Abzahlung des Immobilienkredits möglicherweise sogar<br />

bis ins Rentenalter verlängern. Bei manchen Eigenheimbesitzern<br />

kann infolge eines Zinsanstiegs eventuell sogar die gesamte Finanzierung<br />

gefährdet sein.<br />

Besonders problematisch kann es insbesondere für Haushalte werden,<br />

die<br />

• hohe Darlehensbeträge mit kurzer Zinsbindung aufgenommen<br />

haben,<br />

• hohe Kredite aufgenommen haben und verhältnismäßig<br />

wenig tilgen oder die<br />

• die Grenze der tragbaren Belastung mit ihrer jetzigen Finanzierung<br />

schon erreicht haben.<br />

Gute Nachrichten gibt es für Kreditnehmer, die einen Kreditvertrag<br />

vor 2012 abgeschlossen und noch keine Umschuldung<br />

vorgenommen haben. Teilweise konnten oder wollten die Darlehensnehmer<br />

ihre alten bestehenden Kreditverträge nicht umschulden.<br />

Durch eine vorzeitige Umschuldung hätten sich womöglich<br />

Geld und Zinsen sparen lassen, aber es sind die Bedingungen in<br />

den Kreditverträgen zu beachten und mögliche Gebühren bei vorzeitiger<br />

Zurückzahlung gegenzurechnen.<br />

Vor mehr als zehn Jahren, als die jetzt endenden Zinsbindungsfristen<br />

vereinbart wurden, war das Bauzinsniveau ähnlich hoch<br />

bzw. noch deutlich höher. Bei älteren Verträgen wird der diesjährige<br />

Anstieg der Bauzinsen bislang noch nicht zu den vorher beschriebenen<br />

Schwierigkeiten führen. Schon in den letzten Jahren<br />

haben die Haushalte teilweise die sehr günstige Zinsentwicklung<br />

genutzt, um trotz Vorfälligkeitsentschädigungen neue Kredite zu<br />

den damals sehr niedrigen Zinsen abzuschließen. Diese Haushalte<br />

haben profitiert.<br />

Weiterhin profitieren Schuldner trotz des drastischen Zinsanstiegs<br />

<strong>2022</strong> noch bei Verlängerung eines auslaufenden Kreditvertrags.<br />

Je älter Kreditverträge sind, desto stärker fällt dieser Effekt<br />

sogar noch aus. Immobilienkäufer, die ein Darlehen aufnehmen,<br />

zahlen heute im historischen Vergleich deutlich weniger Zinsen. So<br />

betrug der Hypothekenzins vor 20 Jahren (2002) rund 5,5 Prozent<br />

je nach Laufzeit des Kreditvertrags und lag damit deutlich über<br />

dem aktuellen Zinsniveau.<br />

Perspektiven der Zinsentwicklung<br />

Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Zukunft ziehen?<br />

Wie hoch wird das Zinsniveau in 10 oder 20 Jahren sein?<br />

Ein Hinweis kann sich aufgrund der historischen Entwicklung der<br />

Zinsen ergeben.<br />

• Die Hypothekenzinsen liegen noch leicht unter dem Durchschnittszins<br />

der letzten 30 Jahre, der bei durchschnittlich 4,5 Prozent<br />

lag. Der Durchschnittszins der letzten 40 Jahre betrug sogar<br />

5,5 Prozent und war damit noch höher. Aber: Der aktuelle Zins ist<br />

leicht höher als der Durchschnittszins von rund 3,5 Prozent der<br />

letzten 20 Jahre.<br />

• Das derzeitige Zinsniveau ist somit nicht außergewöhnlich<br />

hoch, wohl aber der rasante Anstieg seit Jahresbeginn.<br />

Allerdings lässt sich daraus noch keine Prognose oder Empfehlung<br />

ableiten. Der Abschluss eines Kreditvertrags, ob mit langfristig<br />

oder kurzfristig festgelegtem Zinssatz, ist immer auch eine<br />

Wette darüber, wie sich die Zinsen entwickeln werden. Die EZB<br />

wird vor dem Hintergrund der Entwicklung der Inflationsrate und<br />

auch der wirtschaftlichen Entwicklung ihre Entscheidungen treffen<br />

und diese sehen eher nach weiteren Zinsschritten nach oben aus.<br />

Es ist eher unwahrscheinlich, dass die EZB die Leitzinsen wieder<br />

auf das Niedrigzinsniveau des letzten Jahres senken wird.<br />

Meiner Ansicht nach gibt es einige, die trotz des massiven<br />

Zinsanstiegs auch heute noch profitieren können. Ihre Zahl ist aber<br />

statistisch nicht erfasst. h<br />

Im schlimmsten Fall, wenn die Restschuld und die Zinsdifferenz so<br />

hoch sind, dass der monatlich für die Rate verfügbare Betrag nicht<br />

mehr für Zins und Tilgung ausreicht, können die Zinsanpassung<br />

oder die Prolongation sogar scheitern.


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54<br />

Zinsentwicklung<br />

Eine volkswirtschaftliche Kurzanalyse der aktuellen Zinsentwicklungen<br />

Wann werden Wohnimmobilienpreise<br />

realzinsbedingt<br />

sinken?<br />

VON PROF. DR. MARKUS KNÜFERMANN<br />

Die deutschen Märkte für Wohnimmobilien befinden sich im Umbruch:<br />

Energiekosten steigen extrem, eine geopolitische wird zur<br />

ökonomischen Unsicherheit, Lieferketten zerbrechen, Marktzinssätze<br />

steigen – es droht eine neue Rezession. Unter diesen Bedingungen<br />

scheint die Party auf den Immobilienmärkten vorbei zu<br />

sein. Wie werden sich vor diesem Hintergrund die Wohnimmobilienpreise<br />

entwickeln?<br />

Alle genannten Umbruchdeterminanten sind Ergebnisse der<br />

Regierungsarbeit und stehen im Zusammenhang mit Lockdowns<br />

zu Corona-Pandemie-Zeiten, ökonomischen Russland-Sanktionen<br />

sowie geldpolitischer Anarchie im Eurosystem und spiegeln sich<br />

in den angestiegenen Inflationsraten wider. Dabei ist diese Entwicklung<br />

gar nicht auf Deutschland fixiert, sondern ein Problem<br />

aller großen Volkswirtschaften dieser Welt. Die Inflation wiederum<br />

beschleunigt den Umbruch nochmals, sodass die aktuelle Entwicklung<br />

eine sich selbst anfeuernde Negativspirale werden kann.<br />

Die Inflation besitzt einen großen Einfluss auf das Marktzinsniveau.<br />

Letzteres ist gesamtwirtschaftliche Determinante der Investitionstätigkeit.<br />

Investieren ist die (nach Möglichkeit) wertschöpfende<br />

Nachfrage in einer Volkswirtschaft. Der Bau von Immobilien<br />

ist eine Investition, weil das nachgefragte Gut nicht durch Konsum<br />

verschwindet. Mieten ist dagegen Konsum. Die Mietleistung ist<br />

nach vordefinierter Frist abgewohnt, die Immobilie selbst, also das<br />

Investitionsgut, bleibt bestehen. Ein steigendes Marktzinsniveau<br />

führt also nach herrschender Lehre zu weniger Neubau und Modernisierungen.<br />

Steigende Energiekosten verteuern den Neubau<br />

ebenfalls und führen tendenziell zur Reduktion gemieteter Wohnflächen.<br />

Demnach geht nicht nur die Angebotsausweitung zurück,<br />

sondern auch der Nachfrageüberhang auf den Mietwohnimmobilienmärkten.<br />

Alles in allem konsolidieren sich die Märkte.<br />

Was lehrbuchhaft schnell formuliert ist, lässt sich empirisch<br />

deutlich komplexer nachzeichnen. Mikroökonomisch ist die Wohnfläche<br />

nur unter der Bedingung der Effizienzmarkthypothese auf<br />

einzelne Quadratmeter zu skalieren. Wenn die Nebenkosten des<br />

Wohnens signifikant ansteigen, kann die Mietwohnfläche nicht<br />

um einzelne Quadratmeter verkleinert werden. Der reale Markt-


55<br />

PROF. DR. MARKUS KNÜFERMANN<br />

Der Autor lehrt an der EBZ Business School (FH) und agiert selbstständig in der Beratung von<br />

Banken- und Kapitalmarktfinanzierungen. Zuvor war er viele Jahre als Führungskraft<br />

und Prokurist im Bankgeschäft tätig.<br />

effekt muss also ein Aufstaueffekt werden, der sich erst nach der<br />

Konsumeinschränkung und dann schockmäßig entlädt. Allerdings<br />

stellt sich die Frage, wie hoch der Anteil an Haushalten mit einem<br />

solchen Aufstaueffekt sein wird. Denn durch die Corona-Pandemie<br />

ist eine neue Kultur des mobilen Arbeitens in Deutschland eingezogen<br />

und hat die Wohnraumpräferenzen durchaus verändert.<br />

Es wird sicherlich weiterhin einen wahrnehmbaren Anteil an Haushalten<br />

geben, der die gemietete Wohnfläche ausweiten will, um<br />

das mobile Arbeiten von zuhause effektiver zu gestalten. Dieser<br />

Trend könnte dann zulasten der Innenstadtwohnungen wirken,<br />

sodass regional-spezifisch wiederum der erwartete Effekt einer<br />

tendenziellen Mietwohnflächenrestriktion eintreten kann.<br />

Die Immobilienpreise entstehen durch das Zusammenspiel von<br />

Angebot und Nachfrage auf Märkten. Wenn beide Marktparteien<br />

zurückhaltender agieren, müssen sich Immobilienpreise nicht<br />

zwangsweise verändern. Der Anstieg des Marktzinsniveaus führt<br />

dagegen direkt zu sinkenden Immobilienpreisen. Denn den Wert<br />

einer Immobilie bestimmt in großem Maße der Diskontierungszinsfuß<br />

(siehe ausführlich Himmelberg et al. 2005). Dabei spielt es eine<br />

große Rolle, wenn von einer Niedrigzinsphase ausgegangen wird.<br />

„Grund hierfür ist, dass niedrigere Hypothekenzinsen größere Diskontierungseffekte<br />

in Bezug auf die künftigen Mieten und Preise<br />

haben“ (Battistini et al. <strong>2022</strong>, S. 72). Eine individualisierte Studienberechnung<br />

durch Volkswirte der Europäischen Zentralbank<br />

kommt zu dem Ergebnis, dass „ein Anstieg der Hypotheken zinsen<br />

um 1 Prozentpunkt unter sonst<br />

gleichen Bedingungen nach<br />

etwa zwei Jahren einen Rückgang<br />

der Wohnimmobilienpreise<br />

um rund fünf Prozent<br />

zur Folge hat“ (Battistini et al.<br />

<strong>2022</strong>, S. 71). Eben diese Studie<br />

notiert aber auch: „Pandemiebedingte<br />

Verschiebungen der<br />

Wohnpräferenzen könnten ein<br />

Gegengewicht zu den höheren<br />

Hypothekenzinsen bilden und<br />

die Widerstandsfähigkeit, die<br />

am Wohnimmobilienmarkt des<br />

Euroraums zu beobachten war,<br />

in gewissem Umfang erklären“<br />

(Battistini et al. <strong>2022</strong>, S. 74).<br />

In ihrem Financial Stability Review von Mai <strong>2022</strong> berechnen<br />

weitere Volkswirte der Europäischen Zentralbank für einen nachfrageinduzierten<br />

Immobilienpreisrückgang von einem Prozent eine<br />

Reduktion der Gesamtwirtschaftsleistung innerhalb von zwei Jahren<br />

in Höhe von 0,2 Prozent bis sogar 0,9 Prozent (vgl. Di Casola /<br />

Dieckelmann / Grothe et al. <strong>2022</strong>, S. 38). Daher verdient das Marktzinsniveau<br />

eine weitere vertiefte Betrachtung. Dazu visualisiert die<br />

Abbildung in diesem Beitrag die Entwicklungen von nominalen<br />

und realen Zinssätzen bzw. Renditen für die Zeit der Europäischen<br />

Währungsunion.<br />

Bei den bordeaux-farbigen Kurven ist gepunktet der nominale<br />

und linear der reale Zinssatz für gewichtet durchschnittliche<br />

Wohnungsbaukredite in Deutschland im Neugeschäft mit privaten<br />

Haushalten zu erkennen. Während der nominale Zinssatz seit Anfang<br />

2021 kontinuierlich anstieg, sank der reale Zinssatz bis Mai<br />

<strong>2022</strong> nahezu stetig weiter ab. Im Mai <strong>2022</strong> betrug die Rekorddifferenz<br />

beider Zinssätze 8,3 Prozentpunkte. In den beiden Folgemonaten<br />

stieg auch der Realzinssatz leicht an. Im letzten Berichtsmonat<br />

August <strong>2022</strong> lagen der Nominalzinssatz bei + 2,9 Prozent,<br />

der Realzinssatz bei -5,4 Prozent und die Zinssatzdifferenz bei<br />

8,3 Prozentpunkten.<br />

­f<br />

Abbildung: Nominale und reale Zinssätze für Wohnungsbaukredite<br />

in Deutschland sowie nominale und erwartete reale Renditen von<br />

Bundeswertpapieren von Januar 1999 bis September <strong>2022</strong><br />

Quelle: Deutsche Bundesbank <strong>2022</strong>; eigene Berechnungen; eigene Darstellung.


56 Zinsentwicklung<br />

Der Grund für die verzögerte Realzinssatzanpassung sind die<br />

steigenden und hohen Inflationsraten seit Anfang 2021. Wichtig<br />

ist hierbei zu berücksichtigen, dass Realzinssätze nicht mehr allein<br />

als Differenz von Nominalzinssatz und Inflationsrate (= sog. Fisher-<br />

Regel für kleine Inflationsraten) berechnet werden. Vielmehr ist<br />

diese Differenz noch um den jeweiligen Kaufkraftverlust zu diskontieren<br />

(vgl. Knüfermann 2021, S. 149 f. und Knüfermann/<br />

Vornholz <strong>2022</strong>, S. 402). Zum Vergleich hätte der Realzinssatz im<br />

August <strong>2022</strong> nach der Fisher-Regel - 5,9 Prozent anstatt der genannten<br />

- 5,4 Prozent betragen. Bei negativen Differenzen führt<br />

die Diskontierung also zu einem höheren Realzinssatz et vice versa.<br />

Weiterhin sind zur Berechnung von Realzinssätzen die korrekten<br />

Inflationsraten zu berücksichtigen. Für die Geldpolitik im<br />

Eurosystem, also auch für die Deutsche Bundesbank gelten die<br />

Harmonisierten Verbraucherpreisinflationsraten (HVPI). Nicht mehr<br />

relevant sind Nationale Verbraucherpreisinflationsraten (NVPI). Im<br />

September <strong>2022</strong> betrug für Deutschland die NVPI 9,9 Prozent, die<br />

HVPI aber 10,9 Prozent. Berechnungsmethodik und Auswahl der<br />

Inflationsraten besitzen einen großen Einfluss auf die Realzinssätze.<br />

In der Abbildung zu diesem Beitrag sind die realen Kreditzinssätze<br />

auf Basis der HVPI-Werte berechnet. Die Deutsche Bundesbank<br />

selbst ist in diesem Kontext nicht stringent und berechnet<br />

und kommuniziert Realzinssätze für Spareinlagen mit dreimonatiger<br />

Kündigungsfrist auf Basis der Fisher-Regel und der NVPI. Die<br />

Ergebnisse geben also eine verzerrte Wirklichkeit wieder. Für August<br />

<strong>2022</strong> weist die Zentralbank einen realen Sparzinssatz in Höhe<br />

von - 7,3 Prozent aus, korrekt berechnet liegt er aber bei - 8,0 Prozent;<br />

die deutschen Sparerinnen und Sparer stehen also schlechter<br />

da, als es kommuniziert wird (vgl. Deutsche Bundesbank <strong>2022</strong>).<br />

Die bisherigen Überlegungen basieren auf Realzinssatzberechnungen<br />

im Nachhinein. Doch Zinssätze und dazugehörige Investitionsentscheidungen<br />

wirken in die Zukunft. Daher sind Realzinssätze<br />

eigentlich auf Basis erwarteter Inflationsraten zu berechnen.<br />

Hierzu erhebt die Deutsche Bundesbank eine eigene Datenreihe.<br />

Auf Basis der Renditen für Bundeswertpapiere mit zehnjähriger<br />

Restlaufzeit berechnet sie auf der Grundlage der Fisher-Regel<br />

die erwarteten Realzinssätze für eben diese Bundeswertpapiere.<br />

„Im Ergebnis werden die zum Zeitpunkt des Erwerbs der Schuldverschreibungen<br />

erwarteten künftigen Realzinsen gezeigt“ (Deutsche<br />

Bundesbank <strong>2022</strong>).<br />

Beide Zeitreihen sind als grüne Kurven ebenfalls in der Abbildung<br />

zu diesem Beitrag enthalten. Wiederum visualisiert die<br />

gepunktete Kurve die nominalen Werte und die Linienkurve die<br />

erwarteten Realzinssätze. Hierbei fällt auf, dass die Differenzen<br />

zwischen nominalen und (erwarteten) realen Werten in den meisten<br />

Fällen zwischen 1,5 Prozentpunkten und 2,0 Prozentpunkten<br />

liegen. Seit Ende 2021 liegen sie jedoch oberhalb der 2-Prozent-<br />

Grenze, seit August <strong>2022</strong> beträgt die Differenz sogar 3,1 Prozentpunkte.<br />

Die Betrachtung der realen Zinssätze für Wohnungsbaukredite<br />

und Bundeswertpapiere hat gezeigt, dass im Betrachtungszeitraum<br />

seit Einführung des Euro die realen Verzinsungen langfristig<br />

gesunken sind. Bei den erwarteten Realzinssätzen für Bundeswertpapiere<br />

ist auch im Jahr <strong>2022</strong> noch keine Trendumkehr zu<br />

konstatieren. In der Zinstheorie gilt dagegen die Vermutung langfristig<br />

konstanter Realzinssätze, wenn sich die nominalen Zinssätze<br />

vollständig an der Inflationsentwicklung ausrichten (= sog. Fisher-<br />

Effekt oder Preiserwartungseffekt). Für das betrachtete Zeitfenster<br />

ist diese theoretisch belegte Vermutung empirisch nicht zu bestätigen.<br />

Issing (2011, S. 117) erklärt das grundsätzliche Problem bei einem<br />

unterstellten Preiserwartungseffekt durch folgende drei Gründe:<br />

• Eine direkte Umsetzung höherer Zinsforderungen bereits<br />

bei lediglich erwarteten ansteigenden Inflationsraten erscheint<br />

nicht durchsetzbar zu sein.<br />

• Wirtschaftssubjekte sind nicht in der Lage, mit Sicherheit<br />

Inflationsprognosen zu stellen.<br />

• Es existieren keine kollektiv-homogenen, sondern<br />

hetero gene Inflationserwartungen. Es kann also sein, dass eine<br />

Marktseite unter Umständen nicht in der Lage ist, die eigenen<br />

Inflationserwartungen durchzusetzen.<br />

Die Entwicklung der Nominalzinssätze entspricht zusammenfassend<br />

nicht der Entwicklung der Inflationsraten, sodass zumindest<br />

noch die erwarteten Realzinssätze keiner Zinswende unterliegen.<br />

Der Einfluss steigender Nominalzinssätze hat nach eigenen<br />

Markterfahrungen zwar schon zu Anpassungen der Investitionsaktivitäten<br />

auf den deutschen Immobilienmärkten geführt. Gesamtwirtschaftlich<br />

steuert aber die Realverzinsung die Investitionstätigkeiten.<br />

Solange diese Realverzinsung noch nicht schockartig<br />

ansteigt, sind auch keine crash-artigen Aktionen bei Immobilieninvestitionen,<br />

keine Exit-Strategien und Abverkäufe von Immobilien<br />

zu erwarten.<br />

In diesem Beitrag konnte aber aufgezeigt werden, dass die<br />

Realzinssätze in unterschiedlicher Weise berechnet werden. Die<br />

mathematisch korrekte Weise mittels Diskontierung identifizierte<br />

einen kurzfristigen Trend steigender Realzinssätze bei Wohnungsbaukrediten.<br />

Sollte dieser Trend anhalten, wäre auch eine reale<br />

Zinswende eingeleitet. In diesem Fall müsste mit deutlichen Korrekturen<br />

an der Immobilienpreisentwicklung gerechnet werden. h<br />

Literaturverzeichnis<br />

Battistini, N./Gareis, J./Roma, M. (<strong>2022</strong>): Auswirkungen der<br />

steigenden Hypothekenzinsen auf den Wohnimmobilienmarkt im<br />

Euro-Währungsgebiet. In: Europäische Zentralbank (Hrsg.): Wirtschaftsbericht,<br />

Ausgabe 6/<strong>2022</strong>; URL: „https://www.bundesbank.de/resource/<br />

blob/897358/372305ba911aa3abc9e803670 75b1995/mL/<strong>2022</strong>-06-ezbwb-data.pdf“<br />

(Download der PDF-Datei am 27. September <strong>2022</strong>);<br />

S. 70-74.<br />

Deutsche Bundesbank (<strong>2022</strong>): Statistiken. URL: „https://www.bundesbank.de/de/statistiken“<br />

(Abruf diverser Marktdaten und Informationen<br />

am 27. September <strong>2022</strong> und 8. Oktober <strong>2022</strong>).<br />

Di Casola, P./Dieckelmann, D./Grothe, M. et al. (<strong>2022</strong>): Drivers of<br />

rising house prices and the risk of reversal. In: Europäische Zentralbank<br />

(Hrsg.): Financial Stability Review, May <strong>2022</strong>; URL: „https://www.ecb.<br />

europa.eu/pub/pdf/fsr/ecb.fsr<strong>2022</strong>05 ~f207f46ea0.en.pdf“ (Download<br />

der PDF-Datei am 27. September <strong>2022</strong>); S. 35-38.<br />

Himmelberg, Ch./Mayer, Ch./Sinai, T. (2005): Assessing High House<br />

Prices: Bubbles, Fundamentals and Misperceptions. In: Journal of Economic<br />

Perspectives, 19. Jg. (Heft 4), S. 67-92.<br />

Issing, O. (2011): Einführung in die Geldtheorie, 15. Auflage. München:<br />

Vahlen.<br />

Knüfermann, M. (2021): Wirtschaftspolitisches Wissen für die Wohnungs-<br />

und Immobilienwirtschaft, 2. Auflage. Wiesbaden: Springer<br />

Gabler.<br />

Knüfermann, M./Vornholz, G. (<strong>2022</strong>): Inflation, Zinswende und<br />

Immobilienmärkte – Folgen für die Immobilienpreise. In: Immobilien & Finanzierung,<br />

73. Jg. (Heft 9), S 16-19; siehe auch die URL: „https://www.<br />

kreditwesen.de/immobilien-finanzierung/ themenschwerpunkte/digitalersonderdruck/inflation-zinswende-immobilienmaerkte-<br />

folgen-<br />

fuer-id82383.html“ (Download der PDF-Datei am 27. September)


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58<br />

Cybersicherheit<br />

Cyber-Attacke<br />

VON THORSTEN LINGE SENIOR CLIENT MANAGER<br />

Neben der Sicherung der Energieversorgung und der Herausforderung<br />

durch steigende Strom- und Heizkosten gibt es eine<br />

weitere allgegenwärtige Bedrohung, die in der Wohnungswirtschaft<br />

nicht vernachlässigt werden darf: Die Gefahr, Opfer eines<br />

Cyberangriffs zu werden.


59<br />

THORSTEN LINGE<br />

ist seit 2019 Leiter für den Bereich Direktkunden bei Perseus<br />

Technologies GmbH. Vor seiner Tätigkeit bei dem Berliner<br />

Cybersicherheitsunternehmen war er über 20 Jahre bei<br />

einem internationalen Versicherer in verschiedenen Positionen<br />

tätig.<br />

Aktuelle Beispiele aus der Branche<br />

Allein in Deutschland werden mittlerweile neun von zehn Unternehmen<br />

Opfer von Cyberkriminellen. Es entsteht ein Schaden in<br />

dreistelliger Milliardenhöhe (Bitkom). Unternehmen aus der Immobilien-<br />

und Wohnungswirtschaft stehen mitunter im Fokus.<br />

Ransomware-Angriffe sind dabei am weitesten verbreitet (Hiscox<br />

Cyber Readiness Report 2020). 50 Prozent aller befragten Unternehmen<br />

waren schon einmal Ziel von Ransomware-Angriffen.<br />

Im Jahr 2021 ist diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr um ganze<br />

83 Prozent gestiegen (Recorded Future).<br />

Im Jahr 2020 wurde beispielsweise ein Münchner Wohnungsunternehmen<br />

Opfer eines Ransomware-Angriffs, der einen Großteil<br />

der IT-Systeme und die darauf befindlichen Daten verschlüsselte.<br />

Die Mitarbeitenden konnten fast zwei Wochen nicht auf<br />

ihre geschäftlichen E-Mails zugreifen. Im Jahr <strong>2022</strong> meldete eine<br />

österreichische Wohnungsgenossenschaft, dass sie Opfer eines<br />

groß angelegten Cyberangriffs wurde. Auch hier wurden die<br />

IT-Systeme durch Verschlüsselungssoftware gestört und waren<br />

nur eingeschränkt nutzbar. Bei diesem Vorfall konnte nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass sich kriminelle Hacker Zugang zu Kundendaten<br />

verschafft hatten.<br />

­f<br />

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PERSEUS<br />

Die Perseus Technologies GmbH wurde im September 2017 mit der Vision gegründet, Unternehmen dauerhaft IT-Sicherheit<br />

und Datenschutz zu ermöglichen. Ziel des mitarbeiterzentrierten Angebots von Perseus ist die Etablierung einer langfristigen<br />

Cybersicherheitskultur. Das Perseus-Konzept beinhaltet eine Cybersicherheits-Risikobewertung, ein umfassendes<br />

Cyber-Präventionsangebot mit Online-Trainings für Mitarbeitende und automatisierten Phishing-Simulationen sowie eine<br />

24/7-Cybernotfallhilfe.<br />

Der Unternehmensname Perseus lehnt sich an die Legende des Perseus an. Dieser Held der griechischen Mythologie steht<br />

für Schutz und Sicherheit. Für sein Engagement wurde Perseus im Dezember 2018 mit dem Digitalen Leuchtturm Award für<br />

innovative Versicherungsprodukte ausgezeichnet. Die über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus 20 Nationen<br />

und arbeiten gemeinsam im FinTech-Hub H:32 in Berlin.<br />

Pressekontakt:<br />

Perseus Technologies GmbH<br />

Xenia Silbe<br />

Senior Communication Managerin<br />

E-Mail: media@perseus.de<br />

www.perseus.de<br />

Doch warum geraten gerade Wohnungsunternehmen<br />

ins Visier der Hacker?<br />

Um diese Frage zu beantworten, muss man die Angriffsmethoden<br />

der Cyberkriminellen verstehen. Auf der einen Seite agieren die<br />

Täter willkürlich. Das bedeutet, dass Unternehmen großflächig und<br />

wahllos angegriffen werden. Jedes Unternehmen oder jede Organisation<br />

kann so zu einem Opfer werden. Eine andere Möglichkeit<br />

ist der gezielte Angriff. In diesem Fall gehen kriminelle Hacker<br />

strukturiert vor und fokussieren sich auf ein Unternehmen. Dabei<br />

kann es durchaus eine Rolle spielen, ob das Unternehmen über<br />

Daten verfügt, die digital verarbeitet werden, und inwieweit das<br />

Unternehmen gegen Bedrohungen aus dem Internet abgesichert<br />

ist.<br />

Digitalisierungsgrad in der Branche steigt –<br />

so auch das Risikopotenzial<br />

Wohnungsgenossenschaften und -unternehmen setzen zunehmend<br />

Hard- und Software ein, um die tägliche Arbeit zu erleichtern.<br />

So werden zum Beispiel alte archivierte Akten und Unterlagen<br />

nach und nach digitalisiert. Wohnungsausstattungen werden<br />

digital gespeichert. Verträge mit Dienstleistern und Lieferanten<br />

werden per E-Mail verschickt und digital unterschrieben. Auch<br />

Baupläne werden digital bearbeitet und weitergeleitet. Kurzum,<br />

die Branche ist im digitalen Zeitalter angekommen. Durch die<br />

Schnelllebigkeit dieser digitalen Prozesse kann es vorkommen,<br />

dass wichtige Sicherheitsmaßnahmen mitunter nicht vollständig<br />

umgesetzt werden. Es entstehen Sicherheitslücken. Für Cyberkriminelle<br />

stellen diese Unternehmen so attraktive Ziele dar.<br />

So schützen Sie sich und Ihre Kundschaft<br />

Umso wichtiger ist es für Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsunternehmen,<br />

sich gegen mögliche Angriffe von Cyberkriminellen<br />

zu schützen. Der erste Schritt: Die Unternehmen<br />

müssen sich der Gefahr bewusst werden und sie als solche wahrnehmen.<br />

Denn je weniger das Bewusstsein für die sehr reale Bedrohung<br />

vorhanden ist, desto weniger wird in Schutzmaßnahmen<br />

investiert – und desto wahrscheinlicher sind erfolgreiche Cyberangriffe.<br />

Cybersicherheit muss Teil einer jeden Unternehmenskultur<br />

werden. Bei der Etablierung einer nachhaltigen Cybersicherheitskultur<br />

spielt vor allem die Integration von Cyber- und Datensicherheit<br />

in den Arbeitsalltag eine entscheidende Rolle – beginnend auf<br />

der Führungsebene. Neben technischen Maßnahmen wie einer<br />

aktiven Firewall und einem aktuellen Antivirenprogramm sind<br />

die eigenen Mitarbeitenden der beste Schutz vor Cyberangriffen.<br />

Präventive Cybersicherheitstrainings und Phishing-Simulationen<br />

schärfen das Bewusstsein für Cyberrisiken deutlich und beugen<br />

Cyberangriffen langfristig vor. Externe Dienstleister können hier<br />

beratend zur Seite stehen.<br />

Thorsten Linge, Leiter Direktkunden bei Perseus Technologies,<br />

fasst zusammen: „Cybergefahren müssen gezielt bekämpft werden.<br />

Die Betrachtung, ob die richtige Hard- oder Software zum Einsatz<br />

kommt, reicht heutzutage nicht aus. Vielmehr sind Faktoren<br />

wie die menschliche Komponente oder eine auf Notfälle vorbereitete<br />

Organisation relevant. Denn die Mehrheit der Cyber attacken<br />

wird im Unternehmen von vermeidbaren Fehlern verursacht,<br />

wie zum Beispiel das unwissentliche Anklicken einer Phishing-<br />

E-Mail. Nur die Mischung aus präventiven Maßnahmen, effektiven<br />

Strukturen für den Angriffsfall sowie die gezielte Nachbearbeitung<br />

und Umsetzung von Lessons Learned macht eine nachhaltige<br />

Cybersicherheitsstrategie aus.” h


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62<br />

Betriebskosten<br />

Betriebskosten<br />

aktuell<br />

Bauindustrie senkt Umsatzprognose<br />

für <strong>2022</strong> und 2023<br />

Das Statistische Bundesamt meldete für August einen preisbereinigten<br />

Rückgang des Umsatzes im Bauhauptgewerbe im Vergleich<br />

zum Vorjahresmonat von 5,1 Prozent. „Für die ersten acht<br />

Monate sind wir mittlerweile bei einem realen Minus von 4,3 Prozent.<br />

Wir sehen uns daher gezwungen, unsere Umsatzprognose<br />

für das Gesamtjahr <strong>2022</strong> vom Mai anzupassen. Zur Jahresmitte<br />

sind wir (für alle Betriebe) noch von einer Spannbreite von real<br />

Null bis minus zwei Prozent ausgegangen. Dies ist nicht mehr zu<br />

halten. Wir erwarten nun für das Gesamtjahr <strong>2022</strong> einen realen<br />

Umsatzrückgang von fünf Prozent.“ Mit diesen Worten kommentiert<br />

der Präsident der BAUINDUSTRIE, Peter Hübner, die aktuellen<br />

Konjunkturindikatoren für die Bauwirtschaft.<br />

Die besondere Situation am Bau erläutert Hübner wie folgt:<br />

„Die Unternehmen selbst rechnen nicht in preisbereinigten (realen),<br />

sondern in tagesaktuellen (nominalen) Preisen, weshalb sie<br />

weiterhin hohe positive Umsätze ausweisen. Auch der Auftragsbestand<br />

ist noch relativ hoch. Der Effekt, dass für das gleiche<br />

Geld inflationsbedingt aber weniger Bauleistung erbracht wird,<br />

trifft vor allem die Auftraggeber. Diese können künftig mit dem<br />

gleichen Geld weniger Projekte umsetzen, die aber heute und in<br />

Zukunft dringend gebraucht werden. Zudem schaffen die starken<br />

Preissteigerungen bei Baumaterial und Energie, der Zinsanstieg<br />

sowie höhere Lebenshaltungskosten ein zunehmend unsicheres<br />

Marktumfeld für private und öffentliche Bauherren. Schon heute<br />

führt dies zu einem Rückgang beim Auftragseingang sowie zu<br />

Stornierungen auf einem ungewöhnlich hohen Niveau.“<br />

Die Bauunternehmen hätten für den August <strong>2022</strong> im Vergleich<br />

zum Vorjahresmonat ein reales Orderminus von 14,2 Prozent<br />

(kalenderbereinigt: - 15,6 Prozent) und zum Vormonat von<br />

6,0 Prozent gemeldet. Für die ersten acht Monate sei dies mittlerweile<br />

ein Rückgang von real 5,0 Prozent (kalenderbereinigt: - 5,2<br />

Prozent). „Das sind keine guten Vorzeichen für das laufende und<br />

das kommende Jahr“, beurteilt Hübner die aktuelle Lage. „Im<br />

Wohnungsbau spüren wir heute schon eine De-facto-Investitionsbremse<br />

– der Auftragseingang ist im August um real 24 Prozent<br />

eingebrochen. Angesichts des hohen Bedarfs an Wohnraum erschreckend.“h<br />

Alle Angaben und Berechnungen beruhen auf Daten des<br />

Statistischen Bundesamtes.<br />

Foto: Peter Hübner ???


63<br />

Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) |<br />

Anpassung der Pauschalen für Verwaltungs-/<br />

Instandhaltungskosten zum 01.01.2023<br />

Gemäß §§ 26 Abs. 4 und 28 Abs. 5a II. BV verändern sich die<br />

im Rahmen der Kostenmiete für preisgebundene Wohnungen<br />

ansetzbaren Verwaltungs- und Instandhaltungskostenpauschalen<br />

alle drei Jahre auf Basis der Verbraucherpreisentwicklung. Maßgeblich<br />

hierfür ist jeweils die Veränderung des der Anpassung der<br />

Pauschalen vorausgehenden Oktober-Indexes gegenüber dem<br />

Oktober-Index drei Jahre zuvor.<br />

Zuletzt erfolgte diese Anpassung zum 1. Januar 2020<br />

(s. auch Rundschreiben „Wohnungswirtschaft “ vom 13. Novem -<br />

ber 2019). Nach Ablauf des „Drei-Jahres-Zeitraumes“ erfolgt die<br />

nächste Anpassung zum 1. Januar 2023. Die hierfür zugrunde<br />

zu legende Veränderung des Verbraucherpreisindexes für<br />

Deutschland ergibt sich aus folgender Berechnung:<br />

Verbraucherpreisindex Oktober 2019 = 106,1 (Basis 2015 = 100)<br />

Verbraucherpreisindex Oktober 2012 = 122,2 (Basis 2015 = 100)<br />

Verringerung bei eigenständig<br />

gewerblicher Lieferung von Wärme<br />

(§ 28 Abs. 2 Satz 2 II. BV)<br />

Erhöhung bei vorhandenem<br />

Aufzug<br />

(§ 28 Abs. 2 Satz 3 II. BV)<br />

Verringerung, wenn Mieter Kosten<br />

für kleine Instandhaltungen trägt<br />

(§ 28 Abs. 3 II. BV)<br />

Ansatz für Kosten der Schönheitsreparaturen,<br />

wenn Vermieter sie<br />

trägt (§ 28 Abs. 4 II. BV)<br />

Je Garagen- oder Einstellplatz<br />

(§ 28 Abs. 5 II. BV)<br />

bisher [€] neu [€]<br />

0,25 0,29<br />

1,30 1,50<br />

1,36 1,57<br />

11,02 12,69<br />

88,23 101,62<br />

Veränderung<br />

Die Veränderung des Verbraucherpreisindexes um 16,1 Punkte<br />

entspricht einer Veränderung um 15,174 Prozent. Dies ist der Prozentsatz,<br />

um den sich die Pauschalen zum 1. Januar 2023 verändern.<br />

Auf dieser Basis ergeben sich folgende, ab 1. Januar 2023<br />

höchstens ansetzbare Verwaltungs- und Instandhaltungskostenpauschalen:<br />

Verwaltungskosten (§ 26 II. BV)<br />

16,1 Punkte<br />

bisher [€] neu [€]<br />

je Wohnung jährlich 298,41 343,69<br />

je Garagen- oder Einstellplatz 38,92 44,83<br />

Instandhaltungskosten je Quadratmeter jährlich (§ 28 II. BV)<br />

Bezugsfertigkeit bisher [€] neu [€]<br />

weniger als 22 Jahre zurückliegend 9,21 10,61<br />

mind. 22 Jahre zurückliegend 11,68 13,45<br />

mind. 32 Jahre zurückliegend 14,92 17,18<br />

Darüber hinaus rücken die jeweiligen „Grenzjahrgänge“ der<br />

jüngsten und mittleren Baualtersgruppe in die nächste ältere und<br />

damit in eine höhere Instandhaltungskostenpauschale auf. Im<br />

Jahr 2023 sind hiervon die „Grenzjahrgänge“ 2001 und 1991betroffen.<br />

Für diese erhöht sich die bisherige Instandhaltungskostenpauschale<br />

unter Berücksichtigung der Anpassung durch die<br />

Verbraucherpreisindex-Veränderung wie folgt:<br />

Bezugsfertigkeit 01.01. bis 31.12.2001 von 9,21 € auf 13,45 €<br />

Bezugsfertigkeit 01.01. bis 31.12.1991 von 11,68 € auf 17,18 €<br />

je Quadratmeter Wohnfläche jährlich.<br />

Auch auf die im Rahmen der Lastenberechnung z.B. für Eigentümer<br />

eines Eigenheims, einer Kleinsiedlung oder einer eigengenutzten<br />

Eigentumswohnung gemäß §§ 40 ff. II. BV ansetzbaren<br />

Bewirtschaftungskosten wirken sich die Änderungen der<br />

Pauschalen aus.<br />

Danach können bei der Lastenberechnung als Ausgaben für<br />

die Instandhaltung ab dem 1. Januar 2023 die um die Verbraucherpreisindex-Veränderung<br />

angepassten Instandhaltungskostenpauschalen<br />

angesetzt werden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 II. BV).<br />

Der als Ausgaben für die Verwaltung ansetzbare Betrag von<br />

z. Z. 356,79 Euro jährlich erhöht sich zum 1. Januar 2023 ebenfalls<br />

um 15,174 Prozent auf 410,93 Euro (§ 41 Abs. 2 II. BV).<br />

Wenn die aufgrund der zuvor dargestellten Veränderungen<br />

mögliche Mieterhöhung zum 1. Januar 2023 wirksam werden<br />

soll, muss die entsprechende Erhöhungserklärung den Mietern<br />

gemäß § 11 Abs. 2 HmbWoBindG spätestens am 15. Dezember<br />

<strong>2022</strong> zugegangen sein. Soweit mietvertraglich die jeweils gesetzlich<br />

zulässige Miete vereinbart wurde, ist auch eine rückwirkende<br />

Mieterhöhung möglich. h


64 Betriebskosten<br />

Papierloses Büro –<br />

Einsichtsrecht des<br />

Mieters in Originalbelege<br />

Der Mieter kann nach Treu und Glauben eine Nachforderung aus<br />

einer Betriebskostenabrechnung verweigern, wenn der Vermieter<br />

keine Einsicht in die (noch vorhandenen) Originalbelege gewährt<br />

(Anschluss an BGH GE <strong>2022</strong>, 193). Das gilt auch dann, wenn in<br />

einer Zweigstelle in der Nähe der Wohnung ein papierloses Büro<br />

geführt wird, die Originalbelege aber in einer für den Mieter unzumutbaren<br />

Entfernung aufbewahrt werden.<br />

Das hat das AG Ludwigslust durch Urteil vom 14. März <strong>2022</strong><br />

(Az.: 44 C 504/20) entschieden.<br />

Nach einer Betriebskostenabrechnung hat ein Mieter Anspruch<br />

auf Einsicht in die Belege im Original, wenn diese noch<br />

vorhanden sind. Der Vermieter darf ihn nicht auf eingescannte<br />

Kopien in einer Zweigstelle verweisen.<br />

Der Fall: Die Mieter einer Wohnung in Hagenow hatten wiederholt<br />

um Einsicht in die Originalbelege für Betriebskostennachforderungen<br />

aus mehreren Jahren gebeten. Die in Berlin ansässige<br />

Vermieterin verwies auf ein Büro in Boizenburg, bei dem die<br />

eingescannten Kopien eingesehen werden könnten. Nach Beendigung<br />

des Mietverhältnisses verlangten die Mieter ihre Kaution<br />

zurück; die Vermieterin rechnete mit Betriebskostennachforderungen<br />

für mehrere Jahre auf.<br />

Das Urteil: Das AG Ludwigslust hielt die Aufrechnung für unbegründet,<br />

da die Vermieterin die Belegeinsicht verweigert habe.<br />

Zwar könne bei Führung eines papierlosen Büros der Vermieter<br />

auf Kopien verweisen, wenn die Originalbelege nicht mehr vorhanden<br />

seien. Das gelte jedoch nicht für ein papierloses Büro in<br />

einer Zweigstelle. Dass am Hauptsitz der Vermieterin die Originalbelege<br />

nicht mehr vorhanden seien, habe sie nicht vorgetragen.<br />

Die Einsicht dort sei für die Mieter wegen der Entfernung unzumutbar,<br />

sodass die Vermieterin Einsicht in die Originalunterlagen<br />

im Büro in Boizenburg hätte ermöglichen müssen. h<br />

Quelle: GE <strong>2022</strong>, 796<br />

Dr. Peter Hitpaß, hitpass@vnw.de


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66 Betriebskosten<br />

Ratseinigung zur EPBD<br />

Der EU-Rat erzielte am 25. Oktober <strong>2022</strong> eine Einigung über<br />

den Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz<br />

von Gebäuden (EPBD). Diese legt Mindestanforderungen<br />

an die Gesamtenergieeffizienz neuer und bestehender<br />

Gebäude fest, die saniert werden. Ziel der Überarbeitung ist es,<br />

dass alle öffentlichen Gebäude bis 2028, alle neuen Gebäude bis<br />

2030 und alle bestehenden Gebäude bis 2050 emissionsfrei sind.<br />

Für bestehende Wohngebäude wurden Mindeststandards für<br />

die Gesamtenergieeffizienz festgelegt, die auf einem nationalen<br />

Zielpfad zur Dekarbonisierung bis 2050 basieren. Der nationale<br />

Zielpfad entspräche dem Rückgang des durchschnittlichen<br />

Primär energieverbrauchs des gesamten Wohngebäudebestands<br />

im Zeitraum von 2025 bis 2050 mit zwei Kontrollpunkten:<br />

• bis 2033 das Niveau der Energieeffizienzklasse D für den<br />

Durchschnitt des nationalen Gebäudebestands,<br />

• bis 2040 ein national festgelegter Wert, der sich aus einer<br />

schrittweisen Senkung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs<br />

von 2033 bis 2050 ergibt.<br />

Der Rat bestätigt in dem Vorschlag die Energiezertifizierung<br />

von Gebäuden, bei der Gebäude auf einer Skala von A bis G nach<br />

ihrer Energieeffizienz eingestuft werden. Neu ist allerdings, dass<br />

darüber hinaus eine neue Kategorie ‚A0‘ für Energieausweise eingeführt<br />

wird, die Null-Emissions-Gebäuden entspricht, sowie eine<br />

neue Kategorie ‚A+‘ für Gebäude, die nicht nur Null-Emissions-<br />

Gebäude sind, sondern auch vor Ort erneuerbare Energie in das<br />

Energienetz einspeisen. Jedoch sollen die nationalen Energieausweise<br />

beibehalten werden.<br />

Mit Blick auf erneuerbare Energien wird folgender Fahrplan<br />

für die Installation von Solaranlagen festgelegt:<br />

• bis zum 31. Dezember 2026 für alle neuen öffentlichen Gebäude<br />

und Nichtwohngebäude mit einer Nutzfläche von mehr als<br />

250 m 2 ;<br />

• bis zum 31. Dezember 2027 für alle bestehenden öffentlichen<br />

Gebäude und Nichtwohngebäude, die einer größeren oder umfassenden<br />

Renovierung unterzogen werden, mit einer Nutzfläche<br />

von über 400 m 2 ;<br />

• bis zum 31. Dezember 2029 für alle neuen Wohngebäude.<br />

Bei den Intelligenzfähigkeitsindikatoren (Smart Readiness Indicators<br />

− SRI) schlägt der Rat vor, diese bis 2026 durch die EU-<br />

Kommission zu testen und im Erfolgsfall bei Nichtwohngebäuden<br />

einzuführen.<br />

Der Rat hat mit diesem Beschluss seine Position für die Verhandlung<br />

mit dem Europäischen Parlament zur EPBD festgelegt.<br />

Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Deutschland<br />

und Irland plädieren für schärfere Mindestenergiestandards als<br />

im Ratsvorschlag vorgesehen. Insbesondere kritisieren sie die Ausnahmen<br />

für Nichtwohngebäude, die jedoch von einer großen<br />

Mehrheit der Mitgliedstaaten getragen wird.<br />

Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments wird seinen<br />

Standpunkt im Dezember <strong>2022</strong> abstimmen. Danach kann der<br />

Trilog, die Verhandlung zwischen Rat, Europäischem Parlament<br />

und Kommission, beginnen. h<br />

Quelle: GdW Europabrief 11/<strong>2022</strong>


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Ifo-Institut: Immer mehr<br />

Stornierungen im Wohnungsbau<br />

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau brandet höher. Im<br />

September <strong>2022</strong> waren 16,7 Prozent der befragten Unternehmen<br />

davon betroffen, nach 11,6 Prozent im Vormonat. Das ergaben<br />

die Umfragen des ifo Instituts. „Aufgrund der explodierenden<br />

Material- und Energiepreise sowie der steigenden Finanzierungszinsen<br />

ist die Planungssicherheit dahin. Die Baukosten steigen<br />

immer weiter. Für einige Bauherren ist das alles nicht mehr<br />

darstellbar, sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine“,<br />

sagt ifo-Forscher Felix Leiss.<br />

Die Geschäftserwartungen trübten sich nochmals ein.<br />

Sie fielen auf - 53,2 Punkte, das ist außergewöhnlich schwach.<br />

„Die Unternehmen verfügen im Schnitt immer noch über große<br />

Auftragsreserven, aber die Zukunftssorgen waren selten so groß.<br />

Die Erwartungen notieren auf dem tiefsten Stand seit Beginn der<br />

Erhebung 1991“, ergänzt Leiss. Weiterhin gab es viele Probleme<br />

beim Baumaterial, 32,7 Prozent der Unternehmen meldeten Engpässe.<br />

Im Vormonat hatte der Anteil noch bei 36,4 Prozent gelegen.<br />

„Die Materialengpässe entspannen sich nur langsam und die<br />

hohen Energiepreise verteuern das knappe Material zusätzlich.<br />

Die Bauunternehmen müssen die höheren Beschaffungskosten<br />

an die Kunden weitergeben. Für die kommenden Monate sind<br />

auf breiter Front weitere Preiserhöhungen geplant“, erklärt Leiss.<br />

Die Preispläne erhöhten sich von 48,4 auf 49,5 Punkte. h<br />

IVD-Wohn-Preisspiegel<br />

Mietsteigerungen bleiben hinter der<br />

Inflationsrate zurück – Nachfrage nach<br />

Mietwohnungen in den Speckgürteln wächst<br />

Die Mieten sind bundesweit auf moderatem Niveau gestiegen.<br />

Dabei sind sie seit über einem Jahr und vor allem seit März <strong>2022</strong><br />

weit hinter der steigenden Inflationsrate zurückgeblieben, die von<br />

Q1/ 2021 bis Q1/ <strong>2022</strong> bei etwa 5,8 Prozent lag. Das ist ein zentrales<br />

Ergebnis aus dem neuen IVD-Wohn-Preisspiegel <strong>2022</strong> / 2023<br />

auf Basis von Daten aus ca. 450 Städten aus dem ersten Halbjahr<br />

<strong>2022</strong>.<br />

In den vergangenen fünf Jahren bewegten sich die Mietpreise<br />

mit einem Wachstum von durchschnittlich 3,1 Prozent immer<br />

leicht über dem Rahmen des Verbraucherpreisindex von plus<br />

0,5 bis maximal 2 Prozent. Nun rangieren sie weit darunter.<br />

Mieten für Neubauwohnungen sind 2021/22 um durchschnittlich<br />

3,4 Prozent gestiegen – und zwar sowohl bei mittlerem als auch<br />

gutem Wohnwert. In den begehrten Top-7-Städten gab es ein<br />

Plus von rund 2 Prozent in beiden Wohnwertsegmenten.<br />

Weiteres Ergebnis des IVD-Wohn-Preisspiegels: Die Nachfrage<br />

nach Mietwohnungen in den Speckgürteln der Metropolen<br />

wächst.<br />

Die Mietpreise in Klein- und Mittelstädten stiegen im Durchschnitt<br />

auf niedrigerem Niveau um rund 4 Prozent, der Mietpreisanstieg<br />

in den Großstädten und Metropolen lag noch etwas<br />

darunter, wenngleich von einem höheren Mietniveau kommend.<br />

Mieten in den Metropolen kosten inzwischen rund 12 Euro pro<br />

Quadratmeter bei mittlerem Wohnwert und rund 14 Euro bei<br />

gutem Wohnwert. Bei den Neubaumieten fällt insbesondere der<br />

sehr mäßige Anstieg in den Metropolen auf. Frankfurt als bislang<br />

günstigste Metropole bei den Neubaumieten hat die höchsten<br />

Preissteigerungen von 4,2 Prozent (mittlerer Wohnwert) und<br />

3,6 Prozent (guter Wohnwert) zu verzeichnen, gefolgt von<br />

München mit 3,7 und 2,4 Prozent. Auch Berlin (2,0 und 3,3 Prozent)<br />

und Köln (2,1 und 1,2 Prozent) haben leicht zugelegt. In den<br />

restlichen Metropolen stagnieren die Neubaumieten eher.<br />

Die Klein- und Mittelstädte legen mit 3,9 bis 4,2 Prozent im<br />

Bestand sowie 3,6 bis 4,0 Prozent im Neubau am stärksten zu.<br />

In den Kleinstädten kostet der durchschnittliche Quadratmeter<br />

Neubaumiete über 8,50 Euro, in den Mittelstädten zwischen 9,50<br />

Euro (mittlerer Wohnwert) und 10,50 Euro (guter Wohnwert). h


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Impressum 5_<strong>2022</strong><br />

HERAUSGEBER<br />

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Hamburg – Mecklenburg-Vorpommern – Schleswig-Holstein<br />

Andreas Breitner<br />

Verbandsdirektor<br />

040 520 11- 215 | E-Mail: breitner@vnw.de<br />

WP/StB Gerhard Viemann<br />

Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 520 11- 240 | E-Mail: viemann@vnw.de<br />

WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />

Stellv. Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 520 11- 275 | E-Mail: wendlandt@vnw.de<br />

Andreas Daferner<br />

Bildung<br />

040 520 11- 218 | E-Mail: daferner@vnw.de<br />

Dr. Peter Hitpaß<br />

Wohnungswirtschaft, Betriebskosten- und<br />

Medienrecht<br />

0385 489 37 - 503 | E-Mail: hitpass@vnw.de<br />

Christoph Kostka<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Schleswig-Holstein<br />

040 520 11- 225 | E-Mail: kostka@vnw.de<br />

Steffen Laser<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

0385 489 37 - 501 | E-Mail: laser@vnw.de<br />

RA Dr. Kai Mediger<br />

Recht, Genossenschaften und Quartiersentwicklung<br />

040 520 11- 238 | E-Mail: Mediger@vnw.de<br />

Petra Memmler<br />

Geschäftsführung <strong>VNW</strong> Landesverband Hamburg<br />

Technik und Energie<br />

040 520 11- 230 | E-Mail: memmler@vnw.de<br />

Nicola Olivier<br />

Datenschutz<br />

040 520 11 221 | Mail: olivier@vnw.de<br />

Andreas Thal<br />

Stellvertreter des Verbandsdirektors und Verwaltung<br />

040 520 11- 204 | E-Mail: thal@vnw.de<br />

REDAKTION<br />

Oliver Schirg<br />

Verantwortlich im Sinne des Presserechts<br />

040 520 11- 226 | E-Mail: schirg@vnw.de<br />

ANZEIGEN<br />

Ilka Schünemann<br />

0511 1265 - 123 | E-Mail: i.schuenemann@vdw-online.de<br />

GESTALTUNG<br />

hungerundkoch.com<br />

0511 51 99 46 - 00<br />

DRUCK<br />

QUBUS media GmbH<br />

Beckstraße 10 | 30457 Hannover<br />

Mehr Informationen über den <strong>VNW</strong><br />

finden Sie im Internet unter www.vnw.de<br />

Bildnachweise<br />

Titel: TYPO_H & K, Seite 1: everything bagel/AdobeStock; Seite 2: Axel Born; Seite 4: Chinnapong/ everything bagel/AdobeStock; Seite 5: Baugenossenschaft<br />

Mittelholstein; Seite 6: Bertold Fabricius; Seite 8: StockPhotoPro/AdobeStock; Seite 10: photoniko/AdobeStock/artveo; Seite 11:<br />

artveo/photoniko/AdobeStock; Seite 12: Axel Heimken/dpa; Seite 13: Bertold Fabricius; Seite 14: Schiffszimmerer-Genossenschaft; Seite 16: Axel<br />

Heimken/dpa; Seite 18/19: Bertold Fabricius; Seite 20: Oliver Schirg; Seite 22: Christian Charisius/dpa; Seite 23: Senatskanzlei Hamburg/Bina Engel,<br />

Bertold Fabricius, Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.; Seit 26: Bertold Fabricius; Seite 29: Bart Van Leuven/dpa; Seite 30: Cinzia<br />

Romanin/Thomas Noceto/dpa; Seite 30: Garfik EBZ-Akademie; Seite 31: Grafik EBZ-Akademie; Seite 32: EBZ/privat; Seite 33: EBZ/privat; Seite 38:<br />

O.Malzahn (3)/Lübecker Bauverein/Neue Lübecker; Seite 40: Visualisierung: Architektur/Matthias Albrecht/bloomimages; Seite 41: Ingo Bartussek/<br />

AdobeStock, Niels Kreller; Seite 42: Wohnen in Genossenschaften/Tina Merkau; Seite 43: Gerber Architekten GmbH; Seite 46: Johner Images_<br />

getty images; Seite 47: Haufe; Seite 50: Nuthawut_AdobeStock; Seite 51, 55: Sascha Kreklau; Seite 54: Andrii Zastrozhnov_istock; Seite 58: nadia<br />

snopek_AdobeStock; Seite 59: Perseus; Seite 62: AdobeStock; Seite 64: megaflopp_AdobeStock; Seite 66: NVS my_world_AdobeStock.


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