BOKU Magazin 4/2022
INHALT 3 Editorial 4 Festrede Konrad Paul Liessmann 7 Das Jubiläumsjahr, eine Rückschau in Bildern 13 Jubiläumsfinale mit Festakt 18 Parkplatz-Entsiegelung mit BOKU-Hilfe 19 Herbstfest am BOKU-Standort Tulln 20 AfricaUniNet: General Assembly in Kenia 24 Afrikanisches Blattgemüse und Gendergerechtigkeit 26 Exkursionen neu gedacht 30 Ein Abend im Zeichen der BOKU-Lehre 34 BOKU-Ball erstrahlt in neuem Glanz 36 Wissenschaftliches Porträt: Andreas Holzinger 40 Evaluierung von Lehrveranstaltungen 41 Gender & Diversity 44 Das war der BOKU-Nachhaltigkeitstag 2022 47 Splitter 50 technet / accent Innovation Award 51 Horizon Partnerships 52 Strategische Kooperation BOKU – Umweltbundesamt 58 Forschung: FAQ
INHALT
3 Editorial
4 Festrede Konrad Paul Liessmann
7 Das Jubiläumsjahr, eine Rückschau in Bildern
13 Jubiläumsfinale mit Festakt
18 Parkplatz-Entsiegelung mit BOKU-Hilfe
19 Herbstfest am BOKU-Standort Tulln
20 AfricaUniNet: General Assembly in Kenia
24 Afrikanisches Blattgemüse und Gendergerechtigkeit
26 Exkursionen neu gedacht
30 Ein Abend im Zeichen der BOKU-Lehre
34 BOKU-Ball erstrahlt in neuem Glanz
36 Wissenschaftliches Porträt: Andreas Holzinger
40 Evaluierung von Lehrveranstaltungen
41 Gender & Diversity
44 Das war der BOKU-Nachhaltigkeitstag 2022
47 Splitter
50 technet / accent Innovation Award
51 Horizon Partnerships
52 Strategische Kooperation BOKU – Umweltbundesamt
58 Forschung: FAQ
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<strong>BOKU</strong><br />
DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS<br />
Nr. 4 | Dezember <strong>2022</strong><br />
ISSN: 2224-7416<br />
EIN RÜCKBLICK AUF DAS<br />
JUBILÄUMSJAHR <strong>2022</strong><br />
AFRICA UNI-NET<br />
GENERAL ASSEMBLY<br />
IN KENIA<br />
FESTREDE<br />
KONRAD PAUL<br />
LIESSMANN<br />
DER 150.<br />
GEBURTSTAG<br />
IN BILDERN
INHALT<br />
3 Editorial<br />
4 Festrede Konrad Paul Liessmann<br />
7 Das Jubiläumsjahr, eine Rückschau<br />
in Bildern<br />
13 Jubiläumsfinale mit Festakt<br />
18 Parkplatz-Entsiegelung<br />
19 Herbstfest am <strong>BOKU</strong>-Standort Tulln<br />
20 AfricaUniNet:<br />
General Assembly in Kenia<br />
24 Afrikanisches Blattgemüse<br />
und Gendergerechtigkeit<br />
26 Exkursionen neu gedacht<br />
30 Ein Abend im Zeichen<br />
der <strong>BOKU</strong>-Lehre<br />
34 <strong>BOKU</strong>-Ball erstrahlt in neuem Glanz<br />
36 Wissenschaftliches Porträt:<br />
Andreas Holzinger<br />
Anita Grausam/Christoph Pfeifer<br />
4 13<br />
18<br />
<strong>BOKU</strong>-IT Medienstelle <strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
40 Gender & Diversity<br />
44 Das war der <strong>BOKU</strong>-<br />
Nachhaltigkeitstag <strong>2022</strong><br />
24<br />
34<br />
47 Splitter<br />
B. Birli<br />
50 technet/accent Innovation Award<br />
51 Horizon Partnerships<br />
52 Strategische Kooperation <strong>BOKU</strong> –<br />
Umweltbundesamt<br />
58 Forschung: FAQ<br />
56
EDITORIAL<br />
O MIT DER <strong>BOKU</strong> DIE ZUKUNFT IN DIE HAND NEHMEN<br />
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
EVA SCHULEV-STEINDL<br />
Rektorin<br />
Sehr geehrte Kolleg*innen!<br />
Liebe Studierende!<br />
Das Jahr <strong>2022</strong>, das nun zu Ende geht, war außergewöhnlich<br />
– sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne. Für<br />
die <strong>BOKU</strong> stand es unter dem Motto „Nachhaltig vorausschauen“<br />
ganz im Zeichen ihres 150-jährigen Jubiläums und ich<br />
kann als Rektorin mit Freude und Stolz sagen, dass wir unsere<br />
Alma Mater Viridis gebührend gefeiert haben. Zahlreiche Veranstaltungen<br />
haben gezeigt, wie lebendig, wissenschaftlich<br />
exzellent und thematisch relevant unsere Uni ist. Beginnend<br />
mit dem Auftakt am 31. Jänner über die zweitägige Zukunftskonferenz<br />
am 24.und 25. Mai, dem bunten Miteinanderfest im<br />
September bis zum Festakt am 14. Oktober hat sich der „<strong>BOKU</strong><br />
Spirit“ durch das gesamte Jubiläumsjahr gezogen und wir möchten<br />
ihnen in dieser Ausgabe einen kleinen Rückblick geben.<br />
Doch wie auf jeden einzelnen von uns haben in diesem Jahr die<br />
Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine auch Auswirkungen<br />
auf die Universitäten. Die dadurch stark steigenden Energiekosten<br />
und die dynamische Inflation stellen die heimischen<br />
Unis, und damit auch die <strong>BOKU</strong>, vor große budgetäre Herausforderungen.<br />
An der <strong>BOKU</strong> ist und bleibt es auch unter den<br />
erschwerten Bedingungen prioritär, den Betrieb an der Universität<br />
sicherzustellen, derzeit sind keine Schließtage geplant<br />
und wir werden die Lehre weiterhin in Präsenz abhalten, außer<br />
dort, wo sich Onlinelehre als die eindeutig bessere Variante<br />
bewährt hat.<br />
Denn die Ausbildung, die wir unseren Studierenden an der<br />
<strong>BOKU</strong> bieten, rüstet sie für ihre künftige berufliche Tätigkeit<br />
und ist getragen von fachlicher Expertise, die wir den jungen<br />
Menschen mitgeben, und einer ganzheitlichen Herangehensweise<br />
an Fragestellungen, die künftig wichtiger sein wird denn<br />
je und bereits jetzt von Arbeitgeber*innen geschätzt wird.<br />
Daher gibt es Grund, auch im 151. Jahr unseres Bestehens<br />
weiterhin nachhaltig und optimistisch in die Zukunft zu blicken.<br />
Wir freuen uns, dass die <strong>BOKU</strong>, die mit ihrem breiten<br />
Themenspektrum in den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz<br />
gesellschaftspolitisch genau am Puls der Zeit ist, starken<br />
Zulauf bekommt: 1638 neue Studierende durften wir in diesem<br />
Wintersemester begrüßen, das sind fast 9 Prozent mehr als im<br />
Vorjahr und wir sehen dies als deutliches Zeichen dafür, dass<br />
die jungen Leute gemeinsam mit der <strong>BOKU</strong> die Zukunft in die<br />
Hand nehmen wollen.<br />
Ich möchte mich wie stets herzlich bei den Autor*innen dieser<br />
Ausgabe bedanken.<br />
Ihnen, liebe Leser*innen, wünsche ich eine angenehme Lektüre<br />
sowie alles Gute für das Jahr 2023!<br />
Eva Schulev-Steindl<br />
IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien Chefredaktion: Bettina Fernsebner-<br />
Kokert Redaktion: Hermine Roth Autor*innen: Barbara Birli, Lisa Bohunovsky, Florian Borgwardt, Jia Chen, Lada Fialova, Helmut Gaugitsch, Hubert Hasenauer, Stefanie<br />
Lemke, Konrad Paul Liessmann, Bradley Matthews, Horst Mayr, Andreas Melcher, Maciej Palucki, Ursula Poindl, Ela Posch, Georg Sachs, Ruth Scheiber-Herzog, Hanni<br />
Schopfhauser, Rosemarie Stangl, Agnes Straßer, Team Technologietransfer, Verena Vlajo, Charlotte Voigt, Elfriede Wagner, Andrea Watzinger, Anna-Sophie Wild<br />
Grafik: Patricio Handl Cover: patograf Druck: Druckerei Berger Auflage: 2.500 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie: Das <strong>BOKU</strong>-<strong>Magazin</strong> versteht sich als<br />
Informationsmedium für Angehörige, Absolvent*innen, Freund*innen der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne<br />
und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors<br />
wieder und müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von<br />
Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge senden Sie bitte an: public.relations@boku.ac.at Bei Adressänderung wenden<br />
Sie sich bitte an: alumni@boku.ac.at<br />
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Wäldern und<br />
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<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
3
Die Verantwortung der Wissenschaft<br />
in Zeiten des Wandels<br />
Festrede von Konrad Paul Liessmann<br />
anlässlich des Festakts zum 150. Gründungstag<br />
der Universität für Bodenkultur Wien<br />
Geehrte Festversammlung,<br />
Die „k. k. Hochschule für Bodencultur“<br />
wurde mit dem Gesetz vom<br />
3. April 1872 (RGBl. Nr. 46) gegründet.<br />
Die Hochschule sollte,<br />
so heißt es im §1 des „Statuts der Hochschule“,<br />
das am 6. Juni 1872 genehmigt<br />
wurde, „die höchste wissenschaftliche<br />
Ausbildung in der Land- und Forstwirtschaft<br />
erteilen“.<br />
Auch wenn die Entwicklung in Richtung<br />
forschungsstrategisch vernetzter Life<br />
Sciences und umfassender Biowissenschaften<br />
geht, darf anlässlich des 150.<br />
Gründungstages dieser Universität noch<br />
einmal auf ihre schöne, ursprüngliche Bezeichnung<br />
verwiesen werden: ‚k. k. Hochschule<br />
für Bodencultur‘. Das Aparte dieser<br />
Bezeichnung erschließt sich erst, wenn<br />
man weiß, dass bis ins 19. Jahrhundert<br />
der Begriff „Kultur“ generell im Sinne von<br />
Bodenkultur verstanden wurde. Der Terminus<br />
„Kulturlandschaft“ zeugt bis heute<br />
davon. Kultur und Kultivierung bedeuten<br />
deshalb auch im übertragenen Sinn Bearbeitung,<br />
Nutzbarmachung, Veränderung,<br />
Gestaltung, Neuschaffung von Natur.<br />
Kultiviert hört Natur auf, Wildnis zu sein,<br />
sie wird im schlimmsten Fall ausgebeutet<br />
und zerstört, im besten Fall gehegt und<br />
gepflegt. Heute ist viel vom Anthropozän<br />
die Rede: Die Spuren, die der Mensch<br />
in der Natur hinterlässt, sind unüber-<br />
4 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
sehbar; es gibt aber keine Rückkehr zur<br />
Wildnis, zur ungestalteten Natur. Umso<br />
wichtiger ist es, sich über die Prinzipien<br />
und Methoden dieser Umgestaltung im<br />
Klaren zu sein.<br />
„NACHHALTIG“ SEIT 1718<br />
Am Beispiel der „Nachhaltigkeit“ ließe<br />
sich dies veranschaulichen. Die Bezeichnung<br />
stammt selbst aus der Land- und<br />
Forstwirtschaft und ist in diesem Zusammenhang<br />
übrigens älter als vermutet.<br />
Sie wurde im Jahre 1718 von Hans Carl<br />
von Carlowitz, einem kursächsischen<br />
Beamten, geprägt, der damit einen<br />
schonenden Umgang mit den knappen<br />
Holzressourcen seiner Zeit in die Wege<br />
leiten wollte, und auch das Grimmsche<br />
Wörterbuch kennt für das Wort „nachhaltig“<br />
schon eine entsprechende Belegstelle<br />
in Webers ökonomischem Lexikon<br />
von 1832: „Nachhaltiger ertrag des bodens<br />
wird nur erreicht, wenn der boden<br />
in gutem stand erhalten wird.“<br />
Der philosophisch interessante Gedanke<br />
im Konzept der Nachhaltigkeit liegt<br />
allerdings in der These, dass das gegenwärtige<br />
Handeln nicht nur im Horizont<br />
unmittelbarer Erfolgserwartung, sondern<br />
auch im Hinblick auf die gedeihlichen<br />
Lebensmöglichkeiten künftiger<br />
Generationen erfolgen soll. Lange bevor<br />
sich der Begriff der Nachhaltigkeit im<br />
politischen Diskurs durchsetzte, hatte<br />
der Philosoph Hans Jonas in seinem Spätwerk<br />
Das Prinzip Verantwortung (1979)<br />
die entscheidende Maxime für ein zukunftsorientiertes<br />
Handeln formuliert.<br />
Hans Jonas sah sich vor die Aufgabe gestellt,<br />
eine Richtlinie für unser Handeln<br />
zu formulieren, die den Fortbestand<br />
der Gattung Mensch mitberücksichtigt.<br />
Die Formulierungen, die Jonas diesem<br />
Imperativ gegeben hat, spielen in den<br />
ökologischen und technikkritischen Debatten<br />
seit den 80er-Jahren des vorigen<br />
Jahrhunderts eine entscheidende Rolle.<br />
Jonas formulierte diesen Imperativ unter<br />
anderem folgendermaßen: „Handle so,<br />
dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich<br />
sind mit der Permanenz echten<br />
menschlichen Lebens auf Erden“ oder,<br />
negativ formuliert: „Handle so, dass die<br />
Wirkungen deiner Handlung nicht zerstörerisch<br />
sind für die künftige Möglichkeit<br />
solchen Lebens.“ Für Jonas besagten<br />
diese Formulierungen letztlich, dass wir,<br />
aus welchen Gründen auch immer, „zwar<br />
unser eigenes Leben, aber nicht das der<br />
Menschheit wagen dürfen“.<br />
„ZUKUNFT“ ALS SINNHORIZONT<br />
Und ihm war klar, dass mit diesen Formulierungen<br />
in einer bisher nicht bekannten<br />
Form der „Zeithorizont“ zu einem bestimmenden<br />
Kriterium ethischen Verhaltens<br />
wurde, letztlich „Zukunft“ zum<br />
letzten Sinnhorizont verantwortlichen<br />
Handelns wird. Wenn heute von Theoretikern<br />
und Aktivisten der Klimabewegung<br />
die Rechte zukünftiger Generationen auf<br />
eine intakte Biosphäre als Maßstab für<br />
aktuelle Maßnahmen genommen werden,<br />
argumentieren sie, ohne es vielleicht<br />
immer zu wissen, auf dem Boden<br />
dieses „Prinzips Verantwortung“.<br />
Was aber heißt prinzipiell und in diesen<br />
speziellen Hinsichten Verantwortung<br />
tragen oder Verantwortung übernehmen?<br />
Im Begriff der Verantwortung<br />
steckt die Antwort. Und jede Antwort<br />
impliziert eine Frage. Sich verantworten<br />
bedeutet in einem ganz ursprünglichen<br />
Sinn, auf eine gestellte Frage antworten<br />
zu können oder schärfer: antworten<br />
zu müssen. Wo, aus welchen Gründen<br />
auch immer, keine Frage gestellt werden<br />
kann oder gestellt werden darf, gibt es<br />
keine Verantwortung. Verantwortung<br />
ist ein dreiwertiger Begriff. Verantwortlich<br />
ist jemand in Bezug auf eine Sache<br />
gegenüber einem anderen. Verantwor-<br />
Fotos: Christoph Gruber | <strong>BOKU</strong> IT<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
5
tung ergibt sich, wenn jemand für etwas<br />
zuständig ist und darüber Rede und<br />
Antwort stehen muss. Verantwortung<br />
kann also gar nicht anders als in Grenzen<br />
erfolgen. Es muss klar sein, wer für<br />
was zuständig ist und welche Instanz das<br />
Recht und die Möglichkeit hat, ihn dafür<br />
zur Rechenschaft zu ziehen. Das macht<br />
es so schwierig, gegenüber zukünftigen<br />
Generationen Verantwortung zu übernehmen:<br />
Diesen kann man noch nicht<br />
Rede und Antwort stehen, es bedarf also<br />
Vertreter oder Einrichtungen, die schon<br />
jetzt im Namen der Ungeborenen, die sie<br />
nicht kennen, sprechen.<br />
RATIONALE WELTERSCHLIESSUNG<br />
Was bedeutet dies für die Wissenschaften?<br />
Gehört das Prinzip Verantwortung<br />
zu ihrer „Kultur“? Wissenschaftskultur<br />
bedeutet, an den Formen rationaler<br />
Welterschließung und den Prinzipien der<br />
Aufklärung in einer Zeit festzuhalten, die<br />
aufgrund von Krisen und Unsicherheiten<br />
dazu tendiert, ins Esoterische und Irrationale,<br />
Diffuse und Gefühlige, Ideologische<br />
und Schwärmerische abzugleiten.<br />
Kultiviert sind Wissenschaften, wenn sie<br />
in einer geregelten Form stattfinden,<br />
zu denen vorrangig die Einrichtung der<br />
Universität gehört.<br />
Die Idee der Universität als kulturelle<br />
Einrichtung leitet sich ab von der mittelalterlichen<br />
universitas magistrorum<br />
et scholarium, der „Gemeinschaft der<br />
Lehrer und Schüler“, die später im Sinne<br />
Humboldts zu einer universitas litterarum,<br />
der „Gesamtheit der Wissenschaften“<br />
wurde. Universitäten stehen für eine<br />
Kultur der Kommunikation (Gemeinschaft,<br />
Gesamtheit), aber auch für eine<br />
Kultur der Auseinandersetzung (Streit,<br />
Wettbewerb, Dialog als Diskurs). Wissenschaftliche<br />
Kontroversen könnten auch<br />
als Modell für die rationale Bearbeitung<br />
gesellschaftlicher Konflikte dienen.<br />
Die Wissenschaften selbst stehen prinzipiell<br />
in einer dreifachen Verantwortung:<br />
der Natur, umfassender: der Biosphäre<br />
gegenüber, die sie wissenschaftlich erschließen<br />
und praktisch gestalten will<br />
– das schließt den Gedanken an die zukünftigen<br />
Entwicklungen mit ein; der<br />
Gesellschaft gegenüber, die mitunter<br />
völlig divergente Ansprüche an den Umgang<br />
mit der Natur hat; und sich selbst<br />
gegenüber. Die Verantwortung der Wissenschaft<br />
gründet, so meine These, in<br />
ihrer besonderen Freiheit. Sie ist vorrangig<br />
und in erster Linie ihren eigenen<br />
Methoden und Wahrheitsansprüchen<br />
gegenüber verantwortlich.<br />
RINGEN UM DAS<br />
BESSERE ARGUMENT<br />
Wissenschaft ist keine Gesinnung, keine<br />
Ideologie, keine moralische Haltung,<br />
sondern ein rational überprüfbares Verfahren<br />
zur Gewinnung von Erkenntnissen.<br />
Ihre Verantwortung der Natur und<br />
der Gesellschaft gegenüber ergibt sich<br />
aus diesem Ansatz. Verantwortungslos<br />
handelte eine Wissenschaft, die sich<br />
ganz in den Dienst wirtschaftlicher oder<br />
politischer Kräfte stellte und dabei ihre<br />
eigenen Prinzipien untreu würde, Forschungsergebnisse<br />
manipulierte oder aus<br />
moralisch-politischen Bedenken zurückhielte.<br />
Umgekehrt gilt aber auch im Sinne<br />
einer Verantwortungsethik: Wissenschaft<br />
hat sehr wohl die möglichen Konsequenzen<br />
ihrer Forschungen mitzubedenken<br />
und im Dialog mit der Gesellschaft zu<br />
reflektieren. Das betrifft nicht nur die<br />
Technikfolgenabschätzung auf unterschiedlichsten<br />
Ebenen – von der Künstlichen<br />
Intelligenz bis zur Gentechnik –,<br />
sondern auch die möglichen Implikationen<br />
sozial- oder kulturwissenschaftlicher<br />
Christoph Gruber | <strong>BOKU</strong> IT<br />
Klaus Langer<br />
Theoriebildung. Bei all dem aber gilt – und<br />
hier möchte ich aus aktuellen Gründen<br />
einen Schwerpunkt der Verantwortung<br />
der Wissenschaft sehen –: Wissenschaft<br />
darf sich nie gegen Kritik immunisieren.<br />
Wissenschaft lebt von der kontroversen<br />
Auseinandersetzung, vom Ringen um<br />
das bessere Argument. Wissenschaft ist<br />
kein Austausch von Meinungen, die man<br />
beliebig vertreten oder verwerfen kann,<br />
sondern unterliegt der Begründungspflicht.<br />
In dieser aber muss sie absolut<br />
frei sein. Es ist ein Zeichen des Verfalls,<br />
wenn auf universitärem Boden akademische<br />
Veranstaltungen, die durchaus<br />
den Regeln der Wissenschaft gehorchen,<br />
nicht stattfinden dürfen, weil sich Menschen<br />
dabei unbehaglich fühlen.<br />
Natürlich: Wissenschaft soll nie ad hominem,<br />
sondern stets sachlich argumentieren.<br />
Aber wir dürfen nicht vergessen,<br />
auch und gerade im Zusammenhang mit<br />
den elaborierten Lebenswissenschaften,<br />
dass die großen wissenschaftlichen Erkenntnisse,<br />
die unsere moderne Welt<br />
erst möglich gemacht haben und denen<br />
sich auch die Gründung dieses Hauses<br />
verdankt, für viele Menschen bis heute<br />
eine ungeheure Kränkung darstellen:<br />
dass die Erde nicht der Mittelpunkt des<br />
Universums ist, dass der Mensch nicht<br />
die Krone der Schöpfung, sondern ein<br />
evolutionär entwickelter Teil der Natur<br />
und dass unser bewusster Wille nicht<br />
so souverän und frei ist, wie wir es uns<br />
manchmal vorstellen. Die Verantwortung<br />
der Wissenschaft beweist sich in<br />
dem immer wieder von neuem auf die<br />
Probe gestellten Mut, Menschen auch<br />
mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren.<br />
Sie beweist sich aber auch<br />
im Mut sich einzugestehen, dass alle<br />
wissenschaftliche Erkenntnis vorläufig<br />
ist und Wissenschaft ein offenes und unabschließbares<br />
Unternehmen ist. Diesen<br />
Mut, die Offenheit, diese Lust und Freude<br />
an der Erkenntnis wünsche ich dieser<br />
Universität in diesen schwierigen Zeiten<br />
ebenso wie in einer hoffentlich etwas<br />
besseren Zukunft.<br />
•<br />
Konrad Paul Liessmann ist Philosoph, Essayist<br />
und Kulturpublizist. Vor seiner Emeritierung<br />
hatte er einen Lehrstuhl für „Methoden zur<br />
Vermittlung von Philosophie und Ethik“ an der<br />
Universität Wien inne.<br />
6 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Fotos: <strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />
150 Jahre nachhaltig vorausschauen<br />
Ein Rückblick auf das Jubiläumsjahr <strong>2022</strong><br />
Rektorin Eva<br />
Schulev-Steindl<br />
Altrektor<br />
Hubert<br />
Hasenauer<br />
„Earth Song“:<br />
Die <strong>BOKU</strong><br />
Blaskapelle<br />
Moderatorin<br />
Raffaela Schaidreiter<br />
Altrektor<br />
Manfried Welan<br />
„GÄBE ES HEUTE DIE <strong>BOKU</strong><br />
NICHT BEREITS, MÜSSTE MAN<br />
SIE MORGEN ERFINDEN“<br />
Bunt, vielfältig, musikalisch,<br />
kritisch – mit einem Rückblick auf<br />
die vergangenen 150 Jahre sowie<br />
einem Blick in die Zukunft wurde am<br />
31. Jänner <strong>2022</strong> das Jubiläumsjahr<br />
der <strong>BOKU</strong> im Ilse-Wallentin-Haus<br />
eingeläutet.<br />
Poetry Slammerin<br />
Estha Sackl<br />
Die Medienstelle hat den Livestream im Blick.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
7
150 Jahre nachhaltig vorausschauen<br />
Ein Rückblick auf das Jubiläumsjahr <strong>2022</strong><br />
Fotos: Heribert Corn<br />
Katharina Roggenhofer<br />
24./25. MAI <strong>2022</strong><br />
Mehr als 700 Besucher*innen<br />
sind in die Aula der Akademie<br />
der Wissenschaften gekommen,<br />
weitere 1700 haben die Videos<br />
gesehen. Eine Zukunft, die<br />
wir als lebenswert empfinden,<br />
braucht Mut und frisches,<br />
unkonventionelles Denken.<br />
Unirätin Monika Forstinger, Rektorin Eva Schulev-Steindl,<br />
Uniratsvorsitzender Kurt Weinberger, Sektionschefin<br />
Maria Patek (v. li.)<br />
8 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Katharina Roggenhofer<br />
Thomas Rau<br />
Gernot Wagner<br />
Philipp Blom<br />
Florian Krammer<br />
Rosemarie Stangl<br />
Astrid Gühnemann<br />
Eckhard von Hirschhausen<br />
Urs Niggli<br />
Reingard Grabherr<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
9
150 Jahre nachhaltig vorausschauen<br />
Ein Rückblick auf das Jubiläumsjahr <strong>2022</strong><br />
Fotos: <strong>BOKU</strong>/Christoph Gruber<br />
Umwelt- und<br />
Klimastadtrat<br />
Jürgen<br />
Czernohorszky<br />
Rektorin Schulev-Steindl schneidet die Geburtstagstorte an.<br />
GALAABEND<br />
Ein festlicher Abend<br />
für die ewig junge <strong>BOKU</strong><br />
Mehr als 400 Gäste aus Wissenschaft,<br />
Politik, Wirtschaft und Kultur<br />
feierten am 24. Mai im Rahmen<br />
eines Galaabends in der Wiener<br />
Hofburg gemeinsam mit Rektorin<br />
Eva Schulev-Steindl und Angehörigen<br />
der <strong>BOKU</strong> den runden<br />
Geburtstag unserer Universität.<br />
Barbara Stöckl führte<br />
durch den Gala-Abend.<br />
10 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
MITEINANDERFEST<br />
An der <strong>BOKU</strong> wird nicht nur<br />
geforscht, gelehrt und gelernt,<br />
sondern auch gelebt! Am<br />
29. September feierte die <strong>BOKU</strong><br />
ihren runden Geburtstag mit allen<br />
Angehörigen mit Kulinarik, Bands<br />
und Bühnenprogramm, Preisverleihungen<br />
und Siegerehrungen,<br />
Talente-Markt, Tombola und<br />
vielem mehr.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
11
150 Jahre nachhaltig vorausschauen<br />
Ein Rückblick auf das Jubiläumsjahr <strong>2022</strong><br />
12 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
<strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
JUBILÄUMSFINALE MIT FESTAKT<br />
Unsere Alma Mater Viridis feierte am 14. Oktober ihr Gründungsjubiläum mit zahlreichen<br />
Glückwünschen aus der Politik, Contemporary Art von der Bundesimmobiliengesellschaft,<br />
einer eindringlichen Festrede von K. P. Liessmann und besonderen Geburtstagspräsenten.<br />
Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />
Rektorin Eva Schulev-Steindl<br />
„Die Universität für Bodenkultur Wien ist jetzt<br />
150 Jahre alt geworden – durch ihre zukunftsfähigen<br />
Themen und Kompetenzen und vor<br />
allem durch die Menschen, die an ihr wirken,<br />
ist sie heute jünger und dynamischer denn je.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
13
Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (li. o.) gratulierten der <strong>BOKU</strong><br />
ebenso wie Wissenschaftsminister Martin Polaschek (u.) zum 150. Geburtstag.<br />
Im Jahr 1872 öffnete eine kleine landund<br />
forstwirtschaftlich ausgerichtete<br />
Hochschule im Palais Schönborn<br />
in der Laudongasse im 8. Wiener<br />
Gemeindebezirk erstmals ihre Tore. 150<br />
Jahre später feierte sie nun als Universität<br />
für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>) ihr<br />
rundes Gründungsjubiläum und ihren<br />
rasanten Aufstieg zu einer der modernsten<br />
Life-Sciences-Universitäten Europas.<br />
Zahlreiche Gäste aus Politik und Wissenschaft<br />
stellten sich ein, um dem Geburtstagskind<br />
<strong>BOKU</strong> zu gratulieren.<br />
Rektorin Eva Schulev-Steindl zeichnete<br />
zu Beginn des Festakts im Festsaal<br />
des Gregor-Mendel-Hauses den historischen<br />
Weg der Universität für Bodenkultur<br />
Wien nach, um nach den ersten<br />
150 Jahren eine Erfolgsbilanz zu ziehen.<br />
„Die Gründung der <strong>BOKU</strong> hat reiche<br />
Frucht getragen: Nicht nur hat sie vielen<br />
Studierenden eine fundierte, praxisorientierte<br />
und zugleich forschungsbasierte<br />
Ausbildung ermöglicht und dabei<br />
auch eine Vielzahl prominenter Absolvent*innen<br />
hervorgebracht. Sie hat<br />
in diesen 150 Jahren auch zahlreichen<br />
Forscher*innen gute und stimulierende<br />
Arbeitsbedingungen ermöglicht – davon<br />
zeugen etwa Auszeichnungen, wie<br />
ERC-Grants oder Spitzenplätze in den<br />
Rankings der sogenannten „highly cited<br />
researchers“.<br />
GLÜCKWÜNSCHE AUS DER POLITIK<br />
Senatsrätin Beatrix Rauscher überbrachte<br />
in Vertretung von Bürgermeister<br />
Michael Ludwig die Glückwünsche<br />
der Stadt Wien. „Die <strong>BOKU</strong> ist ein fixer<br />
Bestandteil der Ausbildungs- und Forschungstätigkeit<br />
in Wien. Die Studierenden<br />
genießen eine hochprofessionelle<br />
und umfassende Ausbildung, lernen<br />
aber auch, das Übliche zu hinterfragen,<br />
Kontroverse als Bereicherung zu sehen<br />
und Verantwortung zu übernehmen. Die<br />
Stadt Wien schätzt daher sehr, viele Absolvent*innen<br />
als Mitarbeiter*innen zu<br />
beschäftigen“, so Rauscher, die selbst<br />
<strong>BOKU</strong>-Alumna ist.<br />
Als Gratulantin zur „Erfolgsgeschichte<br />
der <strong>BOKU</strong>“ stellte sich danach Niederösterreichs<br />
Landeshauptfrau Johanna Mikl-<br />
Leitner ein: „Beim Thema Forschung und<br />
Wissenschaft in Niederösterreich kommt<br />
14 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
<strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
Auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (re.)<br />
kam persönlich zum Festakt an die <strong>BOKU</strong>.stag.<br />
ÖH-Vorsitzender Michael Pinter, Senatsvorsitzender Roland Ludwig, Uniratsvorsitzender Kurt<br />
Weinberger und Rektorin Eva Schulev-Steindl (v.li.)<br />
der <strong>BOKU</strong> eine zentrale Rolle zu.“ Sie sei<br />
stolz, dass Niederösterreich seit mehr als<br />
35 Jahren eine enge Kooperation mit der<br />
<strong>BOKU</strong> pflegen dürfe, denn diese habe<br />
einen ganz wesentlichen Anteil daran,<br />
dass sich Niederösterreich zu einem Wissenschafts-<br />
und Forschungsland entwickeln<br />
konnte.<br />
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler<br />
hob anschließend in ihrer Video-<br />
Grußbotschaft die große Bedeutung und<br />
das Alleinstellungsmerkmal der <strong>BOKU</strong><br />
hervor. „Der Zugang der <strong>BOKU</strong>, Lösungen<br />
themenbezogen zu erarbeiten und<br />
gesellschaftliche Herausforderungen zu<br />
adressieren, spricht für gelebte Interdisziplinarität.<br />
Dieser Zugang ermöglicht<br />
einen äußerst wertvollen Kompetenz-<br />
aufbau im Bereich nachhaltiger Ressourcen.<br />
Dabei unterstreicht die thematische<br />
Vielfalt die Bedeutung der <strong>BOKU</strong> für den<br />
Wissenschaftsstandort Österreich.“<br />
Auch Landwirtschaftsminister Norbert<br />
Totschnig unterstrich beim Festakt die<br />
innovative Kraft, die die <strong>BOKU</strong> seit 150<br />
Jahren besitzt: „Wenn wir auf die Geschichte<br />
der <strong>BOKU</strong> zurückblicken, dann<br />
war sie schon immer einen Schritt voraus<br />
und hat sich einem kritischen Diskurs<br />
zwischen allen drei Säulen der Nachhaltigkeit<br />
– der Ökonomie, der Ökologie<br />
und dem Sozialen - verschrieben.“<br />
Als er im Gregor-Mendel-Haus die Stiegen<br />
zum Festsaal heraufgegangen sei,<br />
habe er sich gefragt, so Wissenschaftsminister<br />
Martin Polaschek, „was sich<br />
wohl die ersten Studierenden, Lehrenden<br />
und Forschenden gedacht haben,<br />
welche Ziele und Erwartungen sie hatten<br />
– und wie sich diese im Laufe der Zeit geändert<br />
haben“. Die <strong>BOKU</strong> sei nicht nur<br />
die erste und einzige Universität Österreichs,<br />
die sich seit ihrer Gründung der<br />
Nachhaltigkeit zentral verschrieben hat,<br />
sondern „sie ist eine der besten Nachhaltigkeitsuniversitäten<br />
Europas, die sich<br />
umfassend in Forschung und Lehre der<br />
Sicherung und der Gestaltung unseres<br />
Lebensraumes annimmt“.<br />
TALK MIT DEN UNIRATS-,<br />
SENATS- UND ÖH-VORSITZENDEN<br />
Dabei richtete sich der Blick in die Zukunft<br />
der <strong>BOKU</strong>. Wenn Universitäts-<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
15
Auktionshaus im Kinsky<br />
Erwin Pendl, Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft (heute Universität für Bodenkultur), 1911<br />
Post.at<br />
ratsvorsitzender Kurt Weinberger in die<br />
Zukunft schaut, ist seine Einschätzung<br />
eindeutig: Die <strong>BOKU</strong> habe eine enorme<br />
Chance. „Wer hat schon die Möglichkeit,<br />
eine Kernkompetenz anbieten zu können,<br />
die weltweit gefragt ist?“, fragte Weinberger.<br />
„Gäbe es die <strong>BOKU</strong> heute nicht,<br />
müsste sie morgen gegründet werden.“<br />
Sonderbriefmarke<br />
„150 Jahre Universität<br />
für Bodenkultur Wien“<br />
Um die großen Krisen unserer Zeit bewältigen<br />
zu können, brauche es gesellschaftlichen<br />
Diskurs und Bildung, betonte<br />
ÖH <strong>BOKU</strong>-Vorsitzender Michael<br />
Pinter. „Wir jungen Studierenden können,<br />
wollen, aber auch müssen Lösungen<br />
finden“, so Pinter, deshalb dürfe nicht<br />
an der Bildung gespart werden. Denn<br />
„wir lernen an der <strong>BOKU</strong> nicht nur eine<br />
Krise auf eine Art zu lösen, sondern viele<br />
Krisen auf viele Arten“.<br />
Der neu gewählte Senatsvorsitzende<br />
Roland Ludwig erläuterte die großen<br />
16 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Anschließend kam es zu zwei weiteren<br />
Überreichungen: Der Ehrensenator<br />
und Botschafter Günther Granser ist<br />
der <strong>BOKU</strong> in großer Treue verbunden<br />
(Granser-Forschungspreis), außerdem<br />
Kunstliebhaber mit besonderem Interesse<br />
für Bilder des 19. Jahrhunderts. „Beim<br />
Durchblättern eines Auktionskataloges<br />
habe ich plötzlich ein Gemälde von einem<br />
Haus erspäht, das mir sehr bekannt<br />
vorkam. Bei genauer Betrachtung stellte<br />
es sich als das Wilhelm-Exner-Haus der<br />
<strong>BOKU</strong> heraus, welches früher das Krankenhaus<br />
der Wiener Kaufmannschaft<br />
war, gemalt vom bekannten Künstler<br />
Erwin Pendl, der auch für die Weltausstellung<br />
in Wien gearbeitet hat. Und im<br />
gleichen Augenblick dachte ich mir: Das<br />
ist ein tolles Präsent zum 150 Jahre Jubiläum<br />
der <strong>BOKU</strong> – und habe es sogleich<br />
ersteigert.“<br />
Herausforderungen in den nächsten drei<br />
Jahren: „Wir arbeiten an Studien, die<br />
von unseren Studierenden schneller absolviert<br />
werden können, wir möchten die<br />
Dropout-Raten senken und wir möchten<br />
die Internationalisierung der <strong>BOKU</strong> vorantreiben.“<br />
Auf die Verantwortung der Wissenschaft<br />
in Zeiten des Wandels ging der Philosoph<br />
Konrad Paul Liessmann in seiner Festrede<br />
ein (siehe Seite 4 ff.).<br />
DREI GANZ BESONDERE<br />
GEBURTSTAGSGESCHENKE<br />
Die Bundesimmobiliengesellschaft BIG<br />
begleitete das Festjahr der <strong>BOKU</strong> künstlerisch<br />
mit temporären Interventionen<br />
(Video: https://youtu.be/rSA3rltq8_E)<br />
und brachte mit diesem besonderen<br />
Geburtstagsgeschenk Nachhaltigkeitsthemen<br />
direkt in den Stadtraum. „Wir<br />
glauben daran, dass man durch Kunst<br />
Dinge ansprechen kann“, erklärt BIG<br />
ART-Projektleiterin Regina Barta. Dabei<br />
stellte sich heraus, dass Künstler*innen<br />
an die <strong>BOKU</strong> einzuladen, ein „perfect<br />
Match“ war, erinnert sich BIG ART-Fachbeirätin<br />
Cornelia Offergeld, denn „die<br />
Kunst hat sich schon immer mit zentralen<br />
Lebensfragen auseinandergesetzt und<br />
das tut die <strong>BOKU</strong> auch“. Zum Jubiläum<br />
der <strong>BOKU</strong> entwickelte Künstlerin Folke<br />
Köbberling das Kunstprojekt „Lasting<br />
Sign of Jubilee“. Dabei stehen nachhaltige<br />
Themen wie Kreislaufwirtschaft oder<br />
Entsiegelung im Fokus. „Ich wünsche der<br />
<strong>BOKU</strong> zum 150. Jubiläum, dass die Peter-<br />
Jordan-Straße entsiegelt wird“, so Köbberling.<br />
Ein Wunsch, dem sich Veronika<br />
Krenn vom Künstler*innenkollektiv bb15<br />
anschließt. „Wir wollten mit unseren Lawinenschutzskulpturen<br />
den Verkehr – die<br />
Blechlawine – aufhalten“, so entstand zumindest<br />
temporär ein großer, beruhigter<br />
<strong>BOKU</strong>-Campus.<br />
Als nächster Gratulant überreichte Generaldirektor-Stellvertreter<br />
der Österreichischen<br />
Post AG, Walter Oblin, ein philatelistisches<br />
Gustostück an Rektorin Eva<br />
Schulev-Steindl: die Sonderbriefmarke<br />
„150 Jahre Universität für Bodenkultur<br />
Wien“, die mit 350.000 Stück aufgelegt<br />
wird. „Die österreichische Post und die<br />
<strong>BOKU</strong> haben ja eine Gemeinsamkeit: Sie<br />
sind beide in der Monarchie gegründet<br />
worden, und beide haben es geschafft, in<br />
die Zukunft vorausschauend zu handeln“,<br />
so Oblin. Die Sonderbriefmarke ist ab<br />
sofort in allen Postämtern erhältlich.<br />
„Die Universität für Bodenkultur Wien,<br />
unsere Alma Mater Viridis, ist jetzt 150<br />
Jahre alt geworden – durch ihre zukunftsfähigen<br />
Themen und Kompetenzen<br />
und vor allem durch die Menschen,<br />
die an ihr wirken, ist sie heute jünger und<br />
dynamischer denn je“, so Rektorin Eva<br />
Schulev-Steindl abschließend. •<br />
Unter https://boku.ac.at/die-boku-feiert-<br />
150-jahre/festakt gibt es den Festakt der<br />
<strong>BOKU</strong> zum Nachschauen.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
17
Wir können auch Entsiegelung: Studierende, Vizerektor Obinger und Rektorin Schulev-Steindl ließen dem Asphalt keine Chance.<br />
BIG ART entsiegelte Parkplatz mit <strong>BOKU</strong>-Hilfe<br />
Unter Anleitung der Künstlerin Folke Köbberling wurde im Rahmen einer künstlerischen<br />
BIG ART Performance ein Parkplatz an der vielbefahrenen Peter-Jordan-Straße entsiegelt.<br />
Österreich ist im Europavergleich<br />
(trauriger) Spitzenreiter beim Thema<br />
Versiegelung. Davon entfällt<br />
ein großer Teil auf Verkehrsflächen und<br />
Parkplätze.<br />
„Lasting Signs of Jubilee“ heißt das temporäre<br />
Kunstprojekt, das Folke Köbberling<br />
im Auftrag von BIG ART, der Kunstinitiative<br />
der BIG, zum 150-jährigen<br />
Jubiläum der <strong>BOKU</strong> entwickelte. Gemäß<br />
diesem vielversprechenden Titel<br />
entsiegelte die Künstlerin im Rahmen<br />
einer künstlerischen Performance einen<br />
asphaltierten Parkplatz in unmittelbarer<br />
Nähe des <strong>BOKU</strong>-Campus.<br />
Studierende, <strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen<br />
und Besucher*innen des gleichzeitig stattfindenden<br />
Miteinanderfestes waren am<br />
Donnerstag, 29. September <strong>2022</strong>, eingeladen,<br />
auf einem Parkplatz in der Peter-<br />
Jordan-Straße mitzuhelfen. Nach einer<br />
Begrüßung durch BIG-CEO Hans-Peter<br />
Weiss, <strong>BOKU</strong>-Rektorin Eva Schulev-<br />
Steindl und Bezirksvorsteherin Silvia<br />
Nossek schlüpften diese auch gleich<br />
gemeinsam mit der Künstlerin, BIG ART<br />
Fachbeiratsvorsitzender Cornelia Offergeld<br />
und den beiden Vizerektor*innen<br />
Nora Sikora-Wentenschuh und Christian<br />
Obinger in Schutzkleidung und halfen<br />
tatkräftig mit.<br />
Gemeinsam mit zahlreichen anderen<br />
Freiwilligen wurde der Asphalt in kleinste<br />
Teile zerlegt, um den Kraftakt der Entsiegelung<br />
und die Widerstandsfähigkeit<br />
des Materials hautnah mitzuerleben. Mit<br />
einfachem Werkzeug ausgestattet, bekamen<br />
sie die Möglichkeit, Teil der skulpturalen<br />
Erfahrung zur Rückeroberung<br />
einer versiegelten Fläche zu werden.<br />
Schicht um Schicht wurde abgetragen,<br />
bis man gemeinsam auf den ursprünglichen<br />
Untergrund stieß.<br />
Da dem üblichen, straßentüchtigen Asphaltaufbau<br />
mit reiner Muskelkraft und<br />
archaischen Werkzeugen allein nicht<br />
beizukommen ist, unterstützten Stadt<br />
Wien und die Bezirksvorstehung 18 das<br />
Vorhaben und vervollständigten die<br />
Entsiegelung im Anschluss an die Performance<br />
mit Maschinenkraft. Die freigelegte<br />
Fläche wird nun durch die <strong>BOKU</strong><br />
mit blühenden Gewächsen bepflanzt.<br />
„Die BIG ART-Kunstprojekte stehen immer<br />
auch in Diskussion mit der Architektur<br />
und unserer operativen Arbeit.<br />
Folke Köbberling hat mit der Entsiegelung<br />
von Flächen ein ganz wesentliches<br />
Thema aufgegriffen, das uns im Moment<br />
massiv beschäftigt. Die nachhaltige Bewirtschaftung<br />
unseres Portfolios steht<br />
an der obersten Stelle unserer strategischen<br />
Ausrichtung. Bei allen Projekten<br />
versuchen wir, möglichst viele Flächen<br />
zu entsiegeln und so zu gestalten, dass<br />
sie versickerungs- und verdunstungsfähig<br />
sind. Damit tragen wir auch zu<br />
einem besseren Mikroklima des jeweiligen<br />
Standorts bei“, betonte BIG-CEO<br />
Hans-Peter Weiss.<br />
•<br />
Fotos: <strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
18 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Das Herbstfest am <strong>BOKU</strong>-Standort Tulln mit<br />
Musik und zahlreichen Auszeichnungen<br />
Ivan Lukacic<br />
Bei strahlendem Sonnenschein konnten<br />
Rektorin Schulev-Steindl und<br />
Departmentleiter Georg Gübitz am<br />
12. Oktober rund 130 Gäste beim 8. IFA<br />
Herbstfest begrüßen. Rektorin Schulev-<br />
Steindl ging auf die 150-jährige Geschichte<br />
der <strong>BOKU</strong> ein und Gübitz umriss die<br />
Forschungsarbeiten und Kooperation am<br />
Standort Tulln und führte launig durch<br />
das Programm.<br />
Neben dem Bürgermeister der Stadt<br />
Tulln, Peter Eisenschenk, war Landtagsabgeordneter<br />
Christoph Kaufmann,<br />
anwesend, der die besten Grüße der<br />
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner<br />
überbrachte und die Wichtigkeit des Forschungsstandorts<br />
Tulln betonte.<br />
Die Key Note von Hans-Joachim Braun,<br />
dem ehemaligen Leiter des größten<br />
non-profit-Weizenforschungseinrichtung<br />
CIMMYT in Mexiko, behandelte die<br />
Herausforderungen der Züchter*innen<br />
und Produzent*innen am Beispiel Weizen<br />
im Hinblick auf die globale Ernährungssicherheit.<br />
Ein aktuelles Thema, das sich<br />
auch in den Forschungsarbeiten der Institute<br />
des Departments für Agrarbiotechnologie<br />
widerspiegelt.<br />
Im Rahmen der Veranstaltung wurden<br />
in bereits gewohnter Tradition die Innovation<br />
Awards von tecnet und accent<br />
verliehen. Die Preise gingen an:<br />
1. Platz: Lena Holzer für die Einreichung<br />
„Kreislauffähige granulatbasierte additive<br />
Fertigung mit Sägenebenprodukten“<br />
2. Platz ex aequo: Maria del carme Pons<br />
Royo für die Einreichung „Emer ging<br />
open sources and prototyping tools to<br />
accelerate process development for<br />
protein purification“ und Elena Zand<br />
für die Einreichung „Method for the<br />
detection of particles“ Überreicht wurden<br />
die Preise von Vizerektor Chris tian<br />
Obinger (<strong>BOKU</strong>), Michael Moll (accent)<br />
und Christian Laurer (tecnet equity).<br />
Die <strong>BOKU</strong>, vertreten durch Vizerektor<br />
Christian Obinger, verlieh den Preis „Erfindung<br />
des Jahres <strong>2022</strong>“ an Erik Reimhult<br />
und Behzad Shirmardi für das Projekt<br />
„Method to process red and green<br />
perovskite quan tum dots (PQDs) in a<br />
polymer matrix”.<br />
Als <strong>BOKU</strong>-Erfinderin des heurigen Jahres<br />
wurde Nicole Borth, stellvertretende<br />
Leiterin am Institut für Zelltechnologie<br />
und Systembiologie, am Department für<br />
Biotechnologie ausgezeichnet.<br />
Im Anschluss gab es für die Gäste einen<br />
herbstlich-kulinarischen Ausklang.<br />
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung<br />
von einem Bläserensemble der<br />
<strong>BOKU</strong> Brass.<br />
•<br />
Lesen Sie mehr zu den Preisen ab Seite 49 ff<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
19
Gerhard Volz, OeAD<br />
Gemeinsam mit den AfricaUniNet-Partner*innen wurde auch in Kenia der 150.<br />
Geburtstag der <strong>BOKU</strong> gefeiert. Die Geburtstagstorte im Jubiläumsdesign hat eine<br />
Studentin der Egerton University gebacken und dekoriert. Angeschnitten wurde das<br />
süße Kunstwerk von von Nzula Kitaka, der Vizepräsidentin von AfricaUniNet, Eva<br />
Schulev-Steindl und Hubert Hasenauer (v. li.).<br />
20 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
AfricaUniNet: Zweite General Assembly<br />
in Kenia mit starker <strong>BOKU</strong>-Beteiligung<br />
Warum Kooperation in Forschung und höherer Bildung in Zeiten von Klimakrise und zunehmender<br />
Konflikte wichtiger ist denn je.<br />
Von Stefanie Lemke, Andreas Melcher und Charlotte Voigt<br />
Andreas Bauer<br />
Agri-Aqua<br />
(Partnership Program in Integrated<br />
Agri-Aquaculture Systems<br />
for Food Security and Poverty<br />
Reduction in East Africa,<br />
Egerton University,<br />
Lakipia University,<br />
Haramaya University,<br />
Gulu University und <strong>BOKU</strong>)<br />
Projekttreffen mit Isabel Wagara,<br />
Egerton University, Dr. Elick<br />
Otachi, Egerton University, Benson<br />
Obwante, Lakipia University,<br />
David Waiswa, Gulu University,<br />
Abdi Mohammed, Haramaya University,<br />
Peter Amwoga, Egerton<br />
University, Andreas Melcher.<br />
Hubert Hasenauer, der Gründungspräsident<br />
des AfricaUniNet, wurde bei der<br />
General Assembly in Kenia als Präsident<br />
wiedergewählt, Andreas Melcher über-<br />
Mehr als 150 Teilnehmer*innen aus<br />
20 Staaten nahmen von 17. bis<br />
19. Oktober <strong>2022</strong> an der zweiten<br />
General Assembly des AfricaUniNet<br />
(AU) an der Egerton University in Nakuru,<br />
Kenia, teil – unter ihnen der ehemalige<br />
Wissenschaftsminister und jetzige Präsident<br />
der Österreichischen Akademie der<br />
Wissenschaften, Heinz Faßmann, der österreichische<br />
Botschafter Christian Fellner<br />
sowie zahlreiche Rektor*innen und<br />
Repräsentant*innen österreichischer<br />
und afrikanischer Bildungseinrichtungen,<br />
waren vor Ort anwesend – so auch<br />
eine <strong>BOKU</strong>-Delegation mit Rektorin<br />
Eva Schulev-Steindl, Stefanie Lemke,<br />
Charlotte Voigt, Andreas Bauer und<br />
Andreas Melcher (Institut für Entwicklungsforschung,<br />
IDR), Michael Hauser<br />
(dzt. am IDR beurlaubt), Gerold Winkler,<br />
Hermann Bürstmayr und Hans Sölkner<br />
(Cluster for Development Research,<br />
CDR). Das AfricaUniNet wurde 2020<br />
auf Wunsch des damaligen Bundesmi-<br />
Nina Zuckerstätter, oead<br />
Keynote Stefanie Lemke<br />
nisters für Wissenschaft und Forschung,<br />
Heinz Faßmann unter dem damaligen<br />
Rektor Hubert Hasenauer vom <strong>BOKU</strong><br />
Institut für Entwicklungsforschung<br />
(IDR), gemeinsam mit <strong>BOKU</strong> International<br />
Relations (Margarita Calderón-<br />
Peter) und dem OEAD implementiert.<br />
nimmt weiterhin die <strong>BOKU</strong>-Repräsentanz<br />
und Koordination des AU. An der<br />
<strong>BOKU</strong> werden derzeit 13 Projekte von<br />
insgesamt 40 (Call 1 und Call 2) betreut,<br />
davon 8 vom IDR und der CDR-Partner*innengemeinschaft.<br />
Melcher leitet<br />
ein Projekt selbst und ist Partner in fünf<br />
weiteren Projekten (Näheres zu ausgewählten<br />
Projekten und afrikanischen<br />
Partner-Universitäten weiter unten).<br />
Zum Auftakt der General Assembly adressierte<br />
Stefanie Lemke, Leiterin des<br />
Instituts für Entwicklungsforschung an<br />
der <strong>BOKU</strong>, in ihrer Keynote die Frage,<br />
warum, wie und zu welchem Zweck internationale<br />
Kooperation in Forschung<br />
und akademischer Bildung notwendig<br />
ist. Die Klimakrise, zunehmende Konflikte,<br />
unter anderem hinsichtlich des<br />
Zugangs zu knappen Ressourcen sowie<br />
globaler Hunger und Mangelernährung,<br />
verschärft durch den Angriffskrieg<br />
von Russland auf die Ukraine, machen<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
21
Nina Zuckerstätter / OeAD<br />
Andreas Bauer<br />
Africa UniNet-Präsident Hubert Hasenauer im Gespräch mit Andreas Obrecht (OeAD)<br />
Stakeholder und Community Engagement Workshop vom Projekt STREM (Strengthening community-based<br />
research for river health and climate change mitigation in Eastern Africa, mit Partner*innen<br />
von Kyambogo University, Egerton University, African Center for Technology Studies und <strong>BOKU</strong>)<br />
die Wichtigkeit dieser Zusammenarbeit<br />
und globaler Solidarität nochmals<br />
deutlicher. Lemke betonte die zentrale<br />
Rolle von lokalen Akteur*innen in der<br />
Co-Generierung von Forschungsfragen<br />
und -zielen. Anhand partizipativer<br />
Aktionsforschung im Projekt Women’s<br />
Rights to Communal Land veranschaulichte<br />
sie, wie wichtig ein transparenter<br />
und partizipativer Prozess ist, der<br />
marginalisierte Gruppen einschließt.<br />
In einer Diskussionsrunde wurde ein<br />
Blick zurück und nach vorne geworfen<br />
in Hinblick auf die Erfahrungen in der<br />
Forschungszusammenarbeit mit afrikanischen<br />
Partneruniversitäten. Am<br />
Podium saßen Vertreter*innen der<br />
<strong>BOKU</strong> (Hermann Bürstmayr, Stefanie<br />
Lemke und Hans Sölkner), der Kenyan<br />
Peasants League, eine zivilgesellschaftliche<br />
Organisation, die sich unter anderem<br />
für Rechte von Kleinbäuer*innen<br />
einsetzt (Fidel Castro Otieno, Youth<br />
Collective und Catherine Banda, Women’s<br />
Collective) sowie zwei Alumni des<br />
Masterstudiums Applied Limnology and<br />
Wetland Management (Damaris Kinyua<br />
und Jacob Iteba). Fidel und Catherine<br />
berichteten von der vielfältigen Diskriminierung<br />
von Frauen und Jugendlichen,<br />
etwa beim Zugang zu Land und<br />
anderen Ressourcen. Durch Dialoge auf<br />
Gemeindeebene innerhalb der Aktionsforschung<br />
Women’s Rights to Communal<br />
Land werden gesellschaftliche Transformationsprozesse<br />
angestoßen. Das ist<br />
dann besonders wirksam, wenn Männer<br />
öffentlich für die Rechte von Frauen eintreten<br />
und dies auch in ihrem eigenen<br />
Umfeld vorleben, und wenn Frauen sich<br />
zusammenschließen, um sich gegenseitig<br />
zu stärken und zu unterstützen.<br />
Zum Abschluss der General Assembly<br />
wurden Erfahrungen, Wirkung und Zukunft<br />
von Österreich-Afrika Kooperationen<br />
diskutiert. Ehemalige afrikanische<br />
und österreichische APPEAR-Stipendiatinnen<br />
berichteten wie schwierig für<br />
sie die Balance zwischen der Forschung,<br />
ihren Aufgaben als Mutter und daran<br />
geknüpfte gesellschaftlichen Erwartungen<br />
ist. Hier sind sowohl afrikanische<br />
als auch österreichische Universitäten<br />
gefordert, entsprechende unterstützende<br />
Strukturen zu schaffen, z. B.<br />
hinsichtlich Kinderbetreuung und anderen<br />
Fürsorgeaufgaben. Rektorin Eva<br />
Schulev-Steindl signalisierte ihre Bereitschaft<br />
für Gespräche, wie dies an<br />
der <strong>BOKU</strong> umgesetzt werden könnte.<br />
Wiedersehen mit <strong>BOKU</strong>-Alumni: Die<br />
General Assembly brachte auch viele<br />
bekannte Gesichter wieder zusammen,<br />
wie zum Beispiel Sonnia Musyoka,<br />
South Eastern Kenya University oder<br />
Tadesse Fetahi Hailu von der Addis Ababa<br />
University mit Andreas Melcher.<br />
Darüber hinaus sind weitere Partnerschaften<br />
und Kooperationen mit vielen<br />
<strong>BOKU</strong>-Alumni geplant, welche jetzt in<br />
verschiedenen AfricaUniNet Partneruniversitäten<br />
tätig sind und sich weiterhin<br />
für Forschungskooperationen mit<br />
Österreich und mit der <strong>BOKU</strong> einsetzen.<br />
Im Anschluss an die General Assembly<br />
fand vom 21.-24. 10. die Summer School<br />
zum Thema Dekolonisierung von Wissensystemen<br />
statt, welche im Rahmen<br />
vom Projekt DERT South - Decoloniality<br />
of Research and Learning Methods<br />
in the Global South: A Transdisciplinary<br />
Book vom African Centre for Technology<br />
Studies (Kenia), der Universität<br />
Innsbruck und <strong>BOKU</strong> organisiert wurde.<br />
Das Projektkonsortium von DERT South<br />
thematisiert das Weiterbestehen von<br />
kolonialen Strukturen in wissenschaftlichen<br />
Strukturen und Methodologien.<br />
22 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Nina Zuckerstätter / OeAD<br />
Austria-AfricaUniNet Gruppenfoto mit <strong>BOKU</strong>-Rektorin Eva Schulev-Steindl, Präsident Hubert Hasenauer , Vizepräsidentin und Gastgeberin Nzula<br />
Kitaka (seit November <strong>2022</strong> <strong>BOKU</strong>-Ehrenbürgerin) in der 1. Reihe Mitte; sowie Jakob Calice. GF des OeAD und Julia Lichtkoppler (OaAD Africa-<br />
Uninet GA-Organisation) in der 2. Reihe; und Andreas Obrecht (OeAD-AfricaUninet Koordination) und Heinz Faßman (als damaliger Bundesminister<br />
Initiator des Netzwerkes) in Reihe 5 rechts; sowie die weit mehr als 140 Teilnehmer*innen aus Afrika und Österreich.<br />
Ausgehend von den Erkenntnissen aus<br />
der Webinarreihe „Decolonising knowledge<br />
and learning systems“ bot die<br />
Summer School den Teilnehmer*innen<br />
eine praktische Gelegenheit, weitere<br />
unterschiedliche „Dekolonialisierungs-“<br />
Themen aufzugreifen, um politische Entscheidungen<br />
und breitere akademische<br />
und politische Debatten über „Higher<br />
Education, Scientific Methods and<br />
Gender“ zu ermöglichen und diese im<br />
globalen Kontext zu verbessern. Im Wesentlichen<br />
konnte dabei die Bedeutung<br />
trans- und interdisziplinärer Forschung<br />
vor allem auch im Hinblick auf die Umsetzung<br />
der SDGs hervorgehoben werden.<br />
Andreas Melcher gemeinsam mit Sonnia<br />
Musyoka, <strong>BOKU</strong> Alumna, heute an der South<br />
Eastern Kenya University.<br />
Andreas Melcher<br />
Das Team vom IDR traf sich an zwei<br />
Tagen nach der General Assembly mit<br />
Partner*innen der Egerton University<br />
(Kenia), Laikipia University (Kenia),<br />
Haramaya University (Äthiopien), und<br />
der Gulu Uninversity (Uganda), um das<br />
im Jahr <strong>2022</strong> gestartete Projekt Agri-Aqua<br />
– Partnership Program in Integrated<br />
Agri-Aquaculture Systems for<br />
Food Security and Poverty Reduction<br />
in East Africa zu besprechen. Ziel des<br />
Projektes ist es, eine breitere Wissensbasis<br />
zu integrierten Aquakultur- und<br />
Landwirtschafts-Systemen aufzubauen.<br />
Mit steigendem Bedarf nach Fisch<br />
und zunehmenden Umweltbelastungen<br />
geraten die natürlichen Fischpopulationen<br />
in Kenia, Uganda und Äthiopien<br />
zunehmend unter Druck und es werden<br />
innovative Lösungen für die nachhaltige<br />
Produktion von Fischen benötigt.<br />
Durch die Kombination von Aquakultur<br />
mit landwirtschaftlicher Produktion<br />
(etwa Obst- und Gemüseanbau) kann<br />
das Einkommen von Bäuer*innen diversifiziert<br />
und somit die Resilienz gegenüber<br />
Krisen erhöht werden. Zusätzlich<br />
ermöglicht der Zusammenschluss dieser<br />
Systeme den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft<br />
in den Betrieben, indem<br />
das Abwasser der Aquakultur die<br />
landwirtschaftlichen Flächen düngt.<br />
Gemeinsam mit den Projektpartner*innen<br />
wurden die Ergebnisse des ersten<br />
Literatur-Reviews diskutiert sowie der<br />
lokale Kontext in den Partnerländern.<br />
Das Projekt Stakeholder und Community<br />
Engagement Workshop vom Projekt<br />
STREM – Strengthening Community-<br />
Based Research for River Health and<br />
Climate Mitigation in Eastern Africa wird<br />
gemeinsam mit Projektpartner*innen<br />
von der Kyambogo University (Uganda),<br />
Egerton University (Kenia) und dem<br />
African Center for Technology Studies<br />
(Kenia) durchgeführt. Ziel ist das gemeinschaftliche<br />
Management von<br />
Flussökosystemen in Uganda und Kenia<br />
zu unterstützen. Community Engagement<br />
Workshops sind ein Instrument,<br />
um die lokale Bevölkerung einzubinden<br />
und unterschiedliche Akteur*innen an<br />
einen gemeinsamen Tisch zu bringen.<br />
Dabei wurde von unterschiedlichen Stakeholdern<br />
erörtert, warum Gewässer<br />
(vor allem Flüsse) vor der eigenen Haustür<br />
derzeit in einem schlechten Zustand<br />
sind, wie sie in Zukunft für ein besseres<br />
Leben aller aussehen sollten und<br />
welche Funktionen sie erfüllen sollten.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
23
Food for All<br />
Afrikanisches Blattgemüse und<br />
Gendergerechtigkeit in Kenia<br />
Von Anna-Sophie Wild<br />
Afrikanisches Blattgemüse (ALVs,<br />
vom englischen „African Leafy<br />
Vegetables“) birgt ein enormes<br />
Potenzial für Ernährungssouveränität und<br />
Ernährungssicherheit. Trotz ihrer günstigen<br />
Eigenschaften werden ALVs jedoch<br />
oft vernachlässigt: Sie sind selten Teil<br />
von Entwicklungsprogrammen und kaum<br />
erforscht. Hinzu kommt, dass Kleinbäuer*innen<br />
immer noch vor vielen Herausforderungen<br />
stehen, wobei das größte<br />
Problem der Mangel an verfügbarem und<br />
zugänglichem Qualitätssaatgut ist.<br />
Verantwortlich für den Anbau, die Saatgutproduktion<br />
und die Vermarktung und<br />
Hüterinnen des hierfür notwendigen<br />
agrarökologischen Wissens sind hier-<br />
Zubereitung von afrikanischem Blattgemüse<br />
während einer Kochdemonstration in Vihiga,<br />
Kenia.<br />
bei die Frauen. Jedoch werden auch in<br />
diesem Bereich ihre Perspektiven und<br />
Erfahrungen selten von der landwirtschaftlichen<br />
Forschung und Entwicklung<br />
einbezogen. Eine Genderperspektive<br />
Bioversity International/T.Borelli<br />
auf die Landwirtschaft hebt hervor, wie<br />
Arbeit und Machtverhältnisse in Haushalten<br />
entlang gesellschaftlich konstruierter<br />
Geschlechterrollen organisiert<br />
werden. Das Verständnis über die Partizipation<br />
und Entscheidungsfähigkeit der<br />
Frauen sowie darüber, wer Zugang und<br />
Kontrolle über die Ressourcen hat, ist für<br />
Gendergerechtigkeit von wesentlicher<br />
Bedeutung.<br />
In Kooperation mit Bioversity International,<br />
ein CGIAR Forschungszentrum, wurden<br />
Daten von 431 Haushalten in Vihiga<br />
County, Kenia, analysiert, um kultivierte<br />
ALVs und die Quellen von ALV-Saatgut zu<br />
identifizieren sowie das Ausmaß der Partizipation<br />
und Entscheidungsmacht der<br />
24 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
P.Maundu/Bioversity<br />
P. Maundu/Bioversity<br />
Frauen erhoben. Mehr als 88 Prozent der<br />
Kleinbäuer*innen im Bezirk Vihiga bauen<br />
bis zu zehn verschiedene ALV-Arten an,<br />
und mehr als 90 Prozent des Saatguts<br />
stammen aus drei informellen Saatgutquellen:<br />
dem lokalen Markt, eigenem<br />
Saatgut und dem Austausch zwischen<br />
Bäuer*innen.<br />
FRAUEN IN DEN VORDERGRUND<br />
Beim Anbau von ALVs spielen Frauen<br />
die Hauptrolle. Die Studie zeigte, dass<br />
Frauen die meisten Entscheidungen<br />
in Bezug auf den Anbau, den Verkauf<br />
und das Einkommen durch ALVs treffen<br />
und die zentralen Hüterinnen des ALV-<br />
Saatgutsystems sind. Deswegen wird<br />
gefordert, dass zukünftige entwicklungspolitische<br />
Programme, die sich für eine<br />
Steigerung des Anbaus und Verbrauchs<br />
von ALV einsetzen, Frauen nicht nur einbeziehen,<br />
sondern diese in den Vordergrund<br />
stellen.<br />
Genderspezifische Machtdynamiken<br />
innerhalb des Haushalts sind dabei von<br />
zentraler Bedeutung. Während ALV-Anbau,<br />
Verkauf und Einkommen derzeit<br />
in den Händen von Frauen verbleiben,<br />
kann die Kommerzialisierung und anschließende<br />
Erhöhung des Einkommens<br />
durch ALV-Produktion zu einer Verschiebung<br />
der genderspezifischen Dynamik<br />
innerhalb des Haushalts führen, bei der<br />
sich Männer die Arbeit und Profite aneignen.<br />
Von Frauen kontrollierte Res-<br />
sourcen erhöhen jedoch nicht nur die<br />
Verhandlungsmacht der Frauen, sondern<br />
verbessern auch die Gesundheits-, Ernährungs-<br />
und Bildungssituationen von<br />
Frauen und Kindern.<br />
•<br />
LINK<br />
Bioversity International<br />
ist ein CGIAR Research Centre.<br />
CGIAR ist eine globale Forschungspartnerschaft<br />
für eine ernährungssichere<br />
Zukunft.<br />
www.bioversityinternational.org<br />
Die Masterarbeit „Women and African Leafy<br />
Vegetables (ALVs): The Informal Seed System<br />
in Vihiga County, Kenya“ von Anna-Sophie<br />
Wild, BA, wurde mit einem Dirmhirn Stipendium<br />
gefördert.<br />
http://short.boku.ac.at/dirmhirn-stipendium<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
25
Stefan Schmutz<br />
DIDAKTIK<br />
Exkursionen neu gedacht<br />
Flüsse erleben und verstehen –<br />
Forschungsorientierte Lehre und Feedback 2.0<br />
mit „Scholarship of Teaching and Learning (SoTL)“<br />
Ars docendi – Anerkennungspreis <strong>2022</strong> – Staatspreis für exzellente Lehre in der Kategorie: Forschungsbezogene<br />
beziehungsweise kunstgeleitete Lehre<br />
Von Verena Vlajo und Alexandra Strauss-Sieberth<br />
Um die Bedeutung der Lehre im<br />
Wissenschaftssystem hervorzuheben<br />
und exzellente Leistungen<br />
in der Lehre noch sichtbarer zu machen,<br />
vergibt das Bundesministerium für Bildung,<br />
Wissenschaft und Forschung seit<br />
2013 den „Ars Docendi“ Staatspreis<br />
für exzellente Lehre. In der Kategorie<br />
Forschungsbezogene beziehungsweise<br />
kunstgeleitete Lehre konnte heuer der<br />
Anerkennungspreis mit der Exkursion<br />
„Ecology and Management of East European<br />
Lowland Rivers“ gewonnen werden.<br />
Das Lehrformat Exkursion hat an der<br />
<strong>BOKU</strong> eine lange Tradition. Exkursionen<br />
sind wichtige didaktische Elemente, um<br />
Lerninhalte zu vermitteln. Der lateinische<br />
Name Exkursion stammt aus dem<br />
18. Jahrhundert von excursio für „Ausflug“,<br />
von ex für „(her)aus“ und currere<br />
für „spazieren gehen“ – laut Duden auch<br />
als „Gruppenexkursion zu wissenschaftlichen<br />
Zwecken“ definiert.<br />
Das Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement<br />
(IHG) hat langjährige<br />
Erfahrung darin, seine Lehrveranstaltungen<br />
mit Exkursionen zu kombinieren<br />
und durchzuführen. Die Lehrenden versuchen<br />
dabei Exkursionen didaktisch neu<br />
zu denken (forschungsgeleitete Lehre)<br />
und innovative Wege (forschendes Lernen)<br />
zu gehen.<br />
„Die Natur muss erlebt und gefühlt<br />
werden, wer sie nur sieht und<br />
abstrahiert, kann ... Pflanzen und<br />
Tiere zergliedern, er wird die Natur<br />
zu beschreiben wissen, ihr aber<br />
selbst ewig fremd sein.“<br />
Alexander von Humboldt<br />
(Brief an Goethe 1810)<br />
26 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Im Sinne Humboldts und der Erkenntnis,<br />
dass Exkursionen eine wichtige Rolle bei<br />
der Vermittlung von Lerninhalten spielen<br />
(Dickel & Glasze 2009), wurde die Lehrveranstaltung<br />
(Seminar/Exkursion) „Ecology<br />
and management of East European<br />
lowland rivers“ für das Sommersemester<br />
2019 nach dem Prinzip des „Forschenden<br />
Lernens in der Natur“ konzipiert. Durch<br />
die Einbindung der limnologischen Exkursion<br />
in das laufende Forschungsprojekt<br />
REFCOND_Volga konnte den<br />
Studierenden das didaktische Konzept im<br />
direkten Praxisbezug des Forschungsalltags<br />
vermittelt werden.<br />
Das Lehr- und Lernkonzept basiert auf<br />
dem Durchlaufen eines Forschungskreislaufs<br />
in drei Phasen, die „(Mit-)Gestalten,<br />
Erleben und Reflektieren“ beinhalten<br />
– als wesentliche Punkte, die forschendes<br />
Lernen ausmachen (Huber 2009).<br />
Kompetenzen wie Recherchieren und<br />
Präsentieren (Sauerborn & Brühne 2017),<br />
die Anwendung fachspezifischer Kompetenzen<br />
(Zimmer 1998) sowie Schreibkompetenzen<br />
(Vedral 2012) konnten so bei<br />
der Lehrveranstaltung vermittelt werden.<br />
Forschungsbasierte Lehre ist ein weiterer<br />
Aspekt dieser Lehrveranstaltung. Scholarship<br />
of Teaching and Learning (SoTL)<br />
beinhaltet die Analyse der eigenen Lehre,<br />
des Lernens der Studierenden und die<br />
Veröffentlichung der Ergebnisse zum Erfahrungsaustausch<br />
(vgl. Huber 2014). Mit<br />
dieser Analyse wurde ein Framework für<br />
zukünftige Exkursionen geschaffen.<br />
Die Universität für Bodenkultur ist stolz<br />
darauf, bereits zum zweiten Mal für den<br />
Ars docendi – Staatspreis für exzellente<br />
Lehre prämiert worden zu sein und gratuliert<br />
dem Einreichteam. Mit einem innovativen<br />
Lehr- und Lernkonzept konnte<br />
sich die <strong>BOKU</strong>-Lehre gegen zahlreiche<br />
Mitbewerber*innen (164 Einreichungen<br />
gesamt und 27 Einreichungen in dieser<br />
Kategorie) durchsetzen. <br />
•<br />
Ars docendi<br />
https://gutelehre.at/<br />
ars-docendi<br />
Atlas der guten Lehre<br />
https://gutelehre.at/<br />
<strong>BOKU</strong> online<br />
STATEMENTS ZU LEHRE<br />
Martin Schletterer<br />
Externer Lehrender seit 2019 am<br />
Institut für Hydrobiologie und<br />
Gewässermanagement (IHG)<br />
Lehre bietet für mich eine Möglichkeit,<br />
zur Entwicklung von Studierenden<br />
beizutragen und Forschungsinteressen<br />
zu wecken. Ich würde sagen, die<br />
Frucht guter Lehre ist die Frage „Können<br />
Sie meine Abschlussarbeit betreuen?“.<br />
Es ist interessant, Studierende<br />
von der „ersten Vorlesung“ bis zur<br />
Masterarbeit zu begleiten und die Entwicklung<br />
zu verfolgen. Außerdem ist<br />
es schön zu sehen, wenn Studierende<br />
ihr Studium erfolgreich abschließen,<br />
sich auf Promotions-Stellen bewerben<br />
und durch ihre Forschungsthemen<br />
zur Weiterentwicklung unseres Fachgebietes<br />
beitragen.<br />
Martin Schletterer<br />
Stefan Schmutz<br />
Thomas Hein<br />
Leiter des Institutes für Hydrobiologie<br />
und Gewässermanagement (IHG)<br />
Lehre bedeutet für mich eine stetige<br />
Weiterentwicklung, arbeiten im Team<br />
mit Studierenden und gemeinsam begeistert<br />
Gewässer zu entdecken und<br />
neue Einsichten zu gewinnen. Die<br />
Vermittlung der Inhalte und der Umgang<br />
mit aktuellen Entwicklungen und<br />
Unsicherheiten erfordern eine Kombination<br />
unterschiedlicher Zugänge<br />
– Erarbeiten von Grundlagen, Anwendung<br />
und Reflexion unterschiedlicher<br />
Befunde und Bearbeiten von Problemstellungen.<br />
Für mich ist die enge<br />
Verzahnung Forschung und Lehre hier<br />
wichtig und bietet die Möglichkeit, auf<br />
unterschiedlichen Ausbildungsstufen<br />
sowie in verschiedenen Programmen<br />
aktuelle Entwicklungen und Sichtweisen<br />
zu bearbeiten und unmittelbar an<br />
die Forschung heranzuführen.<br />
Professor am Institut für Hydrobiologie und<br />
Gewässermanagement (IHG)<br />
Wissen gewinnt für mich erst dann wirklich an Wert,<br />
wenn ich es in einen gesellschaftlichen Kontext stel -<br />
len kann. Deshalb ist es für mich in der Lehre sehr<br />
wichtig aufzuzeigen, dass das an der Universität vermittelte<br />
Wissen für unser Handeln und Tun sehr relevant<br />
ist, unabhängig davon, ob es sich um Grundlagen<br />
oder angewandte Fragestellungen handelt.<br />
Zudem ver suche ich nicht das „All-Wissen“ sondern<br />
die Vielfalt unterschiedlicher Zugänge und Ansichten<br />
zu Wissen zu vermitteln.<br />
Thomas Hein<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
27
MARTIN SCHLETTERER, THOMAS HEIN UND STEFAN SCHMUTZ ÜBER<br />
Was macht für Sie persönlich den Reiz des<br />
Lehrformates Exkursion aus?<br />
Alexander von Humboldt schrieb 1810<br />
an Johann Wolfgang von Goethe „Die<br />
Natur muss erlebt und gefühlt werden“.<br />
Das drückt unseres Erachtens die Notwendigkeit,<br />
aber auch das Potenzial von<br />
Exkursionen aus. Auf Exkursionen ermöglicht<br />
das Format „Forschendes Lernen“<br />
die Anwendung von theoretischem<br />
Wissen und fördert wichtige Kompetenzen.<br />
Zudem tragen insbesondere Auslandsexkursionen<br />
zu einer Erweiterung<br />
des Horizontes der Teilnehmer*innen<br />
auf wissenschaftlicher, interkultureller<br />
und persönlicher Ebene bei. In fremder<br />
Umgebung befreit man sich von Stereotypen<br />
und gewinnt einen objektiveren<br />
Blick auf die Sachlage. Die Rückreise<br />
bringt einige Aha-Erlebnisse in der nun<br />
„neu“ (wieder)entdeckten Heimat mit<br />
sich. Des Weiteren können bestehendes<br />
Wissen in einem neuen Kontext zum<br />
Beispiel ökologisch und gesellschaftlich<br />
angewandt und damit neue Einsichten<br />
gewonnen werden. Dies hautnah in der<br />
Gruppe zu erleben sowie diese Erfahrungen<br />
auch wieder in den eigenen Kontext<br />
der Ausbildung und Forschung zu transferieren<br />
und damit zu integrieren, ist<br />
die Stärke einer Exkursion. Ein weiterer<br />
positiver Faktor ist es, dass Exkursionen<br />
mitunter auch den Ausgangspunkt für<br />
eine Masterarbeit darstellen können.<br />
Was bedeutet die Abkürzung SoTL, können<br />
Sie kurz dieses Konzept vorstellen und wie<br />
hat dieser Ansatz Ihre Lehre geändert?<br />
Scholarship of Teaching and Learning<br />
(SoTL) umfasst die Analyse der eigenen<br />
Lehre und/oder des Lernens der Studierenden<br />
und Veröffentlichung der Ergebnisse<br />
zum Erfahrungsaustausch (sensu<br />
Huber 2011). Aufgrund der offiziellen<br />
LV-Evaluierungen und dem positiven<br />
persönlichen Feedback haben wir die<br />
Entscheidung getroffen, die Exkursionen<br />
im Sinne von SoTL zu analysieren und zu<br />
kommunizieren.<br />
Die Ergebnisse unserer SoTL-Analyse<br />
verdeutlichen die Notwendigkeit derartiger<br />
Formate. Dieses Exkursionsformat<br />
wird am IHG jedenfalls beibehalten und<br />
soll in Zukunft zu weiteren internationalen<br />
Fluss-Systemen führen. Derartige<br />
Exkursionen fördern den internationalen<br />
Austausch und liefern einen Mehrwert<br />
für die Studierenden, die Hochschule<br />
und die Lehrenden.<br />
Was sind die speziellen Elemente Ihrer Exkursion,<br />
die es bei anderen Exkursionen<br />
nicht gibt?<br />
Bei unserer Exkursion „Ecology and<br />
Management of East European Lowland<br />
Rivers“ sollen die Studierenden<br />
einen vollständigen Forschungszyklus<br />
durchlaufen (eigenständige Wissensund<br />
Erkenntnisbildung). Es geht um das<br />
Formulieren von Hypothesen, das Erstellen<br />
eines Forschungskonzeptes, die<br />
Durchführung der Beprobungen, die<br />
Datenanalyse und die Interpretation.<br />
Im SoSe 2019 führte unsere Exkursion<br />
an den Oberlauf der Wolga. Durch die<br />
Einbindung dieser limnologischen Exkursion<br />
in das reale Forschungsprojekt<br />
REFCOND_Volga konnte „Forschendes<br />
Lernen in der Natur“ im direkten Praxisbezug<br />
umgesetzt werden.<br />
28 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Fotos: Stefan Schmutz<br />
DAS LEHRFORMAT EXKURSION<br />
Bei der Feldarbeit an sieben Probestellen<br />
an den Flüssen Wolga und Tudovka<br />
wurden: (a) Vor-Ort-Parameter wie<br />
Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt,<br />
Leitfähigkeit und pH-Wert gemessen<br />
und Wasserproben für Laboranalysen<br />
gezogen, (b) Bestimmungen und Kartierungen<br />
der Wasserpflanzen sowie<br />
der Flussmorphologie durchgeführt,<br />
(c) quantitative Beprobungen der Wasserinsekten-Zönose<br />
gemacht und (d)<br />
Elektrobefischungen im Uferbereich<br />
durchgeführt, Stellnetze ausgelegt und<br />
kontrolliert. Die Abende waren geprägt<br />
von der Aufarbeitung der genommenen<br />
Proben, wobei es hier einen intensiven<br />
Austausch zwischen den verschiedenen<br />
Gruppen und den Lehrenden gab. Dadurch<br />
konnte auch der Grundstein für<br />
neue Projekte wie etwa eine Masterarbeit<br />
gelegt werden.<br />
Welche Elemente Ihrer Exkursion motivieren<br />
Studierende zur aktiven Teilnahme?<br />
Das Lehrkonzept beruht auf dem Durchlaufen<br />
eines Forschungszyklus in drei<br />
Phasen, die das „(Mit)Gestalten, Erfahren<br />
und Reflektieren“ (Huber, 2009) als<br />
wesentliche Punkte, welche Forschendes<br />
Lernen ausmachen, beinhalten. In einem<br />
vorbereitenden Seminar wurden spezifische<br />
Fragestellungen zu abiotischen<br />
Parametern, Wasserpflanzen und Gewässer-Morphologie,<br />
Wasserinsekten und<br />
Fischen als Forschungsfragen formuliert.<br />
Diese wurden in Kleingruppen bearbeitet<br />
und das entwickelte Forschungskonzept<br />
in der Großgruppe vorgestellt und diskutiert<br />
(Phase 1: Vorbereitung). Bei der<br />
Exkursion wurde Wissensvermittlung auf<br />
verschiedenen Ebenen in einem internationalen<br />
Setting durchgeführt (Phase<br />
2: Exkursion). Die im Rahmen der Exkursion<br />
erhobenen Daten wurden von den<br />
Studierenden analysiert und gemeinsam<br />
in einem Forschungsbericht dokumentiert,<br />
in welchem die Ergebnisse im Team<br />
ausgewertet, dargestellt, diskutiert und<br />
interpretiert wurden (Phase 3: Nachbereitung).<br />
Damit konnten die Studierenden<br />
Kompetenzen wie die Recherche<br />
und die Präsentation, das Anwenden von<br />
Fachkompetenzen sowie Datenanalyse<br />
und Writing skills erwerben.<br />
Welche Empfehlungen haben Sie für andere<br />
Lehrende, die ebenfalls eine Exkursion<br />
planen?<br />
Exkursionen spielen eine bedeutende<br />
Rolle in der Vermittlung von Lerninhalten,<br />
wobei die besten Lernerfolge bei<br />
einer Verknüpfung von Arbeits- und<br />
Überblicksexkursion generiert werden<br />
können. Neben den fachspezifischen<br />
Inhalten haben wir auch geschichtliche,<br />
kulturelle und technische Aspekte abgedeckt,<br />
um einen holistischen Blick auf<br />
das Flusssystem und die gesellschaftliche<br />
Situation zu erhalten.<br />
Die Befragungen und Interviews im<br />
Rahmen unserer SoTL-Analyse haben<br />
gezeigt, dass drei Phasen klar zu differenzieren<br />
sind und während der Phasen<br />
verschiedene Kompetenzen gefördert<br />
werden. Wir schlagen daher diese Phasen<br />
als Framework für Exkursionen vor, um<br />
die Konzeptionierung und Ausgestaltung<br />
zu unterstützen. <br />
•<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
29
Fotos: <strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
DIDAKTIK<br />
Ein Abend im Zeichen der <strong>BOKU</strong>-Lehre<br />
Rückschau: Abend des Lehrens und des Lernens mit<br />
<strong>BOKU</strong> Lehrpreis <strong>2022</strong> und Studierendenpreis <strong>2022</strong><br />
Von Verena Vlajo und Alexandra Strauss-Sieberth<br />
Das Jahr <strong>2022</strong> setzt ein starkes<br />
Zeichen für die Sichtbarmachung<br />
und Exzellenz der <strong>BOKU</strong>-Lehre.<br />
Den Auftakt bildete der Abend<br />
des Lehrens und des Lernens 2021,<br />
coronabedingt im Mai <strong>2022</strong>, gefolgt vom<br />
Gewinn des Ars Docendi-Anerkennungspreises<br />
in der Kategorie forschungsbezogene<br />
bzw. kunstgeleitete Lehre. Der<br />
diesjährige Abend des Lehrens und<br />
Lernens ist die letzte Veranstaltung, die<br />
die Lehre in all ihren Facetten und in<br />
ihrer Vielfalt präsentiert. Die Veranstaltung<br />
wurde im Rahmen von „Werte im<br />
Wandel“ im Zuge der 150-Jahr-Feier der<br />
<strong>BOKU</strong> organisiert.<br />
In den vergangenen 150 Jahren haben<br />
sich nicht nur die Werte der Gesellschaft<br />
drastisch geändert, sondern auch die<br />
Ansprüche an die Bildung. Mittels der an<br />
der <strong>BOKU</strong> vermittelten Werte leiten WIR<br />
unsere Studierenden zum HANDELN<br />
und prägen damit nicht nur das Gesicht<br />
der <strong>BOKU</strong>-Lehre, sondern auch die gemeinsame<br />
Zukunft.<br />
Im Rahmen der Festveranstaltung sollten<br />
das Lehren und Lernen an der <strong>BOKU</strong><br />
sichtbar gemacht werden, denn qualitativ<br />
hochwertige Lehre wäre ohne engagierte,<br />
motivierte Studierende und<br />
Lehrende nicht möglich.<br />
LEHRENDENPREISE<br />
Lehrpreis <strong>2022</strong><br />
Prämiert werden innovative Lehr- und<br />
Lernkonzepte von Master-Pflichtlehrveranstaltungen,<br />
denen es gelungen<br />
ist, Studierenden aktuelle Themen aus<br />
Forschung oder Praxis näherzubringen<br />
sowie aktiv zu erleben und anzuwenden.<br />
Ursula Nopp-Mayr<br />
832339 Habitateignung und<br />
-management für Wildtiere<br />
Institut für Wildbiologie und<br />
Jagdwirtschaft (IWJ)<br />
Department für Integrative Biologie<br />
und Biodiversitätsforschung (DIB)<br />
In der Lehrveranstaltung von Ursula<br />
Nopp-Mayr werden die Studierenden<br />
sowohl an die theoretischen Inhalte als<br />
auch an die konkrete Bearbeitung aktueller<br />
gesellschaftlicher Probleme herangeführt.<br />
Besonderer Wert wird dabei auf<br />
die Punkte „Aktuelle gesellschaftliche<br />
Herausforderungen“, „Ausrichtung an<br />
der aktuellen Wissenschaft“, „Öffnung<br />
der Vorlesung zu einem Diskurs“ und<br />
„Selbstständige Bearbeitung des Themas<br />
unter Einbezug der wissenschaftlichen<br />
Methode“ gelegt. Nach dem Abschluss<br />
30 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
der Einführungseinheiten bearbeiten<br />
die Studierenden Themen und verfassen<br />
Paper, welche gegenseitig im Peer-Review-Verfahren<br />
bearbeitet werden.<br />
„Es war eine tolle Erfahrung, in so einem<br />
geschützten Umfeld das wissenschaftliche<br />
Arbeiten zu üben und die Schritte hin zur<br />
Publikation kennenzulernen. Die Lehrende<br />
hat die Vorlesungen und den Seminarteil<br />
mit großer Mühe organisiert, strukturiert<br />
und durchgeführt. Ein so großes Engagement<br />
hatte ich noch in keiner anderen Lehrveranstaltung!!!“<br />
Das Feedback der Studierenden<br />
zeigt, wie wichtig Lernen im<br />
geschützten Raum ist und unterstreicht<br />
das Engagement von Ursula Nopp-Mayr.<br />
„Lehre ist ein zentraler Teil meiner beruflichen<br />
Aufgaben. Je länger ich Lehraufgaben<br />
wahrnehme, umso höher werden<br />
auch meine Ansprüche an die eigenen Lehrveranstaltungen.<br />
Gerade das wiederholte<br />
Vermitteln von Lehrinhalten erfordert vom<br />
Lehrenden ein hohes Maß an Disziplin. Für<br />
mich stellt diese inhaltliche Perseveration<br />
eine große Herausforderung dar und ich<br />
versuche, Fatigue-Effekte zu vermeiden,<br />
indem ich mich bemühe, die Lehre soweit<br />
wie möglich auch für mich selber spannend<br />
zu gestalten und mich selber für die Lehrinhalte<br />
immer wieder neu zu begeistern.<br />
Dementsprechend ist eine optimale Lehrsituation<br />
für mich dann gegeben, wenn<br />
ich – möglichst forschungsgestützt –<br />
Inhalte darstellen und gleichzeitig die<br />
Selbstständigkeit und das kritische Hinterfragen<br />
der Studierenden anregen kann.<br />
Da ich häufig mit Studierenden mit stark<br />
auseinanderdriftendem Vorbildungsstatus<br />
zu tun habe, sehe ich es als besonders<br />
wichtig an, weder jene Studierenden zu<br />
langweilen, die bereits über gute Vorkenntnisse<br />
verfügen und andererseits auch<br />
jene Studierenden abzuholen, die in gewissen<br />
Bereichen Nachholbedarf aufweisen.<br />
Beide Teile, also sowohl das Wachhalten<br />
der eigenen und der studentischen Neugier<br />
als auch der Brückenschlag zwischen<br />
Studierenden mit sehr unterschiedlicher<br />
Ausgangssituation stellen zentrale Punkte<br />
meiner Lehrphilosophie dar. Dabei ist es<br />
mein Ziel, reine frontale Lehre – soweit es<br />
der Veranstaltungscharakter einer LVA<br />
zulässt – zu vermeiden.“<br />
Ursula Nopp-Mayr<br />
Anerkennungspreis Lehrpreis <strong>2022</strong><br />
LV-Team: Henry Jäger, Katharina Hanz,<br />
Regine Schönlechner, Felix Schottroff,<br />
Jorge Rivera, Kate Waldert, Roland<br />
Pöttschacher, Marianna Giancaterino,<br />
Eleonora Pichler, Markus Hofinger,<br />
Brian Gallogly, Georg Rehbrunner,<br />
Daniela Mair, Rebecca Knechtl,<br />
Sophie Riemer, Claudia Alphart<br />
752323 Lebensmitteltechnologische<br />
Übungen<br />
Institut für Lebensmitteltechnologie<br />
Department für Lebensmittelwissenschaften<br />
und Lebensmitteltechnologie<br />
(DLWT)<br />
„Die Anforderungen an Absolventen des Studienganges<br />
Lebensmittelwissenschaften und<br />
-technologie sind sehr vielseitig und komplex.<br />
Dem muss die Ausbildung in besonderem<br />
Maße gerecht werden und adäquat auf eine<br />
Karriere in Wissenschaft oder Industrie vorbereiten.<br />
Die lebensmitteltechnologischen<br />
Übungen haben sich zum Ziel gesetzt, eine<br />
bestmögliche Verbindung zwischen theoretischen<br />
Lehrinhalten von Vorlesungen<br />
und dem hands-on Praxisbezug im Lebensmitteltechnikum<br />
herzustellen.“ LV-Team<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
31
Manfred Schwanninger Lehrpreis <strong>2022</strong><br />
Der Manfred Schwanninger Preis wird<br />
für die Entwicklung von qualitativ hochwertigen<br />
Lehr- und Lernmaterialien und<br />
dessen didaktisch sinnvollen Einsatz verliehen.<br />
Christoph Kogler<br />
Lehr- und Lernmaterial: „Serious<br />
Game-based Workshops zur Lieferkettensimulation“<br />
Institut für Produktionswirtschaft<br />
und Logistik<br />
Department für Wirtschaftsund<br />
Sozialwissenschaften (WISO)<br />
Das ausgezeichnete Lehr- und Lernmaterial<br />
ermöglicht es Studierenden gefahrlos<br />
in die herausfordernde Rolle von<br />
Notfallplaner*innen der Holzlogistikkette<br />
zu schlüpfen, selbstständig kennzahlenbasiert<br />
Entscheidungen zu treffen<br />
und deren Auswirkungen zu analysieren.<br />
Somit bietet das Material Studierenden<br />
eine ideale Spielwiese zur direkten Anwendung<br />
und Reflexion der Führungs-,<br />
Kommunikations-, Digitalisierungs-,<br />
Analyse- und Problemlösungskompetenzen.<br />
„Ich liebe Herausforderungen. Gerne verpacke<br />
ich Lösungsschritte in ein Projekt<br />
mit klar definierter Struktur und erreichbaren<br />
Zielen, um Herausforderungen in<br />
Erfahrungen zu verwandeln. Als Halbmarathonläufer<br />
weiß ich, dass mich viele<br />
kleine Schritte in die richtige Richtung ans<br />
Ziel bringen und als Optimist sehe ich die<br />
Rückschritte von gestern, als Anlauf von<br />
heute, für die großen Sprünge von morgen.<br />
In meiner Lehre möchte ich ein motivierendes<br />
Lernumfeld schaffen, indem vielfältige<br />
mediendidaktische Elemente strukturiert<br />
miteinander verschmolzen und somit individuelle<br />
Talente der Studierenden gefördert<br />
werden.“ Christoph Kogler<br />
Junglehrendenpreis <strong>2022</strong><br />
Der „Junglehrendenpreis“ zeichnet<br />
hochmotivierte Lehrende aus, die didaktisch<br />
besonders wertvolle Lehre bieten<br />
und aktuell am Anfang ihrer Lehrtätigkeit<br />
an der Universität für Bodenkultur Wien<br />
stehen. Junge Lehrende stellen ein wertvolles<br />
Potenzial für die Zukunft der Lehre<br />
an der <strong>BOKU</strong> dar.<br />
Christof Falkenberg<br />
Institut für Marketing und Innovation<br />
Department für Wirtschafts- und<br />
Sozialwissenschaften (WISO)<br />
Christof Falkenberg wurde von einer<br />
Studierenden für den Preis nominiert.<br />
Seine studierendenzentrierten Lehr- und<br />
Lernmethoden und das außergewöhnliche<br />
Engagement zu seinem Fach zeichnen<br />
seine Lehre aus.<br />
„Ein Attribut der Lehre ist unter anderem,<br />
diskutabel, verständlich und nahbar zu<br />
sein sowie durch Freiheit Eigenständigkeit<br />
zu fördern. Ich stütze mich dabei auf die<br />
Worte von Sir Karl Popper: ,Der Stil der<br />
großen, dunklen, eindrucksvollen und unverständlichen<br />
Worte sollte nicht länger<br />
bewundert, ja er sollte von den Intellektuellen<br />
nicht einmal länger geduldet werden.<br />
Er ist intellektuell unverantwortlich.<br />
Er zerstört den gesunden Menschenverstand.‘“<br />
Christof Falkenberg<br />
Anerkennungspreis Junglehrende <strong>2022</strong><br />
Nikolaus Handig und<br />
Florian Rathmayer<br />
Institut für Rechtswissenschaften<br />
Department für Wirtschafts- und<br />
Sozialwissenschaften (WISO)<br />
Mit dem Anerkennungspreis wurde<br />
erstmalig ein Junglehrendenteam ausgezeichnet.<br />
Die beiden Kollegen unterrichten<br />
die Vorlesung „Anlagenrecht“ im<br />
Teamteaching unter dem Motto „Teamwork<br />
makes the Dreamwork“!<br />
„Lehre muss zum (Mit-)Denken anregen,<br />
soll Wissen vermitteln und offen für reflektiven<br />
Diskurs sein, hat Mehrwert für alle<br />
Beteiligten zu stiften und unterhaltsam zu<br />
sein.“ Handig/Rathmayer<br />
Lehrlebenswerk <strong>2022</strong><br />
Lehrende, die schon viele Jahre an der<br />
<strong>BOKU</strong> tätig sind und deren Engagement<br />
und Fähigkeit, Studierende für ihr Fach<br />
zu begeistern, weithin anerkannt ist,<br />
werden für ihr Lebenswerk in der Lehre<br />
ausgezeichnet.<br />
Andreas Muhar<br />
Institut für Landschaftsentwicklung,<br />
Erholungs- und Naturschutzplanung<br />
(ILEN)<br />
Department für Raum, Landschaft<br />
und Infrastruktur (RALI)<br />
Andreas Muhar verfügt über 40 Jahre<br />
Erfahrung in der universitären Lehre und<br />
hat diverse Gastprofessuren und Aufenthalte<br />
auf verschiedenen Kontinenten<br />
32 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Ursula Nopp-Mayr und Andreas Muhar, die Gewinner*innen in der Kategorie<br />
Lehrpreis und Lebenswerk.<br />
Karsten Schulz, Vizerektor für Lehre, Weiterbildung und<br />
Studierende, bei den Preisverleihungen.<br />
absolviert. Er war langjähriger Leiter des<br />
„Doktoratskollegs Nachhaltige Entwicklung<br />
an der Universität für Bodenkultur<br />
Wien“ und Mitentwickler des laufenden<br />
Doktoratskollegs „Transitions to Sustainability<br />
(T2S)“. Seine australischen Kontakte<br />
legten den Grundstein für einen Lehrenden-<br />
und Studierendenaustausch und<br />
führten zu den aktuellen Joint-Study-<br />
Abkommen mit australischen Partneruniversitäten.<br />
Er ist einer der herausragenden <strong>BOKU</strong>-<br />
Professoren, die sich sehr konsequent und<br />
äußerst engagiert für nachhaltige Entwicklung<br />
in der Forschung und in der Lehre<br />
sowie im Wissenstransfer und in den<br />
inneruniversitären Prozessen einsetzen.<br />
Sein genauer, systemorientierter und breit<br />
interdisziplinärer Blick steht in Verbindung<br />
mit seiner enormen fachlichen Fundierung.<br />
Er konnte seine außergewöhnlich hohe wissenschaftliche<br />
Qualität nicht nur in der<br />
Forschung umsetzen, sondern gerade auch<br />
in der Lehre sehr erfolgreich mit großem<br />
didaktischem Geschick und sehr großem<br />
Engagement einsetzen. So gelang es ihm<br />
auch, komplexe Themen und Konzepte der<br />
Nachhaltigkeit in sehr klarer und kreativer<br />
Weise verständlich zu machen. Damit<br />
konnte er bei den Studierenden nicht nur<br />
viel an Kenntnis und Verstehen, sondern<br />
auch ein hohes Maß an Engagement und<br />
Begeisterung für nachhaltige Entwicklung<br />
wecken. Dies war auch für uns Kolleg*innen<br />
in vielfacher Weise inspirierend und motivierend.<br />
Thomas Lindenthal<br />
STUDIERENDENPREISE<br />
Exzellent ausgebildete motivierte Studierende<br />
bilden das Fundament und die<br />
Zukunft der Universitäten. Aber warum<br />
wählt man ein Studium an der <strong>BOKU</strong>?<br />
„Die Themen, die mir immer wieder das Gefühl<br />
geben, hier ,richtig‘ zu sein, sind, glaube<br />
ich, bezeichnend. Ganz übergeordnet ist<br />
es das Konzept von Raum, das mich immer<br />
wieder aufs Neue fasziniert. Raum als physischer<br />
und sozialer Raum, als Gefühls- und<br />
Handlungsraum. Als Möglichkeitsraum. Als<br />
Lebensraum. Die Gestaltung eines Raumes<br />
hat Einfluss auf das Leben all jener, die<br />
darin leben. Wir formen den Raum, aber<br />
der Raum formt auch uns. Das macht die<br />
Gestaltung eines Freiraumes beispielsweise<br />
auch zu etwas unglaublich Politischem. Ich<br />
glaube, dass das Studium auf seine Weise<br />
zu einer wohlwollenderen Welt beitragen<br />
kann. Dass wir lernen können, Freiräume zu<br />
schaffen, zu gestalten oder zu erhalten, in<br />
denen so viel Schönes passieren kann! Wo<br />
Momente erlebt, Erinnerungen geschaffen,<br />
menschliches und nicht-menschliches<br />
Leben unterstützt, Träume geträumt und<br />
Ideen ihre Form finden können. Das motiviert<br />
mich.“ Franka Mathilde Fuchs<br />
Beste Studierende Bachelor<br />
Franka Mathilde Fuchs<br />
Beste Studierende Master<br />
Anna-Lisa Dittrich<br />
Wir gratulieren allen Preisträger*innen<br />
und möchten uns bei allen Einreichenden<br />
bedanken! Die Jury war begeistert<br />
von der hohen didaktischen Qualität der<br />
Einreichungen.<br />
Wollen Sie Ihre oder die Lehre einer Kollegin/eines<br />
Kollegen sichtbar machen?<br />
Dann rei chen Sie beim <strong>BOKU</strong> Lehrpreis<br />
oder Ars docendi 2023 ein. Wir freuen<br />
uns auf zahlreiche Einreichungen! •<br />
KONTAKT<br />
lehrpreise@boku.ac.at<br />
LINK<br />
https://short.boku.ac.at/Lehrpreise<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
33
34 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Theresa Pichorner<br />
Der <strong>BOKU</strong>-Ball<br />
erstrahlt in neuem Glanz<br />
Von Agnes Straßer<br />
Rund 3.000 Gäste werden am 20.<br />
Jänner 2023 wieder in ihre Ballrobe<br />
oder ihre Festtracht schlüpfen,<br />
um gemeinsam unter dem Motto Musik<br />
und Tanz bei nächtlichem Glanz zu feiern.<br />
Nach zweijähriger Pause findet der<br />
<strong>BOKU</strong>-Ball endlich wieder statt und wir<br />
sind schon voll der Vorfreude!<br />
WAS KANN MAN AUF DEM<br />
<strong>BOKU</strong>-BALL ERLEBEN?<br />
Im Rahmen unserer diversen musikalischen<br />
Angebote ist für jede und jeden<br />
etwas dabei – von Rock und Blues bis<br />
hin zu klassischer Tanzmusik sowie der<br />
<strong>BOKU</strong>-Blasmusik. Außerdem können Sie<br />
sich auf Auftritte des <strong>BOKU</strong>-Chors und<br />
der <strong>BOKU</strong>-Jagdhornbläser freuen.<br />
WER STECKT EIGENTLICH<br />
HINTER DEM <strong>BOKU</strong>-BALL?<br />
Die ÖH <strong>BOKU</strong> organisiert jedes Jahr den<br />
Ball. Das Kernteam besteht aus 14 Studierenden,<br />
die sich ab den Sommermonaten<br />
zusammensetzen und ihr Bestes<br />
geben, um wieder für ein ausgelassenes<br />
Fest zu sorgen. Das Team freut sich immer<br />
über Verbesserungsvorschläge und<br />
Ideen: bokuball@oehboku.at<br />
MIT DIESEN FAKTEN ÜBER<br />
LIBELLEN KÖNNEN SIE AM<br />
BALLABEND BEEINDRUCKEN<br />
Libellen sind effektive Jäger und mit ihrer<br />
Jagdtechnik erfolgreicher als Löwen.<br />
Libellen sind auf die Jagd aus der Luft<br />
spezialisiert. Sie jagen mit Plan und unglaublichen<br />
Techniken nach Beutetieren.<br />
Da wird nichts dem Zufall überlassen.<br />
Libellen können die Flugbahn und die<br />
Geschwindigkeit eines Beutetieres exakt<br />
bestimmen. Das macht sie zu höchst erfolgreichen<br />
Jägern: von 100 Beuteflügen<br />
verlaufen 95 erfolgreich. Bei Löwen sind<br />
nur etwa 25 von 100 Angriffen vom Jagderfolg<br />
gekrönt.<br />
Libellen sehen die Welt mit anderen Augen.<br />
Um genau zu sein, mit bis zu 30.000<br />
Einzelaugen. Ihre riesigen Facettenaugen<br />
bedecken fast den gesamten Kopf<br />
und ermöglichen der Libelle somit eine<br />
Rundumsicht von fast 360°. Sie kann eine<br />
Fliege also auch sehen, wenn sie an ihr<br />
bereits vorbeigeflogen ist. Durch diese<br />
Eigenschaft können Libellen verhindern,<br />
dass sie mit anderen Insekten oder Hindernissen<br />
zusammenstoßen: Sie können<br />
das Beutetier verfolgen und behalten die<br />
Welt drumherum im Blick.<br />
BALL- UND TISCHKARTEN<br />
erhalten Sie im Onlineshop unter bokuball.at.<br />
Weitere Infos finden Sie ebenfalls<br />
auf unserer Homepage bokuball.at oder<br />
auf der Facebook- und Instagram-Seite<br />
der ÖH <strong>BOKU</strong>. Wir freuen uns, Sie am<br />
20. Jänner 2023 im Wiener Rathaus begrüßen<br />
zu dürfen.<br />
•<br />
Agnes Straßer ist Teil des PR-Teams der ÖH <strong>BOKU</strong>.<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
35
Der Mensch bringt Hausverstand in KI ein<br />
Gruppenfoto mit „Haustieren“ bei der Antrittsvorlesung: (v.li.) Rektorin Eva Schulev-Steindl, Univ.Prof. Andreas Holzinger, Univ.Prof. Karl Stampfer,<br />
Univ.Prof. Andreas Gronauer, Landtagsabgeordneter Bernhard Heinrichsberger, MA sowie Altrektor Univ.Prof. Hubert Hasenauer.<br />
Andreas Holzinger hat die neu geschaffene Professur für Digitale Transformation in der intelligenten Land- und<br />
Forstwirtschaft am Institut für Forsttechnik der <strong>BOKU</strong> angetreten. In seiner Arbeit verbindet er maschinelles<br />
Lernen mit konzeptuellem Wissen menschlicher Experten, um Robustheit und Erklärbarkeit von Algorithmen<br />
zu verbessern.<br />
Für jemanden, dessen Berufstraum<br />
als Kind Förster war und der sich<br />
dann mit „Artificial Intelligence“<br />
beschäftigt hat, muss so der ideale Job<br />
aussehen: Die <strong>BOKU</strong> hat am Institut für<br />
Forsttechnik eine „Professor für Digitale<br />
Transformation in der intelligenten Landund<br />
Forstwirtschaft“ geschaffen und darauf<br />
Andreas Holzinger berufen, auf den<br />
diese Beschreibung genau zutrifft. Damit<br />
wird einer globalen Entwicklung Rechnung<br />
getragen, die so gut wie alle gesellschaftlichen<br />
Bereiche erfasst hat: Der<br />
Begriff „Industrie 5.0“ ist zur markanten<br />
Bezeichnung dafür geworden, dass in<br />
den unterschiedlichsten Zusammenhängen<br />
eine Fülle miteinander verknüpfter<br />
Daten („Big Data“) erzeugt wird, die das<br />
Potenzial bergen, ein tieferes Verständnis<br />
der dahinter liegenden Zusammenhänge<br />
zu eröffnen – vorausgesetzt, man<br />
kann sie entsprechend interpretierbar<br />
und nachvollziehbar machen.<br />
Das ist auch in der Forstwirtschaft von<br />
Bedeutung: „Wenn Sie einen 46-Tonner<br />
auf eine alpine Forststraße schicken, ist<br />
es sehr nützlich, wenn Sie vorhersagen<br />
können, ob der ein paar Tage darauf im<br />
Schlamm stecken bleiben wird“, nennt<br />
Holziger als Beispiel die Voraussage der<br />
Tragfähigkeit von Forststraßen. Ein anderes<br />
wäre die frühzeitige Erkennung<br />
eines Befalls durch Borkenkäfer, der immense<br />
Schäden am heimischen Waldbestand<br />
anrichtet. Mit Algorithmen aus<br />
dem Bereich der „Künstlichen Intelligenz“<br />
(kurz KI) lässt sich in beiden Fällen<br />
einiges gewinnen. Wetterdaten, Daten<br />
von Bodensensoren, Luftaufnahmen, die<br />
mit Drohnen gemacht werden – all das<br />
fließt zusammen, wird computerunterstützt<br />
verarbeitet und lässt im Idealfall<br />
eine nachvollziehbare Prognose zu, die<br />
für Praktiker der Waldbewirtschaftung<br />
von großem Nutzen ist.<br />
„Ich finde es fantastisch, dass die <strong>BOKU</strong><br />
den Trend der Zeit erkannt und mit dieser<br />
Professur die Möglichkeiten geschaffen<br />
hat, das Potenzial der KI in der Land- und<br />
Forstwirtschaft zu nutzen“, sagt Holzinger.<br />
Was seine Gruppe einbringen kann,<br />
fügt sich dabei gut in die ohnehin stark<br />
interdisziplinär aufgestellte Forschung<br />
an der <strong>BOKU</strong> ein, ist Holzingers Überzeugung:<br />
„Nur aus der Überlappung<br />
verschiedener Fachgebiete kann etwas<br />
Neues entstehen.“ Dass er sich hier<br />
wohlfühlt, ist nicht nur der alten Liebe<br />
36 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
Von Georg Sachs<br />
zum Wald geschuldet, es ist auch die<br />
gesamtgesellschaftliche Bedeutung der<br />
Forstwirtschaft, die ihn fasziniert: „Was<br />
wir hier machen, entspricht genau dem<br />
‚One Health‘-Gedanken: Gesunde Menschen<br />
brauchen einen gesunden Planeten.“<br />
Dazu müssen die verschiedensten<br />
Faktoren zusammenspielen, die man im<br />
Wald findet: Luft, Pflanzen, Boden – „es<br />
heißt ja nicht von ungefähr Universität<br />
für Bodenkultur“, meint Holzinger<br />
schmunzelnd.<br />
„WIR HABEN DIE DATENMENGEN<br />
UND ZUNEHMENDE<br />
RECHENLEISTUNG“<br />
Als sich Holzinger begann, für Computer<br />
zu interessieren, war KI noch lang nicht<br />
so angesagt, wie heute. Und auch gegenwärtig<br />
bleibt mitunter im Dunkeln, was<br />
damit eigentlich gemeint ist: „Ich finde<br />
den Begriff ‚Künstliche Intelligenz‘ nicht<br />
gut gewählt. Wir wissen gar nicht, was<br />
menschliche Intelligenz ist – und wollen<br />
sie doch künstlich nachbauen.“ Innerhalb<br />
des weiten Felds KI-basierter Werkzeuge<br />
ist maschinelles Lernen heute aber eine<br />
gut definierte und breit angewandte Aufgabenstellung<br />
– „unser Arbeitspferd“,<br />
wie Holzinger sagt. Ein Teil sind sogenannte<br />
„Deep-Learning“-Ansätze, bei<br />
denen „tiefe neuronale Netze“ verwendet<br />
werden, die zahlreiche Zwischenschichten<br />
zwischen Eingabe und Ausgabe<br />
enthalten. Der mathematische Kern<br />
all dieser Methoden ist dabei das, was<br />
man „Inverse Probability“ nennt: Man<br />
betrachtet eine Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
von Daten, die von einem Parameter<br />
abhängt (einer bestimmten Eigenschaft<br />
der beobachteten Sachverhalte,<br />
die Einfluss auf die Verteilung nimmt)<br />
und schließt („invers“) vom Auftreten<br />
der Verteilung auf den Wert des Parameters.<br />
Dabei gehen die KI-Spezialisten<br />
von einer A-priori-Wahrscheinlichkeit<br />
aus (welche Verteilung der Messwerte<br />
kann ich annehmen, wenn ich noch gar<br />
nichts weiß), aus der sie anhand der erhobenen<br />
Daten eine A-Posteriori-Wahrscheinlichkeit<br />
(was weiß ich jetzt mehr?)<br />
errechnen. Dieses Spiel wiederholt sich<br />
dann immer und immer wieder, indem<br />
bei jeder Schleife die anhand der Daten<br />
errechnete Verteilung die neue A-priori-Wahrscheinlichkeit<br />
wird, die an neuen<br />
Daten geprüft wird. Von Schritt zu<br />
Schritt wird dabei die sogenannte Verlustfunktion<br />
(die Abweichung der erhobenen<br />
Daten von den Modelldaten)<br />
minimiert.<br />
„Böse Zungen sagen, wir machen nichts<br />
anderes als Funktionen zu optimieren“,<br />
lacht Holzinger, „aber wir kämpfen dabei<br />
schnell gegen den Fluch der Hochdimensionalität.“<br />
Das hat mit dem schon<br />
erwähnten Phänomen der „Big Data“<br />
zu tun: Wenn immer mehr miteinander<br />
zusammenhängende Daten erhoben<br />
werden, müssen dementsprechend viele<br />
Paramater gleichzeitig untersucht<br />
werden. Das ist auch der Grund dafür,<br />
warum maschinelles Lernen heute auf<br />
einen viel fruchtbareren Boden fällt als<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
37
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
130 Hörerinnen und Hörer am <strong>BOKU</strong> Standort Tulln interessiert an „Digitaler Transformation“<br />
zu der Zeit, als Holzinger begann, sich<br />
damit zu beschäftigen: „Wir haben heute<br />
die großen Datenmengen und wir haben<br />
zunehmende Rechenleistung, um sie zu<br />
verarbeiten.“<br />
KORRELATION IST<br />
NICHT KAUSALITÄT<br />
Verbesserungswürdig schienen dagegen<br />
zunächst die Methoden, die man anwendet,<br />
um dies zu tun: „In der Anfangszeit<br />
der KI-Forschung, waren die Algorithmen,<br />
die man gebaut hat, nachvollziehbar“,<br />
sagt Holzinger. Doch der Komplexitätsgrad<br />
der verwendeten Modelle nahm<br />
sukzessive zu, entsprechend schwieriger<br />
wurde es, zu verstehen, was die Maschine<br />
eigentlich tut, wenn sie „lernt“. „Die<br />
heute zum Einsatz kommenden tiefen<br />
neuronalen Netze sind so hochdimensional<br />
und so nichtlinear, dass Menschen<br />
nicht mehr nachvollziehen können, wie<br />
der Computer auf das Ergebnis kommt“,<br />
sagt Holzinger. Dementsprechend findet<br />
man mit dieser Form von maschinellem<br />
Lernen bislang auch vor allem Korrelationen,<br />
von denen man nicht sagen kann,<br />
ob sie auch Kausalitäten entsprechen.<br />
„Wir wollen nun den nächsten Schritt hin<br />
zu echten Kausalitäten gehen“, umreißt<br />
Holzinger, was unter dem Stichwort „Explainable<br />
AI“ bekannt geworden ist. Das<br />
sei nicht zuletzt ein rechtliches Erfordernis:<br />
„Nach der europäische Datenschutz-<br />
Gesetzgebung hat der Nutzer ein Recht<br />
auf eine nachvollziehbare Erklärung.“<br />
Um das zu erreichen, muss der Mensch<br />
in die Prozesse des maschinellen Lernens<br />
einbezogen werden. „Der Mensch hat<br />
generalisiertes Fachwissen – oder anders<br />
gesagt: Hausverstand. Er kann Schlüsse<br />
ziehen, ohne tausende von Datensätzen<br />
durchforstet zu haben. Das müssen wir<br />
mit den KI- Ansätzen verknüpfen“. Was<br />
Holzinger beschreibt, ist unter dem Namen<br />
„Human-in-the-Loop“ bekannt geworden<br />
– ein Ansatz, mit dem sich der<br />
Wissenschaftler internationales Renommee<br />
erworben hat. Die Stationen seiner<br />
akademischen Karriere führten ihn von<br />
seiner Alma Mater, der TU Graz, an die<br />
RWTH Aachen, ans University College<br />
in London und ans Department of Computer<br />
Science der Universität Verona.<br />
Zuletzt hat er drei Jahre am xAI-Lab des<br />
Alberta Machine Intelligence Institute an<br />
der University of Alberta in Edmonton,<br />
Kanada verbracht. „Kanada ist eines der<br />
führenden Länder auf dem Gebiet des<br />
maschinellen Lernens“, erzählt Holzinger.<br />
Wenn es aber um Fragen der Forstwirtschaft<br />
geht, greift man dort aber gerne<br />
auf die Expertise der <strong>BOKU</strong> zurück.<br />
Das humanzentrierte Vorgehen, mit dem<br />
sich der Informatiker einen Namen gemacht<br />
hat, ist in den Fachkreisen nicht<br />
von Anfang an akzeptiert worden. Vor<br />
38 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Andreas Holzinger während seiner Antrittsvorlesung und während einer Exkursion im Steilgelände.<br />
mehr als einer Dekade hielt er einen Vortrag<br />
über „Human-in-the-Loop“-Ansatz<br />
an der Carnegie Mellon University in<br />
Pittsburgh, Pennsylvania, einer der führenden<br />
Einrichtungen auf dem Gebiet<br />
des Machine Learning. Zu seiner eigenen<br />
Überraschung erntete er ablehnende<br />
Reaktionen: „Die sagten damals, wir<br />
wollen den Menschen gar nicht im Loop<br />
drinnen haben – press the button, wait<br />
for the results – und was soll denn der<br />
Mensch im maschinellen Lernen tun?“,<br />
erinnert sich Holzinger.<br />
NUTZEN FÜR DIE<br />
FORSTWIRTSCHAFT<br />
Dass sich das Bild seither doch etwas<br />
verändert hat, kann man auch an einem<br />
Beispiel aus der Waldbewirtschaftung<br />
erklären. „Einer der Gründe, warum<br />
Forststraßen nach mehreren Regentagen<br />
an Befahrbarkeit verlieren können,<br />
sind verstopfte Wasserdurchlässe. Als<br />
Forstarbeiter haben Sie keine Chance,<br />
die alle freizuhalten“, gibt Holzinger zu<br />
bedenken. Eine Unterstützung könnte<br />
von Drohnen kommen, die eine Forststraße<br />
abfliegen und z.B. einen verlegten<br />
Kanal erkennen und einen Roboter anfordern,<br />
der diese selbständig durchputzt.<br />
„Das hört sich einfach an, aber es<br />
ist sehr schwierig, das hinzubekommen.“<br />
Für Mitarbeiter eines Forstbetriebs gehört<br />
es zum Hausverstand, so einen Kanal<br />
zu erkennen und zu reinigen. Der Mensch<br />
kann aber sein Fachwissen in die Iterationen<br />
maschinellen Lernens einfließen<br />
lassen und wird so Teil eines „Loops“, der<br />
insgesamt bessere Ergebnisse erzielt.<br />
„Mich hat von Anfang an fasziniert, dass<br />
der Computer eine universell programmierbare<br />
Maschine ist. Man kann sie zur<br />
Erkennung von Melanomen aus medizinischen<br />
Bilddaten ebenso verwenden<br />
wie für die Vorhersage von Borkenkäferbefall<br />
in der Forstwirtschaft“, sagt Holzinger.<br />
Besonders interessant scheinen<br />
ihm kontrafaktische Fragestellungen:<br />
„Das sind „Was-wäre-wenn“-Szenarien,<br />
die sich ergeben, wenn verschiedene<br />
Parameter verändert werden.“<br />
Mit seinem neuen Human-Centered AI<br />
Labor am <strong>BOKU</strong>-Standort Tulln ist Holzinger<br />
sehr glücklich: „Tulln ist das neue<br />
Zentrum der Digitalen Transformation<br />
in Niederösterreich. Rund um das neue<br />
Haus der Digitalisierung ist dort ein<br />
Netzwerk mit unterschiedlichen Knoten<br />
entstanden, die unterschiedliche Expertisen<br />
einbringen“, schwärmt Holzinger,<br />
dessen Lehrstuhl als Stiftungsprofessur<br />
vom Land Niederösterreich unterstützt<br />
wird, vom Umfeld, das er hier vorgefunden<br />
hat. <br />
•<br />
Georg Sachs ist Chefredakteur der Zeitschrift<br />
Chemiereport/Austrian Life Sciences<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
39
<strong>BOKU</strong><br />
Die Lehrveranstaltungsevaluierung<br />
kehrt zurück in den Hörsaal<br />
Die studentische Lehrveranstaltungsbewertung<br />
– besser bekannt<br />
unter der Bezeichnung<br />
„Lehrveranstaltungsevaluierung“<br />
– ermöglicht den Studierenden, ihren<br />
Lehrenden in anonymer Form Feedback<br />
zu geben. Die Lehrenden erhalten<br />
nach Ablauf des Befragungszeitraums<br />
einen automatisiert erstellten Bericht, in<br />
dem die Daten der geschlossenen Fragen<br />
in aggregierter Form dargestellt und die<br />
Antworten auf offene Fragen gesammelt<br />
aufgelistet werden.<br />
Die von der Stabsstelle Qualitätsmanagement<br />
konzipierte und von den Studienservices<br />
zentral organisierte Lehrveranstaltungsbewertung<br />
besteht aus<br />
einem Kernfragebogen mit 18 Fragen.<br />
Dieser Kernfragebogen wird je nach<br />
Lehrveranstaltungstyp mit weiteren<br />
Fragen ergänzt. Dadurch, dass immer<br />
die gleichen Fragen in derselben Formulierung<br />
gestellt werden, können<br />
Lehrende anhand der Ergebnisse sehen,<br />
ob in der Lehrveranstaltung vorgenommene<br />
Änderungen aus Sicht der Studierenden<br />
zu Verbesserungen geführt<br />
haben. Darüber hinaus benötigt auch das<br />
Qualitätsmanagement standardisierte<br />
Fragen, damit Evaluierungsergebnisse<br />
vergleichbar sind. Denn die Gesamtheit<br />
der Evaluierungsergebnisse wird jedes<br />
Semester analysiert. Kritisch bewertete<br />
Lehrveranstaltungen werden näher<br />
untersucht und es werden gegebenenfalls<br />
Interventionen gesetzt.<br />
Was sagen nun <strong>BOKU</strong>-Lehrende zur studentischen<br />
Lehrveranstaltungsbewertung?<br />
Astrid Allesch, Lehrende am Institut für<br />
Abfall- und Kreislaufwirtschaft, erkennt<br />
in ihr einfach eine Methode, die es Studierenden<br />
leicht ermöglicht, Probleme<br />
anzusprechen. Sie wünscht sich, dass<br />
Kritik so konkret wie möglich formuliert<br />
wird, damit klar wird, was geändert werden<br />
sollte. Auch Alfred Strauss vom Institut<br />
für Konstruktiven Ingenieurbau sieht<br />
den Nutzen der Lehrveranstaltungsbewertung<br />
darin, zu erfahren, womit die<br />
Studierenden speziell Probleme haben,<br />
sei es im organisatorischen Bereich, in<br />
der Lehre, beim Lernen oder im Prüfungsbereich.<br />
Konkrete Kritik und Verbesserungsvorschläge<br />
sind seit dem aktuellen Wintersemester<br />
noch leichter möglich: Nun<br />
können Lehrende den Studierenden eine<br />
eigene Frage mündlich stellen, welche<br />
diese in den offenen Textfeldern am<br />
Ende des Fragebogens beantworten.<br />
Denn der Fragebogen ist seit diesem<br />
Semester auch auf Handys und Tablets<br />
gut ausfüllbar, der Fragebogen kann und<br />
soll daher ab nun während der Lehrveranstaltung<br />
beantwortet werden. Die<br />
<strong>BOKU</strong>-Lehrenden sind dazu aufgerufen,<br />
ihren Studierenden gegen Ende des Semesters<br />
während der Lehrveranstaltung<br />
etwa zehn Minuten für das Ausfüllen des<br />
Fragebogens zur Verfügung zu stellen.<br />
Bisher konnte der Online-Fragebogen<br />
Von Elfriede Wagner<br />
nur auf dem PC oder Laptop zu Hause<br />
ausgefüllt werden, wozu Studierende<br />
häufig nicht die Zeit fanden. Der Rücklauf<br />
und damit die Aussagekraft der<br />
Ergebnisse wird sich durch die Möglichkeit,<br />
den Fragebogen während der<br />
Lehrveranstaltung auszufüllen, deutlich<br />
verbessern. Lehrende erhalten dadurch<br />
ein repräsentativeres Feedback, das sie<br />
zur Weiterentwicklung ihrer Lehrveranstaltung<br />
nutzen können. •<br />
Ing. in Mag. a Elfriede Wagner ist in der Stabsstelle<br />
Qualitätsmanagement u. a. für die Evaluierung<br />
der Lehrveranstaltungen zuständig.<br />
40 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
GENDER &<br />
DIVERSITY<br />
Sustainable Diversity<br />
Was es für eine chancengerechtere, inklusivere und vielfältigere <strong>BOKU</strong> braucht<br />
„Wie soll Diversität an der <strong>BOKU</strong> gelebt und erlebt werden?“ Dieser wichtigen Frage wurde<br />
beim Kick-off der Diversitätsstrategie der <strong>BOKU</strong> am 16. November im Rahmen der „Werte<br />
im Wandel“-Tage nachgegangen.<br />
Von Maciej Palucki und Ela Posch<br />
Fotos: <strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
Als Universität hat die <strong>BOKU</strong> den<br />
gesellschaftlichen Auftrag, den<br />
herausfordernden Fragen unserer<br />
Zeit zu begegnen und Transformationsprozesse<br />
nicht nur in Gang zu setzen,<br />
sondern diese auch voranzutreiben und<br />
auf der Basis neuester Erkenntnisse zu<br />
begleiten. Sie nimmt damit eine Vorbildwirkung<br />
nach außen ein.<br />
WERTE IM WANDEL – DIVERSITÄT<br />
UND NACHHALTIGKEIT VERBINDEN<br />
Die „Werte im Wandel“-Veranstaltungstage<br />
nahmen allerdings nicht nur jene<br />
Aspekte in den Blick, die die <strong>BOKU</strong> in die<br />
Gesellschaft tragen wird. Sie richteten<br />
auch den Blick nach innen und reflektierten<br />
(selbst)kritisch die eigenen Werte<br />
und Leitbilder. Als Institution trägt die<br />
<strong>BOKU</strong> Verantwortung, im Sinne einer<br />
diversitätsorientierten Gleichstellung zu<br />
agieren und alle Angehörigen im Sinne<br />
ihrer Möglichkeiten und Potenziale zu<br />
fördern: Dazu zählen alle Studierenden,<br />
alle Lehrenden, alle Forschenden und<br />
das gesamte allgemeine Personal. Die<br />
<strong>BOKU</strong> setzt sich für Vielfalt und Chancengerechtigkeit<br />
ein und setzt mit der<br />
Implementierung der Diversitätsstrategie<br />
ein starkes Zeichen.<br />
Während die Awareness Days spannende<br />
Inhalte zur Sensibilisierung und Kompetenzerweiterung<br />
anboten, stieß die<br />
Kick-off-Veranstaltung der Diversitätsstrategie<br />
den Reflexionsprozess nach<br />
innen an, richtete den Blick auf die eigenen<br />
Handlungsfelder, die einzelnen Zielgruppen<br />
und das gesamte Geschehen im<br />
universitären Bereich. Mit dem Beginn<br />
des partizipativen Prozesses adressierte<br />
sie jede und jeden Einzelnen. Denn ein<br />
nachhaltiger Transformationsprozess,<br />
der auch nach außen strahlt, wird ohne<br />
Inklusion und Diversität nicht funktionieren.<br />
„Werte wie Diversität, Inklusion und<br />
Gleichstellung, die bereits an der <strong>BOKU</strong><br />
im Fokus sind, stehen in einer Wechselwirkung<br />
mit Nachhaltigkeit und sind<br />
somit im Zusammenhang mit der Transformation<br />
von Gesellschaft besonders<br />
wichtig“, betonte auch Rektorin Eva<br />
Schulev-Steindl zu Beginn der Kick-off-<br />
Veranstaltung im Ilse-Wallentin-Haus.<br />
Sie bekräftigte das große Commitment<br />
seitens des Rektorats und nahm die<br />
zukünftige Ausrichtung der Strategie<br />
damit gleich vorweg: Sustainable Diversity.<br />
Als Universität des Lebens und der<br />
Nachhaltigkeit ist es naheliegend, diese<br />
beiden Zukunftsthemen noch stärker<br />
miteinander zu verschränken – und zwar<br />
sowohl auf Prozess- und Struktur- als<br />
auch auf Kulturebene. Diese systemische<br />
und systematische Herangehensweise<br />
eines Change-Prozesses ist für<br />
eine erfolgreiche Implementierung zentral,<br />
stellte die Gender- und Diversitäts-<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
41
AWARENESS DAYS <strong>2022</strong><br />
Zum zweiten Mal fanden die <strong>BOKU</strong><br />
Awareness Days statt, die heuer als<br />
Teil der dreitägigen Veranstaltung<br />
„Werte im Wandel – Bildung, Diversität,<br />
Nachhaltigkeit“ vom 15.–17.11.<br />
angeboten wurden und als eine der<br />
ersten Initiativen der Koordinationsstelle<br />
für Gleichstellung, Diversität<br />
und Behinderung in Bezug auf die<br />
Implementierung der Diversitätsstrategie<br />
der <strong>BOKU</strong> konzipiert wurden.<br />
Alle <strong>BOKU</strong>-Angehörigen konnten<br />
an einem umfangreichen Workshopangebot<br />
teilnehmen und bekamen<br />
so die Möglichkeit eines vielfältigen<br />
Kompetenzerwerbs nach den Grundsätzen<br />
der Gleichstellung, Antidiskriminierung,<br />
Chancengerechtigkeit,<br />
sozialer Inklusion und Accessibility.<br />
Insgesamt konnten sechs Workshops,<br />
von denen einige im Trainingspass des<br />
Fortbildungsprogramms angerechnet<br />
werden konnten, zu unterschiedlichen<br />
Themen sowohl analog wie auch<br />
digital besucht werden, wie beispielsweise<br />
Diagnose AD(H)S: Vortrag,<br />
Austausch, Vernetzung<br />
Bildung verändern – intersektionale<br />
und dekoloniale Perspektiven auf die<br />
Klimakrise<br />
Auch für das nächste Jahr sind Schulungsangebote<br />
und Workshops zu<br />
diesen Themenbereichen vorgesehen.<br />
Ruth Scheiber-Herzog<br />
Fotos: <strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
expertin Roswitha Hofmann während<br />
ihrer Keynote-Rede beim Kick-off fest.<br />
Werte sind eben nicht nur im Wandel, sie<br />
müssen auch reflektiert und umfassend<br />
in eine zeitgemäße Universität integriert<br />
werden. Wie das auf den unterschiedlichen<br />
Ebenen gelingen kann, wurde anschließend<br />
in einem World-Café-Format<br />
lebendig und intensiv diskutiert. Gabriele<br />
Bargehr moderierte das World-Café und<br />
schuf einen idealen Rahmen für die eingehende<br />
Auseinandersetzung mit den<br />
zentralen Handlungsfeldern der <strong>BOKU</strong>.<br />
An den verschiedenen Thementischen<br />
zu Forschung, Hochschulleitung, Internationales,<br />
Lehre, Personal und Studium<br />
sowie einem offenen Thementisch wurden<br />
Ideen für mehr Diversität an der<br />
<strong>BOKU</strong> eingebracht und diskutiert.<br />
Dies bedeutet konkret nicht nur den<br />
Abbau von Diskriminierungen und die<br />
Anerkennung der Potenziale aller Universitätsangehörigen<br />
voranzutreiben,<br />
sondern auch die Förderung von Chancengerechtigkeit<br />
und die Weiterentwicklung<br />
einer inklusiven Organisationskultur<br />
und eines wertschätzenden Studier- und<br />
Arbeitsumfeldes. Barrieren sollen mittels<br />
Diversitäts-Maßnahmen abgebaut,<br />
Studier- und Arbeitsbedingungen verbessert<br />
werden, um so eine offene Hochschulkultur<br />
für Studierende sowie für alle<br />
Mitarbeitenden zu ermöglichen.<br />
PARTIZIPATION UND<br />
KOMMUNIKATION<br />
Rektorin Eva-Schulev-Steindl, Vizerektorin<br />
für Finanzen und Infrastruktur Nora<br />
Sikora-Wentenschuh und der Vizerektor<br />
für Lehre, Weiterbildung und Studierende,<br />
Karsten Schulz, diskutierten ebenso<br />
wie Florentine Kranzler (ÖH-Studienvertretung<br />
Agrarwissenschaften), die<br />
auch den Thementisch Studium hostete,<br />
Margarita Calderón-Peter (Leiterin der<br />
<strong>BOKU</strong> International Relations) und ihr<br />
Team, das den Thementisch Internationales<br />
gehostet hat oder die interdisziplinären<br />
Forscher*innen Christina Plank<br />
und Lorenz Probst (Institut für Entwicklungsforschung),<br />
die die Themen tische<br />
42 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Forschung und Lehre moderierten,<br />
Kinder<strong>BOKU</strong>-Leiterin Martina Fröhlich<br />
oder Ewald Pertlik aus dem Betriebsrat<br />
für wissenschaftliches Personal, der den<br />
Thementisch Personal hostete, und der<br />
Thementisch Hochschulmanagement,<br />
der von Cornelia Kasper (AKGL-Vorsitzende<br />
und Leiterin des Instituts für Zellund<br />
Gewebekulturtechnologie) gehostet<br />
wurde.<br />
GROSSE PERSPEKTIVENVIELFALT<br />
Das World-Café versammelte eine große<br />
Perspektivenvielfalt, was die Basis<br />
für zahlreiche Ideen bot, die mit Vertreter*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> in regem Austausch<br />
eingehend diskutiert und dokumentiert<br />
wurden. Die daraus entstandenen ersten<br />
Ergebnisse werden in den nächsten<br />
Schritten ausgewertet und geclustert<br />
und in die weiteren strategischen Überlegungen<br />
und Maßnahmen zu mehr Gender<br />
Equality, Vielfalt und Inklusion an der<br />
<strong>BOKU</strong> einfließen. Auch im Vorfeld eingereichte<br />
Ideen für Maßnahmen werden<br />
in die Ideensammlung aufgenommen.<br />
Obwohl es an den Tischen ob der vielfältigen<br />
Themen selbstverständlich unterschiedliche<br />
Spezifika zu diskutieren gab,<br />
konnten aber auch viele gemeinsame<br />
Themen eruiert werden, allen voran Partizipation<br />
und Kommunikation als übergreifende<br />
und verbindende Themen.<br />
Diese Aspekte wurden von der Koordinationsstelle<br />
bereits in der Erstellung<br />
des Konzepts sowie der Gestaltung und<br />
Begleitung des beginnenden Prozesses<br />
zentral berücksichtigt.<br />
Die mit dem Bundesministerium für<br />
Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />
vereinbarte Top-down-Strategie sollte<br />
in allen Handlungsfeldern und Hierarchieebenen<br />
der <strong>BOKU</strong> wirksam sein.<br />
Zentrales Anliegen war und ist es, auf<br />
lange Sicht gesehen eine tragfähige und<br />
nachhaltige Strategie zu entwickeln, die<br />
für alle Menschen, die an der <strong>BOKU</strong> studieren<br />
und arbeiten, anschlussfähig ist.<br />
Besonderes Augenmerk lag von Beginn<br />
an auf der Implementierung partizipativer<br />
Elemente. Mit der Kick-off-Veranstaltung<br />
wurde diesbezüglich ein erster<br />
Impuls gesetzt – sie war somit wortwörtlich<br />
der Anfang eines gemeinsamen Prozesses.<br />
Die Kommunikation, nach innen<br />
und nach außen, war ebenso ein an den<br />
meisten Tischen präsentes Thema. Die<br />
Kommunikation aller zentralen Schritte<br />
mit Möglichkeiten der Einbindung<br />
und Feedback war etwa ein mehrfach<br />
genannter Punkt, der im weiteren Prozess<br />
verstärkt Berücksichtigung finden<br />
sollte.<br />
DER NUTZEN VON DIVERSITÄT<br />
Wer trotz der positiven Energie und der<br />
konstruktiven Ideen immer noch skeptisch<br />
war, was die Wirkung und die Effekte<br />
von Diversitätsmanagement betrifft,<br />
der*dem seien die Evidenzen nahegelegt:<br />
Der Nutzen von mehr Gleichstellung, Diversität<br />
und Inklusion in Organisationen<br />
ist vielfach belegt.<br />
Diversität unterstützt die Resilienz von<br />
Organisationen, sie steigert die Attraktivität<br />
für Mitarbeitende, Studierende und<br />
Partner*innen und ermöglicht höheres<br />
Innovationspotenzial in Forschungsteams<br />
– Stichwort: Inter- und Transdisziplinarität!<br />
Diversität ist auch zunehmend<br />
die Grundlage für Drittmitteleinwerbung<br />
im nationalen, europäischen<br />
und internationalen Bereich, unterstrich<br />
Roswitha Hofmann, die bereits einige<br />
Universitäten im Bereich Diversitätsmanagement<br />
beratend begleitet hat.<br />
Der <strong>BOKU</strong> attestiert sie ob ihres universitätsspezifischen<br />
Profils besondere<br />
Potenziale. Um diese auch zum Blühen<br />
zu bringen, brauche es nicht nur die Verbreiterung<br />
von Fachwissen und -kompetenzen<br />
und die bereits anfangs erwähnte<br />
strategische und strukturelle Verankerung,<br />
sondern auch Räume für Reflexion<br />
und entsprechende Ressourcen für die<br />
operative Umsetzung (gerade jetzt für<br />
Universitäten ein besonders herausforderndes<br />
Thema). Ein nachhaltiges<br />
Thema also. Und wenn wir schon von<br />
Nachhaltigkeit sprechen: Ohne diese<br />
wird eine Diversitätsstrategie nicht die<br />
Effekte bringen und erfolgreich sein.<br />
Umgekehrt ist eine diversitätsorientierte,<br />
soziale und chancengerechte Perspektive<br />
essentiell – ganz im Sinne des<br />
Agenda 2030-Grundsatzes Leave No<br />
One Behind–, damit nachhaltige Entwicklung<br />
gelingen kann – und zwar mit<br />
allen, für alle!<br />
EINREICHUNG amaZone<br />
AWARD 2023<br />
Die <strong>BOKU</strong> hat wieder eingereicht –<br />
der amaZone Award ist ein Preis zur<br />
Förderung weiblicher Lehrlinge in<br />
Berufen mit geringem Frauenanteil.<br />
Neben Unternehmen sind jüngst auch<br />
Bildungseinrichtungen eingeladen,<br />
in der Kategorie Öffentliche und<br />
Öffentlichkeitsnahe Unternehmen<br />
einzureichen.<br />
An der <strong>BOKU</strong> ist der Anteil der<br />
weiblichen Lehrlinge in FIT-Berufen<br />
– also nicht traditionellen Berufen<br />
mit technischer und/oder handwerklicher<br />
Ausrichtung – hoch, weshalb<br />
einer Würdigung aussichtsreich entgegengeblickt<br />
werden kann. Der*die<br />
Gewinner*innen werden von einer<br />
Expert*innenjury ausgewählt und mit<br />
einer von fünf amaZone-Statuen oder<br />
einer amaZone-Award-Plakette ausgezeichnet.<br />
Der amaZone Award wurde 1995 vom<br />
Verein Sprungbrett eingerichtet, um<br />
Awareness und Sichtbarkeit für das<br />
Engagement in der Ausbildung von<br />
Mädchen und Frauen in Handwerk<br />
und Technik zu schaffen.<br />
Transformation kann also nur gemeinsam<br />
geschafft werden. Nur in der bewussten<br />
und intensiven Wechselwirkung zwischen<br />
Diversität und Nachhaltigkeit kann die<br />
<strong>BOKU</strong> auch in Zukunft im internationalen<br />
Universitätsspektrum eine beispielhafte<br />
Rolle spielen. •<br />
Infoseite zur<br />
Diversitätsstrategie<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
43
Fotos: <strong>BOKU</strong> Medienstelle / Christoph Gruber<br />
Die <strong>BOKU</strong> auf dem Weg zur Klimaneutralität.<br />
Der <strong>BOKU</strong>-<br />
Nachhaltigkeitstag<br />
<strong>2022</strong> im Zeichen von<br />
„Werte im Wandel“<br />
Von Lisa Bohunovsky<br />
Angesichts der multiplen, immer<br />
dringlicheren Krisen unserer Zeit<br />
wird deutlich, dass es ein grundsätzliches<br />
Umdenken, eine „große Transformation“<br />
braucht, die über technologische<br />
Lösungen und Effizienzmaßnahmen<br />
hinausgeht. Es ist ein Gebot der<br />
Stunde, unsere vorherrschenden Werte<br />
und Paradigmen zu hinterfragen und zu<br />
reflektieren: Welche davon haben uns in<br />
die aktuellen Krisen gebracht und welche<br />
können umgekehrt helfen, aus diesen<br />
Krisen herauszufinden?<br />
Der <strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitstag als Teil<br />
der „Werte im Wandel“-Veranstaltungsreihe<br />
vom 15.–17. November griff diese<br />
sehr grundsätzlichen Fragen auf und<br />
fragte nach „Neuen Paradigmen für<br />
eine lebenswerte Zukunft“. Hier sollen<br />
jene Veranstaltungsteile der dreitägigen<br />
Werte im Wandel-Reihe hervorgehoben<br />
werden, die spezifisch Nachhaltigkeit im<br />
Fokus hatten.<br />
WIE DEFINIEREN WIR<br />
KÜNFTIG WOHLSTAND?<br />
Zwei Keynotes forderten ein Umdenken:<br />
Die Alternativ-Nobelpreisträgerin<br />
Helena Norberg-Hodge argumentierte<br />
für eine Re-Lokalisierung von Wirtschaftsabläufen,<br />
während Vivian Dittmar,<br />
Autorin und Gründerin der Be-the-<br />
44 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
How to research values, Workshop des IDR<br />
Vivian Dittmar<br />
Publikumsfragen an Vivian Dittmar<br />
Magdalena Wanderer<br />
Vienna Climate Game<br />
Abschlussveranstaltung<br />
Change-Stiftung, für eine Neudefinition<br />
von Wohlstand eintrat. Sie stellt materiellem<br />
Wohlstand Zeit-, Beziehungs-,<br />
Kreativitäts-, ökologischen und spirituellen<br />
Wohlstand entgegen. Sie fordert auf,<br />
Wohlstand breiter zu definieren und zeigt<br />
die Schattenseiten eines einseitigen Fokus<br />
auf materiellen Reichtum auf.<br />
Wichtiger Programmpunkt aller <strong>BOKU</strong>-<br />
Nachhaltigkeitstage ist die Verleihung<br />
der <strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitspreise in<br />
mehreren Kategorien. Ein herzlicher<br />
Glückwunsch an die Gewinner*innen<br />
Max Reisinger (Masterarbeit), Sophie-<br />
Maria Horvath (Publikation), Brigitte<br />
Vogl-Lukasser (Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung) und den TÜWI Verein (soziale<br />
und ökologische Verantwortung)!<br />
<strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitsforschung wurde<br />
in zwei Sessions im kurzlebigen Pecha<br />
Kucha-Format vorgestellt. Die Präsentationen<br />
von Masterarbeiten, Dissertationen<br />
und Publikationen wurden mit je<br />
20 Folien à 20 Sekunden auf den Punkt<br />
gebracht. Jerbelle Elomina und Katharina<br />
Toth ließen die Teilnehmer*innen<br />
ihres Workshops in verschiedene Rollen<br />
schlüpfen und Maßnahmen zur Reduktion<br />
der Wiener Treibhausgasemissionen<br />
diskutieren (Vienna Climate Game).<br />
Auch die Verantwortung der <strong>BOKU</strong><br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
45
Verleihung des <strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitspreises (Kategorie Bildung für Nachhaltige<br />
Entwicklung an Brigitte Vogl-Lukasser)<br />
Lisa Bohunovsky<br />
Helena Norberg-Hodge im Gespräch mit Johannes Kaup<br />
Pecha Kucha-Vortragende (Publikationen und Dissertationen)<br />
selbst wurde angesprochen. Im Workshop<br />
zum <strong>BOKU</strong>-Klimaneutralitätspfad<br />
wurde erläutert, wie dieser entstand und<br />
umgesetzt werden soll. Franziska Häller<br />
(TU Graz) und Stefan Ropac (WWF) präsentierten<br />
weitere Klimaschutzansätze<br />
im betrieblichen Rahmen und befeuerten<br />
damit die Diskussion.<br />
WERTE IN LEHRE UND FORSCHUNG<br />
Aber auch Werte in Forschung und Lehre<br />
wurden angesprochen: Das Institute for<br />
Development Research stellte in seinem<br />
Workshop die Frage „How to research<br />
values“? Thomas Lindenthal und<br />
Michael Braito diskutierten mit den Teilnehmer*innen<br />
ihres Workshops Werte<br />
in der Lehre. Im Rahmen von „Nachhaltige<br />
Bildung an Universitäten“ standen<br />
unter anderem das Diskussionspapier<br />
der Ethikplattform „Die Zukunft der<br />
Universitäten“, aber auch die UniNEtZ<br />
Grundsatzerklärung zur Debatte.<br />
Die ÖH <strong>BOKU</strong> organisierte einen Workshop<br />
zu „Food of the Future“. Sie lud<br />
unter anderem Gregor Tegl und sein<br />
Team von „Arkeon“ ein, die mithilfe einer<br />
neuen Verfahrenstechnik daran arbeiten,<br />
das Sortiment noch facettenreicher zu<br />
gestalten, was wir mit Essen verbinden<br />
und weshalb es eine Revolution in der<br />
Lebensmittelindustrie braucht.<br />
Beide Keynotes wurden live gestreamt<br />
und stehen nun zum Nachhören und -sehen<br />
am <strong>BOKU</strong>-Youtube Kanal zur Verfügung.<br />
Die weiteren Nominierten für<br />
den <strong>BOKU</strong>-Nachhaltigkeitspreis finden<br />
Sie unter:<br />
https://short.boku.ac.at/<br />
boku-nachhaltigkeitspreis<br />
46 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
SPLITTER<br />
BMBWF/Haslinger<br />
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
Hagelversicherung-Förderpreis<br />
zum elften Mal vergeben<br />
Bereits zum elften Mal hat die Österreichische Hagelversicherung<br />
am 9. November den Förderpreis an der Universität<br />
für Bodenkultur Wien (<strong>BOKU</strong>) für herausragende wissenschaftliche<br />
Arbeiten vergeben. In feierlichem Rahmen überreichten<br />
Rektorin Schulev-Steindl und der Vorstandsvorsitzende der<br />
Österreichischen Hagelversicherung und Universitätsratsvorsitzende,<br />
Dr. Kurt Weinberger, die Auszeichnung an DI in Dr.<br />
in<br />
Anna Christina Herzog und DI Stephan Grasserbauer. „Für<br />
die Hagelversicherung ist die Vergabe des Förderpreises auch<br />
zu ihrem 75-jährigen Jubiläum etwas Besonderes, denn seit<br />
unse rem 75-jährigen Bestehen spielt die Wissenschaft eine entscheidende<br />
Rolle. Die prämierten Arbeiten haben stets einen<br />
sehr hohen Praxisbezug zur Landwirtschaft und die Qualität der<br />
wissenschaftlichen Arbeiten ist das Ergebnis der hervorragenden<br />
Lehre und Forschung an der <strong>BOKU</strong>“, erklärt Weinberger<br />
die Motive für den seit 2012 gestifteten Förderpreis.<br />
DIE PREISTRÄGER<br />
DI in Dr. in Anna Christina Herzog (Dissertation) beschäftigte sich<br />
in ihrer Arbeit mit dem Thema der Tierwohlverbesserung auf<br />
österreichischen Milchviehbetrieben unter der Berücksichtigung<br />
der Umweltwirkungen der Milcherzeugung.<br />
DI Stephan Grasserbauer (Masterarbeit): Mit dem Hintergrund,<br />
dass zusätzliche Maßnahmen zur Einkommensstabilisierung, wie<br />
Einkommensversicherungen, vermehrt nachgefragt werden,<br />
zielte Grasserbauer in seiner Masterarbeit darauf ab, die Übertragbarkeit<br />
des kanadischen Einkommensversicherungsmodells<br />
AgriStability auf österreichische Marktfruchtbetriebe zu evaluieren<br />
und dessen ökonomische Auswirkungen zu ermitteln.<br />
Hohe Auszeichnung<br />
Hohe Auszeichnung für Hubert Hasenauer: Der Rektor<br />
emeritus und Leiter des Instituts für Waldbau an der <strong>BOKU</strong><br />
bekam das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste<br />
um die Republik Österreich von Wissenschaftsminister<br />
Martin Polaschek überreicht. Mit der Auszeichnung wurden<br />
Hasenauers hervorragende wissenschaftliche Leistungen<br />
und sein Engagement in nationalen und internationalen<br />
Gremien der Forstwissenschaften sowie die während seiner<br />
Amtszeit als Rektor erfolgreiche nationale und internationale<br />
Positionierung der Universität für Bodenkultur Wien als<br />
DIE Universität für Nachhaltigkeit gewürdigt. Der Festakt<br />
fand am 21. November im Audienzsaal des Bundesministeriums<br />
für Bildung, Wissenschaft und Forschung statt.<br />
AGRANA Förderungspreis<br />
für Wissenschaft und Forschung<br />
Die AGRANA Beteiligungs-AG verlieh am 24. November<br />
an der Universität für Bodenkultur in Wien den Förderungspreis<br />
für Wissenschaft und Forschung. Norbert Harringer,<br />
Vorstand der AGRANA für Produktion, Rohstoffeinkauf<br />
und Nachhaltigkeit, übergab den Preis an Katrin Karner und<br />
Elena Zand. Bereits zum 24. Mal in Folge wurde der Förderpreis<br />
von AGRANA für herausragende Masterarbeiten und<br />
Dissertationen vergeben.<br />
Karner erhielt die Auszeichnung der AGRANA für die Untersuchung<br />
verschiedener Methoden zur Unterstützung einer<br />
nachhaltigen regionalen Bewirtschaftung von Agrar- und<br />
Wasserressourcen unter den Bedingungen des herrschenden<br />
Klimawandels. Zand erhielt den AGRANA-Forschungsförderungspreis<br />
für ihre Dissertation über neue Konzepte<br />
zur Vermeidung von mikrobiellen Verunreinigungen von<br />
Lebensmitteln sowie deren frühzeitiger Nachweis.<br />
<strong>BOKU</strong> Medienstelle/Christoph Gruber<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
47
SPLITTER<br />
Fünf <strong>BOKU</strong>-Forschende<br />
unter den weltweit<br />
„Highly Cited Researchers“<br />
Laut der aktuellen<br />
Publikationsanalyse<br />
„Highly Cited Researchers<br />
<strong>2022</strong>“, die<br />
Clarivate Analytics<br />
jährlich veröffentlicht,<br />
können sich fünf <strong>BOKU</strong>-Forschende zu den weltweit meist<br />
zitierten Wissenschaftler*innen zählen.<br />
Wir gratulieren:<br />
Karl-Heinz Erb,<br />
Umwelt und<br />
Ökologie, Institut<br />
für Soziale<br />
Ökologie<br />
Dominik<br />
Wiedenhofer<br />
Cross-Field,<br />
Institut für<br />
Soziale Ökologie<br />
Helmut Haberl<br />
Cross-Field,<br />
Institut für<br />
Soziale<br />
Ökologie<br />
Fridolin<br />
Krausmann<br />
Cross-Field,<br />
Institut für<br />
Soziale<br />
Ökologie<br />
Erwin Schmid<br />
Cross-Field,<br />
Institut für<br />
Nachhaltige<br />
Wirtschaftsentwicklung<br />
Basierend auf der Zitationsdatenbank „Web of<br />
Science“ wird in diesem Ranking untersucht,<br />
wie häufig Publikationen einer Forscherin<br />
oder eines Forschers aus einem Fachgebiet<br />
der Medizin oder der Natur- und Sozialwissenschaften<br />
zwischen 2011 und 2021 zitiert<br />
wurden. Insgesamt werden in diesem „Who is<br />
Who“ der Wissenschaft aktuell 6938 Wissenschaftler*innen<br />
gelistet, darunter 46 österreichische<br />
Forschende. Je häufiger die Publikationen<br />
einer Forscherin oder eines Forschers<br />
zitiert werden, desto höher werden die wissenschaftliche<br />
Bedeutung und die Qualität der<br />
Forschungsergebnisse eingestuft. Die Analyse berücksichtigt<br />
sämtliche in einem Zeitraum von elf Jahren veröffentlichten<br />
Artikel. Für die aktuelle Liste wurden Publikationen der Jahre<br />
2011 bis 2021 ausgewertet. Dabei zählen für die Auswertung<br />
nur Top-Publikationen, die zu dem einen Prozent der Publikationen<br />
mit den meisten Zitierungen in den berücksichtigten<br />
21 Fachgebieten und der interdisziplinären Kategorie gehören<br />
(Highly Cited Papers).<br />
https://clarivate.com/highly-cited-researchers/<br />
Citizen Science-Schulungen<br />
Citizen Science, vereinfacht<br />
gesagt die Beteiligung von<br />
Bürger*innen an wissenschaftlicher<br />
Forschung, hat in den<br />
letzten Jahren einen enormen<br />
Aufschwung erlebt. Die Universität für Bodenkultur Wien<br />
(<strong>BOKU</strong>) beheimatet nicht nur selbst schon seit vielen Jahren<br />
Citizen Science-Projekte, sie ist auch die koordinierende<br />
Stelle im Citizen Science Network Austria, welches die Plattform<br />
Österreich forscht koordiniert. Dort finden Sie alle<br />
wichtigen Informationen zu Citizen Science in Österreich.<br />
Um Citizen Science darüber hinaus noch weiter an der <strong>BOKU</strong><br />
zu stärken, gibt es neben laufenden Projektberatungen auch<br />
zwei Citizen Science-Schulungen im <strong>BOKU</strong>-Fortbildungsprogramm,<br />
die einmal pro Semester die Grundlagen von<br />
Citizen Science vermitteln. Im Sommersemester 2023 wird<br />
dazu wieder der Kurs „Eintauchen in Citizen Science“ angeboten,<br />
der sich speziell (aber nicht nur) an Personen richtet,<br />
die im FWF-Förderprogramm Top Citizen Science einreichen<br />
möchten. Die genauen Details zur Schulung und den Link zur<br />
Anmeldung entnehmen Sie bitte dem <strong>BOKU</strong>-Fortbildungsprogramm<br />
für das kommende Sommersemester.<br />
www.citizen-science.at/<br />
www.citizen-science.at/die-plattform/das-netzwerk<br />
Tagesaktuelle Daten<br />
zur Energiekrise<br />
Eine neue Plattform ermöglicht Zugang<br />
zu aktuellen Daten zum Gas- und Stromverbrauch in Österreich,<br />
zum Speicherstand der Gasspeicher, zu Energiepreisen<br />
und zu Gaseinsparungen. Wer möchte, kann auf diesem Weg<br />
über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden bleiben.<br />
Auf energie.wifo.ac.at tragen Johannes Schmidt (<strong>BOKU</strong>) und<br />
Peter Reschenhofer (WIFO) tagesaktuelle Energiedaten zur<br />
Energieversorgung zusammen, um allen Interessierten zu<br />
erlauben, die aktuelle Situation besser einzuschätzen.<br />
Die Daten zeigen neben dem tagesaktuellen österreichischen<br />
Gas- und Stromverbrauch im Vergleich zu Vorjahren den<br />
Speicherstand der Gasspeicher und aktuelle Großhandelspreise<br />
für Energie. Die Datenfülle ermöglicht eine Abschätzung<br />
der derzeitigen Sparanstrengungen im Energiebereich<br />
in Österreich, der kurzfristigen Versorgungssicherheit<br />
im Gassektor und der Preislage im Energiesektor.<br />
„Wir veröffentlichen auch temperaturbereinigte Abschätzungen<br />
der Gaseinsparungen. Diese zeigen zum Beispiel, dass<br />
Gaseinsparungen von Haushalten und Betrieben durch einen<br />
erhöhten Einsatz von Gas in der Stromproduktion kompensiert<br />
wurden – trotzdem war der Gasverbrauch<br />
aufgrund der hohen Temperaturen im Vergleich<br />
sehr niedrig“, so Johannes Schmidt von Institut<br />
für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der<br />
<strong>BOKU</strong>. https://energie.wifo.ac.at<br />
48 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Ivan Lukacic<br />
<strong>BOKU</strong> Erfindung <strong>2022</strong><br />
Mit dem Preis „<strong>BOKU</strong> Erfindung des Jahres“ würdigt die Universität<br />
für Bodenkultur Wien die herausragendste Forschungsleistung<br />
im Bereich schutzfähiger Innovationen aus den vergangenen<br />
Jahren.<br />
Die Preisträger <strong>2022</strong> sind Erik Reimhult und Behzad Shirmardi<br />
vom Department für Nanobiotechnolgie für ihre Erfindung<br />
“Method to process red and green perovskite quantum dots<br />
(PQDs) in a polymer matrix”. Die Technologie wurde an das<br />
<strong>BOKU</strong>-Spin-off BrightComSol GmbH lizenziert. Das Unternehmen<br />
produziert die nächste Generation von Röntgen-Szintillatoren<br />
unter Verwendung der prämierten Technologie.<br />
Der Preis wurde durch Vizerektor Obinger im Rahmen des Herbstfestes<br />
<strong>2022</strong> in Tulln an die Erfinder verliehen.<br />
V. l.: Christian Obinger, Behzad Shirmardi, Erik Reimhult<br />
Im Rahmen des Herbstfestes <strong>2022</strong> in Tulln wurde die Gewinnerin<br />
durch Vizerektor Obinger dem Publikum vorgestellt.<br />
<strong>BOKU</strong> Erfinderin <strong>2022</strong><br />
Wir gratulieren Nicole Borth, stellvertretende Leiterin des<br />
Instituts für Tierische Zelltechnologie und Systembiologie,<br />
zur Auszeichnung <strong>BOKU</strong> Erfinderin des Jahres <strong>2022</strong>!<br />
Für diesen Preis werden Erfinderinnen vor den Vorhang<br />
geholt, um nicht zuletzt auch anderen Wissenschaftlerinnen<br />
Inspiration und Vorbild zu sein, denn noch immer sind<br />
Frauen bei der Meldung von Erfindungen an der <strong>BOKU</strong><br />
unterrepräsentiert.<br />
Nicole Borth ist ein Vorbild für junge Wissenschaftlerinnen,<br />
da sie eine außerordentlich erfolgreiche Forscherin<br />
ist, die als Area Leiterin der ACIB zahlreiche Firmenkooperationen<br />
lukrierte.<br />
Dass die erstmalige Sequenzierung der Erbsubstanz des<br />
chinesischen Hamsters durch ein österreichisches Forscher*innenteam<br />
gelang, ist maßgeblich ihrer jahrelangen<br />
Forschung zu verdanken und eröffnet neue Methoden in<br />
der Entwicklung von Heilmethoden.<br />
Video<br />
www.youtube.com/watch?v=WagaGzwbaRI<br />
<strong>BOKU</strong> Start-up <strong>2022</strong><br />
<strong>BOKU</strong><br />
Ivan Lukacic<br />
Der <strong>BOKU</strong> Start-up-Preis ist mit 3.000 Euro<br />
dotiert und wird jährlich an Start-ups mit<br />
<strong>BOKU</strong>-Bezug verliehen. Ausgezeichnet wird<br />
die beste Start-up-Idee, die zu einer Gründung<br />
führte. Die Einreichenden werden nach<br />
den Kriterien: Gründung innerhalb der letzten fünf Jahre, <strong>BOKU</strong>-<br />
Bezug, Gesellschaftlicher Mehrwert und Innovative Idee ausgewählt.<br />
Die Wastics GmbH ist die diesjährige Siegerin und bietet eine komplexe<br />
All-in-One SaaS Lösung an, die durch ein umfassendes, innovatives<br />
Dienstleistungsangebot zur Digitalisierung der Abfallwirtschaft, dem<br />
Schließen von Stoffkreisläufen und letztendlich dem Erreichen der<br />
EU-Nachhaltigkeitsziele beiträgt. wastics.eu<br />
Michaela Amstötter-Visotschnig vom <strong>BOKU</strong> Technologietransfer und das Team<br />
Wastics<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
49
tecnet | accent Innovation Award<br />
Heuer bereits zum 12. Mal an der <strong>BOKU</strong> vergeben<br />
Im Mittelpunkt dieses Awards steht die Frage nach der kommerziellen Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen.<br />
Die Kandidat*innen sollten hierzu erste eigene Überlegungen zur wirtschaftlichen Umsetzung ihrer<br />
Forschungsergebnisse, wie z. B. Kundennutzen, Marktpotenzial oder Patentschutz, auf einem Poster darstellen<br />
und vor einer Jury präsentieren.<br />
Der 1. Platz des diesjährigen Awards<br />
ging an ein Projekt, welches sich<br />
auf clevere Art und Weise die Abfälle<br />
aus der Holzwirtschaft zunutze<br />
macht, um daraus ein Ausgangsmaterial<br />
für holzbasierten 3D-Druck herzustellen.<br />
Bei der Produktion von Schnittholz<br />
entstehen rund 38 Prozent Sägeabfälle,<br />
die bislang primär zur Energiegewinnung<br />
genutzt werden, was klimaschädliches<br />
CO 2<br />
freisetzt. Lena Holzer, vom Department<br />
für Bautechnik und Naturgefahren,<br />
präsentierte mit ihrem Projekt aber eine<br />
alternative Nutzungsmöglichkeit. Aus<br />
den Sägeabfällen kann durch spezielle<br />
tecnet equity ist die Technologiefinanzierungsgesellschaft<br />
des Landes<br />
Niederösterreich. Über die Venture<br />
Capital Fonds investiert tecnet equity<br />
in wachstumsstarke, innovative, technologieorientierte<br />
Unternehmen. Mit<br />
dem „research-to-value“ (r2v) Programm<br />
unterstützt tecnet NÖ Forscher*innen<br />
und Gründer*innen bei<br />
der Überführung ihrer Forschungsergebnisse<br />
in marktfähige Produkte und<br />
Dienstleistungen. www.tecnet.at<br />
Das accent ist der Hightech-Inkubator<br />
des Landes Niederösterreich. Ziel<br />
des accent ist es, eine fruchtbare Basis<br />
für hochinnovative Start-ups in NÖ zu<br />
schaffen und diese auf ihrem anfangs<br />
sehr schwierigen Weg erfolgreich zu<br />
begleiten. Dadurch sollen technologische<br />
Entwicklungen effektiv und nachhaltig<br />
wirtschaftlich umgesetzt werden.<br />
Neben der finanziellen Unterstützung<br />
gibt es auch ein intensives Coaching.<br />
www.accent.at<br />
Bearbeitung ein Granulat erzeugt werden<br />
und durch Zugabe eines 100 Prozent<br />
biobasierten Klebstoffs ein Material,<br />
welches sich für den Einsatz in speziell<br />
umgebauten 3D-Druckern eignet. Häuserbauteile,<br />
wie zum Beispiel Wandaufbauten,<br />
könnten auf diese Art und Weise<br />
mittels 3D-Druck-Roboter einfach<br />
gedruckt werden. Auch das Recycling<br />
solcher Bauteile wäre um einiges ökologischer<br />
als das bisher der Fall ist. Bei<br />
dieser Erfindung wird das Prinzip der<br />
Kreislaufwirtschaft auf eindrucksvolle<br />
Weise dargestellt.<br />
Beim diesjährigen Poster Award wurden<br />
zwei 2. Plätze vergeben. Diese gingen an<br />
Elena Zand, vom Department für Lebensmittelwissenschaften<br />
und Lebensmitteltechnologie,<br />
welche eine neuartige und<br />
zum Patent angemeldete Methode zur<br />
Lena Holzer<br />
Elena Zand<br />
Detektion von Partikeln vorgestellt hat.<br />
Mit dieser Methode können sowohl biotische<br />
(„lebende“) als auch abiotische<br />
(„nicht lebende“ z. B. Staub) Partikel nachgewiesen<br />
und voneinander unterschieden<br />
werden. Eine wesentliche Neuerung zu<br />
bisherigen Methoden, die z. B. aktuell<br />
in der Lebensmittelindustrie verwendet<br />
werden, ist, dass die Methode auch nicht<br />
kultivierbare Bakterien detektieren kann.<br />
Ebenfalls mit dem 2. Platz ausgezeichnet<br />
wurde ein Projekt, welches die Produktion<br />
von monoklonalen Antikörpern effizienter<br />
und günstiger gestalten will. Die<br />
Aufreinigung solcher Antikörper erfolgt<br />
hauptsächlich über Fällung und ist damit<br />
sehr aufwendig und teuer. Die Erfindung<br />
von Maria del carme Pons Royo vom<br />
Department für Biotechnologie soll das<br />
verbessern. Sogenannte „Milidevices“<br />
werden genutzt, um die besten Bedingungen<br />
für die Fällung der Antikörper<br />
zu identifizieren. Die Produktionskosten<br />
für die Herstellung von monoklonalen<br />
Antikörpern können dadurch signifikant<br />
gesenkt werden. Das macht die Erfindung<br />
vor allem für die pharmazeutische<br />
Industrie sehr interessant. •<br />
KONTAKT<br />
Forschungsservice Technologietransfer<br />
tto@boku.ac.at<br />
Fotos: Ivan Lukacic<br />
V. l.: Christian Obinger, Christian Lauer, Lena Achleitner, Michael Moll; Lena Achleitner war<br />
als Vertretung von Maria del carme Pons Royo anwesend, die nicht beim Herbstfest dabei sein<br />
konnte.<br />
50 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Horizon Partnerships –<br />
how to find your way in the jungle<br />
Y<br />
ou are probably aware of the largest<br />
funding programme of the<br />
European Commission Horizon<br />
Europe (HE). The Programme opens<br />
continually plenty of calls which are all<br />
in a good and transparent way accessible<br />
in Funding and Tender Portal (FTP).<br />
The majority of the calls can be divided<br />
into well-known mobility calls<br />
(Marie Sklłodowska-Curie), basic research<br />
(ERC), applied research (Research<br />
& Innovation Actions) etc. But are you<br />
aware of Partnerships?<br />
Partnerships bring the European Commission<br />
and private and/or public<br />
partners together to address some of<br />
Europe’s most pressing challenges<br />
through research and innovation. Partnerships<br />
open additional calls which<br />
have been shifted under the umbrella<br />
of HE and which offer a good chance<br />
for funding of specific topics. However,<br />
Partnerships are characterized by the<br />
fact that many of them have their own<br />
conditions in terms of various funding<br />
and overhead rates, eligible collaboration<br />
partners and countries which can<br />
be different from those in HE. On top of<br />
that, the number of partnerships is not<br />
less than 49. Some of them are published<br />
in FTP as “normal” HE calls, some are administered<br />
by national funding agencies,<br />
some by themselves. All in all, this can be<br />
quite a headache and discourage many<br />
researchers from submitting a proposal.<br />
At the same time, Partnerships might<br />
offer higher success rate than normal<br />
Co-programmed<br />
O Implemented<br />
independently by<br />
the partners and by<br />
Horizon Europe<br />
O Call publication and<br />
submission via Funding<br />
& Tender Portal<br />
Figure 1: Types of European Partnerships<br />
Co-funded<br />
Horizon Calls. The question is: How to<br />
get out of the jungle and find a fitting<br />
Partnership for my research idea?<br />
To make it a bit easier, Partnerships can be<br />
divided into three groups according to the<br />
mechanism of their origin which can give<br />
you a hint about the way how their calls<br />
for proposals are administered (Fig. 1).<br />
<strong>BOKU</strong> as a public university can participate<br />
in most Partnerships, but still, there<br />
are some, for which Austrian institutions<br />
are not eligible. To find the way out of<br />
the jungle, we have prepared a complete<br />
list of Partnerships which are eligible<br />
and relevant for <strong>BOKU</strong> including basic<br />
information on calls deadlines, funding<br />
rates, submission tools and links.<br />
As the topic is quite complex and many<br />
questions may arise, don’t hesitate to<br />
contact the <strong>BOKU</strong> HE expert Lada Fialova<br />
in case you have got lost. Lada can help<br />
you to find the best fitting Partnership for<br />
your project idea, support you through<br />
O Cooperation of the<br />
EU and national funding<br />
agencies<br />
O Former ERA-NETs<br />
O Austria must be a<br />
member<br />
O Via FWF or FFG<br />
the submission procedure and give you<br />
advices on any matter of HE. For more<br />
details see the website of the <strong>BOKU</strong> Preaward<br />
Support, section “Horizon Europe<br />
and <strong>BOKU</strong> Support”. <br />
•<br />
CONTACT<br />
Institutionalised<br />
O Cooperation<br />
between the EU,<br />
EU countries and<br />
(mostly) industry<br />
O KICs (Key Innovation<br />
Centers)<br />
O Joint Undertaking<br />
(JUs)<br />
Lada Fialova, PhD<br />
Research Support,<br />
Innovation &<br />
Technology Transfer<br />
projektsupport@<br />
boku.ac.at<br />
https://boku.ac.at/<br />
en/fos<br />
LINKS<br />
Partnerships<br />
https://short.boku.ac.at/mqpe5o<br />
(<strong>BOKU</strong> login!)<br />
Funding and Tender Portal<br />
https://ec.europa.eu/info/fundingtenders/opportunities/portal/screen/<br />
opportunities/topic-search<br />
Clemens Fabry<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
51
Strategische Kooperation<br />
<strong>BOKU</strong>–UMWELTBUNDESAMT<br />
Beiratsvorsitzende und Koordinierungsstelle<br />
Noch nie war der Trend, aber<br />
auch die Notwendigkeit des<br />
Umbruchs und der gesellschaftlichen<br />
Transformation<br />
so stark spürbar wie bisher:<br />
Klimawende, Energiewende, Mobilitätswende,<br />
Lebensmittelwende und Stopp<br />
des Biodiversitätsverlustes sind in der<br />
Mitte unserer Gesellschaft angekommen<br />
und begegnen uns bereits vielerorts im<br />
Alltag.<br />
Der gesellschaftliche Wandel ist seit<br />
vielen Jahren einer der Kernaspekte in<br />
vielen gemeinsamen Arbeiten und Projekten<br />
der Strategischen Kooperation<br />
von <strong>BOKU</strong> und Umweltbundesamt. Viele<br />
erfolgreiche Kooperationsprojekte lieferten<br />
diesbezüglich wichtige Grundlagen<br />
und echte Meilensteine für die<br />
Umsetzungspolitik, für regionale Maßnahmen<br />
sowie für die Kommunikation auf<br />
wissenschaftlicher und gesellschaftlicher<br />
Ebene.<br />
Vladyslav Ozhogin<br />
Strom- und Energieversorgung, fachliche<br />
Grundlagen zur Leerstands- und<br />
Bodenpolitik, Potenziale der Entsiegelung<br />
für die Grundwasserneubildung und<br />
den Hochwasserschutz, Kompensation<br />
klimawandel- oder geopolitikbedingter<br />
Ingeborg Sperl<br />
Versorgungsengpässe, Biodiversitätsmonitoring<br />
und Ökosystemservices sind<br />
brandaktuelle Themen, die eng miteinander<br />
verwoben sind. Die gesellschaftliche<br />
Transformation wird uns als laufender<br />
Prozess erhalten bleiben – dazu wollen<br />
wir die Stärken der Strategischen Kooperation<br />
nutzen und weiterhin wertvolle<br />
Beiträge generieren.<br />
Wir freuen uns, in dieser Ausgabe zwei<br />
besonders spannende Projekte vorstellen<br />
zu dürfen. Natürlich stehen wir weiterhin<br />
für Anfragen, Anregungen und<br />
Diskussionen gerne zur Verfügung. Falls<br />
Sie Ideen oder Interesse für eine Zusammenarbeit<br />
haben, treten Sie bitte mit uns<br />
in Kontakt.<br />
•<br />
Rosi Stangl<br />
Vorsitz<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Die Vielfalt der inhaltlichen Beiträge und<br />
der Kooperationsthemen ist beeindruckend:<br />
Bioökonomie, Ökosystemmonitoring<br />
& Biodiversität, urbanes Emissionsmonitoring,<br />
Mikroplastik und Aquakultur<br />
sind aktuelle Fokusthemen neben<br />
den „Dauerbrennern“ Klimawandelanpassung,<br />
Bodenschutz oder Themen rund<br />
ums Wasser. Die Kooperation stellt hier<br />
insbesondere die Brücke zwischen wissenschaftlich<br />
fundierter Datenaufbereitung<br />
und sozio-ökonomischer Debatte in<br />
den genannten Themenbereichen her.<br />
Die Herausforderungen gehen uns auch<br />
im Lichte der aktuellen Entwicklungen<br />
auf vielen Ebenen nicht aus: Der Umgang<br />
mit Freiflächen-Photovoltaik-<br />
Großanlagen und die Umrüstung der<br />
AKTUELLE BEIRATSMITGLIEDER<br />
Umweltbundesamt<br />
Barbara Birli<br />
Thomas Dirnböck<br />
Helmut Gaugitsch<br />
Philipp Hohenblum<br />
Wolfgang Lexer<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Georg Gübitz<br />
Ulrike Pröbstl-Haider<br />
Rosemarie Stangl<br />
Gernot Stöglehner<br />
Christine Stumpp<br />
Bernhard Gröger<br />
Jürgen Pletterbauer<br />
Helmut Gaugitsch<br />
Vorsitz Stv.<br />
Umweltbundesamt<br />
Florian Borgwardt<br />
Koordinierungsstelle<br />
<strong>BOKU</strong>-Umweltbundesamt<br />
KONTAKT<br />
DI Dr. Florian Borgwardt<br />
florian.borgwardt@boku.ac.at<br />
LINK<br />
http://short.boku.ac.at/fos_<br />
stratkoopbokuu<br />
52 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
I<br />
Abbildung 1: Eddy-Kovarianz-Anlage am A1 Arsenalturm<br />
Vienna Urban Carbon Laboratory:<br />
Urbanes Treibhausgas-Monitoring auf „hohem Niveau“<br />
m Vienna Urban Carbon Laboratory<br />
(VUCL) untersucht die <strong>BOKU</strong> a gemeinsam<br />
mit der TU München b , dem<br />
österreichischen Umweltbundesamt c<br />
und A1 Telekom AG innovative, auf<br />
atmosphärischen Messungen beruhende<br />
Methoden, um Kohlendioxid (CO 2<br />
)-<br />
und Methan (CH 4<br />
)-Emissionen der Stadt<br />
Wien abzuschätzen. Das Projekt wird vom<br />
Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und<br />
Technologiefonds gefördert.<br />
Ein großer Anteil der globalen anthropogenen<br />
Treibhausgas (THG)-Emissionen<br />
ist auf Städte und andere urbane Gegenden<br />
zurückzuführen. Trotz ihrer relativ<br />
kleinen Gesamtfläche und vergleichbar<br />
Privat<br />
PROJEKTTEAM<br />
Bradley<br />
Matthews,<br />
Andrea<br />
Watzinger,<br />
Jia Chen<br />
Bradley Matthews a,c , Andrea<br />
Watzinger a , Jia Chen b , Helmut<br />
Schume a , Kathiravan Mohamed<br />
Meeran a , Andreas Luther b ,<br />
Enrichetta Fasano a , Simon Leitner a ,<br />
Haoyue Tang b , Gamal Ghaith b ,<br />
Juan Bettinelli b , Andreas<br />
Forstmaier b , Hans Sanden a ,<br />
Francesco Vuolo a , Carmen Schmid c ,<br />
Peter Weiss c und Erwin Moldaschl c<br />
niedrigen Emissionen pro Einwohner*in<br />
liegt der Beitrag von urbanen Zentren<br />
zu den globalen CO 2<br />
-Emissionen bei ca<br />
35 Prozent 1 . Ein besonderer Handlungsbedarf<br />
in puncto Klimaschutz besteht<br />
daher in Großstädten. Mit ihrem Klimafahrplan<br />
will die Stadt Wien einen Beitrag<br />
dazu leisten. Laut dem Wiener Klimafahrplan<br />
sollen über 100 Maßnahmen umgesetzt<br />
werden, um bis 2040 klimaneutral<br />
zu sein 2 . In Wien und anderen Städten sind<br />
daher Monitoring-Systeme essentiell, die<br />
1<br />
https://iopscience.iop.org/article/<br />
10.1088/1748-9326/ac00e2/<br />
meta#erlac00e2s3<br />
2<br />
https://www.wien.gv.at/spezial/<br />
klimafahrplan/<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
53
Strategische Kooperation<br />
<strong>BOKU</strong>–UMWELTBUNDESAMT<br />
Abbildung 2: Landnutzungskarten von Wien, die mit dem „Urban Atlas LCLU 2012“ Datensatz der<br />
Europäischen Umweltagentur erstellt wurden:<br />
https://land.copernicus.eu/local/urban-atlas/urban-atlas-2012?tab=metadata<br />
Die weißen Isoplethen (a) markieren die Stadtgebiete, die im Durchschnitt zwischen 2018 und<br />
2020 von den Eddy-Kovarianz-Messungen beprobt wurden. Die roten und blauen Isoplethen (b)<br />
zeichnen die Flächen, die jeweils während Nordwest- und Südostströmungen beprobt wurden.<br />
Quelle: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1352231022000061<br />
die lokalen Emissionen erfassen und die<br />
Wirksamkeit und Treffsicherheit von Klimaschutzmaßnahmen<br />
regelmäßig evaluieren.<br />
Im Moment beruhen städtische<br />
Monitoring-Systeme auf Inventaren,<br />
die THG-Emissionen mithilfe von Daten<br />
zu sozial-wirtschaftlichen Aktivitäten<br />
(z. B. Energieverbrauch) und Emissionsfaktoren<br />
berechnen. Mit Wien als Pilotstadt<br />
untersucht das VUCL Team, wie bestehende<br />
Monitoring-Systeme mithilfe<br />
von atmosphärischen Messungen von<br />
CO 2<br />
und CH 4<br />
verbessert werden können.<br />
Im Rahmen des Vorprojektes „CarboWien“<br />
(2017–2020) testeten die<br />
<strong>BOKU</strong>, das Umweltbundesamt und<br />
die A1 Telekom AG die Anwendbarkeit<br />
von Eddy-Kovarianz-Messungen<br />
am A1 Funkturm am Arsenalgelände.<br />
Mit dem Ziel, die CO 2<br />
-Emissionen der<br />
Stadt Wien zu quantifizieren, wurde auf<br />
der obersten Plattform des Turms, in<br />
144 Metern Höhe über der Stadt, ein<br />
Eddy-Kovarianz-System installiert (Abb. 1).<br />
Dieses System misst unter anderem die<br />
CO 2<br />
-Konzentration und die vertikale<br />
Windgeschwindigkeit in einer hohen<br />
zeitlichen Auflösung. Die hohe Messfrequenz<br />
erlaubt die Berechnung von<br />
halbstündlichen Mittelwerten für den<br />
vertikalen turbulenten CO 2<br />
-Austausch<br />
zwischen Stadt und atmosphärischer<br />
Grenzschicht, der im Gleichgewicht<br />
mit den im Luv ausgestoßenen Netto-<br />
CO 2<br />
-Emissionen ist. Um einen möglichst<br />
großen Ausschnitt des Stadtgebietes<br />
mit einer Messung abdecken zu können,<br />
braucht es eine entsprechend große<br />
Messhöhe bei gleichzeitig zentraler Lage,<br />
zwei Eigenschaften, die den A1 Funkturm<br />
am Arsenalgelände zum idealen Standort<br />
machen und für weitere Messkampagnen<br />
und einer Erweiterung des Monitorings<br />
prädestinieren.<br />
Ergebnisse der Messungen aus den Jahren<br />
2018–2020 wurden Anfang des Jahres<br />
in der Fachzeitschrift Atmospheric<br />
Environment und Science of the Total<br />
Environment publiziert 3, 4 . Sie belegen,<br />
dass das Eddy-Kovarianz-System eine<br />
plausible, unabhängige Messung der<br />
Netto-CO 2<br />
-Emission eines Großteils der<br />
Stadt ermöglicht (Abb. 2). Als Vergleichsmaßstab<br />
dienten die aus Verbrauchsdaten<br />
ermittelten Jahreswerte für Wien,<br />
die Umweltbundesamt-Expert*innen in<br />
der Bundesländer-Luftschadstoffinventur<br />
(BLI) errechnen. Nach Abzug der<br />
punktuellen CO 2<br />
-Quellen, die außerhalb<br />
des erfassten Messbereiches liegen,<br />
waren die gemessenen Jahres-Netto-<br />
Emissionen für 2018 von 10,89 kt CO 2<br />
pro km 2 und Jahr dem zum Zeitpunkt<br />
der Auswertung aktuellsten Wert der<br />
BLI sehr ähnlich.<br />
Neben der schnellen Verfügbarkeit der<br />
Ergebnisse liegt ein weiterer Mehrwert<br />
der Messungen am Arsenalturm<br />
in der Bereitstellung räumlicher und<br />
zeitlicher Informationen zu den CO 2<br />
-<br />
Emissionen. In den Messreihen ist eine<br />
enge Korrelation der Emissionen mit den<br />
Heizgradtagen zu erkennen, die Tagesgänge<br />
an Werktagen spiegeln deutlich<br />
die morgend- und abendlichen Verkehrsspitzen<br />
wider. Im Jahresvergleich<br />
sticht das Frühjahr 2020 heraus, als die<br />
COVID-Maßnahmen dazu führten, dass<br />
die CO 2<br />
-Emissionen aus den am dichtest<br />
bebauten Bezirken während des ersten<br />
Lockdowns um die Hälfte zurückgingen.<br />
Im Mai <strong>2022</strong> wurden die Messungen am<br />
Arsenalturm mit Messungen von CH 4<br />
-<br />
Flüssen und stabilen Kohlenstoffisotopen<br />
erweitert. Zudem wurde zwischen Mai<br />
und Juli eine Messkampagne mit einem<br />
FTIR (Fourier-Transformations-Infrarot)-<br />
Spektrometer-Netzwerk (Abb. 3) durchgeführt,<br />
um durch Messungen vor und<br />
hinter dem Stadtzentrum in Abhängigkeit<br />
von der Windrichtung CO 2<br />
- und CH 4<br />
-<br />
Konzentrationsgradienten zu erfassen.<br />
Zusätzlich zu den Standorten <strong>BOKU</strong>-<br />
Schwackhöfer-Haus und A1 Funkturm<br />
54 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
Abbildung 3: Die vier EM27-SUN Spektrometer der TUM, die in Wien im Einsatz waren, nach der Kampagne auf dem Dach des Schwackhöfer-<br />
Hauses, <strong>BOKU</strong>. Das Institut für Meteorologie stellte die Messplattform zur Verfügung.<br />
stellten die Wiener Linien und die Friedhöfe<br />
Wien die Spetterbrücke Garage<br />
und den Zentralfriedhof als Standorte<br />
für die FTIR-Spektrometer-Messungen<br />
zur Verfügung.<br />
Von den zusätzlichen Messungen und<br />
den erweiterten Analyseparametern erwartet<br />
das VUCL-Team neue Erkenntnisse,<br />
die die internationale Forschung<br />
zum urbanen Treibhausgas-Monitoring<br />
voranbringen können. Neben diesem<br />
wissenschaftlichen Ziel strebt das VUCL-<br />
Team auch an, Ergebnisse zu generieren,<br />
die die Klimaplaner*innen der Stadt Wien<br />
direkt unterstützen. In einem Arbeitspaket<br />
werden die CO 2<br />
-Flüsse des Wienerwalds<br />
und der Wiener Stadtvegetation<br />
abgeschätzt. Zudem wird vor allem<br />
untersucht, inwiefern die gesamten und<br />
sektorspezifischen Emissionsschätzungen<br />
der Inventare mit den Messungen<br />
übereinstimmen, und ob diese Messungen<br />
z. B. als Frühindikatoren für das<br />
Emissions-Monitoring der Stadt Wien<br />
dienen können.<br />
•<br />
3<br />
10.1016/j.atmosenv.<strong>2022</strong>.118941<br />
4<br />
10.1016/j.scitotenv.<strong>2022</strong>.154662<br />
KONTAKT<br />
Dr. MSc. Bradley Matthews<br />
<strong>BOKU</strong>, Institut für Waldökologie (IFE)<br />
bradley.matthews@boku.ac.at<br />
PD in Mag. a Dr. a Andrea Watzinger<br />
<strong>BOKU</strong>, Institut für Bodenforschung (IBF)<br />
andrea.watzinger@boku.ac.at<br />
Prof. in Dr. in Jia Chen<br />
TU München, Fakultät für Elektrotechnik<br />
und Informationstechnik<br />
jia.chen@tum.de<br />
LINK<br />
www.wwtf.at/funding/<br />
programmes/esr/ESR20-030/<br />
index. php?lang=EN<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
55
Strategische Kooperation<br />
<strong>BOKU</strong>–UMWELTBUNDESAMT<br />
Reden wir über … Boden<br />
In Österreich werden pro Tag knapp<br />
zwölf Hektar vor allem landwirtschaftlicher<br />
Boden verbraucht. Bis<br />
zum Jahr 2050 soll es keinen weiteren<br />
Bodenverbrauch geben, einen<br />
sogenannten „no net land take“. Das<br />
Verständnis darüber, welchen Wert der<br />
Boden für unsere Gesellschaft hat, hilft<br />
bei der Erreichung dieses Ziels und der<br />
Umsetzung von Maßnahmen. Das Umweltbundesamt<br />
und die <strong>BOKU</strong> arbeiten<br />
seit vielen Jahren an der Vermittlung<br />
des Themas „Boden“ zusammen, oft mit<br />
anderen österreichischen Institutionen<br />
wie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit<br />
(AGES), dem Bundesforschungszentrum<br />
für Wald (BFW)<br />
sowie der Österreichischen Bodenkundlichen<br />
Gesellschaft (ÖBG).<br />
Boden ist ein wichtiger Kohlenstoff-,<br />
Nährstoff- und Wasserspeicher und<br />
spielt damit eine zentrale Rolle im Kontext<br />
des Klimawandels. Boden bindet<br />
Schadstoffe, reinigt Wasser, ist Lebensraum<br />
und produziert Lebens- und Futtermittel.<br />
Als Pflanzenstandort bietet<br />
Boden eine Reihe von unterstützenden,<br />
regulierenden, versorgenden und<br />
kulturellen Ökosystemleistungen und<br />
trägt z. B. mit der Cooling Funktion zu<br />
einem angenehmeren Mikroklima bei.<br />
Über gemeinsame Projekte wie „Boden<br />
macht Schule, Boden und Klimawandel –<br />
selbst erforscht oder Bodenschutz.com“<br />
wurden in den letzten Jahren Aufgabenstellungen<br />
für Schüler*innen konzipiert,<br />
um die Bedeutung des Bodens für ihr<br />
Leben zu erarbeiten. Diese konnten über<br />
das <strong>BOKU</strong>-Mobil, den Bodenlehrpfad<br />
Roter Berg, die <strong>BOKU</strong>-Kinderuni und das<br />
Ferienspiel weiterentwickelt und so für<br />
die weitere Interaktion mit der Gesellschaft<br />
aufbereitet werden.<br />
Die Kinder befüllen das Vertikalbeet.<br />
Ein neues, von der Stadt Wien gefördertes,<br />
Projekt ermöglicht nun die erneute<br />
Kooperation:<br />
SOIL TALKS –<br />
VERSTEHEN SIE BODEN?<br />
Boden ist ein Element, das alle kennen<br />
und nutzen. Trotzdem ist im Boden auch<br />
viel Unbekanntes, etwa Bodentiere, verborgen.<br />
Dieses Spannungsfeld nutzt das<br />
Projekt „SoilTalks“. Im Fokus des Projekts<br />
steht die Kommunikation. Jung und Alt<br />
tauschen sich in unterschiedlichen Gesprächsformaten<br />
zu Boden aus. Durch<br />
die Diskussion und das unmittelbare<br />
Erleben von Bodenprozessen entsteht<br />
ein besseres Verständnis für die Lebensgrundlage<br />
Boden. Die Aufgabenstellungen<br />
umfassen vielfach auch soziale<br />
Aspekte: Wer hat wieviel Platz? Wer darf<br />
ihn nutzen? Wie ist das heute und wie war<br />
das früher?<br />
Die meisten Aktivitäten sind in Wiener<br />
Bezirken geplant. Dort werden Schulen,<br />
Jugendclubs und Senior*innen eingeladen,<br />
bei Workshops, Spaziergängen,<br />
Diskussionen und Buchvorstellungen<br />
mitzumachen. Wissenschaftler*innen<br />
und Expert*innen verlassen also ihre<br />
Arbeitsplätze und verbreiten ihr Wissen<br />
auf verständliche Weise an interessierte<br />
Personen aus der Gesellschaft. Besonders<br />
reizvoll sind Gesprächsformate,<br />
bei denen ältere Menschen von Jungen<br />
lernen können und sie gemeinsam etwas<br />
erarbeiten. Dazu werden bestehende<br />
Citizen Science Apps genutzt. Jugendliche<br />
helfen Senior*innen während eines<br />
gemeinsamen Spaziergangs bei der Nutzung<br />
der Apps. Dabei diskutieren die zwei<br />
Generationen darüber, wieso der Boden<br />
im Klimawandel und für die Ernährung<br />
eine bedeutende Rolle spielt. Auch für<br />
Senior*innen werden ansprechende Gesprächsformate<br />
geschaffen. Angedacht<br />
ist, emeritierte Professor*innen in Senior*innencafes<br />
einzuladen und so eine<br />
Diskussionsrunde auf Augenhöhe rund<br />
um Boden und Fläche in Österreich zu<br />
gestalten.<br />
Die hohe Flächeninanspruchnahme in<br />
Österreich hinterlässt bei manchen<br />
A. Hromatka<br />
56 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
B. Birli<br />
Die Bodenfunktionen werden spielerisch erarbeitet.<br />
Jugendlichen ein Gefühl der Machtlosigkeit.<br />
Der eigene Einfluss auf die Gestaltung<br />
der Umwelt scheint begrenzt<br />
zu sein. Im Projekt „SoilTalks“ wird auch<br />
der eigene Beitrag zum Bodenschutz<br />
unter dem Titel „Was kann ich selber<br />
tun?“ thematisiert. Das sind oft einfache<br />
Dinge des Alltages, wie etwa den<br />
eigenen Müll nicht achtlos wegzuwerfen,<br />
sondern sachgerecht zu entsorgen und<br />
so den Schadstoffeintrag in den Boden<br />
so gering wie möglich zu halten.<br />
FUTURESOILS<br />
Auch im Projekt „Futursoils“ werden<br />
Kinder und Jugendliche für die Themen<br />
Boden und Ernährung sensibilisiert. Dazu<br />
wurden im Schuljahr 2021/22 von <strong>BOKU</strong>,<br />
Umweltbundesamt, AGES und BFW in<br />
den Schulen zahlreiche Aktivitäten gestartet.<br />
Herzstück des Projektes sind<br />
der Betrieb einer Hydroponik-Anlage<br />
(bei der die Wurzeln der Pflanzen in einer<br />
Wasser-Nährstoff-Lösung hängen) sowie<br />
vertikaler Beete. In der VS Alt Erlaa, der<br />
GTVS Carl-Prochaska-Platz sowie der VS<br />
Friedrichsplatz fanden jeweils ein Forschungs-<br />
und zwei Aktionstage statt.<br />
Am ersten Aktionstag wurde das Beet<br />
befüllt, ein Pflanzplan erstellt, bepflanzt<br />
und die bodenkundlichen Aufgabenstellungen<br />
(z. B. Messungen zu Bodenfeuchte<br />
und -temperatur) vermittelt.<br />
Außerdem wurden zwei Indoor-Hydroponikanlagen<br />
aufgebaut, Samen eingesetzt<br />
und die Pflege und erforderlichen<br />
Messungen (Pflanzenwachstum dokumentieren,<br />
Düngergaben, …) besprochen.<br />
Am zweiten Aktionstag wurden<br />
die Daten aus den Messungen aufbereitet,<br />
ausgewertet und anschließend von<br />
den Kindern präsentiert. Der krönende<br />
Abschluss war der Aufbau eines Buffets<br />
mit dem geernteten Gemüse und den<br />
Kräutern, das alle Projektbeteiligten<br />
gemeinsam verzehrten. Diese Art der<br />
Zusammenarbeit führte zu positiver Re-<br />
sonanz, so schilderte eine der beteiligten<br />
Pädagog*innen: „Am Ende des Projektes<br />
konnten die Kinder Auskunft zu den einzelnen<br />
Bereichen geben – und zwar nicht<br />
nur die guten Schüler*innen, sondern<br />
auch jene, die sonst beim Erwerb von<br />
Wissen und Fertigkeiten ein bisschen<br />
langsamer sind. Es war einfach alles sehr<br />
konkret und anschaulich.“<br />
Auch im Jahr 2023, dem letzten Jahr des<br />
Projektes, wird das Konsortium Fragestellungen<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
rund um die Themen Boden und Fläche<br />
informativ und spannend aufbereiten. •<br />
KONTAKT<br />
DI in Dr. in<br />
Barbara Birli<br />
barbara.birli@<br />
umweltbundesamt.at<br />
Joachim Birli<br />
<strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong><br />
57
FORSCHUNG: FAQ<br />
Dokumentieren von Third Mission Publikationen im FIS<br />
Wie werden Vorträge an Fachexpert*innen<br />
bzw. für die Zivilgesellschaft<br />
erfasst?<br />
Für diese Vorträge ist das gleiche Formular<br />
wie für wissenschaftliche Vorträge<br />
zu verwenden. Im Erfassungsformular<br />
ist die Art des Vortrags festzulegen.<br />
Für Vorträge an Fachexpert*innen ist<br />
„science to professionals“ bzw. an die<br />
interessierte Öffentlichkeit „science to<br />
public“ auszuwählen.<br />
Wie sind Kommentare, Leser*innenbriefe<br />
oder populärwissenschaftliche<br />
Beiträge in Zeitschriften, die von<br />
den Forscher*innen selbst publiziert<br />
werden, zu erfassen?<br />
Bitte das Formular „Populärwissenschaftlicher<br />
Beitrag“ auswählen. Danach<br />
ist die Zeitung/Zeitschrift (z. B.<br />
Der Standard) auszuwählen.<br />
Worin unterscheidet sich ein Medienbeitrag<br />
in einer Tageszeitung von<br />
einem Beitrag in einer populärwissenschaftlichen<br />
Zeitschrift?<br />
Medienbeiträge werden von Journalist*innen<br />
verfasst, dabei kann es sich<br />
um eine Reportage über ein Forschungsprojekt,<br />
eine wissenschaftliche Publikation<br />
oder ein gesellschaftlich relevantes<br />
Thema (z. B. Klimawandel) handeln. In<br />
diesen Medienbeitrag werden Aussagen<br />
der portraitierten Forscher*innen<br />
aufgenommen, im Idealfall ein ganzes<br />
Interview.<br />
Können im FIS Medienbeiträge erfasst<br />
werden, die nicht via Observer oder<br />
aus dem Archiv der Privatradios importiert<br />
werden?<br />
In der aktuellen FIS ist dies nicht möglich.<br />
Am 1. Juli 2023 geht FIS3+ online,<br />
dann wird es Formulare für Radio- und<br />
Fernsehbeiträge, andere Videos (z. B.<br />
Youtube) sowie für Medienbeiträge in<br />
Printmedien und Onlineportalen geben.<br />
Medienbeiträge im FIS<br />
Seit dem Sommer <strong>2022</strong> werden Medienbeiträge<br />
aus Printmedien und<br />
Onlineportalen (D-A-CH) vor dem<br />
Hintergrund der Kooperationen mit Observer<br />
GmbH sowie dem „Verband Freier<br />
Radios in Österreich“ im FIS abgebildet.<br />
Wenngleich das Ziel dieser Kooperationen<br />
die bestmögliche Integration in<br />
das neue FIS3+ (Start Juli 2023) war,<br />
so wurde im alten FIS noch der Versuch<br />
unternommen, Web- sowie Radiobeiträge<br />
zu importieren und zu verlinken.<br />
Access zu jenen Printbeiträgen, für die<br />
eine PDN-Lizenz zur digitalen Nutzung<br />
(für die Dauer von fünf Jahren) erworben<br />
werden kann, können aus technischen<br />
Gründen erst mit Inbetriebnahme von<br />
FIS3+ zugänglich gemacht werden.<br />
Lag der Fokus der Kooperation mit<br />
Observer GmbH anfangs auf einem erkennbaren<br />
Bezug mit der <strong>BOKU</strong>-Forschung<br />
(z. B. sollte es einen Konnex zu<br />
einem Forschungsprojekt geben), so<br />
wurde die Medienbeobachtung Ende<br />
September <strong>2022</strong> ausgeweitet: Nun werden<br />
auch Interviews sowie Reportagen<br />
ohne erkennbaren Bezug zu Forschungsprojekten,<br />
aber mit Zitaten von <strong>BOKU</strong>-<br />
Forscher*innen, für den Import ins FIS<br />
übernommen.<br />
Bitte beachten Sie:<br />
O Die Universität muss im Medienbeitrag<br />
korrekt genannt werden. Sonst<br />
KONTAKT (für beide Beiträge)<br />
Forschungsservice<br />
Forschungsinformationssystem<br />
(FIS)<br />
DI Horst Mayr<br />
horst.mayr@<br />
boku.ac.at<br />
kann der Beitrag nicht gefunden<br />
werden.<br />
O Wird die <strong>BOKU</strong> in Medienbeiträgen<br />
nur „am Rande“ erwähnt, ist das für<br />
eine Übernahme ins FIS zu wenig.<br />
Name des/der Forscher*in sowie ein<br />
Zitat sollten enthalten sein.<br />
O Im Unterschied zum ORF können<br />
Medienbeiträge im Archiv der Privatradios<br />
auch nach Jahren nachgehört<br />
werden. <br />
•<br />
LINK<br />
Presse-Dokumentations-Nutzungs-<br />
System (PDN)<br />
https://voez.at/services/pdn/<br />
Rainer Ressmann<br />
58 <strong>BOKU</strong> <strong>Magazin</strong> 4 | <strong>2022</strong>
<strong>BOKU</strong> Hauptgebäude, Bau 1896<br />
NACHHALTIG VORAUSSCHAUEN
EIN RÜCKBLICK AUF DAS<br />
JUBILÄUMSJAHR <strong>2022</strong>