06.12.2022 Aufrufe

Ambitionierte Klimapolitik jetzt - Forderungen statt Formen diskutieren!

Beschlossen auf dem Bundesausschuss der Naturfreundejugend Deutschlands vom 2. bis 4. Dezember 2022 in Hannover.

Beschlossen auf dem Bundesausschuss der Naturfreundejugend Deutschlands vom 2. bis 4. Dezember 2022 in Hannover.

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<strong>Ambitionierte</strong> <strong>Klimapolitik</strong> <strong>jetzt</strong> -<br />

<strong>Forderungen</strong> <strong>statt</strong> <strong>Formen</strong><br />

<strong>diskutieren</strong>!<br />

Aktivist*innen der „Letzten Generation“ fordern ein Tempolimit von 100 km/h auf der Autobahn<br />

und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket. Sie nutzen Aktionsformen des zivilen Ungehorsams, um für<br />

eine deutliche Verschärfung der <strong>Klimapolitik</strong> der Bundesregierung zu demonstrieren. Sie werfen<br />

in Kunstmuseen Kartoffelbrei auf Glasscheiben vor bekannten Gemälden, oder kleben sich auf<br />

Straßen fest, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. In den letzten Monaten geraten ihre<br />

Aktionsformen zunehmend in Kritik, von einer extrem Rechten bis in die sogenannte Mitte der<br />

Gesellschaft werden <strong>Forderungen</strong> nach härterer Bestrafung laut und Aktivist*innen werden ohne<br />

Gerichtsverhandlung in 30-tägige Präventivhaft genommen. Diesen antidemokratischen Bestrebungen<br />

stellen wir uns entschieden entgegen.<br />

Gewaltfreier Protest ist legitim. Ziviler Ungehorsam ist eine legitime Protestform.<br />

Sich auf Straßen festzukleben, um für eine ambitioniertere <strong>Klimapolitik</strong> zu kämpfen ist eine legitime<br />

Protestform. [1] Die Aktionen der „Letzten Generation“ sind durch die Versammlungsfreiheit<br />

gedeckt. Und dieses Grundrecht ist einer der Grundpfeiler einer starken Demokratie. Wer dieses<br />

Grundrecht einschränken möchte, wendet sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung.<br />

Repressive Polizeigesetzgebung, die Aktivist*innen ohne Gerichtsprozess bis zu 60 Tage<br />

in Präventivhaft festhalten kann, schränkt dieses Grundrecht massiv ein und ist undemokratisch.<br />

Die friedlichen Demonstrationen mit Terrorismus zu vergleichen, bedroht die freie Ausübung der<br />

Versammlungsfreiheit. Der präventive Freiheitsentzug der Aktivist*innen ist verfassungsrechtlich<br />

höchst problematisch [2] und schwächt die Rechtsstaatlichkeit.<br />

Die Dringlichkeit für eine entschiedenere <strong>Klimapolitik</strong> ist wissenschaftlich belegt.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat in der vergangenen Legislaturperiode die fehlenden Generationengerechtigkeit<br />

und die mangelnde Ambition in der deutschen <strong>Klimapolitik</strong> deutlich kritisiert<br />

und zu Nachschärfungen aufgerufen. Der Widerspruch zwischen notwendiger und tatsächlich<br />

<strong>statt</strong>findender <strong>Klimapolitik</strong> ist jedoch auch unter der Ampel-Regierung unübersehbar. Die im<br />

Bundesklimaschutzgesetz festgelegten Treibhausgas-Reduktionsziele wurden 2021 insbesondere<br />

in den Sektoren Verkehr und Gebäude deutlich verfehlt. Die daraufhin vorgelegten Sofortpläne<br />

können die Einhaltung der Klimaziele nicht sicherstellen. [3] Insbesondere im Verkehrssektor wurde<br />

Beschlossen auf dem Bundesausschuss<br />

der Naturfreundejugend Deutschlands<br />

vom 2. bis 4.12.2022 in Hannover


der gesetzlich festgeschriebene Mechanismus zur Nachbesserung nahezu verweigert, der Plan<br />

des Verkehrsministerium ist nach Urteil des Expert*innenrates für Klimafragen „schon im Ansatz<br />

ohne Anspruch“. [3] Die Bundesregierung bewegt sich aktuell nicht auf dem 1,5 °C Pfad. [4] Gleichzeitig<br />

wird das Zeitfenster immer enger, um dieses völkerrechtlich vereinbarte Ziel einzuhalten. [5]<br />

Junge Menschen sind besonders durch die Folgen der Erderhitzung bedroht und empfinden<br />

zunehmend Angst vor der Klimakrise. [6] An<strong>statt</strong> ihre Angst anzuerkennen und ihre <strong>Forderungen</strong><br />

ernst zu nehmen, wird die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch repressive<br />

Polizeigesetze eingeschränkt. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, und<br />

ein Grundpfeiler für eine starke Demokratie. Es ist demokratiegefährdend, aus politischen Gründen<br />

schärfere Strafen zu fordern, an<strong>statt</strong> die rechtliche Beurteilung der Proteste bei den Gerichten<br />

zu belassen.<br />

Die Bundesregierung hält ihre selbst gesteckten Ziele nicht ein und müsste diese sogar weiter<br />

nachschärfen, um ihren Beitrag zum Einhalten des 1,5 °C Pfades zu leisten. [4] Diese Verfehlung<br />

zusammen mit dem kleiner werdenden Zeitfenster zeigt eindeutig: die Zeit für eine deutlich ambitioniertere<br />

<strong>Klimapolitik</strong> ist <strong>jetzt</strong>.<br />

Die Dringlichkeit für eine Verschärfung der <strong>Klimapolitik</strong> der Bundesregierung ist wissenschaftlich<br />

belegt und sowohl gesetzlich, als auch in unserem Positionspapier „Klima- und Umweltschutz -<br />

Zeit wird‘s!“ gefordert. Auf diese Tatsache durch zivilen Ungehorsam hinzuweisen ist legitim. Das<br />

Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist nicht verhandelbar.<br />

Quellen:<br />

[1] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/verfassungsschutz-praesident-haldenwang-aussage-dobrindt-klima-raf-nonsens-keine-beobachtung/<br />

[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/von-wackersdorf-bis-zum-stachus-praeventivhaft-in-bayern,TMyw7TP<br />

[3] ERK (2022): Prüfbericht zu den Sofortprogrammen 2022 für den Gebäude- und Verkehrssektor – Prüfung der den Maßnahmen<br />

zugrundeliegenden Annahmen gemäß § 12 Abs. 2 Bundes-Klimaschutzgesetz. Berlin: Hg. v. Expertenrat für Klimafragen (ERK). Online<br />

verfügbar unter: https://www.expertenrat-klima.de<br />

[4] https://climateactiontracker.org/countries/germany/<br />

[5] https://public.wmo.int/en/media/press-release/wmo-update-5050-chance-of-global-temperature-temporarily-reaching-15%C2%B0c-threshold<br />

[6] https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/gesundheit-2030/nachhaltigkeit/klima-angst-1072176

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