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Bless Magazin 06/22

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Das Sarner Jesuskind<br />

Das Sarner Jesuskind aus dem 14. Jahrhundert.<br />

gibt Hoffnung<br />

Mit Schwester Pia Habermacher<br />

Unzählige Gläubige haben beim Sarner Jesuskind schon<br />

Hilfe erfahren. Das göttliche Kind, das um 1360 geschaffen<br />

wurde und seit dem 17. Jahrhundert einen festen Platz im<br />

Herzen der Wallfahrtskirche des Benediktinerinnenklosters<br />

St. Andreas in Sarnen OW inne hat, schenkt den Menschen,<br />

die es verehren, auch in der heutigen Zeit viel Kraft und<br />

Trost.<br />

Schwester Pia, wie ist Ihre persönliche Beziehung zum Sarner Jesuskind?<br />

Meine Familie hat das Sarner Jesuskind fest verehrt. Als kleines Kind<br />

war ich einmal an einem schweren Keuchhusten erkrankt. Es sah aus,<br />

als ob ich sterben würde. Meine Eltern liessen beim Sarner Jesuskind für<br />

mich beten und ich bekam Hilfe und wurde geheilt. Als Kind pilgerte ich<br />

mit meiner Familie jedes Jahr von meinem Heimatdorf im luzernischen<br />

Dagmersellen zum Sarner Jesuskind. So festigte sich meine persönliche<br />

Beziehung zum Sarner Jesuskind schon seit meiner frühen Kindheit. Es<br />

fällt mir auf, dass die Verehrung des Sarner Jesuskindes auch heute oft<br />

als eine Familientradition von Generation zu Generation weitergegeben<br />

wird. Das Jesuskind ist mir sehr lieb, denn es macht keine Angst, sondern<br />

gibt Hoffnung. Wir können dem Jesuskind alles sagen und das göttliche<br />

Kind begleitet uns im Alltag mit seinem Segen.<br />

Gibt es Gebetserhörungen?<br />

Wir Schwestern tragen täglich die Anliegen, Sorgen und Nöte der Pilgerinnen und Pilger im Gebet vor Gott. Ich bin beeindruckt<br />

von den vielen Gebetserhörungen und Wundern, die hier geschehen. Bei meinen vielfältigen Aufgaben in der<br />

Klosterkirche oder an der Pforte komme ich immer wieder mit Leuten ins Gespräch, die bezeugen, dass sie durch das<br />

Gebet zum Sarner Jesuskind spürbare Hilfe bekommen haben. Es kommen auch junge Leute, deren Kinderwunsch unerfüllt<br />

bleibt. Ich habe schon mehrere Briefe erhalten von Frauen, die mir geschrieben haben, dass sie – nachdem sie<br />

zum Sarner Jesuskind gepilgert sind – guter Hoffnung seien. Für mich ist es jedes Mal ein tiefes Erlebnis, zu sehen, wie<br />

Gott wirkt.<br />

Was möchte das Jesuskind den Menschen von<br />

heute sagen?<br />

Das Kloster St. Andreas in Sarnen ist ein beliebter Wallfahrtsort.<br />

Das göttliche Kind lehrt uns die Demut und das<br />

Schlichte. Gott ist nicht als Herrscher in die Welt<br />

gekommen, sondern als ein Kind. Es gibt Menschen, die aufgrund eines falschen Vaterbildes Angst vor Gott haben. Vor<br />

einem kleinen, wehrlosen Kind muss sich niemand fürchten. Wir haben einen Gott, der uns schwachen Menschenkindern<br />

zur Seite steht und uns von innen her Kraft gibt. Jeder Mensch kommt einmal an eine Grenze, wo er merkt, dass er<br />

auf Gott angewiesen ist. Aus dem Schweren heraus können wir wachsen, gerade auch durch das Jesuskind. Zum göttlichen<br />

Kind dürfen und sollen wir eine persönliche Beziehung aufbauen im Wissen darum, dass es immer für uns da ist<br />

und sich um uns sorgt.<br />

Was können wir dem Jesuskind schenken?<br />

Das Schönste, das wir dem göttlichen Kind schenken können, ist unser Lob, das<br />

wir ihm in unserem täglichen Gebet darbringen. Das Jesuskind freut sich auch,<br />

wenn wir ihm unsere Liebe und unser Vertrauen schenken. Das geschieht im<br />

Glauben, denn Glauben heisst, an dem festzuhalten, was wir nicht sehen können.<br />

Können Sie uns etwas über die aussergewöhnliche Stellung des Sarner Jesuskindes<br />

sagen?<br />

Wenn man das Sarner Jesuskind von der Nähe betrachtet, sieht man, dass es eine<br />

aussergewöhnliche Stellung einnimmt: Ein Beinchen ist angezogen, die rechte<br />

Hand umfasst die Weltkugel und die linke Hand hält es aufs Herz. In einer Heiligen<br />

Nacht im 14. Jahrhundert war eine Schwester des Klosters Engelberg so<br />

krank, dass sie nicht an der Weihnachtsmesse teilnehmen konnte. Sie bat darum,<br />

ihr das Jesuskind in die Zelle zu bringen, um in einer Andacht die grosse Liebe<br />

Gottes betrachten zu können. Die Ordensfrau machte sich bewusst, wie das göttliche<br />

Kind wegen unseren Sünden geweint und vor Kälte gezittert haben musste.<br />

Auf einmal bewegte sich das Jesuskind und zog das rechte Beinchen an sich. Die<br />

kranke Ordensschwester erschrak und bat, man möge das Jesuskind in die Kirche<br />

bringen. Dieses wunderbare visionäre Erlebnis wurde nach einer jahrelangen<br />

mündlichen Überlieferung im 17. Jahrhundert von einer Schwester des Frauenklosters<br />

in Sarnen schriftlich festgehalten.<br />

Wie können wir unsere Beziehung zum Jesuskind<br />

stärken?<br />

Indem wir uns bewusstwerden lassen, dass Jesus<br />

– der Sohn Gottes – so geworden ist, wie wir. Er<br />

kam als ein kleines, armseliges Kind in die Welt, das<br />

auf Hilfe angewiesen war. Auch wir sind auf Hilfe<br />

angewiesen, vor allem dann, wenn wir in Not sind<br />

und leiden. Manchen Leuten fällt es leichter, eine<br />

Beziehung zum Jesuskind aufzubauen als zum erwachsenen<br />

oder leidenden Jesus.<br />

Die Hl. Drei Könige, die dem Sarner Jesuskind<br />

huldigen, symbolisieren unser Lob und unsere<br />

Bitten, die wir ihm darbringen.<br />

Über<br />

Schwester Pia Habermacher ist am<br />

<strong>22</strong>. April 1963 mit 18 Jahren ins Benediktinerinnen-Kloster<br />

St. Andreas in Sarnen<br />

eingetreten. Von 2001-2019 stand sie der<br />

Klostergemeinschaft als Äbtissin vor. Bis<br />

zur Äbtissinnenweihe war ihre Haupt-<br />

tätigkeit das Weben in der klostereigenen<br />

Weberei. Für ein paar Jahre übte sie auch<br />

das Amt der Novizenmeisterin aus. Heute<br />

verrichtet sie mehrere kleinere Arbeiten<br />

im Kloster und ist auch oft im Garten und<br />

an der Klosterpforte anzutreffen.<br />

- 6 -<br />

Wird das Kleidchen des Jesuskindes gewechselt?<br />

Das Jesuskind hat verschiedene Kleidchen, die mit den liturgischen Farben des Kirchenjahres übereinstimmen. In der<br />

Adventszeit ist das Kleidchen des Jesuskindes violett. An Weihnachten trägt das Jesuskind sein kostbarstes Kleidchen,<br />

das auch «Agneskleid» genannt wird. Der rote Samt mit Gold- und Silberapplikationen stammt aus dem 14. Jahrhundert<br />

und war ein Geschenk der Königin Agnes aus Ungarn ans Kloster Engelberg. Im 18. Jahrhundert wurde der edle Stoff von<br />

den Klosterschwestern zu einem Kleid für das Sarner Jesuskind umgearbeitet. In der Weihnachtszeit wird dem Jesuskind<br />

ein weisses oder goldfarbenes Kleidchen angezogen.<br />

- 7 -<br />

Das Interview hat Isabelle Bürgler geführt.

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