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12/2022

Die Titelthemen im Dezember: Eine Frage der Ehre: Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich engagieren // Sprachtherapie und Politik mit Kathrin Schubert // PRAXISnah: Experte Christian Bauer über betriebliche Gesundheitsförderung

Die Titelthemen im Dezember: Eine Frage der Ehre: Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich engagieren // Sprachtherapie und Politik mit Kathrin Schubert // PRAXISnah: Experte Christian Bauer über betriebliche Gesundheitsförderung

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ZUKUNFT<br />

PRAXIS<br />

№ <strong>12</strong>/<strong>2022</strong><br />

Was Therapeut:innen jetzt bewegt<br />

MOTIVIERT SPEZIALISIERT<br />

dbs-Bundesvorsitzende PRAXISnah zu Gast in<br />

Schubert im Interview Stuttgart<br />

Jetzt auch<br />

per App<br />

www.optica.de/registrierungzukunft-praxis-app<br />

Herzensangelegenheit<br />

ENGAGEMENT<br />

Was Therapeut:innen zusätzlich zu ihrer Arbeit leisten


8<br />

DIE TI KOMMT!<br />

JETZT ZUKUNFT BESTELLEN<br />

www.optica.de/ti<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

Sie blättern gerade in der ersten rein digitalen ZUKUNFT<br />

PRAXIS. Auch bei unserem Magazin haben wir uns dazu<br />

entschieden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. In<br />

unserer Leserumfrage gaben 81,18 Prozent an, ZUKUNFT<br />

PRAXIS auch rein digital lesen zu wollen. Wir werden das<br />

Magazin 2023 abwechselnd in der bisherigen Form und<br />

rein digital veröffentlichen, zudem steht Ihnen mit der<br />

ZUKUNFT PRAXIS App das komplette Heft zur Verfügung.<br />

Den digitalen Wandel zu gestalten, zählt zu den wichtigsten<br />

Aufgaben im Gesundheitswesen. Dafür ist die Telematikinfrastruktur<br />

(TI) die entscheidende Basis. Die TI vereinfacht<br />

für Therapeut:innen vieles und macht den Austausch mit<br />

Patient:innen und Ärzt:innen schneller und effektiver. Damit<br />

Sie möglichst optimal von der TI profitieren können, hat<br />

Optica eine Webinar-Serie aufgelegt, zu der wir Sie herzlich<br />

einladen (siehe auch S. 13).<br />

Bei aller Dynamik des digitalen Wandels: Das Jahresende<br />

lässt uns oft auch innehalten und an diejenigen denken, die<br />

in Not sind. In unserer Titelgeschichte stellen wir Ihnen drei<br />

Therapeut:innen vor, die sich mit einem Ehrenamt außergewöhnlich<br />

für andere Menschen engagieren. Wir wünschen<br />

ihnen dabei weiterhin gutes Gelingen – und Ihnen allen<br />

eine besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute für das<br />

neue Jahr 2023!<br />

Ihr Dr. Jochen Pfänder<br />

Optica-Geschäftsführer<br />

Inhalt<br />

4<br />

Kompakt<br />

News und Meldungen<br />

8<br />

Eine Frage der Ehre<br />

Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich<br />

engagieren – und wie das ihr eigenes Leben<br />

bereichert.<br />

14<br />

Sprachtherapie und Politik<br />

Die dbs-Bundesvorsitzende Katrin Schubert<br />

über Akademisierung, Videotherapie und vieles<br />

mehr.<br />

16<br />

Fragebogen: PRAXISnah<br />

Diesmal mit Christian Bauer aus Stuttgart, Experte<br />

für betriebliche Gesundheitsförderung.<br />

18<br />

Therapeut:innenwissen<br />

Welche weitreichenden Folgen der Aufenthalt<br />

auf einer Intensivstation haben kann.<br />

19<br />

Information & Standards<br />

Wissenswertes aus der Welt der Abrechnung,<br />

Vorschau und Impressum<br />

ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL3


THERAPIE<br />

IN ZAHLEN<br />

538 Mio.<br />

<strong>12</strong>.060<br />

EURO HABEN DIE GESETZLICHEN KRANKENKASSEN<br />

2021 IN GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION<br />

INVESTIERT und ihr Engagement im Vergleich zum<br />

Pandemiejahr 2020 damit um etwa 30 Prozent erhöht.<br />

Dies geht aus dem Präventionsbericht von GKV-Spitzenverband<br />

und Medizinischer Dienst Bund hervor, der im<br />

November erschienen ist.<br />

76 %<br />

DER ÄRZT:INNEN SEHEN DIE<br />

DIGITALEN ANGEBOTE IM<br />

GESUNDHEITSWESEN ALS<br />

CHANCE FÜR DIE MEDIZIN<br />

und 64 Prozent glauben, dass digitale<br />

Technologien die medizinische<br />

Versorgung verbessern<br />

können. Der Digitalverband Bitkom<br />

und der Ärzteverband<br />

Hartmannbund hatten dazu 500<br />

Mediziner:innen befragt.<br />

Am 31.<strong>12</strong>.22<br />

läuft die einrichtungsbezogene Impfpflicht aus. Das verkündete am<br />

21. November Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und<br />

begründete dies damit, dass Impfungen nicht vor Ansteckung mit<br />

dem Corona-Virus schützen.<br />

28<br />

PROJEKTIDEEN ZU NEUEN<br />

FORMEN DER MEDIZINISCHEN<br />

VERSORGUNG hat der Innovationsausschuss<br />

beim Gemeinsamen<br />

Bundesausschuss unter 114<br />

Einreichungen für die Ausarbeitung<br />

eines Vollantrags gewählt.<br />

Dazu zählen auch zwei Projekte<br />

zur Digitalisierung in der Heilmittelerbringung.<br />

STELLEN FÜR PHYSIOTHERAPEUT:INNEN<br />

LIESSEN SICH IM JAHRESDURCH-<br />

SCHNITT 2021/<strong>2022</strong> NICHT BESETZEN.<br />

Fünf der zehn Berufe mit dem größten<br />

Fachkräftemangel zählen zum Sozial- oder<br />

Gesundheitssektor.<br />

1.000<br />

GESUNDHEITSKIOSKE, EINER<br />

PRO 80.000 EINWOHNER,<br />

SOLLEN IN DEUTSCHLAND IN<br />

DEN KOMMENDEN JAHREN<br />

ENTSTEHEN. An diesem im Koalitionsvertrag<br />

der „Ampel“-Regierung<br />

vereinbarten Vorhaben wird<br />

derzeit im Bundesgesundheitsministerium<br />

gearbeitet.<br />

Nur 3<br />

FEIERTAGE FALLEN 2023<br />

AUF EIN WOCHENENDE,<br />

<strong>2022</strong> waren es ganze 8. Für<br />

Arbeitnehmer:innen ergeben<br />

sich 2023 damit bessere<br />

Möglichkeiten, mit Brückentagen<br />

ihre Urlaube zu planen.<br />

DIGITALISIERUNG<br />

Positive Bilanz<br />

Seit 2020 wurden im Rahmen der „Zukunftsregion Digitale<br />

Gesundheit“, einer Initiative des Bundesgesundheitsministeriums<br />

(BMG), digitale Lösungen in der medizinischen<br />

Versorgungspraxis erprobt. Zu den getesteten digitalen<br />

Versorgungsangeboten (DiVAs) zählen Anwendungen zum<br />

Selbstmanagement von Diabetes mellitus und Migräne sowie<br />

Anwendungen im Bereich Rückenschmerzen. Ärzt:innen und<br />

Phsyiotherapeut:innen in Berlin und Brandenburg konnten<br />

sich an dem Test beteiligen. Nun hat das BMG eine positive<br />

Bilanz gezogen. Die zuständige Leiterin des Referats „Innovationsfonds<br />

und Zukunftsregion Digitale Gesundheit“, Friederike<br />

Botzenhardt, sagte, durch das Projekt sei das Potenzial<br />

der Digitalisierung für eine gute, sektorenübergreifende<br />

Versorgung deutlich geworden. „Es ging gar nicht darum,<br />

hoch innovative Lösungen, sondern solche, die es bereits<br />

gibt, in den Versorgungsalltag zu integrieren“, sagte sie bei<br />

der Abschlussveranstaltung zur ZDG in Berlin.<br />

is.gd/zdg<strong>2022</strong><br />

Kurz &<br />

Knapp<br />

Verbände der Physio-, Logound<br />

Ergotherapie sowie der<br />

Diätassistenten fordern ein<br />

eigenes Budget in Kliniken,<br />

um die therapeutische Versorgung<br />

sicherzustellen. Bisher<br />

sei die Finanzierung der<br />

Stellen in den vier Bereichen<br />

in Kliniken nicht geregelt, die<br />

therapeutischen Leistungen<br />

seien nur indirekt im Rahmen<br />

einzelner Fallpauschalen festgeschrieben.<br />

is.gd/eigenbudget<br />

+++ Mit dem Gesetz zur<br />

Stärkung des Schutzes der Bevölkerung<br />

und insbesondere<br />

vulnerabler Gruppen wurden<br />

die Corona-Sonderregelungen<br />

für das Entlassmanagement<br />

bereits Mitte September <strong>2022</strong><br />

verlängert. Aktuell gelten die<br />

Regelungen bis einschließlich<br />

6. April 2023. is.gd/coronaregel<br />

+++ Nach der Ausschreibung<br />

im Frühjahr <strong>2022</strong> ist<br />

die Wahl jetzt getroffen: Drei<br />

Projekte wird die Stiftung zur<br />

Förderung von Forschung und<br />

Evaluation in der Physiotherapie<br />

mit insgesamt 15.000 Euro<br />

fördern. Auch im kommenden<br />

Jahr soll es voraussichtlich wieder<br />

eine Förderausschreibung<br />

der Stiftung geben. is.gd/foerderprojekte<br />

4 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT5


RATGEBER RECHT<br />

ePA<br />

Bald Opt-out-<br />

Lösung?<br />

Alle gesetzlich Versicherten sollen<br />

künftig automatisch eine elektronische<br />

Patientenakte (ePA) erhalten.<br />

Wer sie nicht nutzen will, muss<br />

dies aktiv ablehnen. Diese sogenannte<br />

„Opt-out“-Lösung wird auf<br />

Wunsch der Gesellschafterversammlung<br />

von der gematik geprüft<br />

und soll noch in dieser Legislaturperiode<br />

umgesetzt werden.<br />

Die ePA wird seit Januar 2021<br />

angeboten und ist ein zentraler<br />

Baustein der Digitalisierung des<br />

Gesundheitswesens. Sie dient<br />

Patient:innen als Archiv für Dokumente<br />

und in Anspruch genommenen<br />

Leistungen. Auch Ärzte<br />

haben theoretisch Zugriff, um dort<br />

beispielsweise Untersuchungsergebnisse<br />

und anderes zu speichern.<br />

GKV-VERHANDLUNGEN<br />

Volles Haus<br />

in Berlin<br />

Beim 4. TherapieGipfel des Spitzenverbands der<br />

Heilmittelverbände (SHV) hat sich Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach mit klaren<br />

Botschaften an die 450 Teilnehmenden gewandt:<br />

Die Vergütung solle abgesichert, der Direktzugang<br />

ermöglicht und die Teilakademisierung<br />

eingeführt werden. „Es wird an allen Ecken und<br />

Enden gleichzeitig gearbeitet. Sie können sich<br />

darauf verlassen, dass wir auch an Sie denken“,<br />

sagt der Minister bei der Veranstaltung im historischen<br />

Hörsaal des Langenbeck Virchow Hauses.<br />

Seit 2018 finden jährlich Therapiegipfel statt, die<br />

vom SHV veranstaltet werden, im Jahr 2020 war<br />

die Veranstaltung pandemiebedingt ausgefallen.<br />

Rechtstipps zur<br />

Praxisgründung<br />

Worauf Gründer:innen achten sollten,<br />

erläutert Rechtsanwalt Dr. Dr. Ruppel.<br />

Die Rechtsform: Inhaber:innengeführte Einzelunternehmen<br />

brauchen außer der IK-Nummer der<br />

ARGE IK, der ARGE-Zulassung und einer Steuernummer<br />

keine behördlichen Anmeldungen. Bei<br />

Gründung als Heilmittel-GmbH ist ein Notar nötig.<br />

Der Praxismietvertrag gehört zu den teuersten<br />

Entscheidungen bei der Gründung:<br />

is.gd/praxismietvertrag.<br />

KRANKMELDUNG<br />

Elektronischer Abruf<br />

wird Pflicht<br />

Der „gelbe Schein“ hat ausgedient: Ärzt:innen melden die<br />

Arbeitsunfähigkeit von gesetzlich Versicherten mit einer<br />

elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) an<br />

die Krankenkassen. Arbeitgebende sind ab 1. Januar 2023<br />

verpflichtet, die AU-Daten elektronisch von den Krankenkassen<br />

abzurufen. Ganz papierlos geht es aber noch nicht:<br />

Zusätzlich erhält die erkrankte Person eine ärztliche Bescheinigung<br />

in Papierform, die als gesetzlich vorgesehenes<br />

Beweismittel dient. Auch Krankenhäuser nehmen an<br />

diesem Verfahren teil. Nicht beteiligt sind derzeit Privatärzte,<br />

Ärzte im Ausland und Rehabilitationseinrichtungen,<br />

Physio- und Psychotherapeuten. is.gd/gelberschein<br />

GESAGT<br />

So langsam macht sich die<br />

Vergütungssteigerung bemerkbar,<br />

die wir in den Vorjahren<br />

verhandelt haben, sodass<br />

mittlerweile Gehälter gezahlt<br />

werden können, die zumindest<br />

ein halbwegs vernünftiges<br />

Auskommen sichern.<br />

Katrin Schubert, Logopädin und Vorsitzende des Deutschen<br />

Bundesverbandes für akademische Sprachtherapie und Logopädie (dbs),<br />

mehr im Interview auf den Seiten 14 und 15<br />

Die Praxishomepage sollte nicht vernachlässigt<br />

werden und füllt ebenfalls einen eigenen Beitrag:<br />

is.gd/praxishomepage.<br />

Der Verbraucherschutz ist für Praxisgründer:innen<br />

eine Herausforderung, da sie deutlich<br />

strengeren AGBs unterliegen. Strengere Anforderungen<br />

gelten auch, wenn selbst bestellte Ware<br />

mangelhaft ist.<br />

Der Versicherungsschutz: Gründer:innen müssen<br />

in jedem Fall mehrere Versicherungen abschließen.<br />

Welche das sind, wird hier dargestellt:<br />

is.gd/versicherungen.<br />

Die Finanzen: Um die Liquidität im Blick zu behalten,<br />

sollte Steuerberatung hinzugezogen werden.<br />

Mehr zu jedem der Aspekte lesen Sie in verlinkten<br />

Beiträgen und auch im ausführlichen Überblick:<br />

is.gd/praxisrechtstipps<br />

6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT7


ENGAGEMENT<br />

Eine<br />

Frage<br />

Tagtäglich sind<br />

Therapeut:innen im Einsatz<br />

für ihre Patient:innen.<br />

Für einige von ihnen hört<br />

das Engagement jedoch<br />

nach Dienstschluss nicht<br />

auf. Ein Artikel über das<br />

Ehrenamt und darüber, wie<br />

es auch die Engagierten<br />

bereichert.<br />

TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />

der<br />

Ehre<br />

Therapeut:innen helfen<br />

Menschen. Ihr Verdienst<br />

für diese Leistungen hält<br />

sich bekanntlich in<br />

Grenzen. Beide Umstände<br />

zusammengenommen<br />

könnten eigentlich<br />

dazu führen, dass Therapeut:innen<br />

eher zurückhaltend sind, wenn es<br />

darum geht, sich auch noch in ihrer Freizeit für<br />

andere Menschen zu engagieren. Doch weit gefehlt!<br />

Die „soziale Ader“ in dieser Berufsgruppe<br />

ist scheinbar so ausgeprägt, dass sich viele<br />

von ihnen auch nach dem Feierabend noch ehrenamtlich<br />

und unbezahlt in die Arbeit stürzen.<br />

Die meisten machen das auch für sich<br />

selbst und sprechen von einer Win-win-Situation.<br />

ZUKUNFT PRAXIS stellt drei Therapeut:innen,<br />

ihre Motivation und ihre<br />

Erfahrungen, stellvertretend für viele andere vor.<br />

ZUKUNFT PRAXIS TITEL9


Einsatz in Sri Lanka<br />

15,72<br />

Millionen<br />

Ehrenamtliche gab<br />

es im Jahr <strong>2022</strong> in<br />

Deutschland.<br />

Quelle: Allensbacher<br />

Markt- und Werbeträgeranalyse<br />

Auf dem Weg zum Einsatz ins Ahrtal: Physiotherapeut und Rettungssanitäter Andreas Hiereth<br />

Angela Schleicher ist eine vielbeschäftigte<br />

Frau. Zusammen mit ihrem Mann Christian<br />

hat die Ergotherapeutin aus Eislingen eine<br />

gutgehende Praxis mit rund einem Dutzend<br />

Mitarbeiter:innen. Zuhause warten drei schulpflichtige<br />

Kinder im Alter von zehn, zwölf und<br />

14 Jahren auf sie. Gerade in der Corona-Zeit,<br />

mit Herausforderungen wie Homeschooling<br />

einerseits und dem Ausfall von Arbeitskräften<br />

andererseits, sei das sehr belastend gewesen,<br />

sagt Schleicher. „Ich habe mich erschöpft, ausgelaugt<br />

und unglücklich gefühlt.“ Doch statt<br />

eine Kur oder einen Wellnessurlaub zu buchen,<br />

fliegt die 43-Jährige vor einem Jahr kurzerhand<br />

nach Sri Lanka, um dort in einem Behindertenzentrum<br />

zu arbeiten. Auf Vermittlung<br />

des Göppinger Vereins „FRIENDS Kinderhilfe<br />

international“ hilft sie dort zwei Monate lang<br />

Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

– sowie deren Betreuer:innen. „Ergotherapie<br />

ist in Sri Lanka kein Ausbildungsberuf<br />

oder gar Studium“, erzählt sie, einheimische<br />

Kolleg:innen hätten meist nicht mehr als einen<br />

dreiwöchigen Crashkurs hinter sich und wären<br />

daher für jede professionelle Unterstützung<br />

mehr als dankbar.<br />

Doch auch Schleicher lernt viel in der<br />

Ferne. „Es war beeindruckend, mit welcher<br />

buddhistischen Ruhe und Gelassenheit die<br />

Menschen dort schlimmste Krisen und Beschwerden<br />

hinnehmen und wieviel Optimismus<br />

sie dabei noch ausstrahlen“, erzählt sie.<br />

Auch mit der Compliance der Menschen habe<br />

man dort keine Probleme, alle Patient:innen<br />

wären mit Begeisterung bei der Sache. „Ich bin<br />

auf jeden Fall sehr froh und dankbar, diese Erfahrung<br />

gemacht haben zu dürfen.“<br />

Und wie kamen Praxis und Familie in dieser<br />

Zeit zurecht? „Auch das war eine wertvolle<br />

Ich bin auf jeden<br />

Fall sehr froh, diese<br />

Erfahrung gemacht<br />

haben zu dürfen.<br />

Angela Schleicher<br />

Erfahrung“, sagt Schleicher lachend. Denn<br />

dank der Hilfe von Mutter und Schwiegermutter<br />

zu Hause und der tollen Unterstützung<br />

der Mitarbeiter:innen bei der Arbeit hätte ihr<br />

Mann das alles auch mal ohne sie „gewuppt“.<br />

www.friends-kinderhilfe.de<br />

Engagement als Lebensprinzip<br />

Andreas Hiereth konnte wahrscheinlich gar<br />

nicht anders. Bereits seine Mutter und sein Vater<br />

waren beim Roten Kreuz, er selbst ist seit<br />

dem sechsten Lebensjahr dabei. „Es wurde mir<br />

in die Wiege gelegt“, sagt der Physiotherapeut<br />

mit fröhlichem Oberpfälzer Zungenschlag.<br />

Spätestens nachdem er beim Roten Kreuz auch<br />

seinen Wehrersatzdienst abgeleistet hatte, gab<br />

es wohl kein Zurück mehr.<br />

Heute ist Hiereth im Katastrophenfall<br />

Bereitschaftsleiter und Zugführer, zudem<br />

arbeitet er noch im normalen Rettungsdienst.<br />

Letzteres allerdings nur noch am Wochenende<br />

oder wenn wirklich Not am Mann ist. Denn der<br />

39-Jährige hat eigentlich auch ohne Ehrenamt<br />

genug zu tun. So hat Hiereth zusammen mit<br />

seiner Frau Veronika eine eigene physiotherapeutische<br />

Praxis mit drei Standorten in Seubersdorf,<br />

Breitenbrunn und Velburg mit insgesamt<br />

fast 40 Angestellten. „Natürlich kann ich<br />

hier nicht bei jedem kleinen Unfall alles stehen<br />

und liegen lassen,“ sagt Hiereth. Allerdings hätten<br />

sie im Landkreis auch schon einmal einen<br />

umgekippten Schulbus gehabt und in solchen<br />

Fällen habe dann wohl jeder Verständnis, wenn<br />

er mal zum Notfall müsse.<br />

Koordination und Kraftdosierung: Ergotherapeutin<br />

Angela Schleicher und der siebenjährige Umar<br />

Hiereth hat sich noch nie gefragt, ob er dieses<br />

zeitraubende „Hobby“ weiter machen wolle.<br />

Das hat etwas mit seinem tief verwurzelten<br />

Verständnis von sozialem Miteinander zu tun,<br />

von einer Gesellschaft, die eben nur funktioniert,<br />

wenn alle nicht nur nehmen, sondern<br />

auch geben. Dabei sind es nicht nur altruistische<br />

Motive, die ihn treiben. Denn natürlich<br />

fühle er sich auch selbst gut, so der ausgebildete<br />

Rettungssanitäter, wenn er zum Beispiel von<br />

einem Einsatz nach Hause käme und mal wieder<br />

ein Menschenleben gerettet habe.<br />

Aber was sagt die Familie zu seinem Engagement?<br />

„Meine Frau war selbst schon als Jugendliche<br />

bei der Bergwacht“, sagt Hiereth – und<br />

habe ja zudem gewusst, auf was sie sich bei ihm<br />

einlasse. Und die gemeinsamen Kinder hätten<br />

ohnehin nichts dagegen einzuwenden: Beide<br />

sind auch schon beim Roten Kreuz engagiert.<br />

www.drk.de<br />

ZUKUNFT PRAXIS TITEL11


Mehr als Sterbebegleitung<br />

Engagement für den Hospizverein: Logopädin Janina<br />

Wichmann (rechts) mit einer ehrenamtlichen Mitstreiterin<br />

Janina Wichmann wollte eigentlich schon immer<br />

mit Kindern arbeiten. Und mit behinderten<br />

Menschen. Wie befriedigend beides sein<br />

kann, hatte die 28-Jährige bereits nach der<br />

Schule während ihres Freiwilligen Sozialen<br />

Jahres (FSJ) erfahren, das sie an einer Förderschule<br />

für behinderte Menschen in Paderborn<br />

gemacht hatte. „Die Kinder geben einem sehr<br />

viel zurück und sind einfach unheimlich dankbar<br />

für jede Hilfe“, sagt sie. Das habe ihr damals<br />

gut gefallen. Doch nach ihrer Ausbildung zur<br />

Logopädin bekam Wichmann erst einmal eine<br />

Anstellung in einer Rehaklinik für Erwachsene.<br />

Auch schön, aber eben doch nicht das Gleiche<br />

wie während des FSJ.<br />

Wichmann merkte, das ihr etwas fehlte.<br />

Deshalb zögerte sie auch nicht lange, als sie eines<br />

Tages erfuhr, dass der ambulante Kinderund<br />

Jugendhospizdienst in Paderborn-Höxter<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter:innen sucht. In eixx<br />

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Die Kinder geben<br />

einem sehr viel zurück<br />

und sind einfach<br />

unheimlich dankbar<br />

für jede Hilfe.<br />

Janina Wichmann<br />

ner 90-stündigen Befähigungsschulung ließ sie<br />

sich ausbilden. Dabei sind die Aufgaben, auf die<br />

die Freiwilligen vorbereitet werden, weit mehr<br />

als reine Sterbebegleitung. Viele Klient:innen<br />

leben viele Jahre mit ihrer Krankheit. Es sind<br />

Kinder und Jugendliche wie Kevin. Diagnose:<br />

„Cerebralparese“, eine Bewegungsstörung, deren<br />

Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung<br />

liegt. Fast ein Jahr lang besucht Wichmann<br />

ihn, einmal die Woche, je zwei Stunden.<br />

Sie macht Ausflüge mit ihm, bringt ihn zum<br />

Lachen. Manchmal ist auch seine kleine<br />

Schwester Marina dabei, damit die Eltern in<br />

der Zwischenzeit auch mal kurz zur Ruhe kommen<br />

können.e kommen können.<br />

Dass Wichmann derzeit keine neue Begleitung<br />

mehr annimmt, liegt weniger daran, dass<br />

sie mittlerweile den Job gewechselt und nun<br />

auch „hauptamtlich“ mit behinderten Kindern<br />

in einem integrativen Kindergarten arbeitet.<br />

Vielmehr bekommt sie bald ein eigenes Kind<br />

und hat daher vorerst Beschäftigungsverbot.<br />

Dass es mit dem Ehrenamt danach weitergeht,<br />

steht für sie allerdings außer Frage: „In der Öffentlichkeitsarbeit<br />

für den Hospizverein gibt es<br />

immer genug zu tun – damit mehr Menschen<br />

von dieser wichtigen Arbeit erfahren.“ —<br />

www.deutscher-kinderhospizverein.de<br />

DIE TI<br />

KOMMT!<br />

FRAGEN ZUR TI BEANTWORTET<br />

DIE WEBINAR-REIHE VON OPTICA<br />

Wie funktioniert<br />

die TI im Detail?<br />

ZUM WEBINAR ANMELDEN<br />

Welche technischen und<br />

anderen Voraussetzungen<br />

gibt es, um an der TI<br />

teilzunehmen?<br />

FOLGEWEBINARE - IHR START IN DIE TI<br />

www.optica.de/ti<br />

28. Februar: Die Refinanzierung<br />

28. März: Wie beantrage ich eHBA und SMC-B Ausweis?<br />

25. April: Die Bedeutung einer Praxissoftware für die Nutzung der TI<br />

06. Juni: Sicherheit in der TI<br />

24. JANUAR:<br />

Ihr Start in die TI:<br />

Optica informiert<br />

Was kostet die TI, und<br />

wie viel davon müssen<br />

Therapeut:innen selbst<br />

bezahlen?<br />

Anmeldung unter: optica.de/veranstaltungen<br />

Ausführliche Informationen zur TI gibt es unter optica.de/ti und unter optica.de/ti-faq.


„Eine wirklich<br />

gute Entscheidung“<br />

zen können, weil wir uns bei den Verhandlungen untereinander<br />

und mit den Kassen geeinigt hatten. Dann legte<br />

jedoch ein kleiner Verband den Vertrag noch einmal seinen<br />

Mitgliedern zur Abstimmung vor und bekam dafür<br />

von ihnen keine Mehrheit. Damit war der ganze Vertrag<br />

geplatzt und musste vom Schiedsgericht geklärt werden.<br />

KATRIN SCHUBERT, Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes<br />

für akademische Sprachtherapie und Logopädie<br />

(dbs), über den Beitritt zum Spitzenverband der Heilmittelverbände<br />

(SHV), Erwartungen an die Politik und Diskussionsthemen<br />

wie Akademisierung, Videotherapie und Direktzugang.<br />

INTERVIEW: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />

Und man kann das noch nicht einmal auf den Verhandlungspartner<br />

schieben, weil es eben ein hausgemachtes<br />

Problem ist. Letztlich fällt das dann doch auf alle<br />

Verbände zurück, oder?<br />

Da kann ich leider nicht widersprechen. Aber es ist nun<br />

einmal im Gesetz verankert, dass die maßgeblichen Verbände<br />

gemeinsam mit der GKV verhandeln sollen und es<br />

liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Verbände<br />

auch unterschiedliche Ansichten haben. Von daher obliegt<br />

es dem Gesetzgeber, für Strukturen zu sorgen, die es<br />

verhindern, dass sich ein einzelner kleiner Verband gegen<br />

die anderen positioniert und dann alles aufhalten kann.<br />

Frau Schubert, Sie sind nicht nur Vorsitzende des<br />

Deutschen Bundesverbandes für akademische Sprachtherapie<br />

und Logopädie (dbs), sondern auch selbst<br />

Praxisinhaberin. Wie ist denn ihre persönliche Jahresbilanz<br />

für <strong>2022</strong>?<br />

Die ist eigentlich sehr gut. So langsam macht sich die<br />

Vergütungssteigerung bemerkbar, die wir in den Vorjahren<br />

verhandelt haben, sodass mittlerweile Gehälter gezahlt<br />

werden können, die zumindest ein halbwegs vernünftiges<br />

Auskommen sichern. Das führt übrigens auch<br />

dazu, dass man einfach etwas entspannter arbeiten kann,<br />

mit einer intensiveren Vorbereitung und einem gemeinsamen<br />

Austausch im Team. Solche Dinge sind wichtig für<br />

eine qualitätsvolle Arbeit.<br />

Was ist für Sie als Verbandsfunktionärin <strong>2022</strong> gut gelaufen?<br />

Ich freue mich, dass wir den Schritt gewagt haben<br />

und zum 1. Juli dem Spitzenverband der Heilmittelverbände<br />

(SHV) beigetreten sind. Das war eine wirklich<br />

gute Entscheidung, weil wir jetzt merken, dass wir in<br />

dieser Zusammenarbeit mit den anderen Verbänden<br />

von außen anders wahrgenommen werden und ganz<br />

andere Möglichkeiten haben, die Dinge vorzubringen,<br />

die uns wichtig sind.<br />

Andere Logopädie-Verbände, wie der dbl, denken darüber<br />

ebenfalls schon seit Jahren nach, haben sich aber<br />

bislang immer gegen einen Beitritt im SHV entschieden.<br />

Über dieses Thema haben wir uns mit dem dbl intensiv<br />

ausgetauscht. Uns eint natürlich die Frage, wie es uns<br />

am besten gelingt, die Interessen unsere Mitglieder<br />

durchzusetzen. Dass auch wir solange gezögert haben,<br />

hatte schließlich einen Grund: So haben wir zwar viele<br />

Gemeinsamkeiten mit den anderen Heilmittelbereichen,<br />

aber eben in der Sprachtherapie auch unsere Besonderheiten.<br />

Spätestens mit dem klaren Bekenntnis aller SHV-<br />

Verbände zur Vollakademisierung und den Zielen aus<br />

dem neuen Koalitionsvertrag – wie die Modellprojekte<br />

zum Direktzugang und mehr Mitspracherechte im G-BA<br />

– sind wir aber dann zu der Einsicht gelangt, dass wir gemeinsam<br />

mehr erreichen können.<br />

Dann kommen wir jetzt dazu, was <strong>2022</strong> nicht gut gelaufen<br />

ist. Was steht da für Sie an erster Stelle?<br />

Die Verhandlungen mit der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) über die Videotherapie! Das Ergebnis ist<br />

zwar jetzt gut – seit September ist die Videotherapie wieder<br />

als Übergangslösung und seit November ganz regulär<br />

möglich – aber der Weg dorthin war langwierig und mühselig.<br />

Eigentlich hätten wir das schon zum 1. April umset-<br />

Bleiben wir bei der Politik: Vor einem Jahr sagten Sie<br />

gegenüber ZUKUNFT PRAXIS, Sie würden sich vom<br />

neuen Gesundheitsminister erhoffen, dass er sich<br />

schnellstmöglich für die dringend notwendige Weiterentwicklung<br />

des Heilmittelbereichs starkmachen<br />

würde. Wurde diese Hoffnung erfüllt?<br />

Nein, das muss man so deutlich sagen, und das war<br />

für uns ärgerlich. Bei allem Verständnis, dass die Corona-<br />

Pandemie viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, war<br />

es doch wirklich enttäuschend, dass auf diesem Gebiet<br />

zunächst einmal so gar nichts passierte.<br />

Zunächst einmal?<br />

In seiner Rede auf dem TherapieGipfel Ende November<br />

machte Herr Lauterbach deutlich, dass er die Heilmittelerbringer:innen<br />

doch auf dem Schirm hat. Er sagte,<br />

dass die Änderung der Berufsgesetze auf dem Weg sei<br />

und dass es zeitnah Modellprojekte zum Direktzugang<br />

geben würde. Das sind genau unsere Forderungen und<br />

seine Rede hat neue Hoffnung gegeben, dass diese Themen<br />

nun endlich zügig angepackt werden. Inzwischen<br />

hat sein Ministerium das noch einmal konkretisiert und<br />

angekündigt, dass im ersten Halbjahr 2023 Entwürfe der<br />

neuen Berufsgesetze für die Physiotherapie vorgelegt<br />

werden und dass die für die Ergotherapie und die Logopädie<br />

zeitnah folgen sollen.<br />

Katrin Schubert, diplomierte Sprach- und Stimmheillehrerin, hat<br />

eine logopädische Praxis in Pirna. Seit 2013 ist sie Bundesvorsitzende<br />

des Deutschen Bundesverbandes für akademische<br />

Sprachtherapie und Logopädie (dbs).<br />

Was erhoffen Sie sich von den neuen Berufsgesetzen?<br />

Unsere Berufsgesetze sind inzwischen über 40 Jahre<br />

alt und völlig überholt. Die Ausbildung muss dringend<br />

reformiert werden und da kommt für uns, als Verband<br />

für akademisch ausgebildete Sprachtherapeut:innen und<br />

Logopäd:innen, aber auch für alle anderen Verbände der<br />

Logopädie und Sprachtherapie natürlich nur die grundständige<br />

akademische Primärqualifizierung in Frage.<br />

Hier hoffen wir endlich auf einen Durchbruch.<br />

Aber auch mit der GKV stehen 2023 weitere Verhandlungen<br />

an – nämlich die über die Blankoverordnung,<br />

die bereits <strong>2022</strong> hätte beschlossen werden sollen.<br />

Diese Verhandlungen sind aufgrund des erst jetzt abgeschlossenen<br />

Schiedsverfahrens in der Tat liegengeblieben.<br />

Sie stehen derzeit auf der Tagesordnung. Nicht, weil<br />

wir uns so viel von der Blankoverordnung versprechen,<br />

sondern weil wir durch den Gesetzgeber dazu verpflichtet<br />

sind. Einen großen Schub für ein selbstständigeres<br />

und freieres Arbeiten bekämen wir nur durch einen Direktzugang.<br />

Für den setzen wir uns mit aller Kraft ein. —<br />

14 ZUKUNFT PRAXIS THEMA<br />

ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15


Herr Bauer, was ist an Ihrer Praxis<br />

anders als in anderen Praxen?<br />

Unsere Praxis in Stuttgart ist<br />

eigentlich nur die jüngste Tochter<br />

eines größeren Unternehmens, das<br />

wir bereits 2004 gegründet haben<br />

und das sich im Kern um betriebliche<br />

Gesundheitsförderung kümmert.<br />

Damals hatten wir das große Glück,<br />

unter anderem Mercedes-Benz als<br />

großen Kunden zu gewinnen. Seit<br />

dem betreiben wir in Gaggenau ein<br />

über 1.000 Quadratmeter großes<br />

Gesundheitszentrum – unser erster<br />

Berührungspunkt mit der Physiotherapie.<br />

Das Unternehmen meisterleistung aus Stuttgart<br />

ist weit mehr als eine Praxis für Physiotherapie –<br />

erklärt Mit-Geschäftsführer CHRISTIAN BAUER.<br />

Aber Sie haben auch in Stuttgart<br />

eine „normale“ Praxis mit Kassenzulassung?<br />

Richtig, aber eben erst seit rund<br />

drei Jahren. Das ist nicht zuletzt deshalb<br />

praktisch, weil wir den Mitarbeiter:innen<br />

unserer Kunden – beispielsweise<br />

der Allianz – dann dort auch<br />

mal bevorzugt Termine anbieten<br />

können, falls das nötig sein sollte.<br />

Haben Sie so etwas wie eine Philosophie<br />

oder einen besonderen Behandlungsansatz?<br />

Ja, durchaus. Wir stehen für ein<br />

Konzept der „aktiven Therapie“ und<br />

der Eigeninitiative. Die Patient:innen<br />

müssen sich bei uns aktiv an der<br />

Behandlung beteiligen, weil wir der<br />

Überzeugung sind, dass sie nur so<br />

schnell wieder in Bewegung kommen<br />

und nur so nachhaltige Erfolge<br />

zu gewährleisten sind. Wer sich nur<br />

passiv „durchkneten“ lassen will, ist<br />

bei uns sicherlich falsch. Darüber<br />

hinaus setzen wir auf eine digitale<br />

Weiterbetreuung.<br />

Was heißt das konkret?<br />

Wir setzen auf YoLii. Das ist ein digitales<br />

Therapieassistenzsystem, das<br />

in unseren Einrichtungen dabei hilft,<br />

die Menschen an unseren Geräten<br />

optimal zu therapieren, dass aber<br />

auch via App und individuellem Therapieplan<br />

für zu Hause eine super<br />

Weiterbetreuung ermöglicht.<br />

Das klingt alles sehr modern und<br />

digital. Trifft das auch auf das Praxismanagement<br />

zu?<br />

Unbedingt! Wir lassen hier überall<br />

das Papier weg – sofern möglich.<br />

Die Realität zeigt jedoch leider viel zu<br />

oft, dass manches eben doch nicht<br />

möglich ist, angefangen mit der Verordnung,<br />

die es ja leider immer noch<br />

nicht in elektronischer Form gibt.<br />

Aber auch ansonsten ist in dem Bereich<br />

noch vieles nicht so, wie es sein<br />

könnte, manche Software-Lösung<br />

sieht aus wie in den 1990er-Jahren.<br />

Wenn ich das vergleiche mit dem,<br />

was bei Fitnessstudios Standard ist<br />

und wie einfach und intuitiv da alles<br />

läuft, ist das wirklich noch nicht gut!<br />

Sie selbst sind kein Physiotherapeut<br />

sondern studierter Sportwissenschaftler<br />

und Gesundheitsmanager.<br />

Ein Vorteil?<br />

Nicht unbedingt, in fachlicher<br />

Hinsicht hat das sicherlich auch<br />

Nachteile. Allerdings haben die<br />

meisten Therapeut:innen diesen<br />

Beruf gewählt, weil sie therapieren<br />

und sich nicht Gedanken über das<br />

Funktionieren einer Praxis machen<br />

wollten. Von daher ist die Kombination<br />

aus meiner unternehmerischen<br />

Kompetenz und das fachliche Knowhow<br />

des Teams sicherlich nicht die<br />

schlechteste Lösung für eine Praxis.<br />

Wie machen Sie Ihre Praxis regional<br />

bekannt?<br />

Das Wichtigste sind natürlich<br />

persönliche Empfehlungen. Darüber<br />

hinaus ist heute aber auch<br />

Google-Werbung ein Muss für jede<br />

Praxis – nicht unbedingt, um mehr<br />

Patient:innen zu bekommen, aber<br />

um diejenigen zu bekommen, die<br />

Wir stehen für ein<br />

Konzept der<br />

„aktiven Therapie“<br />

und der<br />

Eigeninitiative<br />

und setzen auf<br />

eine digitale<br />

Weiterbetreuung.<br />

man haben möchte. Für eine Praxis<br />

auf der grünen Wiese spielt das vielleicht<br />

keine Rolle, aber hier bei uns<br />

gibt es im Umkreis von 500 Metern<br />

dutzende Praxen. Deshalb versuchen<br />

wir, mit der richtigen Ansprache<br />

und den richtigen Schlagwörtern<br />

über Google die Patient:innen<br />

zu bekommen, die zu uns passen.<br />

Und dann ist da noch das Sponsoring<br />

und die therapeutische Betreuung<br />

der Stuttgarter Kickers, durch<br />

die wir versuchen, unsere regionale<br />

Bekanntheit zu steigern.<br />

Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel<br />

um?<br />

Wie wohl die meisten Praxen ist<br />

es auch für uns nicht leicht, gutes<br />

Personal zu finden. Durch unsere<br />

Kombination mit dem großen Geschäftsfeld<br />

des betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />

sind wir<br />

allerdings für viele Bewerber:innen<br />

interessanter als „normale Praxen“,<br />

da wie ein sehr abwechslungsreiches<br />

Berufsprofil bieten können.<br />

Wie wird Ihr Team zum „Dream-<br />

Team“?<br />

Indem man die Mitarbeiter:innen<br />

nach individuellen Stärken einsetzt.<br />

Dazu gibt es von uns viel Freiraum<br />

in der Gestaltung der Therapie, und<br />

der Austausch unter den Kolleg:innen<br />

wird groß geschrieben.<br />

Noch einmal auf Start – würden Sie<br />

alles noch mal genauso machen?<br />

Immer wieder! Eigentlich komme<br />

ich aus einer Mediziner-Familie und<br />

wollte deshalb selbst überhaupt<br />

nicht in den Gesundheits-, sondern<br />

viel lieber in den Sportbereich gehen.<br />

Aber irgendwie kam es dann<br />

doch anders und das ist – im Nachhinein<br />

betrachtet – auch gut so. —<br />

16 ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN 17


IN KOOPERATION MIT<br />

Auf der Intensivstation<br />

erworbenes Schwächesyndrom<br />

Wer dank intensivmedizinischer Behandlung eine Krankheit<br />

überlebt, hat nach dem Klinikaufenthalt häufig mit vielschichtigen<br />

Folgen zu kämpfen. Die Covid-19-Pandemie zeigt, wie wichtig<br />

Strategien sind, um diese Folgen möglichst zu vermeiden.<br />

Die Physiotherapie spielt dabei eine große Rolle.<br />

Nach einer intensivmedizinischen<br />

Behandlung kann es<br />

zu langanhaltenden Beeinträchtigungen<br />

kommen, die die Lebensqualität<br />

weit über den Krankenhausaufenthalt<br />

hinaus oder sogar<br />

dauerhaft einschränken. Seit 20<strong>12</strong><br />

wird die Konstellation aus körperlichen,<br />

psychischen und kognitiven<br />

Symptomen als Post-Intensivpflege-<br />

Syndrom (kurz PICS vom englischen<br />

„Post-Intensive Care Syndrome“) beschrieben.<br />

Das häufigste Symptom, welches<br />

alleine oder innerhalb des<br />

Symptomkomplexes eines PICS auftreten<br />

kann, ist die neuromuskuläre<br />

Schwäche der Extremitäten- und<br />

Atmungsmuskulatur. Diese sekundäre<br />

Krankheitsfolge wird als das<br />

auf der Intensivstation erworbene<br />

Schwächesyndrom (engl. „Intensive<br />

Care Unit-Acquired Weakness“) bezeichnet.<br />

Risikofaktoren für das<br />

Schwächesyndrom<br />

Begünstigt werden kann es durch<br />

eine schwere Sepsis, Hyperglykä-<br />

Die Folgen eines Aufenthalts auf der Intensivstation<br />

können langwierig sein.<br />

mie, akutes Lungenversagen, Multiorganversagen,<br />

eine prolongierte<br />

Beatmung oder eine erschwerte<br />

Entwöhnung (engl. „Weaning“) von<br />

maschineller Beatmung. Auch nicht<br />

modifizierbare Faktoren wie das<br />

weibliche Geschlecht, eine höhere<br />

Krankheitslast oder fortgeschrittenes<br />

Alter und prämorbide Adipositas<br />

sind mit einem erhöhten Risiko<br />

für die Entwicklung eines auf der<br />

Intensivstation erworbenen Schwächesyndroms<br />

assoziiert. Die mittlere<br />

Krankheitshäufigkeit des auf der<br />

Intensivstation erworbenen Schwächesyndroms<br />

beläuft sich einer<br />

Übersichtsarbeit von 31 Studien<br />

zufolge auf 43 Prozent. Unter den<br />

Covid-19-Patient:innen sind etwa 27<br />

bis 72 Prozent betroffen.<br />

Derzeit gibt es keine effektivere<br />

Möglichkeit, der Entwicklung eines<br />

auf der Intensivstation erworbenen<br />

Schwächesyndroms vorzubeugen,<br />

als die Risikofaktoren wie Hyperglykämie,<br />

parenterale Ernährung<br />

oder Sedierung zu kontrollieren.<br />

Da auch Immobilität zu den Risikofaktoren<br />

zählt, scheint frühzeitige<br />

Mobilisierung ein probates Mittel, um<br />

diese zu adressieren. Studien weisen<br />

darauf hin, dass Frührehabilitation<br />

das Risiko für die Entwicklung eines<br />

auf der Intensivstation erworbenen<br />

Schwächesyndroms um 29 bis 37<br />

Prozent reduzieren, kurzfristig körperliche<br />

Funktionen verbessern und den<br />

Krankenhausaufenthalt verkürzen<br />

kann. —<br />

Den kompletten Artikel von Bettina<br />

Scheffler inklusive Literaturhinweisen lesen<br />

Sie in physiopraxis, Ausgabe 10/<strong>2022</strong>:<br />

is.gd/schwaechesyndrom<br />

Praxisplanung und<br />

Verwaltungsarbeit<br />

ine der häufigsten fokalen Dystonien<br />

effizient ist die gestalten<br />

zervikale Dystonie (ZD). Dabei<br />

Verwaltungszeit handelt oder es Therapiezeit sich um eine – Fehlhaltung welchem Bereich<br />

widmen Sie mehr des Kopfes, Aufmerksamkeit? bedingt durch Verwaltungszeit<br />

unwillkürliche<br />

oft in Muskelspannungen Konkurrenz zur Therapiezeit, der Hals- sie<br />

steht nicht nur<br />

sollte im Sinne und einer Nackenmuskeln. nachhaltigen Praxisplanung Im weiteren auch<br />

so effizient wie Verlauf möglich entstehen sein. Dabei Schmerzen hilft eine durch Praxissoftware:<br />

Sie deckt die im partielle Idealfall oder alle permanente Prozesse Ihrer An-Praxispannung<br />

einziges der Programm entsprechenden im Tagesgeschäft Mus-<br />

ab, sodass ein<br />

ausreicht. Wie kulatur. Sie Ihre Die Praxisprozesse meisten ZDs sind von idiopathisch<br />

und bestehen in der Regel<br />

Rezeptverwaltung<br />

bis Zeiterfassung effizient gestalten können,<br />

erfahren Sie hier:<br />

lebenslang.<br />

bit.ly/3VrcUau<br />

Der Überforderung Physiotherapie im Therapiealltag trotzen<br />

Therapeut:innen<br />

als<br />

sind<br />

Ergänzung<br />

im Alltag mit vielen Herausforderungen<br />

konfrontiert. Wie brennend ist dabei das Thema<br />

Überforderung Die und Therapie welche der Stellschrauben Wahl ist eine versprechen<br />

selektive<br />

haben periphere mit Verbandsvertreter:innen Denervierung der ge-<br />

Entlastung? Wir<br />

sprochen: bit.ly/3F8WVsk<br />

betroffenen Muskeln mittels lokaler<br />

Injektion von Botulinum-Neurotoxin<br />

(BoNT).<br />

TI-Checkliste: so gelingt<br />

Bisher<br />

die<br />

konnte<br />

Anbindung<br />

studienbasiert<br />

keine am eindeutige Installationstag Empfeh-<br />

der TI<br />

Damit Ihr Praxisbetrieb<br />

so wenig wie lungen möglich für eingeschränkt die physiotherapeutische wird, haben wir<br />

eine Checkliste Behandlung für Sie zusammengestellt, der ZD ableitet werden. mit der<br />

Sie optimal vorbereitet Ein Vergleich sind: der bit.ly/3VvA5Am<br />

bisherigen Studien<br />

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Impressum<br />

Zukunft Praxis, Ausgabe <strong>12</strong>/<strong>2022</strong><br />

(Erscheinungsweise: monatlich)<br />

Herausgeber:<br />

Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH<br />

Marienstraße 10, 70178 Stuttgart<br />

Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad<br />

Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder<br />

Telefon: 0711 99373-2000, Telefax: 0711 99373-2025<br />

E-Mail: info@optica.de<br />

Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)<br />

Verlag: Fazit Communication GmbH,<br />

Frankenallee 71 – 81, 60327 Frankfurt am Main<br />

Konzept: Jan Philipp Rost, Martin Schmitz-Kuhl,<br />

Michael Hasenpusch, Johannes Göbel<br />

Art Direktion: Oliver Hick-Schulz<br />

Produktion: Anabell Krebs<br />

Text: Martin Schmitz-Kuhl, Johannes Göbel,<br />

Michael Hasenpusch<br />

Fotografie:<br />

Titel + S. 3: NataBene/iStock / S. 3: Optica /<br />

S. 5: Sylverarts/iStock / S. 6: deepblue4you/iStock /<br />

S. 7: SHV/Kathrin Heller; privat / S. 8: Rawpixel/iStock /<br />

S. 10: privat / S. 11: privat / S. <strong>12</strong>: privat /<br />

S. 13: Quardia Inc./AdobeStock / S. 15: Christian Hüller /<br />

S. 16 + S. 17: Christoph Schmidt /<br />

S. 18: Morsa Images/iStock / S.19: PeopleImages/iStock<br />

Abo-Bestellung: zukunft-praxis@optica.de,<br />

Jahresabonnement 85,00 Euro für <strong>12</strong> Ausgaben,<br />

Einzelverkauf 7,80 Euro. Für Optica-Kunden und<br />

ausgewählte Interessenten kostenlos; Registrierung<br />

unter www.optica.de/zukunft-praxis<br />

Vorschau 01/23<br />

ERFOLGREICHE MITARBEITERSUCHE<br />

Fachkräftemangel ist vielleicht das größte Problem<br />

für Praxisinhaber:innen. Doch nicht alle leiden<br />

gleichermaßen. Manchen Praxen gelingt die<br />

Mitarbeitersuche sehr viel leichter als anderen.<br />

Was machen sie anders? Und was kann man<br />

sich abschauen?<br />

18 ZUKUNFT PRAXIS THERAPEUT:INNENWISSEN<br />

ZUKUNFT PRAXIS SERVICE 19


Sonja G.<br />

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