12/2022
Die Titelthemen im Dezember: Eine Frage der Ehre: Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich engagieren // Sprachtherapie und Politik mit Kathrin Schubert // PRAXISnah: Experte Christian Bauer über betriebliche Gesundheitsförderung
Die Titelthemen im Dezember: Eine Frage der Ehre: Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich engagieren // Sprachtherapie und Politik mit Kathrin Schubert // PRAXISnah: Experte Christian Bauer über betriebliche Gesundheitsförderung
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ZUKUNFT<br />
PRAXIS<br />
№ <strong>12</strong>/<strong>2022</strong><br />
Was Therapeut:innen jetzt bewegt<br />
MOTIVIERT SPEZIALISIERT<br />
dbs-Bundesvorsitzende PRAXISnah zu Gast in<br />
Schubert im Interview Stuttgart<br />
Jetzt auch<br />
per App<br />
www.optica.de/registrierungzukunft-praxis-app<br />
Herzensangelegenheit<br />
ENGAGEMENT<br />
Was Therapeut:innen zusätzlich zu ihrer Arbeit leisten
8<br />
DIE TI KOMMT!<br />
JETZT ZUKUNFT BESTELLEN<br />
www.optica.de/ti<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
Sie blättern gerade in der ersten rein digitalen ZUKUNFT<br />
PRAXIS. Auch bei unserem Magazin haben wir uns dazu<br />
entschieden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. In<br />
unserer Leserumfrage gaben 81,18 Prozent an, ZUKUNFT<br />
PRAXIS auch rein digital lesen zu wollen. Wir werden das<br />
Magazin 2023 abwechselnd in der bisherigen Form und<br />
rein digital veröffentlichen, zudem steht Ihnen mit der<br />
ZUKUNFT PRAXIS App das komplette Heft zur Verfügung.<br />
Den digitalen Wandel zu gestalten, zählt zu den wichtigsten<br />
Aufgaben im Gesundheitswesen. Dafür ist die Telematikinfrastruktur<br />
(TI) die entscheidende Basis. Die TI vereinfacht<br />
für Therapeut:innen vieles und macht den Austausch mit<br />
Patient:innen und Ärzt:innen schneller und effektiver. Damit<br />
Sie möglichst optimal von der TI profitieren können, hat<br />
Optica eine Webinar-Serie aufgelegt, zu der wir Sie herzlich<br />
einladen (siehe auch S. 13).<br />
Bei aller Dynamik des digitalen Wandels: Das Jahresende<br />
lässt uns oft auch innehalten und an diejenigen denken, die<br />
in Not sind. In unserer Titelgeschichte stellen wir Ihnen drei<br />
Therapeut:innen vor, die sich mit einem Ehrenamt außergewöhnlich<br />
für andere Menschen engagieren. Wir wünschen<br />
ihnen dabei weiterhin gutes Gelingen – und Ihnen allen<br />
eine besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute für das<br />
neue Jahr 2023!<br />
Ihr Dr. Jochen Pfänder<br />
Optica-Geschäftsführer<br />
Inhalt<br />
4<br />
Kompakt<br />
News und Meldungen<br />
8<br />
Eine Frage der Ehre<br />
Warum sich Therapeut:innen ehrenamtlich<br />
engagieren – und wie das ihr eigenes Leben<br />
bereichert.<br />
14<br />
Sprachtherapie und Politik<br />
Die dbs-Bundesvorsitzende Katrin Schubert<br />
über Akademisierung, Videotherapie und vieles<br />
mehr.<br />
16<br />
Fragebogen: PRAXISnah<br />
Diesmal mit Christian Bauer aus Stuttgart, Experte<br />
für betriebliche Gesundheitsförderung.<br />
18<br />
Therapeut:innenwissen<br />
Welche weitreichenden Folgen der Aufenthalt<br />
auf einer Intensivstation haben kann.<br />
19<br />
Information & Standards<br />
Wissenswertes aus der Welt der Abrechnung,<br />
Vorschau und Impressum<br />
ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL3
THERAPIE<br />
IN ZAHLEN<br />
538 Mio.<br />
<strong>12</strong>.060<br />
EURO HABEN DIE GESETZLICHEN KRANKENKASSEN<br />
2021 IN GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION<br />
INVESTIERT und ihr Engagement im Vergleich zum<br />
Pandemiejahr 2020 damit um etwa 30 Prozent erhöht.<br />
Dies geht aus dem Präventionsbericht von GKV-Spitzenverband<br />
und Medizinischer Dienst Bund hervor, der im<br />
November erschienen ist.<br />
76 %<br />
DER ÄRZT:INNEN SEHEN DIE<br />
DIGITALEN ANGEBOTE IM<br />
GESUNDHEITSWESEN ALS<br />
CHANCE FÜR DIE MEDIZIN<br />
und 64 Prozent glauben, dass digitale<br />
Technologien die medizinische<br />
Versorgung verbessern<br />
können. Der Digitalverband Bitkom<br />
und der Ärzteverband<br />
Hartmannbund hatten dazu 500<br />
Mediziner:innen befragt.<br />
Am 31.<strong>12</strong>.22<br />
läuft die einrichtungsbezogene Impfpflicht aus. Das verkündete am<br />
21. November Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und<br />
begründete dies damit, dass Impfungen nicht vor Ansteckung mit<br />
dem Corona-Virus schützen.<br />
28<br />
PROJEKTIDEEN ZU NEUEN<br />
FORMEN DER MEDIZINISCHEN<br />
VERSORGUNG hat der Innovationsausschuss<br />
beim Gemeinsamen<br />
Bundesausschuss unter 114<br />
Einreichungen für die Ausarbeitung<br />
eines Vollantrags gewählt.<br />
Dazu zählen auch zwei Projekte<br />
zur Digitalisierung in der Heilmittelerbringung.<br />
STELLEN FÜR PHYSIOTHERAPEUT:INNEN<br />
LIESSEN SICH IM JAHRESDURCH-<br />
SCHNITT 2021/<strong>2022</strong> NICHT BESETZEN.<br />
Fünf der zehn Berufe mit dem größten<br />
Fachkräftemangel zählen zum Sozial- oder<br />
Gesundheitssektor.<br />
1.000<br />
GESUNDHEITSKIOSKE, EINER<br />
PRO 80.000 EINWOHNER,<br />
SOLLEN IN DEUTSCHLAND IN<br />
DEN KOMMENDEN JAHREN<br />
ENTSTEHEN. An diesem im Koalitionsvertrag<br />
der „Ampel“-Regierung<br />
vereinbarten Vorhaben wird<br />
derzeit im Bundesgesundheitsministerium<br />
gearbeitet.<br />
Nur 3<br />
FEIERTAGE FALLEN 2023<br />
AUF EIN WOCHENENDE,<br />
<strong>2022</strong> waren es ganze 8. Für<br />
Arbeitnehmer:innen ergeben<br />
sich 2023 damit bessere<br />
Möglichkeiten, mit Brückentagen<br />
ihre Urlaube zu planen.<br />
DIGITALISIERUNG<br />
Positive Bilanz<br />
Seit 2020 wurden im Rahmen der „Zukunftsregion Digitale<br />
Gesundheit“, einer Initiative des Bundesgesundheitsministeriums<br />
(BMG), digitale Lösungen in der medizinischen<br />
Versorgungspraxis erprobt. Zu den getesteten digitalen<br />
Versorgungsangeboten (DiVAs) zählen Anwendungen zum<br />
Selbstmanagement von Diabetes mellitus und Migräne sowie<br />
Anwendungen im Bereich Rückenschmerzen. Ärzt:innen und<br />
Phsyiotherapeut:innen in Berlin und Brandenburg konnten<br />
sich an dem Test beteiligen. Nun hat das BMG eine positive<br />
Bilanz gezogen. Die zuständige Leiterin des Referats „Innovationsfonds<br />
und Zukunftsregion Digitale Gesundheit“, Friederike<br />
Botzenhardt, sagte, durch das Projekt sei das Potenzial<br />
der Digitalisierung für eine gute, sektorenübergreifende<br />
Versorgung deutlich geworden. „Es ging gar nicht darum,<br />
hoch innovative Lösungen, sondern solche, die es bereits<br />
gibt, in den Versorgungsalltag zu integrieren“, sagte sie bei<br />
der Abschlussveranstaltung zur ZDG in Berlin.<br />
is.gd/zdg<strong>2022</strong><br />
Kurz &<br />
Knapp<br />
Verbände der Physio-, Logound<br />
Ergotherapie sowie der<br />
Diätassistenten fordern ein<br />
eigenes Budget in Kliniken,<br />
um die therapeutische Versorgung<br />
sicherzustellen. Bisher<br />
sei die Finanzierung der<br />
Stellen in den vier Bereichen<br />
in Kliniken nicht geregelt, die<br />
therapeutischen Leistungen<br />
seien nur indirekt im Rahmen<br />
einzelner Fallpauschalen festgeschrieben.<br />
is.gd/eigenbudget<br />
+++ Mit dem Gesetz zur<br />
Stärkung des Schutzes der Bevölkerung<br />
und insbesondere<br />
vulnerabler Gruppen wurden<br />
die Corona-Sonderregelungen<br />
für das Entlassmanagement<br />
bereits Mitte September <strong>2022</strong><br />
verlängert. Aktuell gelten die<br />
Regelungen bis einschließlich<br />
6. April 2023. is.gd/coronaregel<br />
+++ Nach der Ausschreibung<br />
im Frühjahr <strong>2022</strong> ist<br />
die Wahl jetzt getroffen: Drei<br />
Projekte wird die Stiftung zur<br />
Förderung von Forschung und<br />
Evaluation in der Physiotherapie<br />
mit insgesamt 15.000 Euro<br />
fördern. Auch im kommenden<br />
Jahr soll es voraussichtlich wieder<br />
eine Förderausschreibung<br />
der Stiftung geben. is.gd/foerderprojekte<br />
4 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT5
RATGEBER RECHT<br />
ePA<br />
Bald Opt-out-<br />
Lösung?<br />
Alle gesetzlich Versicherten sollen<br />
künftig automatisch eine elektronische<br />
Patientenakte (ePA) erhalten.<br />
Wer sie nicht nutzen will, muss<br />
dies aktiv ablehnen. Diese sogenannte<br />
„Opt-out“-Lösung wird auf<br />
Wunsch der Gesellschafterversammlung<br />
von der gematik geprüft<br />
und soll noch in dieser Legislaturperiode<br />
umgesetzt werden.<br />
Die ePA wird seit Januar 2021<br />
angeboten und ist ein zentraler<br />
Baustein der Digitalisierung des<br />
Gesundheitswesens. Sie dient<br />
Patient:innen als Archiv für Dokumente<br />
und in Anspruch genommenen<br />
Leistungen. Auch Ärzte<br />
haben theoretisch Zugriff, um dort<br />
beispielsweise Untersuchungsergebnisse<br />
und anderes zu speichern.<br />
GKV-VERHANDLUNGEN<br />
Volles Haus<br />
in Berlin<br />
Beim 4. TherapieGipfel des Spitzenverbands der<br />
Heilmittelverbände (SHV) hat sich Bundesgesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach mit klaren<br />
Botschaften an die 450 Teilnehmenden gewandt:<br />
Die Vergütung solle abgesichert, der Direktzugang<br />
ermöglicht und die Teilakademisierung<br />
eingeführt werden. „Es wird an allen Ecken und<br />
Enden gleichzeitig gearbeitet. Sie können sich<br />
darauf verlassen, dass wir auch an Sie denken“,<br />
sagt der Minister bei der Veranstaltung im historischen<br />
Hörsaal des Langenbeck Virchow Hauses.<br />
Seit 2018 finden jährlich Therapiegipfel statt, die<br />
vom SHV veranstaltet werden, im Jahr 2020 war<br />
die Veranstaltung pandemiebedingt ausgefallen.<br />
Rechtstipps zur<br />
Praxisgründung<br />
Worauf Gründer:innen achten sollten,<br />
erläutert Rechtsanwalt Dr. Dr. Ruppel.<br />
Die Rechtsform: Inhaber:innengeführte Einzelunternehmen<br />
brauchen außer der IK-Nummer der<br />
ARGE IK, der ARGE-Zulassung und einer Steuernummer<br />
keine behördlichen Anmeldungen. Bei<br />
Gründung als Heilmittel-GmbH ist ein Notar nötig.<br />
Der Praxismietvertrag gehört zu den teuersten<br />
Entscheidungen bei der Gründung:<br />
is.gd/praxismietvertrag.<br />
KRANKMELDUNG<br />
Elektronischer Abruf<br />
wird Pflicht<br />
Der „gelbe Schein“ hat ausgedient: Ärzt:innen melden die<br />
Arbeitsunfähigkeit von gesetzlich Versicherten mit einer<br />
elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) an<br />
die Krankenkassen. Arbeitgebende sind ab 1. Januar 2023<br />
verpflichtet, die AU-Daten elektronisch von den Krankenkassen<br />
abzurufen. Ganz papierlos geht es aber noch nicht:<br />
Zusätzlich erhält die erkrankte Person eine ärztliche Bescheinigung<br />
in Papierform, die als gesetzlich vorgesehenes<br />
Beweismittel dient. Auch Krankenhäuser nehmen an<br />
diesem Verfahren teil. Nicht beteiligt sind derzeit Privatärzte,<br />
Ärzte im Ausland und Rehabilitationseinrichtungen,<br />
Physio- und Psychotherapeuten. is.gd/gelberschein<br />
GESAGT<br />
So langsam macht sich die<br />
Vergütungssteigerung bemerkbar,<br />
die wir in den Vorjahren<br />
verhandelt haben, sodass<br />
mittlerweile Gehälter gezahlt<br />
werden können, die zumindest<br />
ein halbwegs vernünftiges<br />
Auskommen sichern.<br />
Katrin Schubert, Logopädin und Vorsitzende des Deutschen<br />
Bundesverbandes für akademische Sprachtherapie und Logopädie (dbs),<br />
mehr im Interview auf den Seiten 14 und 15<br />
Die Praxishomepage sollte nicht vernachlässigt<br />
werden und füllt ebenfalls einen eigenen Beitrag:<br />
is.gd/praxishomepage.<br />
Der Verbraucherschutz ist für Praxisgründer:innen<br />
eine Herausforderung, da sie deutlich<br />
strengeren AGBs unterliegen. Strengere Anforderungen<br />
gelten auch, wenn selbst bestellte Ware<br />
mangelhaft ist.<br />
Der Versicherungsschutz: Gründer:innen müssen<br />
in jedem Fall mehrere Versicherungen abschließen.<br />
Welche das sind, wird hier dargestellt:<br />
is.gd/versicherungen.<br />
Die Finanzen: Um die Liquidität im Blick zu behalten,<br />
sollte Steuerberatung hinzugezogen werden.<br />
Mehr zu jedem der Aspekte lesen Sie in verlinkten<br />
Beiträgen und auch im ausführlichen Überblick:<br />
is.gd/praxisrechtstipps<br />
6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT7
ENGAGEMENT<br />
Eine<br />
Frage<br />
Tagtäglich sind<br />
Therapeut:innen im Einsatz<br />
für ihre Patient:innen.<br />
Für einige von ihnen hört<br />
das Engagement jedoch<br />
nach Dienstschluss nicht<br />
auf. Ein Artikel über das<br />
Ehrenamt und darüber, wie<br />
es auch die Engagierten<br />
bereichert.<br />
TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />
der<br />
Ehre<br />
Therapeut:innen helfen<br />
Menschen. Ihr Verdienst<br />
für diese Leistungen hält<br />
sich bekanntlich in<br />
Grenzen. Beide Umstände<br />
zusammengenommen<br />
könnten eigentlich<br />
dazu führen, dass Therapeut:innen<br />
eher zurückhaltend sind, wenn es<br />
darum geht, sich auch noch in ihrer Freizeit für<br />
andere Menschen zu engagieren. Doch weit gefehlt!<br />
Die „soziale Ader“ in dieser Berufsgruppe<br />
ist scheinbar so ausgeprägt, dass sich viele<br />
von ihnen auch nach dem Feierabend noch ehrenamtlich<br />
und unbezahlt in die Arbeit stürzen.<br />
Die meisten machen das auch für sich<br />
selbst und sprechen von einer Win-win-Situation.<br />
ZUKUNFT PRAXIS stellt drei Therapeut:innen,<br />
ihre Motivation und ihre<br />
Erfahrungen, stellvertretend für viele andere vor.<br />
ZUKUNFT PRAXIS TITEL9
Einsatz in Sri Lanka<br />
15,72<br />
Millionen<br />
Ehrenamtliche gab<br />
es im Jahr <strong>2022</strong> in<br />
Deutschland.<br />
Quelle: Allensbacher<br />
Markt- und Werbeträgeranalyse<br />
Auf dem Weg zum Einsatz ins Ahrtal: Physiotherapeut und Rettungssanitäter Andreas Hiereth<br />
Angela Schleicher ist eine vielbeschäftigte<br />
Frau. Zusammen mit ihrem Mann Christian<br />
hat die Ergotherapeutin aus Eislingen eine<br />
gutgehende Praxis mit rund einem Dutzend<br />
Mitarbeiter:innen. Zuhause warten drei schulpflichtige<br />
Kinder im Alter von zehn, zwölf und<br />
14 Jahren auf sie. Gerade in der Corona-Zeit,<br />
mit Herausforderungen wie Homeschooling<br />
einerseits und dem Ausfall von Arbeitskräften<br />
andererseits, sei das sehr belastend gewesen,<br />
sagt Schleicher. „Ich habe mich erschöpft, ausgelaugt<br />
und unglücklich gefühlt.“ Doch statt<br />
eine Kur oder einen Wellnessurlaub zu buchen,<br />
fliegt die 43-Jährige vor einem Jahr kurzerhand<br />
nach Sri Lanka, um dort in einem Behindertenzentrum<br />
zu arbeiten. Auf Vermittlung<br />
des Göppinger Vereins „FRIENDS Kinderhilfe<br />
international“ hilft sie dort zwei Monate lang<br />
Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
– sowie deren Betreuer:innen. „Ergotherapie<br />
ist in Sri Lanka kein Ausbildungsberuf<br />
oder gar Studium“, erzählt sie, einheimische<br />
Kolleg:innen hätten meist nicht mehr als einen<br />
dreiwöchigen Crashkurs hinter sich und wären<br />
daher für jede professionelle Unterstützung<br />
mehr als dankbar.<br />
Doch auch Schleicher lernt viel in der<br />
Ferne. „Es war beeindruckend, mit welcher<br />
buddhistischen Ruhe und Gelassenheit die<br />
Menschen dort schlimmste Krisen und Beschwerden<br />
hinnehmen und wieviel Optimismus<br />
sie dabei noch ausstrahlen“, erzählt sie.<br />
Auch mit der Compliance der Menschen habe<br />
man dort keine Probleme, alle Patient:innen<br />
wären mit Begeisterung bei der Sache. „Ich bin<br />
auf jeden Fall sehr froh und dankbar, diese Erfahrung<br />
gemacht haben zu dürfen.“<br />
Und wie kamen Praxis und Familie in dieser<br />
Zeit zurecht? „Auch das war eine wertvolle<br />
Ich bin auf jeden<br />
Fall sehr froh, diese<br />
Erfahrung gemacht<br />
haben zu dürfen.<br />
Angela Schleicher<br />
Erfahrung“, sagt Schleicher lachend. Denn<br />
dank der Hilfe von Mutter und Schwiegermutter<br />
zu Hause und der tollen Unterstützung<br />
der Mitarbeiter:innen bei der Arbeit hätte ihr<br />
Mann das alles auch mal ohne sie „gewuppt“.<br />
www.friends-kinderhilfe.de<br />
Engagement als Lebensprinzip<br />
Andreas Hiereth konnte wahrscheinlich gar<br />
nicht anders. Bereits seine Mutter und sein Vater<br />
waren beim Roten Kreuz, er selbst ist seit<br />
dem sechsten Lebensjahr dabei. „Es wurde mir<br />
in die Wiege gelegt“, sagt der Physiotherapeut<br />
mit fröhlichem Oberpfälzer Zungenschlag.<br />
Spätestens nachdem er beim Roten Kreuz auch<br />
seinen Wehrersatzdienst abgeleistet hatte, gab<br />
es wohl kein Zurück mehr.<br />
Heute ist Hiereth im Katastrophenfall<br />
Bereitschaftsleiter und Zugführer, zudem<br />
arbeitet er noch im normalen Rettungsdienst.<br />
Letzteres allerdings nur noch am Wochenende<br />
oder wenn wirklich Not am Mann ist. Denn der<br />
39-Jährige hat eigentlich auch ohne Ehrenamt<br />
genug zu tun. So hat Hiereth zusammen mit<br />
seiner Frau Veronika eine eigene physiotherapeutische<br />
Praxis mit drei Standorten in Seubersdorf,<br />
Breitenbrunn und Velburg mit insgesamt<br />
fast 40 Angestellten. „Natürlich kann ich<br />
hier nicht bei jedem kleinen Unfall alles stehen<br />
und liegen lassen,“ sagt Hiereth. Allerdings hätten<br />
sie im Landkreis auch schon einmal einen<br />
umgekippten Schulbus gehabt und in solchen<br />
Fällen habe dann wohl jeder Verständnis, wenn<br />
er mal zum Notfall müsse.<br />
Koordination und Kraftdosierung: Ergotherapeutin<br />
Angela Schleicher und der siebenjährige Umar<br />
Hiereth hat sich noch nie gefragt, ob er dieses<br />
zeitraubende „Hobby“ weiter machen wolle.<br />
Das hat etwas mit seinem tief verwurzelten<br />
Verständnis von sozialem Miteinander zu tun,<br />
von einer Gesellschaft, die eben nur funktioniert,<br />
wenn alle nicht nur nehmen, sondern<br />
auch geben. Dabei sind es nicht nur altruistische<br />
Motive, die ihn treiben. Denn natürlich<br />
fühle er sich auch selbst gut, so der ausgebildete<br />
Rettungssanitäter, wenn er zum Beispiel von<br />
einem Einsatz nach Hause käme und mal wieder<br />
ein Menschenleben gerettet habe.<br />
Aber was sagt die Familie zu seinem Engagement?<br />
„Meine Frau war selbst schon als Jugendliche<br />
bei der Bergwacht“, sagt Hiereth – und<br />
habe ja zudem gewusst, auf was sie sich bei ihm<br />
einlasse. Und die gemeinsamen Kinder hätten<br />
ohnehin nichts dagegen einzuwenden: Beide<br />
sind auch schon beim Roten Kreuz engagiert.<br />
www.drk.de<br />
ZUKUNFT PRAXIS TITEL11
Mehr als Sterbebegleitung<br />
Engagement für den Hospizverein: Logopädin Janina<br />
Wichmann (rechts) mit einer ehrenamtlichen Mitstreiterin<br />
Janina Wichmann wollte eigentlich schon immer<br />
mit Kindern arbeiten. Und mit behinderten<br />
Menschen. Wie befriedigend beides sein<br />
kann, hatte die 28-Jährige bereits nach der<br />
Schule während ihres Freiwilligen Sozialen<br />
Jahres (FSJ) erfahren, das sie an einer Förderschule<br />
für behinderte Menschen in Paderborn<br />
gemacht hatte. „Die Kinder geben einem sehr<br />
viel zurück und sind einfach unheimlich dankbar<br />
für jede Hilfe“, sagt sie. Das habe ihr damals<br />
gut gefallen. Doch nach ihrer Ausbildung zur<br />
Logopädin bekam Wichmann erst einmal eine<br />
Anstellung in einer Rehaklinik für Erwachsene.<br />
Auch schön, aber eben doch nicht das Gleiche<br />
wie während des FSJ.<br />
Wichmann merkte, das ihr etwas fehlte.<br />
Deshalb zögerte sie auch nicht lange, als sie eines<br />
Tages erfuhr, dass der ambulante Kinderund<br />
Jugendhospizdienst in Paderborn-Höxter<br />
ehrenamtliche Mitarbeiter:innen sucht. In eixx<br />
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Aenean massa.<br />
Die Kinder geben<br />
einem sehr viel zurück<br />
und sind einfach<br />
unheimlich dankbar<br />
für jede Hilfe.<br />
Janina Wichmann<br />
ner 90-stündigen Befähigungsschulung ließ sie<br />
sich ausbilden. Dabei sind die Aufgaben, auf die<br />
die Freiwilligen vorbereitet werden, weit mehr<br />
als reine Sterbebegleitung. Viele Klient:innen<br />
leben viele Jahre mit ihrer Krankheit. Es sind<br />
Kinder und Jugendliche wie Kevin. Diagnose:<br />
„Cerebralparese“, eine Bewegungsstörung, deren<br />
Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung<br />
liegt. Fast ein Jahr lang besucht Wichmann<br />
ihn, einmal die Woche, je zwei Stunden.<br />
Sie macht Ausflüge mit ihm, bringt ihn zum<br />
Lachen. Manchmal ist auch seine kleine<br />
Schwester Marina dabei, damit die Eltern in<br />
der Zwischenzeit auch mal kurz zur Ruhe kommen<br />
können.e kommen können.<br />
Dass Wichmann derzeit keine neue Begleitung<br />
mehr annimmt, liegt weniger daran, dass<br />
sie mittlerweile den Job gewechselt und nun<br />
auch „hauptamtlich“ mit behinderten Kindern<br />
in einem integrativen Kindergarten arbeitet.<br />
Vielmehr bekommt sie bald ein eigenes Kind<br />
und hat daher vorerst Beschäftigungsverbot.<br />
Dass es mit dem Ehrenamt danach weitergeht,<br />
steht für sie allerdings außer Frage: „In der Öffentlichkeitsarbeit<br />
für den Hospizverein gibt es<br />
immer genug zu tun – damit mehr Menschen<br />
von dieser wichtigen Arbeit erfahren.“ —<br />
www.deutscher-kinderhospizverein.de<br />
DIE TI<br />
KOMMT!<br />
FRAGEN ZUR TI BEANTWORTET<br />
DIE WEBINAR-REIHE VON OPTICA<br />
Wie funktioniert<br />
die TI im Detail?<br />
ZUM WEBINAR ANMELDEN<br />
Welche technischen und<br />
anderen Voraussetzungen<br />
gibt es, um an der TI<br />
teilzunehmen?<br />
FOLGEWEBINARE - IHR START IN DIE TI<br />
www.optica.de/ti<br />
28. Februar: Die Refinanzierung<br />
28. März: Wie beantrage ich eHBA und SMC-B Ausweis?<br />
25. April: Die Bedeutung einer Praxissoftware für die Nutzung der TI<br />
06. Juni: Sicherheit in der TI<br />
24. JANUAR:<br />
Ihr Start in die TI:<br />
Optica informiert<br />
Was kostet die TI, und<br />
wie viel davon müssen<br />
Therapeut:innen selbst<br />
bezahlen?<br />
Anmeldung unter: optica.de/veranstaltungen<br />
Ausführliche Informationen zur TI gibt es unter optica.de/ti und unter optica.de/ti-faq.
„Eine wirklich<br />
gute Entscheidung“<br />
zen können, weil wir uns bei den Verhandlungen untereinander<br />
und mit den Kassen geeinigt hatten. Dann legte<br />
jedoch ein kleiner Verband den Vertrag noch einmal seinen<br />
Mitgliedern zur Abstimmung vor und bekam dafür<br />
von ihnen keine Mehrheit. Damit war der ganze Vertrag<br />
geplatzt und musste vom Schiedsgericht geklärt werden.<br />
KATRIN SCHUBERT, Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes<br />
für akademische Sprachtherapie und Logopädie<br />
(dbs), über den Beitritt zum Spitzenverband der Heilmittelverbände<br />
(SHV), Erwartungen an die Politik und Diskussionsthemen<br />
wie Akademisierung, Videotherapie und Direktzugang.<br />
INTERVIEW: MARTIN SCHMITZ-KUHL<br />
Und man kann das noch nicht einmal auf den Verhandlungspartner<br />
schieben, weil es eben ein hausgemachtes<br />
Problem ist. Letztlich fällt das dann doch auf alle<br />
Verbände zurück, oder?<br />
Da kann ich leider nicht widersprechen. Aber es ist nun<br />
einmal im Gesetz verankert, dass die maßgeblichen Verbände<br />
gemeinsam mit der GKV verhandeln sollen und es<br />
liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Verbände<br />
auch unterschiedliche Ansichten haben. Von daher obliegt<br />
es dem Gesetzgeber, für Strukturen zu sorgen, die es<br />
verhindern, dass sich ein einzelner kleiner Verband gegen<br />
die anderen positioniert und dann alles aufhalten kann.<br />
Frau Schubert, Sie sind nicht nur Vorsitzende des<br />
Deutschen Bundesverbandes für akademische Sprachtherapie<br />
und Logopädie (dbs), sondern auch selbst<br />
Praxisinhaberin. Wie ist denn ihre persönliche Jahresbilanz<br />
für <strong>2022</strong>?<br />
Die ist eigentlich sehr gut. So langsam macht sich die<br />
Vergütungssteigerung bemerkbar, die wir in den Vorjahren<br />
verhandelt haben, sodass mittlerweile Gehälter gezahlt<br />
werden können, die zumindest ein halbwegs vernünftiges<br />
Auskommen sichern. Das führt übrigens auch<br />
dazu, dass man einfach etwas entspannter arbeiten kann,<br />
mit einer intensiveren Vorbereitung und einem gemeinsamen<br />
Austausch im Team. Solche Dinge sind wichtig für<br />
eine qualitätsvolle Arbeit.<br />
Was ist für Sie als Verbandsfunktionärin <strong>2022</strong> gut gelaufen?<br />
Ich freue mich, dass wir den Schritt gewagt haben<br />
und zum 1. Juli dem Spitzenverband der Heilmittelverbände<br />
(SHV) beigetreten sind. Das war eine wirklich<br />
gute Entscheidung, weil wir jetzt merken, dass wir in<br />
dieser Zusammenarbeit mit den anderen Verbänden<br />
von außen anders wahrgenommen werden und ganz<br />
andere Möglichkeiten haben, die Dinge vorzubringen,<br />
die uns wichtig sind.<br />
Andere Logopädie-Verbände, wie der dbl, denken darüber<br />
ebenfalls schon seit Jahren nach, haben sich aber<br />
bislang immer gegen einen Beitritt im SHV entschieden.<br />
Über dieses Thema haben wir uns mit dem dbl intensiv<br />
ausgetauscht. Uns eint natürlich die Frage, wie es uns<br />
am besten gelingt, die Interessen unsere Mitglieder<br />
durchzusetzen. Dass auch wir solange gezögert haben,<br />
hatte schließlich einen Grund: So haben wir zwar viele<br />
Gemeinsamkeiten mit den anderen Heilmittelbereichen,<br />
aber eben in der Sprachtherapie auch unsere Besonderheiten.<br />
Spätestens mit dem klaren Bekenntnis aller SHV-<br />
Verbände zur Vollakademisierung und den Zielen aus<br />
dem neuen Koalitionsvertrag – wie die Modellprojekte<br />
zum Direktzugang und mehr Mitspracherechte im G-BA<br />
– sind wir aber dann zu der Einsicht gelangt, dass wir gemeinsam<br />
mehr erreichen können.<br />
Dann kommen wir jetzt dazu, was <strong>2022</strong> nicht gut gelaufen<br />
ist. Was steht da für Sie an erster Stelle?<br />
Die Verhandlungen mit der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) über die Videotherapie! Das Ergebnis ist<br />
zwar jetzt gut – seit September ist die Videotherapie wieder<br />
als Übergangslösung und seit November ganz regulär<br />
möglich – aber der Weg dorthin war langwierig und mühselig.<br />
Eigentlich hätten wir das schon zum 1. April umset-<br />
Bleiben wir bei der Politik: Vor einem Jahr sagten Sie<br />
gegenüber ZUKUNFT PRAXIS, Sie würden sich vom<br />
neuen Gesundheitsminister erhoffen, dass er sich<br />
schnellstmöglich für die dringend notwendige Weiterentwicklung<br />
des Heilmittelbereichs starkmachen<br />
würde. Wurde diese Hoffnung erfüllt?<br />
Nein, das muss man so deutlich sagen, und das war<br />
für uns ärgerlich. Bei allem Verständnis, dass die Corona-<br />
Pandemie viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, war<br />
es doch wirklich enttäuschend, dass auf diesem Gebiet<br />
zunächst einmal so gar nichts passierte.<br />
Zunächst einmal?<br />
In seiner Rede auf dem TherapieGipfel Ende November<br />
machte Herr Lauterbach deutlich, dass er die Heilmittelerbringer:innen<br />
doch auf dem Schirm hat. Er sagte,<br />
dass die Änderung der Berufsgesetze auf dem Weg sei<br />
und dass es zeitnah Modellprojekte zum Direktzugang<br />
geben würde. Das sind genau unsere Forderungen und<br />
seine Rede hat neue Hoffnung gegeben, dass diese Themen<br />
nun endlich zügig angepackt werden. Inzwischen<br />
hat sein Ministerium das noch einmal konkretisiert und<br />
angekündigt, dass im ersten Halbjahr 2023 Entwürfe der<br />
neuen Berufsgesetze für die Physiotherapie vorgelegt<br />
werden und dass die für die Ergotherapie und die Logopädie<br />
zeitnah folgen sollen.<br />
Katrin Schubert, diplomierte Sprach- und Stimmheillehrerin, hat<br />
eine logopädische Praxis in Pirna. Seit 2013 ist sie Bundesvorsitzende<br />
des Deutschen Bundesverbandes für akademische<br />
Sprachtherapie und Logopädie (dbs).<br />
Was erhoffen Sie sich von den neuen Berufsgesetzen?<br />
Unsere Berufsgesetze sind inzwischen über 40 Jahre<br />
alt und völlig überholt. Die Ausbildung muss dringend<br />
reformiert werden und da kommt für uns, als Verband<br />
für akademisch ausgebildete Sprachtherapeut:innen und<br />
Logopäd:innen, aber auch für alle anderen Verbände der<br />
Logopädie und Sprachtherapie natürlich nur die grundständige<br />
akademische Primärqualifizierung in Frage.<br />
Hier hoffen wir endlich auf einen Durchbruch.<br />
Aber auch mit der GKV stehen 2023 weitere Verhandlungen<br />
an – nämlich die über die Blankoverordnung,<br />
die bereits <strong>2022</strong> hätte beschlossen werden sollen.<br />
Diese Verhandlungen sind aufgrund des erst jetzt abgeschlossenen<br />
Schiedsverfahrens in der Tat liegengeblieben.<br />
Sie stehen derzeit auf der Tagesordnung. Nicht, weil<br />
wir uns so viel von der Blankoverordnung versprechen,<br />
sondern weil wir durch den Gesetzgeber dazu verpflichtet<br />
sind. Einen großen Schub für ein selbstständigeres<br />
und freieres Arbeiten bekämen wir nur durch einen Direktzugang.<br />
Für den setzen wir uns mit aller Kraft ein. —<br />
14 ZUKUNFT PRAXIS THEMA<br />
ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15
Herr Bauer, was ist an Ihrer Praxis<br />
anders als in anderen Praxen?<br />
Unsere Praxis in Stuttgart ist<br />
eigentlich nur die jüngste Tochter<br />
eines größeren Unternehmens, das<br />
wir bereits 2004 gegründet haben<br />
und das sich im Kern um betriebliche<br />
Gesundheitsförderung kümmert.<br />
Damals hatten wir das große Glück,<br />
unter anderem Mercedes-Benz als<br />
großen Kunden zu gewinnen. Seit<br />
dem betreiben wir in Gaggenau ein<br />
über 1.000 Quadratmeter großes<br />
Gesundheitszentrum – unser erster<br />
Berührungspunkt mit der Physiotherapie.<br />
Das Unternehmen meisterleistung aus Stuttgart<br />
ist weit mehr als eine Praxis für Physiotherapie –<br />
erklärt Mit-Geschäftsführer CHRISTIAN BAUER.<br />
Aber Sie haben auch in Stuttgart<br />
eine „normale“ Praxis mit Kassenzulassung?<br />
Richtig, aber eben erst seit rund<br />
drei Jahren. Das ist nicht zuletzt deshalb<br />
praktisch, weil wir den Mitarbeiter:innen<br />
unserer Kunden – beispielsweise<br />
der Allianz – dann dort auch<br />
mal bevorzugt Termine anbieten<br />
können, falls das nötig sein sollte.<br />
Haben Sie so etwas wie eine Philosophie<br />
oder einen besonderen Behandlungsansatz?<br />
Ja, durchaus. Wir stehen für ein<br />
Konzept der „aktiven Therapie“ und<br />
der Eigeninitiative. Die Patient:innen<br />
müssen sich bei uns aktiv an der<br />
Behandlung beteiligen, weil wir der<br />
Überzeugung sind, dass sie nur so<br />
schnell wieder in Bewegung kommen<br />
und nur so nachhaltige Erfolge<br />
zu gewährleisten sind. Wer sich nur<br />
passiv „durchkneten“ lassen will, ist<br />
bei uns sicherlich falsch. Darüber<br />
hinaus setzen wir auf eine digitale<br />
Weiterbetreuung.<br />
Was heißt das konkret?<br />
Wir setzen auf YoLii. Das ist ein digitales<br />
Therapieassistenzsystem, das<br />
in unseren Einrichtungen dabei hilft,<br />
die Menschen an unseren Geräten<br />
optimal zu therapieren, dass aber<br />
auch via App und individuellem Therapieplan<br />
für zu Hause eine super<br />
Weiterbetreuung ermöglicht.<br />
Das klingt alles sehr modern und<br />
digital. Trifft das auch auf das Praxismanagement<br />
zu?<br />
Unbedingt! Wir lassen hier überall<br />
das Papier weg – sofern möglich.<br />
Die Realität zeigt jedoch leider viel zu<br />
oft, dass manches eben doch nicht<br />
möglich ist, angefangen mit der Verordnung,<br />
die es ja leider immer noch<br />
nicht in elektronischer Form gibt.<br />
Aber auch ansonsten ist in dem Bereich<br />
noch vieles nicht so, wie es sein<br />
könnte, manche Software-Lösung<br />
sieht aus wie in den 1990er-Jahren.<br />
Wenn ich das vergleiche mit dem,<br />
was bei Fitnessstudios Standard ist<br />
und wie einfach und intuitiv da alles<br />
läuft, ist das wirklich noch nicht gut!<br />
Sie selbst sind kein Physiotherapeut<br />
sondern studierter Sportwissenschaftler<br />
und Gesundheitsmanager.<br />
Ein Vorteil?<br />
Nicht unbedingt, in fachlicher<br />
Hinsicht hat das sicherlich auch<br />
Nachteile. Allerdings haben die<br />
meisten Therapeut:innen diesen<br />
Beruf gewählt, weil sie therapieren<br />
und sich nicht Gedanken über das<br />
Funktionieren einer Praxis machen<br />
wollten. Von daher ist die Kombination<br />
aus meiner unternehmerischen<br />
Kompetenz und das fachliche Knowhow<br />
des Teams sicherlich nicht die<br />
schlechteste Lösung für eine Praxis.<br />
Wie machen Sie Ihre Praxis regional<br />
bekannt?<br />
Das Wichtigste sind natürlich<br />
persönliche Empfehlungen. Darüber<br />
hinaus ist heute aber auch<br />
Google-Werbung ein Muss für jede<br />
Praxis – nicht unbedingt, um mehr<br />
Patient:innen zu bekommen, aber<br />
um diejenigen zu bekommen, die<br />
Wir stehen für ein<br />
Konzept der<br />
„aktiven Therapie“<br />
und der<br />
Eigeninitiative<br />
und setzen auf<br />
eine digitale<br />
Weiterbetreuung.<br />
man haben möchte. Für eine Praxis<br />
auf der grünen Wiese spielt das vielleicht<br />
keine Rolle, aber hier bei uns<br />
gibt es im Umkreis von 500 Metern<br />
dutzende Praxen. Deshalb versuchen<br />
wir, mit der richtigen Ansprache<br />
und den richtigen Schlagwörtern<br />
über Google die Patient:innen<br />
zu bekommen, die zu uns passen.<br />
Und dann ist da noch das Sponsoring<br />
und die therapeutische Betreuung<br />
der Stuttgarter Kickers, durch<br />
die wir versuchen, unsere regionale<br />
Bekanntheit zu steigern.<br />
Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel<br />
um?<br />
Wie wohl die meisten Praxen ist<br />
es auch für uns nicht leicht, gutes<br />
Personal zu finden. Durch unsere<br />
Kombination mit dem großen Geschäftsfeld<br />
des betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />
sind wir<br />
allerdings für viele Bewerber:innen<br />
interessanter als „normale Praxen“,<br />
da wie ein sehr abwechslungsreiches<br />
Berufsprofil bieten können.<br />
Wie wird Ihr Team zum „Dream-<br />
Team“?<br />
Indem man die Mitarbeiter:innen<br />
nach individuellen Stärken einsetzt.<br />
Dazu gibt es von uns viel Freiraum<br />
in der Gestaltung der Therapie, und<br />
der Austausch unter den Kolleg:innen<br />
wird groß geschrieben.<br />
Noch einmal auf Start – würden Sie<br />
alles noch mal genauso machen?<br />
Immer wieder! Eigentlich komme<br />
ich aus einer Mediziner-Familie und<br />
wollte deshalb selbst überhaupt<br />
nicht in den Gesundheits-, sondern<br />
viel lieber in den Sportbereich gehen.<br />
Aber irgendwie kam es dann<br />
doch anders und das ist – im Nachhinein<br />
betrachtet – auch gut so. —<br />
16 ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN 17
IN KOOPERATION MIT<br />
Auf der Intensivstation<br />
erworbenes Schwächesyndrom<br />
Wer dank intensivmedizinischer Behandlung eine Krankheit<br />
überlebt, hat nach dem Klinikaufenthalt häufig mit vielschichtigen<br />
Folgen zu kämpfen. Die Covid-19-Pandemie zeigt, wie wichtig<br />
Strategien sind, um diese Folgen möglichst zu vermeiden.<br />
Die Physiotherapie spielt dabei eine große Rolle.<br />
Nach einer intensivmedizinischen<br />
Behandlung kann es<br />
zu langanhaltenden Beeinträchtigungen<br />
kommen, die die Lebensqualität<br />
weit über den Krankenhausaufenthalt<br />
hinaus oder sogar<br />
dauerhaft einschränken. Seit 20<strong>12</strong><br />
wird die Konstellation aus körperlichen,<br />
psychischen und kognitiven<br />
Symptomen als Post-Intensivpflege-<br />
Syndrom (kurz PICS vom englischen<br />
„Post-Intensive Care Syndrome“) beschrieben.<br />
Das häufigste Symptom, welches<br />
alleine oder innerhalb des<br />
Symptomkomplexes eines PICS auftreten<br />
kann, ist die neuromuskuläre<br />
Schwäche der Extremitäten- und<br />
Atmungsmuskulatur. Diese sekundäre<br />
Krankheitsfolge wird als das<br />
auf der Intensivstation erworbene<br />
Schwächesyndrom (engl. „Intensive<br />
Care Unit-Acquired Weakness“) bezeichnet.<br />
Risikofaktoren für das<br />
Schwächesyndrom<br />
Begünstigt werden kann es durch<br />
eine schwere Sepsis, Hyperglykä-<br />
Die Folgen eines Aufenthalts auf der Intensivstation<br />
können langwierig sein.<br />
mie, akutes Lungenversagen, Multiorganversagen,<br />
eine prolongierte<br />
Beatmung oder eine erschwerte<br />
Entwöhnung (engl. „Weaning“) von<br />
maschineller Beatmung. Auch nicht<br />
modifizierbare Faktoren wie das<br />
weibliche Geschlecht, eine höhere<br />
Krankheitslast oder fortgeschrittenes<br />
Alter und prämorbide Adipositas<br />
sind mit einem erhöhten Risiko<br />
für die Entwicklung eines auf der<br />
Intensivstation erworbenen Schwächesyndroms<br />
assoziiert. Die mittlere<br />
Krankheitshäufigkeit des auf der<br />
Intensivstation erworbenen Schwächesyndroms<br />
beläuft sich einer<br />
Übersichtsarbeit von 31 Studien<br />
zufolge auf 43 Prozent. Unter den<br />
Covid-19-Patient:innen sind etwa 27<br />
bis 72 Prozent betroffen.<br />
Derzeit gibt es keine effektivere<br />
Möglichkeit, der Entwicklung eines<br />
auf der Intensivstation erworbenen<br />
Schwächesyndroms vorzubeugen,<br />
als die Risikofaktoren wie Hyperglykämie,<br />
parenterale Ernährung<br />
oder Sedierung zu kontrollieren.<br />
Da auch Immobilität zu den Risikofaktoren<br />
zählt, scheint frühzeitige<br />
Mobilisierung ein probates Mittel, um<br />
diese zu adressieren. Studien weisen<br />
darauf hin, dass Frührehabilitation<br />
das Risiko für die Entwicklung eines<br />
auf der Intensivstation erworbenen<br />
Schwächesyndroms um 29 bis 37<br />
Prozent reduzieren, kurzfristig körperliche<br />
Funktionen verbessern und den<br />
Krankenhausaufenthalt verkürzen<br />
kann. —<br />
Den kompletten Artikel von Bettina<br />
Scheffler inklusive Literaturhinweisen lesen<br />
Sie in physiopraxis, Ausgabe 10/<strong>2022</strong>:<br />
is.gd/schwaechesyndrom<br />
Praxisplanung und<br />
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Herausgeber:<br />
Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH<br />
Marienstraße 10, 70178 Stuttgart<br />
Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad<br />
Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder<br />
Telefon: 0711 99373-2000, Telefax: 0711 99373-2025<br />
E-Mail: info@optica.de<br />
Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)<br />
Verlag: Fazit Communication GmbH,<br />
Frankenallee 71 – 81, 60327 Frankfurt am Main<br />
Konzept: Jan Philipp Rost, Martin Schmitz-Kuhl,<br />
Michael Hasenpusch, Johannes Göbel<br />
Art Direktion: Oliver Hick-Schulz<br />
Produktion: Anabell Krebs<br />
Text: Martin Schmitz-Kuhl, Johannes Göbel,<br />
Michael Hasenpusch<br />
Fotografie:<br />
Titel + S. 3: NataBene/iStock / S. 3: Optica /<br />
S. 5: Sylverarts/iStock / S. 6: deepblue4you/iStock /<br />
S. 7: SHV/Kathrin Heller; privat / S. 8: Rawpixel/iStock /<br />
S. 10: privat / S. 11: privat / S. <strong>12</strong>: privat /<br />
S. 13: Quardia Inc./AdobeStock / S. 15: Christian Hüller /<br />
S. 16 + S. 17: Christoph Schmidt /<br />
S. 18: Morsa Images/iStock / S.19: PeopleImages/iStock<br />
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