bunsenmagazin - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...
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Aspekte<br />
Multifrequenzvergleich von S-Band bis G-Band des Spektrums von<br />
Mn 2+ in einem G-Proteinkomplex (p21ras-Mn-GDP). Durch die<br />
Unterdrückung der Effekte höherer Ordnung im Hochfeld und die<br />
resultierende bessere spektrale Auflösung ist es möglich, Hyperfeinkopplungen<br />
( 17 O) der Liganden des Mn aufzulösen und damit spezifisch<br />
die Ligandensphäre des Mn abzutasten, was bei gewöhnlichen<br />
Feldstärken nicht möglich ist (35). Auch molekulare Spincluster sind<br />
Hochspinsysteme mit komplexen Spektren, deren Interpretation oft<br />
erst durch Messungen bei mehreren Frequenzen möglich ist. Neben<br />
den Strukturen dieser Cluster ist hier das Quantentunneln der Magnetisierung<br />
eine aktuelle Fragestellung.<br />
Die höchsten innerhalb Deutschlands verfügbaren ESR-Frequenzen<br />
liegen bei 180 GHz <strong>für</strong> gepulste ESR und ENDOR-Experimente<br />
(Universität Frankfurt) und bei 360 GHz <strong>für</strong> continuous-wave-Spektroskopie<br />
(FU Berlin). Während in den W-Band-Spektrometern noch<br />
die übliche Mikrowellentechnologie verwendet werden kann, erfordern<br />
höhere Frequenzen den Einsatz optischer Anregungs- und Detektionsmethoden<br />
(36). So nutzt z. B. das bei 670 GHz operierende Spektrometer<br />
am Grenoble High Field Magnet Laboratory einen resistiven<br />
25 T Magneten und einen FIR-Laser als Anregungsquelle (37).<br />
Empfindlichkeitsverbesserung durch<br />
hyperpolarisierte Spins<br />
Die mit der Orientierung der Spins im Magnetfeld verbundenen<br />
Energien sind klein im Vergleich zu thermischen Energien. Die bei<br />
Zimmertemperatur in heute verbreitet verfügbaren Magnetfeldern<br />
durch Boltzmann-Population erreichbare Spinpolarisation liegt deshalb<br />
lediglich in der Größenordnung von 10 -3 <strong>für</strong> Elektronen und von<br />
10 -5 <strong>für</strong> Protonen. Die Signalgröße hängt direkt von der Polarisation<br />
P ab, und die Messzeit sinkt bei einem vorgegebenen Signal-zu-<br />
Rausch-Verhältnis quadratisch mit P. Wer sollte da nicht von Messungen<br />
mit P=1 anstelle von 10 -5 träumen? In der Tat stehen ausgewählte<br />
Kerne unterdessen hyperpolarisiert mit P=0.1-1 zur Verfügung. Es<br />
sind dies die Edelgasisotope 129 Xe und 3 He, die ihre Polarisation durch<br />
Spinaustausch mit optisch polarisierten Rubidiumatomen erhalten<br />
(38). Zweitens sind es Atome und Ionen eines Atomstrahls, die durch<br />
ein Stern-Gerlach-Experiment polarisiert selektiert und beispielsweise<br />
im Fall von 8 Li über die β-NMR nachgewiesen werden (39).<br />
Die maximale Polarisation von P=1 steht bei Myonen zur Verfügung,<br />
die aus Gründen der Spinerhaltung beim Zerfall ihrer Vorläuferteilchen,<br />
den Pionen, am Beschleuniger voll polarisiert entstehen. Ein<br />
wesentlicher Vorteil liegt darin, dass diese Polarisation unabhängig<br />
von der Temperatur und vom angelegten Magnetfeld – auch im Nullfeld<br />
– zur Verfügung steht. Zwei Beispiele sollen hier die Arbeit mit<br />
polarisierten Kernen illustrieren.<br />
Positive Myonen (µ + ) sind Elementarteilchen mit Spin 1 ⁄2 und mit<br />
einer Lebensdauer von 2 µs. Der Chemiker stellt sie sich am besten<br />
als leichte Protonen mit einer Masse von 1/9 der Protonenmasse vor.<br />
Die energetischen Teilchen werden in der experimentellen Probe<br />
gestoppt. Je nach chemischer Umgebung fängt ein Teil der thermalisierten<br />
Myonen ein Elektron ein, wobei sich Myonium (Mu ≡ µ + e – )<br />
bildet, was chemisch gesehen ein leichtes Wasserstoffisotop ist, das<br />
sich auch ganz analog verhält. Beispielsweise reagiert es mit ungesättigten<br />
Molekülen durch Addition, wobei das Myon als voll polarisiertes<br />
Spinlabel anstelle eines Protons im entstandenen Radikal eingebaut<br />
ist. Über seine Spinentwicklung im lokalen Magnetfeld (Free<br />
Induction Decay) liefert es Information über die Struktur des Radikals,<br />
über seine Reorientierungsdynamik und über die Kinetik seiner<br />
Reaktionen (40). Die Detektion des Signals verläuft dabei nicht über<br />
eine resonante Energieabsorption in einem Resonator oder einer<br />
Spule sondern in Analogie zur Single-Photonen-Fluoreszenz über<br />
eine Einteilchen-Zähltechnik, welche das Zerfallspositron des Myons<br />
nachweist. Diese Nachweistechnik führt zu einer erheblichen weiteren<br />
Empfindlichkeitssteigerung, so dass je nach der gewählten Methode<br />
zu jeder Zeit nur ein einziges oder wenige Myonen in der Probe vorhanden<br />
sind. Bei diesen Konzentrationen sind Terminationsreaktionen<br />
der Radikale vollständig unterdrückt. Die Abbildung 5 zeigt zwei<br />
Spektren, die mit flüssigem Phenylethanol erhalten wurden.<br />
Abb. 5. Myonenspektroskopie an flüssigem Phenylethanol im Transversalfeld<br />
(unten) und als Avoided-Level-Crossing-Spektrum im Longitudinalfeld<br />
(oben).<br />
Die Signale werden den ortho-, meta- und para-Isomeren des Mu-<br />
Addukts an den Ring zugeordnet. Das untere Bild zeigt ein Transversalfeldspektrum,<br />
in dem die Linienpaare den ENDOR-Frequenzen<br />
der Myonen im Radikal entsprechen, während im oberen Bild ein<br />
Spektrum eines Field-Cycling Avoided-Level-Crossing Experiments<br />
dargestellt ist. Jedes Spektrum entspricht etwa einer Stunde Messzeit.<br />
Die Empfindlichkeit der Technik wird dadurch verdeutlicht, dass <strong>für</strong><br />
das untere Spektrum weniger als 10 7 Myonen benötigt werden.<br />
Ein zweites Beispiel sei aus dem Bereich der biomedizinischen<br />
NMR–Bildgebung beschrieben. Hier stellt die Darstellung der Lunge<br />
eine besondere Herausforderung dar, da die 1 H Spindichte extrem<br />
gering ist und die transversalen Relaxationszeiten generell sehr kurz<br />
sind. Die Inhalation hyperpolarisierter Edelgase bildet somit einen<br />
26 Bunsen-Magazin · 4. Jahrgang · 2/2002