Das Bild im Text - faximile
Das Bild im Text - faximile
Das Bild im Text - faximile
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
interview<br />
8 fax<strong>im</strong>ile<br />
Fachjournalisten <strong>im</strong> Tessin<br />
Anders als man denkt<br />
Spitze Zungen behaupten, die Tessiner Fachjournalisten seien Deutschschweizer,<br />
die <strong>im</strong> Tessin nur wohnen. Fax<strong>im</strong>ile hat sich mit zwei Fachjournalisten unter -<br />
halten, die nicht in dieses Klischee passen. <strong>Das</strong> Interview mit Davide Gai<br />
und Gianluigi Bellei fand in Italienisch, Englisch und ein wenig Deutsch statt.<br />
Gianluigi Bellei:<br />
Der Künstler, der schreibt.<br />
Geboren 1953 in Bologna,<br />
ist Gianluigi Bellei ein Ita -<br />
liener, wie man ihn sich<br />
vorstellt: Angetan von den<br />
schönen Künsten, hat er<br />
schon mit 13 zu malen begonnen<br />
und sich in Bologna,<br />
Florenz und Lugano<br />
ausgebildet. Neben verschiedenen<br />
Engagements<br />
für Kunstorganisationen hat<br />
er viele Ausstellungen belegt<br />
und Preise gewonnen,<br />
zuletzt 2008 den Pr<strong>im</strong>o premio<br />
con il Fiorino d'oro al<br />
XXVI premio Firenze. Vor<br />
zwei Jahren hat er alle<br />
seine Werke aus seinem<br />
Studio den Bürgern von<br />
Lugano geschenkt.<br />
www.bellei.com<br />
Denn beide sind italienischer Muttersprache, einer<br />
spricht und versteht gar kein Deutsch, der andere<br />
antwortet lieber in Englisch als in Deutsch. Beide<br />
haben ihr Spezialgebiet und eine klassische Fachjournalisten-Laufbahn<br />
hinter sich. Davide Gai, ausgebildeter<br />
Arzt, kennt sich aus in IT, Medizin, Biotech -<br />
nologie und Pharmazeutik und publiziert darüber regelmässig,<br />
inzwischen aber vorwiegend <strong>im</strong> Internet.<br />
Gianluigi Bellei, selbst aktiver Künstler, schreibt regelmässig<br />
in „Azione“ über Kunstausstellungen.<br />
Davide Gai: Früher war ich oft, heute bin ich etwas<br />
weniger als Fachjournalist tätig. Heute publiziere ich<br />
aber auch über andere Gebiete, Wirtschaftsthemen<br />
etwa oder Berichte aus der HighTech-Branche und<br />
Informationstechnologie. Die Massenkommunikation<br />
hat sich stark verändert, und auch ich schreibe heute<br />
anders. Wegen meinen anderen Tätigkeiten habe<br />
ich – leider, muss ich sagen – auch weniger Zeit zum<br />
Schreiben.<br />
Gianluigi Bellei: Ich schreibe ausschliesslich über Kunst,<br />
und zwar in der Azione, das ist die Zeitung der Migros<br />
Ticino. Jeder Azione-Journalist hat sein eigenes Spezialgebiet.<br />
"Azione" ist total anders als die M-Zeitungen<br />
der deutschen und welschen Schweiz. Für Azione<br />
schreiben viele ausländische Journalisten, etwa<br />
Paolo Di Stefano oder Giorgio Bocca. Die wichtigsten<br />
Journalisten von Mailand etwa schreiben lieber für<br />
„Azione“ als für eine Mailänder Zeitung.<br />
Fax<strong>im</strong>ile: Wieso das?<br />
Gianluigi Bellei: Die Tessiner Publikumszeitungen zahlen<br />
sehr schlecht, ausser Azione. Sie zahlt sogar meine<br />
Reisespesen an die wichtigsten Kunstausstellungen,<br />
das ist <strong>im</strong> Tessin sonst nicht üblich.<br />
Dann haben Sie sich damit ja wohl<br />
eine Art Nische geschaffen.<br />
Gianluigi Bellei: Ich glaube, das hat mit dem Unterschied<br />
zwischen allgemeinem und Fachjournalismus<br />
zu tun. Auch <strong>im</strong> Tessin arbeiten allgemeine Journalisten<br />
in der Regel in einer Redaktion und verarbeiten<br />
alle Themen. Ein Fachjournalist hingegen hat eine<br />
Geschichte <strong>im</strong> Kopf und frühere, dazu passende<br />
Geschichten <strong>im</strong> Gedächtnis, zum Beispiel zu einer<br />
Ausstellung wie Munch in Paris. Wenn ich alle Munch-<br />
Ausstellungen gesehen habe, kann ich vergleichen<br />
und einen Bericht verfassen, der mehr aussagt als<br />
der Bericht eines Tagesjournalisten, der nur die eine<br />
Ausstellung gesehen hat.<br />
<strong>Das</strong> kostet aber Zeit und Geld. Und beides<br />
haben Zeitungen heute <strong>im</strong>mer weniger.<br />
Gianluigi Bellei: Da mögen Sie recht haben. Ich finde<br />
es aber unerlässlich, dass ich die Veranstaltung, über<br />
die ich schreibe, auch persönlich besucht habe. An<br />
den Pressekonferenzen des Palazzo Strozzi in Florenz<br />
zum Beispiel können Journalisten per Web teilnehmen.<br />
<strong>Das</strong> gibt aber nicht dieselbe Tiefe, wie wenn ich selbst<br />
dort gewesen bin.<br />
Sie, Davide Gai, sagten vorhin, dass Sie<br />
<strong>im</strong>mer mehr <strong>im</strong> Internet publizieren.<br />
Davide Gai: Ja, ich habe schon lange nicht mehr auf<br />
Papier publiziert. Kürzlich, vor einem Monat etwa,<br />
habe ich für die Zeitschrift „Cafè“ über „Technoparks<br />
als Zukunft“ geschrieben.<br />
schweizer fachjournalisten sfj • 6 / 2011