27.12.2012 Aufrufe

Eher schlau als klug - des Fachgebiets Methodologie und ...

Eher schlau als klug - des Fachgebiets Methodologie und ...

Eher schlau als klug - des Fachgebiets Methodologie und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Musahl (2001): <strong>Eher</strong> <strong>schlau</strong> <strong>als</strong> <strong>klug</strong> – psychologische Hemmnisse vorausschauenden Handelns 6<br />

Der Effekt der negativen Verstärkung subjektiv konsequenzenloser Regelverstöße konnte<br />

wiederholt nachgewiesen werden: In einem Simulationsexperiment sollte zur Vermeidung von<br />

Störungen eine Sicherheitsregel beachtet werden; Sanktionsstärke <strong>und</strong> -häufigkeit für den Fall<br />

<strong>des</strong> Regelverstoßes wurden in je drei Stufen systematisch variiert. Negative Verstärkung erwies<br />

sich <strong>als</strong> sehr wirksam: Die Regelbefolgung nimmt mit der Häufigkeit negativer Verstärkungen<br />

ab. Die Wahrscheinlichkeit, gegen die Regel zu verstoßen, wird umso größer, je häufiger dies<br />

bisher straflos möglich war. Ab einer relativen Häufigkeit von etwa 80% „erfolgreicher“ Regelverstöße<br />

wird die Regel überhaupt nicht mehr eingehalten; sie ist subjektiv „ungültig“, der Regelverstoß<br />

ist die neue Norm (Musahl & Müller-Gethmann, 1994, S. 162-165). Ein kritisches<br />

Extensionsexperiment replizierte den Bef<strong>und</strong> nachdrücklich (Müller-Gethmann & Musahl,<br />

1996).<br />

Die Ergebnisse beider Experimente führten zu einer weiteren Hypothese: Die subjektiv erfolgreiche<br />

Vermeidung oder Bewältigung von Gefahr, Bedrohung, Verletzung, Schmerz hat vermutlich<br />

aus biologischen Gründen einen besonderen Rang. Sie war für das Überleben der Art<br />

Mensch wichtiger <strong>als</strong> der Zugang zu Nahrung hic et nunc. Daher ist zu erwarten, dass der Lerneffekt<br />

bei negativer Verstärkung (Vermeidung von Gefahr) größer ist <strong>als</strong> bei positiver Verstärkung<br />

(Gewinn einer Belohnung) – der resultierende Lerngradient müsste steiler sein. Dies wurde<br />

in dem folgenden Experiment geprüft, bei dem es sich um eine lernpsychologisch erweiterte<br />

Variante einer klassischen gedächtnispsychologischen Arbeit von Miller, Bruner & Postman<br />

(1954) handelt (Horstmann, 1998):<br />

P<br />

r<br />

o<br />

z<br />

e<br />

n<br />

t<br />

95<br />

90<br />

85<br />

80<br />

75<br />

70<br />

0<br />

Mittlerer Prozentsatz richtig reproduzierter Buchstaben<br />

in den fünf Lerndurchgängen in Abhängikeit vom<br />

Approximationsgrad der Buchstabenfolgen <strong>und</strong> den zwei Verstärkungsbedingungen<br />

1 2 3 4 5<br />

Lerndurchgänge<br />

Approximationsgrad 4<br />

negative Verstärkung<br />

positive Verstärkung<br />

Approximationsgrad 2<br />

negative Verstärkung<br />

positive Verstärkung<br />

Abbildung 1: Mittlerer Prozentsatz richtig reproduzierter Buchstabensequenzen in den 5 Lerndurchgängen in<br />

Abhängigkeit von ihrem Approximationsgrad <strong>und</strong> den beiden Verstärkungsbedingungen: Neben den Haupteffekten<br />

der Lerndurchgänge <strong>und</strong> <strong>des</strong> Approximationsgrads resultiert eine signifikante Wechselwirkung zwischen den<br />

Lerndurchgängen <strong>und</strong> der Verstärkungsart; der Lernerfolg bei negativer Verstärkung (fett) übertrifft zunehmend<br />

denjenigen bei positiver Verstärkung.<br />

Methode: Auf einem Rechnermonitor wurden kurzzeitig (100 msek) insgesamt 75 Buchstabenfolgen variabler<br />

Länge (Sequenzlängen von 6, 8 <strong>und</strong> 10 Buchstaben) <strong>und</strong> unterschiedlicher Ähnlichkeit mit der Muttersprache (sog.<br />

Approximationsgrad) dargeboten. Die jeweilige Sequenz sollte unmittelbar anschließend mit Hilfe der

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!