FN-Ausgabe-April-2023-web
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
musiktipps<br />
chuck prophet<br />
Teh Land That Time Forgot<br />
Yep Roc (H‘Art)<br />
M83<br />
Fantasy<br />
Universal Music<br />
Da Chuck Prophet in Deutschland <strong>2023</strong><br />
auf Tournee live zu erleben sein wird, ist<br />
es wichtig, sein letztes Werk zu beachten:<br />
Das Land, das die Zeit vergaß. Der kritische<br />
Geschichtenerzähler der Bay Area kreiert<br />
seit fast 30 Jahren Alben, die - hätte er ein<br />
paar Jahrzehnte früher mit Musik begonnen<br />
– in einer Reihe mit Größen wie Tom Petty<br />
oder Bruce Springsteen stünden. Ein Mix<br />
aus British Invasion, 50er Country, 60-Jahre<br />
Pop und Rock’n‘Roll vereinigt er in seiner<br />
Person. Prophet besitzt das Charisma eines<br />
Arena-Musikers, besonders in intimerem<br />
Ambiente. Mit fesselnden Gitarrenriffs und<br />
kraftvollen Refrains versetzen Chuck Prophet<br />
& The Mission Express insbesondere<br />
Clubs in Wallung. So wird es sich mit Sicherheit<br />
auch beim Konzert am 18. <strong>April</strong> um 20<br />
Uhr im Kunst Kultur Quartier in Nürnberg<br />
ereignen. Seine verführerisch-lässige Stimme<br />
transportiert engagiert Botschaften über<br />
sensible Metalheads, durch Gentrifizierung<br />
verdrängte Menschen oder korrupte politische<br />
Regime. Begleitet wird er dabei am<br />
Keyboard und in Duetten von seiner Ehefrau<br />
Stephanie Finch. Als Supportact fungiert<br />
John Steam Jr. Helmut Ölschlegel<br />
Wenn man Sie nach „Paradise City“ fragt, haben Sie<br />
sofort Axl Rose samt Bandana vor dem geistigen Auge,<br />
oder? Dann kennen Sie sicher auch Anthony Gonzales,<br />
den Musiker hinter M83 und „Midnight City“!? Schließlich<br />
hat dieser Song über 100 Millionen mehr Plays<br />
bei Spotify… Nein?! Gonzales, einem unscheinbaren<br />
französischen Shoegazer, ist das auch ganz recht so.<br />
Derart belastete ihn der Erfolg der Leadsingle seines<br />
Durchbruchsalbums „Hurry Up, We’re Dreaming“ aus<br />
dem Jahr 2011, dass er sich mit dem bewusst sperrigen<br />
Nachfolger „Junk“ fünf Jahre Zeit ließ und konsequent<br />
kommerziellen Schiffbruch erlitt. Mittlerweile scheint<br />
sich der Soundtüftler einigermaßen mit seinem unverhofften<br />
Blockbuster-Status arrangiert zu haben und<br />
lässt sich auf „Fantasy“ zumindest über weite Strecken<br />
wieder zu der Version atmosphärischen 80s-SynthPops<br />
hinreißen, die ihn vor einem Jahrzehnt auf die Hauptbühnen<br />
der Festivals dieser Welt befördert hatte. Der<br />
erste Vorgeschmack „Ocean’s Niagara“ verzichtet zwar<br />
weitgehend auf Vocals, geizt dafür aber nicht mit Bombast.<br />
Die wunderschönen Balladen „Us and the Rest“<br />
und „Laura“ baden geradezu in analogen Synthie-Klängen,<br />
während es „Earth to Sea“ und „Fantasy“ auf den<br />
Dancefloor zieht und „Sunny Boy“ am Ende gar noch<br />
Gonzales’ Vergangenheit im Post-Rock huldigt. Eine<br />
Entdeckung, die auch dann noch lohnt, wenn fast alle<br />
schon Bescheid zu wissen scheinen. Maximilian Beer<br />
miley cyrus<br />
Endless Summer Vacation<br />
Columbia Records<br />
sleaford mods<br />
UK Grim<br />
Rough Trade/Beggars Group (Indigo)<br />
Man kommt einfach nicht mehr an ihr<br />
vorbei: Miley Cyrus. In ihrer Jugend mimte<br />
die Tochter von Country-Ikone Billy Ray<br />
Cyrus noch die brav-biedere Hannah<br />
Montana. Dieses Image riss sie dann in ihren<br />
20ern mit einem „Wrecking Ball“ komplett<br />
ein. Jetzt ist die Sängerin 30 Jahre alt<br />
und scheint bei sich selbst angekommen<br />
zu sein. So wirkt es auch musikalisch, Miley<br />
Cyrus wird zu einer ernstzunehmenden<br />
Künstlerin. Ihre Stimme ist nicht nur ein<br />
paar, sondern gleich etliche Nuancen tiefer<br />
als früher und der neue Sound – welcher<br />
sich schon bei Songs, wie „Midnight<br />
Sky“ ankündige – deutlich erwachsener.<br />
Mit „Flowers“, der ersten Single von „Endless<br />
Summer Vacation“ knüpft Cyrus auch<br />
in Zahlen zum ersten Mal wieder an ihren<br />
Megaerfolg „Wrecking Ball“ an. Der Song<br />
strotzt vor Selbstbewusstsein und Neuanfang.<br />
War P!nks „So What“ die Neuauflage<br />
von Gloria Gaynors „I Will Survive“, so<br />
ist „Flowers“ wohl die Millennial-Version.<br />
Außerdem auf dem Album zu hören sind<br />
großartige Kooperationen mit Countrystar<br />
Brandi Carlile und der Größten überhaupt:<br />
Sia.<br />
Sabine Mahler<br />
Die Sleaford Mods hassen Sie! Doch nehmen Sie es<br />
bitte nicht persönlich, werte Leser*innen… Die Misanthropie<br />
des knorrigen Alternative-Hip Hop Duos<br />
aus Nottingham kennt keine Grenzen: Im charakteristischen<br />
Midlands-Akzent keift „Sänger” Jason Williamson<br />
ebenso gegen die Lieblingshassobjekte der<br />
working class (Tories, SUVs, etc.) wie gegen nonkonformistische<br />
Punk-Idealisten, während der Rest der<br />
Gesellschaft lakonisch unter “cunts” subsumiert wird.<br />
“UK Grim“ eben. Der nicht zu brechende (Schimpf-)<br />
Wortfluss unterwirft sich dabei nur selten einem<br />
Versmaß oder den rhythmischen Leitlinien der minimalistisch<br />
rumpelnden Drum&Bass-Loops aus dem<br />
Laptop von DJ Andrew Fearn, dessen Live-Präsenz<br />
sich demonstrativ im Betätigen der Play-Taste und<br />
einem leichten Kopfnicken erschöpft. Da so viel<br />
Monotonie über sechs Alben hinweg auch mal anstrengen<br />
kann, stimmen zuletzt öfter mal Gäste ein:<br />
Jane’s Addiction-Sänger Perry Farrell darf seine überschaubaren<br />
Rapskills zum vergleichsweise üppigen<br />
Beat von “So trendy” beisteuern, während die Grand<br />
Dame der New Wave of British Post-Punk, Florence<br />
Shaw, im Albumhighlight “Force 10 from Navarone”<br />
raunt. Wieviel dieser geballten aber auch therapeutischen<br />
Negativität Sie in Ihr Leben lassen wollen,<br />
müssen Sie entscheiden. Die Sleaford Mods werden<br />
es Ihnen sowieso nicht danken. Maximilian Beer<br />
KURZ & GUT<br />
Leider ist die Liste der verpassten großartigen<br />
Konzerte immer viel länger als die der<br />
wahrgenommenen (außer beim Kollegen<br />
Digmayer vielleicht). Definitiv ganz oben<br />
stehen dort ab sofort die beiden Auftritte<br />
von Black Country, New Road in der Londoner<br />
Bush Hall am 15. und 16. Dezember<br />
des letzten Jahres. Ein kleiner Trost: Die<br />
besten Momente dieses euphorisierenden<br />
Konzertabends gibt es jetzt als Album<br />
(„Live at Bush Hall“) und als Film (kostenlos<br />
auf Youtube). Ganz ohne Londoner<br />
Bierpreise, Anstehen am Klo und Zweimeter-Menschen<br />
in der Reihe vor einem. cro<br />
Das Punkrock-Revival ist gewiss eines der<br />
schönsten seit langem. Und da dessen<br />
Protagonisten zumeist noch nicht geboren<br />
waren, als ihre Vorbilder die Gitarre an<br />
den Nagel hängten, ist es weder moralisch<br />
verwerflich noch künstlerisch nachteilig,<br />
dass sich deren Interpretationen eng an<br />
die Originale schmiegen. Peppi und Melli<br />
alias Cava arbeiten sich auf „Damage<br />
Control“ im Dauervollgas an einer Zeitleiste<br />
von den Stooges über Sonic Youth<br />
bis zu den White Stripes ab. Ja, selbst<br />
die dürften für die jungen Berlinerinnen<br />
schon zu den Klassikern zählen. cro<br />
DJ-Toplist > april<br />
Sarah<br />
1. Brighter - Inside Out<br />
2. The Sea Urchins - Pristine Christine<br />
3. Another Sunny Day - Anorak City<br />
4. 14 Iced Bears - Come Get Me<br />
5. The Golden Dawn - My Secret World<br />
6. The Orchids - Tiny Words<br />
7. The Field Mice - Emma‘s House<br />
8. St. Christopher - The Kind of Girl<br />
9. The Wake - Cambrian<br />
10. Blueboy - Clearer<br />
40 www.fraenkische-nacht.de