Wein aus Südtirol
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Die <strong>Wein</strong>keller vieler Luxushotels<br />
stellen einen beträchtlichen<br />
Kostenfaktor dar, mit dem sich<br />
nicht das schnelle Geld verdienen<br />
lässt. Ein kompetenter Sommelier<br />
mit Weitblick garantiert<br />
jedoch, dass sich mit <strong>Wein</strong> in der<br />
Top-Hotellerie dennoch Geld<br />
verdienen lässt, und zwar trotz<br />
einer gästefreundlichen Kalkulation.<br />
Alfons Wimmer gibt bereitwillig<br />
Auskunft, worauf es<br />
bei seiner vielseitigen Tätigkeit<br />
besonders ankommt.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Herr Wimmer,<br />
Sie sind Herr über einen<br />
Keller mit mehr als 900 Positionen.<br />
Was ist bei der Zusammenstellung<br />
eines so umfangreichen<br />
Angebots besonders zu beachten,<br />
damit sich die <strong>Wein</strong>e auch<br />
drehen und der Keller nicht zu<br />
einem <strong>Wein</strong>grab wird, wo sich<br />
unverkäufliche <strong>Wein</strong>e stapeln,<br />
weil sie ihren Höhepunkt schon<br />
hinter sich haben?<br />
Wimmer: Die größte Her<strong>aus</strong>forderung<br />
bei einem großen Keller<br />
ist es, den Überblick zu wahren,<br />
wie sich die verschiedenen <strong>Wein</strong>e<br />
entwickeln. Jene <strong>Wein</strong>e, die sich<br />
nicht mehr zu ihrem Vorteil entwickeln,<br />
gehören zügig verkauft.<br />
Insofern lässt sich der Erfolg<br />
eines wirklich guten Sommeliers<br />
gar nicht so sehr im aktuellen<br />
Tagesgeschäft messen, denn das<br />
kann auch ein engagierter Kellner<br />
mit gutem <strong>Wein</strong>wissen bald<br />
einmal. Die Daseinsberechtigung<br />
für einen professionellen<br />
Sommelier zeigt sich vielmehr<br />
darin, wie es ihm gelingt, seinen<br />
<strong>Wein</strong>keller langfristig wie ein<br />
Profit-Center zu führen, das die<br />
laufenden Investitionen in den<br />
<strong>Wein</strong>einkauf wie auch das eigene<br />
Gehalt rechtfertigen.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Das klingt<br />
jetzt sehr nüchtern. Ist der Taschenrechner<br />
für einen modernen<br />
Sommelier wichtiger als<br />
Nase und Gaumen?<br />
Wimmer: Überhaupt nicht. Ich<br />
bin Sommelier geworden, weil<br />
ich eine innige Leidenschaft für<br />
<strong>Wein</strong> habe. Einige der schönsten<br />
Momente meines Lebens haben<br />
mit <strong>Wein</strong> zu tun, und auch die<br />
tagtägliche Arbeit im Restaurant<br />
macht mir große Freude.<br />
Was gibt es Schöneres, als täglich<br />
Menschen glücklich zu<br />
machen? Aber natürlich muss<br />
die wirtschaftliche Basis immer<br />
stimmen, sonst funktioniert das<br />
auf Dauer nicht. Gleichzeitig<br />
bin ich seit je her für faire Kalkulationen<br />
mit Fixaufschlägen.<br />
Natürlich sind dann teure <strong>Wein</strong>e<br />
relativ günstig, aber dafür werden<br />
diese auch verkauft. Der<br />
Ertrag ist dann im Verhältnis<br />
zum Umsatz zwar etwas geringer,<br />
aber absolut betrachtet<br />
verdient man mehr und hat vor<br />
allem zufriedene Gäste. Gerade<br />
<strong>Wein</strong>kenner, die sich regelmäßig<br />
tolle <strong>Wein</strong>e gönnen, wissen über<br />
die Preise <strong>aus</strong>gesuchter Spitzengewächse<br />
ja bestens Bescheid.<br />
Im Optimalfall wird dann ein<br />
fair kalkuliertes <strong>Wein</strong>angebot<br />
zu einem Hauptgrund, wieso<br />
Gäste wieder kommen. Insofern<br />
spielen bei der Entscheidung<br />
eines Hoteliers, die Investition<br />
für einen großen <strong>Wein</strong>keller zu<br />
tätigen, Marketingüberlegungen<br />
natürlich mit.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Aber ein<br />
guter <strong>Wein</strong>keller besteht ja nicht<br />
nur <strong>aus</strong> Raritäten, sondern auch<br />
<strong>aus</strong> vielen „normalen“ <strong>Wein</strong>en<br />
im mittleren Preissegment, die<br />
nicht ewig lagerfähig sind. Wie<br />
sorgen sie dafür, dass sich solche<br />
<strong>Wein</strong>e drehen, auch wenn sie<br />
nicht stark nachgefragt sind?<br />
Wimmer: Da gibt es viele<br />
Möglichkeiten, vom glasweisen<br />
Verkauf im Restaurant bis<br />
zum Einsatz bei größeren Veranstaltungen,<br />
wo die Gäste ein<br />
besonders attraktives Angebot<br />
erwarten. Allerdings muss man<br />
die <strong>Wein</strong>e verkaufen, solange sie<br />
noch top sind. Man darf nicht<br />
zuwarten, bis sie ihren Höhepunkt<br />
überschritten haben. Ein<br />
guter Keller ist immer in Bewegung.<br />
Da gibt es ein paar sehr<br />
teure Flaschen, die praktisch<br />
kein Ablaufdatum haben, es gibt<br />
<strong>Wein</strong>e, die noch nicht wirklich<br />
trinkreif sind und erst später auf<br />
Kosten auch im<br />
Keller wichtig<br />
Trotz seiner unbändigen Leidenschaft für große <strong>Wein</strong>e<br />
weiß Alfons Wimmer vom Hotel Grand Tirolia in Kitzbühel,<br />
dass das Job-Profil eines guten Sommeliers mitunter<br />
cooles Kellermanagement verlangt.<br />
die Karte kommen, und dann<br />
gibt es <strong>Wein</strong>e, die man in den<br />
nächsten Monaten verkaufen<br />
will. Spiegelbildlich gilt das auch<br />
für den Einkauf. Man muss darauf<br />
schauen, dass man den richtigen<br />
Mix nachkauft. Nur Raritäten<br />
oder nur junge <strong>Wein</strong>e des<br />
aktuellen Jahrgangs zu kaufen<br />
wäre zwar einfach, aber falsch.<br />
Man sollte keine <strong>Wein</strong>e kaufen,<br />
nur weil sie gerade „interessant“<br />
sind. Wichtig ist, dass man sie<br />
auch gut verkaufen kann. Und<br />
dann ist gerade beim Einkauf<br />
von Raritäten der Preis sehr<br />
wichtig, weil sich der natürlich<br />
direkt auf den Verkaufspreis<br />
durchschlägt.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Apropos<br />
Einkauf, Sie haben nach dem<br />
Palais Coburg zuletzt für das feine<br />
Münchner <strong>Wein</strong>handelsh<strong>aus</strong><br />
Steines gearbeitet. Wie hat das<br />
Ihre Sicht auf den <strong>Wein</strong>einkauf<br />
geändert? Und spielt das Thema<br />
Online-Plattformen und <strong>Wein</strong>auktionen<br />
eigentlich eine Rolle?<br />
Wimmer: Von Auktionen und<br />
anonymen Einkäufen über Internet-Plattformen<br />
wie ebay etc.<br />
halte ich gar nichts, weder privat<br />
und schon gar nicht beruflich,<br />
weil man dabei einfach die Lagerung<br />
der <strong>Wein</strong>e nicht beurteilen<br />
kann, vom Fälschungsrisiko gar<br />
nicht erst zu sprechen. Wer dort<br />
auf vermeintliche Schnäppchenjagd<br />
geht, ist selber schuld. Bei<br />
seriösen Auktionshäusern wie<br />
Christies oder Sothebys kann<br />
man jedoch immer wieder tolle<br />
<strong>Wein</strong>e für faire Preise bekommen.<br />
Beim Einkauf fürs Grand<br />
Tirolia arbeiten wir mit allen<br />
wichtigen heimischen Händlern<br />
zusammen, aber es gibt auch<br />
noch den einen oder anderen<br />
Kontakt nach Deutschland.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Wie schaut<br />
für Sie eine optimale <strong>Wein</strong>karte<br />
inhaltlich <strong>aus</strong>? Welche Regionen<br />
bzw. welche Winzer sind in<br />
einem 3-Hauben-Restaurant wie<br />
dem Petit-Tirolia unverzichtbar?<br />
Wie viel Platz soll man unbekannten,<br />
aber aufstrebenden<br />
<strong>Wein</strong>regionen einräumen? Wie<br />
viel Jahrgangstiefe braucht man<br />
bei welchen <strong>Wein</strong>en? Und bleibt<br />
bei all diesen Überlegungen<br />
überhaupt noch Platz für persönliche<br />
Vorlieben?<br />
Wimmer: Eine persönliche<br />
Handschrift darf schon sein,<br />
schließlich muss ich die <strong>Wein</strong>e<br />
ja auch verkaufen, und da hilft<br />
es, wenn man <strong>Wein</strong>e hat, die<br />
man auch selbst mag. Aber das<br />
zählt eigentlich mehr bei der<br />
Auswahl einzelner Winzer, vor<br />
allem wenn es um unbekannte<br />
„Geheimtipps“ geht. An<br />
manchen großen Namen führt<br />
kein Weg vorbei, weil es auch<br />
Etiketten trinker gibt. Das meine<br />
ich übrigens gar nicht negativ,<br />
schließlich haben sich die<br />
<strong>Wein</strong>güter, deren Etiketten bekannt<br />
und begehrt sind, ihren<br />
Ruf über Jahre erarbeitet. Was<br />
die Regionen betrifft haben wir<br />
natürlich alles Maßgebliche<br />
<strong>aus</strong> Österreich und zwar weiß<br />
wie rot wie süß, weil Gäste, die<br />
bei uns Urlaub machen, auch<br />
<strong>Wein</strong>e <strong>aus</strong> Österreich trinken<br />
wollen. Deutschland ist ein<br />
wichtiges Thema geworden,<br />
Burgund und Bordeaux sowie<br />
Toskana und Piemont gehören<br />
natürlich zum unverzichtbaren<br />
Pflichtprogramm, wobei ich<br />
mich da immer bemühe, auch<br />
von dort ein paar unbekannte<br />
Winzer dabeizuhaben. Bei <strong>Wein</strong>en<br />
<strong>aus</strong> Übersee halte ich es genau<br />
umgekehrt. Da will ich nur<br />
wenige Produzenten im Keller<br />
haben, aber wenn schon Kalifornien,<br />
Australien oder Chile,<br />
dann muss es etwas wirklich<br />
Großes mit Reifepotenzial sein.<br />
Bei großen <strong>Wein</strong>en – Stichwort<br />
Bordeaux und Burgund – aber<br />
auch beim Österreich-Thema<br />
ist mir eine Jahrgangstiefe<br />
wichtig, aber natürlich nicht bei<br />
jedem Winzer, sondern exemplarisch.<br />
Ich will auch gereifte<br />
Weißweine <strong>aus</strong> der Steiermark<br />
oder Niederösterreich anbieten<br />
können, weil das noch vielfach<br />
unterschätzt wird.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Haben da<br />
weniger berühmte Regionen wie<br />
<strong>Südtirol</strong>, Ungarn, Slowenien,<br />
portrait<br />
Text: Wolfgang Schedelberger, Foto: Larry Williams<br />
aber auch Spanien oder Süditalien<br />
überhaupt eine Chance, auf<br />
die <strong>Wein</strong>karte zu kommen?<br />
Wimmer: Absolut, ich bin da sehr<br />
neugierig und probiere auch immer<br />
wieder etwas Neues. Gerade<br />
in Slowenien tut sich sehr viel,<br />
aber auch <strong>aus</strong> dem Bierzo gibt es<br />
tolle <strong>Wein</strong>e für vergleichsweise<br />
sehr wenig Geld, um nur zwei<br />
Beispiele zu nennen. Wichtig ist<br />
dabei aber, dass man sich nicht<br />
verzettelt. Schließlich muss man<br />
solche <strong>Wein</strong>e zumeist aktiv verkaufen,<br />
und das geht halt nur bis<br />
zu einem gewissen Grad. Gerade<br />
bei solchen „Rand-Themen“ ist<br />
die Gefahr groß, dass man „Kellerleichen“<br />
produziert, wenn<br />
man sich beim Einkauf nicht<br />
bewusst zurückhält. Wir haben<br />
derzeit 900 Positionen auf der<br />
Karte, und dabei bleibt es auch.<br />
Sprich: Wenn ich etwas Neues<br />
dazunehme, trenne ich mich von<br />
etwas, was wir bisher auf der<br />
Karte hatten. So viel Selbstdisziplin<br />
muss sein, sonst wird das<br />
eingangs angesprochene Keller-<br />
Management unmöglich.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Noch ein<br />
Wort zur Glaskultur. Wie viele<br />
verschiedene <strong>Wein</strong>gläser braucht<br />
ein Top-Restaurant?<br />
Wimmer: Für kleinere und weniger<br />
ambitionierte Betriebe ist<br />
das vor allem eine Geldfrage,<br />
aber ich denke drei verschiedene<br />
<strong>Wein</strong>gläser sollte man schon haben.<br />
Mit einem schlanken Weißweinglas,<br />
einem universellen<br />
Rotweinglas, das man auch für<br />
kräftige, barrique-<strong>aus</strong>gebaute<br />
Weißweine nutzen kann, sowie<br />
einem Burgunder-Glas kann<br />
man das Auslangen finden. Dazu<br />
kommt dann noch ein Sektglas<br />
und, wenn man viel Süßwein<br />
verkauft, auch ein Süßweinglas.<br />
Doch die Zeiten, wo man für<br />
jede Rebsorte und jeden Stil ein<br />
eigenes Glas haben wollte, sind<br />
vorbei. Und auch die riesigen<br />
Schwenker, wie sie vor ein paar<br />
Jahren in Mode waren, braucht<br />
man nicht wirklich. Die sind weder<br />
praktisch, noch erhöhen sie<br />
den Trinkgenuss.