Wein aus Südtirol
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portrait <strong>Wein</strong>journal<br />
9<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Herr Taittinger,<br />
Sie und Ihr Sohn Clovis<br />
waren in letzter Zeit mehrmals<br />
in Österreich, um Ihr Champagner-H<strong>aus</strong><br />
zu präsentieren. Wie<br />
wichtig ist der österreichische<br />
Markt für Sie eigentlich?<br />
Pierre-Emmanuel Taittinger:<br />
Natürlich gibt es für uns, was<br />
den Umsatz betrifft, bedeutendere<br />
Märkte, aber Österreich<br />
liegt mir ganz besonders am Herzen.<br />
Nicht nur weil meine Frau<br />
Claire <strong>aus</strong> Innsbruck kommt,<br />
und auch nicht nur deshalb,<br />
weil unsere Familie ursprünglich<br />
<strong>aus</strong> Wien stammt, bevor<br />
sie sich vor rund 150 Jahren in<br />
der Champagne niedergelassen<br />
hat. Sie dürfen unseren Namen<br />
also ruhig deutsch <strong>aus</strong>sprechen,<br />
denn ursprünglich ist es ein österreichischer<br />
Name. Österreich<br />
ist ein wunderschönes Land mit<br />
einer tollen Landschaft, großartiger<br />
Kultur und Menschen, die<br />
Gastlichkeit wirklich lieben. Wir<br />
sind deshalb sehr stolz, dass wir<br />
vor allem in der österreichischen<br />
Gastronomie so gut vertreten<br />
sind und wollen das auch weiterhin<br />
entsprechend pflegen.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Aber in<br />
Österreich wurde Champagner<br />
bis vor Kurzem hauptsächlich<br />
anlassbezogen getrunken. Dass<br />
man ein Glas zum Aperitif bestellt<br />
hat oder gar eine Flasche<br />
zum Essen trinkt, war eher die<br />
Ausnahme.<br />
Taittinger: Champagner ist traditionellerweise<br />
ein Symbol für<br />
Erfolg, Glück und frohe Feste.<br />
Das ist auch gut so. Darüber<br />
hin<strong>aus</strong> ist guter Champagner<br />
aber auch ein hervorragender<br />
<strong>Wein</strong>, der sich nicht nur zum<br />
Aperitif eignet, sondern auch<br />
als perfekter Speisebegleiter.<br />
Aufgrund seiner delikaten Finesse<br />
und Transparenz passt<br />
Champagner eigentlich zu allen<br />
großen Küchen der Welt, nicht<br />
nur zur französischen. Außerdem<br />
hat Champagner eine<br />
ganz besondere Eigenschaft.<br />
Er wirkt belebend und macht<br />
niemals müde. Gerade für einen<br />
eleganten Lunch ist er daher<br />
die perfekte Getränkewahl.<br />
Nicht nur in Österreich wird<br />
Champagner von mehr und<br />
mehr Kennern auch einfach als<br />
guter <strong>Wein</strong> geschätzt.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Jetzt ist<br />
Champagner aber auch ein Luxusprodukt,<br />
das so manchen abhält,<br />
es einfach so zum Essen zu<br />
trinken. Wird sich das ändern?<br />
Taittinger: Zweifellos hat<br />
Champagner ein luxuriöses<br />
Image, und das ist durch<strong>aus</strong><br />
gewünscht. Ein guter Champagner<br />
kann per definitionem<br />
niemals billig sein, denn die<br />
Produktion ist sehr aufwendig.<br />
Gleichzeitig ist Champagner jedoch<br />
ein Luxus, den sich jeder<br />
Mensch leisten kann. Als ich<br />
vor 35 Jahren im Champagner-<br />
Geschäft anfing, war Champagner<br />
in der französischen<br />
Gastronomie teurer als gute<br />
<strong>Wein</strong>e <strong>aus</strong> Bordeaux, Burgund<br />
oder Übersee. Heute ist Champagner<br />
deutlich günstiger als<br />
viele dieser <strong>Wein</strong>e. Wenn ein<br />
Gastronom Champagner fair<br />
kalkuliert, ist er auch für die<br />
meisten Gäste erschwinglich.<br />
Man darf Champagner also<br />
durch<strong>aus</strong> täglich, zumindest<br />
jedoch regelmäßig trinken, und<br />
wenn es etwas Besonderes zu<br />
feiern gibt, kann man sich ja<br />
auch einmal unsere Prestige-<br />
Cuvée „Comtes“ gönnen.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Eine Flasche<br />
Comtes kostet rund drei<br />
Mal so viel wie der normale<br />
Taittinger „Non-Vintage-Brut“,<br />
wieso eigentlich?<br />
Ein leistbarer Luxus<br />
Das ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal traf Pierre-Emmanuel<br />
Taittinger, den Chef des gleichnamigen Champagnerh<strong>aus</strong>es,<br />
in Reims zu einem prickelnden Interview.<br />
Taittinger: Zum einen erklärt<br />
sich der Preis <strong>aus</strong> der geringen<br />
Menge, die verfügbar ist, zum<br />
anderen durch die wesentlich<br />
höheren Produktionskosten.<br />
Der Comtes wird nur in den<br />
besten Jahrgängen produziert,<br />
außerdem stammen die Trauben<br />
– übrigens zu 100% Chardonnay<br />
– <strong>aus</strong> allen fünf Grand-<br />
Cru-Lagen der Côtes-Blanc.<br />
Bevor er degorgiert wird, reift<br />
er in unseren Kellern zehn Jahre<br />
auf der Hefe. Obwohl er einer<br />
der allerbesten Prestige-Cuvées<br />
der Champagne ist, ist er<br />
bei Weitem nicht der teuerste.<br />
Ich sage immer, unser Comtes<br />
ist ein <strong>Wein</strong> für Connaisseurs,<br />
die wissen, was sie trinken und<br />
keine Flasche zum Protzen wollen.<br />
Eigentlich bin ich aber auf<br />
die Qualität unseres normalen<br />
Bruts noch ein bisschen stolzer.<br />
Es ist gar nicht so schwer,<br />
in einem guten Jahrgang ein<br />
paar T<strong>aus</strong>end Flaschen tollen<br />
Champagner zu produzieren,<br />
wenn der Preis bei der Produktion<br />
eine untergeordnete<br />
Rolle spielt. Aber jedes Jahr<br />
mehrere Millionen Flaschen in<br />
Top-Qualität zu machen, das<br />
ist eine wirklich große Her<strong>aus</strong>forderung.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Taittinger<br />
ist eines der wenigen Champagner-Häuser,<br />
die noch bzw.<br />
wieder in Familienbesitz sind.<br />
Wie sehen sie eigentlich die<br />
Entwicklung der vergangenen<br />
Jahrzehnte, dass große Unternehmen<br />
wie etwa LVMH oder<br />
Pernod-Ricard renommierte<br />
Champagner-Häuser übernommen<br />
haben? Bedroht das<br />
nicht auf Dauer die Identität<br />
des Champagners?<br />
Taittinger: Das glaube ich<br />
nicht. Es ist ganz normal, dass<br />
sich über Jahrzehnte oder gar<br />
Jahrhunderte Eigentümerverhältnisse<br />
ändern, Außerdem<br />
sind ja auch die beiden von<br />
Ihnen angesprochenen Firmen<br />
Familienunternehmen, die wissen,<br />
dass sich ihr Investment<br />
langfristig nur dann rechnet,<br />
wenn sie die Qualität ihrer<br />
Champagners halten oder<br />
noch verbessern können. Konzentrationsprozesse<br />
wie in der<br />
Bier- oder Spirituosenindustrie<br />
halte ich für wenig wahrscheinlich.<br />
Für meine Familie<br />
war es persönlich wichtig, dass<br />
wir das H<strong>aus</strong>, das unseren<br />
Namen trägt, wieder zurückkaufen<br />
konnten. Ich sehe mich<br />
weniger als Businessman, sondern<br />
eher als Künstler.<br />
Ich bin auch ein absoluter Maniac,<br />
was die Qualität betrifft.<br />
Schließlich trägt jede Flasche,<br />
die wir verkaufen, unseren<br />
Namen, sie ist also quasi von<br />
uns signiert. Deshalb entscheiden<br />
wir uns im Zweifel immer<br />
für mehr Qualität und gegen<br />
kurzfristige Profitmaximierung.<br />
Natürlich sind Zahlen<br />
wie Umsatz und Ertrag eines<br />
Unternehmens wichtig, aber<br />
sie sind nicht das Einzige, was<br />
zählt. Wir wollen in erster Linie<br />
Menschen glücklich machen,<br />
das ist unsere wichtigste<br />
Aufgabe.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Das klingt<br />
jetzt sehr romantisch. Ist nicht<br />
auch das Champagner-Geschäft<br />
Wieder in Familienbesitz<br />
1734 gründete der <strong>Wein</strong>händler Jacques Fourneaux das gleichnamige<br />
Champagnerh<strong>aus</strong> in Reims, das 1932 vom Offizier Pierre<br />
Taittinger erworben und umbenannt wurde. In den folgenden<br />
Jahrzehnten entwickelten Pierre und ab 1945 Francois Taittinger<br />
den einzigartig eleganten Stil des H<strong>aus</strong>es. Im Jahr 2006 verkaufte<br />
Claude Taittinger das Familienunternehmen, zu dem u. a. auch<br />
die Glasmanufaktur Baccarat, die Hotelgruppe Société du Louvre<br />
und der Parfumhersteller Annick Goutal gehörten, an die amerikanische<br />
Starwood Capital Gruppe, die weltweit in der Luxushotellerie<br />
engagiert war. Pierre-Emmanuel Taittinger, der bis dahin schon<br />
knapp 30 Jahre im Champagnerh<strong>aus</strong> seiner Familie gearbeitet hatte,<br />
gelang es nach zähen Verhandlungen mit Starwood 2007, das<br />
<strong>Wein</strong>gut wieder zurückzukaufen. Auch Sohn Clovis und Tochter<br />
Vitaly arbeiten heute im Betrieb mit. „Wir haben sehr viel Geld<br />
dafür bezahlt, aber ich wollte mein Leben nicht als nichtsnutzer<br />
Frührentner verbringen, sondern die Tradition meiner Familie fortführen“,<br />
erklärt Pierre-Emmanuel Taittinger diese Entscheidung.<br />
Text: Wolfgang Schedelberger<br />
von einem harten Konkurrenzkampf<br />
betroffen?<br />
Taittinger: Natürlich gibt es bei<br />
uns in der Champagne Konkurrenz,<br />
aber in Wirklichkeit helfen<br />
sich die renommierten Produzenten<br />
gegenseitig, weil wir<br />
alle superbe Produkte zu einem<br />
vernünftigen Preis verkaufen.<br />
Der Name Champagner ist<br />
ein weltweit hoch geschätztes<br />
Qualitätslabel, und alle Produzenten<br />
müssen sich weiterhin<br />
bemühen, dem mit jeder<br />
einzelnen Flasche gerecht zu<br />
werden. Das ist auch die größte<br />
Her<strong>aus</strong>forderung, wenn es um<br />
die diskutierte Ausweitung der<br />
DOC-Champagne geht. Niemandem<br />
wäre geholfen, wenn<br />
plötzlich mäßige Champagner-<br />
Qualitäten zu niedrigen Preisen<br />
auf den Markt kämen.<br />
ÖGZ-<strong>Wein</strong>journal: Was ist<br />
– neben der Qualität der <strong>Wein</strong>e<br />
an sich – für Sie das Besondere<br />
an Champagner?<br />
Taittinger: Vom 13. Jahrhundert<br />
bis zum Zweiten Weltkrieg<br />
sind durch die Champagne<br />
regelmäßig fremde Truppen<br />
durchgezogen. Hier sind auch<br />
zahlreiche Schlachten gefochten<br />
worden. Und trotzdem<br />
haben die Leute hier ein einzigartiges<br />
Getränk für Glück, Frieden<br />
und Erfolg erfunden. Das<br />
ist wirklich außergewöhnlich.<br />
Insofern gehört der Champagner<br />
also nicht <strong>aus</strong>schließlich<br />
zu Frankreich, sondern ist eine<br />
einmalige Spezialität, die alle<br />
Menschen, egal welcher Nationalität,<br />
verbindet.