27.12.2012 Aufrufe

Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der ... - Wanderschatten

Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der ... - Wanderschatten

Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der ... - Wanderschatten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

-48-<br />

ökonomische Lebenssteigerungen wie die Gentechnik. <strong>Bio</strong>technologie,<br />

Informationstechnologie <strong>und</strong> Kognitionswissenschaft lösen – unter an<strong>der</strong>em unter dem<br />

Paradigma des „guten Lebens“ - die Grenze zwischen natürlich <strong>und</strong> künstlich<br />

sukzessive auf. Mit genetischen Algorithmen, genetischem Programmieren o<strong>der</strong> sich<br />

selbst evolutionär entwickelnden Masch<strong>in</strong>en, Robotern <strong>und</strong> Programmen könnte sehr<br />

bald e<strong>in</strong> neuer Zweig <strong>der</strong> Evolution e<strong>in</strong>setzen. 222 Es existiert auch e<strong>in</strong>e Schwelle zu den<br />

Selbstbestimmungs-Werten, beispielsweise <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> immer erneute Reize<br />

benötigenden (Fremd-)Stimulation. 223 Sprache besitzt <strong>in</strong> selbststeigernden Kontexten<br />

e<strong>in</strong>e erfolgsorientierte Funktion, ist Mittel zum Zweck.<br />

Die Werthaltungen <strong>der</strong> Selbstbestimmung liegen jenen <strong>der</strong> Tradition gegenüber. Hier<br />

geht es nicht um „Halten“ <strong>und</strong> „Behalten“, son<strong>der</strong>n um Werden, Wandel, Kont<strong>in</strong>genz,<br />

Risiko. Die An-Nahme, die sich im Segment traditioneller Werthaltungen vollzieht, wird<br />

hier als Ab-Nahme des Entwerfens „eigentlicher Möglichkeiten“ 224 durch<br />

Schematisierung, Automatismus <strong>und</strong> Habitualisierung <strong>in</strong>terpretiert, die den Menschen<br />

(nur) als »Funktionsträger« 225 geme<strong>in</strong>schaftlicher Pflichten versteht. 226 Die Maxime<br />

dieser hier situierten Werthaltungen ist die Erschließung, e<strong>in</strong>e Rückgabe des eigenen<br />

Selbst aus <strong>der</strong> gesellschaftlichen Verfügungs-Masse. 227 Hier herrschen Strategien <strong>der</strong><br />

Ent-Gründung, <strong>der</strong> Dekonstruktion, die die Vorstellung e<strong>in</strong>es vorf<strong>in</strong>dlichen o<strong>der</strong><br />

ermittelbaren def<strong>in</strong>itiven Gr<strong>und</strong>es, wie ihn pr<strong>in</strong>zipistische Strategien unterstellen, von<br />

sich weisen. Dekonstruktive Strategien konstatieren, dass die humane Welt ke<strong>in</strong>e<br />

def<strong>in</strong>itive Form haben kann, weil sie e<strong>in</strong> symbolisch konstituierter Raum möglicher<br />

222<br />

Maresch 2001, S. 16<br />

223<br />

Wie sie beispielsweise im Technik-Freak o<strong>der</strong> dem „Event-Hopper“ <strong>der</strong> „Spassgesellschaft“ (Gerhard<br />

Schulze) vorliegt<br />

224<br />

Vgl. Heidegger 2001, S. 178<br />

225<br />

Max Weber (1980, S. 12) hierzu: „Das streng traditionale Verhalten steht – ganz ebenso wie die re<strong>in</strong><br />

reaktive Nachahmung – ganz <strong>und</strong> gar an <strong>der</strong> Grenze <strong>und</strong> oft jenseits dessen, was man e<strong>in</strong> „s<strong>in</strong>nhaft“<br />

orientiertes Handeln überhaupt nennen kann. Denn es ist sehr oft nur e<strong>in</strong> dumpfes, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>gelebten E<strong>in</strong>stellung ablaufendes Reagieren auf gewohnte Reize.“<br />

226<br />

Gehlen 1957, S. 106. So spielt sich Hegels Herr-Knecht-Dialektik nicht nur zwischen verschiedenen<br />

Individuen mit verschiedenem gesellschaftlichem Status ab. Sie ist auch <strong>in</strong>nere Dialektik, ja<br />

Schizophrenie, zwischen naturaler Geme<strong>in</strong>schafts- <strong>und</strong> Gruppenzugehörigkeit <strong>und</strong> <strong>in</strong>nerer Selbstf<strong>in</strong>dung<br />

<strong>und</strong> – bestimmung.<br />

227<br />

Mehrere Sprachen bezeichnen den „Herrn“ durch e<strong>in</strong> Wort mit <strong>der</strong> Bedeutung „er (sich) selbst“, das<br />

durch die <strong>in</strong>dogermanischen Wurzel „pot“ repräsentiert wird. Im Late<strong>in</strong>ischen schart sich um das Wort<br />

*potis, sei es <strong>in</strong> freier Form o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kompositum, e<strong>in</strong>e große etymologische Familie. Neben<br />

„hospes“ bildet es die Adjektive „compos“ <strong>und</strong> „impos“, also „wer Herr se<strong>in</strong>er selbst, se<strong>in</strong>es Geistes“ ist<br />

<strong>und</strong> das Verb *potere, dessen alle<strong>in</strong> erhaltendes Perfekt „potui“ zum Paradigma von „können“ gezogen<br />

wurde. Bei Plautus steht im gesprochenen Late<strong>in</strong> „ipsissimus“ für Herr, das Selbst, den e<strong>in</strong>zig Wichtigen.<br />

(Vgl. Beneviste 1993, S. 71ff.) Wenn Homer beispielsweise vom Land <strong>der</strong> Zyklopen schreibt, so<br />

bezeichnet er dieses als „athémistes“ – jede Familie lebe dort nach ihrem eigenen Gesetz, die Zyklopen<br />

seien wahrhaftig Wilde. (Vgl. Beneviste 1993, S. 373f.) Hier entsteht das selbst, das <strong>in</strong> Dialektik mit dem<br />

an<strong>der</strong>en se<strong>in</strong>er selbst steht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!