EVA - Online - Chemie und ihre Didaktik, Universität Wuppertal
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1<br />
Elektrisch leitfähige Kunststoffe<br />
<strong>EVA</strong> - <strong>Online</strong><br />
Moderne Werkstoffe<br />
trans-Polyacetylen<br />
cis-Polyacetylen<br />
Polythiophen<br />
S S S<br />
S<br />
Polypyrrol H H H<br />
N N N<br />
H H<br />
B4 Molekülausschnitte aus einigen Polymeren mit<br />
elektrisch leitenden bzw. halbleitenden Eigenschaften.<br />
A: Nennen Sie zwei gemeinsame strukturelle Merkmale<br />
dieser Moleküle. A: Wodurch unterscheiden sich die vier<br />
Beispiele?<br />
S<br />
N N<br />
Elektrisch leitfähige Kunststoffe sind die Renner unter<br />
den innovativen Materialien, weil aus ihnen Hightech-<br />
Produkte wie Batterien, Transistoren, Laserdrucker,<br />
Solarzellen <strong>und</strong> Leuchtdioden (OLEDs, Organic Light<br />
Emmitting Diodes) hergestellt werden können. Im<br />
Unterschied zu den herkömmlichen anorganischen<br />
Halbleitern können aus leitfähigen Polymeren flexible<br />
Monitore <strong>und</strong> Solarzellen („Plastikzellen“) gefertigt<br />
werden. Außerdem sind die Polymere in der Herstellung<br />
preiswerter als anorganische Materialien <strong>und</strong> können<br />
leichter verarbeitet werden. Sie sind allerdings chemisch<br />
nicht so stabil <strong>und</strong> langlebig wie anorganische Halbleiter.<br />
Die elektrischen Eigenschaften der leitfähigen<br />
Kunststoffe sind auf die über das gesamte<br />
Makromolekül ausgedehnte Bindungsdelokalisation<br />
zurückzuführen, die bei allen vier Beispielen aus B4<br />
gewährleistet ist.<br />
Poly(p-phenylenvinylen) (PPV)<br />
n<br />
N a +<br />
CO 2H O<br />
–<br />
CO 2<br />
–<br />
CO 2<br />
–<br />
CO 2 CO 2H H N N a +<br />
N a + N a +<br />
H N<br />
CO 2 –<br />
N a<br />
O – – –<br />
CO 2H CO 2 CO 2 CO 2 +<br />
N a + N a +<br />
B6 Molekülausschnitt eines superabsorbierenden<br />
Polymers. A: Identifizieren Sie die Hauptketten der Makromoleküle<br />
<strong>und</strong> die Atomgruppen, durch die sie<br />
quervernetzt sind. A: Warum trifft hier die Bezeichnung<br />
„Polyelektrolyt“ zu?<br />
Superabsorbierende Kunststoffe, kurz Superabsorber,<br />
können mehr als das 20fache <strong>ihre</strong>r Eigen-masse<br />
an Wasser aufnehmen. Dabei quellen sie <strong>und</strong> behalten<br />
das Wasser auch, wenn Druck auf die gequollene<br />
Masse ausgeübt wird. Für die Haut eines Babys, das<br />
eine Windel mit Superabsorber trägt, bedeutet dies: Die<br />
Haut bleibt trocken, selbst wenn das Baby wiederholt in<br />
die Windel macht. Die häufigsten Superabsorber in<br />
Babywindeln, medizinischen Pflastern <strong>und</strong><br />
Hygienebinden sind vernetzte Copolymere aus<br />
Acrylsäure H2C=CH–COOH <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>m Natrium-Salz<br />
+<br />
H2C=COO–Na (B6). Beim Quellen werden die elektrisch<br />
geladenen Carboxylat-Gruppen an den Polymerketten<br />
<strong>und</strong> die eingeschlossenen Na -Ionen durch die eindringenden<br />
Wasser-Moleküle hydratisiert. Dadurch<br />
werden die Polymerketten in den Abschnitten zwischen<br />
den Quervernetzungen auseinander gedrückt <strong>und</strong> die<br />
Wasser-Moleküle werden durch Ionen relativ fest<br />
geb<strong>und</strong>en. Aus dem gequollenen Superabsorber kann<br />
das Wasser kontrolliert wieder freigesetzt werden,<br />
beispielsweise durch Erhöhung der Temperatur <strong>und</strong><br />
durch eine trockene, ionenhaltige Umgebung. An<br />
wasserfernen Standorten werden Superabsorber groben<br />
Bodensubstraten wie Kies <strong>und</strong> Sand zugesetzt, um<br />
Feuchtigkeit längerfristig zu binden <strong>und</strong> den Pflanzen<br />
auch bei Trockenheit verfügbar zu machen.<br />
wässrige<br />
Flüssigkeit<br />
B5 Flexible organische Leuchtdiode (OLED). A: Formul- B7Quellung<br />
eines Superabsorbers. A: Formulieren Sie<br />
ieren Sie einen Molekülausschnitt von Poly(para- einen Molekülausschnitt aus dem gequollenen Superphenylenvinylen)<br />
nach dem Muster der Polymere aus B4 absorber mit hydratisierten Ionen (vgl. Text <strong>und</strong> rechten<br />
<strong>und</strong> begründen Sie, warum dieses Polymer elektrisch Bildteil). A: Was lässt sich aus dem Bild mit den Baby-<br />
leitfähig ist. A: Erk<strong>und</strong>en Sie in <strong>Chemie</strong> 2000+ <strong>Online</strong><br />
den Aufbau <strong>und</strong> die Funktionsweise einer OLED.<br />
windeln schließen? Erläutern Sie.<br />
+
Moderne Werkstoffe<br />
B2 In Carbonfasern herrscht die gleiche Graphitstruktur<br />
wie in der Bleistiftmine. A:Wodurch unterscheidet diese<br />
sich von der Struktur in Kohlenstoff-Nanoröhrchen<br />
(d ≈ 1 nm)? A: Informieren Sie sich über Kohlenstoff-<br />
Nanoröhrchen im Internet.<br />
Komposite <strong>und</strong> Nanostrukturierte<br />
Kunststoffe 2<br />
B1 Carbonfaserverstärkte Kunststoffe werden im Flug- B3 Komposite aus Siliconen <strong>und</strong> Polyacrylaten machen<br />
zeugbau eingesetzt. Eine Carbonfaser (d ≈ 6 µm) ist<br />
viel dünner als ein Menschenhaar (d ≈ 50 µm).<br />
Autolacke unempfindlich gegenüber Steinschlag.<br />
Rümpfe <strong>und</strong> Tragflächen von Flugzeugen, Stoßstangen<br />
<strong>und</strong> Spoiler von Autos, Rahmen von<br />
Fahrrädern wie auch Maste von Segelbooten <strong>und</strong><br />
Surfbrettern sind hohen mechanischen Belastungen<br />
unter dynamischen Bedingungen ausgesetzt. Für<br />
solche Anwendungen wurden Werkstoffe entwickelt,<br />
bei denen mehrere Materialien zu sogenannten<br />
Kompositen zusammengefügt sind. Carbonfaserverstärkte<br />
Kunststoffe sind solche Komposite, die<br />
sich besonders für die genannten Anwendungen gut<br />
eignen, weil sie leicht, fest <strong>und</strong> bei hohen Belastungen<br />
elastisch sind.<br />
Carbonfasern (Kohlenstofffasern) erhält man, wenn<br />
Fasern aus synthetischen Polymeren wie Polyacrylnitril<br />
oder aus chemisch veränderter Cellulose (Viskose) bei<br />
Temperaturen um 1800°C pyrolysiert werden. Dabei<br />
bilden sich Fasern, die zu 96–98% aus reinem<br />
Kohlenstoff mit Graphitstruktur bestehen. Mehrere<br />
Tausend dieser sehr dünnen Fasern (B1) werden zu<br />
einem Faden gebündelt, der auf eine Spule gewickelt<br />
<strong>und</strong> zu einer textilen Struktur gewebt werden kann.<br />
Durch Einbettung von kurzen Fäden aus Carbonfasern<br />
oder von Geweben aus Carbonfasern ineinen<br />
thermoplastischen oder in einen duroplastischen<br />
Kunststoff erhält man schließlich das Komposit, den<br />
carbonfaserverstärkten Kunststoff.<br />
Unter den modernen Werkstoffen nehmen Komposite<br />
aus nanostrukturierten Materialien, deren Teilchen<br />
Dimensionen von 1 nm bis 100 nm haben, einen<br />
Sonderplatz ein. Das Material aus B3 hat ausgezeichnete<br />
Eigenschaften: Es ist transparent, thermoplastisch<br />
zwischen 140°C <strong>und</strong> 250°C, schlag- <strong>und</strong><br />
bruchfest zwischen –40°C <strong>und</strong> 140°C <strong>und</strong><br />
unempfindlich gegenüber aggressiven Chemikalien.<br />
Dieses Material besteht aus Silicon-Nanokügelchen<br />
mit Durchmessern zwischen 10 nm <strong>und</strong> 100 nm, die<br />
von einem Mantel aus 100 bis 200 Atomlagen<br />
Polyacrylat oder Polystyrol umhüllt sind. Setzt man<br />
diese nanoskaligen „Silicon-Flummis“ beispielsweise<br />
Auto-lacken zu, werden diese unempfindlicher<br />
gegenüber Steinschlag. Bei entsprechender Struktur<br />
von Siliconkern <strong>und</strong> Polymerhülle sind auch<br />
Nanokapseln denkbar, die als „intelligente“, durch<br />
Licht, Elektrizität oder Magnetismus schaltbare<br />
Klebstoffe, Lacke oder Arzneimittel eingesetzt werden<br />
könnten. Daher wird auf dem Gebiet der nanostrukturierten<br />
Materialien viel geforscht.<br />
Wie jede wissenschaftlich-technische Entwicklung<br />
beinhaltet auch die Nanotechnologie neben Chancen<br />
auch Risiken. Es ist beispielsweise bekannt, dass<br />
Nanopartikel aus dem Staub, der beim Abrieb von<br />
Carbonfasern entsteht, ähnlich wie die Rußpartikel aus<br />
Dieselfahrzeugen lungengängig <strong>und</strong> krebserregend<br />
sind. Inwiefern auch Nanopartikel aus anderen<br />
Materialien ges<strong>und</strong>heitsschädlich sind, ist noch nicht<br />
genau bekannt. Es ist daher wichtig, Stäube aus<br />
Nanopartikeln zu vermeiden, indem diese gleich nach<br />
bzw. bei der Synthese <strong>und</strong> vor <strong>ihre</strong>r Handhabung zu<br />
rieselförmigen Granulaten oder flüssigen Werkstoffen<br />
verarbeitet werden. Das ist bei den oben erwähnten<br />
Nanokapseln mit Siliconkern <strong>und</strong> Mantel aus einem<br />
anderen Polymer der Fall.<br />
Aufgaben<br />
A1 Zeichnen Sie das Modell eines Komposit-Nanokügelchens<br />
mit Siliconkern (d = 50 nm) <strong>und</strong> 200 Atomlagen<br />
Polyacrylat (Dicke einer Atomlage: ca. 0,1 nm).<br />
A2 Wodurch unterscheiden sich Komposite vom Typ<br />
der carbonfaserverstärkten Kunststoffe (linke Spalte)<br />
von den Kompositen aus nanostrukturierten Materialien,<br />
die in dieser Spalte an einem Beispiel beschrieben<br />
sind? Recherchieren Sie zur Beantwortung<br />
der Frage auch Informationen aus dem Internet.<br />
<strong>EVA</strong> - <strong>Online</strong>