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KULTUR & FREIZEIT<br />
Vor 175 Jahren war die erste deutsche Revolutionam Ziel: eine gewählte Nationalversammlung<br />
Als plötzlich Demokratie auch aufs Land kam<br />
Nach dem Sieg über Napoleon stellten die europäischen<br />
Fürsten im wesentlichen das politische<br />
System der Fürstenstaaten wieder her, aber ohne<br />
die Klammer eines Deutschen Kaisers. Durch den<br />
französischen Umstürzler hatten sich die Ideen<br />
der bürgerlichen Revolution jedoch so weit<br />
verbreitet, dass die Fürsten 1848 die Organisation<br />
einer Deutschen Nationalversammlung<br />
in Frankfurt am Main zuließen. Die ersten Abgeordneten<br />
des <strong>Thermenland</strong>es kamen aus Griesbach,<br />
Mauerkirchen, Pfarrkirchen, Ried, Schärding<br />
und Schalchen bei Mattighofen. Während<br />
auf Seiten Niederbayerns nur ein einziger Wahlkreis<br />
den ganzen Bereich zwischen Pfarrkirchen<br />
bzw. Simbach und Neuhaus am Inn abdeckte,<br />
war das Innviertel mit drei Wahlkreis-Abgeordneten<br />
in der Frankfurter Paulskirche vertreten.<br />
Die Nationalversammlung, die hier von Mai 1848<br />
bis Mai 1849 tagte, war das erste gesamtdeutsche<br />
Parlament, das aus demokratischen Wahlen hervorgegangen<br />
ist.<br />
Was bisher geschah…<br />
Anfang August 1806 hatte Napoleon Bonaparte,<br />
der sich zwei Jahre zuvor selbst hatte zum Kaiser<br />
Frankreichs krönen lassen, Franz II., Kaiser des<br />
Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation,<br />
unter Androhung eines verheerenden Feldzugs<br />
gegen Österreich genötigt, seine Kaiserkrone niederzulegen<br />
und abzudanken. Damit war die 1000<br />
Jahre alte politische Struktur Mitteleuropas endgültig<br />
zerstört. Das Reich zerfiel in unübersichtlich<br />
viele Einzelstaaten, die sich während der<br />
folgenden napoleonischen Kriegszüge politisch<br />
völlig neu orientieren mussten. Ein paar ließen<br />
sich von den bürgerlichen Ideen der französischen<br />
Revolution beeinflussen und neigten eher<br />
dem Franzosenkaiser zu, andere formierten den<br />
konservativen Widerstand gegen ihn.<br />
Heiße Debatten um die Freiheiten der Staatsbürger: In der Paulskirche wurde der Grundstein der<br />
heutigen Verfassung gelegt.<br />
Zeichnung: Ludwig von Elliot<br />
www.thermenland-magazin.de<br />
Die Fahne der deutschen Revolution wehr im Mai 1848 auch auf den Barrikaden in Wien.<br />
Lithographie: Verlag F. Werner Wien<br />
20<br />
Wind of Change<br />
Wieder andere drehten wie Bayern ihre Fahne im<br />
Wind: Zunächst bekämpfte unter Kurfürst Karl<br />
Theodor das Herzogtum Bayern die revolutionären<br />
Umtriebe der Franzosen zusammen mit den<br />
anderen deutschen Fürsten am Rhein. Ihm folgte<br />
1799 Max I. Joseph auf den Thron. Der war in der<br />
Pfalz aufgewachsen und hatte sich während seiner<br />
Studentenzeit ausführlich mit den Ideen der<br />
Revolution befasst. Max machte 1805 mit Napoleon<br />
seinen Frieden und der ihn dafür zum König.<br />
Max I. konnte unter Napoleon sein Königreich<br />
immer weiter vergrößern: unter anderem ganz<br />
Tirol und Vorarlberg, die Reichsstadt Augsburg<br />
und das Gebiet um Lindau, Eichstätt und das Passauer<br />
Ilzland, später das Fürstentum Ansbach, das<br />
Markgraftum Bayreuth, das Fürstentum Regensburg<br />
sowie der Rupertiwinkel, das Berchtesgadener<br />
Land und das halbe Hausruckviertel.<br />
Schließlich fiel auch das Innviertel wieder zurück<br />
an Bayern. Ab <strong>Juni</strong> 1812 starben jedoch 30.000<br />
bayerische Soldaten im Russland-Feldzug. Kurz<br />
vor der entscheidenden Völkerschlacht bei Leipzig<br />
wechselte Max daher insgeheim im Vertrag<br />
von Ried wieder die Fronten.<br />
Ein 3. Deutschland?<br />
Napoleon wurde geschlagen und beim Wiener<br />
Kongress saß Bayern entsprechend bei den Siegern.<br />
Auf diesem illustren Fürstentreffen, das