VdK-RhPfalz_JuliAug_2023
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24 Zeitung Juli/August <strong>2023</strong> Verbraucher<br />
Lasst die Kugeln rollen!<br />
Boule oder Boccia ist als Freizeitspaß beliebt<br />
In immer mehr Städten und Gemeinden gibt es Freizeitanlagen, auf<br />
denen Boule gespielt wird.<br />
Foto: Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
In Frankreich heißt es Pétanque<br />
oder Boule, in Italien Boccia – das<br />
Spiel mit den Kugeln. Eine Art Nationalsport<br />
ist es vor allem in Südfrankreich.<br />
Präzision und eine gute<br />
Wurftechnik sind gefragt. Auch in<br />
Deutschland wird diese Freizeitbeschäftigung<br />
immer beliebter. Treffpunkte<br />
für gesellige Runden sind<br />
Parks oder kommunale Sport- und<br />
Freizeitanlagen.<br />
Städte und Dörfer bieten neben<br />
Spielplätzen, Tischtennisanlagen,<br />
Trimm-Dich-Pfaden, Kneipp-Anlagen<br />
oder Schachspielen mit großen<br />
Figuren vermehrt auch sandige<br />
Boule-Flächen für die Bürgerinnen<br />
und Bürger an. Wenn neue<br />
Freizeitanlagen angelegt werden,<br />
ist Boule fast immer dabei.<br />
Französische Lebensart<br />
Bei Boule soll die Metallkugel so<br />
nahe wie möglich an eine kleinere<br />
Zielkugel geworfen werden.<br />
Grundsätzlich gibt es drei Schussmöglichkeiten,<br />
um die Kugel zu<br />
platzieren: beim Flachschuss rollt<br />
die Kugel flach über den Boden,<br />
beim Devantschuss schiebt die eigene<br />
Kugel die gegnerische aus<br />
dem Weg, und beim Eisenschuss<br />
wird die Kugel direkt getroffen,<br />
ohne dass die eigene Kugel vorher<br />
den Boden berührt.<br />
Anfänger beginnen am besten<br />
mit dem Flachschuss. Gespielt<br />
werden kann im Einzel oder auch<br />
in der Mannschaft. In Frankreich<br />
heißt das dann Tête- à-Tête (zwei<br />
Einzelspieler), Doublette (zwei<br />
gegen zwei) oder Triplette (drei<br />
gegen drei).<br />
Fast in jedem Ort in Südfrankreich<br />
gibt es ein „Boulodrome“.<br />
Das sind eigens für Freizeitspieler<br />
angelegte Plätze. Das Boulespiel ist<br />
ein Stück französische Lebensart,<br />
Plaudern inklusive. Doch längst<br />
spielen in Frankreich nicht nur<br />
ältere Männer mit Baskenmützen,<br />
sondern auch die jüngere Generation<br />
– zudem viele Frauen.<br />
Boccia bei Paralympics<br />
In den großen deutschen Städten,<br />
beispielsweise in Berlin und<br />
München, ist Boule schon lange in<br />
Mode. Ein beliebter Platz in Berlin<br />
ist das Paul-Lincke-Ufer in Kreuzberg.<br />
In München ist der Hofgarten<br />
ein Treffpunkt. Das Klacken<br />
der Kugeln ist schon von Weitem<br />
zu hören.<br />
Und hier noch einige Fakten: Bei<br />
den Olympischen Spielen vom 26.<br />
Ju li bis 11. August 2024 in Paris<br />
sollte Boule als neue olympische<br />
Disziplin eigentlich mit dabei sein.<br />
Die Bewerbung wurde allerdings<br />
abgelehnt.<br />
Boccia, die italienische Variante<br />
des Boule-Spiels, ist zurzeit eine<br />
ausschließlich paralympische<br />
Sportart. Paralympics-Premiere<br />
war 1984 in New York. Der Sport<br />
im Rollstuhl wird auf einem 12,5<br />
Meter langen und sechs Meter<br />
breiten Feld mit Lederbällen auf<br />
Hallenböden gespielt. Die Sportler<br />
treten je nach Maß der Beeinträchtigung<br />
in mehreren Klassen an.<br />
Boccia kann auch im Familienund<br />
Freundeskreis zu Hause oder<br />
im Urlaub auf Rasen oder Sand<br />
gespielt werden. Kinder und Erwachsene<br />
teilen sich dann verschiedenfarbige<br />
Kunstharz-, Holzoder<br />
Plastikkugeln, die es im<br />
Handel zu erschwinglichen Preisen<br />
gibt. Oft ist das Set schon beim<br />
Kauf handlich in einer Tragetasche<br />
verstaut. Petra J. Huschke<br />
Auf gute Nachbarschaft<br />
Die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung regelt Ruhezeiten<br />
Rasenmäher, Laubbläser und Heckenschere:<br />
Nachbarn müssen<br />
nicht jeden Lärm hinnehmen. Das<br />
regelt die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung.<br />
Darin<br />
sind Ruhezeiten vorgesehen – damit<br />
es keinen Streit gibt.<br />
An schönen Tagen wird viel im<br />
Freien gewerkelt. Nach repräsentativen<br />
Umfragen des Umweltbundesamts<br />
aus dem Jahr 2020 fühlen<br />
sich rund 57 Prozent der Befragten<br />
durch Geräusche der Nachbarn<br />
belästigt. „Lärmquellen, die als<br />
besonders störend empfunden werden,<br />
sind Gartengeräte wie der<br />
motorbetriebene Rasenmäher“,<br />
sagt Florian Kuhlmey, Pressesprecher<br />
beim Umweltbundesamt.<br />
Deshalb gebe es Regelungen in den<br />
Immissionsschutzgesetzen der<br />
Bundesländer, Regelungen der<br />
Kommunen oder auch Hausordnungen.<br />
Besonders hebt Kuhlmey die<br />
Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung<br />
hervor. Diese<br />
gilt seit 2002 für Geräte und Maschinen,<br />
die im Freien verwendet<br />
werden und sich durch einen hohen<br />
Geräuschpegel auszeichnen.<br />
Er rät: „Liegt eine Belästigung oder<br />
Störung vor, ist die Verursacherin<br />
oder der Verursacher immer der<br />
erste Kontakt. Sie können sich<br />
auch an die Vermieterin beziehungsweise<br />
den Vermieter oder die<br />
Hausverwaltung wenden.“<br />
Der nächste Ansprechpartner<br />
wäre dann die Ordnungsbehörde.<br />
Er gibt zu bedenken, dass Verstöße<br />
gegen Regelungen im Extremfall<br />
mit Bußgeldern bis zu 50 000 Euro<br />
geahndet werden können. „Nicht<br />
motorisierte Gartengeräte – Getriebespindel-Rasenmäher,<br />
manuelle<br />
Hecken sche ren, Sicheln, Sensen,<br />
Spaten, Harke, Laubrechen – dürfen<br />
aber jederzeit, auch am Sonntag,<br />
betrieben werden“, betont<br />
Kuhlmey.<br />
Der Umgang mit modernen Geräten<br />
wie dem Rasenroboter ist laut<br />
Umweltbundesamt derzeit noch<br />
nicht abschließend geregelt. In der<br />
Praxis empfiehlt es sich, mit den<br />
Nachbarn zu sprechen und gegebenenfalls<br />
Fahrzeiten abzustimmen.<br />
Dr. Jutta Hartmann, Pressesprecherin<br />
beim Deutschen Mieterbund,<br />
erläutert die Bestimmungen<br />
der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung:<br />
„An Sonn- und<br />
Feiertagen sowie werktags zwischen<br />
20 und 7 Uhr dürfen Rasenmäher,<br />
Motorkettensägen, Heckenscheren<br />
und Vertikutierer<br />
nicht eingesetzt werden.“<br />
Andere Geräte, wie Laubsammler,<br />
Laubbläser, Grastrimmer, Graskantenschneider<br />
und Freischneider,<br />
dürften in Wohngebieten<br />
werktags nur zwischen 9 und 13<br />
Uhr und von 15 bis 17 Uhr benutzt<br />
werden. „Weitere Verschärfungen<br />
gegenüber die sen bundesweit geltenden<br />
Regelungen können Landesgesetze<br />
oder Ortssatzungen enthalten“,<br />
sagt Hartmann. Konkrete<br />
Rechtsberatung bieten die örtlichen<br />
Mietervereine. Petra J. Huschke<br />
Arbeiten mit der Heckenschere dürfen an Sonn- und Feiertagen nicht<br />
ausgeführt werden. Zwischen Verbrennungs- und Elektromotoren gibt es<br />
bei Heckenscheren laut Umweltbundesamt keinen Unterschied.<br />
Mach’s doch mal mit links<br />
Für Linkshänderinnen und -händer gibt es mittlerweile viele Alltagshelfer<br />
Linkshänderinnen und Linkshänder<br />
wurden lange Zeit umerzogen. Erst<br />
seit den 1970er-Jahren dürfen Kinder<br />
mit der linken Hand schreiben<br />
lernen. Auch im Alltag machen<br />
Linkshänderinnen und Linkshänder<br />
alles mit ihrer dominanten Hand.<br />
Mittlerweile gibt es für sie spezielle<br />
Scheren, Dosenöffner und Werkzeuge.<br />
Bereits vor der Geburt entscheidet<br />
sich, ob ein Kind lieber die<br />
linke oder die rechte Hand benutzt.<br />
Eine Umgewöhnung stellt<br />
einen großen Eingriff in das Gehirn<br />
dar, der unter Umständen<br />
gravierende Auswirkungen auf die<br />
kognitiven Leistungen haben<br />
kann. Deshalb wird heutzutage<br />
darauf verzichtet.<br />
Die meisten Alltagsgegenstände<br />
werden für Rechtshänder hergestellt.<br />
Doch diese sind für Linkshänderinnen<br />
und -händer schwerer<br />
zu bedienen. Beim Spiralblock<br />
zum Beispiel liegt die Spirale auf<br />
der linken Seite und ist beim<br />
Schreiben immer im Weg. Dosenöffner,<br />
Gemüseschäler, Brotschneidemaschinen:<br />
Im Haushalt<br />
kann die Nutzung unpassender<br />
Geräte gefährlich werden. Und in<br />
Handwerksberufen und beim<br />
Heimwerken liegt die Unfallgefahr<br />
höher als bei Rechtshändern.<br />
Zum Glück gibt es mittlerweile<br />
fast alle Gegenstände des täglichen<br />
Lebens auch für Linkshänderinnen<br />
und Linkshänder zu kaufen.<br />
Dazu gehören etwa Suppenkellen<br />
und Soßenlöffel mit Ausgießer,<br />
Scheren und Messer für jeden<br />
Zweck, Korkenzieher, Messbecher,<br />
Eisportionierer und Pfannenwender.<br />
Sogar Motiv tassen gibt es, die<br />
den Aufdruck auf der anderen<br />
Seite haben.<br />
Die meisten Linkshänderinnen<br />
und -händer tragen ihre Armbanduhren<br />
rechts. Damit auch sie die<br />
Zeit einstellen können, gibt es für<br />
sie Uhren, die das kleine Rädchen<br />
auf der linken Seite haben. Auch<br />
Musikinstrumente können speziell<br />
für sie angefertigt werden: Bass,<br />
Banjo, Geige, Gitarre und vieles<br />
mehr. Zum Links händer-<br />
Sortiment gehören ferner spezielle<br />
Tablets, Computermäuse und Tastaturen<br />
sowie Schreib waren.<br />
Ob Gartenschere, Sportartikel<br />
oder Werkzeug – die Produktpalette<br />
für Linkshänderinnen und<br />
Linkshänder ist groß. Allerdings<br />
gibt es die Gegenstände nur vereinzelt<br />
in herkömmlichen Geschäften<br />
zu kaufen. Auch spezielle<br />
Linkshänder-Läden sind rar. Viele<br />
Alltagshelfer lassen sich aber im<br />
Internet bestellen.<br />
Übrigens: Linkshänderinnen<br />
und Linkshänder sind weder linkisch,<br />
noch haben sie zwei linke<br />
Hände. Wer umgewöhnt wurde, tut<br />
sich anfangs zwar schwer. Aber<br />
viele Betroffene lernen, beide Hände<br />
geschickt einzusetzen. So haben<br />
sie gegenüber Rechtshänderinnen<br />
und Rechtshändern oft einen<br />
Vorteil. Annette Liebmann<br />
Für Linkshänderinnen und Linkshänder gibt es passende Scheren.<br />
Foto:Imago/epd Foto: picture alliance/Bildagentur-online/Begsteiger