VdK-RhPfalz_JuliAug_2023
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Gesundheit Zeitung Juli/August <strong>2023</strong> 9<br />
Medikamente richtig einnehmen<br />
Tages- und Uhrzeit spielen eine wichtige Rolle<br />
Blutarmut im Alter abklären<br />
Geriaterin weist auf Ursachen von Anämie bei Hochbetagten hin<br />
Für den Erfolg einer Therapie spielt<br />
auch die richtige Medikamenteneinnahme<br />
eine große Rolle. Während<br />
einige Arzneimittel je nach<br />
Tageszeit unterschiedlich wirken,<br />
müssen andere pünktlich verabreicht<br />
werden. Die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG<br />
sprach mit Dr. Uwe Popert und Dr.<br />
Josef Pömsl, Sprecher und stellvertretender<br />
Sprecher der Deutschen<br />
Gesellschaft für Allgemeinmedizin<br />
und Familienmedizin für<br />
den Bereich hausärztliche Praxis.<br />
Bei vielen Medikamenten ist es<br />
wichtig, wann und wie sie eingenommen<br />
werden. Manche Arzneimittel<br />
müssen auf den Biorhythmus<br />
der Kreislauf- und Stoffwechselvorgänge<br />
abgestimmt werden.<br />
„Dazu gehört beispielsweise der<br />
Cholesterinsenker Simvastatin.<br />
Laut einer Studie bewirkt die<br />
abendliche Einnahme eine bessere<br />
Senkung des Gesamtcholesterins<br />
als am Morgen“, erklärt Dr. Uwe<br />
Popert. Bei anderen Cholesterinsenkern<br />
spiele der Zeitpunkt der<br />
Einnahme keine Rolle.<br />
„Jedes Medikament wirkt anders“,<br />
so Popert. „Im Zweifelsfall<br />
sollte man immer Rücksprache mit<br />
dem behandelnden Arzt oder einem<br />
Apotheker halten.“<br />
Die Tageszeit kann einen entscheidenden<br />
Einfluss darauf haben, wie<br />
ein Medikament wirkt.<br />
Foto: Imago/Lobeca<br />
Kortison beispielsweise sollte<br />
nach Möglichkeit am frühen Morgen<br />
eingenommen werden, da zu<br />
diesem Zeitpunkt auch der Körper<br />
in den Nebennieren mehr Kortisol<br />
produziert. Bei Fosfomycin, einem<br />
häufig verordneten Harnwegs-<br />
Antibiotikum, hingegen empfiehlt<br />
sich die abendliche Einnahme, da<br />
es über Nacht eine bessere Wirkung<br />
entfalten kann.<br />
Auch der Abstand zu einer Mahlzeit<br />
kann den Erfolg beeinträchtigen.<br />
Einige Arzneimittel sind mit<br />
vollem Magen besser verträglich,<br />
wie etwa die Schmerzmittel Ibuprofen<br />
und Diclofenac oder das<br />
Diabetes-Medikament Metformin.<br />
Andere sollten nüchtern eingenommen<br />
werden, beispielsweise L-Thyroxin<br />
gegen eine Schilddrüsenunterfunktion.<br />
Bei Magensäureblockern<br />
hingegen ist der richtige<br />
Zeitpunkt etwa eine Stunde vor<br />
einer Mahlzeit, damit sich die<br />
Wirkstoffe optimal entfalten.<br />
Konstanter Spiegel<br />
Und dann gibt es noch eine ganze<br />
Reihe von Präparaten, die genau<br />
zu einer bestimmten Uhrzeit verabreicht<br />
werden müssen. „Grundsätzlich<br />
kann man sagen, dass<br />
kürzer wirkende Medikamente, die<br />
mehrfach am Tag eingenommen<br />
werden müssen, eine pünktlichere<br />
Einnahme erfordern als Medikamente,<br />
die länger anhalten“, sagt<br />
Dr. Josef Pömsl. Hier kommt es<br />
darauf an, dass der Wirkstoff-<br />
Spiegel konstant gehalten wird.<br />
Das gilt beispielsweise bei einigen<br />
Antibiotika, Blutdruckmitteln,<br />
Psychopharmaka sowie insbesondere<br />
bei Parkinson- Medikamenten.<br />
„Im Extremfall kann das bedeuten,<br />
dass alle drei bis vier Stunden eine<br />
punktgenaue Einnahme erfolgen<br />
muss“, so Pömsl.<br />
Um den Überblick über die Arzneimittel<br />
zu behalten, bieten sich<br />
ein Medikationsplan, eine Medikamentenbox<br />
sowie Medikamenten-Apps<br />
an.<br />
ali<br />
Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie<br />
(DGG) hat im Jahr 2016 eine<br />
Arbeitsgruppe mit dem Schwerpunkt<br />
„Anämie im Alter“ gebildet.<br />
Diese wird von Prof. Dr. Gabriele<br />
Röhrig-Herzog geleitet. Die Expertin<br />
erläutert im Interview mit der<br />
<strong>VdK</strong>-ZEITUNG, weshalb es so wichtig<br />
ist, Blutarmut (Anämie) bei älteren<br />
Patientinnen und Patienten<br />
ernst zu nehmen und mögliche<br />
Ursachen in den Blick zu nehmen.<br />
Wann spricht man von Blutarmut?<br />
Dr. Gabriele-Röhrig Herzog: Das<br />
Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff.<br />
Die „kleinen roten Blutkörperchen“,<br />
wie man auch gern<br />
sagt, transportieren den Sauerstoff.<br />
Hat ein Mensch zu wenig<br />
Hämoglobin, sprechen wir von<br />
Blutarmut. Nach den Referenzwerten<br />
der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO für die Region<br />
Nordeuropa gilt bei Erwachsenen<br />
ein Hämoglobin- Wert im Blut zwischen<br />
12 und 13 als normal. Liegt<br />
der Wert darunter, handelt es sich<br />
um eine Anämie.<br />
Weshalb ist es wichtig, bei Seniorinnen<br />
und Senioren den Hämoglobin-Wert<br />
im Blick zu behalten?<br />
Anämie bei älteren Menschen ist<br />
lange unterschätzt worden. Anfang<br />
der 2000er-Jahre hat man sich<br />
noch wenig Gedanken gemacht.<br />
Im geriatrischen Klinik alltag wurde<br />
bei Betroffenen zwar immer<br />
wieder Blutarmut festgestellt, ihren<br />
Ursachen wurde jedoch oft<br />
nicht nachgegangen, und sie wurde<br />
auch nicht therapiert. Die DGG-<br />
Arbeitgruppe „Anämie im Alter“<br />
hat für mehr Aufklärung gesorgt.<br />
Heute weiß man: Eine Anämie im<br />
Alter ist nicht normal und muss<br />
ernst genommen werden.<br />
Wie häufig sind ältere Menschen<br />
von Blutarmut betroffen?<br />
Tatsächlich haben mehr als die<br />
Hälfte der Patientinnen und Patienten<br />
über 70 Jahren eine Blutarmut.<br />
Deshalb ist es ratsam, dass<br />
Ein Blutbild gibt Auskunft über den roten Blutfarbstoff Hämoglobin.<br />
bei Hochbetagten regelmäßig der<br />
Hämoglobin-Wert gemessen wird.<br />
Sie machen sich dafür stark, dass<br />
Anämie im Alter als Syndrom anerkannt<br />
wird. Weshalb?<br />
Blutarmut kann viele Ursachen<br />
haben, die bei älteren Menschen<br />
Folgen haben. Deshalb spricht<br />
man in der Geriatrie von einem<br />
Syndrom. So gibt es das Syndrom<br />
der sogenannten Entzündungsanämie:<br />
Das Immunsystem ist bei<br />
einem hochbetagten Menschen<br />
oftmals in einem Zustand der<br />
chronischen Entzündung, weil es<br />
zeitlebens gegen Erreger kämpfen<br />
musste. Dadurch kommt es zu Verschleißerscheinungen<br />
mit ständig<br />
leicht erhöhten Entzündungswerten,<br />
die zu einer Entzündungsanämie<br />
führen. Die Folgen sind<br />
meist dieselben wie bei allen Anämieformen:<br />
Erschöpfung, Müdigkeit<br />
und gerade bei älteren Menschen<br />
oft verschlechterte Bewegungs-<br />
und Körperfunktionen.<br />
Welche weiteren Probleme kann<br />
eine Blutarmut nach sich ziehen?<br />
Wer an einer Anämie leidet, kann<br />
Krankheiten schlechter bewältigen.<br />
Bei Menschen mit Demenz<br />
hat Eisenmangel ebenfalls negative<br />
Folgen: Die Zellen im Gehirn, die<br />
vielleicht noch unbeschädigt sind,<br />
werden zu wenig mit Sauerstoff<br />
versorgt. Gehirn und Herz sind<br />
übrigens die Organe, die am meisten<br />
Sauerstoff benötigen.<br />
Wie finden ältere Menschen heraus,<br />
ob sie eine Anämie haben?<br />
Die Hausärztin oder der Hausarzt<br />
stellt eine Anämie bei einer Blutabnahme<br />
fest. Falls eine Anämie<br />
vorliegt, wird weiter untersucht.<br />
Benötigt der Mensch Eisen oder<br />
Vitamine? Hat er eine Wunde oder<br />
eine Druckstelle? Oder eine chronische<br />
Entzündung im Mund? All<br />
das kann dazu führen, dass man<br />
eine Blutarmut entwickelt.<br />
Wie kann der Eisenspeicher wieder<br />
aufgefüllt werden?<br />
Bei ausgeprägtem Eisenmangel<br />
muss das Spurenelement von außen<br />
zugeführt werden, etwa in<br />
Form von Tropfen oder Tabletten.<br />
Darüber hinaus kann eine eisenreiche<br />
Kost helfen. Gute Eisenlieferanten<br />
sind etwa Haferflocken,<br />
Kakaopulver sowie Rote Bete und<br />
rotes Fleisch.<br />
Interview: Elisabeth Antritter<br />
Prof. Dr. Gabriele Röhrig-Herzog<br />
Foto: picture alliance/Peter Maltz<br />
Foto: DGG<br />
Weiche Füße ohne Hornhaut<br />
Regelmäßige gründliche Pflege kann helfen<br />
Sind Hautstellen dauerhaft besonderem<br />
Druck, Reibung oder anderweitiger<br />
Belastung ausgesetzt,<br />
bildet sich Hornhaut. Dieser<br />
„Schutzmantel“ der Haut kommt<br />
meist an den Füßen vor. Wer sich<br />
optisch daran stört, kann die Hornhaut<br />
entfernen, sollte dabei aber<br />
vorsichtig zu Werke gehen.<br />
Im Prinzip muss die verdickte<br />
Hautschicht gar nicht entfernt werden,<br />
zumindest solange sie nicht<br />
einreißt oder Schmerzen verursacht.<br />
Ist dies der Fall, sollte die<br />
Hornhaut besser von Fachleuten,<br />
also von einer Podologin oder einem<br />
Podologen behandelt werden.<br />
Ansonsten ist eine gründliche<br />
Fußpflege meist ausreichend. Diese<br />
beginnt beispielsweise mit einem<br />
zehn- bis 15-minütigen Fußbad,<br />
um die Hornhaut aufzuweichen.<br />
Im Anschluss daran kann die unerwünschte<br />
Hautschicht mit einem<br />
Bimsstein oder einem sanften Peeling<br />
behutsam abgetragen werden.<br />
Nach der Behandlung sollten die<br />
Füße eingecremt werden.<br />
Überhaupt ist es ratsam, die Haut<br />
das ganze Jahr über regelmäßig mit<br />
einer feuchtigkeitsspendenden<br />
Creme zu pflegen. Dadurch bleibt<br />
sie elastisch und wird nicht spröde<br />
oder rissig. Auch gegen verdickte<br />
Hautschichten gibt es im Fachhandel<br />
verschiedene Cremes, die helfen<br />
können, Hornhaut zu reduzieren.<br />
Viele davon enthalten Salicylsäure,<br />
die in höherer Konzentration<br />
die Hornhaut aufweicht, sodass sie<br />
danach mit einem Handtuch abgerubbelt<br />
werden kann.<br />
Von einem Einsatz von Nagelscheren<br />
oder Hornhauthobeln raten<br />
Expertinnen und Experten ab,<br />
weil dadurch tiefere Hautschichten<br />
verletzt werden können. Es kann<br />
dann zum einen recht lange dauern,<br />
bis die Wunde ausheilt, zum<br />
anderen ist es möglich, dass sich<br />
die Verletzung entzündet. In dem<br />
Fall sollte besser ärztlicher Rat<br />
eingeholt werden.<br />
mib