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TREFFPUNKT<br />
HEISSES EISEN<br />
Nil nisi bonum?<br />
BERLUSCONI IST TOT. SEIN ERBE ALS KONTROVERS ZU BEZEICHNEN IST EIN EUPHEMISMUS.<br />
ER HINTERLÄSST EINE SPUR GESELLSCHAFTLICHER VERWÜSTUNG.<br />
„Begraben will ich Cäsarn nicht ihn preisen.<br />
Was Menschen Übles tun, das überlebt sie…“<br />
(William Shakespeare – <strong>Juli</strong>us Cäsar 3. Akt,<br />
2. Szene)<br />
Ich weiß. Ich werde anecken. Aber als<br />
Schmied haut man drauf, wenn das Material<br />
heiß ist und das ist es. Daher kann<br />
ich mich mit dem lateinischen Motto, man<br />
solle über Tote nur Gutes sagen, nicht anfreunden.<br />
Besonders nicht im Zusammenhang<br />
mit der Personalie Silvio Berlusconi.<br />
Der Mailänder Medienmogul ist im<br />
Juni verstorben und wie nicht anders zu<br />
erwarten war, zog sich eine heuchlerische<br />
Schleimspur durch den Großteil der Medien<br />
und die öffentlichen Bekundungen. Nur<br />
wenige hatten den Mut, den Egomanen<br />
nicht in hellem Licht erstrahlen zu lassen<br />
und seine dunklen Seiten zu unterstreichen.<br />
Ganz einfach, weil sie überwiegen.<br />
Sogar sonst kritische Stimmen übten sich<br />
im Drahtseilakt zwischen dem Menschen<br />
und dem Unternehmer beziehungsweise<br />
Politiker Berlusconi zu unterscheiden. Hat<br />
er diese Sensibilität wirklich verdient? Er<br />
selbst hat nie einen Unterschied zwischen<br />
Mensch und Politiker, zwischen Privatleben<br />
und Politik gemacht. Mehr noch, er hat<br />
die Politik seinem Privatleben und seinen<br />
Geschäften untergeordnet. Symptomatisch<br />
dafür seine Aussage gegenüber einer seiner<br />
zahlreichen Gespielinnen, Patrizia D’Addario,<br />
er mache in der Freizeit ein bisschen<br />
auf Ministerpräsident.<br />
DIENST AM VOLK<br />
Das hellenistische Verständnis von Demokratie<br />
fußt auf der Überlegung, dass<br />
sich jeder in den <strong>Die</strong>nst der Gemeinschaft<br />
stellen müsse. Menschen mit Gemeinschaftssinn,<br />
die das gesellschaftliche Leben<br />
mitbestimmen wollen, nannte man<br />
„Polites“, solche, die sich in erster Linie um<br />
den eigenen Kram kümmern „Idiotes“. <strong>Die</strong><br />
Einordnung Silvios wird dadurch leicht.<br />
Ich liebe die alten Griechen!<br />
Berlusconi hat über rund zwei Jahrzehnte<br />
nicht nur die Politik in Italien, sondern auch<br />
die Gesellschaft beeinflusst und gespalten.<br />
<strong>Die</strong> politischen Institutionen hat er zu einem<br />
Selbstbedienungsladen mit willfährigen<br />
Helfern degradiert. Sechsunddreißig<br />
maßgeschneiderte Gesetze bezeugen dies.<br />
<strong>Die</strong>sbezüglich bezeichnend ist die fast schon<br />
naive Äußerung seines langjährigen Weggefährten<br />
Fedele Confalonieri: „<strong>Die</strong> Wahrheit<br />
ist, dass wenn er nicht in die Politik gegangen<br />
wäre, wir heute unter einer Brücke<br />
wären oder wegen Anschuldigungen im Zusammenhang<br />
mit der Mafia im Gefängnis.“<br />
Ein Beweggrund, den Marcello Dell’Utri<br />
eiskalt bestätigte. Er sitzt bekanntlich im<br />
Gefängnis, weil er als Verbindungsmann<br />
zwischen Berlusconi und der Mafia enttarnt<br />
wurde. Er ist mit fünftausend Milliarden<br />
Schulden und den Banken am Hals in die<br />
Politik eingestiegen und hat nun ein Vermögen<br />
von 29 Milliarden, soll der Politiker<br />
Daniele Capezzone zur politischen Agenda<br />
Berlusconis gesagt haben.<br />
URHEBER DER<br />
VOLKSVERDUMMUNG<br />
Berlusconi ist der Vater des modernen,<br />
zum Exzess getriebenen Populismus unter<br />
dem Italien krankt. Sein Stil bestand darin,<br />
alles und jeden zu kaufen. Sein größtes<br />
Vergehen an der Gesellschaft ist, die Oberflächlichkeit,<br />
die Selbstdarstellung zur Ambition<br />
gemacht zu haben. Italien ist auch<br />
durch die von seinem Medienimperium<br />
propagierte seichte Unterhaltungskultur,<br />
in der Rangordnung des durchschnittlichen<br />
Bildungsstandes in Europa auf den<br />
hintersten Plätzen zu finden. Gleichfalls<br />
hauptsächlich seinem Medienimperium<br />
ist geschuldet, dass Italien im World-Press-Freedom-Index,<br />
mit dem die Pressefreiheit<br />
in 180 Ländern beurteilt wird,<br />
nur an 41. Stelle liegt. Es wird Jahrzehnte<br />
dauern, bis dieses Geschwür ausgeheilt<br />
ist. Wenn eine Heilung überhaupt noch<br />
gelingt. <strong>Die</strong> Staatstrauer ist nur ein weiterer<br />
Hohn. Sozusagen posthum einer der<br />
schlechten Witze Berlusconis.<br />
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