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Die Weinstraße - Juli 2023

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TREFFPUNKT<br />

HEISSES EISEN<br />

Nil nisi bonum?<br />

BERLUSCONI IST TOT. SEIN ERBE ALS KONTROVERS ZU BEZEICHNEN IST EIN EUPHEMISMUS.<br />

ER HINTERLÄSST EINE SPUR GESELLSCHAFTLICHER VERWÜSTUNG.<br />

„Begraben will ich Cäsarn nicht ihn preisen.<br />

Was Menschen Übles tun, das überlebt sie…“<br />

(William Shakespeare – <strong>Juli</strong>us Cäsar 3. Akt,<br />

2. Szene)<br />

Ich weiß. Ich werde anecken. Aber als<br />

Schmied haut man drauf, wenn das Material<br />

heiß ist und das ist es. Daher kann<br />

ich mich mit dem lateinischen Motto, man<br />

solle über Tote nur Gutes sagen, nicht anfreunden.<br />

Besonders nicht im Zusammenhang<br />

mit der Personalie Silvio Berlusconi.<br />

Der Mailänder Medienmogul ist im<br />

Juni verstorben und wie nicht anders zu<br />

erwarten war, zog sich eine heuchlerische<br />

Schleimspur durch den Großteil der Medien<br />

und die öffentlichen Bekundungen. Nur<br />

wenige hatten den Mut, den Egomanen<br />

nicht in hellem Licht erstrahlen zu lassen<br />

und seine dunklen Seiten zu unterstreichen.<br />

Ganz einfach, weil sie überwiegen.<br />

Sogar sonst kritische Stimmen übten sich<br />

im Drahtseilakt zwischen dem Menschen<br />

und dem Unternehmer beziehungsweise<br />

Politiker Berlusconi zu unterscheiden. Hat<br />

er diese Sensibilität wirklich verdient? Er<br />

selbst hat nie einen Unterschied zwischen<br />

Mensch und Politiker, zwischen Privatleben<br />

und Politik gemacht. Mehr noch, er hat<br />

die Politik seinem Privatleben und seinen<br />

Geschäften untergeordnet. Symptomatisch<br />

dafür seine Aussage gegenüber einer seiner<br />

zahlreichen Gespielinnen, Patrizia D’Addario,<br />

er mache in der Freizeit ein bisschen<br />

auf Ministerpräsident.<br />

DIENST AM VOLK<br />

Das hellenistische Verständnis von Demokratie<br />

fußt auf der Überlegung, dass<br />

sich jeder in den <strong>Die</strong>nst der Gemeinschaft<br />

stellen müsse. Menschen mit Gemeinschaftssinn,<br />

die das gesellschaftliche Leben<br />

mitbestimmen wollen, nannte man<br />

„Polites“, solche, die sich in erster Linie um<br />

den eigenen Kram kümmern „Idiotes“. <strong>Die</strong><br />

Einordnung Silvios wird dadurch leicht.<br />

Ich liebe die alten Griechen!<br />

Berlusconi hat über rund zwei Jahrzehnte<br />

nicht nur die Politik in Italien, sondern auch<br />

die Gesellschaft beeinflusst und gespalten.<br />

<strong>Die</strong> politischen Institutionen hat er zu einem<br />

Selbstbedienungsladen mit willfährigen<br />

Helfern degradiert. Sechsunddreißig<br />

maßgeschneiderte Gesetze bezeugen dies.<br />

<strong>Die</strong>sbezüglich bezeichnend ist die fast schon<br />

naive Äußerung seines langjährigen Weggefährten<br />

Fedele Confalonieri: „<strong>Die</strong> Wahrheit<br />

ist, dass wenn er nicht in die Politik gegangen<br />

wäre, wir heute unter einer Brücke<br />

wären oder wegen Anschuldigungen im Zusammenhang<br />

mit der Mafia im Gefängnis.“<br />

Ein Beweggrund, den Marcello Dell’Utri<br />

eiskalt bestätigte. Er sitzt bekanntlich im<br />

Gefängnis, weil er als Verbindungsmann<br />

zwischen Berlusconi und der Mafia enttarnt<br />

wurde. Er ist mit fünftausend Milliarden<br />

Schulden und den Banken am Hals in die<br />

Politik eingestiegen und hat nun ein Vermögen<br />

von 29 Milliarden, soll der Politiker<br />

Daniele Capezzone zur politischen Agenda<br />

Berlusconis gesagt haben.<br />

URHEBER DER<br />

VOLKSVERDUMMUNG<br />

Berlusconi ist der Vater des modernen,<br />

zum Exzess getriebenen Populismus unter<br />

dem Italien krankt. Sein Stil bestand darin,<br />

alles und jeden zu kaufen. Sein größtes<br />

Vergehen an der Gesellschaft ist, die Oberflächlichkeit,<br />

die Selbstdarstellung zur Ambition<br />

gemacht zu haben. Italien ist auch<br />

durch die von seinem Medienimperium<br />

propagierte seichte Unterhaltungskultur,<br />

in der Rangordnung des durchschnittlichen<br />

Bildungsstandes in Europa auf den<br />

hintersten Plätzen zu finden. Gleichfalls<br />

hauptsächlich seinem Medienimperium<br />

ist geschuldet, dass Italien im World-Press-Freedom-Index,<br />

mit dem die Pressefreiheit<br />

in 180 Ländern beurteilt wird,<br />

nur an 41. Stelle liegt. Es wird Jahrzehnte<br />

dauern, bis dieses Geschwür ausgeheilt<br />

ist. Wenn eine Heilung überhaupt noch<br />

gelingt. <strong>Die</strong> Staatstrauer ist nur ein weiterer<br />

Hohn. Sozusagen posthum einer der<br />

schlechten Witze Berlusconis.<br />

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