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Michael Beyer | Martin Hauger | Volker Leppin (Hrsg.): Ausstrahlung und Widerschein (Leseprobe)

Der Theologische Arbeitskreis für Reformationsgeschichtliche Forschung (TARF) gibt seit über 50 Jahren vor allem in Wittenberg der internationalen Luther- und Reformationsforschung einen Ort des Austauschs zwischen den großen Lutherkongressen. Damit bot er während der 1970er und 1980er Jahre dem Lutherhaus in Wittenberg Schutz vor ideologischer Überfremdung sowie der kirchlich- und theologisch verantworteten Lutherforschung in Ost und West eine Vergleichsebene. In der Reformationsdekade 2008 bis 2017 entstand der später noch weitergeführte Plan, der europäischen Rezeption von reformatorischen Impulsen nachzugehen, die Wittenberg ausgestrahlt hatte und die unter anderen historischen Bedingungen an unterschiedlichen Orten ihre spezifische Wirkung entfalteten. Dieser Band bietet eine Auswahl der entstandenen Beiträge.

Der Theologische Arbeitskreis für Reformationsgeschichtliche Forschung (TARF) gibt seit über 50 Jahren vor allem in Wittenberg der internationalen Luther- und Reformationsforschung einen Ort des Austauschs zwischen den großen Lutherkongressen. Damit bot er während der 1970er und 1980er Jahre dem Lutherhaus in Wittenberg Schutz vor ideologischer Überfremdung sowie der kirchlich- und theologisch verantworteten Lutherforschung in Ost und West eine Vergleichsebene. In der Reformationsdekade 2008 bis 2017 entstand der später noch weitergeführte Plan, der europäischen Rezeption von reformatorischen Impulsen nachzugehen, die Wittenberg ausgestrahlt hatte und die unter anderen historischen Bedingungen an unterschiedlichen Orten ihre spezifische Wirkung entfalteten. Dieser Band bietet eine Auswahl der entstandenen Beiträge.

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54 <strong>Martin</strong> Wernisch<br />

werden. Werihr Geld nahm, der sollte auch für sie kämpfen. Sie selbst wollten<br />

keinen Anteil an der Schwertgewalt haben, denn sie hielten diese analog zu Feuer<br />

<strong>und</strong> Wasser für unverträglich mit dem Gnadengesetz.<br />

3Die Böhmischen Brüder in ihrer Reife- <strong>und</strong> Spätzeit<br />

Das oben Beschriebene gilt freilich für die Anfänge der Unität. Das Experiment<br />

stürzte sie relativ bald in eine Krise, in der sie glücklicherweise die Fähigkeit<br />

ausbildete, zu lernen <strong>und</strong> sich zu entwickeln. 23 Die Unität wandelte sich merklich,<br />

sozusagen in jeder Generation. Das gehört zu ihren interessantesten Zügen.<br />

Sie wurde bisweilen <strong>und</strong> in mancherHinsicht zu einer wirklichen Elite. Deshalb<br />

ließ sich auch die tschechische Geschichtsschreibung dazu verführen, dieser<br />

Minderheit zuweilen eineübermäßige, nicht gerechtfertigte Aufmerksamkeit zu<br />

schenken. Dabei überging sie die problematische Seite ihrer Existenz, die man<br />

nicht zuletzt inihrem Verhältnis zur Landeskirche wahrnehmen könnte. Nicht<br />

einmal jene gelehrige Anpassungsfähigkeit, die sicher ihr Lob verdient, war ganz<br />

ohne Schattenseiten.<br />

Wasdas Obrigkeitsverständnis betrifft, sahen die Brüder allmählich ein,dass<br />

ihre anfängliche Gesinnung eine besondere Form von Egoismusbeinhaltete <strong>und</strong><br />

dass eine Mitwirkung an der öffentlichen Verwaltung durchaus mit dem apostolischen<br />

Wort: »Einer trage des andern Last«, in Übereinstimmung gebracht<br />

werden konnte. 1499 öffnete also eine Brüdersynode endgültig die Reihen der<br />

Unität auch für die Träger der öffentlichen Ämter. Ein späteres »Türkenbüchlein«,<br />

bereits unter dem Einfluss Luthers stehend, wandte denselben Gedanken<br />

ebenfalls auf die Frage des Militärdienstes an: Es sei nicht richtig, andere lediglich<br />

zu bezahlen, damit sie für uns bluten. 24 Am Ende der böhmischen Reformationsepoche<br />

hatte sich die Einstellung der Unität so vollkommen umgekehrt,<br />

dass ihre Leitung ein offizielles Gutachten abgeben konnte: die Herren<br />

sollten »Herren bleiben <strong>und</strong> ihrer Berufung nicht ausweichen«. 25<br />

23<br />

24<br />

25<br />

Synthetisch die ganze Entwicklung zu verarbeiten sucht Jind⌥ich Halama, Sociální<br />

u ení esk ch Brat í1464–1618 (Edice Moderní eská teologie), Brno 2003; deutsch:<br />

Karl-Eugen Langerfeld (Übers./Red.), Die Soziallehre der Böhmischen Brüder 1464–<br />

1618. Zum unerledigten Dialog der böhmischen Reformation mit der lutherischen <strong>und</strong><br />

calvinistischen, Herrnhut 2017.<br />

»Zpráva anau ení k es an mvrn m, jak by se vtchto asích nebezpe n ch p i<br />

Spasení Bo ím íditi, zpravovati avn mr sti m li […]« – in einem Druck aus dem Jahre<br />

1566 erhalten, erstmals bereits 1530 veröffentlicht.<br />

Antonín Gindely (<strong>Hrsg</strong>.), Dekrety Jednoty bratrské (Staré pam ti d jin esk ch), Praha<br />

1865, 246 (zum Jahr 1591).

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