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00 Info 80 - Freundschaftskreis Mainz-Dijon e. V.

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„Das Elsass auf Neben- und Umwegen“<br />

Bewährtes und zu Entdeckendes bei unserem westlichen Nachbarn<br />

Die diesjährige Frühlingsfahrt vom 9. – 12. Juni führte<br />

uns in einige der schönsten Teile des Elsass. Unter der<br />

sachkundigen Leitung von Herrn Jäger starteten wir<br />

pünktlich in <strong>Mainz</strong> und kamen nach vier wunderbaren<br />

Tagen wohlbehalten wieder in <strong>Mainz</strong> an. Wenn ich<br />

‚sachkundig’ sage, so meine ich, dass – wie immer –<br />

alles bestens vorbereitet, unsere vielen Fragen zu Geschichte<br />

und Landessitten, Sprache und Literatur, Architektur,<br />

Plastik und Malerei, Musik, Gastronomie und<br />

natürlich zu den tagespolitischen Ereignissen in Frankreich<br />

mit seinem Fachwissen beantwortet wurden. Wie<br />

viele Bücher müssten wir bearbeiten, wie viele Reisen<br />

müssten wir selbst unternehmen, um das alles zu verstehen?<br />

Im November 2<strong>00</strong>7 wurde die Reise in den ‚<strong>Info</strong>s’<br />

angekündigt und es ist nicht nötig, alle dort aufgeführten<br />

Orte (es waren ca. 20 „Highlights“) noch einmal<br />

zu erwähnen. Ich fasse deshalb einiges zusammen.<br />

Das moderne Elsass ist mit 8.2<strong>80</strong> km² die flächenmäßig<br />

kleinste Region Frankreichs. Sie hat eine Nord-Süd-<br />

Ausdehnung von 190 km, die West-Ost-Breite beträgt<br />

nur 50 km. Auf weiten Strecken begrenzt der Hauptkamm<br />

der Vogesen im Westen und der Rhein im Osten<br />

das Elsass. Die 1.816.841 (2<strong>00</strong>6) Bewohner stellen nur<br />

einen Anteil von 1,3% an Frankreichs Bevölkerung.<br />

Im historischen Hotel in Oberehnheim/Obernai<br />

Die Kelten waren die ersten nachweisbaren Siedler. Die<br />

Germanen folgen ihnen. Das Elsass wird ein Teil der<br />

römischen Provinz Germania Superior. Das Legionslager<br />

Argentoratum (Straßburg) wird gegründet, die Römerstraße<br />

von Augst bei Basel über Argentoratum nach<br />

<strong>Mainz</strong> gebaut. Ab 254 ist das Elsass zunehmend Angriffen<br />

der Südwest-Germanen, den so genannten Alemannen,<br />

ausgesetzt. Ab 405 ziehen die römischen Truppen<br />

vom Oberrhein ab. Die Alemannen können ungehindert<br />

das elsässische Rheinufer besiedeln. Die alemannischgallorömische<br />

Sprachgrenze verschiebt sich vom Oberrhein<br />

in die Vogesen. 496 werden die Alemannen durch<br />

die Franken unter dem Merowingerkönig Chlodwig<br />

geschlagen. Durch Vertrag wird das Elsass mit dem<br />

Rest Alemanniens fränkisch (535). Es folgt die Christianisierung,<br />

Straßburg wird Bischofssitz (625).<br />

R ü c k s c h a u<br />

Im Mittelalter hat das Elsass zentrale Bedeutung für das<br />

Karolingische Reich Karls des Großen. Nach der Aufteilung<br />

unter seinen Enkeln und mehreren Kriegen zwischen<br />

ihnen bleibt die Region bei Ludwig dem Deutschen.<br />

Der Vertrag von Straßburg (842) wird zum ersten<br />

Mal auch in Althochdeutsch abgefasst (bisher war nur<br />

Vulgärlatein, die Sprache des Staates, der Kirche und<br />

der Justiz üblich). Um 9<strong>00</strong> bilden sich die deutsche<br />

Stammesherzogtümer, Keimzellen des künftigen deutschen<br />

Reichs. Das Elsass ist Teil des – mit Alemannien<br />

identischen – Herzogtums Schwaben. 1152 wird Friedrich<br />

Barbarossa, Herzog von Schwaben, deutscher König<br />

und 1155 römisch-deutscher Kaiser. Das Elsass ist<br />

(ein) Mittelpunkt des Reichs. Bis Mitte des 14. Jahrhunderts<br />

folgt eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit.<br />

Die Habsburger werden Grafen im Sundgau. 1523/24<br />

wird Straßburg evangelisch und ein Reformationszentrum<br />

(die 1621 gegründete evangelische Universität<br />

besteht bis zur Französischen Revolution). Das ländliche<br />

Elsass bleibt katholisch. Zur Gegenreformation werden<br />

von den Habsburgern Jesuitenkollegs in Hagenau und<br />

anderen Orten gegründet. Der Bauernkrieg erfasst 1525<br />

auch das Elsass. Im Dreißigjährigen Krieg schaltet sich<br />

Frankreich aktiv ein. Im Westfälischen Frieden erhält<br />

Frankreich die habsburgischen Territorien im Elsass.<br />

Ludwig XIV. beginnt 16<strong>80</strong> die s.g. Reunion/Annexion.<br />

Das Reich konnte wegen der akuten Türkengefahr<br />

(Wien, 1683) keinen militärischen Widerstand gegen<br />

diese französische Politik leisten. Die Ausnutzung dieser<br />

Zwangslage durch Frankreich wird ein erster Grund für<br />

die Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich.<br />

Nach dem Pfälzischen und dem Spanischen Erbfolgekrieg<br />

bleibt das Elsass bei Frankreich. Ludwig XIV. hebt<br />

1685 das Edikt von Nantes (von 1598) auf, zahllose<br />

Protestanten (Hugenotten) verlassen Frankreich, auch<br />

aus dem Elsass.<br />

Die Französische Revolution schafft die mittelalterlichen<br />

Herrschaftsstrukturen ab. Die Verfassung vom September<br />

1791 (Menschenrechte, Gleichheit, Privateigentum,<br />

Zensuswahlrecht) und die Einführung des Code Civil<br />

(18<strong>00</strong>) bewirken erstmals bei den Elsässern eine<br />

Identifikation mit Frankreich selbst. Nach dem Deutsch-<br />

Französischen Krieg von 1870/71 folgt die neue französisch-deutsche<br />

Grenze im Wesentlichen der Sprachgrenze.<br />

Das Elsass wird dem Kaiser unterstellt und von<br />

der Reichsregierung durch einen Statthalter verwaltet:<br />

‚Reichsland Elsass-Lotringen’. Das französische<br />

Zivilrecht und Teile des Verwaltungsrechts bleiben in<br />

Kraft. Seine Verfassung erhält das Elsass 1911.<br />

Durch den Vertrag von Versailles (1919) wird Elsass-<br />

Lothringen (entgegen dem vom US-Präsidenten<br />

Woodrow Wilson proklamierten Selbstbestimmungsrecht<br />

der Völker) nach 47 Jahren erneut an Frankreich<br />

angeschlossen. Die massive Französisierung verursacht<br />

großen Unmut unter der deutschen (elsäs-<br />

+LES INFOS <strong>80</strong> - 12

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