LE-4-2023
LOGISTIK express Ausgabe 4/2023 Diese vierte LOGISTIK express Ausgabe steht ganz im Zeichen von E-Commerce Logistik, da uns das Thema aufgrund der rasant fortschreitenden Technologisierung und insbesondere der KI (Künstliche Intelligenz) die kommenden Jahre intensiv begleiten wird. Ganz dem Motto: "Gehe mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit". In diesem Sinne viel Freude mit der umfangreichen und spannenden LOGISTIK express Ausgabe 4/2023. Rezession – ein Schreckgespenst, oder doch nicht? // Bodenverbrauchs-Studie: Handel Flächeninanspruchnahme // Besucherrekord beim Tag des Handels & Österreichischer Handelspreis // Österreichisches EinkaufsForum 2023 des BMÖ // Deutscher Logistik-Kongress // Österreichische Paketbranche braucht bessere Rahmenbedingung // Paketlogistik & Retourenmanagement // ECOMLOG23-24 // eCommerce Logistik-Day 2023 – irgendwie geht’s immer weiter // Die Logistik aus Vertriebssicht – best practice der Otto Group // Wo stehen wir in fünf Jahren? Eine Podiumsdiskussion // E-Commerce versprüht großen Optimismus // Post-Paketgeschäft wird weiter wachsen // AutoStore gibt der Post Systemlogistik einen Wachstumsschub // Logistik der UNITO Gruppe am Sprung in eine neue Epoche // Resilienz in der Lieferkette // Dekarbonisierung der Transportlogistik // Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe im Straßengüterverkehr // Klimawandel als Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich // KNAPP Industry Solutions - Magna Spiegelsysteme // Dematic - Schmidt Gruppe // Fast-Fashion-Brand in der Kritik // Weltpostverein beschließt “Grünes Paket” // Europäische Komitee für die Normung der Postdienste (CEN/T331) // Halbzeitbilanz fällt aus Sicht der Logistikwirtschaft sehr ernüchternd aus // Neuer Service der WK Wien bringt Güterverkehr auf die Schiene // Innofreight investiert viel Geld in neue Waggons & Container // Koralmbahn - BLAU GEMACHT // Leistungsstark vom Süden her aufrollen // Wachstum in Osteuropa unter Druck // Südostasien als Produktionsbasis zunehmend attraktiv // Deutschland steigt ab!
LOGISTIK express Ausgabe 4/2023
Diese vierte LOGISTIK express Ausgabe steht ganz im Zeichen von E-Commerce Logistik, da uns das Thema aufgrund der rasant fortschreitenden Technologisierung und insbesondere der KI (Künstliche Intelligenz) die kommenden Jahre intensiv begleiten wird. Ganz dem Motto: "Gehe mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit". In diesem Sinne viel Freude mit der umfangreichen und spannenden LOGISTIK express Ausgabe 4/2023.
Rezession – ein Schreckgespenst, oder doch nicht? // Bodenverbrauchs-Studie: Handel Flächeninanspruchnahme // Besucherrekord beim Tag des Handels & Österreichischer Handelspreis // Österreichisches EinkaufsForum 2023 des BMÖ // Deutscher Logistik-Kongress // Österreichische Paketbranche braucht bessere Rahmenbedingung // Paketlogistik & Retourenmanagement // ECOMLOG23-24 // eCommerce Logistik-Day 2023 – irgendwie geht’s immer weiter // Die Logistik aus Vertriebssicht – best practice der Otto Group // Wo stehen wir in fünf Jahren? Eine Podiumsdiskussion // E-Commerce versprüht großen Optimismus // Post-Paketgeschäft wird weiter wachsen // AutoStore gibt der Post Systemlogistik einen Wachstumsschub // Logistik der UNITO Gruppe am Sprung in eine neue Epoche // Resilienz in der Lieferkette // Dekarbonisierung der Transportlogistik // Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe im Straßengüterverkehr // Klimawandel als Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich // KNAPP Industry Solutions - Magna Spiegelsysteme // Dematic - Schmidt Gruppe // Fast-Fashion-Brand in der Kritik // Weltpostverein beschließt “Grünes Paket” // Europäische Komitee für die Normung der Postdienste (CEN/T331) // Halbzeitbilanz fällt aus Sicht der Logistikwirtschaft sehr ernüchternd aus // Neuer Service der WK Wien bringt Güterverkehr auf die Schiene // Innofreight investiert viel Geld in neue Waggons & Container // Koralmbahn - BLAU GEMACHT // Leistungsstark vom Süden her aufrollen // Wachstum in Osteuropa unter Druck // Südostasien als Produktionsbasis zunehmend attraktiv // Deutschland steigt ab!
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AUSGABE 4/<strong>2023</strong><br />
#ECOMLOG23<br />
Der 8. eCommerce Logistik-Day <strong>2023</strong> war<br />
thematisch umfangreich und ein großer<br />
Erfolg und wird 2024 am 7.10. stattfinden.<br />
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S2<br />
SPECIAL BLOGTOUR<br />
https://www.logistik-express.com/blogtour/
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />
03 Inhalt / Editorial / Impressum<br />
04 Rezession – ein Schreckgespenst, oder doch nicht?<br />
06 Bodenverbrauchs-Studie: Handel Flächeninanspruchnahme<br />
12 Handel ist größter Arbeitgeber des Landes. Österreichs Handel in Zahlen<br />
16 Besucherrekord beim Tag des Handels & Österreichischer Handelspreis<br />
20 Österreichisches EinkaufsForum <strong>2023</strong> des BMÖ<br />
22 Deutscher Logistik-Kongress<br />
26 Österreichische Paketbranche braucht bessere Rahmenbedingung<br />
28 Paketlogistik & Retourenmanagement<br />
30 ECOMLOG23/24<br />
32 eCommerce Logistik-Day <strong>2023</strong> – irgendwie geht’s immer weiter<br />
36 Die Logistik aus Vertriebssicht – best practice der Otto Group<br />
42 Wo stehen wir in fünf Jahren? Eine Podiumsdiskussion<br />
45 E-Commerce versprüht großen Optimismus<br />
46 Post-Paketgeschäft wird weiter wachsen<br />
48 AutoStore gibt der Post Systemlogistik einen Wachstumsschub<br />
50 Logistik der UNITO Gruppe am Sprung in eine neue Epoche<br />
52 Resilienz in der Lieferkette<br />
53 Dekarbonisierung der Transportlogistik<br />
54 Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe im Straßengüterverkehr<br />
56 Klimawandel als Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich<br />
58 KNAPP Industry Solutions - Magna Spiegelsysteme<br />
62 Dematic - Schmidt Gruppe<br />
66 Fast-Fashion-Brand in der Kritik<br />
68 Weltpostverein beschließt “Grünes Paket”<br />
70 Europäische Komitee für die Normung der Postdienste (CEN/T331)<br />
72 Halbzeitbilanz fällt aus Sicht der Logistikwirtschaft sehr ernüchternd aus<br />
74 Neuer Service der WK Wien bringt Güterverkehr auf die Schiene<br />
76 Innofreight investiert viel Geld in neue Waggons & Container<br />
78 Koralmbahn - BLAU GEMACHT<br />
84 Leistungsstark vom Süden her aufrollen<br />
86 Wachstum in Osteuropa unter Druck<br />
88 Südostasien als Produktionsbasis zunehmend attraktiv<br />
92 Deutschland steigt ab!<br />
Print on Demand Service: https://www.blurb.de/user/LOGEXP<br />
INHALT<br />
4/<strong>2023</strong><br />
Sehr geehrte Leser!<br />
Regierungen und diverse Landesorganisationen<br />
sollten primär bestrebt<br />
sein, zum Wohle der Bürger<br />
ihres Landes zu handeln und den<br />
Wirtschaftsraum zu fördern sowie<br />
die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten,<br />
als auch potenzielle Konfliktherde<br />
frühzeitig erkennen.<br />
Wir sind besorgt über die aktuellen<br />
Ereignisse auf dieser Welt. Es gibt<br />
aber ebenso positive Ereignisse,<br />
Entwicklungen, Herausforderungen,<br />
für die sich die Mühe lohnt. Es ist<br />
wichtig, dass diese Bemühungen<br />
weitergeführt werden. Um eines<br />
Tages doch noch in einer vernünftigeren<br />
Welt zu leben, ist es essenziell,<br />
das Bildungsbewusstsein für unsere<br />
Jugend anzuheben.<br />
Diese vierte LOGISTIK express Ausgabe<br />
steht ganz im Zeichen von<br />
E-Commerce Logistik, da uns<br />
das Thema aufgrund der rasant<br />
fortschreitenden Technologisierung<br />
und insbesondere der KI (Künstliche<br />
Intelligenz) die kommenden Jahre<br />
intensiv begleiten wird. Ganz dem<br />
Motto: "Gehe mit der Zeit oder du<br />
gehst mit der Zeit". In diesem Sinne<br />
viel Freude mit der umfangreichen<br />
und spannenden LOGISTIK express<br />
Ausgabe 4/<strong>2023</strong>.<br />
IMPRESSUM<br />
Markus Jaklitsch, Medieninhaber<br />
LOGISTIK express / MJR MEDIA WORLD<br />
Hameaustraße 44, 1190 Wien<br />
+43 676 7035206<br />
info@logistik-express.at<br />
www.logistik-express.com<br />
Redaktion: Angelika Gabor,<br />
Dirk Ruppik, Peter Nestler, Peter<br />
Hackl, Peter Baumgartner<br />
Film & Fotos: istockphoto.com<br />
hexabear.com / buchundregie.at
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S4<br />
KOMMENTAR<br />
Rezession – ein<br />
Schreckgespenst,<br />
oder doch nicht?<br />
Nur wenige von uns haben die große Wirtschaftskrise<br />
1929 bewusst miterlebt, trotzdem<br />
lösen die Worte „Rezession“ und „Depression“<br />
sofort Ängste aus. Aktuell befindet sich<br />
Österreich inmitten einer Rezession – aber ist<br />
das wirklich so schlimm?<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Rezession bedeutet per Definition,<br />
dass die Wirtschaft eines Landes (gemessen<br />
am BIP) über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg schrumpft. Dieser<br />
Abschwung bedeutet, dass weniger Waren<br />
verkauft und konsumiert werden, wodurch<br />
Firmen weniger Mitarbeiter benötigen. Befragt<br />
man Handels- und Industriekonzerne, wo derzeit<br />
ihre größten Herausforderungen liegen,<br />
dann landet „Arbeitskräftemangel“ zu 100%<br />
in den Top 3. Wenn weniger Waren produziert<br />
und transportiert werden, sinken die Emissionen<br />
(nicht nur CO2) und der Ressourcenverbrau.<br />
Ein Sinken der Nachfrage bedeutet im Normalfall<br />
auch, dass Preise (und Zinsen) gesenkt<br />
werden. Wird nicht überall (zurecht) über die<br />
Teuerung gelästert? Gut, die EZB hat die Zinsen<br />
gerade erst mehrfach angehoben und<br />
wird sie jetzt wohl kaum wieder absenken,<br />
auch wenn die Investitionsbereitschaft deutlich<br />
nachgelassen hat. Aber nimmt man die<br />
anderen Faktoren her, ist eine Rezession doch<br />
eigentlich das Beste, was uns gerade passieren<br />
konnte, oder nicht?<br />
Gut, ganz so einfach ist es dann leider doch<br />
nicht. Zwar hat schon der Ökonom Andreas<br />
Irmen treffend festgestellt, dass auf einem Planeten<br />
endlicher Größe nichts unendlich groß<br />
werden kann, auch die Wirtschaft nicht (Programme<br />
wie Mondlandung und Marsprojekte<br />
lassen wir jetzt mal außen vor, durch die wird<br />
die Erde auch nicht größer und bis auf fremden<br />
Planeten Ressourcen abgebaut werden,<br />
wird noch einiges an Wasser die Donau hinunter<br />
rinnen), dennoch ist in der globalisierten<br />
Wirtschaftsstruktur, in der wir in Europa, aber<br />
auch anderen Teilen der Welt leben, ein gewisses<br />
Maß an Wachstum nötig, um einen<br />
funktionierenden Staat aufrecht zu erhalten.<br />
Ein anhaltender Rückgang von Konsum und<br />
Investitionen führt zu höheren Arbeitslosenquoten,<br />
das wiederum zu weniger Steuereinnahmen<br />
bei gleichzeitig höheren Ausgaben<br />
für Sozialleistungen, die über teure Kredite<br />
finanziert werden – über kurz oder lang wäre<br />
der Staat überschuldet und ein Konkurs droht.<br />
Also brauchen wir Wachstum zwingend, um<br />
unseren Lebensstandard zu halten? Denn realistisch<br />
betrachtet werden die wenigsten<br />
bereit sein, tiefere Einschnitte in ihre Lebensweise<br />
hinzunehmen, um die Umwelt zu retten
(was ungeheuer kurzsichtig ist, denn aktuell<br />
haben wir nur diesen Planeten). Beschäftigt<br />
man sich etwas näher mit der Materie, dann<br />
erkennt man übrigens schnell, dass es „DAS<br />
WACHSTUM“ als 100%ig eindeutiges Konzept<br />
im wirtschaftlichen Zusammenhang gar<br />
nicht gibt. Schon von A-Growth, De-Growth,<br />
Green Growth oder der vorsorgeorientierten<br />
Postwachstumsposition gehört? Green<br />
Growth – also grünes Wachstum – setzt darauf,<br />
ökologische Nachhaltigkeitsziele und<br />
Wachstumsziele gleichzeitig zu erreichen,<br />
indem eine Entkoppelung von Emissionen<br />
und Ressourcenverbrauch vom Wirtschaftswachstum<br />
stattfindet. Dieses Konzept wurde<br />
ab 2012 von OECD und Weltbank propagiert,<br />
gilt aber aus aktueller Sicht betrachtet als gescheitert,<br />
denn die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
die selbst gesetzten Reduktionsziele bei Treibhausgas-Emissionen,<br />
Flächenverbrauch und<br />
Ressourcen erreicht werden, geht gegen Null.<br />
De-Growth bezieht sich auf ein absichtliches<br />
Absenken des Produktionsvolumens und somit<br />
des BIP, da die angekündigte Effizienz-Revolution<br />
bislang ausgeblieben ist und wohl auch<br />
nicht kommen wird. Der Staat müsste aufhören,<br />
Wachstum künstlich zu stützen und auf<br />
Suffizienzpolitik umsteigen. Aus meiner Sicht<br />
wird sich keine der in der Regierung befindlichen<br />
Parteien daran die Finger verbrennen<br />
wollen. Besser zu unserer Mentalität passend<br />
wäre da schon A-Growth: das A steht für agnostisch,<br />
wachstumsneutral oder mit anderen<br />
Worten „egal“. In diesem Konzept wird<br />
Wachstum weder gefördert noch verhindert,<br />
es ist also nicht vorherzusehen, ob das BIP steigen<br />
oder fallen wird – man akzeptiert einfach,<br />
was kommt.<br />
Anfang Oktober veröffentlichte das WIFO,<br />
das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung,<br />
seine neueste Konjunkturprognose<br />
für <strong>2023</strong> und 2024. Der Inhalt wird wenige<br />
überraschen: der weltweite Warenhandel ist<br />
nun das dritte Quartal in Folge geschrumpft,<br />
die globale Industrieproduktion zurückgegangen.<br />
Auch in Österreich ist die Wertschöpfung<br />
geschrumpft, wir befinden uns dank<br />
hoher Energiepreise, starker Zinssteigerungen<br />
und gedämpfter Kaufkraft in einer Rezession:<br />
das reale BIP geht vermutlich um 0,8 Prozent<br />
zurück (das scheint wenig, entspricht aber<br />
stolzen 3,582 Milliarden Euro!). Besonders leidtragend<br />
ist die Bauwirtschaft, die starken Leitzinserhöhungen<br />
haben zu einem massiven<br />
Investitionsstopp im Wohnbau geführt. Da nun<br />
aber die in der Coronakrisenzeit aufgebauten<br />
Lagerbestände nun langsam verbraucht sind<br />
und auch die Energiepreise sich wieder halbwegs<br />
normalisiert haben, rechnet das WIFO für<br />
steigende Nachfrage (insbesondere durch privaten<br />
Konsum) und damit wieder vermehrte<br />
Produktion ab 2024. Die Erwartung: ein Anstieg<br />
des realen BIPs um 1,2 Prozent und eine<br />
Konjunkturerholung – ausgenommen im Bauwesen,<br />
da sehen die Prognosen düster aus.<br />
Spannend im Hinblick auf den Arbeitsmarkt ist<br />
die Beobachtung, dass etliche Unternehmen<br />
trotz Rückgangs ihre Arbeitskräfte behalten.<br />
Als „Labour Hoarding“ bekannt, vermeidet<br />
dieser Kniff den möglichen teuren und langwierigen<br />
Prozess, bei besserer Auftragslage<br />
neue Mitarbeiter finden zu müssen. Lesson<br />
learned! Denn noch immer ist es eine der aktuellsten<br />
und größten Herausforderungen der<br />
Unternehmen, geeignetes Personal zu finden.<br />
Es hapert aber nicht etwa nur an der Bezahlung<br />
– die optimale Work-Life-Balance ist so<br />
wichtig geworden, dass Vollzeitstellen oftmals<br />
nur mit Mühe besetzt werden können.<br />
Zusätzlicher Knackpunkt ist die Qualität der<br />
Bewerber: neben mangelnder fachlicher<br />
Qualifikation oder unrealistischen Vorstellungen<br />
sind Sprachkenntnisse ein Problem<br />
– beziehungsweise deren Fehlen. Daher verwundern<br />
die kürzlich von Statistik Austria veröffentlichten<br />
Zahlen über Schulkinder, die zu<br />
Hause nicht Deutsch sprechen, wenig – in<br />
Wiener Mittelschulen sind es sogar 77 Prozent,<br />
die Deutsch nicht als Umgangssprache wählen,<br />
also andere Sprachen bevorzugen (oder<br />
daheim anders nicht verstanden werden?).<br />
Die Studie zeigt auch, dass von den rund 10.000<br />
außerordentlichen Schülern in Deutsch-Förderklassen<br />
stolze 60 Prozent in Österreich geboren<br />
sind und 80 Prozent zumindest 2 Jahre<br />
den Kindergarten besucht haben. Trotzdem<br />
reichen die Sprachkenntnisse nicht aus, dem<br />
Unterricht zu folgen. Wer also nur den leisesten<br />
Zweifel daran hatte, dass sich in Österreich<br />
Parallel-Gesellschaften entwickelt haben – die<br />
Zahlen sprechen leider für sich. (RED)<br />
ANGELIKA GABOR<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S6<br />
EINZELHANDEL<br />
Bodenverbrauchs-<br />
Studie: Österreichischer<br />
Handel steht für nur<br />
0,6% der Flächeninanspruchnahme<br />
Eine neue Studie von Standort+Markt im<br />
Auftrag von Handelsverband (HV) und<br />
Austrian Council of Shopping Places (ACSP):<br />
Der Lebensmittelhandel ist für lediglich 0,5%<br />
der versiegelten Flächen Österreichs verantwortlich,<br />
Shoppingcenter für 0,3%.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
Vor dem Hintergrund der Klimakrise<br />
erlangt das Thema Bodenverbrauch<br />
endlich auch in der öffentlichen<br />
Diskussion jene Bedeutung,<br />
die es schon lange verdient. Aber: Statt konstruktiv<br />
über Lösungen zu diskutieren, werden<br />
"Flächen-Sünder" gesucht und derzeit – entgegen<br />
allen wissenschaftlichen Fakten – primär<br />
im Bereich des Einzelhandels bzw. der Shoppingcenter<br />
"identifiziert". Eine neue Studie von<br />
Standort + Markt zeichnet nun ein deutlich<br />
differenzierteres Bild.<br />
Christoph Andexlinger<br />
Hannes Lindner<br />
Rainer Will<br />
"Über Geschmack kann man diskutieren, über<br />
Fakten nicht. Der Handel ist mit 0,6 Prozent<br />
der gesamten Flächeninanspruchnahme in<br />
Österreich nicht der Treiber des Bodenverbrauchs,<br />
sondern eine Randerscheinung. Für<br />
die bisherige Flächeninanspruchnahme sind<br />
schwerpunktmäßig der Wohnbau mit 45,4<br />
Prozent, Verkehrsflächen mit 36,0 Prozent und<br />
handelsfremde Betriebsflächen mit 10,9 Prozent<br />
hauptverantwortlich. Dennoch sichert<br />
der Handel in allen Regionen die Nahversorgung<br />
und belebt Gemeinden", fasst Handelsverband-Geschäftsführer<br />
Rainer Will die<br />
wichtigsten Ergebnisse der brandneuen Studie<br />
zusammen, die er mit Christoph Andexlinger,<br />
Obmann des Austrian Council of Shopping<br />
Places (ACSP), präsentierte und die der Handelsverband<br />
und das ACSP gemeinsam in<br />
Auftrag gegeben haben.
"Die neue Studie von Standort+Markt zeigt,<br />
dass nur drei Promille der versiegelten Fläche in<br />
Österreich auf Shoppingcenter entfallen. Wer<br />
davon ableitet, dass unsere Branche der Treiber<br />
der Flächenversiegelung sei, liegt offensichtlich<br />
falsch und verkennt die Fakten. In den<br />
vergangenen drei Jahren kam zudem praktisch<br />
kaum ein Quadratmeter Flächenversiegelung<br />
durch Shoppingcenter neu hinzu", sagt<br />
Christoph Andexlinger. Gemessen am Wachstum<br />
anderer Sektoren entwickelt sich der Anteil<br />
des Handels am Flächenverbrauch sogar<br />
unterdurchschnittlich – mit weiter rückläufiger<br />
Tendenz.<br />
Bundesweite Bodenstrategie ausständig<br />
Pro Jahr werden in Österreich im Schnitt 41<br />
km2 an Boden in Anspruch genommen, das<br />
entspricht in etwa einem Bodenverbrauch<br />
von 11,3 ha pro Tag. Etwa die Hälfte dieser<br />
Fläche wird auch versiegelt – also mit einer<br />
wasser- und luftundurchlässigen Schicht verdeckt,<br />
wodurch das Bodenleben abstirbt.<br />
Gemäß Regierungsprogramm 2020 – 2024 soll<br />
die Flächeninanspruchnahme bis 2030 auf 2,5<br />
ha pro Tag bzw. 9 km² pro Jahr sinken. Eine<br />
verbindliche Strategie, wie dieses Ziel erreicht<br />
werden soll, steht seitens der Regierung noch<br />
aus. Laut dem Umweltbundesamt setzt sich die<br />
Flächeninanspruchnahme wie nachstehend<br />
zusammen:<br />
• Wohnbau: 21,1 km2/Jahr<br />
• Betriebsflächen (Industrie, Logistik,<br />
Gewerbe, Handel): 11,0 km2/Jahr<br />
• Straßenbau: 4,4 km2/Jahr<br />
Bei den amtlich erfassten Daten wird innerhalb<br />
der Kategorie Betriebsflächen nicht genauer<br />
nach Branchen (Industrie, Logistik, Gewerbe,<br />
Handel) unterschieden. Warum daher ausgerechnet<br />
immer wieder der Handel – und hier<br />
insbesondere der Lebensmittelhandel sowie<br />
die Shoppingcenter-Branche – in der öffentlichen<br />
Diskussion als hauptverantwortlicher<br />
Treiber des Bodenverbrauchs verantwortlich<br />
gemacht wird, war bisher anhand der dünnen<br />
Faktenlage nicht objektiv nachvollziehbar.<br />
Genau in diese Lücke stößt nun die neue Studie<br />
vor und deckt ein völlig anderes Bild auf.<br />
Handel nur für 5,2% der Betriebsflächen verantwortlich<br />
Von den 83.883 km2 Gesamtfläche, die Österreich<br />
umfasst, sind aufgrund der Topographie<br />
lediglich 32.540 km2 zur Besiedelung geeignet<br />
– der sogenannte Dauersiedlungsraum.<br />
Davon sind – Stand heute – 2.411 km2 auch<br />
tatsächlich versiegelt. Zum Vergleich: 36.105<br />
km2 entfallen auf Wälder, 23.846 km2 auf<br />
Äcker, Wiesen oder Weiden. Auf Betriebsflächen<br />
der unterschiedlichsten Branchen<br />
entfallen 683 km2. Auch hier ist aufgrund<br />
der Struktur der amtlichen Statistiken keine
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S8<br />
weitere Unterscheidung nach Wirtschaftszweigen<br />
möglich. Dies leistet nun erstmals die<br />
neue Studie von Standort + Markt.<br />
Zentrale Ergebnisse:<br />
• Der gesamte österreichische Einzelhandel<br />
hält derzeit bei einer Verkaufsfläche von<br />
13,2 km2.<br />
• Bezogen auf die gesamten in Anspruch genommenen<br />
Flächen nutzt der Einzelhandel<br />
derzeit 35,7 km2. In dieser Zahl sind neben<br />
den Verkaufsflächen auch Parkplätze sowie<br />
Lagerflächen inkludiert. Das entspricht<br />
nur 5,2% der gesamten Betriebsflächen des<br />
Landes bzw. lediglich 0,6% am gesamten<br />
Bodenverbrauch. Zum Vergleich: 45,4%<br />
entfallen auf den Wohnbau, 36% auf Verkehrsflächen,<br />
11% auf handelsfremde Betriebsflächen.<br />
Lebensmittelhandel für lediglich 0,8% der jährlichen<br />
Neuversiegelung verantwortlich<br />
Mit einem Umsatz von rund 26,1 Mrd. Euro<br />
(2022) bzw. einem Anteil von fast einem Drittel<br />
(32%) am gesamten Einzelhandelsumsatz<br />
nimmt der Lebensmittelhandel eine besonders<br />
prominente Rolle ein. Gemessen an der<br />
Flächeninanspruchnahme (14,4 km²) liegt der<br />
Kurzfristbedarf (Lebensmittelhandel und Drogerien)<br />
bei 40% der Flächeninanspruchnahme<br />
des gesamten Einzelhandels (35,7 km²).<br />
Laut Studie betrug die Neuflächenversiegelung<br />
im Lebensmittelhandel im Schnitt der letzten<br />
drei Jahre 0,19 km2 p.a.. Bei einer zuletzt<br />
neu versiegelten Fläche von 24 km² entspricht<br />
der Anteil des Lebensmittelhandels einem Wert<br />
von höchstens 0,79% an der gesamten jährlichen<br />
Neuversiegelung sowie einem Anstieg<br />
der bereits vom Lebensmittelhandel belegten<br />
Flächen um ca. 1,6% jährlich. Damit sichert die<br />
Branche die Versorgung unserer wachsenden<br />
Bevölkerung. Denn auch die Wohnbevölkerung<br />
Österreichs wuchs von 2022 auf <strong>2023</strong> um<br />
1,4 Prozent.<br />
Nur 0,19% der neu versiegelten Fläche entfällt<br />
auf Shoppingcenter<br />
Näher beleuchtet wird in der Studie auch<br />
die Shoppingcenter-Branche. Österreichweit<br />
gibt es laut Standort + Markt derzeit 245<br />
Shoppingcenter (Shopping Malls, Retail Parks,<br />
Outlet Center und Sonderformen) mit einer<br />
Grundstücksfläche von insgesamt 8,0 km2.<br />
Von dieser Fläche sind 89,4% versiegelt, wobei<br />
von der versiegelten Fläche je etwa die Hälfte<br />
auf das Gebäude selbst, die andere Hälfte auf<br />
Park- und Verkehrsflächen entfällt. Damit haben<br />
die Shoppingcenter in Österreich bis dato<br />
mit einer gesamten versiegelten Fläche von<br />
7,2 km² lediglich 0,3% Anteil an der Gesamtflächenversiegelung<br />
von Österreich (derzeit<br />
2.411 km²). "In Bezug auf die Betriebsflächen<br />
halten die Shoppingcenter in Österreich einen
Flächenanteil von 1,18 Prozent. Der Anteil an<br />
der bisherigen Flächeninanspruchnahme insgesamt<br />
fällt mit 0,14 Prozent besonders niedrig<br />
aus", bestätigt Christoph Andexlinger.<br />
Da Standort+Markt bereits seit Jahrzehnten<br />
die Daten aller Shoppingcenter Österreichs<br />
lückenlos erhebt, kann hier auch Auskunft<br />
über die zeitliche Entwicklung gegeben werden.<br />
Nach einem Höhepunkt der Flächenexpansion<br />
rund um die Jahrtausendwende<br />
kam es bereits vor rund zehn Jahren zu einem<br />
deutlichen Rückgang des Flächenzuwachses.<br />
In den Jahren 2013 bis <strong>2023</strong> wuchs die durch<br />
Shoppingcenter versiegelte Fläche im Schnitt<br />
um 0,04 km2 p. a.. Der Anteil der Shoppingcenter<br />
an der jährlichen neu versiegelten<br />
Fläche liegt somit durchschnittlich bei nur<br />
0,19% pro Jahr, bzw. in den vergangenen drei<br />
Jahren bei annähernd null Prozent.<br />
Bundesländervergleich: Das Burgenland ist<br />
am meisten verbaut<br />
Regional sind die Trends bei der Bodenversiegelung<br />
sehr unterschiedlich. Mit Abstand negativer<br />
Spitzenreiter ist das Burgenland. Hier<br />
sind pro Einwohner und über alle Nutzungsarten<br />
hinweg bereits 500 m2 versiegelt. Mit<br />
großem Abstand folgt Niederösterreich (402,8<br />
m2) vor Kärnten (365,5 m2). Aufgrund der<br />
hohen Bevölkerungsdichte und entsprechend<br />
dichter Bauweise am wenigsten versiegelte<br />
Fläche pro Kopf weist Wien mit 55,5 m2 auf.<br />
Aber auch in Vorarlberg (177,6 m2) und Tirol<br />
(222,0 m2) geht man vergleichsweise sparsam<br />
mit dem Boden um.<br />
Eines ist jedoch allen Bundesländern gemein:<br />
Der Anteil des Einzelhandels an der versiegelten<br />
Fläche liegt immer im äußerst niedrigen<br />
einstelligen Prozentbereich, bei Shoppingcentern<br />
sogar bei unter einem Prozent.<br />
"Jeder Quadratmeter in Österreich ist bestmöglich<br />
zu nutzen. Polemik hat bei diesem<br />
wichtigen Thema keinen Platz. Standort+Markt<br />
kann mit seiner analytischen Vorgehensweise<br />
garantieren, dass für jeden Standort in Österreich<br />
die bestmögliche Nutzung unter Wahrung<br />
von Ökonomie und Ökologie herausgefiltert<br />
werden kann. Dazu ist es aber erforderlich,<br />
dass sich Politik wie auch Gesellschaft dem<br />
Thema objektiv öffnen. Nur so können Anreize<br />
geschaffen werden, dass zukünftig mit Fläche<br />
bestmöglich und gewissenhaft umgegangen<br />
wird", ist Studienautor Hannes Lindner von<br />
Standort+Markt überzeugt.<br />
Photovoltaik, <strong>LE</strong>D-Beleuchtung, begrünte Dächer:<br />
Handel & Retail-Immobilien sind Vorreiter<br />
"Die Handelsimmobilienbranche beschäftigt<br />
sich seit Jahrzehnten mit nachhaltiger Nutzung<br />
und dem energieeffizienten Betrieb von Malls.<br />
Es gibt zahlreiche beispielhafte Maßnahmen,
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S10<br />
welche die Shoppingcenter-Branche seit Jahren<br />
umsetzt und weiterentwickelt – von großflächigen<br />
Photovoltaikanlagen, kluger Nutzung<br />
von natürlichen Ressourcen, stromsparender<br />
<strong>LE</strong>D-Umrüstung über die hochtechnologisch<br />
intelligente Klimatisierung bis hin<br />
zur verdichteten Bauweise oder begrünten<br />
Dachflächen", stellt Christoph Andexlinger für<br />
die Branche fest.<br />
"Sowohl der heimische Lebensmittelhandel als<br />
auch der Non-Food-Handel setzen immer stärker<br />
auf nachhaltige, innovative Filialkonzepte.<br />
Dazu zählen etwa mehrgeschoßige Metropolfilialen<br />
mit geringem Flächenverbrauch in<br />
dicht verbauten Arealen, die Nachverdichtung<br />
von Geschäften mit großvolumigem<br />
Wohnbau oder auch Parkplätze mit Photovoltaik-Überdachung<br />
und E-Ladestationen", sagt<br />
Rainer Will.<br />
Empfehlung an die Bundesregierung: Einbezug<br />
in Bodenstrategie und Modernisierung der<br />
Raumordnung(en)<br />
Die große Herausforderung? Das Korsett der<br />
Raumordnung ist ein Vierteljahrhundert alt<br />
und Regelungen wie die Verkaufsflächenbeschränkung<br />
verhindern immer häufiger,<br />
dass Geschäftsbauten für den <strong>LE</strong>H überhaupt<br />
noch errichtet oder an die Erfordernisse der<br />
heutigen Zeit angepasst werden können. In<br />
zahlreichen Gemeinden in Tirol, Kärnten oder<br />
Niederösterreich werden dadurch de facto<br />
alle geeigneten Standorte rechtlich ausgeschlossen.<br />
Gewonnen ist damit jedoch nichts.<br />
Handelsbetriebe siedeln sich ungeachtet der<br />
Wünsche einer Raumordnung dann nicht im<br />
Ortszentrum an, wenn dies aus unterschiedlichen<br />
Gründen schlichtweg keinen Sinn macht.<br />
Handelsverband und ACSP fordern einen unbedingten<br />
Einbezug der Ergebnisse der Studie<br />
in die Bodenstrategie der Bundesregierung,<br />
da die neue Faktenlage die Basis für das politische<br />
Handeln sein muss. Der Föderalismus mit<br />
neun unterschiedlichen Raumordnungen ist<br />
in vielen Fällen ein Wettbewerbshindernis. Die<br />
Landesgesetzgeber verfolgen gleichartige<br />
Ziele, insbesondere die Erhaltung der Ortszentren<br />
und die Sicherung der Nahversorgung,<br />
jedoch mit teils erheblich divergierenden Konzepten.<br />
Der Handelsverband und das ACSP<br />
empfehlen daher eine maßvolle Reform, welche<br />
mit einer grundsätzlichen Einigung der<br />
Bundesländer auf zeitgemäße Standards und<br />
einheitliche Definitionen ihren Ausgang finden<br />
könnte.<br />
(RED)
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INFORMATIONS-<br />
VORSPRUNG<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
INFORMIERT
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S12<br />
EINZELHANDEL<br />
Handel ist größter<br />
Arbeitgeber des<br />
Landes. Österreichs<br />
Handel in Zahlen: Erste<br />
Prognose für <strong>2023</strong><br />
Neue HV-Studie: Haushaltsausgaben im Einzelhandel<br />
liegen heuer bei 78,8 Mrd. Euro<br />
(real -3,9%). eCommerce verliert massiv.<br />
GASTKOMMENTAR : RAINER WILL<br />
Der österreichische Handel ist mit<br />
709.000 Beschäftigten laut Statistik<br />
Austria der größte Arbeitgeber<br />
des Landes und mit 93.200 Unternehmen<br />
der Wirtschaftszweig mit den meisten<br />
Unternehmen. Dennoch steckt die Branche<br />
in einer ihrer größten Krisenphasen aufgrund<br />
von rückläufigen Umsätzen und explodierenden<br />
Kosten. Auf welche Handelssparten und<br />
Produktgruppen sich die Privatausgaben im<br />
stationären Einzelhandel sowie im Onlinehandel<br />
2022 verteilt haben und welche Auswirkungen<br />
die Teuerung sowie die Energiekrise<br />
auf das Konsumverhalten haben, untersucht<br />
die brandneue Studie „Österreichs Handel in<br />
Zahlen“ vom Beraternetzwerk KREUTZER FISCHER<br />
& PARTNER für den Handelsverband. Darüber<br />
hinaus liefert der Report die erste Jahresprognose<br />
für das Gesamtjahr <strong>2023</strong>.<br />
Minus 0,3%: Wirtschaftliches Comeback<br />
2022 nicht geglückt<br />
Wie die detaillierten Zahlen von KREUTZER<br />
FISCHER & PARTNER zeigen, ist dem Handel<br />
das erhoffte Comeback im Jahr 2022 nicht<br />
geglückt. Im Vergleich zu dem noch von den<br />
Corona-Lockdowns durchzogenen Jahr 2021<br />
stiegen die einzelhandelsrelevanten Ausgaben<br />
der privaten Haushalte (ohne Kfz) im<br />
Vorjahr um insgesamt 7,3% (nominell) auf 75,1<br />
Mrd. Euro (2021: 70,0 Mrd. Euro). Real blieb die<br />
Nachfrage damit aber um -0,3% unter dem Niveau<br />
des Vergleichszeitraums.<br />
Im Teuerungsjahr 2022 sahen sich viele Österreicher<br />
wegen der hohen Strompreise und Mietkosten<br />
dazu gezwungen, bei den Einkäufen zu<br />
sparen. Pandemiebedingte Nachholeffekte<br />
haben sich leider als Strohfeuer herausgestellt.<br />
Von einer Rückkehr zum Konsumverhalten wie<br />
vor Corona 2019 kann aufgrund der veränderten<br />
Kaufgewohnheiten hin zu Dienstleistungen<br />
sowie angesichts einer schmelzenden Kaufkraft<br />
keine Rede sein. Zwar konnten im Vorjahr<br />
insbesondere Branchen wie der Bekleidungsund<br />
der Schuhhandel (+19,9%) von Nachholeffekten<br />
profitieren, doch auch diese blieben<br />
unter den Umsatzniveaus der Jahre vor 2019.
Rainer Will - Geschäftsführer<br />
Handelsverband Österreichs<br />
Exorbitante Ausgabenverschiebung<br />
zu Urlaub und Freizeit<br />
Eine Ausnahme stellt der Sportartikelhandel<br />
dar, der 2022 die Verluste von 2020 und 2021<br />
aufholen bzw. mit einem Wachstum von +34%<br />
auch das Vorkrisenniveau übertreffen konnte.<br />
„Hauptverantwortlich dafür ist der wieder angesprungene<br />
Tourismus. Das zeigt ein Blick auf<br />
die Details. So ist der Verleih von Sportgeräten<br />
mit +89% am weitaus stärksten gewachsen.<br />
Auch hier zeigt sich der Trend weg vom Warenkauf<br />
hin zu Dienstleistungen“, gibt Studienautor<br />
Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von<br />
KREUTZER FISCHER & PARTNER, Auskunft.<br />
Generell ist eine deutliche Verschiebung der<br />
Konsumausgaben in Richtung Urlaub und Freizeit<br />
zu bemerken. Laut den aktuellen Daten<br />
sind die Ausgaben in diesem Bereich im Jahr<br />
2022 um +45,5% gewachsen. Eine Entwicklung,<br />
die sich heuer fortsetzen wird: Für <strong>2023</strong><br />
prognostiziert Kreutzer ein weiteres Wachstum<br />
um +23%.<br />
Prognose <strong>2023</strong>: Einbruch bei den<br />
Handelsausgaben (- 3,9%)<br />
Der durch die multiplen Herausforderungen<br />
der letzten Jahre geschwächte Einzelhandel<br />
befindet sich auch im zweiten Jahr der Teuerungskrise<br />
weiter auf dem Rückzug. Für nahezu<br />
alle Warengruppen geht die Studie in ihrer<br />
Prognose für das Gesamtjahr <strong>2023</strong> von real<br />
rückläufigen Ausgaben aus:<br />
* Nahrungs- und Genussmittel: -2,6%<br />
* Gesundheit und Körperpflege: +0,9%<br />
* Modeartikel: +1,4%<br />
* Einrichtung/Hausrat: -11,7%<br />
* Elektrogeräte/IT: -7,8%<br />
* Sportartikel: -1,6%<br />
* Bücher/Zeitschriften: -11,2%<br />
* Haus & Garten: -11,5%<br />
* -9,3 %: Onlinehandel verliert erneut massiv<br />
Insgesamt schrumpft die Nachfrage im Einzelhandel<br />
heuer signifikant um –3,9 Prozent. In<br />
manchen Handelssparten geht die Prognose<br />
sogar von einem inflationsbereinigten Rückgang<br />
von mehr als zehn Prozent aus. Auch der<br />
eCommerce wird <strong>2023</strong> erneut deutlich verlieren,<br />
wir erwarten ein Minus von 9,3 Prozent.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S14<br />
„Selbst im Modehandel, der zwar ausgehend<br />
von einem katastrophalen Niveau immerhin<br />
etwas zulegen konnte, bleiben die Umsätze<br />
weiterhin klar unter jenen der Vor-Corona-Zeit.<br />
Das alles bei gleichzeitig stark gestiegenen<br />
Kosten für Energie, Personal und Logistik“,<br />
sagt Harald Gutschi, UNITO/OTTO Group Geschäftsführer<br />
sowie Vizepräsident des Handelsverbandes<br />
und Leiter der Plattform „eCommerce,<br />
Marktplätze & Versandhandel“.<br />
Wohin fließt das Geld, wenn nicht in den Handel?<br />
Neben Urlaub und Freizeit streicht Studienautor<br />
Andreas Kreutzer einen weiteren Bereich<br />
hervor: „Die Wohnkosten, die bereits im<br />
Vorjahr um 16 Prozent gestiegen sind, legen<br />
heuer noch einmal um mehr als neun Prozent<br />
zu. Allein in diesem Bereich sind die Ausgaben<br />
der Österreicher somit innerhalb von zwei Jahren<br />
um 6 Mrd. Euro gestiegen.<br />
Handel vor existenziellen Herausforderungen –<br />
Regierung muss gegensteuern!<br />
Die neuesten Zahlen von KFP bestätigen<br />
die dramatische Lage, auf die der Handelsverband<br />
schon seit Monaten hinweist. Das<br />
belegten auch die Ergebnisse der jüngsten<br />
HV-Händlerbefragung:<br />
* 27% der Händler haben noch immer nicht<br />
alle Corona-Entschädigungen erhalten<br />
* 5% betroffen von COFAG Rückforderungen<br />
* 51% kämpfen mit Personalmangel<br />
* 52% können sich keine verstärkten Investitionen<br />
leisten, obwohl diese notwendig wären<br />
„Die allgemeine wirtschaftliche Lage ist zurzeit<br />
herausfordernd und der Handel ist besonders<br />
stark von der negativen Konsumstimmung<br />
betroffen. Jeder zweite Handelsbetrieb kann<br />
sich in dieser schwierigen Marktlage keine verstärkten<br />
Investitionen in Digitalisierung, Ladenbau,<br />
Klimaschutz oder Marketing leisten, obwohl<br />
diese als notwendig erachtet werden“,<br />
bestätigt Harald Gutschi.<br />
Man sieht, dass unsere Händler ihren Beitrag<br />
geleistet haben, um den Preisauftrieb der Inflation<br />
für jede Geldbörse abzufedern – auch<br />
auf Kosten der eigenen Marge. Die Zahl der<br />
Insolvenzen ist im ersten Halbjahr bereits um<br />
zehn Prozent gestiegen, die Schließungen<br />
nehmen ebenso breitflächig zu. Viele Händler<br />
stehen bereits mit dem Rücken zur Wand.<br />
Die Bundesregierung ist aufgefordert, mit gezielten<br />
wirtschaftspolitischen Stabilisierungsmaßnahmen<br />
gegenzusteuern. Der zugesagte<br />
Energiekostenzuschuss 2 ist bis heute ausständig.<br />
Es braucht mehr Strukturreformen und<br />
weniger Verhandlungen über Symbolthemen,<br />
denn es stehen tausende bis vor kurzem vitale<br />
Geschäfte vor der Schließung.<br />
HARALD GUTSCHI<br />
Handelsverband empfiehlt Soforthilfe<br />
Der Handelsverband begrüßt die jüngste Ankündigung<br />
von Bundeskanzler Nehammer, bis<br />
2030 rund 4,5 Mrd. Euro in die Elementarbildung<br />
zu investieren. Damit kommt die Bundesregierung<br />
einer langjährigen Kernforderung des<br />
Handelsverbandes nach, der mit dem Bundeskanzler,<br />
zahlreichen Minister und Landeshauptleuten<br />
persönliche Gespräche dazu geführt<br />
hat. Die zusätzlichen 4,5 Mrd. Euro werden<br />
sich als rentable Zukunftsinvestition erweisen.
Auch die Abschaffung der Kalten Progression<br />
bewertet der HV positiv, insb. dass die ersten<br />
vier Steuerstufen mit dem variablen Drittel der<br />
kalten Progression zusätzlich angehoben, der<br />
Alleinverdiener- und Unterhaltsabsetzbetrag<br />
zu 100 Prozent an die Inflation angepasst und<br />
auch der Kindermehrbetrag deutlich erhöht<br />
wird. Diese Maßnahmen allein werden jedoch<br />
nicht reichen, um einen wirtschaftlichen Flächenbrand<br />
zu verhindern. Der Handelsverband<br />
empfiehlt daher folgende vier Soforthilfe-<br />
Maßnahmen:<br />
FORDERUNG I: Arbeitsmarktreform Jetzt! Mehr<br />
Netto vom Brutto, damit sich Leistung wieder<br />
lohnt. Substanzielle Senkung der Lohnnebenkosten;<br />
Schritte zur Angleichung des faktischen<br />
an das gesetzliche Pensionsantrittsalter;<br />
gänzliche Abschaffung der Beitragspflicht zur<br />
Pensionsversicherung ab dem Regel-Pensionsalter;<br />
FORDERUNG II: Rasche Auszahlung sämtlicher<br />
offener Corona-Entschädigungen durch die<br />
COFAG, um heimische Händler zu stabilisieren<br />
FORDERUNG III: Steuerliche Gleichstellung von<br />
Fremd- und Eigenkapital, um mehr Krisenfestigkeit<br />
in der Wirtschaft sicherzustellen<br />
FORDERUNG-IV: Sofortige Abschaffung der<br />
Mietvertragsgebühr, um die Nahversorgung<br />
und Ortskerne zu erhalten<br />
Über die Studie "Österreichs Handel in Zahlen"<br />
"Österreichs Handel in Zahlen" ist eine exklusiv für den Handelsverband erstellte Auskopplung der Studie "Private Haushaltsausgaben<br />
in Österreich", die vom Beraternetzwerk KREUTZER FISCHER & PARTNER erstellt wurde und für den freien Verkauf<br />
bestimmt ist. Der Report bietet das präziseste Bild der Handelslandschaft und der Konsumentenausgaben in Österreich für<br />
die Jahre 2016 bis <strong>2023</strong> und geht tief in die einzelnen Produktgruppen hinein. Insgesamt wurden 66 Produktgruppen und 14<br />
einzelhandelsrelevante Kategorien definiert. Als Datenquellen diente das BRANCHENRADAR-Studienprogramm des Jahres<br />
<strong>2023</strong> sowie andere öffentlich zugängliche Marktstatistiken und Erhebungen, u.a. von Statistik Austria. Alle ausgewiesenen<br />
Beträge beziehen sich ausschließlich auf die Ausgaben bzw. Investitionen privater Haushalte. Die Werte verstehen sich<br />
brutto, also inklusive etwaiger gesetzlicher Mehrwertsteuer. Die Studie ist auf www.handelsverband.at erhältlich.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S16<br />
TAG DES HANDELS<br />
Besucherrekord beim<br />
Tag des Handels &<br />
Österreichischer<br />
Handelspreis für<br />
Katharina Schneider<br />
Teuerung, Klimakrise, Tierwohl, Plant-Based<br />
und weitere Trends im Lebensmittelsektor<br />
waren die zentralen Themen beim Gipfeltreffen<br />
in Gmunden.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
Bei der 19. Ausgabe des Tag des Handels,<br />
der am 5. und 6. Oktober <strong>2023</strong><br />
im Toscana Congress Gmunden stattfand,<br />
wurde mit mehr als 400 Teilnehmer:innen<br />
- darunter die wichtigsten CEOs aus<br />
der Welt des Handels - ein neuer Besucherrekord<br />
aufgestellt. Das 2-tägige Branchenhighlight,<br />
das erneut in Kooperation mit der<br />
Fachzeitschrift REGAL über die Bühne ging,<br />
war erneut ein Riesenerfolg.<br />
"Unsere Branche ist im Wandel wie nie zuvor.<br />
Wenn der Handel stirbt, sterben die Städte"<br />
- mit diesen Worten eröffnete Handelsverband-Präsident<br />
Stephan Mayer-Heinisch den<br />
diesjährigen Kongress. Der Hintergrund? Rund<br />
ein Drittel der heimischen Händler sieht sich<br />
angesichts rückläufiger Umsätze und steigender<br />
Kostenbelastungen gezwungen, zumindest<br />
über Personalkürzungen nachzudenken.<br />
"Der österreichische Handel ist mittlerweile mit<br />
709.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber<br />
des Landes und mit 93.200 Unternehmen der<br />
Wirtschaftszweig mit den meisten Unternehmen.<br />
Dennoch steckt unsere Branche in einer<br />
ihrer herausforderndsten Phasen", bestätigte<br />
Rainer Will. Der Geschäftsführer des Handelsverbandes<br />
ging aber auch auf die ambivalente<br />
Rolle von Politik und Medien in der aktuellen<br />
Lage ein. "Egal ob Lebensmittelverschwendung<br />
oder zuletzt der Bodenverbrauch - wer<br />
wird medial ständig als Sündenbock hingestellt?<br />
Der Handel. Dabei sind wir lediglich für<br />
7% der Lebensmittelabfälle und für 0,6% des<br />
Flächenverbrauchs in Österreich verantwortlich.<br />
Die tatsächlichen Treiber Wohnbau und<br />
Verkehrsflächen werden hingegen meist ignoriert.<br />
Über Geschmack kann man diskutieren,<br />
über Fakten nicht!", so der bundesweite Sprecher<br />
des Handels.<br />
RAINER WILL & INA BAUER<br />
Weiter ging die Veranstaltung mit einer feierlichen<br />
Begrüßung durch REGAL-Geschäftsführer<br />
Roland Pirker und Stephan Krapf, Bürgermeister<br />
von Gmunden, der in seiner Rede<br />
auch das Thema Leerstand und Ortskernbelebung<br />
ansprach. Moderiert wurde das Event<br />
von der wunderbaren Angelika Pehab.
STEPHAN MAYER-HEINISCH<br />
Digitalisierung, Klimaschutz, Teuerung, Bodenverbrauch<br />
& Künstliche Intelligenz<br />
Das Programm des Tag des Handels hatte es<br />
in sich: Nicht nur wurde über das (Konsum-)<br />
Verhalten der Menschen in einer Welt multipler<br />
Krisen gesprochen, sondern auch über<br />
Künstliche Intelligenz und Digitalisierung, neue<br />
Ernährungstrends und die Bekämpfung des<br />
Klimawandels. Nick Sohnemann und Beate<br />
Rosenthal (Roland Berger) gaben in ihren Keynotes<br />
inspirierende Ausblicke in die Zukunft<br />
des Handels, die von den beiden Megatrends<br />
Digitalisierung und Nachhaltigkeit geprägt<br />
sein wird - Stichwort Circular Enonomy.<br />
Hannes Lindner (Standort+Markt) & Christoph<br />
Andexlinger, Obmann des Austrian Council of<br />
Shopping Places (ACSP), stellten gemeinsam<br />
mit Rainer Will ihre neue Studie zum Bodenverbrauch<br />
in Österreich vor. Die Kernaussage?<br />
"Pro Jahr werden in Österreich im Schnitt 41<br />
km2 an Boden in Anspruch genommen, das<br />
entspricht in etwa einem Bodenverbrauch<br />
von 11,3 ha pro Tag. Der Handel ist mit 0,6%<br />
der gesamten Flächeninanspruchnahme<br />
nicht der Treiber des Bodenverbrauchs, sondern<br />
eine Randerscheinung. Für die Flächeninanspruchnahme<br />
sind schwerpunktmäßig der<br />
Wohnbau mit 45,4%, Verkehrsflächen mit 36%<br />
und handelsfremde Betriebsflächen mit 10,9%<br />
verantwortlich", so die drei Sprecher unisono.<br />
Landwirtschaftsminister Totschnig verspricht<br />
Einsatz für Energiekostenzuschuss 2<br />
Nachmittags gab es spannende Podiumsrunden<br />
mit Expert:innen aus Handel, Landwirtschaft<br />
und Industrie, sowie die beliebte<br />
Startup Session mit neuen und innovativen<br />
Lösungen für den Retail-Bereich. Beim Startup<br />
Zapping mit dabei waren heuer Kawea, Revo<br />
Foods und MartyMedia. Markus Kuntke, REWE<br />
Head of Trend- and Innovationmanagement,<br />
fungierte als Schirmherr und Moderator. Landwirtschaftsminister<br />
Norbert Totschnig widmete<br />
seinen Vortrag der Wertschätzung hochwertiger<br />
Lebensmittel in Österreich und der Zusammenarbeit<br />
zwischen Landwirtschaft und<br />
Lebensmitteleinzelhandel.<br />
Katharina Schneider mit Österreichischem<br />
Handelspreis <strong>2023</strong> ausgezeichnet<br />
Der österreichische Handelspreis wird jedes<br />
Jahr für herausragende Leistungen im heimischen<br />
Handel vergeben. Beim Tag des Handels<br />
<strong>2023</strong> wurde eine echte Handelsikone<br />
ausgezeichnet: Katharina Schneider. Die feierliche<br />
Übergabe des wichtigsten heimischen<br />
Handelspreises an die Handelsmanagerin,<br />
Startup-Investorin, Keynote-Speakerin und<br />
Autorin fand unter Beisein des oberösterreichischen<br />
Landeshauptmanns Thomas Stelzer<br />
statt, der in seiner Festrede u.a. die Relevanz<br />
des oberösterreichischen Handels hervorhob.<br />
GERALD KÜHBERGER<br />
PRESSESPRECHER<br />
HANDELSVERBAND
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S18<br />
INA BAUER<br />
KATHARINA SCHNEIDER<br />
RAINER WILL<br />
Katharina Schneider wiederum baute vor<br />
mehr als 20 Jahren ihr erstes Startup auf,<br />
jede Menge weitere Investments und erfolgreiche<br />
Exits sollten folgen. Unter anderem<br />
transformierte sie MediaShop in ein international<br />
erfolgreiches und renommiertes Omnichannel-Unternehmen.<br />
Als Investorin der<br />
Startup-Show "2 Minuten 2 Millionen" wurde<br />
Schneider einem Millionenpublikum bekannt.<br />
Sie unterstützt zahlreiche Gründer:innen mit<br />
Cash-Investments und Knowhow bei der Entwicklung<br />
innovativer Produkte und Geschäftsmodelle<br />
sowie beim Aufbau professioneller<br />
Vertriebsnetze. Zwei Jahre lang fungierte sie<br />
auch als Präsidialrätin des Handelsverbandes<br />
sowie als Leiterin des HV-Ressorts "Omnichannel,<br />
Innovation & Startups". Dank ihres unermüdlichen<br />
Einsatzes, ihrer Leidenschaft und<br />
Kompetenz konnte die Startup-Community<br />
des Handelsverbandes auf eine neue Stufe<br />
gehoben werden. Die Laudatio hielt Ina Bauer,<br />
Geschäftsführerin von MediaShop, Präsidialrätin<br />
des Handelsverbandes und langjährige<br />
Weggefährtin von Katharina Schneider.<br />
Gerald Hackl mit Österreichischem<br />
Industriepreis <strong>2023</strong> ausgezeichnet<br />
Eine weitere hochkarätige Auszeichnung,<br />
den "Großen Preis der Industrie", erhielt Gerald<br />
Hackl. Der gebürtige Oberösterreicher hat<br />
mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Lebensmittelbranche<br />
vorzuweisen. Bis 2004 war er in der<br />
Backwaren- und in der Molkereibranche tätig,<br />
2005 übernahm Gerald Hackl die Geschäftsführung<br />
der efko-Gruppe. Anfang 2013 wechselte<br />
er als Vorstandsvorsitzender zur Vivatis<br />
Holding, die hochkarätige Marken wie Maresi,<br />
Wojnar's, Inzersdorfer und KnabberNossi vereint.<br />
Glückwunsch zu diesem renommierten<br />
Branchen-Award! Die Laudatio übernahm<br />
REGAL-Geschäftsführer Roland Pirker.<br />
Top-Speaker machten den<br />
Tag des Handels <strong>2023</strong> zum Highlight<br />
Viele weitere hochkarätige Speaker wie<br />
Manuel Hofer (Transgourmet), Johannes Holzleitner<br />
(Interspar), Alexander Kiennast (Handelshaus<br />
Kiennast), Ilan Molcho (Neni Gruppe),<br />
Maimuna Mosser (Ikea Österreich), Martina<br />
Dutzler(MPreis), Marcel Haraszti (Rewe), Markus
Kaser (Spar), Christina Mutenthaler-Sipek<br />
(AMA), Günter Thumser (Markenartikelverband),<br />
Alessandro Wolf (Lidl Österreich),<br />
Michael Gerling (EHI), Birgit Reichetseder (Hofer),<br />
Nadina Ruedl (Die Pflanzerei), Felix Hnat<br />
(Vegane Gesellschaft Österreichs), Mario<br />
Günther Rauch (jö Bonusclub), Katrin Lamberger<br />
(Salesforce), Dawid Czerkies und Oliver<br />
Olschewski (beide Offerista), Wolfgang<br />
Grausenburger (Österreichische Post), Christian<br />
Abl (Reclay), Monika Fiala (EWP Recycling),<br />
Anja Fredriksson (Ofi), Andreas Haider<br />
(Unimarkt), Harald Hauke (ARA), Stephan<br />
Kaar (Forum Wellpappe), Markus Kibgies<br />
(Loopos), Klaus Reisinger (Climate Partner),<br />
Ronald Lausch (Smatrics), Stephan Kalteis<br />
(SES), Marco Schuhmacher (Moris Design),<br />
Matthias Ernst (Instore Solutions), Leonhard<br />
Helbich-Poschacher (PBH Holding), Tom Hörmann<br />
(Polestar) und viele mehr präsentierten<br />
innovative Best-Practice-Beispiele und die<br />
besten Nachhaltigkeitsstrategien. Im Rahmen<br />
der Abendgala wartete ein weiteres Highlight<br />
auf das Publikum: Der Kabarettist Christoph<br />
Fritz begeisterte die Gäste mit einem humorvollen<br />
Comedy-Programm, nahm sowohl die<br />
Teilnehmer:innen als auch die Politik auf den<br />
Arm und sorgte damit für lautes Gelächter.<br />
"Wir bedanken uns herzlich bei mehr als 400<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmern, aber auch<br />
bei unseren langjährigen Partnern. Es ist schön<br />
zu sehen, wie sich der Tag des Handels zu einem<br />
der wichtigsten Branchenevents des<br />
Landes entwickelt hat. Die CEO-Dichte war<br />
dieses Jahr so hoch wie nie zuvor, darauf bin<br />
ich besonders stolz", sagt Handelsverband-<br />
Geschäftsführer Rainer Will zum Abschluss.<br />
Unter den Teilnehmer:innen befanden sich<br />
auch: Andrea Heumann (Thalia), Norbert<br />
Scheele (C&A), Karin Saey (Dorotheum), Xavier<br />
Plotitza (Metro), Martin Kowatsch (Das Futterhaus),<br />
Simon Lindenthaler (Lidl Österreich),<br />
Hartwig Kirner (Fairtrade), Roman Koch (Heinemann),<br />
David Mölk (MPreis), Martin Unger<br />
(EY), Johann Költringer (VÖM), Polona Globocnik<br />
(Landwirtschaftskammer), Franz Schopf<br />
(Österreichische Post), Markus Lukas (GGÖ),<br />
Vinzenz Kastner (PwC), Karl Auer (ÖBOG),<br />
Michael Wurzer (ZAG), Markus Marek (Kelly's),<br />
Alexandra Gruber (Tafel Österreichs), uvm.<br />
(RED)<br />
Manuel Hofer<br />
Joahannes Holzleitner<br />
Michaela Schellner<br />
.Maimuna Mosse<br />
Ilan Molcho<br />
Alexander Kiennast
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S20<br />
EINKAUFSFORUM<br />
Österreichisches<br />
EinkaufsForum <strong>2023</strong><br />
des BMÖ<br />
Einkäufer-Expertengipfel in Wien: KI versus<br />
Mensch? Lösungsansatz: Formel „3M“ –<br />
Mensch mit Maschine.<br />
REDAKTION: SABINE URSEL<br />
Multidimensionale Krise, Disruption,<br />
volatile Lieferketten und Preise,<br />
Risikomanagement, strenge Anforderungen<br />
in Sachen Nachhaltigkeit<br />
und Compliance sowie der Faktor<br />
Veränderung: Rund 100 europäische Experten<br />
aus Einkauf, Logistik, Supply Chain Management<br />
und Wissenschaft diskutierten vom 5. bis<br />
6. Oktober <strong>2023</strong> in Wien auf dem „Österreichischen<br />
EinkaufsForum“ des BMÖ – Bundesverband<br />
Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik<br />
in Österreich, welche Lösungen der Einkauf zur<br />
Versorgung, Wertsteigerung und Kostensenkung<br />
im globalen Umfeld der Unternehmen<br />
beitragen kann.<br />
In welch diffiziler Lage der Einkauf seine komplexen<br />
Prozessketten zu dirigieren hat, skizzierte<br />
Dr. Stephan Schulmeister. „Wir befinden<br />
uns in einer multidimensionalen Krise“, so der<br />
Ökonom und Uni-Lektor (vormals Österreichisches<br />
Institut für Wirtschaftsforschung,<br />
WIFO). Als Hauptprobleme nannte er u. a.<br />
Erderhitzung, Verlagerung des Profitstrebens<br />
von der Real- zur Finanzwirtschaft, Inflation<br />
und eine Zinspolitik, die nicht spezifisch<br />
Inflation bekämpfe, „wohl aber die Realwirtschaft“.<br />
Schulmeisters Gesamtdiagnose:<br />
„Es kommt zum Verlust der sozialen, ökologischen<br />
und politischen Nachhaltigkeit.“<br />
Der Weg zurück zu den Stärken des österreichischen<br />
Gesellschaftssystems werde durch<br />
wachsende Polarisierung und politischen<br />
Ertrag für die ‚Polarisierer‘ immer unwahrscheinlicher.<br />
Österreichs Wirtschaft werde<br />
Schulmeisters Prognose zufolge „bestenfalls im<br />
europäischen Trend wachsen“. Der Ökonom<br />
regte an, Preissteigerungen durch Gründung<br />
einer ‚Agentur für Markttransparenz‘ (AMT) zu<br />
begegnen.<br />
Zwei weitere Schwerpunkte des BMÖ-Einkaufs-<br />
Forums bildeten die erfolgskritischen Faktoren<br />
„Veränderung“ und „Künstliche Intelligenz“.<br />
„Einkauf wird zunehmend auch zum Taktgeber<br />
der Veränderung im Unternehmen“,<br />
bekräftigte BMÖ-Präsident Stefan L. Braun.<br />
„Wir müssen KI lieben lernen, denn sie hilft uns<br />
dabei, wesentliche Information belastbar zusammenzuführen<br />
und unsere Wertbeiträge<br />
ebenso wie unser Image radikal zu steigern“,<br />
so der Chief Procurement Officer der ÖBB-Holding<br />
AG. Heinz Pechek (geschäftsführender
BMÖ-Vorstand) unterstrich, dass KI geeignete<br />
Entscheidungsvorlagen generieren könne,<br />
eine Reihe von Faktoren aber auch in Zukunft<br />
emotional entschieden würden. „Der Mensch<br />
wird weiterhin die Schnittstellen intern und extern<br />
steuern – freilich mit Hilfe adäquater digitaler<br />
Hilfsmittel.“<br />
Prof. Horst Bischof (Rektor der TU Graz) verwies<br />
auf globale Vorreiter: „Während die USA<br />
in Sachen Systeme und China bei Daten dominieren,<br />
sucht Europa noch seine Rolle. Die<br />
darf aber keinesfalls in Regulierung bestehen.“<br />
Untersuchungen zeigten, dass Menschen derzeit<br />
noch kein rechtes Vertrauen in KI hätten.<br />
Aber überall dort, wo genügend Daten vorhanden<br />
seien, dominiere heute schon die Maschine.<br />
Bischof propagierte für die Zukunft die<br />
Formel „3M“ – Mensch mit Maschine.“<br />
Prof. DDDr. Waldemar Hummer (Universität<br />
Innsbruck) beschrieb die von Vielen unterschätzte<br />
Komplexität des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.<br />
Die Medien seien nicht<br />
in der Lage, die Probleme der Regelungen zu<br />
erfassen und somit seien auch Leser bzw. Unternehmen<br />
oft nicht richtig informiert. „Viele<br />
deutsche Unternehmen waren nicht gut auf<br />
das Gesetz vorbereitet. Dort hat man aber<br />
schon festgestellt, dass man als Lieferant<br />
auch ohne ausdrückliche Verpflichtung von<br />
Kunden nach entsprechenden Maßnahmen<br />
gefragt wird, wenn man im Geschäft bleiben<br />
will“, betonte Hummer. Österreichische Unternehmen<br />
seien folglich gut beraten, sich auf<br />
Kommendes einzustellen, auch wenn sie in der<br />
ersten Welle noch nicht betroffen seien. In diesem<br />
Zusammenhang verwies Hummer auf das<br />
‚Lieferkettengesetz Volksbegehren‘ vom April<br />
<strong>2023</strong> in Österreich, das in der Öffentlichkeit bisher<br />
kaum Widerhall gefunden habe.<br />
Prof. Dr. Helmut Zsifkovits (Montanuniversität<br />
Leoben) bezog sich als Jury-Vorsitzender des<br />
„Austrian Supply Excellence & Digital Procurement<br />
Award“ (ASEA) auf die großen Herausforderungen,<br />
vor denen der Einkauf stehe,<br />
aber auch auf die Chancen, die es zeitnah<br />
zu nutzen gelte. Der BMÖ begebe sich dafür<br />
jedes Jahr auf die Suche nach Unternehmen,<br />
die im Einkauf Besonders geleistet hätten und<br />
damit einen Wertbeitrag zur Existenzsicherung<br />
schafften: „Dafür zeichnen wir Projekte aus,<br />
von denen andere Organisationen und Verantwortliche<br />
lernen können“, erklärte Zsifkovits.<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S22<br />
#DLK23<br />
Deutscher Logistik-<br />
Kongress<br />
Der Deutsche Logistik-Kongress ist die Netzwerkveranstaltung<br />
zu Logistik und Supply<br />
Chain Management. Hier treffen sich Entscheider<br />
und andere Logistikbegeisterte aus Industrie,<br />
Handel, Dienstleistung und Wissenschaft.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Think Networks - lautet das Motto des 40.<br />
Deutschen Logistik-Kongresses vom 18.-<br />
20. Oktober in Berlin. Drei Tage lang treffen<br />
sich die Fach- und Führungskräfte<br />
aus dem Wirtschaftsbereich Logistik, also aus<br />
Industrie, Handel und Logistikdienstleistung<br />
zum Netzwerken und zum fachlichen Austausch.<br />
Reale und digitale Netze sind wichtig,<br />
weil sie Transparenz und Agilität ermöglichen<br />
– innerhalb von Unternehmen und in der gesamten<br />
Lieferkette. Alle Beteiligten haben die<br />
gleichen Herausforderungen zu meistern –<br />
Dekarbonisierung und die Energiewende, Digitalisierung<br />
und KI, Fachkräftemangel und Human<br />
Resources, Resilienz in den Lieferketten.<br />
Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach der<br />
Zukunftsfähigkeit des Standortes Europa ein<br />
Thema, das alle Menschen in der Wirtschaft<br />
bewegt. Themen u.a.:
Warum ist die Logistik so wichtig?<br />
Im weltweiten Vergleich erhöhen hocheffiziente<br />
Logistikstrukturen die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />
Industrie und des Außenhandels.<br />
Sie sorgen dafür, dass es sich für die Unternehmen<br />
weiterhin lohnt, in Deutschland<br />
zu produzieren und die Waren<br />
von hier aus in alle Welt zu exportieren.<br />
Logistik- und Transportunternehmen<br />
sind unter anderem im Bereich Spedition,<br />
Transport, Lagerei, Umschlag und<br />
Verpackung tätig und bilden zusammen<br />
den drittgrößten deutschen Wirtschaftszweig.<br />
Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V.<br />
ist ein 1978 gegründeter gemeinnütziger<br />
Verein mit Sitz in Bremen. Mit fast<br />
11.300 Mitgliedern aus den Führungsebenen<br />
von Industrie, Handel, Dienstleistung<br />
und Wissenschaft sieht sich die BVL<br />
als Kompetenznetzwerk der Logistik.<br />
Die Basis des Vereins sind 38 Regionalgruppen,<br />
die ganz Deutschland, die<br />
Regionen Peking, Singapur, Shanghai,<br />
Hefei, Luxemburg, Kattowitz, São Paulo,<br />
Moskau, Istanbul sowie Teile der USA abdecken<br />
und jährlich rund 300 Veranstaltungen<br />
durchführen. In 25 der Gruppen<br />
gibt es zusätzlich Studentische Regionalgruppen.<br />
Die Mitgliederversammlung<br />
wählt den Vorstand. Infio: www.bvl.de<br />
•-Triple Transformation: Digitalisierung,<br />
Nachhaltigkeit und Resilienz als neue Leitlinien<br />
zukunftsfähiger Wertschöpfungsketten<br />
– Präsentation der Ergebnisse der neuen<br />
Trends und Strategien-Studie der BVL<br />
•-Cybersicherheit in Supply Chains – Secida-<br />
Geschäftsführer Alpha Barry präsentiert die<br />
Ergebnisse einer Studie im Auftrag der BVL<br />
•-Ausblick auf den Kongress 2024: Neuer<br />
Name, neuer Ort, neues Konzept…<br />
Wie zukunftsfähig ist der Standort Deutschland<br />
und Europa?<br />
Deutschland rutscht im Logistik-Ranking von<br />
Gold auf Bronze, Industrieunternehmen drohen<br />
mit Abwanderung, der desolate Zustand<br />
der Infrastruktur ist Dauerthema: Viele reden<br />
den Standort schlecht, aber wie kann es gemeinsam<br />
besser werden? Beim Eröffnungs-Panel<br />
des Kongresses sprechen der BVL-Vorstandsvorsitzende<br />
Prof. Dr.-Ing. Thomas<br />
Wimmer, Ilse Henne, CTO und Vorstandsmitglied<br />
bei thyssenkrupp Materials Services sowie<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Michael ten Hompel, geschäftsführender<br />
Institutsleiter des Fraunhofer<br />
IML in Dortmund, über den Standort Deutschland,<br />
den Nutzen von Kollaboration für die<br />
Lieferketten sowie den Aufbruch in ein neues<br />
Zeitalter mit künstlicher Intelligenz. Während<br />
beim Kongressauftakt die Zukunft des Standortes<br />
Deutschland im Fokus steht, dreht sich<br />
das Abschlussplenum um die Zukunftsfähigkeit<br />
und Wohlstandssicherung in Europa. Vernetztes<br />
Denken, miteinander arbeiten in Wissenschaft,<br />
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft –<br />
Wie gestalten wir unsere Zukunft gemeinsam?
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S24<br />
Die Energiewende aktiv gestalten<br />
Gleich zwei Fachsequenzen beschäftigen<br />
sich mit der Frage, wie die Energiewende in<br />
Deutschland und Europa bewältigt werden<br />
kann. Steigende Kosten, übermäßige Regulierung<br />
und die Notwendigkeit eines nachhaltigen<br />
Wirtschaftssystems wirken sich stark auf<br />
den europäischen Chemie- und Pharmasektor<br />
aus. Die industrielle Wettbewerbsfähigkeit<br />
steht auf dem Spiel. Welche Ansätze gibt es,<br />
um dieser Herausforderung gerecht zu werden?<br />
Darüber diskutieren am Donnerstag unter<br />
anderem Ralf Busche (BASF), Dr. Andreas<br />
Brockmeyer (Infraserv Logistics), Hanno Brümmer<br />
(Covestro Deutschland), Prof. Dr.-Ing.<br />
Przemyslaw Komarnicki (Fraunhofer IFF),<br />
Dr.-Ing. Frank Jenner (Ernst & Young) sowie<br />
Thomas Panzer (Bayer AG).<br />
THOMAS WIMMER<br />
Welche Standortfaktoren entscheiden über<br />
Zukunftsfähigkeit und Wohlstandssicherung in<br />
Europa? Die Teilnehmenden des Abschlusspanels<br />
gelten als Zukunftsmacher – in der Wertschöpfung,<br />
im internationalen Geschäft und<br />
im Politik-Business. Sie sprechen über Voraussetzungen<br />
für Zukunftsfähigkeit, Investitionen<br />
und Innovationen sowie Wertschätzung in der<br />
Kommunikation und im persönlichen Umgang<br />
– was ist, wird oder bleibt wichtig? Zu den Panelisten<br />
zählen Moritz Döbler Chefredakteur<br />
der Rheinische Post, Patrick Burghardt, Head<br />
of People & Organizational Development bei<br />
Daimler Trucks and Busses, VDMA-Präsident<br />
Karl Haeusgen, Sarah Ryglewski MdB, Staatsministerin<br />
beim Bundeskanzler sowie Frank<br />
Vorrath, Vice President Supply Chain Services<br />
bei Danfoss Climate Solutions.<br />
Die neuen Entwicklungen und Fortschritte bei<br />
der Energieeffizienz von Logistikstandorten<br />
stehen im Fokus einer zweiten Sequenz am<br />
Freitag. Die Potenziale für die Energieerzeugung<br />
und -einsparung an Logistikstandorten<br />
sind enorm. Die Initiative „Power of Logistics“,<br />
die als Teil des BVL Themenkreises Logistikimmobilien<br />
ins Leben gerufen wurde, hat diese<br />
Potenziale identifiziert und arbeitet daran, die<br />
Realisierung an möglichst vielen Standorten<br />
voranzutreiben. Es diskutieren unter anderem<br />
Kuno Neumeier (Logivest Gruppe und Sprecher<br />
des BVL Themenkreises Logistikimmobilien),<br />
Francisco Bähr (Four Parx / Logix Initiative Logistikimmobilien),<br />
Richard Schneider (fabrikon)<br />
sowie Volker Rügheimer (Volkswagen Group<br />
After Sales).<br />
Mehr zum Deutschen Logistik-Preis:<br />
www.bvl.de/dlp<br />
Mehr zum Wissenschaftspreis Logistik:<br />
www.bvl.de/wpl<br />
DLK Programm <strong>2023</strong>:<br />
https://bit.ly/3LUiX57<br />
DLK Teaser <strong>2023</strong>:<br />
https://youtu.be/pDAhV8LToDY
Gestaltung und Zukunft von Arbeit In der Arbeitswelt<br />
sollte der Mensch im Mittelpunkt<br />
stehen, ebenso wie bei der Frage, wie Arbeit<br />
heute und in Zukunft gestaltet werden sollte.<br />
Unter dem Motto „Vitamin BVL“ greift die BVL<br />
das Thema auf und verknüpft es mit den drei<br />
Bereichen Logistik, Supply Chain-Management<br />
und IT – drei untrennbar verwobene<br />
Bereiche, die schon immer ihren Platz im Programm<br />
des Deutschen Logistik-Kongresses<br />
gefunden haben. Am ersten Kongresstag drehen<br />
sich die Podiumsdiskussion am Nachmittag<br />
und die anschließende Fachsequenz um<br />
Human Resources, die schließlich viel mehr als<br />
Arbeitskraft sind. Am Donnerstagmorgen<br />
laden die Ladies in Logistics im Rahmen des<br />
Business Breakfast zu einem Gespräch zum<br />
Thema Karriere. Der Standortfaktor Personal ist<br />
auch Bestandteil des Abschlussplenums.<br />
Deutscher Logistik & Wissenschaftspreis Logistik<br />
Die Verleihung des „Oskars der Logistik“ zählt<br />
zu den Highlights des Deutschen LogistikKongresses,<br />
sie wird am Mittwochabend im Kongresshotel<br />
Intercontinental stattfinden. Die<br />
Jury mit ihrer Vorsitzenden Dr. Ursula Weidenfeld<br />
zeichnet vorbildliche Konzepte aus, die<br />
trotz aller Widrigkeiten der zurückliegenden<br />
Monate entwickelt und implementiert worden<br />
sind – besonders innovative und nachhaltige<br />
Lösungen werden mit diesem Preis ausgezeichnet,<br />
um sie zu fördern und zur Nachahmung<br />
anzuregen. Vier Unternehmen stehen<br />
mit innovativen Projekten im Finale des Deutschen<br />
Logistik-Preises. Die Finalisten des Wissenschaftspreises<br />
Logistik <strong>2023</strong> präsentieren<br />
am Mittwochnachmittag ihre Arbeiten in kurzen<br />
Pitches, bevor die Jury direkt vor Ort den<br />
Preisträger ermittelt. (RED)<br />
KONZENTRIEREN SIE SICH AUF DAS WESENTLICHE.<br />
MIT LOGISTIK-OUTSOURCING VON LOGSERV.<br />
Wir verbinden, was zusammen gehört. Wirtschaftliche<br />
Abläufe und effiziente Transporte sind heute wichtiger<br />
denn je. Als Full-Service-Spezialist für industrielle Logistik<br />
sind Ihre Herausforderungen bei uns bestens aufgehoben.<br />
Kontrakt- und Projektlogistik<br />
Zolldienstleistungen<br />
Eisenbahn-Sicherungstechnik und -Bautechnik<br />
Instandhaltung Lokomotiven und Waggons<br />
Werkstätten Schwer- und Sonderfahrzeuge<br />
Fuhrparkmanagement<br />
Werksinterne Logistik<br />
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Logistik in Bewegung.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S26<br />
ECOMMMERCE LOGISTIK<br />
Österreichische<br />
Paketbranche<br />
braucht bessere<br />
Rahmenbedingung<br />
Der Zentralverband Spedition & Logistik ist<br />
eine Interessensvertretung auf freiwilliger<br />
Basis für Spediteure und Logistik-Dienstleister<br />
mit Speditionskonzession und fordert die Aufnahme<br />
von Paketzustellern in die Mangelberuf-Liste<br />
sowie ein Gütesiegel für Kleintransporteure<br />
und Investitionen in die Ladeinfrastruktur.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Der Jahresbericht 2022 der Rundfunk<br />
und Telekom Regulierungs-GmbH<br />
(RTR) zeigte nach den enormen Paket-Mengenzuwächsen<br />
während<br />
der Corona-Pandemie auch für das vergangene<br />
Jahr ein Plus: 2022 wurden 355,3 Mio. Pakete<br />
in Österreich befördert, was im Vergleich<br />
zu 2021 immer noch einen Zuwachs von 4,7 %<br />
bedeutet. Für Oliver Wagner, Geschäftsführer<br />
des Zentralverbands Spedition & Logistik, zeigt<br />
dies die enorme Bedeutung der Branche: „Um<br />
auch in Zukunft das Wirtschaftswachstum zu unterstützen<br />
und für den anhaltend boomenden<br />
Online-Handel sowie das B2B-Geschäft noch<br />
besser gerüstet zu sein, müssen einige Rahmenbedingungen<br />
verbessert werden. Steigende<br />
Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit,<br />
Teuerung, Mangel an urbanen Logistikflächen<br />
sowie fehlende Fachkräfte und fehlendes Zustellpersonal<br />
stellen die Speditions- und Logistikunternehmen<br />
vor größte Herausforderungen.“<br />
Wagner weiter: „Im Interesse von Bevölkerung,<br />
Mitarbeiter und betroffenen Unternehmen<br />
appellieren wir an die Politik, jetzt die richtigen<br />
Weichen für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Paketlogistik zu stellen. Wir sprechen hier<br />
von etablierten und erfolgreichen heimischen<br />
Unternehmen. Als Rückgrat der Wirtschaft und<br />
in hohem Maß wertschöpfender Sektor haben<br />
sie diese Wertschätzung mehr als verdient.“
Dem Mitarbeitermangel entgegentreten<br />
Um die Attraktivität der Branche am Arbeitsmarkt<br />
zu heben und die Nachwuchs-Findung<br />
zu erleichtern, bedürfe es geeigneter Maßnahmen,<br />
heißt es weiter. Zunächst sollten die<br />
Transportpartner, die in der Zustellung mit den<br />
Paketdienstleistern zusammenarbeiten, selbst<br />
vermehrt ihre offenen Stellen an das AMS melden.<br />
In Folge sie die Aufnahme von Paketzustellern<br />
in die Liste der Mangelberufe angesichts<br />
der Personalengpässe ein Gebot der<br />
Stunde. Im Sinne der Maximierung von Qualität,<br />
Transparenz und Nachhaltigkeit in der<br />
Speditions- und Logistikbranche, tritt Wagner<br />
für eine bundesweite Zertifizierungs-Offensive<br />
ein: „Möglichst viele Kleintransporteure sollen<br />
die Anforderungen eines österreichweit gültigen<br />
Gütesiegels als Qualitätszeichen führen<br />
können. Erste Ansätze dazu gibt es bereits.<br />
Damit könnte vielen ungerechtfertigten Bedenken<br />
in der medialen Öffentlichkeit entgegengetreten<br />
werden und die Attraktivität<br />
der Branche gehoben werden. Großteils nicht<br />
gerechtfertigten Vorwürfen – z. B. in punkto<br />
Nichtleistung von Sozialversicherungsabgaben<br />
– wäre damit jede Grundlage entzogen.“<br />
Weitere Herausforderungen<br />
Auch bei den weiteren Herausforderungen<br />
der Branche wie Kostendruck, nachhaltige<br />
Zustellung und den laufend steigenden<br />
Anforderungen der Empfänger nach<br />
Flexibilität und Transparenz bei der Zustellung<br />
sieht Wagner Handlungsbedarf: „Die<br />
Logistikunternehmen tun alles in ihrer Kraft<br />
stehende, um die flächendeckende Versorgung<br />
im Paketgeschäft sicherzustellen.<br />
Impulse der Politik – etwa bei der Ladeinfrastruktur<br />
– sind jedoch herzlich willkommen.<br />
Ein gutes Miteinander von Wirtschaft und Politik<br />
und gemeinsame Weichenstellungen für die<br />
Zukunft sind unerlässlich, um das weiterhin zu<br />
erwartende Wachstum zu stemmen. Wir freuen<br />
uns auf konstruktive Gespräche und rasche<br />
Lösung der drängenden Herausforderungen“,<br />
so Wagner abschließend. (RED)<br />
SICHER<br />
ANKOMMEN.<br />
Der Sicherheitsgurt wird im Fall<br />
eines Unfalls zum Lebensretter.<br />
Denn schon ab 30 km/h können<br />
die Folgen eines Aufpralls tödlich<br />
sein. Durch einen Handgriff kommen<br />
nicht nur Transportgüter<br />
sicher ans Ziel, sondern vor allem<br />
die Fahrerinnen und Fahrer – denn<br />
sie sind die wertvollste Fracht.<br />
ANGURTEN<br />
RETTET <strong>LE</strong>BEN!<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S28<br />
#ECOMLOG23<br />
Paketlogistik &<br />
Retourenmanagement<br />
Der globale Handel und E-Commerce bleiben<br />
trotz Krisen ein Wachstumstreiber. Eine<br />
funktionierende Logistik ist dabei unerlässlich.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
um die Anforderungen des Online-Handels<br />
zu erfüllen. Das Hauptziel der E-Commerce-<br />
Logistik besteht darin, die Kundenzufriedenheit<br />
zu maximieren, indem Lieferungen pünktlich,<br />
fehlerfrei und effektiv abgewickelt werden.<br />
ECOMLOG23 BlogTour HADOLT<br />
Rolf Hadolt, Geschäftsführer der HADOLT<br />
Gruppe, erinnert sich, dass die Entwicklung<br />
zum KEP-Dienstleister eigentlich Zufall war:<br />
„Damals haben wir noch nicht gewusst,<br />
dass dieser Bereich einmal zweistellige Zuwachsraten<br />
verzeichnen würde. Heute sind<br />
wir gut etabliert, haben unsere IT gut ausgebaut<br />
– sogar mit eigener Softwareabteilung<br />
– und viel in Automatisierung investiert.“ Die<br />
größten Herausforderungen für ein österr.<br />
Unternehmen dieser Größe sind seiner Meinung<br />
nach die Perfektionierung von Track &<br />
Tracing, um die Sequenzen zu verkürzen, sowie<br />
die ständige Weiterentwicklung. „Es gibt<br />
neue Softwareprodukte am Markt, die wir für<br />
uns implementieren. Das Wichtigste ist aber<br />
die entsprechende Automatisierung“, so Hadolt.<br />
Die Sendungen werden täglich bei den<br />
Kunden abgeholt und weltweit versendet.<br />
ROLF HADOLT<br />
E-Commerce-Logistik bezieht sich<br />
auf die Logistikprozesse und -aktivitäten,<br />
die mit dem elektronischen<br />
Handel verbunden sind. Sie umfasst<br />
die Organisation, den Transport, die<br />
Lagerung und die Zustellung von Waren für<br />
Online-Shops und E-Commerce-Unternehmen.<br />
Die E-Commerce-Logistik spielt eine<br />
entscheidende Rolle bei der Erfüllung von<br />
Bestellungen, der Verwaltung von Lagerbeständen,<br />
der Verfolgung von Lieferungen<br />
und der Gewährleistung einer effizienten und<br />
rechtzeitigen Lieferung an die Kunden. Sie ist<br />
eng mit technologiebasierten Lösungen wie<br />
Lagerverwaltungssystemen, Tracking-Tools<br />
und automatisierten Prozessen verbunden,<br />
„Der Retourenanteil ist sehr hoch, liegt teilweise<br />
über 50 Prozent“, erklärt Hadolt. Daher<br />
ist ein optimales Retourenmanagement unumgänglich.<br />
„Die Challenge liegt nicht im<br />
Versand zum Kunden, sondern in der Retoure<br />
zurück zum Onlinehändler, hier können Probleme<br />
auftauchen“, verrät Hadolt. Die Digitalisierung<br />
spielt hier eine wesentliche Rolle,<br />
etwa um Unterschiede beim Versandgewicht<br />
zum Retourengewicht zu erfassen. Die Automatisierungsrate<br />
liegt über 90 Prozent, insbesondere<br />
kleine Sendungen werden vom<br />
System erfasst. Große und sperrige Sendungen<br />
– wie beispielsweise Staubsauger – müssen<br />
manuell erfasst und gehandelt werden.<br />
„Bei einer Bestellung im Onlinehandel weiß<br />
der Kunde üblicherweise nicht, woher die<br />
Sendung kommt. Einen Anhaltspunkt liefert<br />
die Laufzeit – längere Laufzeit heißt längerer<br />
Weg.“ Oftmals ist der Kunde nicht glücklich,<br />
wenn er sieht, woher sein Paket kommt – aber<br />
im Endeffekt zähle für viele der Preis. Für Hadolt<br />
ist klar, wie sich die stark gestiegenen Retourenmengen<br />
– früher lagen sie bei rund 25
Prozent, jetzt sind sie doppelt so hoch<br />
– reduzieren ließen: „Würde das Retournieren<br />
etwas kosten, wären es nicht so<br />
viele. Durch den hohen Preisdruck sind<br />
wir stets gefordert, in Digitalisierung und<br />
Automatisierung auf dem neuesten<br />
Stand zu bleiben und möglichst wenig<br />
Personal einzusetzen, um größere Mengen<br />
zu handeln.“<br />
"Die Bedeutung einer effektiven Logistik<br />
für den Handel und E-Commerce kann<br />
nicht genug betont werden", bekundet<br />
Markus Jaklitsch, Geschäftsführer<br />
von LOGISTIK express. ."Wir unterstützen<br />
Kunden bei der Kundmachung von<br />
Unternehmensnews und bieten maßgeschneiderte<br />
Dienstleistungen für<br />
Ihre crossmediale Kommunikation an."<br />
LOGISTIK express, ein führendes Fachmedium<br />
von Intralogistik- und Transportlogistiklösungen<br />
für Handel & Industrie,<br />
informiert täglich, fachlich - sachlichaktuell.<br />
(RED)<br />
Durch die aktuelle wirtschaftliche Situation<br />
ist es für Hadolt aktuell wieder etwas<br />
einfacher, qualifiziertes Personal zu<br />
bekommen – das war die letzten Jahre<br />
nicht so. Durch die hohe Inflation und<br />
die gestiegenen Kosten (Anhebung<br />
des Kollektivlohns um 7 %, Reduktion<br />
der Normalarbeitszeit auf 38,5 Wochenstunden<br />
und Teuerungsprämien im Jahr<br />
<strong>2023</strong>) versucht Hadolt jedoch, den Personalbedarf<br />
möglichst gering zu halten<br />
und höhere Sendungsvolumen durch<br />
Automation zu bewältigen. Gerade asiatische<br />
Onlinehändler sind interessiert<br />
an einer konsolidierten Lieferung nach<br />
Europa – eines der Spezialgebiete des<br />
Unternehmens. „Durch bessere Abläufe<br />
wird der Transport günstiger, weshalb<br />
der E-Commerce in den kommenden<br />
Jahren noch internationaler sein wird“,<br />
ist Hadolt überzeugt. Aktuell kommen<br />
konsolidierte Sendungen via Flugzeug<br />
oder Container nach Europa. Er rechnet<br />
damit, dass mit einem Steigen der<br />
Frachtraten diese Mengen wieder zurückgehen<br />
werden – ein klarer Beweis<br />
dafür, dass die Versandkosten eine wesentliche<br />
Rolle spielen.<br />
Mehrwert in<br />
jedem Schritt.<br />
Ihr Value Chain<br />
Tech Partner<br />
knapp.com<br />
Dank Photovoltaikanlage auf dem<br />
Dach ist das Betriebsgebäude in Graz<br />
energieautark, der Fuhrpark wurde auf<br />
Mild-Hybrid umgestellt. „Wir fahren nicht<br />
nur die letzte Meile zum Kunden mit<br />
neuer Technologie, sondern die gesamte<br />
Strecke. So haben wir 15-20 Prozent<br />
weniger CO2-Ausstoß, um unseren Fußabdruck<br />
kleiner zu machen“, verkündet<br />
Hadolt. Durch den Einsatz von KI rechnet<br />
er damit, dass sich in den kommenden<br />
Jahren noch viele Prozesse vereinfachen<br />
und beschleunigen lassen. .<br />
KNAPP AG<br />
Günter-Knapp-Straße 5-7<br />
8075 Hart bei Graz<br />
Tel: +43 5 04952 0
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S30<br />
Die nachhaltige<br />
E-Commerce-<br />
Logistik ist und bleibt<br />
ein zentrales und<br />
herausforderndes,<br />
spannendes<br />
Themenfeld – trotz<br />
geopolitischer Krisen
#ECOMLOG23<br />
Der 8. eCommerce<br />
Logistik-Day <strong>2023</strong> war<br />
thematisch umfangreich<br />
und ein großer Erfolg und<br />
wird 2024 am 7.10. in Wien<br />
stattfinden.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S32<br />
#ECOMLOG23<br />
eCommerce Logistik-<br />
Day <strong>2023</strong> – irgendwie<br />
geht’s immer weiter<br />
Erstmals nach stetem Wachstum gab es ein<br />
Minus im Distanzhandel, die Prognosen sind<br />
mau. Auf dem 8. eCommerce Logistik Tag<br />
wurden Strategien präsentiert, wie den aktuellen<br />
Herausforderungen – Mitarbeitermangel<br />
und Nachhaltigkeitsforderungen beispielsweise<br />
– erfolgreich begegnet werden<br />
kann.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Das Line-up der Veranstaltung, die<br />
im Trompetensaal im Haus der Österreichischen<br />
Post am Rochusmarkt<br />
stattfand, konnte sich durchaus<br />
sehen lassen: Peter Umundum, Vorstand<br />
der Post AG, Rainer Will, Geschäftsführer des<br />
Handelsverbands Österreichs, Harald Gutschi,<br />
Geschäftsführer der OTTO UNITO-Gruppe,<br />
Siegfried Zwing, Geschäftsführer von redPILOT<br />
(KNAPP-Gruppe), Wolfgang Einer, Executice<br />
Vice President Logistics Solutions der Österreichischen<br />
Post AG, Norbert Benesch, Territory<br />
Account Manager Österreich bei PROGLOVE<br />
und Marco Zahler, Sales bei der Körber Supply<br />
Chain Logistics GmbH (KOERBER-Gruppe) gaben<br />
sich vor Ort die Ehre, zudem gab es noch<br />
Video-Zuspielungen mit Roman Stiftner, Präsident<br />
der BVL Österreich sowie Oliver Wagner,<br />
Geschäftsführer des Zentralverbands Spedition<br />
& Logistik sowie eine aufschlussreiche Podiumsdiskussion<br />
unter der Leitung von Peter<br />
Nestler, Herausgeber des Umwelt Journals &<br />
Redakteur bei LOGISTIK express. Von aktuellen<br />
Lageberichten über Tendenzen und Prognosen<br />
bis hin zu speziellen Lösungsansätzen und<br />
Technologieszenarien in der Logistik war für<br />
jeden der zahlreichen Fachbesucher etwas<br />
dabei. Das traf auch auf das zuerst süße, dann<br />
pikante Buffet zu, an dem man sich zwischendurch<br />
und im Anschluss an die Veranstaltung<br />
beim Networking gütlich tun konnte.<br />
E-Commerce: Zenit überschritten?<br />
Peter Umundum, Vorstandsmitglied der Österreichischen<br />
Post AG, ist für die Division Paket<br />
& Logistik zuständig und kennt sich daher bestens<br />
aus, wenn es um Versand geht. Nach<br />
einem Rückgang des Paketvolumens von<br />
30.4.2022 bis 30.4.<strong>2023</strong> auf 433 Millionen im<br />
Vergleich zu den 453 Millionen Sendungen im<br />
Jahr davor, gab es im Verlauf dieses Jahres in<br />
allen Geschäftsregionen wieder Zuwächse,<br />
insbesondere im CEE-Raum (19% Plus). Doch<br />
woher kommt dieses Plus? „Das Chinageschäft<br />
ist ein großer Treiber, die Waren kommen<br />
über Südost-Europa. Unsere drei größten<br />
Kunden sind Amazon, die Deutsche Post und<br />
an dritter Stelle folgt schon Alibaba.“ Umundum<br />
geht davon aus, dass der e-Commerce<br />
den Zenit noch lange nicht überschritten hat,
und die Gründe dafür liegen für Ihn klar auf<br />
der Hand: „Die Convenience ist beim Onlinehandel<br />
deutlich größer als beim stationären<br />
Handel, zudem ergeben sich wesentlich<br />
einfachere Preisvergleichsmöglichkeiten.<br />
Im Gegensatz zu früheren Annahmen weiß<br />
man heute, dass der Onlinekauf hinsichtlich<br />
Logistik sogar nachhaltiger ist, als der stationäre<br />
Handel – bedingt durch die Konsolidierungsmöglichkeiten<br />
im Transport und der Zustellung.<br />
Zu guter Letzt ist der Handel an die<br />
gesamte Wirtschaftsentwicklung gekoppelt,<br />
und da gehe ich von einer Verbesserung<br />
aus.“ Das Vertrauen in die positive Entwicklung<br />
des Paketgeschäfts führt dazu, dass zusätzlich<br />
zu den schon erfolgten Bauten noch<br />
weitere hohe Investitionen geplant sind – insbesondere<br />
der Ausbau der Logistikzentren.<br />
Erst Ende September ging das neue Logistikzentrum<br />
in Wien in Betrieb, in dem ein 3-Sorter-Hybridsystem<br />
zum Einsatz kommt. „In der<br />
neuen Anlage ist eine vollautomatische Entladung<br />
in Betrieb“, freut sich Umundum. Doch<br />
wo viel Licht, da auch Schatten: das Briefgeschäft,<br />
ursprünglich stärkstes Steckenpferd der<br />
Post, schrumpft, und das wird aller Voraussicht<br />
nach auch so bleiben.<br />
Mit 1 Million Abstellgenehmigungen, 680 Versandstationen<br />
und 70.000 Empfangsboxen ist<br />
es kein Wunder, dass die Erstzustellquote im<br />
Paketbereich konstante 93,9 Prozent beträgt<br />
– Zahlen, von denen andere Paketdienstleister<br />
nur träumen können. Trotzdem gibt es Überlegungen,<br />
diese Quoten noch weiter zu verbessern,<br />
beispielsweise durch digitale Schlösser,<br />
die dem Zusteller einmaligen Zutritt in den<br />
Eingangs- oder Wohnbereich des Adressaten<br />
gewähren. „Wir arbeiten daran, 2.000 Telefonhäuschen<br />
in Ballungsräumen als Poststationen<br />
umzufunktionieren, wobei die Notruffunktion<br />
selbstverständlich erhalten bleibt“, erklärt Umundum.<br />
Auch im Bereich Nachhaltigkeit tut
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S34<br />
ANGELIKA GABOR<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
sich einiges, wie etwa das seit wenigen Monaten<br />
verfüg bare „Post Loop“-Service. „Die<br />
Verpackung wird mit Pfand gekauft, nach<br />
Gebrauch gefaltet und zurückgesendet. Sie<br />
wird dann gereinigt und kommissioniert und<br />
bis zu dreißig Mal verwendet“, verrät Umundum.<br />
Generell setzt die Post viele Initiativen zur<br />
Nachhaltigkeit, so ist beispielsweise seit Beginn<br />
der Messung der CO2 Emissionen im Jahr 2009<br />
der Ausstoß gesunken, obwohl die Mengen im<br />
selben Zeitraum um 70 Prozent gestiegen sind.<br />
Grund dafür ist eine Vielfalt an Maßnahmen,<br />
allen voran die Umstellung des Fuhrparks auf<br />
Elektromobilität. Umundum: „Unser Ziel ist es,<br />
bis 2040 die „Net Zero“ zu erreichen. Schon<br />
heute erfolgt die Zustellung in Graz zu 100<br />
Prozent grün, in Innsbruck, Salzburg und Wien<br />
sind wir in der Umsetzungsphase.“ Neben den<br />
reinen Elektrofahrzeugen testet die Post auch<br />
Alternativen, wie LNG-LKW im Schwerlastverkehr,<br />
deren Kauf jedoch nicht weiter verfolgt<br />
wird. Aktuell im Test: 3 HVO100-Fahrzeuge (HVO,<br />
Hydrotreated Vegetable Oils, synthetischer<br />
Diesel Anm.): „Das funktioniert im Testbetrieb<br />
wirklich gut, die CO2-Einsparung liegt bei 70-<br />
80 % bei etwa 7-10 % Mehrkosten im Vergleich<br />
zu regulärem Diesel. Aber auf der Langstrecke<br />
wird sich unserer Meinung nach Wasserstoff<br />
durchsetzen – entsprechende Fahrzeuge<br />
haben wir schon bestellt.“<br />
Retail in Österreich. Die Großwetterlage<br />
Seit mehr als 100 Jahren ist der Handelsverband<br />
als Interessensvertretung österreichischer<br />
Handelsunternehmen aktiv – egal, ob<br />
stationärer Handel, oder seit einigen Jahren<br />
der e-Commerce. Die letzten Monate zeigen<br />
keine rosige Bilanz, wie Handelsverbands-Geschäftsführer<br />
Rainer Will resümiert: „Alle Sparten<br />
sind rückläufig, lediglich Mode und Körperpflege<br />
weisen geringe Zuwächse aus.<br />
Wir verzeichneten 10 Prozent mehr Insolvenzen<br />
bei den Handelsunternehmen. Es kam im<br />
ersten Halbjahr <strong>2023</strong> bereits zu 6.400 Standortschließungen<br />
und nur 15 Prozent der Händler<br />
erwarten für das laufende Geschäftsjahr einen<br />
Gewinn.“ Wie die aktuellen Ergebnisse der<br />
Händlerbefragung zeigen, plant mehr als die<br />
Hälfte einen Investitionsstopp und knapp ein<br />
Drittel muss aus Kostengründen Personal abbauen<br />
– eigentlich paradox, bedenkt man, dass<br />
oft verzweifelt Mitarbeiter benötigt werden.<br />
Die aktuelle Teuerung bewirkt zudem eine<br />
größere Zurückhaltung beim Expansionsverhalten.<br />
Doch die Inflation ist nicht das einzige<br />
Problem, das die Unternehmen plagt: „Rund<br />
30 Prozent der Händler warten noch immer<br />
auf die Auszahlung der Unterstützung durch<br />
die COFAG! Zudem hat Österreich neben<br />
Belgien und Deutschland die höchsten Lohnnebenkosten<br />
in Europa“, so Will. Das führt<br />
dazu, dass man bei einer Anhebung von 20<br />
auf 30 Wochenstunden Arbeitszeit zwar um 50<br />
Prozent mehr Stunden arbeitet, aber nur rund<br />
ein Drittel mehr Lohn ausbezahlt bekommt –<br />
nicht unbedingt ein Anreiz. „Ich hoffe, es gibt<br />
im kommenden Jahr einen echten Reallohnzuwachs<br />
– davon würde auch unsere Branche<br />
profitieren.“<br />
Der Handel befindet sich inmitten einer Technologie-Revolution,<br />
bereits heute nutzen Kunden<br />
bevorzugt das Handy für Online-Shopping.<br />
„Binnen zwei Jahren ist die Anzahl der<br />
Webshops von 9.000 auf 12.000 angewachsen,<br />
rund 8 Prozent der Händler nutzen aktuell<br />
Künstliche Intelligenz -aber ein Viertel möchte<br />
noch in diesem Jahr in eine KI investieren “, erklärt<br />
Will. Der Shopping Index <strong>2023</strong> zeigt, dass<br />
die Kluft zwischen dem Angebot des Handels<br />
und den Wünschen der Kunden nach wie vor zu<br />
groß ist: „Viele Kunden würden sich wünschen,<br />
online die Filialverfügbarkeit gezeigt zu bekommen.<br />
Die Daten dazu müssen aufgrund der<br />
Inventur und des Warenmanagementsystems<br />
theoretisch bei jedem vorhanden sein, trotzdem<br />
wird diese Funktion kaum angeboten.“<br />
Doch auch andere Wünsche bleiben Großteils<br />
unerfüllt, wie die Studie zeigt: während 82<br />
Prozent der Kunden einen konkreten Zustelltag<br />
einer Bestellung wissen wollen, bieten das<br />
lediglich 13 Prozent an. Und während 38 Prozent<br />
der Kunden eine Same Day Delivery bevorzugen,<br />
ist diese Option nur bei 5 Prozent<br />
der Händler möglich. Eine WhatsApp-Kontaktaufnahme<br />
wünschen sich 30 Prozent, angeboten<br />
wird es von 9 Prozent. Bedenkt man,<br />
dass laut HV-Konsumbarometer stolze 97 Prozent<br />
der Bevölkerung die Teuerung spüren und<br />
dadurch ihr Einkaufsverhalten entsprechend<br />
anpassen, wäre es umso wichtiger, diesen<br />
Wünschen entsprechend zu begegnen, um<br />
das Einkaufserlebnis zu verbessern.
Generell zeigt sich ein Aufholbedarf der Konsumenten<br />
in gewissen Bereichen, weiß Will:<br />
„Die Wareneinkäufe sind zurückgegangen,<br />
insbesondere bei Büchern und Möbeln. Dafür<br />
sind die Ausgaben für Reisen, Freizeit und Essen<br />
gestiegen.“ Ein unübersehbarer Trend: vegane<br />
Produkte. „Wir gehen davon aus, dass bis<br />
zum Jahr 2030 400 Milliarden Euro jährlich für<br />
vegane Lebensmittel ausgegeben werden.“<br />
Natürlich hat der Handelsverband auch entsprechende<br />
Vorschläge an die Politik, wie die<br />
Situation sich verbessern ließe: Neben einem<br />
Händlerfokus bei der Ausgestaltung des EKZ II<br />
(Energiekostenzuschuss, Anm.) und einer sofortigen<br />
Auszahlung der fehlenden Corona-<br />
Entschädigungen empfiehlt der Handelsverband<br />
eine steuerliche Gleichstellung von<br />
Fremd- und Eigenkapital, eine rasche Arbeitsmarktreform<br />
und die Abschaffung der Mietvertragsgebühr.<br />
Auch ein flächendeckender<br />
Ausbau der Kinderbetreuung würde den Handelsangestellten<br />
stark zu Gute kommen. Eine<br />
Lösung für den Fachkräftemangel wäre eine<br />
Ausweitung der Zuverdienstgrenzen für Pensionisten.<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S36<br />
#ECOMLOG23<br />
Die Logistik aus<br />
Vertriebssicht –<br />
best practice der<br />
Otto Group<br />
Als ehemaliger Kataloghändler umfasst die<br />
Otto-Gruppe heute mehr als 120 Unternehmen<br />
in über 30 Ländern. Als Geschäftsführer<br />
der Otto Unito-Gruppe ist Harald Gutschi<br />
für rund 41.000 Mitarbeiter verantwortlich.<br />
Grund genug, sich genau mit Trends und Optimierungsmöglichkeiten<br />
zu beschäftigen.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Pro Jahr wickelt die Unito Logistik 4 Millionen<br />
Sendungen und 1,5 Millionen<br />
Retouren ab. Trotz all dieser Transportdienstleistungen<br />
kommt die Gruppe<br />
ihrem Ziel, bis 2030 komplett klimaneutral zu<br />
sein, immer näher. Teil des Gesamtkonzepts<br />
sind neben der Nutzung recycelbarer Verpackung<br />
Kooperationen mit Wildplastic (verwertet<br />
Kunststoff-Müll weiter) und Traceless (erforscht<br />
Plastik-Alternativen).<br />
Nach extrem erfolgreichen Covid-Jahren mit<br />
höchsten Wachstumsraten (insbesondere bei<br />
Garten, Möbeln, Büchern und Dekoration)<br />
ging der Umsatz im Jahr 2022 um 8 Prozent zurück,<br />
allerdings rechnet Gutschi für 2024 wieder<br />
mit einem deutlichen Plus. Auch Gutschi<br />
nimmt eine Änderung bei der Ausgabenstruktur<br />
der Kunden wahr: „Die Menschen geben<br />
die Hälfte ihrer Konsumausgaben für Urlaub<br />
und Freizeit aus. Bei der Mode sehen wir, dass<br />
mehr Basics gekauft werden, die man länger<br />
tragen kann. So sind unsere Bestseller im Bereich<br />
Living derzeit Legosteine, Handtücher,<br />
Töpfe und Bettwäsche. Doch auch Matratzen<br />
sind ein Verkaufshit, da sie online viel billiger<br />
sind, als im stationären Handel – allerdings<br />
auch schwer zu versenden.“ Otto ist der Marktführer<br />
im Bereich der Weißware und zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass bei der Lieferung der<br />
Waren auch die entsprechenden Fachkräfte<br />
– Installateure, Elektriker oder Tischler – mitkommen,<br />
um den sachgerechten Auf- und<br />
Einbau samt Anschluss zu gewährleisten. Premiummöbel<br />
werden sogar von Mitarbeitern<br />
mit Handschuhen geliefert, um das Material<br />
zu schonen.<br />
Basis für das Versandgeschäft sind natürlich<br />
gut ausgebaute Logistikstandorte – aktuell<br />
wird in Polen ein zusätzlicher Logistik-Hub errichtet.<br />
Gutschi: „Dr. Otto wollte eigentlich<br />
einen Standort in der DACH-Region, aber es<br />
ist unmöglich, ausreichend Personal zu finden.<br />
Polen hingegen erlaubt auch die Sonntagsarbeit,<br />
das macht es leichter.“ Im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit betreibt die Unternehmensgruppe<br />
auch eigene Retourenfabriken-Standorte,<br />
wo die zurückgesendeten Waren sortiert<br />
und aufbereitet werden. Die Retouren glie-
dern sich in zwei Hälften: die eine Hälfte wird<br />
tatsächlich zurückgeschickt, und die andere<br />
Hälfte wird wegen Zahlungsschwierigkeiten<br />
zurückgeholt – Tendenz steigend. „Man merkt,<br />
dass die Zahlungsmoral direkt nach den Urlaubsmonaten<br />
schlechter ist, auch im stationären<br />
Handel wird dann mehr gestohlen“,<br />
meint Gutschi.<br />
Die wachsende Beliebtheit von Plattformen<br />
wie Temu und Shein sieht Gutschi mit Sorge<br />
– nicht nur wegen der Konkurrenz: „Bei der<br />
Produktion der Waren in China kommen Chemikalien<br />
zum Einsatz, die in Europa nicht mehr<br />
erlaubt sind. Der Transport erfolgt per Flugzeug,<br />
das ist natürlich überhaupt nicht nachhaltig.<br />
Leider ist das mehr und mehr Kunden<br />
egal.“ Wenig Sorge hingegen bereitet ihm<br />
der anstehende nächste Technologiesprung,<br />
entsprechend des Zyklus 6 nach Kondradieff,<br />
vom Onlinehändler zum KI-Händler: „Maschinen<br />
machen die Preise automatisch, und automatische<br />
Dispositionssysteme erlauben 20<br />
Prozent weniger Lagerstand bei gleichzeitig<br />
1-2 Prozent mehr Verfügbarkeit. Dabei werden<br />
auch Faktoren wie das Wetter einbezogen,<br />
um Absatzzahlen zu prognostizieren, das<br />
schafft ein Mensch allein nicht.“<br />
Durch den Preisverfall bei Modellen, Speicherplatz<br />
und Cloudlösungen sieht Gutschi einen<br />
großen Schritt nach vorne, was die Entwicklung<br />
betrifft. Da in manchen Gegenden einfach<br />
zu wenige Mitarbeiter fürs Lager zu bekommen<br />
sind, setzt die Otto Gruppe zukünftig<br />
auf die Roboter Spot® und Stretch von Boston<br />
Dynamics, wie eine im September verkündete<br />
strategische Partnerschaft besagt. In den<br />
nächsten zwei Jahren sollen diese Roboter die<br />
Logistikabläufe in mehr als 20 Logistikzentren,<br />
angefangen bei Hermes Fulfilment, automatisieren<br />
helfen. Dabei bewegt sich der hundeähnliche<br />
Spot® zur Sicherheit und proaktiven<br />
Wartungserkennung durchs Lager, während<br />
Stretch selbständig Frachten entlädt. Gutschi<br />
geht davon aus, dass in spätestens 5 bis<br />
10 Jahren Roboter Funktionen in unserem Alltag<br />
übernehmen werden.<br />
ANGELIKA GABOR<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S38<br />
Navigate to Operational Excellence –<br />
Wie betreibt man ein Logistiksystem zu<br />
jeder Betriebsstunde am Optimum?“<br />
Siegfried Zwing, Geschäftsführer von redPILOT,<br />
sieht drei aktuelle Hauptprobleme<br />
beim Betrieb von Logistikstandorten:<br />
„Erstens weiß man nicht, welche Aufträge am<br />
nächsten Tag ankommen – weder die Menge,<br />
noch die Struktur, und die Art der Verpackung<br />
wirkt sich auf das nötige Handling aus.<br />
Zweitens werden die Systeme immer komplexer,<br />
etwas was das Volumen anbelangt. Das<br />
dritte und vielleicht größte Problem ist die<br />
Unverfügbarkeit von Lagermitarbeitern.“ Um<br />
sich diesen Herausforderungen erfolgreich<br />
zu stellen, wurde quasi ein „Navi für Lagerleiter“<br />
geschaffen – die redPILOT App, die bei<br />
der Nutzung des Standortes unterstützt. Das<br />
System verfügt über die drei Bereiche Planner,<br />
Optimizer und Improver. Die Automatisierte<br />
Planung (Planner) prognostiziert Mengen<br />
und plant dementsprechend den Ressourceneinsatz.<br />
Optimizer gibt Handlungsempfehlungen<br />
im laufenden täglichen Betrieb<br />
anhand der tatsächlichen Auftragslage<br />
ab, damit die Ressourcen optimal eingesetzt<br />
werden. Improver schließlich beschreibt<br />
das maschinelle Lernen, wobei Betriebsdaten<br />
genutzt werden, um zukünftige Planungen<br />
und Empfehlungen zu verbessern.<br />
Mit Hilfe der Team-App können Mitarbeiter<br />
ideal eingesetzt werden, aber auch gegenseitig<br />
Schichten tauschen oder Urlaube planen.<br />
Zwing: „Die Automation ist die probate<br />
Lösung für Personalmangel. So haben wir beispielsweise<br />
für EDEKA einen vollautomatischen<br />
Standort im Lebensmittelbereich umgesetzt,<br />
in dem trotzdem noch 1.200 Mitarbeiter beschäftigt<br />
sind.“
Automatisierung der E-Commerce Abwicklung<br />
Es ist hinreichend bekannt, dass die Post bei<br />
der Umsetzung von Omnichannel-Modellen<br />
unterstützt. „Das umfasst auch den Support<br />
auf 1st und 2nd Level“, betont Wolfgang Einer,<br />
Executice Vice President Logistics Solutions<br />
der Post AG. Egal ob Lagerung, Fulfilment,<br />
Verpackung, Zustellung oder Retoure und<br />
Aufbereitung, die Post bietet sämtliche nötigen<br />
Serviceleistungen an. Eine leistungsfähige<br />
Autostore-Lösung mit 29.000 Behälterstellplätzen<br />
und 35 Robotern ist dabei eine große Hilfe.<br />
„Im Jahr 2021 trat DM an uns heran und fragte,<br />
was passieren würde, wenn es in den<br />
nächsten Jahren 400 bis 500 Prozent Wachstum<br />
gäbe. Schon damals arbeiteten wir zu<br />
Spitzenzeiten im 3-Schicht-Betrieb, solch eine<br />
Leistungssteigerung wäre unmöglich gewesen.“<br />
Nach eingehender Prüfung verschiedener<br />
Optionen fiel die Wahl zugunsten der<br />
Autostore-Lösung. „Das System ist skalierbar<br />
und zukunftssicher. Die bei der Auslagerung<br />
eingesetzten Saug-Greif-Roboter sind so sensibel,<br />
dass sie sogar einen einzelnen Kajal<br />
picken können“, berichtet Einer. Trotz dieser<br />
Innovationen ist er davon überzeugt, dass der<br />
Mensch im Lager auch in Zukunft immer nötig<br />
sein wird, zumindest, um alles zu überwachen.<br />
Und wie sieht es mit KI aus? „Die momentan<br />
erhältlichen KI-Applikationen sind nur der Anfang.<br />
Wer nicht daran arbeitet, wird in Zukunft<br />
nicht erfolgreich handlungsfähig sein“, ist<br />
Wolfgang Einer überzeugt.<br />
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Scan me
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S40<br />
Produktivitätssteigerung durch erhöhte Geschwindigkeit<br />
und Genauigkeit beim Scanprozess<br />
Zeit ist Geld, das gilt insbesondere in der Logistik.<br />
Norbert Benesch, Territory Account Manager<br />
Österreich von PROGLOVE präsentierte<br />
eine Lösung, um die Produktivität im Lager<br />
durch besseres Scannen massiv zu steigern.<br />
Ursprünglich als StartUp bei BMW gestartet,<br />
beschäftigt das Unternehmen heute 400 Mitarbeiter,<br />
die den Menschen in den Mittelpunkt<br />
ihrer Innovationen stellen. Der von PROGLOVE<br />
entwickelte Scanner ist besonders leicht und<br />
klein und daher für den Mitarbeiter weniger<br />
belastend – aber keinesfalls weniger leistungsfähig.<br />
„Kunden haben uns erzählt, dass sie<br />
durch den Einsatz unserer Scanner Produktivitätszuwächse<br />
von 20 Prozent bei gleichzeitig<br />
33 Prozent weniger Fehlern feststellen konnten.<br />
Zudem haben Sicherheit und Gesundheit<br />
der Mitarbeiter bei dieser repetitiven Arbeit<br />
zugenommen“, so Benesch stolz. Bei einem<br />
Kunden im Fulfilment/Wareneingangsbereich<br />
konnten 27 Prozent mehr Pakete pro Stunde<br />
abgewickelt werden, bei einem Kunden im<br />
Automobilbereich konnten 1.600 Stunden<br />
Montagezeit eingespart werden.<br />
– akustisch, haptisch und via audio, sind einfach<br />
zu bedienen, scannen überaus genau<br />
auch aus schwierigen Winkeln und glänzen<br />
durch jederzeit verfügbare Daten zu jedem<br />
einzelnen Gerät.“ PROGLOVE hat aktuell fünf<br />
verschiedene Modelle im Sortiment, abhängig<br />
von Bereich, Distanz und Einsatzgebiet, wobei<br />
für jeden Kunden eine maßgeschneiderte<br />
Lösung entwickelt wird. Die hauseigene Software<br />
INSIGHT gibt es in drei Varianten, für mobile<br />
Arbeitskräfte gibt es die eigene Software<br />
INSIGHT Mobile. „Der ROI liegt bei unseren Lösungen<br />
bei etwa 6 Monaten“, erklärt Benesch.<br />
Die Zufriedenheit der Mitarbeiter zahlt sich jedenfalls<br />
immer aus.<br />
Der Scanner ist so klein und praktisch, dass<br />
er bequem in Wearables getragen werden<br />
kann, oder auch an einem Reel am Gürtel.<br />
Benesch: „Die Scanner bieten 100 Prozent<br />
Beweglichkeit, eine mobile Mitarbeiterführung
Touchless Hub<br />
Vor etwas mehr als einem Jahr schloss Körber<br />
die Übernahme des globalen Post- und Paketgeschäfts<br />
von Siemens Logistics ab. Die Bündelung<br />
der Kompetenzen führt zu Entwicklungen,<br />
die der Realisierung einer „Lights<br />
Out Facility“ näherkommen lassen. „Allerdings<br />
denke ich nicht, dass sich diese Idee<br />
mittelfristig umsetzten lässt“, meint Marco<br />
Zahler, Salesexperte der Körber Supply Chain<br />
Logistics GmbH. Auch bei Körber steht die<br />
Lösung des Arbeitskräftemangel-Problems<br />
auf der Tagesordnung. Doch ist eine Anlage<br />
komplett ohne Menschen machbar?<br />
„Es stehen schon heute diverse Technologien<br />
zur Automatisierung zur Verfügung, allerdings<br />
gestaltet sich das beispielsweise bei der Beund<br />
Entladung heterogener Artikel durchaus<br />
als schwierig“. Mit teilautomatisierten<br />
Lösungen werden Mengen von bis zu 3.000<br />
Paketen pro Stunde erreicht. Das Herzstück<br />
der von ihm präsentierten Anlage ist die Vereinzelung<br />
vor dem Scan in Richtung Sorter.<br />
„Das Vision-System beurteilt die Pakete und<br />
schleust unpassende Sendungen automatisch<br />
aus – beispielsweise, weil sie zu groß und<br />
zu schwer sind oder schlicht die falsche Form<br />
haben“, erklärt Zahler. Dabei lernt das System<br />
selbst immer weiter und verbessert die Erkennung.<br />
Der in der Anlage eingesetzte Saugroboter<br />
handelt bis zu 2.200 Pakete bis maximal<br />
5 kg Pro Stunde. „Aufgrund der Gewichtsbegrenzung<br />
eignet er sich vor allem für das das<br />
Kleinteilehandling“, berichtet Zahler. (RED)<br />
Was erwartet<br />
den europäischen<br />
Lebensmittelhandel?<br />
Produktion, Groß- und Einzelhandel<br />
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Aktuelle Trends und Herausforderungen der<br />
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LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S42<br />
#ECOMLOG23<br />
Wo stehen wir in<br />
fünf Jahren? Eine<br />
Podiumsdiskussion<br />
Unter der Moderation von Peter Nestler stellten<br />
sich Peter Umundum (Österreichische<br />
Post AG), Harald Gutschi (OTTO UNITO-<br />
Gruppe), Siegfried Zwing (redPILOT),<br />
Wolfgang Kubesch (BVL Österreich) und<br />
Joachim Horvath (Österreichische Verkehrszeitung)<br />
interessanten Fragen darüber,<br />
wohin die Reise geht.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Wenig überraschend geht Harald<br />
Gutschi davon aus, dass e-Commerce<br />
weiter wachsen wird: „In<br />
China beträgt der Anteil schon<br />
50 Prozent, und in diese Richtung geht es<br />
auch bei uns. Social Media und Live-Shopping<br />
haben einen enormen Anteil am Geschäft.<br />
Darüber hinaus denke ich, dass es zukünftig<br />
weniger Teilzeitangestellte geben wird.“<br />
Stattdessen rechnet<br />
er mit einer Art Flatrate-Modell,<br />
was<br />
aus seiner Sicht zu einer<br />
transparenteren<br />
Gesellschaft führen<br />
würde. „Mittelmäßige<br />
Unternehmen<br />
werden verschwinden.<br />
Das Geschäftsmodell<br />
Europa muss sich ändern, es wird viele<br />
Umbrüche geben.“ Denn der Spruch „America<br />
innovates, China duplicates and Europa<br />
regulates“ könnte uns sonst noch zum Verhängnis<br />
werden.
Peter Umundum beschäftigt die brennende<br />
Frage, wer zukünftig Partner und wer Konkurrent<br />
sein wird. „Automatisierung und autonomes<br />
Fahren werden die Branche verändern.<br />
Das internationale<br />
Geschäft wird noch<br />
viel wichtiger, denn<br />
China wird weiter<br />
lernen. Schon jetzt<br />
haben chinesische<br />
Unternehmen ihr<br />
Fulfilment in Europa<br />
verbessert, jetzt arbeiten<br />
sie stark an<br />
der Qualität.“<br />
Um als Logistiker weiter erfolgreich zu sein,<br />
muss man schneller und besser sein, Convenience<br />
und Nachhaltigkeit gleichzeitig bieten.<br />
Aktuell gibt es aus seiner Sicht drei Transformationsprozesse,<br />
die teilweise schon begonnen<br />
haben: eine zunehmende Höherqualifikation,<br />
mehr Automatisierung und der Einsatz von<br />
KI sowie die Notwendigkeit gezielter Zuwanderung,<br />
um den Arbeitskräftemangel auszugleichen.<br />
In puncto Migration schließt er sich<br />
Peter Umundums Meinung an: „Wir brauchen<br />
gezielte Migration, aber aktuell fehlt dazu die<br />
Struktur. Wir haben keine Willkommenskultur<br />
und langfristig lassen sich globale Player von<br />
unserem Charme allein nicht beeindrucken.“<br />
Für Siegfrid Zwing steht fest, dass Flexibilität die<br />
wichtigste Eigenschaft sein wird. „Die Kombination<br />
aus Mensch und Maschine ist die größte<br />
Herausforderung, deshalb ist es so wichtig,<br />
die technische Ausbildung zu fördern“, meint<br />
er. Gegen die Personalnot könnte helfen, Ressorts<br />
zu teilen.<br />
„Die Unternehmenskultur<br />
spielt eine immer<br />
wichtigere Rolle<br />
und kann im Rennen<br />
um Mitarbeiter den<br />
Vor-<br />
entscheidenden<br />
teil bringen.“<br />
„In 10 Jahren wird es nichts Gedrucktes mehr<br />
geben“, malt Horvath ein düsteres Bild für die<br />
Druckerei-Branche. Hinsichtlich der Logistik<br />
sieht er die End-to-End-Logistik deutlich auf<br />
dem Vormarsch. „Bei Reedereien ist Europa
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S44<br />
sehr stark, aber die<br />
Speditionen müssen<br />
aufpassen. So will<br />
beispielsweise MSC<br />
der größte Bahnlogistiker<br />
werden.<br />
Reine Carrier haben<br />
bald komplett ausgedient“,<br />
ist er überzeugt.<br />
„Im Bereich<br />
Personal wird die größere Herausforderung<br />
sein, die Leute nicht nur zu finden, sondern sie<br />
auch zu halten. Heutzutage wollen Mitarbeiter<br />
Dinge sofort haben und erreichen, aber<br />
das geht oft nicht.“<br />
Deutliche Trends<br />
sind für Wolfgang<br />
Kubesch die Themen<br />
Convenience<br />
und Preisvergleichbarkeit.<br />
„Schon heute<br />
sind viele Produkte<br />
„online only“ verfügbar,<br />
hier liegt großes<br />
Potential für eCommerce.<br />
Die nächsten fünf Jahre werden nicht<br />
nur spannend, sondern auch voller Spannung<br />
sein“, spielt er auf die politische Entwicklung in<br />
den unterschiedlichen Regionen der Welt an.<br />
Die Unterschiede im gesellschaftlichen Gefüge<br />
aufstrebender Länder wirken sich zudem<br />
negativ auf die Stellung Europas aus.<br />
„Wir müssen und nur die Lieferketten ansehen.<br />
Wenn ein chinesisches Elektrofahrzeug bei<br />
Tests gleich abschneidet wie ein deutsches<br />
Elektrofahrzeug, aber zum halben Preis und<br />
dafür gleich verfügbar ist – für welches Fahrzeug<br />
wird man sich da entscheiden?“ „Wer auf<br />
Rohstoffe nicht zugreifen kann, hat das Nachsehen.<br />
Das Problem ist der Umweltaspekt.“<br />
„Europa hat die Entwicklung verschlafen. Es<br />
herrscht Scheinheiligkeit, wir haben Rohstoffe,<br />
aber bauen sie nicht ab. Die Politik diskutiert<br />
alle möglichen Themen, aber löst keine wichtigen<br />
Probleme. Trotzdem denke ich, dass<br />
auf Dauer die Demokratie dem chinesischen<br />
Modell überlegen ist. „Es wird auch nicht kommuniziert,<br />
was nötig ist. Eine Verlagerung von<br />
der Straße auf die Schiene klingt toll, aber dass<br />
dafür ein Tunnel nötig ist, wird nicht erwähnt.<br />
Es herrscht ein starker Replacementeffekt:<br />
egal, wo es stinkt, nur nicht hier“, ärgert sich<br />
Kubesch. (RED)
#ECOMLOG23<br />
E-Commerce<br />
versprüht<br />
großen<br />
Optimismus<br />
KOMMENTAR: PETER NEST<strong>LE</strong>R<br />
E-Commerce versprüht großen Optimismus<br />
Das Teilnehmerfeld beim 8. eCommerce<br />
Logistik Day <strong>2023</strong> in Wien war beachtlich.<br />
Anwesend waren hochkarätige Persönlichkeiten,<br />
darunter Peter Umundum, Vorstand<br />
der Post AG, Rainer Will, Geschäftsführer des<br />
Handelsverbands Österreichs, Harald Gutschi,<br />
Geschäftsführer der OTTO UNITO-Gruppe,<br />
Siegfried Zwing, Geschäftsführer von redPILOT<br />
(KNAPP-Gruppe), Wolfgang Einer, Executive<br />
Vice President Logistics Solutions der Österreichischen<br />
Post AG, Norbert Benesch, Territory<br />
Account Manager Österreich bei PROGLOVE,<br />
und Marco Zahler, Sales bei der Körber Supply<br />
Chain Logistics GmbH (KOERBER-Gruppe).<br />
Außerdem wurden Video-Zuspielungen mit<br />
Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich,<br />
sowie Oliver Wagner, Geschäftsführer des<br />
Zentralverbands Spedition & Logistik gezeigt.<br />
Den Abschluss bildete eine informative Podiumsdiskussion<br />
unter meiner Leitung.<br />
Der eCommerce Logistik Day ist also wieder<br />
in der gewohnten Kraft aufgetreten. Aber<br />
wie können die Schlussfolgerungen aus den<br />
Themen der Referenten sein? Peter Umundum,<br />
Vorstandsmitglied der Österreichischen<br />
Post AG und Verantwortlicher für die Division<br />
Paket & Logistik, sprach über die Entwicklungen<br />
im Versandgeschäft. Er sprach von Diversifizierung<br />
des Geschäftes – die Österreichische<br />
Post ist ja in CEE und in der Türkei stark. Und<br />
Umundum betonte, dass er davon überzeugt<br />
ist, dass der E-Commerce sein Wachstumspotenzial<br />
noch lange nicht ausgeschöpft hat.<br />
Und da sprechen wir etwas an, das lange<br />
Zeit für den stationären Handel gegolten hat:<br />
Die Bequemlichkeit und der Service. Bei beidem<br />
braucht sich der Onlinehandel heute<br />
nicht mehr verstecken, denn mit einer Reihe<br />
von Bezahlmöglichkeiten, günstigen Finanzierungsvarianten,<br />
reibungslosem Versand und<br />
wohl auch mit der oft gescholtenen Möglichkeit,<br />
Produkte zurückzugeben, selbst wenn sie<br />
bloß nicht gefallen, ist in den gegenwärtig<br />
schnellen Zeiten ein großer Vorteil entstanden:<br />
die Zeit, die heute niemand mehr zu haben<br />
glaubt.<br />
Dazu kommt aber auch die sehr hohe Zuverlässigkeit<br />
in der Versandlogistik, das haben<br />
alle Redner mehr oder weniger hervorgestrichen.<br />
Wer heute bei einem renommierten<br />
Anbieter bestellt, erhält mit nahezu 100-prozentiger<br />
Wahrscheinlichkeit seine Ware rasch<br />
und vollständig. Die Branche hat nicht nur<br />
viel gelernt, sie hat im Hintergrund auch sehr<br />
viel investiert. Und mit Zugpferden wie Amazon,<br />
Zalando und der Otto-Unito Group (beispielhaft<br />
genannt) wurden auch Meilensteine<br />
beim technisch Möglichen gesetzt. Dazu kommen<br />
heute zuverlässige und routinierte Partner<br />
im Fullfillment aber auch in der Logistikkette<br />
an anderen Stellen – vom Scannen, Labelling,<br />
Verpacken, Transportieren bis hin zu ausgeklügelter<br />
Software für noch mehr Effizienz. Es<br />
stimmt eben die ganze Kette. Gerade das<br />
macht den Onlineeinkauf für Kunden heutzutage<br />
so schön.<br />
Am eCommerce Logistik Day war jedenfalls<br />
große Zuversicht zu spüren, dass weiterhin mit<br />
einem starken Onlinehandel zu rechnen ist, der<br />
auch noch weiter zulegen wird können. Ich<br />
bedanke mich fürs Mitreden, fürs Zuhören und<br />
ich freue mich auf den 9. eCommerce Logistik<br />
Day Anfang Oktober. Details folgen in Bälde.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S46<br />
#ECOMLOG23<br />
Post-Paketgeschäft<br />
wird weiter wachsen<br />
Im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> hat das beförderte<br />
Aufkommen um 9 Prozent zugelegt; ein<br />
chinesisches Unternehmen ist bereits der<br />
drittgrößte Kunde.<br />
REDAKTION: JOACHIM HORVATH<br />
#ECOMLOG23 - Wie geht es weiter<br />
mit dem E-Commerce in Österreich?<br />
Damit beschäftigten sich zu<br />
Wochenbeginn hochrangige Experten<br />
auf dem 8. E-Commerce Logistik Day.<br />
Gastgeber des Forums waren der Handelsverband<br />
und die Zeitschrift „Logistik Express“.<br />
DI Peter Umundum, Vorstand der Österreichischen<br />
Post AG, rechnet mit einem weiteren<br />
Wachstum des E-Commerce. Die Logistik<br />
dahinter sei nachhaltiger und es gebe eine<br />
höhere Convenience. Deshalb werde man<br />
weiter investieren, sagte er mit dem Hinweis<br />
auf den vor einer Woche eröffneten Zubau<br />
im Paketlogistikzentrum in Wien Inzersdorf. Die<br />
Österreichische Post hat 2022 am Heimmarkt<br />
181 Mio. Pakete bewegt. Im ersten Halbjahr<br />
<strong>2023</strong> ist das Aufkommen im Vergleich zum<br />
Vorjahr um 9 Prozent gestiegen. Peter Umundum<br />
berichtete in diesem Zusammenhang von<br />
einer starken Zunahme der Sendungen aus<br />
China.<br />
In Zukunft wird die Post Standorte von A1-Telefonzellen<br />
nutzen und Innovationen einführen.<br />
Dazu zählen die automatisierte Entladung,<br />
wiederverwendbare Verpackungen und das<br />
automatisierte Fulfillment. Grüne Antriebsszenarien<br />
könnten die Emissionen im Online-Handel<br />
um 60 Prozent reduzieren, ergibt eine Studie<br />
des Umweltbundesamtes. Für die letzte<br />
Meile schafft die Post seit zwei Jahren nur<br />
mehr E-Fahrzeuge an. Derzeit sind das rund<br />
4.000 Einheiten, Tendenz steigend. Im Bereich<br />
der Transportlogistik befinden sich drei HVN<br />
100 Lkw im Testbetrieb. „Wir sind der Meinung,<br />
dass sich auf der Langstrecke der Einsatz von<br />
Wasserstoff-Lkw durchsetzen wird“, lautet die<br />
Einschätzung von Peter Umundum.
#disruptretail<br />
Hier anmelden:<br />
european-startup.at<br />
EUROPEAN<br />
RETAIL<br />
TARTUP<br />
GHT<br />
19. OKTOBER<br />
<strong>2023</strong><br />
JO&JOE<br />
IKEA WESTBAHNHOF<br />
WIEN
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S48<br />
#ECOMLOG23<br />
AutoStore gibt der Post<br />
Systemlogistik einen<br />
Wachstumsschub<br />
Der Fulfillment-Spezialist im Konzern Österreichische<br />
Post AG hat ein skalierbares<br />
Geschäftsmodell entwickelt.<br />
REDAKTION: JOACHIM HORVATH<br />
#ECOMLOG23 - Die Österreichische<br />
Post ist auf dem Weg zum Nr.<br />
1 Logistiker für den E-Commerce.<br />
„Wir bieten Unternehmen wie dem<br />
dm-Konzern, Kastner & Öhler oder Lufthansa<br />
Gesamtlösungen für den Omnichannel-<br />
Handel“, berichtete Wolfgang Einer, Vice President<br />
Logistics Solutions bei der Österreichischen<br />
Post, am 8. E-Commerce Logistik-Day.<br />
Dazu hat die Post Systemlogistik unter anderem<br />
in eine AutoStore-Anlage mit mehr als<br />
30.000 Behälterplätzen am Standort Enzersdorf<br />
an der Fischa (NÖ) investiert. Das ermöglicht<br />
Warehousing in höchster Geschwindigkeit und<br />
mit schnellen Reaktionszeiten. „Zehn Roboter<br />
verbrauchen so viel Strom wie ein Staubsauger“,<br />
so Wolfgang Einer.<br />
Auslöser für die Einführung von AutoStore war<br />
die Ankündigung von dm drogerie-markt,<br />
dass der Online-Handel des Unternehmens<br />
in den nächsten Jahren um 300-400 Prozent<br />
wächst. „Dabei haben wir schon zu diesem<br />
Zeitpunkt im 3-Schicht-Betrieb gearbeitet.<br />
Jetzt können wir wieder rasch auf die Schwankungen<br />
im E-Commerce reagieren“, erläuterte<br />
Wolfgang Einer. Die Künstliche Intelligenz<br />
werde die Logistik in den nächsten 20 Jahren<br />
begleiten. Wer das verschlafe, riskiere<br />
den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, ist<br />
man bei der Post Systemlogistik überzeugt.<br />
(RED)
#futureofretail<br />
Der Kongress<br />
für Retail<br />
Technology<br />
1<br />
1<br />
LIVE-TRACKING<br />
THIRTY FIVE,<br />
WIEN<br />
9. NOVEMBER<br />
023
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S50<br />
#ECOMLOG23<br />
Logistik der UNITO<br />
Gruppe am Sprung in<br />
eine neue Epoche<br />
Mit dem Einsatz von autonom agierenden<br />
Robotern zur Be- und Entladung von Lkw und<br />
Containern startet die Umsetzung.<br />
REDAKTION: JOACHIM HORVATH<br />
#ECOMLOG23 - „Ich bringe ihnen<br />
ein paar Themen aus der Logistik<br />
nahe, die aus unserer Sicht<br />
wichtig sind.“ So eröffnete Harald<br />
Gutschi, Sprecher der Geschäftsführung der<br />
Unito Gruppe, seinen Beitrag beim 8. E-Commerce<br />
Logistik-Day in Wien. Das Unternehmen<br />
der Otto Gruppe war einmal eine Art „Amt für<br />
den Versandhandel“ und hat als einer von<br />
wenigen Anbietern die Transformation zum<br />
E-Commerce-Player geschafft. Nach 2022 sei<br />
auch <strong>2023</strong> für den Online-Handel schwierig.<br />
Er glaube aber, dass sich der Markt im nächsten<br />
Jahr erholen werde, sagte Harald Gutschi.<br />
Man rechne wieder mit deutlichem Umsatzwachstum,<br />
„denn vertraute Marken geben<br />
auch Sicherheit“.<br />
Unito verschickt ein großes Sortiment an Textilien.<br />
Die sind logistisch verhältnismäßig einfach<br />
abwickelbar. Beim Living Segment mit<br />
Spielwaren und Möbeln hingegen wird die<br />
Sache schon anspruchsvoller. Bei den Technik-Produkten<br />
müsse man gegebenenfalls<br />
eine Waschmaschine zu einem Empfänger im<br />
Stubaital bringen und installieren. Das sei dann<br />
schon sehr kompliziert. Jedoch werde sich<br />
der Marktanteil des Online-Handels in diesem<br />
Segment in den nächsten Jahren von derzeit<br />
30 Prozent auf 70-80 Prozent erhöhen, schätzt<br />
Harald Gutschi.<br />
Die Unito Logistik bewegt 4 Mio. Sendungen<br />
und 1,5 Mio. Retouren jährlich. Damit verbunden<br />
sind massive Investitionen in den Ausbau<br />
der Konzernlogistik. So errichtet Herms Fulfillment<br />
im polnischen Ilowa ein neues Großlager.<br />
„Wir wollen wir die gesamte Logistikkette von<br />
Asien bis zu den Warenempfängen klimaneutral<br />
erbringen. Das ist eine Mega-Herausforderung“,<br />
erläuterte Harald Gutschi. Die recycelbaren<br />
Verpackungen des Online-Händlers<br />
bestehen zu 95 Prozent aus wiederverwertbaren<br />
Materialien. Die nächsten 20 Jahre werden<br />
bei der Unito Gruppe von der Transformation<br />
vom Online-Händler zum erfolgreichen<br />
KI-Anwender geprägt sein. Durch den Einsatz<br />
der Robotik kann das Unternehmen den Lagerbestand<br />
um mindestens 10 Prozent reduzieren<br />
und die Effizienz in der Logistik erheblich<br />
steigern. (RED)
SICHERN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG<br />
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT<br />
https://www.logistik-express.com/blogtour/
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S52<br />
Resilienz in der Lieferkette. Supply Chain Management<br />
Als Präsident der BVL Österreich und gleichzeitig<br />
auch des European Shippers' Council<br />
ist Roman Stiftner bestens mit den Herausforderungen<br />
in den Lieferketten vertraut. „Die<br />
EU ist aufgrund der Globalisierung sehr stark<br />
von anderen Regionen abhängig, insbesondere<br />
im Bereich der Rohstoffe. Insbesondere<br />
China und Russland sind als Lieferländer problematisch<br />
und der Ruf nach Diversifizierung<br />
wird laut, ebenso das Bestreben, Rohstoffabbau<br />
und Industrie zurück nach Europa zu<br />
holen. Doch nimmt man als Beispiel die Batterien-Herstellung,<br />
sieht man, dass nicht nur<br />
Rohstoffe, sondern auch Aufbereitungsmöglichkeiten<br />
fehlen.“ Im Bereich der Forschung<br />
würde zwar viel investiert, doch wäre es dringend<br />
nötig, die Unternehmen mehr einzubinden<br />
und gleichzeitig die Projektabwicklung<br />
zu entbürokratisieren. „Wir können nicht alles<br />
selbst herstellen, aber es wäre wichtig, die<br />
Lieferketten zu Diversifizieren.<br />
#ECOMLOG23<br />
Resilienz in der<br />
Lieferkette<br />
Mag. Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich,<br />
Geschäftsführer der Fachverbände<br />
Bergbau-Stahl und NE-Metalle in der Wirtschaftskammer<br />
Österreich (WKÖ) und Präsident<br />
des European Shippers' Council (ESC)<br />
spricht übers Thema Resilienz in der Lieferkette.<br />
https://youtu.be/DVeUVEXc0qM<br />
Mercosur- und Brics-Staaten rittern seit Jahren<br />
um Partnerschaften, ein Abschluss der Verträge<br />
würde enorme Vorteile für Österreich bringen“,<br />
ist Stiftner überzeugt. Er plädiert auch<br />
dafür, sich als EU mehr in Nordafrika zu engagieren,<br />
auch um die Migration zu steuern.<br />
Gleichzeitig sorgt er sich, dass die Ökologisierung<br />
Europas mit einer De-Industrialisierung<br />
einherging. „Natürlich ist die Transformation<br />
in Richtung CO2-frei nötig, aber es hilft wenig,<br />
wenn es nur zu einer Verlagerung und dann<br />
zu einem Import der zuvor ausgelagerten Produkte<br />
kommt. Denn Nachhaltigkeit heißt mehr<br />
als nur Umweltschutz, es geht auch um sozialen<br />
Wohlstand.“<br />
Für Unverständnis sorgt der Umstand, dass<br />
die Energiepreise in Österreich weitaus stärker<br />
gestiegen sind als in anderen Teilen der<br />
Welt (Vgl. USA 15%, China fast gar nicht),<br />
worunter insbesondere die Industrie massiv<br />
leidet – ebenso wie unter der Inflation. „Wir<br />
benötigen eine ebenso kostengünstige wie<br />
zuverlässige Energieeinfrastruktur, und notfalls<br />
muss die Politik für einen Ausgleich sorgen.“<br />
(RED)
Dekarbonisierung der Transportlogistik<br />
Der Geschäftsführer des Zentralverbands Spedition<br />
& Logistik, Oliver Wagner, kennt den<br />
Ruf der Politik nach mehr Gütertransport auf<br />
der Schiene. Der Haken: „Schon jetzt gibt es<br />
Kapazitätsengpässe, das zeigt sich auch im<br />
Personenverkehr. Obwohl der Anteil des Warentransports<br />
auf der Schiene kürzlich nachgelassen<br />
hat, sind wir noch auf Platz drei in Europa<br />
mit einem Modalsplitanteil von 30 Prozent –<br />
mit der heutigen Infrastruktur wären schon 40<br />
Prozent Anteil unmöglich zu bewerkstelligen.“<br />
Die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs ist<br />
vor allem ein gewaltiger Kostenfaktor, mindestens<br />
50.000 LKW in Österreich müssten umgerüstet<br />
werden. Darum sieht Wagner das endlich<br />
angelaufene ENIN Förderprogramm positiv<br />
– wenn auch mit zwei Wermutstropfen: „Die<br />
Dotierung ist zu gering, 150 Millionen sind bei<br />
weitem nicht genug. Und die eFuels sind in dem<br />
Programm nicht inkludiert. Dabei wird es verschiedene<br />
Lösungen geben, denn Elektro-LKW<br />
haben noch massive Probleme hinsichtlich<br />
Reichweite, Batteriegewicht und Ladedauer.<br />
Ein herkömmlicher Diesel-LKW kann theoretisch<br />
24/7 fahren, wenn man den Lenker austauscht.<br />
Damit kann der Elektro-LKW nicht<br />
mithalten.“ Wasserstoff-LKW hingegen wären<br />
durchaus eine Alternative, da sie ein ähnliches<br />
Gewicht und Reichweite aufweisen wie<br />
Diesel-LKW, aber: „Momentan sind sie noch<br />
extrem teuer, und zudem fehlt die Tankstellen-Infrastruktur.“<br />
Da Transporte nicht (ewig)<br />
an der Grenze Halt machen, fordert Wagner<br />
eine zumindest innerhalb Europas einheitliche,<br />
gemeinsame Lösung – bei der Infrastruktur,<br />
aber etwa auch hinsichtlich der Maut.<br />
„Die Branche hat großes Interesse an der Umsetzung<br />
und rascher Dekarbonisierung, aber<br />
derzeit fehlen noch die ultimative Technologie,<br />
Geld und eine verbindliche politische<br />
Roadmap“ Von der aktuellen Legislaturperiode<br />
ist Wagner enttäuscht, er hatte sich insbesondere<br />
mehr Zusammenspiel über Ressorts<br />
hinweg erwartet, und auch ein bundesweiter<br />
Flächenwidmungsplan lässt auf sich warten.<br />
(RED)<br />
#ECOMLOG23<br />
Dekarbonisierung der<br />
Transportlogistik<br />
Mag. Oliver Wagner Geschäftsführer des<br />
Zentralverbandes für Spedition & Logistik<br />
spricht sehr ausführlich über das Thema<br />
Dekarbonisierung der Transportlogistik und<br />
fordert von Politik und Wirtschaft mehr<br />
Unterstützung für die Branche.<br />
https://youtu.be/exy8fEV3Y0k
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S54<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Runder Tisch<br />
unterstreicht den<br />
Einsatz erneuerbarer<br />
Kraftstoffe im<br />
Straßengüterverkehr<br />
Die CO2-Flottenregulierung schwerer Nutzfahrzeuge<br />
beschäftigt weiterhin die europäischen<br />
Gesetzgeber.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Vertreter der eFuel Alliance, des französischen<br />
Verbands für Straßentransporte (FNTR), des<br />
LKW-Herstellers Iveco-Group sowie des Herstellers<br />
erneuerbarer Kraftstoffe, Repsol, machten<br />
dabei auf die Notwendigkeit CO2-neutraler,<br />
klimafreundlicher Kraftstoffe und die Einführung<br />
eines Kohlenstoff-Korrektur-Faktors aufmerksam.<br />
Bislang orientiert sich die EU am sogenannten<br />
„Tailpipe“-Ansatz. Für den klimapolitischen<br />
Wert eines Fahrzeugs entscheiden immer die<br />
Emissionen, die am Auspuff entstehen, ungeachtet<br />
dessen, wie das Fahrzeug betankt<br />
wurde. So zählt ein batterieelektrischer Truck<br />
immer als Nullemissions-Fahrzeug, auch wenn<br />
dieser mit fossilem Strom fährt. Gleichzeitig<br />
gilt ein mit CO2-neutralen, klimafreundlichen<br />
Kraftstoffen betanktes Fahrzeug trotzdem immer<br />
als klimaschädlich, obwohl es am Auspuff<br />
nur CO2-Emissionen verursacht, die beim Produktionsprozess<br />
von eFuels der Atmosphäre<br />
entnommen wurden. Mit der Definition von<br />
Fahrzeugen mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren<br />
als Null-Emissionsfahrzeugen ist die KOM<br />
einen Schritt in die richtige Richtung gegangen<br />
aber leider auf halbem Wege stehen geblieben.<br />
RALF DIEMER<br />
Nach dem im Februar veröffentlichten<br />
Kommissionsvorschlag und<br />
einer Verschärfung der Emissionsreduktionsziele,<br />
diskutierten heute<br />
Vertreter der Industrie mit Mitgliedern des<br />
Europäischen Parlaments über den All-Electric-Ansatz<br />
der Kommission. Organisatoren des<br />
Events waren die Abgeordneten Jens Gieseke<br />
(EPP) sowie Pietro Fiocchi (ECR). Die Zukunft<br />
schwerer Nutzfahrzeuge sowie die der Logistikbranche<br />
waren Mittelpunkt der Diskussionen.<br />
Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen sowie<br />
die Logistikbranche betonen, dass es neben<br />
der Elektromobilität auch andere Wege<br />
gibt, die Klimaziele zu erreichen. Dr. Gerrit<br />
Marx, CEO der Iveco Gruppe, kommentiert:<br />
"Die Strategie der Iveco-Gruppe ist es, technologieneutral<br />
vorzugehen und die gesamte<br />
Antriebspalette anzubieten. Dadurch haben<br />
unsere Kunden die Möglichkeit, für ihren<br />
Standort und ihre Infrastruktur die beste Lösung<br />
zu wählen. Entsprechend den spezifischen<br />
Bedürfnissen können wir so die passende<br />
Technologie anbieten, seien es Biokraftstoffe,<br />
batterieelektrische Antriebe oder Wasserstoff.<br />
Die CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge<br />
ist eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />
auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors.<br />
Eben deshalb ist es von zentraler<br />
Bedeutung ist, dass die entscheidende Rolle<br />
von Biokraftstoffen darin anerkannt wird."<br />
„80 % der Transportunternehmen sind kleinund<br />
mittelständische Unternehmen mit geringen<br />
Margen. Planungs- und Investitions-
sicherheiten sind insbesondere für diese<br />
Unternehmen grundlegend. Wir unterstützen<br />
die Dekarbonisierungsziele der EU im Transportsektor,<br />
doch fordern eine faire Umsetzung,<br />
die mehr als eine Lösungsoption zulassen. Es ist<br />
von entscheidender Bedeutung, einen technologieneutralen<br />
Ansatz beizubehalten und<br />
einen ‚Well-to-Wheel‘-Ansatz zu verfolgen, der<br />
unmittelbarere Möglichkeiten zur Dekarbonisierung<br />
bietet. Mit kohlenstoffarmen flüssigen<br />
Brennstoffen oder Biogas können wir bereits<br />
heute 60 % bis 90 % des CO2 einsparen“, so<br />
Isabelle Maître, Delegierte der Fédération Nationale<br />
des Transports Routiers (FNTR) in Brüssel.<br />
FNTR repräsentiert die Interessen von mehr als<br />
5300 Unternehmen und rund 250.000 Jobs in<br />
Frankreich.<br />
73 % aller auf dem Landweg beförderten<br />
Güter werden in der EU mittels Straßengüterverkehr<br />
transportiert. Mehr als 60 % legen<br />
dabei Entfernungen zwischen 500 und 1000<br />
Kilometern zurück. Neben der abrupten Antriebsumstellung<br />
stehen besonders Speditionen<br />
und Logistiker neben dem Erreichen<br />
der Klimaziele weiterer Herausforderungen<br />
gegenüber, die die Resilienz der Branche gefährden.<br />
Während die Notwendigkeit erneuerbarer<br />
Kraftstoffe im Luftfahrtsektor als alternativlos<br />
wahrgenommen wird, ignorieren die europäischen<br />
Gesetzgeber die Skaleneffekte und<br />
Synergiepotenziale, die eine Anwendung von<br />
eFuels im Straßenverkehr heben würden. Mit<br />
einer breiten Anwendung klimafreundlicher<br />
Kraftstoffe, werden entlang der Wertschöpfungskette<br />
Planungs- und Investitionssicherheiten<br />
geschafft, meint Juan Abascal Herrero,<br />
Executive Managing Director of Industrial<br />
Transformation and Circular Economy – Member<br />
of the Executive Committee at Repsol:<br />
Während die Notwendigkeit erneuerbarer<br />
Kraftstoffe im Luftverkehr als alternativlos angesehen<br />
wird, ignorieren die europäischen<br />
Gesetzgeber die Skaleneffekte und Synergiepotenziale,<br />
die ein Einsatz von eFuels im<br />
Straßenverkehr heben würden. Mit einer breiten<br />
Anwendung von CO2-neutralen Kraftstoffen<br />
werden entlang der Wertschöpfungskette<br />
Planungs- und Investitionssicherheit. Juan<br />
Abascal Herrero, Executive Managing Director<br />
of Industrial Transformation and Circular<br />
Economy - Member of the Executive Committee<br />
bei Repsol, kommentiert: "CO2-neutrale<br />
Kraftstoffe tragen effizient zur Dekarbonisierung<br />
des Verkehrs bei. Europa muss seine technologischen<br />
und industriellen Stärken schützen,<br />
um die Energiewende voranzutreiben<br />
und die Beschäftigung sowie Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu erhalten. Die Rolle CO2-neutraler<br />
Kraftstoffe in den CO2-Standards des Straßenverkehrs<br />
anzuerkennen, ermöglicht erforderliche<br />
Investitionen und verbessert die Effizienz<br />
wie Wirtschaftlichkeit der SAF-Produktion. Der<br />
Kraftstoffmarkt des Straßenverkehrs ist ideal,<br />
um die Technologieentwicklung und Mengenskalierung<br />
zu unterstützen. Im Jahr <strong>2023</strong><br />
ist Repsol einer der Hauptproduzenten von<br />
CO2-neutralen Kraftstoffen in Europa, und wir<br />
tragen dazu bei, diese über eine dedizierte<br />
Lieferkette an unseren Tankstellen verfügbar<br />
zu machen. Dekarbonisierung gelingt nicht<br />
nur mittels Elektrifizierung, sie muss auch nachhaltig,<br />
sicher und erschwinglich sein."<br />
“Wir drohen die Notwendigkeit und Rolle<br />
schwerer Nutzfahrzeuge sowie des gesamten<br />
Logistiksektors zu untergraben. All-Electric für<br />
den Straßengüterverkehr ist nicht nur aus klimatechnischer<br />
Sicht fatal, sondern bringt das<br />
Fundament unserer wirtschaftlichen Resilienz<br />
ins Wanken“, mahnt Dr. Monika Griefahn, Vorsitzende<br />
der eFuel Alliance. „Die Revision der<br />
CO2-Flottenregulierung für schwere Nutzfahrzeuge<br />
gibt uns die Gelegenheit, Realismus in<br />
die Regulierung einfließen zu lassen und pragmatische<br />
sowie bezahlbare Lösungen vorzulegen.<br />
Eine ausschließliche Betrachtung der<br />
CO2-Emissionen am Auspuff zeichnet ein falsches<br />
Bild von Klimaschutz.“<br />
Über die Einführung eines CCF beraten derweil<br />
die verantwortlichen Ausschüsse. Während<br />
der Verkehrsausschuss erst kürzlich die<br />
Anrechnung erneuerbarer Kraftstoffe unterstütze,<br />
wird im Industrieausschuss eine pessimistischere<br />
Haltung erwartet. Bereits Anfang<br />
des Jahres haben sich in einem gemeinsamen<br />
Brief rund 120 Unterzeichner aus Wirtschaft<br />
und mehr als 90 Wissenschaftler an politische<br />
Entscheidungsträger der Europäischen Union<br />
gewandt um die Einführung eines CCF<br />
zu unterstützen. Link: https://bit.ly/3tp0DdL<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S56<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Klimawandel als<br />
Chance für den<br />
Wirtschaftsstandort<br />
Österreich<br />
Experten fordern technologieneutrale<br />
Innovationspfade in der Energiewende.<br />
Um Österreichs Wirtschaft zu stärken, muss<br />
Industrie-, Technologie- und Klimapolitik gemeinsam<br />
gedacht werden. BEITRAG: REDAKTION<br />
Die eFuel Alliance Österreich hat im<br />
Rahmen des 3. Energy Transition<br />
Innovation Talks hochkarätige Vertreter:innen<br />
aus Wissenschaft und<br />
Praxis zum öffentlichen Diskurs über innovative<br />
Lösungsansätzen für eine standortverträgliche<br />
Transformation eingeladen. Dabei waren sich<br />
die anwesenden Expert:innen in wesentlichen<br />
Punkten einig:<br />
1.-Eine einseitige Betrachtungsweise schadet<br />
dem Wirtschaftsstandort Österreich.<br />
2.-Schrumpft unsere Volkswirtschaft infolge<br />
gesetzlicher Einschränkungen, hätte dies weitreichend<br />
negative Folgen für unser aller Wohlstand<br />
und würde zu einer Kürzung von Ausgaben<br />
für Bildung, Pflege usw. führen.<br />
3.-Um Österreichs Wirtschaft zu stärken, ist es<br />
daher notwendig, Industrie-, Technologie- und<br />
Klimapolitik gemeinsam zu denken.<br />
4.-Technologieoffenheit ist der Schlüssel für<br />
eine sozialverträgliche Energiewende.<br />
5.-Der Klimawandel kann eine Chance für die<br />
österreichische Wirtschaft sein, wenn innovative<br />
Patente in klimafreundlichen Technologien<br />
die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen<br />
langfristig stärken.<br />
Jürgen Roth, Präsident der eFuel Alliance Österreich,<br />
warnt vor innovationsfeindlichen Rahmenbedingungen:<br />
„Wir werden die Energiewende<br />
nicht schaffen, wenn wir nur auf einen<br />
einzigen Energieträger setzen. Was es braucht,<br />
sind Technologieoffenheit und Energievielfalt.<br />
Nur dann können wir das Innovationspotenzial<br />
der österreichischen Wirtschaft heben. Bei den<br />
eFuels-Technologien gehören österreichische<br />
Unternehmen zu den besten der Welt. Verbote<br />
kappen ganze Technologiestränge und<br />
wären daher ein falsches Signal für den Wirtschaftsstandort<br />
Österreich.“<br />
Auf die Fragen Welche Rolle hat die Politik,<br />
welche die Wirtschaft, wie wird Innovation am<br />
besten beflügelt? hat Prof. Dr. Monika Köppl<br />
-Turyna, Direktorin Eco Austria, eine klare<br />
Antwort: „Neben der Bedeutung grüner Produkte<br />
im Exportportfolio sind insbesondere Patente<br />
in klimafreundlichen Technologien ein<br />
wesentlicher Indikator für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit<br />
einer Ökonomie. Österreich<br />
hat hier eine gute Ausgangsposition: Pro Million<br />
Einwohner wurden in Österreich zwischen 2015<br />
und 2019 jährlich durchschnittlich 55,8 Patente<br />
in grünen Technologien angemeldet. Das ist<br />
mehr als in fast allen anderen EU-Ländern.“ Was
die Effizienz von eFuels betrifft, sollte der Fokus<br />
vor allem auf der dynamischen Effizienz dieser<br />
Technologie liegen: „Die technologische<br />
Effizienz ist nicht ausschlaggebend. Wir brauchen<br />
technologieneutrale Innovationspfade,<br />
die Innovation auch über die Jahre zulassen.“<br />
Ihre Handlungsempfehlungen für eine standortgerechte<br />
Klimawende lauten daher: Die<br />
Politik sollte über Preisinstrumente steuern<br />
und nicht über Verbote. Außerdem sind regulatorische<br />
Unsicherheiten abzubauen, das<br />
Energiemarktdesign zu verbessern und die<br />
Infrastruktur für den Energietransport um- und<br />
auszubauen.<br />
Mag. Jürgen Roth, Dr. Volkmar Pflug, Prof. Dr. Monika Köppl-Turyna, Dr. Stephan Schwarzer<br />
Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung für Umwelt-<br />
und Energiepolitik der Wirtschaftskammer<br />
Österreich (WKÖ), sieht in der Energiewende<br />
ein Megaprojekt, das gemanagt<br />
werden muss. Um die Herausforderung zu<br />
bewältigen, braucht es eine vorausschauende<br />
Herangehensweise und eine Orientierung<br />
an dem energiepolitischen Zieldreieck,<br />
um Dekarbonisierung, Versorgungssicherheit<br />
und Wettbewerbsfähigkeit unter einen Hut zu<br />
bringen. Europa stehe im Wettbewerb um die<br />
besten Instrumente um grüne Investitionen zu<br />
unterstützen, insbesondere mit den USA. Um in<br />
Zukunft ein lukrativer Standort für Investitionen<br />
zu bleiben, brauchen wir marktwirtschaftliche,<br />
unbürokratische und technologieoffene<br />
Instrumente und pragmatische Zugänge.<br />
Ziel müsse es sein, klimaneutrale Energie zu<br />
wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung zu<br />
stellen. Eine breite Diversifikation der Energieimporte<br />
würde Europas Wirtschaft in Zukunft<br />
resilienter machen. Wichtige Fragen, die von<br />
der Politik zu klären sind, lauten: Wer trägt die<br />
langfristig hohen Energieinfrastrukturkosten für<br />
den notwendigen Netzausbau? Und wie geht<br />
Europa mit der drohenden Abhängigkeit von<br />
China um?<br />
Siemens Energy arbeitet bereits intensiv an<br />
praxisnahen Lösungen für die Klimawende.<br />
Volkmar Pflug, Vice President FoA Power-to-X:<br />
„Wenn wir die Klimawende ernst nehmen,<br />
führt kein Weg an CO2-neutralen eFuels vorbei.<br />
In der Schifffahrt gibt es bereits einen klaren<br />
Trend zu eMethanol als Energieträger.“<br />
Auch, was die Kosten synthetischer Kraftstoffe<br />
betrifft, ist Pflug optimistisch: „Studien aus den<br />
USA zeigen, dass man beim Preis für eKerosin<br />
auf eine Größenordnung kommt, die bei den<br />
heutigen Kerosinpreisen liegt.“ Attraktive neue<br />
Geschäftsfelder ergeben sich für Siemens<br />
Energy auch rund um den weltweiten Handel<br />
von grüner Energie.<br />
Stephan Schwarzer, Geschäftsführer der eFuel<br />
Alliance Österreich: „Volkswirtschaftliches<br />
Wachstum und effizienter Klimaschutz sind<br />
kein Widerspruch, sondern müssen vielmehr<br />
gemeinsam und ganzheitlich gedacht werden.<br />
Es gibt innovative Lösungsansätzen, die<br />
beides vereinen – aber die Politik muss sich um<br />
eines bemühen: notwendige Entwicklungen<br />
beschleunigen. Es gibt weder ein ‚zu früh‘, um<br />
eFuels zu boosten, noch gibt es ein zu ‚spät‘.<br />
Technologieoffenheit ist dabei der Schlüssel<br />
für eine sozialverträgliche Energiewende.<br />
Technologieverbote machen die Wende teurer<br />
und langsamer.“ (RED)<br />
Experten fordern technologieneutrale<br />
Innovationspfade<br />
in der Energiewende.<br />
Um Österreichs Wirtschaft zu<br />
stärken, müssen<br />
Industrie-, Technologie- und<br />
Klimapolitik gemeinsam<br />
gedacht werden. V.l.r.<br />
Dr. Stephan Schwarzer,<br />
Dr. Volkmar Pflug,<br />
Dr. Alexander Peschl,<br />
Prof. Dr. Monika Köppl-Turyna,<br />
Mag. Jürgen Streitner
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S58<br />
KNAPP Industry Solutions<br />
Multifunktionale Shuttle-Anlage und autonome<br />
mobile Roboter von KNAPP optimieren die Versorgung<br />
der Produktion und Assemblierung.<br />
Magna Spiegelsysteme<br />
Magna ist einer der größten Automobilzulieferbetriebe<br />
weltweit und fertigt am Standort Assamstadt<br />
in Deutschland Außenspiegel. Um dem Wandel in<br />
der Logistik gerecht zu werden und flexibel mit einer<br />
hohen Wertschöpfungstiefe agieren zu können, setzt<br />
Magna auf eine Automatisierungslösung von KNAPP.<br />
Teil des neuen Systems ist eine multifunktionale Shuttle-Anlage<br />
in Kombination mit autonomen mobilen<br />
Robotern, die die Produktion und Assemblierung<br />
just-in-time und just-in-sequence versorgen.<br />
KNAPP Industry Solutions<br />
KNAPP Industry Solutions ist der Spezialist für maßgeschneiderte<br />
Lösungen für die Industrie-, Produktions-<br />
und Distributionslogistik sowie für autonome<br />
mobile Roboter innerhalb der KNAPP-Gruppe.<br />
Der Standort Dobl mit dem KNAPP-Campus ist dabei<br />
das Zentrum der Entwicklung und Realisierung<br />
von Lösungen aus diesen Bereichen. Als Value<br />
Chain Tech Partner unterstützt KNAPP namhafte<br />
Produktionsbetriebe wie Terberg, Pankl Racing,<br />
Würth, Siemens, VW und Getriebebau Nord bei<br />
ihrer Wertschöpfung.<br />
Video & QR Code<br />
https://www.youtube.com/<br />
watch?v=APBO0OUirak
Mission & Vision<br />
Mit automatisierten und digitalen Lösungen Mehrwert<br />
entlang Ihrer Lieferkette schaffen. Bei KNAPP<br />
folgen wir keinen Trends. Wir starten sie. Ganz gleich,<br />
ob Ihr Ziel Kundenorientierung oder Lieferkettenagilität<br />
ist, eine moderne, digitale Wertschöpfungskette<br />
kann Sie dorthin bringen. Unsere branchenführenden<br />
Automatisierungslösungen decken die gesamte Lieferkette<br />
ab – von der Produktion über den Vertrieb, die<br />
Auffüllung im Geschäft und die Lieferung auf der letzten<br />
Meile bis hin zum Kundenerlebnis.<br />
Herausforderung<br />
Der zunehmende globale Wettbewerb und<br />
die Analyse der internen Prozesse haben<br />
gezeigt, dass im Bereich der Logistik und<br />
Supply Chain bei Magna Handlungsbedarf<br />
bestand. Es wurde eine Lösung gesucht, die<br />
eine höhere Flexibilität erlaubt sowie auch<br />
die Wertschöpfungstiefe am Standort erhöht.<br />
Für die Umsetzung dieser Anforderungen<br />
entschied sich Magna für eine Lösung<br />
von KNAPP.<br />
Wir konnten die<br />
Wertschöpfungstiefe<br />
erhöhen, die<br />
Flexibilität verbessern<br />
und damit<br />
einen Mehrwert<br />
für unseren<br />
Kunden bieten.<br />
Andreas Buhl<br />
Geschäftsführer bei<br />
Magna Spiegelsysteme<br />
GmbH<br />
Lösungsanforderung<br />
• Sequenzierte Versorgung der<br />
Assemblierungsarbeitsplätze<br />
• Versorgung der Produktionslinien mit Leergut<br />
und Abtransport der gefertigten Teile<br />
• Schnittstelle zum ERP-System von Magna<br />
• Personenfreie innerbetriebliche Transporte<br />
je nach Bedarf<br />
• Nutzung von mehreren Bestandsgebäuden<br />
ohne bauliche Maßnahmen<br />
• Schnelle Verfügbarkeit der Teile zur<br />
Umsetzung der JiT/JiS-Strategie<br />
• Ausreichend Lagerdichte und Erweiterbarkeit<br />
des Systems für zukünftiges Wachstum<br />
Mit den Open Shuttles<br />
schaffen wir es, die Versorgung<br />
der Produktionslinien<br />
sicherzustellen und<br />
das OSR Shuttle Lager<br />
personenfrei zu bedienen.<br />
Anita Kopinja<br />
Stellvertretende<br />
Geschäftsführerin bei<br />
Magna Spiegelsysteme<br />
GmbH
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S60<br />
Die Lösung im Überblick<br />
Das neue Kleinteilelager, OSR Shuttle Evo, mit zwei Gassen für eine dreifachtiefe Lagerung hat Platz<br />
für bis zu 20.300 Stellplätze. Sechs Open Shuttles sind direkt an das Kleinteilelager angebunden, versorgen<br />
die dezentralen Produktionsarbeitsplätze mit Leerbehältern und liefern gefertigte Teile retour an<br />
das OSR Shuttle Evo. Die Streamline Fördertechnik verbindet den Wareneingang, das Shuttlelager und<br />
die Assemblierung mit den Pick-it-Easy Arbeitsplätzen. Weiters dient sie zur Übergabe an die Open<br />
Shuttles. Die KNAPP Softwarelösung KiSoft One mit Web-Service Schnittstelle zum Magna Host System<br />
sorgt im Hintergrund für den reibungslosen Ablauf. Mit KiSoft SCADA werden alle Anlagenbereiche<br />
übersichtlich visualisiert.<br />
Auf einen Blick<br />
Magna Spiegelsysteme GmbH<br />
Ort: Assamstadt, Deutschland<br />
Anwendung: automatisches<br />
Kleinteilelager zur Versorgung<br />
von multifunktionalen<br />
Assemblierungsarbeitsplätzen<br />
sowie einer Produktionsanbindung<br />
mit AMR<br />
System: OSR Shuttle Evo+ bestehend<br />
aus einem OSR Shuttle<br />
Evo mit dreifach-tiefer Lagerung<br />
(2 Gassen, 62 Evo Shuttles, 2<br />
Doubledeck Liftsysteme) und 6<br />
Open Shuttles für je zwei Behälter<br />
(600*400)<br />
Leistung: 1.100 DS/h<br />
Stellplätze: 20.300 für Behälter<br />
600*400*300 mm<br />
Arbeitsplätze: 4 Multifunktionale<br />
Pick-it-Easy Flex Arbeitsplätze<br />
1. Einfachheit Flexibilität<br />
Durch die neue Lösung, einer Kombination<br />
aus Kleinteilelager und autonomen mobilen<br />
Robotern, konnten Prozesse einfacher und<br />
effizienter gestaltet werden. Die Reaktionszeit<br />
in Bezug auf Kundenanforderungen hat<br />
sich verkürzt. Die multifunktionalen Pick-it-<br />
Easy Arbeitsplätze können je nach Auslastung<br />
für die Wareneinlagerung oder die<br />
Assemblierung genutzt werden.<br />
2. Erweiterbarkeit<br />
Das OSR Shuttle Evo ist so konzipiert, dass<br />
zukünftiges Wachstum möglich ist. Das<br />
Lager kann um weitere Stellplätze und<br />
Arbeitsplätze erweitert werden. Auch die<br />
Anbindung weiterer Produktionslinien durch<br />
die Open Shuttles ist leicht möglich.<br />
3. Wirtschaftlichkeit<br />
Durch die neue Lösung ist es Magna möglich<br />
selbst just-in-time und just-in-sequence an<br />
die Endkunden zu liefern und ist nicht mehr<br />
auf externe Dienstleister angewiesen. Durch<br />
die Halbierung der Bestände und die flexible<br />
und effiziente Abwicklung der Aufträge<br />
konnte die Wertschöpfungstiefe am Standort<br />
wesentlich erhöht werden.
Wareneingang<br />
Vor der Einlagerung in das OSR<br />
Shuttle Evo werden die auftragsbezogen<br />
lackierten Spiegelaußenteile<br />
am multifunktionalen<br />
Pick-it-Easy Arbeitsplatz angedient.<br />
Im Decanting-Prozess werden die<br />
Spiegelaußenteile von den Mitarbeitern<br />
kontrolliert, über Barcodes<br />
identifiziert und mit einem Leertablar<br />
verheiratet. Leertablare werden<br />
dem Arbeitsplatz automatisiert<br />
zugeführt. Dank der easyUse-Benutzeroberfläche<br />
und dem ergonomisch<br />
und intuitiv bedienbaren<br />
Arbeitsplatz fällt die Arbeit den Mitarbeitern<br />
besonders leicht. Über<br />
die Fördertechnik fahren die Tablare<br />
dann in das OSR Shuttle Evo.<br />
Versorgung dezentraler<br />
Produktionsarbeitsplätze<br />
Die Produktionslinien für die<br />
Außenspiegel befinden sich in der<br />
Nebenhalle. Werden hier Leerbehälter<br />
benötigt oder sind Fertigteile<br />
abzuholen, wird ein Transportauftrag<br />
im System generiert.<br />
Diese Transportaufträge werden<br />
von 6 autonomen mobilen Robotern<br />
übernommen. Die Open<br />
Shuttles können zwei Behälter zeitgleich<br />
transportieren und verbinden<br />
das OSR Shuttle Evo mit den<br />
dezentralen Produktionslinien. Dabei<br />
navigieren sie autonom und<br />
personensicher durch die Umgebung<br />
und übergeben Behälter auf<br />
Fördertechnikstiche.<br />
1. Leerbehältertransport<br />
zur Produktionslinie<br />
Werden an der Linie Leerbehälter<br />
benötigt, erfolgt nach Auftragsstart<br />
die Auslagerung der Behälter aus<br />
dem OSR Shuttle Evo. Ein Open<br />
Shuttle fährt zum Fördertechnikstich<br />
des automatischen Kleinteilelagers,<br />
nimmt die Behälter auf und<br />
bringt sie zur Produktionslinie. Dort<br />
übergibt das Open Shuttle an die<br />
Übergabestationen.<br />
2. Abtransport von gefertigten Teilen<br />
Werden an der Linie Leerbehälter<br />
benötigt, erfolgt nach Auftragsstart<br />
die Auslagerung der Behälter aus<br />
dem OSR Shuttle Evo. Ein Open<br />
Shuttle fährt zum Fördertechnikstich<br />
des automatischen Kleinteilelagers,<br />
nimmt die Behälter auf<br />
und bringt sie zur Produktions-linie.<br />
Dort übergibt das Open Shuttle<br />
an die Übergabestationen.<br />
OSR Shuttle Evo<br />
Außenspiegel und lackierte Teile<br />
sowie Leerbehälter lagern zentral<br />
im OSR Shuttle Evo und werden<br />
ausgelagert, wenn diese in der<br />
Produktion oder in der Assemblierung<br />
benötigt werden. Das<br />
OSR Shuttle Evo besteht aus zwei<br />
Gassen und 31 Ebenen. Durch die<br />
dynamische bis zur dreifach-tiefen<br />
Lagerung ergibt sich eine Lagerkapazität<br />
von 20.300 Stellplätzen bei<br />
600*400 mm Behältern. Das System<br />
beinhaltet zwei Shuttles pro<br />
Ebene, welche für die Ein- und<br />
Auslagerung verantwortlich sind.<br />
Just-in-time & just-in-sequence<br />
Assemblierung<br />
An den direkt am OSR Shuttle Evo<br />
angebundenen multifunktionalen<br />
Pick-it-Easy Arbeitsplätzen<br />
erfolgt die Assemblierung der<br />
Außenspiegel. Dafür werden die<br />
benötigten Teile just-in-time und<br />
just-in-sequence an den Quellbuchten<br />
der Arbeitsplätze zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Das einfach zu bedienende System<br />
unterstützt die Mitarbeiter:innen<br />
beim Zusammenbau der Außenspiegel.<br />
Die gefertigten Spiegel<br />
werden daraufhin in der richtigen<br />
Reihenfolge auf einer Palette<br />
verpackt, damit diese dem<br />
OEM (Original Equipment Manufacturer)<br />
sequenziert und zur rechten<br />
Zeit an der Montagelinie<br />
bereitgestellt werden können.<br />
Haben Sie Interesse die Anlage zu besichtigen? eMail: kin.sales@knapp.com<br />
Das Open Shuttle übernimmt Leerbehälter<br />
direkt vom OSR Shuttle Evo<br />
und bringt sie in die Nebenhalle.<br />
Die Leerbehälter werden an der<br />
Übergabestation bei den Produktionsarbeitsplätzen<br />
abgegeben.<br />
Das Open Shuttle nimmt gefertigte<br />
Aufträge von den Produktionslinien<br />
mit und übergibt diese an das OSR<br />
Shuttle Evo zur Einlagerung.<br />
Alle Spiegelteile und Leerbehälter<br />
lagern zentral im OSR Shuttle Evo und<br />
werden ausgelagert, wenn diese in<br />
der Produktion oder bei der Assemblierung<br />
benötigt werden.<br />
Die Assemblierung der Außenspiegel<br />
erfolgt direkt am Pick-it-Easy<br />
Arbeitsplatz. Das System führt die Mitarbeiter<br />
durch den Prozess.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S62<br />
Dematic<br />
Mit einem Multishuttle®-System mit fast 6.000 mehrfach-tiefen Stellplätze und<br />
einer speziellen Behälter-Fördertechnik verbindet der französische Küchenhersteller<br />
Schmidt Groupe am Standort Lièpvre im Elsass das Lager mit dem Kommissionierbereich<br />
vollautomatisch. Dadurch wird der gesamte Materialfluss auf eine<br />
komplett neue Basis gestellt.<br />
Schmidt Groupe<br />
Dematic<br />
Die Schmidt Groupe hat sich als einer der internationalen<br />
Marktführer in der Möbelfertigung und<br />
im -vertrieb einen Namen gemacht, insbesondere<br />
durch ihre individuell gestalteten Küchen. Am<br />
Standort in Lièpvre im Elsass werden verschiedene<br />
Komponenten wie Beschläge, Seitenwände, Türen<br />
und Griffe gelagert und kundenspezifisch zusammengestellt.<br />
Die Schmidt Groupe ist ein führender<br />
Akteur in der Küchen- und Möbelbranche, der<br />
sich durch seine hohe Qualität, innovative Designs<br />
und maßgeschneiderte Lösungen auszeichnet.<br />
Das Unternehmen wurde 1934 von Hubert Schmidt<br />
in Türkismühle (Saarland) gegründet und zog<br />
1959 ins Elsass, wo in Lièpvre im Val d‘Argent der<br />
neue Hauptstandort eröffnet wurde. Die Produkte<br />
werden unter den Marken Schmidt und Cuisinella<br />
vermarket.<br />
Dematic entwickelt, baut und unterstützt intelligente<br />
automatisierte Lösungen. Mit Forschungsund<br />
Entwicklungszentren, Produktionsstätten und<br />
Servicestandorten mit über 11.000 Mitarbeitern<br />
in mehr als 35 Ländern hat das globale Dematic-Netzwerk<br />
zu rund 8.000 Kundeninstallationen<br />
für einige der führenden Markenunternehmen<br />
weltweit beigetragen. Dematic mit Sitz in Atlanta,<br />
Georgia (USA), ist ein Unternehmen der KION<br />
Group, einem weltweit führenden Anbieter von<br />
Flurförderzeugen und Supply-Chain-Lösungen.<br />
Video QR Code<br />
http://bit.ly/3rMFKJ6
Mission & Vision<br />
Prozessverbesserungen, Materialflussautomatisierung sowie leistungsoptimierende Software bilden die<br />
Bestandteile jeder Lösung. Um die ideale Systemkonfiguration zu entwickeln, nutzt Dematic einen Industrial-Engineering-Ansatz,<br />
der auf operative Exzellenz ausgerichtet ist. Das Ergebnis sind intralogistische Systemlösungen:<br />
1. Produktivität, Durchsatz, Bestands- und Auftragsgenauigkeit, Ergonomie, Sicherheit, Sichtbarkeit, Einblicke und<br />
Gewinne steigern. 2. Platzbedarf, Betriebskosten, Bearbeitungszeit, Transaktionen und Fehlerpotenzial reduzieren.<br />
3. Optimieren Material- und Informationsfluss, Prozesse, Betriebsmanagement und Aktivitäten. Dematic widmet<br />
sich der Verbesserung der Logistikergebnisse. Dafür garantieren wir eine erfolgreiche Systemleistung.<br />
Herausforderung<br />
In den letzten Jahren hat das Unternehmen<br />
ein beeindruckendes Wachstum<br />
verzeichnen können. Die eingeschränkten<br />
Wachstumsmöglichkeiten<br />
innerhalb der Produktionsstätte veranlassten<br />
Schmidt Groupe zunächst über<br />
die Optimierung der manuellen Prozesse<br />
nachzudenken. Erst bei einem gemeinsamen<br />
Ortstermin mit Dematic wurde<br />
die Idee einer Automatisierung des<br />
Materialflusses geboren. Dabei sollte mit<br />
der gleichen Anzahl Mitarbeitern die<br />
Aufträge künftig effizienter abgearbeitet<br />
werden, was eine Umkehrung der<br />
Kommissionierprozesse auf das Ware-zur-<br />
Person Prinzip nötig machte.<br />
Lösungsanforderung<br />
„Mit dem Dematic Multishuttle lassen sich<br />
Geschwindigkeit, Lagerdichte, Genauigkeit<br />
und Verfügbarkeit innerhalb des<br />
Kommissionierungslagers signifikant erhöhen.<br />
Darüber hinaus ermöglicht das<br />
Gesamtsystem hohe Durchsatzraten<br />
sowie eine fehlerlose Kommissionierung und<br />
garantiert uns damit eine effiziente und zuverlässige<br />
Auftragsabwicklung.“<br />
Boris Herrmann<br />
Process Manager, Schmidt Groupe S.A.S.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S64<br />
Die Lösung im Überblick<br />
In Zusammenarbeit mit Dematic in Deutschland wurde eine platzsparende Lagerlösung entwickelt,<br />
die nahtlos in das bestehende Gebäude integriert werden konnte. Diese Lösung umfasst ein Multishuttle-System<br />
zur mehrfachtiefen Lagerung auf 5.760 Stellplätzen sowie eine Behälterfördertechnik.<br />
Innerhalb des Multishuttle-Systems übernehmen zwölf Shuttlefahrzeuge die Auftragssequenzbildung.<br />
Die Fördertechnik transportiert die angeforderten Artikel zu den verschiedenen Arbeitsstationen.<br />
Dadurch ermöglicht die Intralogistik-Lösung eine vollständige Automatisierung der zuvor manuellen Einund<br />
Auslagerung sowie Kommissionierung der Waren und des gesamten Materialflusses.<br />
Auf einen Blick<br />
Die Schmidt Groupe ist ein<br />
führender Akteur in der<br />
Küchen- und Möbelbranche,<br />
der sich durch seine hohe<br />
Qualität, innovative Designs<br />
und maßgeschneiderte<br />
Lösungen auszeichnet.<br />
Das Unternehmen wurde 1934<br />
von Hubert Schmidt in<br />
Türkismühle (Saarland)<br />
gegründet und zog 1959 ins<br />
Elsass, wo in Lièpvre im Val<br />
d‘Argent der neue Hauptstandort<br />
eröffnet wurde.<br />
Die Produkte werden unter<br />
den Marken Schmidt und<br />
Cuisinella vermarket.<br />
1. Kundennutzen<br />
• Effizienzsteigerung der Kommissionierprozesse<br />
um mindestens 20 %.<br />
• Verfügbarkeit der Anlage bei 98 %.<br />
• Ware-zur-Person Prozesse erlauben<br />
eine schnellere Auftragsabwicklung<br />
bei gleichzeitig höherer Genauigkeit.<br />
• Platzsparende Installation innerhalb<br />
eines bestehendes Gebäudes<br />
• Raum für zukünftiges Wachstum.<br />
Technische Daten<br />
• Dematic Multishuttle mit 12 Ebenen,<br />
5760 Stellplätzen und 12 Static Shuttles<br />
• 4 Arbeitsplätze für den Wareneingang<br />
• 6 Pick-by-Light Arbeitsplätze für die<br />
Kleineteilekommissionierung<br />
• 1 Pick-by-Light Sonder-Arbeitsplatz<br />
• 2 Packplätze im Warenaugang<br />
• Dematic MCS Fördertechnik<br />
• Dematic Warehouse Management System
Prozessablauf Kommissionierung<br />
Die Zusammenstellung der<br />
Aufträge beginnt zunächst an<br />
den Kleinteile-Arbeitsplätzen, wo<br />
die Mitarbeiter mithilfe eines Pickto-Light-Systems<br />
Kartons individuell<br />
mit den angeforderten Artikeln<br />
bestücken.<br />
Je nach Volumen der Artikel<br />
werden diese optimiert an drei<br />
verschiedene Arbeitsplätze angeliefert,<br />
damit die Mitarbeiter immer<br />
mit ähnlich großen Auftragsvolumina<br />
arbeiten können. Dabei<br />
werden zuerst die Schrauben<br />
kommissioniert, dann die A-Klasse<br />
Artikel und schließlich alle weiteren<br />
Artikel. Anschließend werden die<br />
Kartons mit speziellen Rollen- und<br />
Gurtförderern zu den nachfolgenden<br />
Stationen transportiert. Wenn<br />
größere Artikel zu einem Auftrag<br />
hinzugefügt werden müssen, wird<br />
der Kleinteilekarton auf ein Tablar<br />
geladen und im Dematic Multishuttle-Lager<br />
eingelagert oder<br />
zwischengepuffert.<br />
Die Shuttle-Lösung bietet auf zwölf<br />
Ebenen Platz für 5.760 Stellplätze.<br />
Zwölf Multishuttles übernehmen<br />
die automatische Auftragssequenzbildung<br />
sowie die Ein-, Um- und<br />
Auslagerung innerhalb des Shuttle-<br />
Systems.<br />
Die gefüllten Behälter und Tablare<br />
werden über die Fördertechnik<br />
zu den weiteren Arbeitsstationen<br />
transportiert. Dabei überwacht<br />
eine Durchlaufwaage das Gewicht.<br />
Sobald der Auftrag komplettiert<br />
ist, werden die sequenzierten<br />
Behälter überprüft, die Kartons verschlossen<br />
und mit Versandetiketten<br />
versehen. Dabei bietet das Shuttlesystem<br />
ausreichend Ressourcen<br />
für zukünftiges Wachstum. Für die<br />
Verwaltung der Shuttle-Lösung hat<br />
Dematic zusätzlich ein Warehouse<br />
Management System (WMS) installiert,<br />
das Bestände und Aufträge<br />
nach ABC-Zugehörigkeit verwaltet.<br />
Zur Überwachung der technischen<br />
Vorgänge wurde das Prozessvisualisierungssystem<br />
WinCC von<br />
Siemens in die Lösung integriert.<br />
Dieses System ermöglicht einen<br />
einfachen und übersichtlichen<br />
Informationsfluss aller anfallenden<br />
Daten und fungiert als Benutzerschnittstelle.<br />
Dadurch haben die<br />
Benutzer jederzeit Zugriff auf den<br />
aktuellen Betriebsstatus und können<br />
diese Daten nutzen, um Optimierungsmaßnahmen<br />
zur Verbesserung<br />
der Leistung abzuleiten.<br />
Kundennutzen<br />
„Mit dem Dematic Multishuttle<br />
lassen sich Geschwindigkeit, Lagerdichte,<br />
Genauigkeit und Verfügbarkeit<br />
innerhalb des Kommissionierungslagers<br />
signifikant<br />
erhöhen“, freut sich Boris Herrmann,<br />
Process Manager bei der<br />
Schmidt Groupe. Darüber hinaus<br />
ermögliche das Gesamtsystem<br />
hohe Durchsatzraten sowie<br />
eine fehlerlose Kommissionierung.<br />
„Das alles garantiert uns somit<br />
eine effiziente und zuverlässige<br />
Auftragsabwicklung“, so Boris Hermann<br />
weiter. Eingehende Waren<br />
werden zunächst an den Einlagerplätzen<br />
im System vereinnahmt, in<br />
Standardbehälter umgefüllt und im<br />
Multishuttle gelagert.<br />
Insgesamt stieg die Effizienz der<br />
Kommissionierprozesse um mindestens<br />
20 %. Die Automatisierung<br />
erlaubt eine Verfügbarkeit der<br />
Anlage von über 98 %. Entsprechend<br />
positiv fällt das Resümee der<br />
Schmidt Groupe aus. Boris Herrmann<br />
fasst zusammen: „Unsere<br />
Ziele in Bezug auf Durchsatz und<br />
Liefergenauigkeit wurden mehr als<br />
erfüllt.“
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S66<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
Fast-Fashion-Brand<br />
in der Kritik<br />
Zweifelhafter Umgang mit Retouren –<br />
Experte gibt Einblicke, was regelmäßig mit<br />
Retouren geschieht und welche Änderungen<br />
nötig sind.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Das Mode & Versandunternehmen<br />
Shein sorgte unlängst für negative<br />
Schlagzeilen: Durch GPS-Tracker<br />
kam heraus, dass Retouren des Onlinehändlers<br />
absurd lange auf die Reise gehen,<br />
bevor sie wieder an ihrem Ursprungsort ankommen.<br />
"Das Ganze zeigt uns, dass wir nicht nur<br />
unsere Modekonsumgewohnheiten überdenken<br />
müssen, sondern das gesamte System,<br />
das dahintersteckt", meint Konstantinos Vasiadis.<br />
Als Geschäftsführer der Elvinci.de GmbH<br />
handelt er mit Retouren und Überbeständen<br />
und weiß daher ganz genau, wie sinnvolle<br />
Strategien im Umgang mit Retouren aussehen.<br />
In diesem Artikel verrät er, wie das Retourengeschäft<br />
derzeit aussieht und welche Maßnahmen<br />
stattdessen ergriffen werden sollten.<br />
Wie sieht der aktuelle Umgang<br />
mit Retouren aus?<br />
Retouren sind eine Begleiterscheinung des<br />
Versandhandels. Vor allem seit dem Boom<br />
von Online-Shops nehmen sie immer weiter<br />
zu. Dabei offenbaren sich teilweise zweifelhafte<br />
Vorgehensweisen in der Abwicklung der<br />
Retouren. Allen voran gehen dabei die meist<br />
langen Transportwege. Schließlich werden<br />
Retouren nicht selten um die halbe Welt geschickt.<br />
Gerade im Hinblick auf Themen wie<br />
Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist dies höchst<br />
fragwürdig. Denn der Transport über diese<br />
weiten Strecken, ganz gleich, ob per Lkw,<br />
Schiff oder Flugzeug, verursacht Unmengen<br />
an Emissionen – was die Umwelt nachweislich<br />
negativ belastet. Doch nicht nur die Umwelt<br />
leidet, auch die Ressourcen der Unternehmen.<br />
Schließlich übernehmen diese nicht nur die<br />
Kosten für den Rückversand, sondern müssen<br />
auch für Verpackungsmaterial sowie Transport-<br />
und Personalkosten aufkommen. Die<br />
Wiederaufbereitung von Waren bindet dabei<br />
zusätzliche Ressourcen.
Welche Strategien im Umgang mit Retouren<br />
sind zukunftsfähig?<br />
Eines steht damit unweigerlich fest: Im Umgang<br />
mit Retouren muss sich etwas ändern.<br />
Dazu gilt es sowohl die Rücksendeprozesse zu<br />
optimieren als auch im Hinblick auf das Thema<br />
Nachhaltigkeit aufzuholen. Schließlich gilt:<br />
Je nachhaltiger das Retouren-Konzept eines<br />
Unternehmens ist, desto geringer ist die Umweltbelastung.<br />
Spezielle Technologien können<br />
helfen, Retouren automatisch zu identifizieren<br />
und zu sortieren, was eine effiziente Verarbeitung<br />
ermöglicht und Transportemissionen reduziert.<br />
Gleichzeitig gilt es im Thema Recycling<br />
und Wiederverkauf tätig zu werden, um unnötige<br />
Verschwendungen zu vermeiden.<br />
Um auch die Gesellschaft für das Thema Retouren<br />
und die damit einhergehenden Auswirkungen<br />
zu sensibilisieren, ist es nötig, die Lieferkette<br />
transparent zu gestalten. Sehen Käufer,<br />
welche Wege ihre Produkte zurücklegen müssen,<br />
wirkt sich das sowohl auf das Konsumverhalten<br />
als auch auf das Retourengeschäft positiv<br />
aus. Um von vornherein Rücksendungen<br />
zu minimieren, ist es an den Unternehmen,<br />
passgenaue Produktbeschreibungen sowie<br />
Größenangaben und Bilder bereitzustellen,<br />
das reduziert Mehrfachbestellungen zum Testen<br />
und sorgt allgemein für weniger Fehlkäufe.<br />
Konstantinos Vasiadis und Elvinci<br />
Unternehmen aus der Produktion und dem<br />
Handel profitieren von der guten Wirtschaftslage<br />
in Deutschland. Doch Überproduktion,<br />
Rücksendungen oder Ähnliches binden Ressourcen<br />
und verursachen unnötige Kosten.<br />
Konstantinos Vasiadis ist Geschäftsführer von<br />
Elvinci. Er und sein Team haben sich darauf<br />
spezialisiert, diese Problematik ökonomisch<br />
und nach dem Maximalprinzip zu lösen.<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S68<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Weltpostverein<br />
beschließt<br />
“Grünes Paket”<br />
Der 4. außerordentliche Weltpostkongress<br />
in Riad hat ein historisches “Grünes Paket”<br />
beschlossen, einschließlich freiwilliger Klimaschutzziele<br />
für den Sektor. 85% Reduktion der<br />
CO2 und Treibhausgasemissionen bis 2050.<br />
REDAKTION: FLORIAN SEIKEL<br />
Als Mitglied des Consultative Committees<br />
der UPU war der logsitc-natives<br />
e.V. mit einer Delegation beim<br />
außerordentlichen Kongress des<br />
Weltpostverbandes in Saudi Arabien. Hier wurde<br />
ein „Grünes Paket“ beschlossen, welches<br />
u.a. einen freiwilligen, abgestuften Ansatz<br />
zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen<br />
im Postsektor festlegt, der auf dem Entwicklungsstand<br />
der nationalen Postgesellschaften<br />
weltweit basiert, Emissionen zu messen und<br />
gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Die Mitgliedsstaaten<br />
des Weltpostvereins der ersten<br />
Stufe (Industriestaaten) reduzieren danach<br />
deren Emissionen bis 2030 um 30 %, wobei alle<br />
Mitgliedsstaaten (aller drei Stufen) auf eine<br />
gemeinsame Reduzierung aller Emissionen um<br />
85 % bis 2050 hinarbeiten.<br />
Laut einem umfassenden Bericht von Intep,<br />
Zürich, basierend auf gemessenen Emissionen<br />
aus 2021 als Basisjahr, ist eine Reduzierung der<br />
Emissionen im Postsektor vertreten durch den<br />
Weltpostverein (einer Sonderorganisation der
Vereinten Nationen) im *Bereich 1 und im<br />
**Bereich 2 bis 2030 um 30% verglichen mit<br />
2021 machbar. Dies kann von benannten<br />
nationalen Postbetreibern durch vertretbare,<br />
aber gezielte Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen<br />
(Fahrzeuge, Gebäude, digitale<br />
Infrastruktur, Last-Mile-Konsolidierung) und, soweit<br />
möglich, durch den Kauf von Strom aus<br />
erneuerbaren Energien erreicht werden.<br />
Darüber hinaus ist auch eine Reduzierung der<br />
weltweiten Bereich 1 und Bereich 2 Emissionen<br />
der im Weltpostverein vertreten nationalen<br />
Postbetreiber um 85% bis 2050, basierend auf<br />
dem Basisjahr 2021, erreichbar. Aufbauend<br />
auf den Energieeffizienz- und Einkaufsmaßnahmen,<br />
die zur Erreichung des Ziels für 2030<br />
erforderlich sind, kann das Ziel für 2050 durch<br />
umfangreichere Infrastrukturinvestitionen erreicht<br />
werden, die häufig erhebliche Vorlaufzeiten<br />
und Finanzierungsvolumina erfordern.<br />
an interessierte Gruppen, dass der Postsektor<br />
transformative Klimaschutzmaßnahmen unterstützen<br />
möchte. Die logistic-natives wurde<br />
zum „Rapporteur“ der neuen Arbeitsgruppe<br />
„Sustainability“ des Consultative Committees<br />
der UPU gewählt und können daher maßgeblich<br />
die Entwicklungen vorantreiben. Wer<br />
weitere Informationen hierzu erhalten möchte<br />
oder wer aktiv an der Gestaltung teilnehmen<br />
möchte, kontaktiert bitte Florian Seikel (Managing<br />
Director logistic-natives e.V., florian.seikel@logistic-natives.com).<br />
*Bereich 1: Direkte Emissionen aus Treibstoff,<br />
der von Postfahrzeugen oder zum Heizen und<br />
Kühlen von Postgebäuden verwendet wird.<br />
**Bereich 2: Indirekte Emissionen aus Stromoder<br />
Heiz- und Kühldienstleistungen, die von<br />
Postbetreibern gekauft werden. (RED)<br />
Zu diesen Umsetzungsmaßnahmen gehören<br />
die Elektrifizierung eines großen Teils der Fahrzeugflotten,<br />
eine groß angelegte Renovierung<br />
von Postgebäuden und erhebliche Direktinvestitionen<br />
in die lokale Erzeugung erneuerbarer<br />
Energien durch nationale Postgesellschaften.<br />
Einrichtung einer speziellen Klimafazilität<br />
Zusätzlich zu den Reduktionszielen legt das auf<br />
dem 4. außerordentlichen Weltpostkongress in<br />
Riad in der ersten Oktoberwoche verabschiedete<br />
Paket einen Rahmen für stärkere Klimaschutzmaßnahmen<br />
innerhalb des Postsektors<br />
fest, der sich auf Eindämmung, Anpassung<br />
und Klimafinanzierung konzentriert und durch<br />
eine spezielle Klimafazilität unterstützt wird.<br />
Diese Fazilität wird in Abhängigkeit von freiwilligen<br />
Beiträgen eingerichtet. Die Vereinigten<br />
Arabischen Emirate und Deutschland sagten<br />
im Plenum eine teilweise finanzielle Unterstützung<br />
zu.<br />
Die Verabschiedung des „Grünen Pakets“<br />
des Weltpostvereins bietet den nationalen<br />
Postgesellschaften und den 192 Mitgliedsstaaten<br />
auch einen Mechanismus, um ihre<br />
grünen Verpflichtungen und Ambitionen<br />
durch die Unterzeichnung der „Postal Climate<br />
Transparency Action-Erklärung“ sichtbarer<br />
zu machen. Zusammengenommen senden<br />
diese Erklärungen eine einheitliche Botschaft
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S70<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Europäisches Komitee<br />
für die Normung der<br />
Postdienste (CEN/T331)<br />
erarbeitet neue<br />
digitale Poststandards<br />
Die Arbeit an insgesamt 12 neuen Mandaten<br />
der Europäischen Kommission für die<br />
Normung der Postdienste hat mit deren Zuweisung<br />
an die zuständigen Arbeitsgremien<br />
begonnen. REDAKTION: WALTER TREZEK<br />
Normiert wird die Harmonisierung<br />
von Sendungsverfolgungsereignissen<br />
(Track & Trace); die sichere<br />
und kontaktlose Zustellung von<br />
Postsendungen; die Definition einer Methodik<br />
zur Berechnung und Berichterstattung<br />
der Umweltauswirkungen (Treibhausgasemissionen<br />
und Luftschadstoffemissionen) in<br />
der Brief- und Paketzustellung, Ende-zu-Ende<br />
von der Einsammlung und Annahme der<br />
Sendungen, bis zur endgültigen Zustellungsstelle,<br />
im Einklang mit anerkannten Umweltstandards<br />
im Fracht- und Transportwesen.<br />
Der digitale Ende-zu-Ende Vorabdatenaustausch<br />
zu Postsendungen (Briefe, Päckchen,<br />
Paketen und Expresssendungen) wird harmonisiert.<br />
Dies umfasst:<br />
WALTER TREZEK<br />
• Digitalisierung von Posttransportdokumenten:<br />
Bei seiner Arbeit an diesem Normungsinhalt<br />
muss CEN die Konformität mit der Verordnung<br />
(EU) 2020/1056 des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates (s.g. eFTI VO) berücksichtigen<br />
und dabei auf dem gemeinsamen<br />
europäischen multi-modalen Transportdatenmodell<br />
aufbauen.
• Digitale Identifizierung von Postbetreibern:<br />
Bei seiner Arbeit an diesem Normungsinhalt<br />
berücksichtigt CEN gegebenenfalls die Konformität<br />
mit der Verordnung (EU) 2020/1056<br />
des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
(s.g. eFTI VO) und stimmt sich mit dem Weltpostverein<br />
ab, um die Einrichtung einer geeigneten<br />
Ausgabeinfrastruktur sicherzustellen.<br />
• Digitalisierung postalischer Informationen.<br />
CEN soll bestehende europäische Normen<br />
identifizieren und überprüfen, die sich mit der<br />
Digitalisierung von Postinformationen auf Sendungsebene<br />
befassen, die sich aus der Digitalisierung<br />
der End-to-End-Postzustellkette ergeben.<br />
• Digitale Postdienste: CEN/TC331 überprüft<br />
die bestehenden europäischen Normungsinhalte<br />
im Bereich sicherer elektronischer<br />
Postdienste, um sie gegebenenfalls an die<br />
Verordnung (EU) 910/2014 (s.g. eIDAS VO)<br />
anzupassen, und berücksichtigt dabei die<br />
entsprechenden entwickelten oder in der<br />
Entwicklung befindlichen Normen zur „elektronischen<br />
Identifizierung und Vertrauensdiensten“<br />
des fortlaufenden Plans der Kommission<br />
für die IKT-Normung von 2022. CEN koordiniert<br />
seine Arbeit an diesen Normungsergebnissen<br />
mit dem Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen<br />
(ETSI). Elektronische Dokumente,<br />
die für Vorabdatenübermittlungen zu<br />
Postsendungen verwendet werden, müssen<br />
vorab auf sichere und authentifizierte Weise<br />
zwischen Beteiligten, einschließlich Behörden,<br />
ausgetauscht werden. Darüber hinaus wird<br />
die Zusammenarbeit zwischen europäischer<br />
(CEN, ETSI) und internationaler Normung (ISO)<br />
in den Bereichen „Verpackung“ und „nachhaltige,<br />
intelligente urbane Zustellung“ intensiviert<br />
und ausgebaut. Um schließlich die<br />
Harmonisierungsbemühungen im Bereich der<br />
nachhaltigen Postzustellung widerzuspiegeln,<br />
soll innerhalb von CEN/TC331 eine neue Arbeitsgruppe<br />
eingerichtet werden. Hier wird<br />
sich intensiv diesem Bereich gewidmet.<br />
Die logistic-natives sind aktiv dabei. Wer Teil<br />
des internationalen Netzwerks der logistic-natives<br />
werden möchte und wer die Branche<br />
aktiv gestalten möchte, kontaktiert bitte Managing<br />
Director Florian Seikel (florian.seikel@<br />
logistic-natives.com).<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S72<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Halbzeitbilanz fällt aus<br />
Sicht der mittelständischen<br />
Transport- und<br />
Logistikwirtschaft sehr<br />
ernüchternd aus<br />
Am 5. Oktober hat der Bundesverband Güterkraftverkehr<br />
Logistik und Entsorgung (BGL)<br />
e.V. seine ordentliche Mitgliederversammlung<br />
durchgeführt, die im Rahmen des gemeinsamen<br />
zweitägigen Branchendialogs<br />
„Netzwerk der Logistik“ von BGL, KRAVAG<br />
und SVG stattfand.<br />
BEITRAG: PI/REDAKTION<br />
• Sandra Herbst, Herbst-Transporte GmbH,<br />
Spedition und Logistik, Bamberg - Vizepräsidentin<br />
Landesverband Bayerischer Transportund<br />
Logistikunternehmen (LBT) e.V.<br />
Damit kann der BGL-Aufsichtsrat seine erfolgreiche<br />
Arbeit weiterführen. Wie auch die<br />
offizielle Pressekonferenz von BGL-Aufsichtsrat<br />
und Vorstandssprecher zeigte, bewegen<br />
die Branche zur Halbzeit der sogenannten<br />
Fortschrittskoalition aktuell besonders folgende<br />
Themen:<br />
Verdopplung der Lkw-Maut (Drittes Gesetz zur<br />
Änderung mautrechtlicher Vorschriften)<br />
Es ist zumindest ein Teilerfolg, dass das Mautgesetz<br />
nicht – wie ursprünglich vorgesehen<br />
– ohne weitere Diskussion im Eiltempo durch<br />
Bundestag und Bundesrat gepeitscht wurde.<br />
Denn die Ver-dopplung der Lkw-Maut ist aktuell<br />
nichts anderes als ein sinnloser Inflationstreiber<br />
inmitten der Wirtschaftskrise, der zu<br />
einer Belastungsprobe vor allem für die kleinen<br />
mittelständischen Transportunternehmen wird.<br />
Im Zentrum dieses Branchendialogs stand<br />
die Halbzeitbilanz der Ampel-Koalition,<br />
die – ganz im Lichte der aktuellen Beratungen<br />
zur Verdopplung der Lkw-Maut – aus<br />
Sicht der Logistikbranche sehr ernüchternd<br />
ausfällt. BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk<br />
Engelhardt: „Aus Sicht des mittelständischen<br />
Transportgewerbes bleibt die selbsternannte<br />
Fortschrittskoalition weit hinter den Erwartungen<br />
zurück. Besonders das Grün geführte<br />
Wirtschaftsministerium hat erkennbar wenig<br />
für den Fortschritt im Mittel-stand getan.“<br />
Um den Zusammenhalt und das gute Miteinander<br />
in der Branche weiter zu stärken, wurden<br />
bei der BGL-Mitgliederversammlung<br />
zwei Mitglieder neu in den Aufsichtsrat des<br />
BGL gewählt:<br />
Die Branche erwartet daher, dass in den aktuellen<br />
Verhandlungen der Koalitionspartner<br />
ihre berechtigten Einwände doch noch<br />
berücksichtigt werden. Dabei sind vier Punkte<br />
aus Sicht des BGL zentral:<br />
1) Verschiebung der Maut-Erhöhung um einen<br />
Monat auf den 1.1.2024, besser noch auf 2025,<br />
damit bestehende Verträge nicht belastet<br />
werden.<br />
2) Wort halten und die im Koalitionsvertrag<br />
zugesagte Vermeidung einer doppelten<br />
CO2-Anlastung bei Kraftstoff und Maut im Gesetzgebungsverfahren<br />
regeln.<br />
3)-Mautharmonisierungsprogramm & Förderprogramme<br />
für klimafreundlichen Straßengüterverkehr<br />
aufstocken.<br />
• Reinhold Fisel, Geschäftsführer Fisel GmbH<br />
& Co. KG Recycling + Transporte, Dillingen -<br />
Präsident Landesverband Bayerischer Transport-<br />
und Logistikunternehmen (LBT) e.V.<br />
4) Verwendung der Mautmehreinnahmen<br />
für den Finanzierungskreislauf Straße, bessere<br />
Förderung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur<br />
für E-Lkw.
Foto – von links: Klaus Akkermann (BGL-Aufsichtsrat), Prof. Dr. Dirk Engelhardt (BGLVorstandssprecher), Thomas Heinbokel<br />
(Stellvertretender Vorsitzender BGL-Aufsichtsrat), Horst Kottmeyer (Vorsitzender BGL-Aufsichtsrat), Sandra Herbst (BGL-Aufsichtsrätin)<br />
und Reinhold Fisel (BGL-Aufsichtsrat).<br />
–<br />
<br />
Die Forderungen des BGL können via Link Drittstaaten. Und wir brauchen bessere Kontrollen<br />
für einen fairen Wettbewerb, damit<br />
<br />
dem Positionspapier entnommen werden:<br />
<br />
https://bit.ly/46HypcF<br />
Fälle wie die der streikenden Lkw-Fahrer in<br />
<br />
Gräfen-hausen nicht mehr die Spitze eines Eisbergs<br />
sind, sondern die absolute Ausnahme.<br />
<br />
Einen wesentlichen Anteil an der fortgesetzten<br />
Diskussion des Gesetzesentwurfs hat auch<br />
die vom BGL im August gestartete Kampagne<br />
„#mauteverest“. Die Kampagne läuft mit breiter<br />
Unterstützung der Transportunternehmen<br />
auf Hochtouren, mit viel positivem Feedback<br />
von Medien, Politik und aus der Branche.<br />
Die Transportbranche hat es in wenigen<br />
Wochen geschafft, das Budget für die Kampagne<br />
„#mauteverest“ auf über eine Viertelmillion<br />
Euro anwachsen zu lassen – Tendenz<br />
steigend! Dieses Engagement bildet den<br />
großen Zusammenhalt der Unternehmen ab<br />
und zeigt, dass die Branche für ihre gesellschaftliche<br />
Relevanz verstanden und gesehen<br />
werden will.<br />
Klimaschutz<br />
Um die Antriebswende erfolgreich und zügig<br />
umzusetzen, brauchen die Betreiber der Lkw-<br />
Flotten eine stärkere Unterstützung durch die<br />
Bundesregierung. Denn die klimafreundliche<br />
Transformation des Straßengüterverkehrs kann<br />
nur gelingen, wenn die politischen Rahmenbedingungen<br />
stimmen. Dazu brauchen wir<br />
eine Verstetigung der Fördermittel für die Anschaffung<br />
von E-Lkw und H2-Lkw, den Aufbau<br />
einer flächendeckenden E-Ladestruktur im<br />
Deutschlandtempo mit ausreichenden Lkw-<br />
Stellplätzen und wir brauchen Planungssicherheit<br />
für den Einsatz des Lang-Lkw Typ 1.<br />
<br />
<br />
Fahrer- und Fachkräftemangel<br />
Zur Behebung des sich unverändert verschärfenden<br />
Fahrermangels muss die Bundesregierung<br />
endlich den Mut für pragmatische<br />
Lösungen und eine echte Bürokratiewende<br />
haben. Wir brauchen dringend Erleichterungen<br />
im Fahrerlaubnisrecht und im Berufskraftfahrerqualifikationsrecht.<br />
Wir brauchen eine<br />
erleichterte Zuwanderung von Fahrern aus<br />
„Wir würden es im Übrigen sehr begrüßen,<br />
wenn die Politik künftig nur mit Forderungen<br />
an die Branche an die Öffentlichkeit tritt,<br />
die wir auch erfüllen können. Der Güterkraftverkehr<br />
will Teil der Klimawende sein,<br />
braucht aber die dafür nötigen Rahmenbedingungen<br />
und Planungssicherheit.“ – so BGL-<br />
Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt.<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S74<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Neuer Service der<br />
WK Wien bringt Güterverkehr<br />
auf die Schiene<br />
Beim Intermodal-Coaching wird mit Unternehmen<br />
ein Konzept erstellt, wie sie ihren<br />
Straßengüterverkehr klimafreundlich mit<br />
der Schiene kombinieren können.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Die erfahrenen Fachleute aus der Logistik- und<br />
Transportbranche erarbeiten unter anderem<br />
Routen und führen Vor-Ort-Besichtigungen<br />
durch. Dabei wird auch auf individuelle Details<br />
wie Gefäßarten, Menge oder Frequenz<br />
eingegangen sowie ein Kosten-Nutzen-Vergleich<br />
erstellt.<br />
Zahlreiche Vorteile und Chancen<br />
„Lkws verteilen Waren von Umschlagterminals<br />
in der Region, anstatt tagelang quer durch<br />
Europa unterwegs zu sein. Das spart einerseits<br />
CO²-Emissionen und reduziert zeitraubende<br />
Staus, andrerseits werden Lkw-Fahrer entlastet“,<br />
führt Sertic aus. Denn ihnen bleibt<br />
mehr Zeit für das Familienleben, was die Attraktivität<br />
des Berufes erhöht. Das wiederum<br />
macht es Unternehmen leichter, in Zeiten des<br />
Fachkräftemangels neue Lkw-Fahrer zu finden.<br />
Gerade klein- und mittelständische Unternehmen<br />
profitieren bei der Kombination<br />
aus Straße und Schiene: „Sie können dank intermodalem<br />
Verkehr ihren Vor- und Nachlauf<br />
effizienter gestalten.“<br />
Davor Sertic (li.),<br />
WKW-Spartenobmann<br />
Transport und Verkehr<br />
und Stefan Ehrlich-Adám,<br />
WKW-Spartenobmann<br />
Industrie, vor dem<br />
Helrom-Verladesystem am<br />
Hafen Wien.<br />
Verladesystem Helrom- „Ein Zug<br />
kann bis zu 52 Lkw ersetzen“,<br />
erklärt Davor Sertic, Spartenobmann<br />
Transport und Verkehr der<br />
Wirtschaftskammer Wien. Aus diesem Grund<br />
hilft die Wirtschaftskammer Wien nun<br />
Unternehmen dabei, in den sogenannten<br />
intermodalen Verkehr einzusteigen. Beim Intermodal-Coaching<br />
entschlüsseln Experten<br />
der WK Wien gemeinsam mit Unternehmen<br />
deren Potenziale für kombinierten Verkehr<br />
und erstellen ein konkretes Konzept.<br />
Wichtig für die Industrie<br />
Die Kombination von Straße und Schiene ist<br />
auch für die Industrie ein immer wichtigeres<br />
Konzept: „Bei den großen Mengen an Gütern,<br />
die Industriebetriebe herstellen, ist intermodaler<br />
Verkehr ein wichtiges Mittel, um Klimaschutz<br />
und wirtschaftlichen Erfolg zu vereinen“, sagt<br />
Stefan Ehrlich-Adám, Spartenobmann Industrie<br />
in der WK Wien. „Damit leistet auch die Industrie<br />
einen wichtigen Beitrag zur Reduktion<br />
von CO²-Emissionen. Am Hafen Wien etwa ist<br />
dies mit dem Verladesystem von Helrom bereits<br />
gelebte Wirklichkeit.“
Europäisches Bahnsystem vereinheitlichen<br />
„Wir müssen unsere Emissionen senken, wenn<br />
wir die Klimaziele erreichen wollen. Emissionsfreie<br />
Antriebe für die Straße sind aber gerade<br />
im Fernverkehr noch nicht so weit. Also müssen<br />
wir Alternativen finden, die jeder nutzen<br />
kann“, sagt Spartenobmann Sertic. Der<br />
Schienenanteil im Güterverkehr liegt in Österreich<br />
bei rund 31 Prozent. „Den wollen wir in<br />
den nächsten Jahren erhöhen und setzen uns<br />
daher in der Wirtschaftskammer Wien auch<br />
auf europäischer Ebene für ein einheitliches,<br />
effizienteres und moderneres Bahnsystem ein.“<br />
Helrom Verladesystem: https://youtu.be/U-rAsFoBrbo<br />
Das Intermodal-Coaching richtet sich an alle<br />
Wiener Unternehmen der Sparten Industrie<br />
sowie Transport und Verkehr. Der Startschuss<br />
erfolgt am 1. November. (RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S76<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Innofreight investiert<br />
viel Geld in neue<br />
Waggons & Container<br />
Das steierische Eisenbahnlogistikunternehmen<br />
Innofreight expandiert nach Spanien<br />
und Portugal und beschafft weitere Waggons<br />
und Container. Das sind die Highlights<br />
aus einem Unternehmen, das vor 21 Jahren<br />
gegründet wurde und heute zu den großen<br />
Playern in der europäischen Eisenbahnlogistik<br />
mit Fokus intermodalen Verkehr zählt.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Innofreight mit Sitz in Bruck an der Mur<br />
hat sich mit der Entwicklung und dem<br />
Bau von Spezialwaggons und -container<br />
einen Namen gemacht und damit in<br />
Europa eine Vorreiterrolle übernommen, was<br />
die klare Trennung von Waggon und Lademittel<br />
betrifft. Verschiedene Container auf<br />
einen standardisierten Waggon zu setzen<br />
und damit höchstmögliche Flexibilität beim<br />
Bahntransport zu schaffen ist das erfolgreiche<br />
Konzept. 25.000 Container für unterschiedliche<br />
Transportgüter und 5.000 Waggons<br />
hat Innofreight derzeit europaweit im<br />
Einsatz, alle Kapazitäten sind gut ausgelastet<br />
und in diesem Jahr wird mit 140 Mitarbeitern<br />
ein Umsatz von 200 Mio. Euro erwartet, prognostiziert<br />
Peter Wanek-Pusset, Geschäftsführer<br />
und Eigentümer des Unternehmens.<br />
„Mit unserem Equipment werden jährlich 30<br />
Mio. Tonnen Güter im intermodalen Verkehr<br />
transportiert, so wird die Umwelt entlastet und<br />
wir leisten einen Beitrag zum Umweltschutz“.<br />
Dennoch stimmt dem Innofreight-Eigentümer<br />
die aktuelle Entwicklung bei Europas Bahngesellschaften,<br />
speziell bei den großen nachdenklich,<br />
weil diese seiner Einschätzung sehr<br />
stark auf den Ausbau der Infrastruktur und<br />
den Personenverkehr setzen und dabei den<br />
Güterverkehr vernachlässigen. Wanek-Pusset:<br />
„Ich habe den Eindruck, dass es keinen klar<br />
erkennbaren politischen Willen gibt die Bahnen<br />
im Bereich Güterverkehr zu unterstützen“,<br />
dabei hätten diese gerade in diesem Segment<br />
einen gewaltigen Nachholbedarf.<br />
Die Fuhrparks vieler Bahnen sind überaltert<br />
und sichtbare Investitionen in deren Erneuerung<br />
sind kaum auszumachen. Wie es<br />
scheint, ist es den Bahnen möglicherweise<br />
sogar recht, wenn bei den Wagenparks die<br />
Privatisierung voranschreitet. Das sei keine<br />
Kritik, sondern als Beobachtung aufgrund der<br />
aktuellen Entwicklung zu sehen. Wenn sich der<br />
Modal-Split zugunsten der Schiene verändern<br />
soll und mehr Güter auf die Schiene kommen<br />
sollen, dann sollte die Politik auch bereit sein,<br />
mit öffentlichem Fördergeld die Erneuerung<br />
der veralteten Wagenparks der Bahnen zu unterstützen.
Für Innofreight tun sich vor dem Hintergrund<br />
dieser Entwicklung interessante Entwicklungschancen<br />
auf. Aktuell nimmt Innofreight 150<br />
Mio. Euro in die Hand, um weitere 1.700 der im<br />
eigenen Haus entwickelte InnoWaggons sowie<br />
weitere 4.000 Spezialcontainer zu beschaffen.<br />
Gleichzeitig wird die Expansion in Richtung<br />
Spanien und Portugal vorangetrieben, zumal<br />
die Perspektiven Richtung Osteuropa ob des<br />
Ukraine-Krieges und der Russland-Sanktionen<br />
eher trübe sind. Innofreight ist längst nicht<br />
mehr nur Entwickler und Produzent von Waggons<br />
und Container, sondern hat sich zu einem<br />
Full-Service-Logistik-Provider entwickelt.<br />
Wanek-Pusset: „Wir können alles machen,<br />
was unsere Kunden wünschen“. Alles außer<br />
Traktionsleistungen, wie er präzisierend<br />
ergänzt. So ist Innofreight seit April dieses Jahres<br />
mit der schweizerischen Reederei MSC<br />
im Geschäft, die in Hinterland-Verkehren<br />
Innofreight-Equipment nutzt, das ist eine Premiere<br />
und macht die Leute in Bruck an der<br />
Mur stolz. Bei den Hinterland-Verkehren könnte<br />
es in Zukunft sinnvoll sein, gemischte Züge<br />
zu führen, also in einem Zugverband sowohl<br />
maritime Container als auch Einzelwagen mit<br />
konventioneller Ladung mitzunehmen. Damit<br />
würde man die Effizienz des intermodalen<br />
Verkehrs erhöhen, ist Wanek-Pusset überzeugt.<br />
Im Hamburger Hafen sieht man heute<br />
schon jede Menge Innofreight Waggons, an<br />
die 2.000 sind es etwa, die von dort Rohstoffe<br />
aus dem Hafen in das europäische Hinterland<br />
bringen. „Wir sind ein integriertes Unternehmen<br />
mit insgesamt 40 verschiedenen<br />
Firmen im Verbund, die mir und meiner<br />
Familie gehören“, betont Wanek-Pusset.<br />
Innovation wird seit Beginn großgeschrieben<br />
und so werden jährlich drei bis vier Prozent in<br />
Forschung und Entwicklung investiert. Was dabei<br />
herauskommt sind beispielsweise drei neue<br />
Containertypen wie der DryTainer, CemTainer<br />
oder das WireStanchion-System, für den Transport<br />
von feuchtigkeitsempfindlichen Gütern,<br />
Zement und gestapelten Drahtrollenbündeln.<br />
Rückblickend auf die bisherige Firmenentwicklung<br />
zieht Wanek-Pusset eine positive<br />
Bilanz: „Das Trennen von Waggons und Lademittel<br />
ist unsere Entwicklung, da sind wir<br />
Pioniere und jetzt Marktführer und wollen das<br />
auch bleiben.“<br />
(RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S78<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Koralmbahn -<br />
BLAU GEMACHT<br />
Vor 170 Jahren dampfte erstmals eine<br />
Lokomotive über den Semmering. Eine technische<br />
Meisterleistung, die man zunächst<br />
nicht für möglich gehalten hätte. Aber<br />
getrieben von seiner Liebe zur Steiermark<br />
motivierte Erzherzog Johann seine Genietruppe<br />
zur Meisterleistung. Es entstand eine<br />
geschichtsträchtige Bahninfrastruktur, von<br />
der heute noch Schulbücher berichten. Was<br />
wird man in 170 Jahren von der nun errichteten<br />
Koralmbahn in den Geschichtsbüchern<br />
lesen? REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Jedenfalls wird kein Schulkind jemals erfahren,<br />
welcher Ingenieur die Koralmbahn<br />
mit dem 33 Kilometer langen<br />
Tunnel erbaut hat. Der „Ritter“ von der<br />
Koralmbahn ist – im Gegensatz zum Ritter von<br />
Ghega, namenlos. Dafür wissen in Österreich<br />
alle Menschen, die Koralmbahn ist „Blau gemacht“.<br />
Der ehemalige Landeshauptmann<br />
von Kärnten, Jörg Haider, war die Triebfeder<br />
des „Jahrtausendprojektes“ (LH Peter Kaiser).<br />
Zumindest wirbt die FPÖ unwidersprochen<br />
mit dieser Zuschreibung und verweist damit<br />
einen (Peter) Kaiser in die Rolle eines unwichtigen<br />
Verwalters freiheitlicher Leistung. Die<br />
Koralmbahn wird also als „Parteibahn“ in die<br />
Geschichte eingehen. Auch deshalb, weil<br />
kaum um ein Bahnprojekt jemals so viel gestritten<br />
und gerangelt wurde. Dabei hätte die<br />
Koralmbahn es durchaus verdient, ebenfalls<br />
einen Stockerlplatz in der Geschichte österreichischer<br />
Ingenieurskunst zu erlangen. Zwar<br />
sind die technischen Möglichkeiten heutzutage<br />
ungleich besser, als zu Ghegas Zeiten,<br />
aber monumental, ja fast monströs, ist die Koralmbahn<br />
allemal.<br />
Die Koralmbahn ist ein wichtiger Teil des österreichischen<br />
Abschnitts des Baltisch-Adriatischen Korridors. Sie soll im<br />
Jahr <strong>2023</strong> voll befahrbar sein. © ÖBB
Bild: FPÖ-Kärnten<br />
Monströs sind jedenfalls auch die Kosten für<br />
die Errichtung der Koralmbahn – besonders<br />
dann, wenn man das Gesamtprojekt Südbahn<br />
NEU mit dem Semmering Basistunnel<br />
betrachtet, der im Schatten der Ghega Bahn<br />
entsteht. Anderseits spielt die Kostenfrage<br />
für die Verkehrsinfrastruktur in Österreich und<br />
erst recht in der EU, keine wesentliche Rolle<br />
– mal abgesehen von den vernachlässigten<br />
Lärmschutzkosten. Nach dem Motto „koste<br />
es was es wolle“, wird da auf Teufel komm<br />
raus gegraben und betoniert, als gäbe es<br />
kein Morgen.<br />
Dabei war man um Argumente nie verlegen.<br />
Ging es zu Ghegas Zeiten noch darum,<br />
elementare Verkehrswege für den Personenverkehr<br />
zu schaffen, stand bald der Handel<br />
und später der grenzenlos, freie Handel<br />
im Vordergrund. Das Argument der „Militärischen<br />
Mobilität“ ist zwar auch schon alt in<br />
der Infrastrukturplanung, aber kostenmäßig<br />
ist es heute ein richtig fetter Brocken, der da<br />
auf dem öffentlichen Budget lastet. Aber<br />
das soll die Gesellschaft nicht unnötig belasten.<br />
Deshalb liegt der öffentliche Fokus jetzt<br />
zunehmend auf der Bedeutung hinsichtlich Klimawandel<br />
und Verkehrswende. Eine maximal<br />
ausgebaute Verkehrsinfrastruktur – insbesondere<br />
Schieneninfrastruktur, ist gut für das Klima. Da<br />
darf man nicht knausrig sein. Da werden Superlativen<br />
(„Stern des Südens“) strapaziert, um zu<br />
erklären, warum wir uns heute für alle Ewigkeit<br />
verschulden müssen. Dabei ist der „Erfolg“ keineswegs<br />
garantiert. Insbesondere in Kärnten ist<br />
schon mal ein Stern vom Himmel gefallen…<br />
Der LKW-Verkehr profitiert von der asymmetrischen<br />
Wirkung der europäischen Bahnpolitik<br />
und der Schieneninfrastruktur Förderung.<br />
Obwohl die Schieneninfrastrukturerrichtung<br />
seit Jahren förmlich im Geld schwimmt, ist die<br />
Transportverlagerung von der Straße auf die<br />
Schiene, überschaubar. Der 8. Bericht über die<br />
Entwicklung des europäischen Schienenverkehrsmarktes<br />
vom 13. 9. <strong>2023</strong> bestätigt, „Das<br />
Tempo des Fortschritts steht allerdings nicht in<br />
einem angemessenen Verhältnis zum Handlungsbedarf<br />
in Bezug auf den Klimawandel<br />
und zum erwarteten Beitrag des Schienenverkehrs<br />
zur Dekarbonisierung des Verkehrs.“
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S80<br />
Der Europäische Rechnungshof pflichtet dem<br />
im letzten Bericht bei: „Die EU ist noch weit davon<br />
entfernt, den Güterverkehr von der Straße<br />
zu holen.“ Obwohl, allein die EU-Förderung<br />
für Intermodalität hat zwischen 2014-2020 die<br />
Milliarden-Grenze längst überschritten. Eine<br />
dieser „tollen“ Initiativen zu Intermodalität ist<br />
der Wunsch des Klimaministeriums, dass Mülltransporte<br />
ab 300 Km auf die Bahn verlagert<br />
werden müssen. Geht`s euch brausen, sagt<br />
die Wirtschaft. Das ist Planwirtschaft. Machen<br />
wir nicht. Überdies ist die Regelung weder<br />
durchdacht noch kontrollierbar.<br />
Seit Erzherzog Johann hat sich in der Infrastrukturplanung<br />
nicht geändert, dass persönliche<br />
Präferenzen der Machthaber und Entscheidungsträger<br />
eine wesentliche Rolle spielen.<br />
Geändert hat sich nur, dass es heute im Gegensatz<br />
zum Monarchie wesentlich mehr<br />
Machthaber und demnach mehr persönliche<br />
Befindlichkeiten gibt. Und das macht die Sache<br />
für den EU-Bürger so richtig teuer. Denn es<br />
genügt nicht, wenn ein Landeskaiser beispielsweise<br />
die Koralmbahn für sein Land reklamiert.<br />
Der Nachbar-Kaiser will das auch und der Kaiser<br />
auf der anderen Seite des Zaunes ebenfalls.<br />
Die ÖBB wollte die Koralmbahn ursprünglich<br />
nicht bauen. Noch 2006 haben Experten dort<br />
ausgerechnet, dass das Projekt nicht sinnvoll<br />
ist. Dennoch hat sich der blaue Kaiser durchgesetzt<br />
und der rote Kaiser findet das heute<br />
auch OK. (Fremdes) Geld ist also immer<br />
da, wo der Wille herrscht, es auszugeben.<br />
Nur bei den Bahntoten ist es anders. Niemand<br />
will Tote oder Verletzte an Bahnübergängen.<br />
Dennoch reicht das Geld Jahr für Jahr nicht,<br />
um die gefährlichsten Eisenbahnkreuzungen<br />
endlich zu beseitigen. 2022 gab es in Österreich<br />
bei 53 Unfällen 59 Verletzte und 17 Tote<br />
(Statistik Austria). Die überwiegende Zahl an<br />
Bahnübergängen ohne Schrankenanlage.<br />
Der Rat hat sich im Dezember 2022 auf ein<br />
Verhandlungsmandat für den Entwurf einer<br />
Verordnung über die Leitlinien der EU für den<br />
Aufbau eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes<br />
(TEN-V) geeinigt. Es blieb ihm auch gar<br />
nichts anderes übrig. Das „Kernnetz“ sollte bis<br />
2030 fertiggestellt sein, das neu hinzugekommene<br />
„erweiterte Kernnetz“ bis 2040 und das<br />
„Gesamtnetz“ bis 2050. Was dann passiert,<br />
daran wage ich nicht zu denken. Schon in weniger<br />
als 30 Jahren soll Schluss sein mit betonieren?<br />
Aber nein! Ganz im Gegenteil. Schon<br />
melden sich erste Kaiser-Sprecher zu Wort die<br />
behaupten, wir müssen erheblich mehr investieren,<br />
weil das „Gesamtnetz“ ja nur für „langsame“<br />
Züge geeignet ist.<br />
Die Baltisch-Adriatische Verkehrsachse<br />
verbindet die Ostsee mit<br />
dem Mittelmeer. © ÖBB
Europäisches Metropolen-Netz,<br />
© Deutsche Bahn AG
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S82<br />
Wir brauchen aber „High-Speed-Züge“ im<br />
Kampf gegen den Klimawandel. Dazu müssen<br />
europaweit 21.000 Kilometer Schienennetz<br />
ausgebaut werden. Also kein Licht am Ende<br />
des Tunnels. 2019/20 waren die Jahre der<br />
COVID-19-Pandemie. Das war nicht nur für die<br />
Menschen, sondern auch für die Logistik eine<br />
besondere Herausforderung. 2021 war das<br />
„Europäische Jahr der Schiene“. Da nahm das<br />
„Geschäft“ wieder Fahrt auf. 2022, das Jahr<br />
des Kriegsausbruches in der Ukraine, stellte<br />
teilweise die Prioritäten in der Logistik um. <strong>2023</strong><br />
ist das „Europäische Jahr der Kompetenzen“.<br />
Die Verkehrskompetenzen sollen dabei einen<br />
Schwerpunkt bilden und zeigen, wie intelligent<br />
der Verkehr bereits ist. Das ist auch dringend<br />
notwendig, denn laut Statistik Austria lag die<br />
durchschnittliche Auslastung auf dem österreichischen<br />
Schienenverkehrsnetz bei 73 Prozent.<br />
Mehr als 100.000 Leerwagenkilometer schmälern<br />
den Erfolg einer wertvollen Infrastruktur.<br />
Dafür wachsen die Grundstückspreise entlang<br />
der Infrastruktur in den Himmel.<br />
Neben der Koralmbahn klagt ein Bürgermeister,<br />
haben Grundstücksspekulanten den<br />
Quadratmeterpreis schon um 50 Prozent in<br />
die Höhe getrieben. Dabei fährt noch gar<br />
kein Zug und wie gut die neue Schieneninfrastruktur<br />
ausgelastet sein wird, weiß niemand.<br />
Parallel, jenseits der österreichischen Grenze<br />
fährt nämlich METRANS bereits mit einem konkurrenzfähigen<br />
Angebot.<br />
Die METRANS-Gruppe als HHLA-Tochterunternehmen<br />
stellt hochfrequente Bahnverbindungen mit Seehäfen<br />
an der Nordsee und der Adria her. Neuerdings auch<br />
zwischen Rijeka-Belgrad-Budapest. Quelle: METRANS
„Immer-mehr und nie-Genug!“<br />
(Bernhard Ungericht)<br />
Unabhängig davon, ob die Koralmbahn in<br />
Verbindung mit der neuen Südbahn erfolgreich<br />
sein wird oder nicht, zeichnen sich bereits<br />
die negativen Folgen des Projektes ab.<br />
Abgesehen von den enormen Umweltschäden<br />
durch den Bau der Schieneninfrastruktur,<br />
die erst durch den Erfolg einer maßgeblichen<br />
Transportverlagerung gerechtfertigt<br />
werden müssten, lasten weitere Bodenversiegelungen<br />
durch Logistikimmobilien und<br />
hohe Grundstückskosten schwer in der Negativbilanz.<br />
Außerdem klagen regionale<br />
Stimmen entlang der alten Ghega-Strecke,<br />
dass die UNESCO-Bahn mangels Nutzung<br />
zur Museumsbahn verkommen könnte. Betroffen<br />
davon ist in erster Linie der ohnehin<br />
unzureichende ÖPNRV im ländlichen Raum.<br />
Ganz real scheinen diese Befürchtungen bei<br />
den Bürgermeistern entlang der alten Südbahn<br />
in Mittelkärnten zu sein. Sie haben bereits<br />
eine Petition im Parlament eingebracht.<br />
Die Forderungen der „Zukunft Mittelkärnten“<br />
sind klar: Erhalt und deutliche Aufwertung<br />
der bestehenden Streckenführung und<br />
keine Benachteiligung der regionalen Bevölkerung<br />
durch den Neubau. Ein Austrocknen<br />
regionaler Infrastruktur durch Megaprojekte<br />
kann man auch am Beispiel der Nebenbahnen<br />
studieren. Die Görtschitztal-Bahn zum<br />
Beispiel wurde zwar aufwändig gebaut und<br />
sie wird auch emsig erhalten – aber nicht<br />
genützt. Die örtliche Industrie wurde sogar<br />
behördlich zur Nutzung der Schiene verdonnert<br />
– aber ohne Erfolg. Jetzt sagt das „Klimaministerium“<br />
– vielleicht später. Vielleicht<br />
braucht es der Markt 2028. Man wird sehen.<br />
Aber es geht noch absurder. Die Wachauer<br />
Bahn wurde teilweise sogar demontiert und<br />
die Bahngründe so verscherbelt, dass eine<br />
durchgehende Bahnnutzung nicht mehr möglich<br />
ist. Die Schienen vor dem Schotterwerk<br />
liegen praktisch bracht und die Grünen freuen<br />
sich über die super tolle Idee einer Güterseilbahn<br />
über die Donau als Schienenersatz.<br />
Der Slogan der Wirtschaft zur Bewerbung der<br />
Koralmbahn lautet „ Area Süd, Mehr Menschen.<br />
Mehr Märkte. Mehr Miteinander.“ Es ist<br />
schwer, solche dümmlichen Werbesprüche zu<br />
kommentieren, ohne juristisch relevante Tatbestände<br />
zu setzen. Prof. Bernhard Ungericht<br />
schreibt in seinem Buch (Immer-mehr und<br />
Nie-genug!) von der Maßlosigkeit und wenn<br />
man sich verirrt hat, ist es gut an jenen Ort zurückzukehren,<br />
wo man falsch abgebogen ist.<br />
Aber das wird in der Gesellschaft nicht passieren.<br />
Zu stark sind wir in unserem Ego verhaftet.<br />
Insofern ist der High-Speed-Zug, der mit 300<br />
Sachen durch den Acker rauscht eine gute<br />
Metapher – mit Hochgeschwindigkeit an die<br />
Wand. Doch halt! Ein Ass haben wir noch im<br />
Ärmel. Die Binnenschifffahrt. Oh, wie schön!<br />
Bei der letzten EU-Ratssitzung Ende 2022 wurde<br />
erkannt (200 Jahre nach der professionellen<br />
Implementierung), die Binnenschifffahrt<br />
ist ein nachhaltiger und weniger überlasteter<br />
Verkehrsträger, der bei den Bemühungen<br />
der Union um die Dekarbonisierung des Verkehrssystems<br />
eine zentrale Rolle übernehmen<br />
kann. Allein, genützt wird die Binnenschifffahrt<br />
noch wesentlich weniger als die Bahn. Genau<br />
genommen fährt sie im Modal Split seit Jahrzehnten<br />
unter, oder knapp über der Wahrnehmungsgrenze.(PB)<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S84<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Leistungsstark vom<br />
Süden her aufrollen<br />
Die oberen Adriahäfen Triest, Rijeka, Koper<br />
und Venedig werden immer stärker von<br />
österreichischen Verladern präferiert,<br />
wenn es darum geht Exporte und Importe<br />
nach oder aus Übersee abzufertigen. Es<br />
sind aber nicht mehr nur die Adria-Häfen,<br />
sondern auch jene in Piräus, La Spezia oder<br />
Genua, die mit ihrem umfangreichen Leistungsportfolio<br />
die Verlader im Hinterland<br />
umwerben. BEITRAG: REDAKTION<br />
Beim diesjährigen Südhafenforum<br />
des Vereins Netzwerk Logistik (VNL)<br />
in den Räumlichkeiten des Cargo<br />
Center Graz (CCG) in Werndorf bei<br />
Graz ging es um die vorhin genannten Häfen<br />
und deren Drehscheibenfunktion in globalen<br />
Transportketten von und nach Österreich bzw.<br />
in die Nachbarländer. Das vierte Forum war<br />
gut besucht und es gab Informationen aus<br />
erster Hand etwa aus dem Hafen Piräus, wo<br />
der chinesische Reeder Cosco kräftig Flagge<br />
zeigt oder von der Lidl-eigenen Reederei<br />
Tailwind Shipping Lines, die seit Juli des Vorjahres<br />
im Container-Geschäft auf Hochsee<br />
mitmischt und für Ladung von Dritten wirbt.<br />
Christian Steindl, Vorstand im VNL-Vorstand<br />
Süd, betonte in seinem Eröffnungsstatement<br />
zwar die nach wie vor wichtige Rolle der<br />
Nordhäfen, doch die Südhäfen holen immer<br />
mehr auf und stehen im stärker werdenden<br />
Wettbewerb mit Hamburg, Rotterdam,<br />
Antwerpen und Co. Hamburg ist zwar noch<br />
immer der wichtigste Container-Exporthafen<br />
für österreichische Verlader mit einem<br />
Containeraufkommen von rund 330.000 TEU.<br />
Doch Koper mit seiner einer Million Container-<br />
Umschlag im vergangenen Jahr und einem<br />
Österreich-Containerumschlag von 227.000<br />
TEU liegt auf Rang zwei gleich hinter Hamburg.<br />
Die Reeder nehmen die Adria-Häfen immer<br />
stärker ihre Fahrpläne auf und Andreas Stepan,<br />
Vorsitzender des Verbandes österreichischer<br />
Schifffahrtsagenten (VÖSA) und zugleich Manager<br />
der französischen Reederei CMA CGM<br />
in Österreich sieht dabei nicht nur Triest, Koper,<br />
Rijeka, Piräus und Venedig, sondern auch die<br />
Mittelmeerhäfen La Spezia und Genua als interessanter<br />
werdende Hubs selbst für österreichische<br />
Verlader. Die steigende Bedeutung erklärt<br />
der Reedereimann mit der Leistungsfähigkeit<br />
der Häfen und der steigenden Zahl von Direktanläufen<br />
seitens der Reeder. Zahlen belegen,<br />
dass Koper beim Gesamtumschlag der wichtigste<br />
Hafen für Österreichs Außenhandel ist.<br />
Knapp mehr als sieben Mio. t österreichische<br />
Ladung wurden 2022 dort umgeschlagen.<br />
Täglich verkehren zwischen Koper und Österreich<br />
30 Frachtzüge. Koper hat neben Österreich<br />
auch die östlichen Nachbarländer als<br />
attraktive Hinterland-Märkte. Triest ebenfalls<br />
aber mit noch stärkerer Ausstrahlung in den<br />
südbayerischen Raum. Venedig hat den<br />
Nachteil, dass der Hafen nautisch für Frachtschiffe<br />
nur am Tag erreichbar ist und der geplante<br />
Off-shore-Containerterminal draußen<br />
vor dem Hafen darf eher unter Ambition als<br />
denn als real umsetzbares Projekt gesehen<br />
werden, so Stepans Einschätzung.<br />
Das Seefrachtgeschäft hat sich in den letzten<br />
Jahren massiv verändert, von 15 auf neun<br />
große Reeder-Allianzen hat sich der Markt<br />
reduziert, wobei drei davon den globalen<br />
Seefrachtmarkt dominieren und Maersk mit<br />
725 Schiffen, MSC mit 698 und CMA CGM mit<br />
588 den Ton angeben. Jede Menge Order<br />
für neue Schiffe stehen in den Büchern der<br />
Schiffsbauer, „ob die passende Ladung zum<br />
größeren Schiffsangebot auch kommt ist freilich<br />
die Frage“, so Stepan.<br />
Die Reeder erledigen ihren Job längst nicht<br />
mehr nur bis zur Kaikante, sondern „spielen<br />
auch Spediteur“ und engagieren sich mit<br />
Selbsteintritt bis in die Hinterlandmärkte. Fazit:<br />
Die Reeder forcieren Direktgeschäfte mit ihren<br />
Kunden. Die Transportkette vom Hafen zu<br />
Hinterlandterminals wollen die Reeder selbst<br />
in der Hand haben, beim Vor- und Nachlauf
Hafen Koper (Quelle: Luka Koper)<br />
„dürfen“ die echten Spediteure zum Zug kommen.<br />
Eine Entwicklung, die in der Speditionsbranche<br />
selbstredend gar nicht gut ankommt.<br />
Die Südhäfen punkten mit der schnelleren Erreichbarkeit<br />
etwa im Asien-Europa-Trade. Das<br />
sieht auch die chinesische Reederei Cosco so.<br />
Den Hafen in der Stadt Athen bezeichnet Karl<br />
Seitz, Niederlassungsleiter der Reederei Cosco<br />
in Österreich als „unseren Hafen“, wo Cosco<br />
kräftig Flagge zeigt. Cosco ist dort als Reeder,<br />
als Terminal-, Hafen- und Logistik-Fazilitäten-<br />
Betreiber tätig und Ocean Rail Logistics organisiert<br />
die Abwicklung der Hinterlandverkehre<br />
in praktisch alle südosteuropäische Länder.<br />
Sechs Dienste bietet Cosco aktuell von<br />
und nach Piräus an, von wo aus Fracht in<br />
zahlreiche Länder rund um das Mittelmeer<br />
„nach jedem Dorf gefeedert wird“, wie Seitz<br />
es formulierte und ergänzend anmerkte:<br />
„Wir fahren derzeit 17 Züge pro Woche ab und<br />
nach Piräus“. Dabei forciert die Reederei long<br />
Haulage-Verkehre, weil man sich als Gesamtlogistik-Anbieter<br />
versteht.<br />
Mit Tailwind Shipping Lines ist im Juli des Vorjahres<br />
eine neue Reederei auf dem Markt<br />
aufgetaucht. Dahinter verbirgt sich der<br />
Diskonter Lidl, der „nicht länger so viel Geld<br />
für die Seefracht ausgeben wollte“ und daher<br />
selbst Reeder wurde, wie Alexander<br />
Prahl, Manager von Tailwind erklärte. Lidl ist<br />
100-Prozent Eigentümer der Reederei und<br />
transportiert derzeit mit acht 5.000 TEU-Schiffen<br />
seine Ladung aus Fernost nach Europa.<br />
Prahl: „Mit der eigenen Ladung sind wir zu<br />
80 bis 90 Prozent ausgelastet, die restlichen<br />
Kapazitäten vermarkten wir Dritten und<br />
die sind bei uns willkommen“. In China laufen<br />
die Schiffe Qingdao, Taicang, Ningbo<br />
und Da Chan Bay an, in Europa sind es die<br />
Häfen Koper, Barcelona und Rotterdam.<br />
„Wir sind simpel“, sagte Prahl, und meint den<br />
einfachen Zugang zum Buchungssystem bei<br />
Tailwind für Dritte, die ihre Container im „Panda<br />
Express Service“ oder „Tiger Express Service“<br />
auf die Schiffe verladen können. Ersterer<br />
ist ein Dienst von den genannten chinesischen<br />
Häfen und letzterer einer aus Bangladesch<br />
nach Europa. Externe Verlader können ihre<br />
Waren in die Tailwind-eigenen 7.500 20- und<br />
45-Fußcontainer und 300 Reeder-Container<br />
verladen. Die gute Auslastung gibt es primär<br />
im Verkehr von Asien nach Europa, retour<br />
befinden sich auf den Schiffen primär leere<br />
Container und daher sucht man bei externen<br />
Verladern Exportfracht, die künftig der bisherige<br />
CCG-Geschäftsführer Christian Steindl<br />
in Europa akquirieren soll. Prahl: „Herr Steindl<br />
wird uns künftig unterstützen“, was praktisch<br />
seit Anfang Oktober der Fall sein wird, weil<br />
Steindl als bisheriger CCG-Geschäftsführer zu<br />
Lidl gewechselt hat. (RED)
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S86<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Wachstum in<br />
Osteuropa unter Druck<br />
Rezession, Eurozonen-Schwäche, hohe Zinsen<br />
und Ukraine-Krieg belasten die Wirtschaft. Ist<br />
Südosteuropa der Lichtblick für Österreichs<br />
Wirtschaft? TEXT: PI / REDAKTION<br />
Trotz ihrer bisherigen Resilienz gegenüber<br />
den ökonomischen Folgen von Russlands<br />
Krieg gegen die Ukraine geraten<br />
die Volkswirtschaften Mittel-, Ost- und<br />
Südosteuropas zunehmend unter Druck. Das<br />
zeigt die neue Herbstprognose des Wiener Instituts<br />
für Internationale Wirtschaftsvergleiche<br />
(wiiw) für 23 Länder der Region. „Die Rezession<br />
in Deutschland, ein sich eintrübendes internationales<br />
Umfeld, die anhaltend hohe Inflation,<br />
die Straffung der Geldpolitik und zu geringe<br />
fiskalpolitische Maßnahmen belasten die Konjunktur“,<br />
sagt Branimir Jovanović, Ökonom am<br />
wiiw und Hauptautor der Herbstprognose.<br />
vorsprung der Ostmitteleuropäer gegenüber<br />
Westeuropa dürfte damit in vielen Ländern zumindest<br />
für den Moment dahin sein“, konstatiert<br />
Jovanović. Markant besser sieht es in den<br />
südosteuropäischen EU-Mitgliedern Rumänien<br />
(2,5%) und Kroatien (2,5%) aus, wo die Mittelzuflüsse<br />
aus dem Corona-Wiederaufbaufonds<br />
NextGenerationEU das Wachstum stützen.<br />
Die sechs Staaten am Westbalkan dürften im<br />
Schnitt um 2,1% wachsen, die Türkei um 3,2%.<br />
Die kriegsgeplagte Ukraine sollte mit 3,6%<br />
Wachstum heuer zu einer leichten Erholung<br />
ansetzen, Aggressor Russland dank boomender<br />
Rüstungsindustrie um 2,3% expandieren.<br />
Nach einem bereits schwachen 1. Quartal<br />
rutschte das Wachstum in einigen wichtigen<br />
Ländern der Region im 2. Quartal ins Minus. So<br />
schrumpften etwa Polen, Tschechien und Ungarn<br />
zur Jahresmitte. „Angesichts einer möglichen<br />
Rezession in der gesamten Eurozone<br />
könnte diese negative Dynamik an Fahrt gewinnen,<br />
vor allem in den mit der schwächelnden<br />
deutschen Industrie stark verflochtenen<br />
Visegrád-Staaten“, so Jovanović.<br />
Für das Gesamtjahr <strong>2023</strong> prognostiziert das<br />
wiiw den EU-Mitgliedern in der Region ein<br />
Wachstum von durchschnittlich 0,6% und damit<br />
ähnlich wenig wie der Eurozone (0,5%). Gegenüber<br />
dem Sommer ist das eine Halbierung<br />
der Prognose. „Der traditionelle Wachstums-<br />
Besserung ist für die EU-Mitglieder in der Region<br />
2024 in Sicht. Im kommenden Jahr prognostiziert<br />
das wiiw für sie ein durchschnittliches<br />
Wachstum von 2,5%, ausgehend von einem<br />
niedrigen Niveau und unterstützt von teilweise<br />
hohen Überweisungen aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds.<br />
Die Abwärtsrisiken<br />
bleiben allerdings erheblich: „Ein schärferer<br />
Abschwung in der Eurozone, hartnäckig hohe<br />
Inflationsraten, eine militärische Eskalation in<br />
der Ukraine oder ein eskalierender Handelskrieg<br />
zwischen der EU und China könnten die<br />
Erholung im nächsten Jahr gefährden“, meint<br />
Jovanović. Mittelfristig steht somit auch die<br />
Möglichkeit eines Stagflations-Szenarios im<br />
Raum, bei dem die Region bei hoher Inflation<br />
nur wenig oder kaum wachsen würde.
Ukraine setzt zu leichter Erholung an<br />
Die Wirtschaft der Ukraine hat die russische<br />
Invasion besser verkraftet als zunächst angenommen.<br />
Für <strong>2023</strong> erhöht das wiiw daher seine<br />
Wachstumsprognose auf 3,6% des BIP. Trotz<br />
der russischen Schwarzmeerblockade und<br />
dem Bombardement von Getreidespeichern<br />
und Verladehäfen an der Donau nach dem<br />
Ende des Getreideabkommens stiegen die Exporte<br />
landwirtschaftlicher Produkte von Juli bis<br />
August um 16%. Aber die Risiken nehmen zu.<br />
„Das Importverbot für ukrainisches Getreide<br />
durch Polen und Ungarn ist ein ernstes Zeichen<br />
für die zunehmende Spaltung der EU in Bezug<br />
auf weitere Ukraine-Hilfen“, sagt Olga Pindyuk,<br />
Ukraine-Expertin des wiiw. „Angesichts der hohen<br />
Kriegskosten, die <strong>2023</strong> für ein Budgetdefizit<br />
von 27% des BIP sorgen, wäre jede Kürzung<br />
der westlichen Hilfsgelder für die Ukraine verheerend“,<br />
warnt Pindyuk.<br />
Russland: Primitivisierung trotz Rüstungsboom<br />
Trotz der aktuellen Rubelschwäche und der<br />
westlichen Sanktionen dürfte Russlands Wirtschaft<br />
heuer um 2,3% wachsen. „Die enorme<br />
Erhöhung der Militärausgaben befeuert einen<br />
Rüstungsboom, der gemeinsam mit stark steigenden<br />
Reallöhnen aufgrund des akuten Arbeitskräftemangels<br />
die Konjunktur nach oben<br />
zieht“, analysiert Vasily Astrov, Russland-Experte<br />
des wiiw. Die Auslastung der Produktionskapazitäten<br />
bewegt sich auf einem Allzeithoch,<br />
die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordtief. Die<br />
russische Zentralbank befürchtet im Lichte<br />
der auftretenden Engpässe bereits eine<br />
Überhitzung der Wirtschaft, welche die Inflation<br />
in Kombination mit dem schwächeren<br />
Rubel anheizen könnte. Dennoch leiden einige<br />
Sektoren, die von den westlichen Sanktionen<br />
betroffen sind. Die russische Militärproduktion<br />
konnten sie bisher aber nicht im erhofften<br />
Ausmaß treffen.<br />
„Russland beschafft sich alle für seine Rüstungsindustrie<br />
notwendigen Hightech-Bauteile<br />
aus dem Westen mittlerweile über Drittstaaten“,<br />
sagt Astrov. Die teilweise sehr aufwendige<br />
Umgehung der Sanktionen reicht aber<br />
nicht, um auch die restliche Wirtschaft ausreichend<br />
mit westlicher Hochtechnologie zu<br />
versorgen. „Das wird zu einer Primitivisierung<br />
der russischen Wirtschaft führen. Gemeinsam<br />
mit der immer stärkeren Abhängigkeit von<br />
steigenden Rüstungsausgaben dürfte das<br />
auch die Wachstumsaussichten mittelfristig<br />
stark begrenzen“, so Astrov. Das aus den hohen<br />
Kosten für den Krieg resultierende Budgetdefizit<br />
von heuer 2,5% des BIP erscheint Astrov<br />
aber tragbar: „Putin wird seinen Angriffskrieg<br />
leider noch länger finanzieren können.“<br />
Trotz hartnäckiger Inflation steigen in weiten<br />
Teilen der Region die Reallöhne<br />
Auch wenn die Inflation in praktisch allen beobachteten<br />
Ländern ihren Zenit überschritten<br />
hat, dürfte sie noch für absehbare Zeit hoch<br />
bleiben. Haupttreiber der Teuerung sind die<br />
steigenden Lebensmittelpreise, die auch zu<br />
immer größeren sozialen Verwerfungen führen.<br />
Allerdings übersteigt die Kerninflation (ohne<br />
Lebensmittel und Energie) mittlerweile die<br />
Gesamtinflation in den meisten Staaten der<br />
Region. Während die Unternehmensgewinne<br />
auf historischen Höchstständen notieren,<br />
ziehen auch die Reallöhne zum ersten Mal seit<br />
längerer Zeit wieder an. Sollten die Unternehmen<br />
darauf mit weiteren Preissteigerungen reagieren,<br />
könnte das zu einer Verstetigung der<br />
Inflation führen.<br />
Südosteuropa als Lichtblick für Österreichs<br />
Wirtschaft<br />
Angesichts eines Wachstums an oder unter<br />
der Nulllinie dürften Polen, Tschechien und Ungarn<br />
heuer keine Impulse für Österreichs Wirtschaft<br />
liefern. Die ansonsten so dynamischen<br />
Visegrád-Staaten fallen daher mit Ausnahme<br />
der leicht wachsenden Slowakei (0,8%) als<br />
Stütze für die heimische Konjunktur vorerst aus,<br />
auch wenn sie 2024 auf den Wachstumspfad<br />
zurückkehren dürften.<br />
Mehr Dynamik ist für Österreichs Wirtschaft hingegen<br />
in Südosteuropa zu erwarten. Vor allem<br />
Rumänien (2,5%), Kroatien (2,5%) und die Türkei<br />
(3,2%) wachsen im regionalen Vergleich<br />
stark. Auch am Westbalkan läuft es etwa in<br />
Montenegro (4,5%), Albanien (3,5%) oder<br />
Bosnien-Herzegowina (1,7%) vergleichsweise<br />
gut. „Trotz der insgesamt schwierigen Situation<br />
stützen die engen wirtschaftlichen Beziehungen<br />
Österreichs zu diesen Ländern die heimische<br />
Konjunktur und mildern so die aktuelle<br />
Wachstumsflaute“, resümiert Jovanović.<br />
Quelle: https://www.wiiw.ac.at/
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S88<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Werkbank der Welt<br />
verlängert sich.<br />
Südostasien als<br />
Produktionsbasis<br />
zunehmend attraktiv<br />
Es gibt zunehmend gute Gründe für Unternehmen<br />
ihre Produktion oder auch Verwaltung<br />
in die ASEAN-Staaten zu verlegen.<br />
Einerseits motivieren der Trend zur Lieferketten-Diversifizierung<br />
und der Handelstreit zwischen<br />
den USA und China zu diesem Schritt,<br />
anderseits bieten die ASEAN-Staaten viele<br />
Standortvorteile wie ein geringeres Lohnniveau<br />
und eine gute Infrastruktur. Besonders<br />
der Einstieg in Singapur kann sich lohnen,<br />
der durch verschiedenste Programme<br />
sogar gefördert wird.<br />
REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />
DIRK RUPPIK<br />
Südostasien (SOA) positioniert sich zunehmend<br />
als Alternative zum Produktionsstandort<br />
China und als Zentrum für<br />
globale Wertschöpfungsketten. Ein Beleg<br />
dafür ist, dass immer mehr Firmen Ihre Produktion<br />
vom Land der Mitte nach Südostasien<br />
verlegen. Laut einer Umfrage des Forschungsinstituts<br />
Gartner in 2020 will ein Drittel der befragten<br />
Unternehmen bis Ende <strong>2023</strong> zumindest<br />
einen Teil seiner Produktion aus China abziehen.<br />
Beispiele sind Firmen wie Stanley Black &<br />
Decker, Dell, HP, Haspro, Samsung, Puma und<br />
Kia Motors. Samsung hat bereits seine Smartphone-Produktion<br />
in 2019 in Huizhou, China<br />
geschlossen. Zudem stellte das koreanische<br />
Unternehmen seine Computer-Produktion<br />
in 2022 in Suzhou ein. Als Hauptgrund wurde<br />
der sich verschärfende Handelskrieg zwischen<br />
China und den USA angegeben. Allerdings<br />
hat das Tech-Unternehmen in den letzten Jahre<br />
bereits einen erheblichen Teil seiner Produktion<br />
nach Vietnam verlagert und mehrere Produktionsstätten<br />
eröffnet, darunter eine in der<br />
Provinz Bac Ninh und eine in der Provinz Thai<br />
Nguyen. Dort werden verschiedene elektro-
nische Produkte wie Smartphones, Fernseher<br />
und andere elektronische Geräte hergestellt.<br />
Laut Samsung waren besonders die günstigeren<br />
Arbeitskosten, das Potenzial an gut ausgebildeten<br />
Fachkräften und die guten Wirtschaftsbedingungen<br />
dafür entscheidend. Das<br />
Investment des Elektronikindustrie-Giganten<br />
in Vietnam beläuft sich mittlerweile auf mehr<br />
als 20 Milliarden US-Dollar (rund 19 Milliarden<br />
Euro).<br />
Auch der deutsche Sportartikelhersteller Puma<br />
fertigt immer mehr seiner Produkte in Bangladesch,<br />
Kambodscha, Indonesien und Vietnam.<br />
Ein Grund dafür sind die von den USA<br />
für chinesische Produkte verhängten Importzölle.<br />
China und die USA haben sich gegenseitig<br />
im Handelskrieg seit 2018 mit Strafzöllen<br />
überzogen. Die USA verhängt z. B. Importzölle<br />
von zusätzlich 25 Prozent auf verschiedene<br />
Produkte chinesischen Ursprungs als Ausgleich<br />
für Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte<br />
und erzwungenem Technologietransfer. Rund<br />
40 Prozent aller Puma-Sportschuhe werden<br />
mittlerweile in Vietnam gefertigt. Auch andere<br />
Sportartikelhersteller wie Nike schwören zunehmend<br />
auf Vietnam. Über 50 Prozent aller<br />
Produkte des Unternehmens werden bereits<br />
in der sozialistischen Republik gefertigt. Nike<br />
schätzt vor allem die gut ausgebildeten Arbeitnehmer<br />
und die Arbeitsmoral der Vietnamesen.<br />
Malaysia mausert sich zunehmend zum Computerchip-Hub<br />
in SOA. Der US-amerikanische<br />
Chip-Hersteller Intel investiert sieben Milliarden<br />
US-Dollar (6,65 Milliarden Euro) in eine Chip-Fabrik<br />
in Kulim, Kedah. Die Fabrik soll in 2024 eröffnet<br />
werden und dabei helfen, den weltweiten<br />
Mangel an Computerchips auszugleichen.<br />
In unmittelbarer Nachbarschaft baut Infinion<br />
eine Fabrik für Leistungshalbleiter im Wert von<br />
1,61 Milliarden Euro, die im dritten Quartal 2024<br />
eröffnet werden soll. Die Malaysia Investment<br />
Development Authority (MIDA) will das südostasiatische<br />
Land zu einem Bedeutenden Produzenten<br />
für Halbleiter innerhalb der globalen<br />
Wertschöpfungsketten etablieren. Die USA<br />
und ihre Verbündeten wollen unbedingt die<br />
Entwicklung der chinesischen Halbleiter- und
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S90<br />
Computerchip-Industrie behindern und alternative<br />
Fertigungsstädten in anderen Ländern<br />
und den USA aufbauen. Die Biden-Regierung<br />
hat neue Regeln im Namen der nationalen<br />
Sicherheit erlassen, die US-amerikanische Firmen<br />
an weiteren Investments in die Computerchip-Fertigung<br />
in China hindern soll (3).<br />
Gute Gründe für Unternehmen nach SOA zu<br />
wechseln<br />
Neben dem US-Handelskrieg und den Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie mit der<br />
Notwendigkeit der Diversifizierung von Lieferketten,<br />
existieren viele andere Gründe für Unternehmen<br />
ihre Produktion von China in die<br />
ASEAN-Staaten (Brunei, Kambodscha, Indonesien,<br />
Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen,<br />
Singapur, Thailand und Vietnam) zu verlagern.<br />
In den letzten Jahren sind die Lohnkosten in<br />
China stark gestiegen (2) während sie in den<br />
meisten ASEAN-Staaten noch niedrig liegen.<br />
Die Vorteile der südostasiatischen Staaten sind<br />
insbesondere die Nähe zu China und anderen<br />
wichtigen Märkten wie Indien und Australien.<br />
Zudem wurden viele Freihandelsabkommen<br />
u. a. mit China, Japan, Korea, Australien<br />
und innerhalb der ASEAN-Staaten (ASEAN<br />
Freihandelsabkommen (AFTA)) geschlossen.<br />
Das ASEAN-China-Freihandelsabkommen (3)<br />
fördert seit 1. Januar 2010 den Handel zwischen<br />
ASEAN und China und hat zu einer enormen<br />
Steigerung des Handelsvolumens geführt. Viele<br />
ASEAN-Länder haben in den letzten Jahren<br />
erhebliche Investitionen in ihre Infrastruktur getätigt,<br />
um die Handels- und Logistikverbindungen<br />
zu verbessern. Dies umfasst den Ausbau<br />
von Häfen, Flughäfen, Straßen- und Schienennetzen<br />
sowie die Entwicklung von Sonderwirtschaftszonen.<br />
Die ASEAN-Staaten sind natürlich<br />
nicht homogen in ihrer Wirtschaftsleistung<br />
und den genannten Faktoren. Daher sollten<br />
Unternehmen sich genau mit dem jeweiligen<br />
Land und den Standortfaktoren beschäftigen.<br />
Die Freihandelsabkommen haben große Auswirkungen<br />
auch für deutsche Unternehmen,<br />
da nur Firmen, die eine lokale Wertschöpfung<br />
von 40 Prozent erzielen von der vereinbarten<br />
Reduktion der Einfuhrzölle profitieren. Einerseits<br />
wurden die Beschaffungskosten für Rohstoffe<br />
und Vormaterialien aus China für Produktionsaktivitäten<br />
in ASEAN gesenkt und anderseits<br />
können in den ASEAN hergestellte Waren seit<br />
2010 günstiger nach China exportiert werden.<br />
Singapur ist wichtigster Exportmarkt und Regionalstandort<br />
in den ASEAN<br />
Singapur gilt traditionell als Einstiegsland für<br />
deutsche Unternehmen in Südostasien. Im<br />
Stadtstaat waren in 2022 laut GTAI rund 2000<br />
deutsche Unternehmen registriert. Die Löwenstadt<br />
wird häufig als Sprungbrett für den umliegenden<br />
südostasiatischen Markt, Australien<br />
und Neuseeland genutzt. Einige Firmen steuern<br />
von Singapur aus auch ihre Geschäfte in Südasien,<br />
dem Mittleren Osten oder sogar weltweit<br />
(4). Laut dem Geschäftsführer der Auslandshandelskammer<br />
Singapur Dr. Tim Philippi lohnt<br />
sich eine Niederlassung in Singapur besonders,<br />
wenn man nicht nur ein Land in den ASE-<br />
AN im Auge hat, sondern die ganze Region.<br />
Deutsche und österreichische Unternehmen<br />
können via Singapur in neue Infrastrukturprojekte<br />
im ASEAN-Raum einsteigen. Dabei existieren<br />
verschiedenste Möglichkeiten für die<br />
Finanzierung. Mit Hilfe der Konnektivitätsinitiative<br />
Global Gateway will die EU Schwellen- und<br />
Entwicklungsländern helfen, ihre Infrastruktur<br />
nachhaltig auszubauen. Weiterhin existieren<br />
im Stadtstaat viele Holdings die Projekte von<br />
Betreiberfirmen in den ASEAN finanzieren. Im<br />
Februar 2022 wurde die South East Asia Manufacturing<br />
Alliance des The Singapore Economic<br />
Development Board (EDB) and Enterprise<br />
Singapore (ESG) gestartet. Durch die Initiative<br />
sollen ausländische Unternehmen ihre Fertigung<br />
in Industrieparks etablieren, die Singapur<br />
in verschiedenen südostasiatischen Staaten<br />
betreibt. Dadurch erhalten auch deutsche<br />
und österreichische Firmen die Möglichkeit<br />
eine Produktionsstelle in SOA zu unterhalten.<br />
Durch die South East Asia Manufacturing Alliance<br />
erhalten interessierte Unternehmen eine<br />
stärkere Rechtssicherheit und Transparenz sowie<br />
eine langjährige Expertise und Vernetzung<br />
mit ASEAN-Staaten.<br />
Literatur<br />
1) U.S. Issues Final Rules to Keep Chip Funds<br />
Out of China, Ana Swanson, 22.09.<strong>2023</strong>, New<br />
York Times<br />
2) China Monatliches Einkommen, CEIC DATA<br />
3) China-ASEAN – Attraktive Perspektiven, Mathias<br />
Müller, Rödl & Partner<br />
4) Hub Singapur: Deutsche Spezialtechnik für<br />
Südostasien, Marcus Hernig, 10.03.2022 Germany<br />
Trade & Invest (GTAI)
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LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S92<br />
WIRTSCHAFT POLITIK<br />
Deutschland steigt ab!<br />
Deutschland - ein Land im Niedergang.<br />
Man kann es nicht länger schönreden oder<br />
ignorieren. Egal ob Außenpolitik, Wachstum,<br />
Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit oder<br />
Investitionen - überall haben wir den Rückwärtsgang<br />
eingelegt und verlieren den Anschluß.<br />
BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
Es ist nicht übertrieben, wenn man die<br />
Situation als besorgniserregend beschreibt.<br />
Repräsentativ für den Gesamtzustand<br />
des Landes steht auch<br />
der deutsche Sport: egal ob Leichtathletik<br />
oder Fußball - überall sind wir nicht mehr Spitze.<br />
Dasselbe droht auch „Made in Germany“:<br />
Deutschland droht abzusteigen. Nein, Deutschland<br />
steigt schon ab! Im internationalen Ranking<br />
der Wettbewerbsfähigkeit stürzt Deutschland<br />
um sieben Plätze auf Rang 22 zurück.<br />
Die politischen Fehlentscheidungen der letzten<br />
Jahre machen sich nun immer mehr bemerkbar.<br />
Auf der einen Seite ist die langsame<br />
Bürokratie eine Investitionsbremse für Firmen<br />
und Gründer, auf der anderen Seite die mangelnde<br />
Planungssicherheit und hohen Abgaben<br />
und Steuern. Immer mehr Unternehmen<br />
und auch Bürger verlassen das Land. Und zu<br />
guter Letzt krönt eine schlechte Demographie<br />
und der Fachkräftemangel den Abstieg.<br />
Adieu, 1. Liga!<br />
Die politischen Fehlentscheidungen, erst der<br />
Merkel Ära und nun der Ampelregierung, machen<br />
sich nun peu à peu bemerkbar. Selbst<br />
Außenministerin Baerbock muss sich eingestehen:<br />
Die Sanktionen gegen Russland wirken<br />
nicht wie erhofft - wenn dann nur gegen uns<br />
selbst, denn Russland wächst dieses Jahr um<br />
1,5% während Deutschland in der Rezession ist<br />
und um 0,3% schrumpft.<br />
MARC FRIEDRICH<br />
Durch den weltweit höchsten Strompreis<br />
sind viele Industriezweige in Deutschland<br />
nicht mehr wettbewerbsfähig. Immer mehr<br />
qualifizierte Arbeitskräfte und Unternehmen<br />
zieht es auf der Suche nach einer planbareren<br />
und glücklicheren Zukunft in andere<br />
Länder. Ausländische Investoren bleiben in<br />
diesem unsicheren Terrain fern oder können<br />
nur mit Milliarden Steuersubventionen<br />
angelockt werden wie z.B. Intel und TSMC.<br />
Das dieses technisch ausgebauten Erfolges<br />
teuer erkauft würde, wird schulterzuckend<br />
hingenommen. Aber eine Million Euro (Intel)<br />
oder gar die 2,5 Millionen Euro pro Arbeitsplatz<br />
bei TSMC sind sicherlich kein Schnapper.<br />
Parallel steigt die Insolvenzquote auf ein Siebenjahreshoch.<br />
Die Gründe: die gestiegenen<br />
Zinsen lassen nun die Zombies umkippen und<br />
die Unternehmen sind u.a. wegen den hohen
Energiepreisen nicht mehr wettbewerbsfähig.<br />
Schlagzeilen wie „Schock in Uhingen: Auto–<br />
Zulieferer Allgaier ist bankrott“ oder „Insolvenzen:<br />
Erst die Weck–Gläser, jetzt der Römertopf“<br />
dürfte niemanden mehr überraschen.<br />
uns geht es doch vergleichsweise gut. Doch<br />
weit gefehlt!<br />
Der Wohlstand Deutschlands den wir nicht<br />
mehren, sondern von ihm zehren, wurde in der<br />
Zeit des Wirtschaftswunders hart erarbeitet und<br />
wird nun innerhalb weniger Jahre durch eine<br />
undurchdachte Politik verbraten. Nach einem<br />
Ranking des Lausanner Research–Instituts fällt<br />
Deutschland im internationalen Vergleich<br />
um sieben Plätze ab und kommt nur noch<br />
auf den 22. Rang. Zweitklassigkeit. Vor uns<br />
liegen unter anderem natürlich die Schweiz,<br />
die skandinavischen Länder und Irland.<br />
Alles Nationen die vor allem durch niedrigere<br />
Steuern, eine bessere Infrastruktur und erfolgreichere<br />
Digitalisierung die Nase vorn haben.<br />
Für die Bewertung wurden des Weiteren<br />
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des<br />
Landes und die Effizienz des Staates verglichen.<br />
Als Gründe für den Abstieg werden<br />
zum Beispiel zu hohen Strompreisen und<br />
eine starke Inflation genannt. Erstaunlich ist<br />
auch, dass Deutschlands Haltung – immer<br />
auf die Außenwirkung und die Vermittlung<br />
des eigenen Weltbilds, mittels moralischer<br />
Zeigefinger, bedacht – scheinbar im Ausland<br />
nicht besonders großen Anklang findet.<br />
In der Kategorie „Werte und Haltungen“<br />
bedeutet das nur noch Platz 44. Dieser<br />
Abstieg Deutschlands lässt sich auch<br />
an den Baugenehmigungen ablesen.<br />
–31,9% im Vergleich zum Vorjahresmonat.<br />
Überraschen dürfte das nicht. Durch die hohe<br />
Inflation und steigenden Bauzinsen wird das<br />
Eigenheim für viele Bürger unbezahlbar. Das<br />
spiegelt sich auch in den Statistiken wider. Zumindest<br />
bei den Steuern bleibt Deutschland<br />
aber erstklassig. Bereits 2021 schrieb das Handelsblatt,<br />
in Bezugnahme auf eine OECD–Studie:<br />
„In keinem anderen Land müssen Arbeitnehmer<br />
so hohe Steuern und Abgaben zahlen<br />
wie in der Bundesrepublik. Und anders als oft<br />
behauptet werden auch Familien kräftig zur<br />
Kasse gebeten.“<br />
Dieses dürfte wohl einer der Hauptgründe sein,<br />
warum vor allem Fachkräfte aus Deutschland<br />
auswandern. Das bestätigt ein Artikel des<br />
MDR, in welchem eine Studie des BiB angeführt<br />
wird. Hier heißt es: „Aber wer sind die<br />
Menschen, die Deutschland verlassen? In der<br />
Mehrheit gehen hoch qualifizierte Fachkräfte:<br />
Fast drei Viertel von ihnen haben ein Studium<br />
abgeschlossen.“<br />
Es beginnt eine Negativspirale, denn je weniger<br />
Fachkräfte es in einem Land gibt, desto<br />
unattraktiver ist der Wirtschaftsstandort auch<br />
für ausländische Unternehmen. In der Folge<br />
fehlen dem Land Steuereinnahmen um in die<br />
Infrastruktur zu investieren. Man könnte diese<br />
Ereigniskette noch viel detaillierter fortsetzen.<br />
Aber es zeigt sich schon jetzt, dass die Investitionen<br />
in die deutsche Wirtschaft massiv<br />
zurückgehen. Wir sehen eine „schleichende<br />
Investitionsflucht“: 2022 flossen 132 Milliarden<br />
US-Dollar mehr Direktinvestitionen ab, als in<br />
Deutschland investiert wurden. Unter 46 Staaten<br />
war das der stärkste Abfluss. Das geht aus<br />
einer Studie des arbeitgebernahen Instituts<br />
der deutschen Wirtschaft (IW) hervor.
LOGISTIK express 4/<strong>2023</strong> | S94<br />
Marc Friedrich ist<br />
SPIEGEL Bestsellerautor,<br />
Finanzexperte, gefragter<br />
Redner, Vordenker, Freigeist<br />
und Honorarberater.<br />
Mehr Informationen:<br />
www.friedrich-partner.de<br />
www.marc-friedrich.de<br />
Twitter und Instagram:<br />
Fakt ist: Sinkende Wettbewerbsfähigkeit,<br />
schrumpfende Produktivität, immer weniger<br />
Investitionen in den Standort Deutschland,<br />
was zu steigenden Arbeitslosenzahlen und<br />
sinkenden Steuereinnahmen führt und insgesamt<br />
zu einem Wohlstandsverlust. Eine fatale<br />
Abwärtsspirale mit gigantischen Kollateralschäden<br />
für unser Sozial- und Rentensystem.<br />
Lösungsvorschläge für den Wiederaufstieg in<br />
die 1. Liga - Baustellen sind viele.<br />
Ein Hauptproblem ist die Energie. Wir sollten<br />
die Energiewende auf den Prüfstand stellen<br />
und ggf. stoppen/verschieben, um damit<br />
die Unsicherheit zu nehmen. Acht Atomkraftwerke<br />
könnten zeitnah wieder ans Netz angeschlossen<br />
werden und so emissionsfreien<br />
und sicher, planbaren Strom erzeugen.<br />
Das sollte schnellstens umgesetzt werden.<br />
Wir könnten uns wieder autark machen und<br />
für den Übergang die Kohle- und Gasförderung<br />
reaktivieren. Selbst Öl haben wir in der<br />
Nordsee und in Norddeutschland. Parallel<br />
brauchen wir eine bessere Familien- und Kinderpolitik<br />
sowie Bildung, um die negative Demographie<br />
zu stoppen. Hierfür benötigt es 2,1<br />
Kinder pro Familie.<br />
Zudem braucht es eine gezielte Einwanderung<br />
und wir müssen die Bürokratie massiv abbauen<br />
und gründerfreundlicher werden. Apropos<br />
Abbau: Auch die Staatsquote muss abgebaut<br />
werden und endlich einen schlanken digitalen<br />
Staat implementieren. Auch Steuersenkungen<br />
würde der Standort Deutschland sowohl<br />
für Fachkräfte, als auch für Unternehmen<br />
wieder attraktiver machen. So bliebe den arbeitenden<br />
Bürgern am Ende des Monats mehr<br />
Geld für Konsum oder eigene Investitionen.<br />
Und auch Unternehmen könnten dann mehr<br />
Investitionen in Digitalisierung und in die Ausbildung<br />
von Fachkräften stecken. Eine Mammutaufgabe<br />
ist auch eine Steuerreform.<br />
Hier fordere ich schon lange, dass wir alle 39<br />
Steuern abschaffen und lediglich eine höhere<br />
Mehrwertsteuer einführen, so dass wir unsere<br />
Steuererklärung jedesmal kostenlos abgeben,<br />
wenn wir bezahlen. Der nette Nebeneffekt:<br />
Wir würden nicht nur Steuerberater und<br />
Papier sparen sondern auch Finanzbeamte.<br />
Die Frage ist: Sind wir bereit neue Wege zu beschreiten<br />
und am alten zu rütteln? Die Vergangenheit<br />
zeigt leider, dass es immer erst schlimmer<br />
werden muss, bevor man am Status Quo<br />
was ändert.<br />
Aber Fakt ist: Nur wenn wir jetzt tatsächlich<br />
einen radikalen Paradigmenwechsel<br />
einläuten kann Deutschland prosperieren<br />
und wieder in die erste Liga aufsteigen. lich<br />
eine höhere Mehrwertsteuer einführen, so<br />
dass wir unsere Steuererklärung jedesmal<br />
kostenlos abgeben, wenn wir bezahlen.<br />
Der nette Nebeneffekt: Wir würden nicht nur<br />
Steuerberater und Papier sparen sondern<br />
auch Finanzbeamte.<br />
Die Frage ist: Sind wir bereit neue Wege zu<br />
beschreiten und am alten zu rütteln? Die Vergangenheit<br />
zeigt leider, dass es immer erst<br />
schlimmer werden muss, bevor man am Status<br />
Quo was ändert. Aber Fakt ist: Nur wenn wir<br />
jetzt tatsächlich einen radikalen Paradigmenwechsel<br />
einläuten kann Deutschland prosperieren<br />
und wieder in die erste Liga aufsteigen.<br />
(RED)
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LOGISTIK EXPRESS<br />
STRATEGIE<br />
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Der Markt zur privaten<br />
Kapitalanlage befindet<br />
sich in einem Umbruch.<br />
FinTech-Unternehmen fordern<br />
die klassischen Anbieter heraus.<br />
Mit der LOGISTIK express<br />
Strategie wollen wir in die<br />
Branche investieren und mit<br />
aktivem Trading ein alternatives<br />
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