29.02.2024 Aufrufe

LE-1-2024 - HANDEL & DISTANZHANDEL

LOGISTIK express Journal 1/2024 // HANDEL & DISTANZHANDEL Den Optimisten gehört die Welt, Österreich handelt! Import One Stop Shop: Eine Neuausrichtung des E-Commerce in Europa, Neustart in der Paketzustellung, Päckchenflut aus Fernost: Mangelhaftes IOSS, DPD Österreich baut Pickup-Netzwerk weiter aus, Market-Player: Österreichische Post, Logistik-Trends 2024

LOGISTIK express Journal 1/2024 // HANDEL & DISTANZHANDEL
Den Optimisten gehört die Welt, Österreich handelt! Import One Stop Shop: Eine Neuausrichtung des E-Commerce in Europa, Neustart in der Paketzustellung, Päckchenflut aus Fernost: Mangelhaftes IOSS, DPD Österreich baut Pickup-Netzwerk weiter aus, Market-Player: Österreichische Post, Logistik-Trends 2024

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LE 1/2024

HANDEL &

DISTANZHANDEL

Wir wollen

weiter

wachsen ...

Post AG Vorstand Walter Oblin im

Interview über Leistungsportfolio,

Branchen & Märkte.

LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S2

LOGISTIK express

HANDEL &

DISTANZHANDEL

Auf einen Blick:

02 Inhalt / Editorial / Impressum

04 Den Optimisten gehört die Welt

06 Österreich handelt!

12 Import One Stop Shop: Eine Neuausrichtung

des E-Commerce in Europa

14 Neustart in der Paketzustellung

16 Päckchenflut aus Fernost: Mangelhaftes

IOSS > 100-derte Millionen an

Steuerausfällen?

18 DPD Österreich baut Pickup-

Netzwerk weiter aus

20 Market-Player: Österreichische Post

24 Logistik-Trends 2024


LE 1/2024

IMPRESSUM

Medieninhaber: Markus Jaklitsch

Redaktion: Angelika Gabor, Peter Nestler

Videoredaktion: Peter Hackl

Fotos: istockphoto.com

LOGISTIK express / MJR MEDIA WORLD

Hameaustraße 44, 1190 Wien

+43 676 7035206 / info@logistik-express.at

www.logistik-express.com


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S4

Handel & Distanzhandel

Den Optimisten gehört

die Welt

Der neueste Konjunkturreport Einzelhandel

von Handelsverband und WIFO zeigt eine

deutlich verbesserte Konsumlaune der

Bevölkerung. Das reale Umsatzminus von

3,4% im Gesamtjahr 2023 und die hohe

Inflation von 4,5% im Jänner trüben jedoch die

positive Stimmung der Branche.

GERALD KÜHBERGER

Der aktuelle "Konjunkturreport-

Einzelhandel" des WIFO im Auftrag

des Handelsverbandes zeigt, dass

sich vor dem Hintergrund einer

gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung auch die

Stimmungsindikatoren der österreichischen

Einzelhandelsunternehmen langsam verbessern.

Insbesondere die unternehmerischen

Erwartungen haben sich in den letzten Monaten

anhaltend und überraschend positiv entwickelt.

Der Geschäftsgang im Einzelhandel fiel zu Jahresende

hingegen erneut verhalten aus, sodass

im Gesamtjahr real ein Umsatzrückgang von

-3,4% zu Buche steht.

"Minus 3,4 Prozent Umsatzentwicklung im Vorjahr

geben natürlich keinen Anlass zum Feiern.

Aber zumindest 2024 dürfte die Entwicklung

deutlich besser ausfallen. Im Zuge des Anstiegs

des real verfügbaren Haushaltseinkommens

hofft die ganze Branche auf eine stärkere

Konsumnachfrage der privaten Haushalte. Wir

rechnen heuer mit einem Plus von 1,6 Prozent",

fasst Rainer Will, Geschäftsführer des freien, unabhängigen

und überparteilichen Handelsverbandes,

die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

"Die Stimmung der heimischen Einzelhandelsunternehmen

hat sich in den letzten Monaten

verbessert, sowohl bei der Lageeinschätzung

wie auch in der Erwartung. Auch hat sich das

Konsumentenvertrauen zuletzt aufgehellt, insbesondere

bezogen auf die finanzielle Situation

in den kommenden 12 Monate. Nichtsdestotrotz

zeigen die Umsätze bei den Händlern wie auch

die Konsumausgaben eine schwache Entwicklung",

ergänzt WIFO-Ökonom Jürgen Bierbaumer.

PRESSESPRECHER: HV - GERALD KÜHBERGER & WIFO - MARKUS KIESENHOFER

Konjunktureller Abwärtstrend gestoppt

Positiv ist, dass die konjunkturelle Abwärtsentwicklung

der heimischen Wirtschaft im Vorjahr

zu Jahresende gestoppt werden konnte.

Nach dem BIP-Rückgang im 2. und 3. Quartal

2023 deuten erste WIFO-Berechnungen für

das 4. Quartal auf einen leichten Zuwachs hin.

Gemäß aktuellen Berechnungen dürfte sich

die Entwicklung in der ersten Jännerhälfte


RAINER WILL - GF, HANDELSVERBAND

weiter stabilisiert haben. Im Einzelhandel fiel

der Geschäftsgang im November (real -2,2%

gegenüber dem Vorjahr) und Dezember 2023

(real -2,8%) allerdings gedämpft aus. Vor allem

im Nichtnahrungsmittelbereich war die Umsatzentwicklung

erneut schwach. Insgesamt

hat der heimische Einzelhandel im Jahr 2023

einen Nettoumsatz von rund 75,3 Milliarden

Euro erwirtschaftet. Preisbereinigt entspricht

das laut Statistik Austria einem Minus von 3,4%.

Im Branchenvergleich weist der Lebensmittelhandel

ein reales Minus von -1% auf, der

Non-Food-Handel muss -5,6% verkraften. Die

Branchen mit der negativsten Entwicklung im

Vergleich zum Vorjahr sind der Elektro- und

der Möbelhandel (-11,5%) sowie generell der

eCommerce (-7,5%).

Österreich optimistischer als Deutschland

Die Stimmung der österreichischen Einzelhandelsunternehmen

hat sich nach einer schrittweisen

Eintrübung bis in den Herbst 2023

hinein zuletzt wieder gebessert. Seit der Oktoberbefragung

hat sich der Anteil der befragten

Unternehmen, welche die Konjunkturlage optimistischer

einschätzen graduell erhöht.

Die Verbesserung im Stimmungsbild in den

vergangenen Monaten zeigt sich sowohl bei der

aktuellen Lage als auch bei den Erwartungen.

Besonders stark ausgeprägt war der Anstieg

im Monat Dezember, insbesondere bei der

Einschätzung der aktuellen Lage (+5,2 Punkte).

Nach einem Rückgang im heimischen Konsumentenvertrauen

im Herbst 2023, hat sich

seither die Stimmung schrittweise verbessert.

Insbesondere in den letzten beiden Monaten

hat sich der Anteil der pessimistischen Einschätzungen

zugunsten optimistischer Beurteilungen

reduziert. In Deutschland hingegen hat

sich entgegen der heimischen Entwicklung das

Stimmungsbild seit Sommer 2023 tendenziell

verschlechtert. Die heimischen Konsumenten

sehen aktuell optimistischer auf die kommenden

12 Monate bezogen auf die eigene finanzielle

Situation wie auch auf die gesamtwirtschaftliche

Entwicklung.

Arbeitsmarkt trübt sich ein

Die aktuelle schwache Wirtschaftsentwicklung

spiegelt sich auch am Arbeitsmarkt. "Der

Bestand an unbesetzten Stellen ging sowohl

im Einzelhandel als in der Gesamtwirtschaft

weiter zurück und lag im Jänner im Einzelhandel

bereits um fast 25% unter dem Niveau des Vorjahres.

Der Einzelhandel bietet aber weiterhin

mehr als 10.500 offene Jobs an", so Will.

Ausblick: Konsumnachfrage steigt moderat

Im Jahr 2023 gingen vom privaten Konsum keine

Wachstumsimpulse aus. Für 2024 und 2025

wird im Zuge des Anstiegs des real verfügbaren

Haushaltseinkommens wieder eine höhere Konsumnachfrage

der privaten Haushalte erwartetet

(+1,6% bzw. +2,0%). Darauf deuten auch die in

die Zukunft gerichteten Konsumentenumfragen

hin. (RED)


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S6

GRUPPENFOTO DER HÄNDLER

Handel & Distanzhandel

Österreich handelt!

Zum Start des Superwahljahres 2024 hat

der Handelsverband sein Zukunftspapier

"Österreich handelt!" mit 50 Empfehlungen

der Branche an die Politik vorgestellt.

Im Fokus stehen heuer eine Händleroffensive

sowie die Bekämpfung der

hohen Inflation.

GERALD KÜHBERGER

Vier Krisenjahre hat der österreichische

Handel hinter sich gebracht.

Zeit, Bilanz zu ziehen. Ende Jänner

haben führende Branchenvertreter

im Rahmen der traditionellen Neujahrs-

Pressekonferenz des Handelsverbandes den

Status Quo sowie die Herausforderungen des

heimischen Handels dargelegt. Darüber hinaus

wurden mit dem HV-Zukunftspapier "Österreich

handelt" wichtige Empfehlungen für das Superwahljahr

2024 vorgestellt.

"2024 ist nicht nur ein Jahr der Wahlen, sondern

auch ein Jahr der Inflation. Daher braucht es

abseits der Wahlversprechen vor allem Taten,

um die Teuerungsspirale zu durchbrechen. Wir

fordern eine Anti-Inflations-Strategie, insbesondere

bei den öffentlichen Ausgaben. Zusätzlich

erwarten wir uns eine Händleroffensive, um

den 93.200 heimischen Handelsunternehmen

Zukunftswachstum zu ermöglichen und damit

die Rolle als Jobmotor des Landes mit 709.000

Beschäftigten abzusichern. Österreich muss

wieder handeln, und zwar erfolgreich", so

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.


Jahresumsatz um -5,5% gesunken

Im Gesamtjahr 2023 konnten die heimischen

Einzelhändler laut WIFO-Prognose einen

Umsatz von 75,3 Milliarden Euro

erwirtschaften. Ein inflationsbereinigtes

Umsatzminus

von 3,6% – und dies im

Vergleich zum ebenfalls

holprigen Jahr 2022. Für

den gesamten Handel

(Einzelhandel, Großhandel,

KfZ-Handel)

weist das WIFO 2023

sogar ein reales Minus

von 5,5% aus. "Der Handel

ist der Beschäftigungs- und

Wirtschaftsmotor der Republik

Österreich. Unsere Händler stellen ein Viertel

aller Betriebe, wir sind zweitgrößter Arbeitgeber

und umsatzstärkster Wirtschaftsbereich

des Landes. Doch viele Händler, kleine Einzelkämpfer

aber auch große Traditionshäuser, sind

unverschuldet auf ihren Krisenkosten sitzengeblieben.

Um Arbeitsplätze, Diversität der

Handelslandschaft sowie Stadt- und Ortskerne

zu erhalten, muss die Bundesregierung heuer

endlich eine Händleroffensive starten", ist Will

überzeugt.

Anti-Inflations-Strategie

Der entscheidende Negativ-Faktor ist zurzeit

die hohe Inflation. 2023 lag die Inflationsrate

in Österreich bei 7,7%. Im Euroraum waren es

5,4%. Dieser Abstand von 2,3 Prozentpunkten

macht große Sorgen. Daher muss die Inflationsbekämpfung

heuer oberste Priorität haben.

Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass

Österreich bei der Inflationsrate im Bereich

Lebensmittel mit +7,3% (Datenstand Oktober

2023) bereits unterhalb des EU-Durchschnitts

sowie des Schnitts der Eurozone liegt.

Im Gegensatz zu Fernwärme (+57%) und Gas

(+59%) sowie Gastronomie (+12%) und Reisen

(+10%) hat der Lebensmittelhandel die Inflation

im Vorjahr also nicht befeuert. Die jüngste

Blitzumfrage des Handelsverbandes bestätigt

die herausfordernde Lage. So hat laut Eigenauskunft

mehr als ein Drittel der Betriebe 2023

mit einem Verlust abgeschlossen, ein Viertel mit

einem ausgeglichenen Ergebnis und 40% mit

einem Gewinn.

Die Pandemie und die Bürden, welche auf die

Angestellten übertragen wurden, haben in den

letzten vier Jahren zu einem gravierenden Personalmangel

geführt. Ein Drittel der heimischen

Händler klagt über zu wenige

verfügbare Arbeitskräfte und einen

starken Rückgang an Bewerbungen.

Bundesweit gibt es derzeit

rund 16.200 offene Stellen im

Gesamthandel, die nicht zeitnah

besetzt werden können. Immerhin

um 3.800 weniger als im Vorjahr.

Allein im Einzelhandel reden

wir aber weiterhin von 11.600 Jobs.

Arbeitsmarktreform:

mehr Beschäftigungsanreize

Daher setzt sich der HV vehement für eine

Arbeitsmarktreform ein. "Der Umsetzungsbedarf

einer Arbeitsmarktreform zeigt sich in fast

jedem Betrieb. Wir müssen dem Personalmangel

aktiv entgegenwirken. Dafür brauchen wir

bessere Rahmenbedingungen und Anreize, um

arbeitslose Menschen nachhaltig ins Erwerbsleben

zu integrieren. Arbeit muss sich wieder

lohnen – das ist ein Gebot der Fairness für alle

Beteiligten. New Work heißt nicht No Work",

sagt Alpay Güner, Vorsitzender der Geschäftsführung

von MediaMarkt Österreich. Der

wirtschaftliche Aufschwung kann nur mit einem

gesunden Arbeitsmarkt gelingen. Sinnvoll

wären u.a. wirksamere Kontrollen und Sanktionen

bei einem eventuellen Leistungsmissbrauch

in Zusammenhang

mit vielfachen Kurzanstellungen,

die in Wahrheit

nur dem Erhalt des

Arbeitslosengeldes

dienen, sowie Schritte

zur Angleichung

des faktischen an das

gesetzliche Pensionsantrittsalter.

Zwar

wurde die

Kalte Progression von der

Bundesregierung abgeschafft,

Arbeit wird in Österreich aber

immer noch so stark besteuert wie in kaum

einem anderen europäischen Land. Bekommen

Arbeitnehmer mit einem Bruttomonatsgehalt

von 3.000 Euro um 100 Euro mehr netto, kostet

das laut Agenda Austria den Betrieb in Summe


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S8

215 Euro. 100 Euro landen beim Arbeitnehmer,

115 Euro beansprucht der Staat über Steuern,

Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge für

sich. Der internationale Vergleich macht sicher:

Kaum wo in Europa zahlen Unternehmen so

viel für ihre Beschäftigten, ohne dass es den

Angestellten selbst bleibt. "Abgesehen von

Belgien und Spanien ist es in keinem anderen

europäischen Land finanziell unattraktiver,

seine Arbeitszeit auszuweiten als in Österreich.

Wenn eine Teilzeitkraft die Wochenarbeitszeit

um 50% ausweitet, steigt der Nettolohn in

Österreich nur um 32,4%. In Schweden sind es

hingegen bei gleicher Ausweitung 43,8%. Daher

müssen die Abgaben auf Arbeit sowohl für

Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer deutlich

reduziert werden, um Vollzeitarbeit wieder

attraktiver zu machen", fordert Güner.

Beschäftigung sichern:

Lohnnebenkosten senken

Der Handel ist nicht nur größter Arbeitgeber

des Landes, sondern auch eine dynamische

Branche. Durch die starke Verschränkung von

online und offline entstehen spannende neue

Aufgaben und Jobs. "Wir Händler bieten viele

flexible, variable Arbeitszeitmodelle an, um

Lebensrealitäten der Beschäftigten bestmöglich

abzubilden. Darüber hinaus entwickeln wir

laufend neue Geschäftsmodelle in Richtung

Kreislaufwirtschaft. Das alles macht sich bezahlt.

Der Handel ist ein attraktiver Arbeitgeber",

erklärt Karin Saey, Head of Retail beim

Dorotheum.

Dies belegt eine Studie der

Johannes-Kepler-Universität

Link. Wie die Erhebung ergab,

ist für 79% der Einzelhandelsmitarbeiter

ihr Job im

Einzelhandel attraktiv. 81% der

Beschäftigten schätzen auch

ihren Arbeitgeber als attraktiv

ein, 70% würden ihn auch weiterempfehlen.

Die Ergebnisse belegen

ein positives Bild der Arbeitsbedingungen

im Handel durch die Beschäftigten, obwohl das

leider oft anders dargestellt wird. Nicht ohne

Grund sind mehr als die Hälfte aller Handelsmitarbeitenden

fünf Jahre und länger im selben

Unternehmen tätig, ein Drittel sogar länger

als zehn Jahre. Aber: Mit den letzten beiden

KV-Erhöhungen stiegen die Lohnkosten für den

Handel um +16%. Damit Beschäftigung leistbar

bleibt, ist eine substanzielle Entlastung bei den

Lohnnebenkosten erste Priorität. Es gibt einige

historisch gewachsene, aber nicht schlüssig

erklärbare Lohnnebenkosten-Anteile, die es zu

hinterfragen gilt: Warum wird unselbstständige

Arbeit mit 0,5% Wohnbauförderungs-Beitrag

belastet? Warum finanzieren sich Gemeinden

vorwiegend über die Kommunalsteuer (3%),

die ebenfalls einseitig unselbstständige Arbeit

belastet? Es ist ja verständlich, dass Gemeinden

sich finanzieren müssen, aber warum müssen

nur die unselbständig Beschäftigten die

Gemeinden mitfinanzieren? Gleiches gilt für den

Familienlastenausgleichsfonds: Wieso werden

3,7% Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfond

auf die Lohnsumme aufgeschlagen?

Und warum wird das ausschließlich

durch unselbstständige Arbeitseinkommen

finanziert?

"Eine Senkung der Lohnnebenkosten kann ohne

Einschnitt in den Sozialstaat erfolgen, etwa

durch Veränderung der Finanzierungsbasis für

Wohnbauförderung, Familienlastenausgleichsfonds

oder Kommunalsteuer. Davon würden

alle profitieren. Die Kaufkraft der Kundschaft

würde gestärkt, der Konsum angekurbelt, die

Beschäftigten besser entlohnt, die Arbeitsbereitschaft

steigt, der Handel wird entlastet, und

neue Arbeitsplätze werden geschaffen", ist Saey

überzeugt.

Bürokratieabbau:

Gebühren reduzieren

Eine steigende Kostenbelastung für Mieten,

Pacht, Personal, Energie, Logistik und Beschaffung

bei gleichzeitig sinkenden Realumsätzen

– das ist zurzeit die Realität in fast jedem

Handelsbetrieb. Hinzu kommt aber noch der

Regulierungs-Overkill in Österreich. Laut einer

Untersuchung der Europäischen Kommission

– dem Retail Restrictiveness Indicator – wird

in Europa kaum eine Branche stärker reguliert

als der Handel. Und im Ländervergleich unterliegt

der Einzelhandel nur in Frankreich noch

mehr Regulierungen als in Österreich. Mit dem

EU-Lieferkettengesetz, der Ökodesign-Richtlinie

(u.a. Vernichtungsverbot für Kleidung) oder

der Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie kommen

weitere große Belastungen auf die Branche

zu – ohne dass im Gegenzug irgendetwas

reduziert wird. Vor allem für KMU-Händler ist

der Bürokratiedschungel kaum noch zu durchblicken.


"Wir wünschen uns eine strukturelle

Entlastung zur Stärkung der Betriebe

und damit zum Erhalt der

Stadt- und Ortskerne umfasst.

Ein wichtiger Punkt ist die

Senkung der Mietkosten für

den Handel durch die Abschaffung

der Mietvertragsgebühr.

Niemand versteht,

warum stationäre Geschäftsmodelle

eine Mietvertragsgebühr

bezahlen müssen und damit

vom Staat bestraft werden, wenn ein

Geschäftslokal angemietet und Personal

angestellt wird", erläutert Handelsverband-Vizepräsident

Norbert Scheele. "Darüber hinaus

ist es wichtig, die Regulierungen deutlich

zurückzufahren. Lasst die Händler handeln und

nicht Formulare und bürokratische Aufgaben

erledigen. Die steigenden Kosten bei Mieten,

Mitarbeiterkosten und Energie sind schon

schwer genug zu stemmen", fordert Scheele.

Fair Commerce:

Gleiche Spielregeln für Alle

Eine diametrale Entwicklung hat im Vorjahr der

österreichische eCommerce erlebt: Deutliche

Steigerungen der Käuferzahlen (+2%) trafen

auf deutlich sinkende Pro-Kopf-Ausgaben von

-3%. Inflationsbereinigt entspricht das sogar

einem Minus von 8,6% auf 10,1 Mrd. Euro.

Gerade im Onlinehandel lohnt sich der internationale

Vergleich: Kein europäischer Webshop

ist in den letzten Jahren ähnlich schnell

gewachsen wie die beiden chinesischen

Shopping-Apps Shein

und Temu. Ermöglicht wird das

rasante Wachstum vielfach

durch fragwürdige Methoden

und ein zahnloses

Regulativ. "Der Siegeszug

dubioser Onlineplattformen

aus Fernost fällt just in jene

Phase, in der österreichische

bzw. europäische eCommerce-Unternehmen

Investitions-

und Expansionsstopps ausrufen

müssen, weil sie neben teuerungsbedingten

Umsatzrückgängen mit massiven Kostensteigerungen

für Energie, Personal, Logistik und

Fremdkapital sowie im Vergleich mit Drittstaatenhändlern

mit einer Überfrachtung an Regulierungen

und Bürokratie zu kämpfen haben", ist

UNITO-OTTO-Geschäftsführer Harald Gutschi

überzeugt. Der Handelsverband sieht

derartige eCommerce-Plattformen

aus Drittstaaten aus

mehreren Gründen kritisch.

Einerseits gibt es immer

wieder Probleme mit der

Produktsicherheit, Produktfälschungen

sowie

Falschdeklarationen zur

Umgehung von Zollgrenzen.

Dutzende Testbestellungen des

HV bei Plattformen wie AliExpress

haben dies 2019 erstmals belegt.

Auch Datenschutzvorgaben werden häufig

ignoriert, vielfach Fake-Produkte verkauft, die

laut Greenpeace häufig mit giftigen Chemikalien

belastet sind und gesundheitsgefährdend

sein können. "Die einen können frei wie ein

Vogel agieren, halten sich an keine Spielregeln,

zahlen kaum Steuern und tragen nichts zum

Gemeinwohl bei. Die anderen werden hingegen

von Jahr zu Jahr strenger reguliert und verlieren

dadurch im weltweiten Wettbewerb. America

innovates, China duplicats, Europe regulates. Es

braucht eine faire Besteuerung, damit für den

Händler ums Eck dieselben Regeln gelten wie

für die digitalen Giganten", so Gutschi.

Ausgabenbremse:

Reduktion der Staatsausgaben

Dringenden Verbesserungsbedarf orten die

heimischen Händler überdies bei der Auszahlung

der Corona-Entschädigungen durch die

COFAG. Laut der jüngsten HV-Händlerbefragung

haben 29% der Betriebe

noch immer nicht alle beantragten

Corona-Entschädigungen

erhalten, vor allem

beim Verlustersatz gibt es

Verzögerungen. Immerhin

12% haben mittlerweile den

Energiekostenzuschuss II

bekommen. Zur Erinnerung:

Im Vorjahr musste der Einzelhandel

laut einer Studie von

EcoAustria im Auftrag des Handelsverbandes

Energie-Mehrkosten von

486 Millionen Euro stemmen.

"Auch die Eigenkapitalausstattung ist im österreichischen

Einzelhandel im internationalen

Vergleich zu gering. Mehr als die Hälfte der heimischen

Handelsbetriebe haben eine Eigenkapitalquote

von teils deutlich unter 40%.


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S10

Bei 13% der Betriebe ist die EKQ sogar

negativ. Die Pandemie hat die Kapitalstruktur

weiter verschlechtert, viele

Firmen leiden bis heute an Financial

Long Covid. Zudem drücken

stark gestiegene Fixkosten auf das

Eigenkapital und die Liquidität",

erklärt Handelsverband-Präsident

Stephan Mayer-Heinisch.

Die anhaltende steuerliche Benachteiligung

von Eigenkapital gegenüber

Fremdkapital könnte etwa durch die steuerliche

Abzugsfähigkeit von Eigenkapitalzinsen

reduziert werden. Die daraus resultierende solidere

Eigenkapitalausstattung würde heimische

Unternehmen resistenter gegen künftige Krisen

machen. Apropos Resilienz: Weiter steigende

Ausgaben heizen die Inflation an. Damit künftig

in guten Jahren regelmäßig Über-schüsse

anfallen, braucht es eine glaubwürdige und

strenge Ausgabenbremse. Vorbild könnte

Schweden sein: Dort gibt es seit dem Jahr

2010 für den Bund und das Pensionssystem

ein Überschussziel von 1% des BIP. Weil diese

Vorgabe für den Zeitraum eines ganzen

Konjunkturzyklus gilt, ist das Land

in Krisenzeiten dennoch handlungsfähig.

"Nicht nur der Bund sollte

seine Ausgaben in Österreich

auf Sicht reduzieren,

sondern insb. auch die

Länder müssen sparsamer

mit ihrem Geld umgehen.

Denn die Schulden von heute

sind die Steuern von morgen",

sagt Mayer-Heinisch.

Link zum vollständigen

HV-Zukunftspapier:

https://bit.ly/49Uf1uu

Der Handelsverband ist seit 1921

als freie Interessenvertretung und

Innovationsplattform aktiv, um

seine Mitglieder bestmöglich zu

begleiten.

Wie sollen diese Forderungen

gegenfinanziert

werden? Durch eine

Ausweitung der Steuerbeitragsbasis

(sinkt

die Belastung des

Faktors Arbeit, steigt

die Bereitschaft mehr

zu arbeiten, auch

Schwarzarbeit wird

verringert), die Schließung

von Steuerschlupflöchern

für Webshops aus Fernost

bzw. die Bekämpfung des Vollzugsdefizits auf

nationaler und europäischer Ebene (etwa im

Bereich der Zollkontrollen), durch Einsparungen

im System (Föderalismusreform und Bürokratieabbau)

sowie durch mehr Disziplin und Transparenz

bei künftigen Förderungen (Schluss mit

der Gießkanne).

Ausblick: Zweckoptimismus

mit Herausforderungen

Wie sieht zurzeit die Versorgungslage aus? 28%

der Händler sehen sich mit Lieferverzögerungen

aufgrund der Lage im roten Meer (Suez-Kanal)

konfrontiert, allerdings betreffen diese i.d.R. nur

wenige Teile des Sortiments. Ein Fünftel der

Handelsbetriebe verzeichnet zurzeit gestiegene

Frachtkosten. Hier reden wir von Preissteigerungen

zwischen 10% und 25%. Wie wird sich

das auf die Kunden auswirken? 24% der Händler

erwarten temporäre, geringfügige Sortimentseinschränkungen,

36% längere Lieferzeiten

und 32% einen leichten Preisanstieg für die

Endverbraucher.

Für das Gesamtjahr 2024 erwarten die heimischen

Händler im Durchschnitt einen inflationsbereinigten

Umsatzrückgang von 2%. Mehr als

ein Drittel geht davon aus, heuer einen Verlust

zu erwirtschaften. 39% hoffen zumindest auf ein

ausgeglichenes Ergebnis und 26% gehen heuer

von einem Gewinn aus.

"Auch 2024 wird für den Handel herausfordernd,

aber wir bleiben zweckoptimistisch. Spätestens

im zweiten Halbjahr hoffen wir auf eine Normalisierung

des Preisniveaus, sofern globale

Krisenherde nicht zu weiteren Verwerfungen

führen", so das Fazit von HV-Geschäftsführer

Rainer Will. (RED)


#connectingthedots

Der Kongress

für den

österreichischen

Handel

handelskolloquium.at

HANDELS

OLLOQUIUM

APOTHEKERTRAKT

SCHLOSS

SCHÖNBRUNN

11. APRIL

2024


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S12

Handel & Distanzhandel

Import One Stop Shop:

Eine Neuausrichtung

des E-Commerce in

Europa

Der Import One Stop Shop (IOSS) ist eine

zentrale Säule der EU-Initiative, den grenzüberschreitenden

E-Commerce durch

Vereinfachung der Mehrwertsteuerabwicklung

zu fördern. Angesichts eines jährlichen

Mehrwertsteuerbetrugs von über 50

Milliarden Euro bietet der IOSS eine effektive

Lösung zur Reduzierung dieses Betrugs und

zur Förderung eines fairen Marktes. "IOSS-

Europe", ein innovatives Wiener Start-up,

entwickelt eine Plattform, die modernste

Technologien wie Blockchain und KI nutzt, um

E-Commerce-Unternehmen bei der Anpassung

an diese neue Ära zu unterstützen.

FLORIAN SEIKEL

Der Bedarf an IOSS

Mit einem geschätzten Schaden von mehr als

50 Milliarden Euro jährlich innerhalb der EU

stellt der Mehrwertsteuerbetrug im grenzüberschreitenden

Handel ein bedeutendes Problem

dar. Dieser Betrug ist nicht nur ein Verlust für die

öffentlichen Finanzen, sondern auch ein Nachteil

für faire Unternehmen und Verbraucher.

Der IOSS wurde als Antwort auf dieses Problem

von der EU geschaffen, um eine effiziente,

transparente und vereinfachte Mehrwertsteuerabwicklung

für E-Commerce-Verkäufe an

EU-Verbraucher zu realisieren. IOSS ermöglicht

es Unternehmen auch sich lediglich bei

einem IOSS-Vertreter zu registrieren und so für

alle EU27 steuerlich angemeldet zu sein. Diese

„single VAT registration“ stellt eine massive

Erleichterung für den grenzüberschreitenden

Handel dar, vor allem auch für KMU´s.

FLORIAN SEIKEL

Aktueller Stand von IOSS

Der IOSS ist derzeit ein freiwilliges System, das

sich auf Sendungen bis zu einem Wert von 150

Euro beschränkt, die an Verbraucher in der EU

verkauft werden. Durch dieses System können

Verkäufer die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt

des Verkaufs berechnen und abführen, was den

administrativen Aufwand erheblich reduziert

und die Zollabfertigung beschleunigt. Gemeinsam

mit der parallel laufenden EU Zoll Reform

bei welcher die Abläufe digitalisiert und vor

allem für alle EU27 zusammengeführt werden

kann IOSS seine volle Wirkung entfalten.

Zukünftige Entwicklung des IOSS

Im Rahmen der EU-Initiative "VAT in the Digital

Age" (ViDA) ist geplant, den IOSS wesentlich

zu erweitern. Dies umfasst die verpflichtende

Teilnahme (Ausnahmen wird es geben) und die

Ausweitung der Anwendung auf alle grenzüberschreitenden

Verkäufe, unabhängig vom

Wert der Sendungen. Diese Änderungen sollen

zu einer weiteren Vereinfachung der

Compliance im Bereich der Fernverkäufe von

importierten Waren führen und die korrekte

Nutzung und Überprüfung von IOSS-Mehrwertsteuernummern

sicherstellen. Die bessere

Absicherung der IOSS-Nummern Vergabe ist

ein wichtiger Bestandteil der geplanten Erweiterung

welche aktuell im Rat der EU zur Begutachtung

aufliegt.


logistic-natives e.V. mit seinem experten

IOSS-Europe

Eine europäische Lösung Die logistic-natives

gestalten den Markt. Beispielsweise "IOSS-

Europe", das Wiener Start-up, entwickelt eine

Plattform, die E-Commerce-Unternehmen

ermöglicht, den neuen Anforderungen gerecht

zu werden. Durch die Integration von Blockchain-Technologie

und Künstlicher Intelligenz

bietet "IOSS-Europe" eine robuste Lösung für

die Verwaltung der IOSS-Registrierung und

-Abrechnung, die Sicherheit und Transparenz in

den Vordergrund stellt. Darüber hinaus bereitet

sich das Start-up darauf vor, die Anforderungen

der ab 2025 geltenden DORA-Verordnung

(Digital Operational Resilience Act) zu erfüllen,

die auf die Stärkung der digitalen Widerstandsfähigkeit

von Unternehmen im Finanzsektor

abzielt. Wer an einer Marktgestaltung im

Netzwerk des logistic-natives e.V. teilnehmen

oder Infos zu „IOSS-Europe“ erhalten möchte,

schreibt an florian.seikel@logistic-natives.com

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LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S14

Handel & Distanzhandel

Neustart in der

Paketzustellung

Eine global harmonisierte Intralogistik und

Bestandsverwaltung erfindet die B2C-

Zustellung neu. Daten, die Waren für die

Online-Präsentation repräsentieren, wurden

weltweit harmonisiert.

WALTER TREZEK

WALTER TREZEK

Der digitale Handel steht vor einem

globalen Neustart. Warendaten für

die Online-Präsentation auf elektronischen

Schnittstellen (Marktplätzen)

wurden weltweit harmonisiert. Dies wird

die Bestandsverwaltung verbessern, die Effizienz

steigern und dazu beitragen, die Erwartungen

der Endverbraucher zu erfüllen. Während

Fulfillment-Hubs traditionell als Vermittler

zwischen Herstellern oder Marken fungierten,

entfällt durch die globale Harmonisierung möglicherweise

die Notwendigkeit von Vermittlern.

Marken und Hersteller verbinden sich direkt

mit Endverbrauchern

Führende Marken und Hersteller wissen, dass

in einer vollständig harmonisierten und integrierten

Lieferkette die digitale Präsentation von

Waren eine Voraussetzung für die direkte Verbindung

zum Endverbraucher ist. Die Vereinten

Nationen legen handelsbezogene Datenstandards

fest, während der Weltpostverein und die

Weltzollorganisation Standards für den elektronischen

Datenaustausch implementieren,

um den Informationsfluss zu grenzüberschreitenden

Postsendungen vor dem Versand oder

Transport zu erleichtern.


Regionale Organisationen wie die Europäische

Union sind diesem Beispiel gefolgt und haben

neue Rahmengesetze zu Zoll, Einfuhrzöllen,

Transportsicherheit, Produktsicherheit und

Nachhaltigkeit eingeführt. Es liegt nun an den

Wirtschaftsbeteiligten, Datenspezifikationen zu

entwickeln oder zu überarbeiten, die Umsetzung

durchzusetzen oder Anpassungen durch

delegierte Rechtsakte zu übernehmen.

Die Intralogistik nutzt weltweit harmonisierte

Daten zu Gütern und Waren

Die Harmonisierung der Daten, die Waren und

Güter an der Quelle beschreiben, einschließlich

produktsicherheitsrelevanter Informationen wie

Konformitätszertifikate und Konformitätserklärungen

für alle oder bestimmte Märkte, hebt die

Intralogistik auf ein neues Niveau. Daten, die auf

Artikelebene für jede Art von Waren verfügbar

und weltweit abrufbar sind, rücken die Marke

oder den Hersteller in den Mittelpunkt des

Verkaufsprozesses.

Der Wendepunkt ist erreicht – 2/3 aller Lager

sind miteinander verbunden

Heutzutage sind fast zwei Drittel der gesamten

Lagerinfrastruktur miteinander digital vernetzt.

Durch die Anbindung internationaler Warenlager

an Fracht- und Transportnetzwerke, die

Sicherung des Datenaustauschs auf der Ebene

einzelner Post-/Expresssendungen und die

Sicherstellung der Einhaltung von Zoll- und

Importbestimmungen, sowohl beim Export als

auch beim Import, entsteht eine harmonisierte

globale Lieferinfrastruktur für B2C-Lieferungen.

Datenzentrierte, universelle Bereitstellung

von Einzelhandelslieferungen

Gleichzeitig durchläuft der analoge Postuniversaldienst

des Weltpostvereins einen digitalen

Neustart. Das Ergebnis wird eine datenzentrierte

Darstellung und Zustellung von Warenlieferungen

sein, die es Endverbrauchern ermöglicht,

Waren überall und jederzeit von jeder Marke

und jedem Hersteller zu kaufen – freilich unter

zunehmender Ausschaltung der heute noch

eingebundenen Mittlerstrukturen und den

damit verbundenen Kosten, die bis zu 40% des

Endkonsumentenpreises ausmachen. Als Mitglied

des Consultative Committees des

Weltpostvereins haben die Mitglieder der

logistic-natives e.V. die Möglichkeit, den Markt

aktiv zu gestalten. Wer daran Interesse hat, meldet

sich bei florian.seikel@logistic-natives.com.


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S16

Handel & Distanzhandel

Päckchenflut

aus Fernost:

Mangelhaftes IOSS >

100-derte Millionen an

Steuerausfällen?

Lücken im europ. Zoll und Einfuhrrecht

werden von außereuropäischen

Einzelhandelsplattformen ausgenutzt.

Abgabenbetrug, Produktpiraterie und

Wettbewerbsverzerrung auf Kosten des

europäischen Einzelhandels.

Am Hauptumschlagplatz für Ecommerce

Luftfrachtsendungen in

Europa, in Lüttich kommen durchschnittlich

bereits mehr als 1. Mio.

Päckchen täglich an, Tendenz steigend. Für den

belgischen Zoll ist das eine Herausforderung.

An den mehr als 60 Kontrollstellen rund um

den Flughafen, können bei weitem nicht alle

Sendungen anhand der Lieferlisten kontrolliert

werden. Um weniger Einfuhrumsatzsteuer zu

zahlen, und Zoll zu vermeiden wird der

angemeldete Warenwert gerne unter 150 EUR

gehalten. Das wäre Abgabenbetrug. Zielmarkt

ist dabei häufig Deutschland. Geflutet wird er

europ. Markt zur Zeit von online Plattformen,

allen voran aus Fernost.

Die digitale Vernetzung mit der Endkonsumenten

zeigt auch, dass der führende Marktplatz

die meist heruntergeladene Shopping APP in

Deutschland ist. Die elektronische Schnittstelle

hat bereits Zalando überholt und liegt auf dem

4. Platz in Deutschland – Tendenz steigend.

Shopping like a billionaire

Geworben wird mit unfassbaren Billigpreisen.

Mehrere Plattformen aus Fernost bedienen sich

ähnlicher Strategien. Versandkosten werden in

den Preis eingerechnet und als kostenlos ausgewiesen.

Allerdings müssen Zustellzeiten von

mehr als 10 Tagen in Kauf genommen werden.

Die Ware ist nicht sofort verfügbar. Wenn der

Preis aber um mehr als 30% und mehr günstiger

ist als beim Wettbewerber, sind Konsumenten

bereit wesentlich längere Lieferzeiten in Kauf zu

nehmen.

Der logistic-natives e.V. arbeitet konkret an der Umsetzung von fairen

Wettbewerbsbedingungen. Wer dies unterstützen möchte, kontaktiert

bitte Florian Seikel (florian.seikel@logistic.natives.com)

Möglich sind die geringen Warenpreise durch

eine direkte Disposition beim Hersteller in

Fernost. Kommt es zu einem Kauf werden die

meisten Waren erst noch her- oder fertiggestellt.

Versendet werden die Waren dann in

adressierten Einzelsendungen per Luftfracht

nach Europa.


Einzelsendungen – disponiert in vernetzten

Herstellungsnetzen, statt Lagerhaltung,

Kommissionierung – Mittler werden ausgeschaltet

Konsolidierung von Warenmengen, deren Verschiffung

nach Europa in Containern wird

umgangen, denn die Zollkosten sind zu hoch.

Zudem wird die Lagerhaltung, Kommissionierung,

ja sogar die Verteilung in nationale

Zustellnetze über Zentren umgangen und ausgeschaltet

und so nicht unerhebliche Kosten

gespart. Die Päckchen kommen einzeln, denn

unter einem Warenwert von 150 EUR fällt kein

Zoll an. Der Eigentümer der führenden Plattform,

PDD Holdings Inc. ist mit dem neuen Einzelhandelsmodel

mittelweile der größte online Händler

in China geworden. Ähnliches wird nun auch in

Europa erwartet.

EU Zollbehörden: machtlos, keine Ressourcen,

schlecht ausgestattet, nicht vernetzt

Am Hauptdrehkreuz für Ecommerce Päckchen

in die EU, in Lüttich (BE) arbeiteten 200 Zollbeamte

im 3 Schichtbetrieb. Der Zoll weiß das die

Wertangaben, nach internen Schätzungen der

EU bei mehr als der Hälfte der Sendungen nicht

stimmen. Die Betrugssummen pro Einzelsendung

sind nicht hoch, aber bei mehr als 1 Mio.

Stück täglich kommen rasch sehr hohe Summen

zustande. Eine lückenlose Kontrolle ist

nicht möglich. Die online Händler nützen das

möglicherweise aus.

EU Zollrecht: Gute Rechtsgrundlage –

schlechte Umsetzung, kaum Kontrolle, keine

Konsequenzen

TEMU und SHEIN sind in Irland registriert und

müssen dort die anfallenden Einfuhrumsatzsteuern

für die EU pro Päckchen nach dem

Import One Stop Shop (IOSS) System (max. 150

EUR) anmelden. Bezahlt wird an die irische

Finanz, die die Steuern an jene EU MS weiterleitet

in denen die Empfänger der Päckchen sind.

Der Zoll kann nicht kontrollieren wieviel Einfuhr-

umsatzsteuer wirklich pro Päckchen angemeldet

wurde – es fehlt an der digitalen Vernetzung

– der Zoll ist machtlos: 1) Offiziell gibt es

eine IOSS Nummer -> ob die Nummer gültig ist

kann nicht kontrolliert werden 2) Wenn etwas

nicht stimmt kann es nicht in Echtzeit kontrolliert

werden. Der fehlende Datenaustausch

in Echtzeit zwischen den Behörden, verleitet

zum Betrug und verzerrt den Wettbewerb zum

Nachteil des europäischen Einzelhandels nachhaltig.

Kontrolle ist nicht möglich. Alleine dem

deutschen Staat entgehen durch die fehlende

Vernetzung und die damit fehlende Kontrolle

jährlich Steuern in 3-stelliger Millionen Höhe.

Der faire Wettbewerb wird in Europa durch die

mangelhafte Einführung des IOSS Systems

außer Kraft gesetzt: 1) Bestimmungen die für

den Ecommerce gelten werden nicht eingehalten

2) es führt zu Kostenvorteilen für die

Anbieter die europ. Bestimmungen umgehen

3) es führt zu einer „Rabattierung“ der digitalen

Einzelhandelsprodukte von Konkurrenten aus

Fernost, auf Kosten der europ. Steuerzahler.

Rasch müssen wieder faire Wettbewerbsbedingungen

geschaffen werden

Der Gesetzgeber muss dringend sicherstellen

das faire Wettbewerbsbedingungen herrschen,

andernfalls entstehen negative volkswirtschaftliche

Effekte für die gesamte europ. Einzelhandelsbranche,

einschließlich des digitalen

Einzelhandels. Zwar wird die Abschaffung der

150 EUR Zollfreigrenze in der EU diskutiert, aber

eine Entscheidung soll erst bis 2028 erfolgen.

Nur, der Markt kann sich ein Zeitfenster von

weiteren 4 Jahren nicht leisten. Die Entwicklung

der letzten Monate zeigen, dass die Finanz- und

Zollbehörden schlecht ausgerüstet sind. Insbesondere

die fehlende Vernetzung und der damit

verbundene Mangel im Zugriff auf die Daten zu

den Sendungen führt zu erheblichen Ausfällen.

(RED)


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S18

Handel & Distanzhandel

DPD Österreich baut

Pickup-Netzwerk

weiter aus

DPD Austria (Direct Parcel Distribution Austria

GmbH) – Österreichs führender privater

Paketdienst – bietet mit rund 2.800 Paketshops

und -stationen das größte Netz für die

Versendung, Retournierung und Abholung

von Paketen. Mehr als ein Drittel dieser

Abhol- und Hinterlegungsstandorte sind

Paketstationen, die 24/7 zugänglich sind.

REDAKTION

Mit 2.800 Pickup-Paketshops und

-stationen betreibt DPD das

größte Paket-Netzwerk Österreichs.

Bereits mehr als 900

Paketstationen im DPD-System.

„Bei all unseren Investitionen steht das bestmögliche

Kundenservice immer im Fokus. Daher

haben wir konsequent in den Ausbau unseres

Netzwerks aus Paketshops bzw. Paketstationen

investiert und in den letzten zwei Jahren deren

Anzahl um rund 20 Prozent erweitert“, so Mag.

Rainer Schwarz, Geschäftsführer DPD Österreich,

und ergänzt: „Der Trend geht immer weiter

in Richtung OOH-Lösungen. Kunden möchten

ihr Paket schnell und möglichst einfach erhalten

beziehungsweise retournieren. Dazu braucht

es eine Lösung, die sich ihrem Alltag und ihren

Bedürfnissen optimal anpasst – sozusagen ein

,Paket-to-go´, das man immer und überall empfangen

kann. Eine wichtige Rolle dabei spielen

unsere Kooperationspartner mit den Paketstationen,

die für unsere Kund:innen rund um die Uhr

zur Verfügung stehen.“

RAINER SCHWARZ

Tamburi neuer Partner im DPD-System

Von den 2.800 Paketaufgabe und -annahmestellen

sind rund 1.900 klassische Paketshops,

die sich auf ganz Österreich verteilen. Sie befinden

sich u. a. in Supermärkten, im Elektro- und


Papierfachhandel, aber auch in Tabak-Trafiken,

Tankstellen oder Handyshops. Unter den über

900 Pickup Paketstationen ist Tamburi mit über

300 Standorten neuester und schnellstwachsender

DPD-Partner.

„Stand vor 500 Jahren das Wort `Tamburi` für

Briefkasten, ist es heute eine moderne, lokale

Lösung des Paketempfangs und -versands,

die nicht nur effizient, sondern auch umweltfreundlich

ist. Der Zustellverkehr und die damit

verbundenen CO2-Emissionen können bei

einer Lieferung in eine Paketstation um beeindruckende

80 Prozent reduziert werden“, erklärt

Rainer Schwarz.

Kundenfreundliche „Öffnungszeiten“

für Pickup-Paketshops und -stationen

Knapp 80 Prozent der DPD-Paketshops haben

nach 18 Uhr und am Wochenende geöffnet.

Zudem sind alle Standorte für 95 Prozent der

Bevölkerung innerhalb von 15 Minuten zu erreichen.

Die Paketstationen der DPD-Kooperationspartner

MYFLEXBOX, Tamburi, easypaketstation

und Storebox sind sogar 24/7 Stunden

zugänglich, um Pakete zu versenden, abzuholen

und zu retournieren. Wo sich der nächste

Paketshop bzw. Paketstation befindet, lässt sich

einfach über den Shopfinder in der myDPD-

Paket-App und auf ww.dpd.at herausfinden.

(RED)

Die Österreichische Gesellschaft für Verbraucherstudien

(ÖGVS) hat User aufgerufen

ihre Zufriedenheit bei 583 Apps aus

62 Branchen zu bewerten. Mehr als 73.000

Bewertungen wurden abgegeben und

der ÖGVS-APP-Award 2024 im Bereich

„Paketdienste“ geht an myDPD, der Paketmanagement-App

von DPD – Österreichs

führendem privaten Paketdienst*.


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S20

Handel & Distanzhandel

Market-Player:

Österreichische Post

Das Geschäftsportfolio der Österreichischen

Post hat sich sehr gewandelt und stellt heut

als modernes und innovatives Unternehmen,

als Universaldienstleister den Anspruch der

Market-Player zu sein.

PETER NESTLER

Herr Oblin, Sie sind bereits viele Jahre in der

Österreichischen Post AG. Wie hat sich das

Unternehmen aus Ihrer Sicht gewandelt?

Das Geschäftsportfolio der Österreichischen

Post hat sich sehr gewandelt, wir sind heute

wesentlich breiter, internationaler und stärker

aufgestellt. Als ich 2009 zur Post gestoßen bin,

haben wir über eine Milliarde Briefe und knapp

50 Millionen Pakete befördert. Das Briefgeschäft

ist zwar strukturell rückläufig, aber nach wie vor

sehr wichtig, und im österreichischen Paketgeschäft

haben wir die Schallmauer von 200

Millionen Paketen durchbrochen, was das starke

Wachstumspotenzial unterstreicht.

Wir haben uns von unprofitablen Beteiligungen

getrennt, mit der Aras Kargo in der Türkei ein

veritables Standbein, und neue, zukunftsfähige

Geschäftsmodelle in unser Portfolio aufgenommen,

wie zum Beispiel die bank99 oder die Agile

Actors, einen griechischen Softwareentwicklungsdienstleister.

In den vergangenen Jahren

haben wir auch viel in Infrastruktur, Digitalisierung

und Nachhaltigkeit investiert, um die

Transformation von einer klassischen Postgesellschaft

in ein modernes Dienstleistungsunternehmen

zu vollziehen. Heute beschäftigen

wir konzernweit über 1.000 IT-Experten, damit

sind wir eigentlich eines der größten IT-Unternehmen

des Landes. Man könnte auch sagen,

wir sind heute ein Logistikunternehmen mit

starkem Technologiefokus.

Welche Rolle spielt die Österreichische Post

heute im Logistikmarkt in Österreich und wie

ist die Bedeutung der Post im europäischen

Markt einzustufen?

Die Post ist einerseits Universaldienstleisterin,

wir sind also mit allen Rechten und Pflichten

dafür verantwortlich, an rund 4,8 Millionen

Adressen in Österreich Tag für Tag Briefe,

Pakete, Werbesendungen und Printmedien

zuzustellen. Gleichzeitig hat uns der aktuelle

Branchenradar erst kürzlich bestätigt, dass 54

Prozent aller Pakete in Österreich von der Post

zugestellt werden. Diese Position verdanken wir

dem Vertrauen unserer Kunden, und das haben

wir uns hart erkämpft. Durch unsere Beteiligungen

sind wir in Deutschland und CEE/SEE bis in

die Türkei und Aserbaidschan tätig. Hier haben

wir ein sehr performantes Netzwerk aufgebaut,

durch das wir im vergangenen Jahr konzernweit

475 Millionen Pakete transportiert haben,

davon allein 206 Millionen in der Türkei, wo wir

mit Aras Kargo auch die Nummer eins am Markt

sind. Ich würde sagen, wir haben ein gutes

Standing und sind fest im posta-lischen Herzen

Europas verankert.

Was sind die Stärken der Post, wo möchten

Sie mit dem Konzern strategisch hin?

Wir haben rechtzeitig die richtigen Trends

erkannt und uns für den E-Commerce und

digitale Dienstleistungen gerüstet, das alles

unter dem Vorzeichen der Nachhaltigkeit.

Gerade hier haben wir schon heute einen

Standard erreicht, den andere erst in Jahren

anstreben. Qualität und Personal sind dabei nie

auf der Strecke geblieben, auch deshalb haben

wir heute allein in Österreich rund 20.000 top

motivierte und leistungsfähige Postler am Start.

Mein Anspruch ist es, auch künftig für Kunden,

Mitarbeiter und Umwelt gleichermaßen da zu

sein. Die Post soll für ihre Kunden ein modernes,

innovatives Unternehmen und gleichzeitig für

unsere Mitarbeiter ein attraktiver zukunftsorientierter

Arbeitgeber sein. Wir wollen weiterhin

Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sein und als

verlässliche Akteur am Kapitalmarkt agieren.

Reicht das bestehende geografische

Engagement aus oder hält man die Augen

nach Möglichkeiten offen?

Wir halten die Augen immer nach weiteren

Wachstumsmöglichkeiten offen. Wir sind als


Wir wollen

weiter

wachsen ...

WALTER OBLIN

Konzern heute international in 13 Ländern tätig

und bieten unseren Kunden in elf Ländern

Logistiknetzwerke an, von Österreich bis in die

Türkei. Unser primärer Fokus ist es, gemeinsam

mit unseren Kunden organisch zu wachsen.

Gleichzeitig geht es auch darum, neue geografische

Märkte zu entdecken und zu erschließen,

in denen wir sinnvolle Einstiegsmöglichkeiten

und attraktives Wachstum sehen.

Aras Kargo in der Türkei ist etwa ein guter

Brückenkopf für Expansionen in der Region, wie

auch unser erfolgreicher Schritt nach Aserbaidschan

bewiesen hat.

Gibt es andere oder neue Geschäftsbereiche,

die eine wirtschaftlich interessante

Ergänzung darstellen könnten?

Profitables Wachstum in nahen Märkten ist ja

Teil unserer Unternehmensstrategie, dazu

gehört auch der Ausbau des Filial- und

Digitalangebots für Privatkunden und KMU.

In der jüngeren Vergangenheit haben wir

unsere Fühler in einige interessante Märkte

ausgestreckt, wir bieten etwa mit der bank99

eigene Finanzdienstleistungen an oder stellen

mit shöpping den bekanntesten Online-

Marktplatz Österreichs.


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S22

Hat sich die Situation bei den Arbeitskräften

in Österreich entspannt? In welchen

Bereichen gibt es Engpässe?

Man muss das richtig einordnen: Wir waren

eines der wenigen Unternehmen, die während

der Pandemie weiter Personal eingestellt haben.

Andere haben abgebaut, wir haben aufgebaut.

Wir haben auch immer betont, dass wir durch

Insourcing noch mehr Leistungen selbst erbringen

wollen - und dafür haben wir zusätzliches

Personal gesucht. Natürlich gibt es besonders

gefragte Fachkräfte, wir würden zum Beispiel im

IT-Bereich sofort Leute einstellen, deshalb

haben wir auch den 280 Gekündigten der

UniCredit-Tochter ein Angebot gemacht.

Mit unserem E-Commerce-Leistungsportfolio,

vom Fulfillment mit der Post Systemlogistik bis

hin zum Betrieb von kompletten Online-Shops

mit der ACL, sind wir auch in völlig neue

Geschäftsbereiche eingetreten. Rund um den

Brief sind wir mit unserer Tochter Post Business

Solutions bei Geschäftsprozesslösungen im

Bereich Dokumentenmanagement klare Marktführerin

und wachsen profitabel. In Zukunft gibt

es sicher noch mehr Synergien und angrenzende

Bereiche, in die wir mit unserem Beteiligungs-

und Dienstleistungsportfolio vorstoßen

können.

Welche Herausforderung bestehen für die

Österreichische Post in ihren jeweiligen

Märkten, besonders in Österreich?

Im Grunde stehen wir überall vor der gleichen

Herausforderung: Die Märkte sind nach wie

vor von hoher Inflation und geringen wirtschaftlichen

Impulsen geprägt. Für Österreich

prognostizieren WIFO und IHS nur ein Wirtschaftswachstum

von 0,9 bzw. 0,8 Prozent, auf

EU-Ebene sieht es nicht viel besser aus. Diese

Rahmenbedingungen beeinträchtigen natürlich

die Konsum- und Investitionsbereitschaft von

Konsumenten und Unternehmen.

Besonders davon betroffen ist der Handel - sowohl

stationär als auch online - der sich jetzt in

einer Konsolidierungsphase befindet. Aber wie

wir in den letzten Jahren gezeigt haben, können

wir als Post nicht nur bei Schönwetter segeln,

sondern schaffen es auch, uns unter schwierigen

Rahmenbedingungen positiv entwickeln.

Wir suchen derzeit auch über 1.500 Sommerpostler

und haben mehr als 130 Lehrstellen

zu besetzen, ein Unternehmen unserer Größe

ist ständig auf der Suche. Generell merkt man

aber schon, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt

temporär etwas entspannt, das zeigt ja auch die

wieder steigende Arbeitslosenquote.

Welche Hausaufgaben in der Nachhaltigkeit

möchte die Post als nächstes erledigen?

Unser Aufgabenheft ist gut gefüllt. Erst im

Februar haben wir die Zustellung in Innsbruck

auf 145 E-Fahrzeuge umgestellt, heuer folgen

noch Salzburg, Wiener Neustadt und die ersten

Bezirke in Wien. Pro Jahr schaffen wir ca. 1.000

E-Fahrzeuge an, gleichzeitig werden wir auch

die Leistung unserer Photovoltaikanlagen weiter

ausbauen. Bis 2030 werden wir in ganz Österreich

auf der letzten Meile CO2-frei zustellen.

Offene Herausforderungen gibt es noch in der

Transportlogistik, wo die vielversprechendsten

Technologien wie E-LKW oder Wasserstoff-LKW

noch nicht wirklich praxistauglich sind. Deshalb

setzen wir auch auf Brückentechnologien wie

etwa HVO (Hydrotreated Vegetable Oils), also auf

einen erneuerbaren Treibstoff, der unter

anderem aus Pflanzenfetten und Abfällen

hergestellt wird und die CO2-Emissionen um

bis zu 90 Prozent reduziert.

Sind nach dem Ausbau oder Neubau diverser

Logistikzentren noch weitere Großprojekte

dieser Art im Inland zu erwarten oder reicht

die Abdeckung nun aus?

Unser umfangreiches Ausbauprogramm, mit

dem wir etwa die Sortierkapazität im Paketbereich

verdreifacht haben, ist vorerst


KNAPP_LogiMAT_Logistik-Express_115_178.indd 1 20.02.2024 15:57:04

abgeschlossen. Jetzt konzentrieren wir

uns bei den Investitionen auf die Schwerpunkte

Automatisierung, Digitalisierung,

Ausbau der internationalen Logistik und

E-Mobilität. Denn mit der An-schaffung

eines E-Fahrzeugs ist es ja nicht getan,

wir brauchen eine Ladeinfrastruktur und

decken den Ener-giebedarf idealerweise

durch eigene Stromerzeugung mittels

Photovoltaik.

Post zu verändern. Wir wollen weiterhin

eine starke und verlässliche Partnerin für

die Bevölkerung und die Wirtschaft sein,

sowohl im Logistik- als auch im Finanzdienstleistungsbereich.

Und das alles in

Zukunft ohne Verbrennungsmotoren und

völlig emissionsfrei. (RED)

Es stehen Neuwahlen an – gibt es

Ihrerseits Wünsche und Anregungen

an die Politik?

Ich plädiere für ein Überdenken der

immer weiter ausufernden Regulierung.

Statt uns mit Innovationen und deren

Skalierung zu beschäftigen, müssen wir

uns mit einer immer höheren Regulierungsdichte,

wachsender Bürokratie und

teilweise gut gemeinten, aber nicht zu

Ende gedachten Regelwerken wie der

EU-Taxonomie beschäftigen. Ich würde

mir einen praxisorientierteren Ansatz

wünschen. Und als Brief-Vorstand der

Österreichischen Post würde ich mir

noch eine stärkere Wahrnehmung der

Briefwahl wünschen.

In Zeiten, in denen die Demokratie immer

mehr in Gefahr zu geraten scheint, ist

es aktueller denn je, die Ausübung des

Wahlrechts so niederschwellig und unabhängig

wie möglich zu gestalten. Wir

bieten eine Reihe von Dienstleistungen

an, wie z.B. den Versand von Wahlinformationen,

Wahlkarten, Sonderentleerungen

von Briefkästen oder die Zuführung

an Wahlsonntagen. Diese Möglichkeiten

sollten der

breiten Masse noch stärker nähergebracht

werden.

mission:

zero touch

at LogiMAT

VISIT US

19.–21. März 2024

Messe Stuttgart

Wo sehen Sie sich mit der Österreichischen

Post in ein paar Jahren? Was wird

anders sein?

Ich darf eines der spannendsten

Unternehmen Österreichs in die Zukunft

führen. Wir wollen noch weiter wachsen,

um für unsere Kunden eine relevante

Partnerin in der Logistik zu bleiben.

Digitalisierung wird noch weiter vorangetrieben

werden, ohne das gelbe Herz der

Halle 3

Stand B01 | B03

Halle 6

Stand C77


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S24

BAHADIR BIRKAN

Handel & Distanzhandel

Logistik-Trends 2024

DODO, das Technologie- und Logistikunternehmen

für die letzte Meile mit B2B-Kunden

wie Tesco, Rewe, KFC, Rossmann, Škoda oder

Decathlon, blickt auf das letzte Jahr zurück

und zeigt die zukunftsweisenden Trends in

der Logistikbranche für 2024 auf.

REDAKTION

Trends von gestern zeigen den Standard von

morgen: Same Day Delivery & KI

Einer der Haupttrends im E-Commerce des

vergangenen Jahres war die stetig steigende

Beliebtheit von schneller und präziser Same-

Day-Lieferung, die in den nächsten Jahren zum

Standard werden wird. Kunden werden diese

routinemäßig von Online-Händlern in allen

Segmenten fordern. Darüber hinaus möchten

sie dafür nicht mehr bezahlen als für eine

gewöhnliche Lieferung.

Dieser Trend erfordert eine effiziente Planung

und maximale Nutzung vorhandener Ressourcen.

Glücklicherweise wird der Logistiksektor

dank des allgegenwärtigen Einflusses künstlicher

Intelligenz zunehmend technologisch fortgeschritten

und das vergangene Jahr brachte

bedeutende Veränderungen, um den Bedürfnissen

der Käufer gerecht zu werden. Eine noch

bessere Planung durch KI und die Integration

von alternativen Fahrzeugen und Transportmitteln

waren Hauptthemen im Jahr 2023


und dieser Trend ist der Logistikbranche nicht

entgangen: In effizienten Logistikoperationen ist

der Aufstieg von KI und maschinellem Lernen

ein Meilenstein, da es durch fortschrittliche

Modellierung einfacher wird, die angemessene

Anzahl von Fahrzeugen und Zustellern für ein

bestimmtes Gebiet zuzuweisen und Routen

zu planen, die nicht nur die aktuelle Situation,

sondern auch die Entwicklung der nächsten

Stunden und Tage berücksichtigen. Dies trägt

nicht nur zu einer höheren Verfügbarkeit für

Kunden bei, sondern auch zu einer umweltfreundlicheren

und reibungsloseren städtischen

Verkehrsplanung.

„Im letzten Jahr haben wir eine fortschrittliche

KI-Vorhersage eingeführt. Diese ist in der Lage,

Kundenbestellungen in einem bestimmten

Gebiet bis zu zwei Wochen im Voraus vorherzusagen.

Die Prognosen basieren auf Daten,

die mithilfe künstlicher Intelligenz gesammelt

wurden. Die Genauigkeit der Vorhersagen reicht

bis auf die Stunde, und die Fehlerquote bleibt

konstant unter 10%. Wir planen also nicht mehr

nur für das, was gerade passiert, sondern wir

können auch auf das vorbereiten, was noch

kommen wird. Der Einfluss auf Effizienz und

Planung ist für ein Unternehmen unserer Größe

enorm", sagt Bahadir Birkan, CEO DODO DACH,

und fügt hinzu: „Die Bedeutung fortgeschrittener

Datenanalytik und der Arbeit mit zukünftiger

Modellierung wird weiter zunehmen. Zudem

werden Logistikunternehmen immer informiertere

Entscheidungen treffen können. Dies führt

unter anderem zu einer erhöhten Geschwindigkeit,

ohne den Service sichtbar teurer zu

machen."

Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet neue Möglichkeiten

bei der Bereitstellung alternativer

Fahrzeuge. Die Fähigkeit, die Zusammensetzung

und den Standort von Bestellungen in

einem bestimmten städtischen Gebiet zuverlässig

vorherzusagen, ermöglicht es einem

Logistikunternehmen, zur richtigen Zeit die

richtige Mischung von Transportfahrzeugen

bereitzustellen - seien es Drohnen, Roboterfahrzeuge,

Lastenfahrräder, Elektroroller oder

sogar Flussfahrzeuge. Es ist daher zu erwarten,

dass die Grenze für den Einsatz alternativer

Transportmittel in naher Zukunft nicht mehr in

der Gesetzgebung oder der Technologie der

Fahrzeuge selbst liegt, sondern vielmehr darin

besteht, sie so zuzuteilen, dass der gewünschte

Effekt in Bezug auf Kosten und Nachhaltigkeit

erzielt wird. Mit der zunehmenden Komplexität

von Gütern und Transportmitteln wird auch die

Komplexität der Lieferpläne steigen, die die unterschiedlichen

Tragfähigkeiten der Fahrzeuge,

ihre Batteriereichweite, ihre Nutzbarkeit in der

Umgebung usw. berücksichtigen müssen.

Konsolidierung der Nachfrage und

Verschwimmen der Grenzen zwischen

Logistiksegmenten

Der Preis und die Geschwindigkeit der Zustellung

sind nicht die einzigen Kriterien für Kunden

im ECommerce. Sie wünschen sich eine Allin-One-Lösung,

bei der die letzte Meile eine

entscheidende Rolle spielt. Darüber hinaus ist

für fast ein Drittel der Käufer die Nachhaltigkeit

der Logistik ebenfalls ein wichtiger Aspekt bei

der Kaufentscheidung. Eine Möglichkeit, die

Lieferung von Sendungen in Städten schneller

und effizienter zu gestalten, ist das Konzept der

Zonenlogistik, das die Grenzen zwischen einzelnen

Logistikoperationen aufbricht und nach

dem Prinzip der gemeinsamen Nutzung von

Fahrzeugen und Bestellungen innerhalb eines

bestimmten Gebiets funktioniert.

„Zonenlogistik ist ein Konzept der intelligenten

Ressourcenteilung, dank dem der Kunde seine

Sendung schneller erhält, der Kunde weniger für

den Transport bezahlt und jedes Fahrzeug, das

in einem bestimmten Bereich operiert, maximal

genutzt wird, wodurch CO2 reduziert wird. In der

Zonenlogistik fungiert jede Stadt als separate

Zone oder Gruppe von Zonen, die automatisch

durch künstliche Intelligenz organisiert werden

und in denen sich die Filialen und Abholpunkte

verschiedener Einzelhändler befinden. Die Organisation

von Lieferungen basierend auf Zonen

oder Regionen wird immer weiter verbreitet und

wird die Lieferzeiten weiter verkürzen, während

die Erschwinglichkeit der Expresslieferung erhalten

bleibt“, so Birkan.

Druck auf die Kosten und Einführung von

dynamischer Preisgestaltung

Die Notwendigkeit, kontinuierlich Qualität zu

bieten, die Kosten so niedrig wie möglich zu

halten und Waren und Dienstleistungen für die

breite Bevölkerung erschwinglich zu halten, ist

ein Trend, der sich wie ein roter Faden durch

den E-Commerce zieht. Obwohl DODO eine

ständig wachsende Nachfrage nach Geschwindigkeit

und Genauigkeit der Lieferung sehen,


LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 1/2024 | S26

zeigte die Studie von Behavio im letzten Jahr,

dass die Bereitschaft, für schnelle Lieferung

extra zu bezahlen, immer noch relativ gering

ist. Ein Weg, dieses Ungleichgewicht zu adressieren,

könnte die Einführung von dynamischer

Preisgestaltung sein, die in Bereichen wie

Flugreisen, Taxi- und Hotelbuchungen bekannt

ist. Denn die dynamische Preisgestaltung in

der Logistik ermöglicht es Einzelhändlern, den

Transportpreis in Echtzeit basierend auf der

aktuellen Nachfrage festzulegen, um Lieferpeaks

zu optimieren und schnelle und genaue

Lieferungen so erschwinglich wie möglich zu

machen.

Bahadir Birkan, 39 Jahre alt, wurde zum

CEO des Technologie- und Logistikunternehmens

DODO für den deutschen

Markt ernannt. Dies ist eine strategische

Maßnahme des Unternehmens, um seine

Position auf wichtigen europäischen Märkten

zu stärken.

Mit über einem Jahrzehnt Erfahrung in

Führungspositionen bei Amazon hat Bahadir

nicht nur deutschen Einzelhändlern

geholfen, sich auf dem Amazon-Marktplatz

zu etablieren, sondern auch einen neuen

Online-Shop in der Türkei initiiert. Besonders

bemerkenswert ist seine Einführung

des Amazon Freight-Dienstes in

Deutschland, einem mittleren Transportdienst

für Versender in der gesamten EU.

Diese Erfahrung hat ihm wertvolle Einblicke

in das Upstream-Logistiksegment

in Deutschland verschafft, das ähnlichen

Herausforderungen wie die Last-Mile-

Logistik gegenübersteht.

Bei DODO, das 2021 in den deutschen

Markt eingetreten ist, hat Bahadir die

Aufgabe, wichtige Geschäftsbeziehungen

zu etablieren, das Team aufzubauen und

Partner zu gewinnen. Das Ziel dabei ist, das

Unternehmen als eines der erfolgreichsten

Last-Mile-Transportunternehmen in

Europa zu positionieren.

„Dank der dynamischen Preisgestaltung werden

Kunden zunehmend die Wahl zwischen einer

teureren Lieferung im Zeitfenster der Hauptzeit

oder einer günstigeren Option im Zeitfenster der

Nebenzeit haben. Bei DODO haben wir dieses

Konzept im letzten Jahr mit einigen unserer

Kunden getestet und basierend auf den sehr

positiven Ergebnissen glauben wir, dass es in

diesem Jahr von Händlern in allen Segmenten

weit verbreitet genutzt wird", sagt Birkan.

Omni-Channel-Ansatz und Same-Day-

Lieferung als Standard, auch für

übergroße Waren

Trotz des rasanten Anstiegs des Online-

Verkaufs wird immer klarer, dass das vorherrschende

Geschäftsmodell eine Kombination

aus stationären Geschäften und E-Commerce

sein wird. Wenn ein Händler seinen Kunden

das bestmögliche Einkaufserlebnis bieten und

ihre Bedürfnisse so umfassend wie möglich

bedienen möchte, ist eine gute Integration von

Online- und Offline-Umgebungen heutzutage

entscheidend. Daher werden bisher ausschließlich

stationäre Geschäfte zunehmend

Optionen für die Lieferung von Waren an

Kunden am Tag der Bestellung anbieten.

Darüber hinaus wird dieser Trend nahezu kein

Segment meiden, einschließlich übergroßer

Waren, für die Kunden sich zuvor kaum eine

Expresslieferung vorstellen konnten.

„Wir können klar erkennen, dass der von Online-

Lebensmittelhändlern gesetzte Standard auf

andere Segmente übergeht. Zum Beispiel haben

wir im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit der

Sportkette Decathlon die Same-Day-Lieferung

von Sportausrüstung eingeführt, einschließlich

übergroßer Sendungen wie multifunktionalen

Fitnessmaschinen oder Laufbändern. Kunden

können solche Waren noch am Tag der Bestellung

nach Hause geliefert bekommen, und

wenn gewünscht, bringen die Zusteller sie sogar

nach oben. Das Gleiche gilt beispielsweise für

Haushaltsgeräte von Elecro World. Ich bin sicher,

dass die Same-Day-Lieferung in stündlichen

Zeitfenstern in den nächsten zwei Jahren in

nahezu allen E-Commerce-Segmenten ankommen

wird und für Kunden zum neuen Standard

wird", schließt Birkan. (RED)


9. ECOMLOG24

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7. 10. 2024

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