Schönbächler, Patrick - Unter-Iberg und sein Stöckmärcht (MHVSZ 2021), Schwyz 2021 (A)
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Berg beorderte. Äusser dem Aerger der <strong>Unter</strong>n <strong>und</strong> der Siegesfreude<br />
der Obern verlief der Tag ruhig. Viel Volk war anwesend.»<br />
1<br />
Im «Bote der Urschweiz» wurde diese Verlegung des<br />
Jahrmarktes gar als Vorbereitung einer «Annexion» an<br />
Einsiedeln verstanden. «Seit einiger Zeit liebäugeln gewisse<br />
Bewohner unserer Gemeinde gegen Einsiedeln <strong>und</strong> ködern <strong>und</strong><br />
hätscheln die dortigen Dorfleute hinwieder jene Abtrünnigen<br />
a u f alle Weise [...]. » 183 Es war die (überschattete) Geburtsst<strong>und</strong>e<br />
des «<strong>Stöckmärcht</strong>».<br />
Der «<strong>Stöckmärcht</strong>» (1861—1884)<br />
Name<br />
Der Name «<strong>Stöckmärcht</strong>» taucht als Begriff erstmals 1868<br />
auf. 184 Aufgr<strong>und</strong> der dargelegten Entstehungsgeschichte<br />
von <strong>Unter</strong>-<strong>Iberg</strong> ist klar, dass er vom Hauptsammelplatz<br />
des Viehs beziehungsweise vom Standort des Viehmarktes<br />
auf den Stöcken herrührt. Der «<strong>Stöckmärcht</strong>» hat <strong>sein</strong>en<br />
Namen von dieser - historisch respektive waldwirtschaftlich<br />
begründeten - Ortsbezeichnung, <strong>und</strong> diese hat<br />
daher ihren Ursprung weder in einem Markt für Stöcke <strong>und</strong><br />
Ruten 185 noch von einem Überschwemmungsland der<br />
Minster, auf dem Weiden- <strong>und</strong> Binsenstöcke wuchsen. 186<br />
182<br />
Einsiedler Anzeiger, Nr. 34, 24.8.1861, S.4; Bote der Urschweiz, Nr.<br />
68,24.8.1861, S. 2. Im Protokollbuch des <strong>Schwyz</strong>er Bezirksrates 1860—<br />
1862 finden sich keine Hinweise über dieses Geschehnis.<br />
183<br />
Bote der Urschweiz, Nr. 68, 24.8.1861, S. 4.<br />
184<br />
Einsiedler Anzeiger, N r.39, 26.9.1868, S. 1; Einsiedler Anzeiger,<br />
N r.42, 15.10.1870, S. 2.<br />
185<br />
So aber Wiget, Jahrmarkt, S. 133-134, sowie Schallplatte «<strong>Stöckmärcht</strong><br />
im Ybrig» der Druosbärg-Büeblä 1963.<br />
186<br />
Einsiedler Anzeiger, Nr. 80, 9.10.1979, S. 10.<br />
187<br />
Einsiedler Anzeiger, Nr. 33, 17.8.1861, S. 1.<br />
188<br />
GA Oberiberg, Bücher, Nr. 8.<br />
189<br />
Staatskalender <strong>Schwyz</strong> [1856-1881].<br />
190<br />
Einsiedler Anzeiger, Nr. 10,4.2.1860, S. 4; Einsiedler Anzeiger, Nr. 45,<br />
8.11.1862, S. 3; Einsiedler Anzeiger, Nr. 27, 6.7.1872, S. 3; Einsiedler<br />
Anzeiger, Nr. 26,27.6.1874, S. 3; Einsiedler Anzeiger, Nr. 64,9.8.1876,<br />
S.3. Siehe auch Eichhorn/Holdener/Fässler/Waldvogel/Waldvogel,<br />
Schulgeschichtliches, S. 26; Dettling, Pfarrei, S. 253.<br />
Abb. 10: «Einsiedler Anzeiger», Nr.81, 17.10.2006. Die Herkunft des<br />
Namens «<strong>Stöckmärcht</strong>» wird zum Teil kontrovers diskutiert. Hier eine<br />
humorvolle Deutung von Amy Bollag.<br />
Urheberschaft<br />
Angekündigt worden war der «gewöhnliche Jahrmarkt»<br />
mit Hauptsammelplatz auf den Stöcken von Gemeinderat<br />
Franz Fässler. 187 Im Protokollbuch des Gemeinderates<br />
<strong>Iberg</strong> 188 findet man jedoch keinerlei Hinweise, weder eine<br />
Beratung noch eine Beschlussfassung in Bezug auf einen<br />
Markt, sodass davon auszugehen ist, dass dieser eigenmächtig<br />
nach <strong>Unter</strong>-<strong>Iberg</strong> verlegt oder dort neu geschaffen wurde.<br />
Franz Fässler dürfte sich mindestens der <strong>Unter</strong>stützung der<br />
<strong>Unter</strong>-<strong>Iberg</strong>er Viehzüchter gewiss gewesen <strong>sein</strong>.<br />
Franz Fässler war laut dem Staatskalender des Kantons<br />
<strong>Schwyz</strong> 189 1856 bis 1860 (mit Einsitznahme im Waisenamt)<br />
<strong>und</strong> von 1862 bis 1866 Gemeinderat (die ersten zwei Jahre<br />
Präsident des Waisenamtes, danach Schulrat <strong>und</strong> die letzten<br />
zwei Jahre Vizepräsident des Gemeinderates) sowie<br />
von 1872 bis 1876 Gemeindepräsident in <strong>Iberg</strong>. 190 Dazwischen,<br />
1869—1872, hatte er Einsitz in der Rechnungskommission.<br />
Nach <strong>sein</strong>er Gemeinderatstätigkeit amtierte er<br />
1876-1881 noch als stellvertretender Viehinspektor.<br />
1861 war Franz Fässler damit gerade nicht im Gemeinderat,<br />
unterzeichnete aber für die Verlegung des<br />
Jahrmarktes auf Stöcken im August 1861 trotzdem mit<br />
«Franz Fässler, Gemdrath». Es sind drei Erklärungen möglich:<br />
Der Eintrag in den Staatskalendern 1861/1862 ist<br />
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