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Klinikmagazin 3/23

Neues Organ - Neues Leben: Transplantationsmedizin zwischen Fortschritt und Organknappheit

Neues Organ - Neues Leben: Transplantationsmedizin zwischen Fortschritt und Organknappheit

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03|<strong>23</strong><br />

Okt. 20<strong>23</strong><br />

DAS GESUNDHEITSMAGAZIN AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM JENA<br />

TITELTHEMA<br />

NEUES ORGAN –<br />

NEUES LEBEN<br />

Transplantationsmedizin zwischen<br />

Fortschritt und Organknappheit<br />

HEILEN<br />

Neuer DaVinci-Roboter<br />

bei Operationen<br />

im Einsatz


STANDPUNKTE<br />

LIEBE LESERINNEN<br />

UND LIEBE LESER,<br />

für viele schwer kranke Menschen stellt<br />

sie die einzige Möglichkeit für die Rückkehr<br />

in ein normaleres Leben dar: die<br />

Organtransplantation. Die Transplantationsmedizin<br />

entwickelt sich stetig<br />

weiter – durch neue Verfahren, Techniken<br />

und Medikamente. Diesem Fortschritt<br />

gegenüber steht jedoch ein erheblicher<br />

Organmangel. Zu wenig Menschen in<br />

Deutschland sind Organspender. Das<br />

bedeutet lange Wartezeiten, manchmal<br />

kommt das rettende Organ auch zu spät.<br />

Am UKJ wird im interdisziplinären Transplantationszentrum<br />

– dem einzigen in<br />

Thüringen – alles dafür getan, schwer<br />

kranken Patienten zu helfen. Im vergangenen<br />

Jahr wurden hier fast 200 Transplantationen<br />

durchgeführt. Besonders<br />

spezialisiert hat sich das Transplantationszentrum<br />

auf die Leberlebendspende<br />

bei erwachsenen Empfängern. Mit<br />

dieser Form der Organspende konnte<br />

auch dem 25-jährigen Franz Schubert<br />

geholfen werden, der am UKJ einen Teil<br />

der Leber seines Vaters transplantiert<br />

bekam. Seine Geschichte wird in dieser<br />

Ausgabe des <strong>Klinikmagazin</strong>s erzählt,<br />

ebenso die von Leoni, für die nach 19<br />

Monaten des Wartens ein neues Herz<br />

gefunden werden konnte. Doch wie läuft<br />

eigentlich eine Organspende ab? Was<br />

macht ein Transplantationskoordinator<br />

und eine Lebendspendekommission?<br />

Wie kann ich überhaupt Organspender<br />

werden? Antworten auf diese und<br />

weitere Fragen finden Sie im Heft.<br />

Auch abseits der Transplantationsmedizin<br />

gibt es Neuigkeiten aus dem UKJ.<br />

Lesen Sie etwa mehr zur neuen interdisziplinären<br />

JECTU-Station für frühe<br />

klinische Studien in der Onkologie oder<br />

warum Botox auch zur Schlaganfall-<br />

Behandlung verwendet wird.<br />

NEUES ORGAN – NEUES LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Die Organspende. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Interdisziplinäre Zusammenarbeit am UKJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

Transplantationsbeauftragter am UKJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11<br />

So läuft eine Organspende ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Die Arbeit einer Transplantationskoordinatorin . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Familienbande: Vater spendet Sohn einen Teil seiner Leber . . . . . . . . . 16<br />

Wenn das Spenderorgan nicht ideal ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Die Brücke zur Transplantation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Ein neues Herz für Leoni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Wenn die neue Niere endlich da ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <strong>23</strong><br />

Mit Stammzelltransplantation gegen die Leukämie . . . . . . . . . . . . . . .26<br />

Organspende: Ein Ausweis, der Gewissheit schafft . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

AKTUELLES<br />

Neue Lob- und Beschwerdemanagerin am UKJ . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Seit 25 Jahren im Einsatz: „Christoph 70“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29<br />

Neue interdisziplinäre JECTU am UKJ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

HEILEN<br />

Mit Hitze gegen den Knochentumor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

Neuer DaVinci-Roboter am UKJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

FORSCHEN<br />

‚Botox‘ nach Schlaganfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

Unter Nobelpreisträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34<br />

Das Alter geht Männern mehr an die Nieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Geistig fit im hohen Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36<br />

LEHREN<br />

SkillsLab zertifiziert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Neue Professorin für Quantitative Gesundheitsforschung . . . . . . . . . . .38<br />

OSCE-Prüfungsparcours zur Planetaren Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

HINTER DEN KULISSEN<br />

Foto: UKJ<br />

Den richtigen Ton treffen: Üben mit Schauspielpatienten . . . . . . . . . . .40<br />

Großer Organmangel: Hilft ein Spenderegister?<br />

Transplantationszentrum am UKJ deutschlandweit<br />

führend bei der Leberlebendspende<br />

Prof. Otto W. Witte<br />

Foto: privat<br />

Viel zu wenig Menschen sind Organspender<br />

– das ist seit Jahren bekannt.<br />

Die Folge: In Deutschland warten aktuell<br />

laut Deutsche Stiftung Organtransplantation<br />

(DSO) nahezu 10 000 schwer<br />

kranke Menschen auf ein Spenderorgan.<br />

Demgegenüber standen im vergangenen<br />

Jahr deutschlandweit 3 327 Organspenden.<br />

Auch in Thüringen warten viele<br />

Patienten auf ein neues Organ.<br />

Das am Universitätsklinikum Jena<br />

etablierte interdisziplinäre Transplantationszentrum<br />

ist das einzige im<br />

Freistaat Thüringen. Hier wurden im<br />

vergangenen Jahr insgesamt beinahe<br />

200 Transplantationen durchgeführt,<br />

davon 95 Stammzell-, 57 Leber-, 36<br />

Nieren- und 6 Herztransplantationen.<br />

Darum kümmern sich am UKJ zwei<br />

hochengagierte Transplantationskoordinatoren:<br />

der Neurologe Dr. Albrecht<br />

Günther und der Intensivmediziner Dr.<br />

Martin Brauer, unterstützt von vielen<br />

ärztlichen Kollegen. Auch ihrem Einsatz<br />

ist es zu verdanken, dass das UKJ zu<br />

einem der führenden Entnahmekrankenhäuser<br />

Deutschlands zählt und<br />

von der Deutschen Stiftung Organtransplantation<br />

und der Thüringer<br />

Gesundheitsministerin für vorbildliche<br />

Prozesse bei der Organspende ausgezeichnet<br />

wurde. Diese Auszeichnung ist<br />

eine Bestätigung der hohen Qualität<br />

und Sicherheit unserer Transplantationsmedizin<br />

in Jena.<br />

Vor dem Hintergrund des anhaltenden<br />

Organmangels hat sich das interdisziplinäre<br />

Transplantationszentrum am UKJ<br />

speziell bei der Lebertransplantation<br />

auf die Leberlebendtransplantation bei<br />

erwachsenen Empfängern spezialisiert,<br />

ist hier deutschlandweit seit Jahren<br />

das leistungsstärkste Zentrum. Ein<br />

Alleinstellungsmerkmal, das Thüringer<br />

Bürgern mit schwersten Lebererkrankungen,<br />

die eine neue Leber brauchen,<br />

zu Gute kommt.<br />

Trotz hochspezialisierter Zentren<br />

wie das am UKJ und einer sehr gut<br />

organisierten Zusammenarbeit aller<br />

beteiligten Einrichtungen – der Mangel<br />

an Organen ist die Ursache, dass<br />

nicht allen schwer kranken Patienten<br />

geholfen werden kann. Der Bundestag<br />

hatte deshalb 2020 eine Organspende-<br />

Reform beschlossen, konkret im Gesetz<br />

zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft<br />

bei der Organspende. Kernelement<br />

ist das zentrale Online-Spenderegister,<br />

d.h. die digitale Möglichkeit, sich<br />

„Diese Auszeichnung<br />

von DSO und Gesundheitsministerium<br />

ist eine<br />

Bestätigung der hohen<br />

Qualität und Sicherheit<br />

unserer Transplantationsmedizin<br />

am UKJ.“<br />

als potenzieller<br />

Spender registrieren<br />

zu lassen. Ursprünglich<br />

sollte das Register für Organund<br />

Gewebespenden schon im März<br />

2022 starten, aktuell ist die Rede vom<br />

ersten Quartal 2024. Noch vor dem<br />

Start steht die Frage im Raum, ob das<br />

Register überhaupt gegen den Mangel<br />

helfen kann? Ein Großteil der Ärzte<br />

in Deutschland ist skeptisch, ob das<br />

Register tatsächlich dazu beitragen<br />

kann, die Zahl potentieller Organspender<br />

signifikant zu erhöhen. Erfahrungen<br />

anderer Länder lassen solche<br />

Zweifel berechtigt erscheinen.<br />

Die Ende Oktober in Jena stattfindende<br />

Jahrestagung der Deutsche<br />

Transplantationsgesellschaft wird den<br />

Weg zu mehr Organspenden explizit als<br />

Schwerpunkt thematisieren.<br />

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche<br />

Lektüre<br />

Ihre „<strong>Klinikmagazin</strong>“-Redaktion<br />

KURZ UND KNAPP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

TERMINE & KONTAKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46<br />

Titelbild: Hellmann<br />

Prof. Otto W. Witte<br />

Medizinischer Vorstand<br />

2 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

3


TITELTHEMA<br />

NEUES ORGAN<br />

NEUES LEBEN<br />

Laut Deutsche Stiftung Organ transplantation<br />

(DSO) warten in unserem<br />

Land rund 10 000 schwer kranke<br />

Menschen auf ein Spender organ.<br />

Für Thüringen gibt es ebenfalls eine<br />

große Warteliste von Patienten für<br />

jedes Organ. Diese Patienten<br />

werden im Transplantationszentrum<br />

des Universitätsklinikums<br />

Jena versorgt. Hierzu gehören die<br />

Kliniken für Allgemein-, Viszeralund<br />

Gefäßchirurgie, Herz- und<br />

Thorax chirurgie, die Urologie sowie<br />

die Kliniken für Innere Medizin I, III<br />

und IV. Ein Gespräch mit Prof. Dr.<br />

Utz Settmacher, Direktor der Klinik<br />

für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie<br />

am UKJ, und Präsident der<br />

Deutschen Transplantationsgesellschaft.<br />

Foto: Hellmann<br />

Transplantationsmedizin beschäftigt<br />

sich mit der Übertragung von<br />

Organen von verstorbenen bzw.<br />

lebenden Spendern an meist<br />

todkranke Menschen. Was macht für<br />

Sie den besonderen Reiz der Transplantationsmedizin<br />

aus?<br />

Prof. Settmacher: Das ist interdisziplinäre,<br />

universitäre Hochleistungsmedizin.<br />

Wir müssen zunächst die geeigneten<br />

Patienten für die Transplantation<br />

auswählen. Einerseits haben wir dann<br />

die operativen Seiten – die Transplantation<br />

stellt ja eine Operation<br />

dar, sowohl die OP beim Spender als<br />

auch beim Organempfänger. Nach der<br />

Transplantation muss dafür gesorgt<br />

werden, dass das Organ vom Empfänger<br />

toleriert wird und er nicht irgendwelchen<br />

Infektionen ausgesetzt ist. Und<br />

die dritte Facette – sie spielt sich direkt<br />

rund um die Operation ab – ist natürlich<br />

das Management der Organfunktionen<br />

und der Organversagen. Oft müssen die<br />

Patienten bereits vor der Transplantation<br />

auf der Intensivstation betreut<br />

werden. Transplantationsmedizin ist<br />

also eine sehr komplexe Medizin, die<br />

wir interdisziplinär im gesamten Team<br />

bewerkstelligen müssen.<br />

Ein paar Zahlen: 45 Transplantationszentren<br />

gibt es in Deutschland, eines<br />

davon haben wir am UKJ. Es ist das<br />

einzige in Thüringen. Laut Deutsche<br />

Stiftung Organtransplantation (DSO)<br />

wurden in 2022 in diesen Zentren<br />

insgesamt 2 795 Organe transplantiert.<br />

Wie ist diese Zahl einzuordnen?<br />

Prof. Settmacher: Rund 10 000 Patienten<br />

stehen in Deutschland inzwischen auf<br />

der Warteliste für ein neues Organ. Da<br />

sind 2 795 pro Jahr nicht viel. Die anhaltende<br />

Knappheit an Spenderorganen<br />

ist auch in Deutschland nach wie vor<br />

dramatisch.<br />

Wächst der Bedarf an Organen<br />

weiter? Stichwort alternde<br />

Bevölkerung. Bei rückläufiger<br />

Spendenbereitschaft hieße das ja<br />

rein mathematisch, die Wartelisten<br />

werden immer länger?<br />

Prof. Settmacher: Ja, die Wartezeit auf<br />

ein Organ ist sehr lang. Auf eine Niere<br />

warten die Patienten inzwischen etwa<br />

sieben bis zehn Jahre. Die Organangebote<br />

erfolgen meist nach Dringlichkeit.<br />

Je kranker ein Patient, umso schneller<br />

bekommt er ein Organ. Aber es gibt<br />

Patienten, die warten und sind noch zu<br />

Hause. Sie haben oft gar keine Chance,<br />

ein Spenderangebot zu bekommen.<br />

Gibt es eigentlich auch Zahlen, wie<br />

viele Menschen sterben, weil sie kein<br />

Spenderorgan bekommen haben?<br />

Prof. Settmacher: Ja. Für die Lebertransplantation<br />

kann ich es sogar<br />

ziemlich genau sagen: Ende des Jahres<br />

standen hier deutschlandweit etwa<br />

2 200 Menschen auf der Warteliste.<br />

Von der Warteliste gehen etwa 1 300<br />

Patienten runter, davon sind etwa 800<br />

transplantiert. Und die anderen gehen<br />

runter, weil sie zum Zeitpunkt nicht<br />

mehr transplantabel sind. Von denen<br />

war die Hälfte „auf der Warteliste<br />

verstorben“.<br />

Bei uns in Jena war es so, dass wir<br />

etwa 200 Patienten auf der Warteliste<br />

für eine Lebertransplantation stehen<br />

hatten. Der sogenannte „turn over“<br />

waren etwa 100 Patienten. Diese kamen<br />

also von der Warteliste runter. Knapp<br />

60 davon haben wir transplantiert, die<br />

anderen 40 waren aus verschiedenen<br />

Gründen nicht mehr transplantabel.<br />

Von denen sind die meisten während<br />

der Wartezeit auf ein passendes Organ<br />

verstorben.<br />

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03 | <strong>23</strong><br />

5


Prof. Dr. Utz Settmacher ist Direktor<br />

der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und<br />

Gefäßchirurgie am UKJ sowie Präsident der<br />

Deutschen Transplantationsgesellschaft.<br />

Seit 1995 gibt es am UKJ das Lebertransplantationsprogramm.<br />

Das<br />

Zentrum ist in Bezug auf Leberlebendspenden<br />

für Erwachsenen das<br />

leistungsstärkste in Deutschland.<br />

Wird diese Stärke nur allein an den<br />

Zahlen gemessen?<br />

Prof. Settmacher: Ein Messfaktor ist<br />

sicher die Zahl der Transplantationen.<br />

Aber es gehört weit mehr dazu. Was man<br />

dazu wissen muss: Das Vorgehen für<br />

eine Transplantation mit Lebendspende<br />

ist sehr aufwendig. Hier müssen viele<br />

Untersuchungen beim Spender zuvor<br />

durchgeführt werden. Dieser soll nach<br />

der Lebendspende voll einsatzfähig in<br />

sein normales Leben zurück entlassen<br />

werden. Nicht jeder, der einen Teil seiner<br />

Leber oder eine Niere spenden möchte,<br />

ist auch geeignet. Wir haben eine Faustregel:<br />

drei bis vier potentielle Spender<br />

stellen sich vor und bei nur einem davon<br />

können wir die OP durchführen.<br />

In Deutschland dürfen nur sehr nahe<br />

Verwandte oder enge persönliche<br />

Freunde spenden. Am Transplantationsgesetz<br />

zur Verbesserung der<br />

Lebendspende wird aber gerade<br />

gearbeitet.<br />

Haben Sie eine Zahl, wie viele<br />

Lebertransplantationen hier am UKJ<br />

insgesamt über die Jahre durchgeführt<br />

wurden? Die 700. war wohl 2013.<br />

Prof. Settmacher: Seit 1995 waren es so<br />

um die 1 200. Im letzten Jahr waren es<br />

wie gesagt knapp 60.<br />

Was ist aus Ihrer Sicht als Chirurg<br />

die besondere Herausforderung<br />

einer Lebendspende im Vergleich zur<br />

herkömmlichen Organspende.<br />

Prof. Settmacher: Chirurgisch ist das<br />

höchst anspruchsvoll. Wir müssen beim<br />

Spender ein Organ teilen, und das so,<br />

dass dieser mit dem verbleibenden<br />

Teil gut weiterleben kann. Und wir<br />

müssen sicherstellen, dass die Hälfte,<br />

die wir chirurgisch entfernen, für den<br />

Empfänger reicht. Das wird im Vorfeld<br />

sehr genau berechnet. Dafür gibt es<br />

entsprechende Computerprogramme.<br />

Und dann ist insgesamt der technische<br />

Aufwand, also die rein chirurgische<br />

Seite, viel größer, wir haben zwei<br />

Operationen gleichzeitig. Insgesamt ist<br />

auch viel Mikrochirurgie dabei.<br />

Wenn todkranke Patienten dringend<br />

ein neues Organ benötigen, spielt<br />

der Zeitfaktor eine entscheidende<br />

Rolle. Sind Teil-Lebern von lebenden<br />

Spendern schneller zu bekommen als<br />

von Verstorbenen?<br />

Prof. Settmacher: Wir haben schon für<br />

sehr schwer kranke Patienten mit Leberversagen<br />

eine Lebendspende durchgeführt.<br />

Aber wir müssen immer genau<br />

schauen, welche Erkrankungen unsere<br />

Patienten haben, die transplantiert<br />

werden müssen. Ein Patient mit einem<br />

akutem Leberversagen zum Beispiel<br />

wird als sehr dringlich eingestuft („high<br />

urgency“). Für ihn bekommen wir in der<br />

Regel innerhalb von 48 Stunden ein<br />

Angebot von Eurotransplant. So schnell<br />

Foto: Rodigast<br />

sind wir in Deutschland mit der Vorbereitung<br />

eines Lebendspenders nicht,<br />

allein schon aus juristischer Sicht, weil<br />

u.a. Aufklärungsfristen usw. eingehalten<br />

werden müssen. In anderen Ländern ist<br />

das nicht so.<br />

Was ist besser?<br />

Prof. Settmacher: Am Ende immer das,<br />

womit man Leben rettet und am besten<br />

hilft.<br />

Sie haben mit Kollegen aus Brüssel,<br />

Oslo, München und Tübingen ein<br />

spektakuläres Verfahren bei der<br />

Lebendspende entwickelt, dass<br />

Patienten besonders mit Darmkrebsmetastasen<br />

in der Leber zu Gute<br />

kommt und in zwei Schritten erfolgt.<br />

Prof. Settmacher: Das Verfahren ist<br />

sehr gut. Zunächst wird zur Schonung<br />

des Spenders ein möglichst kleiner<br />

Leberteil entnommen und verpflanzt.<br />

Beim Empfänger verbleibt zur Unterstützung<br />

der Organfunktion erstmal<br />

ein Teil der erkrankten Leber. Jedoch<br />

wird die Durchblutung dieses kranken<br />

Leberteils gedrosselt, um parallel das<br />

Transplantat zum Wachsen anzuregen.<br />

Das funktioniert dadurch, dass wir den<br />

Blutfluss umleiten. Dieser läuft ja aus<br />

dem Darm und der Bauchspeicheldrüse<br />

hoch in die Leber und dort teilt er sich<br />

auf in einen Ast für die rechte Leber<br />

und einen für die linke. Wir drosseln im<br />

Prinzip den Ast, der zur kranken Leber<br />

läuft. Die transplantierte Teil-Leber<br />

bekommt im Gegenzug mehr Blut, um<br />

das Wachsen anzuregen. Nach etwa<br />

zwei Wochen kann das Transplantat die<br />

Leberfunktion komplett übernehmen<br />

und die kranke Restleber wird entfernt.<br />

Dieses Phänomen kennen wir schon<br />

lange in der Leberchirurgie, dadurch<br />

vergrößert sich das Organ bzw. wächst<br />

schneller.<br />

Wie viele Patienten haben wir mit<br />

diesem Verfahren am UKJ schon<br />

operieren können?<br />

Prof. Settmacher: 14 Patienten.<br />

Wir als einziges Universitätsklinikum<br />

in Thüringen verfügen über das<br />

einzige Transplantationszentrum im<br />

Freistaat: In welche Richtung geht<br />

die Forschung? Was können wir in<br />

der Zukunft erwarten?<br />

Prof. Settmacher: Die Transplantationsmedizin<br />

bemüht sich mit verschiedenen<br />

Ansätzen darum, den Spenderorganmangel<br />

zu beseitigen. Künstliche<br />

Organe im Labor zu schaffen,<br />

ist zum Beispiel eine tolle Idee. Oder<br />

die Xenotransplantation, also die<br />

Verpflanzung von tierischen Geweben<br />

und Organen auf den Menschen, ist<br />

immer wieder versucht worden. Es wird<br />

aber noch eine Weile dauern, bis das<br />

umsetzbar ist.<br />

Und ein dritter Ansatz: Die Regenerative<br />

Medizin. Sie ist auch ein sehr<br />

spannendes Feld, denken Sie an unser<br />

Zwei-Schritt-Verfahren. Ein tolles<br />

Forschungsthema, das die Regeneration<br />

der Leber betrifft. Wir beobachten<br />

das Phänomen derzeit und wenden es<br />

erfolgreich an, die Grundlagen sind aber<br />

bis in die Tiefe noch nicht verstanden.<br />

Sie sind seit vergangenem Jahr<br />

Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft.<br />

Worum müssen<br />

Sie sich in der Gesellschaft aktuell<br />

kümmern?<br />

Prof. Settmacher: Die Gesellschaft<br />

kümmert sich um die klinische Tätigkeit<br />

und um die Forschung in der Transplantationsmedizin.<br />

Wir engagieren uns für<br />

die Weiterbildung und um die Gewinnung<br />

von jungen Leuten. Die Ausbildung<br />

zum Transplantationsmediziner<br />

ist umfangreich. Sie braucht Zeit, da<br />

die Mediziner zunächst die Facharztweiterbildung<br />

absolvieren müssen.<br />

Hinzu kommt, dass Transplantation<br />

Wie ermöglichen wir Patienten die Transplantation?<br />

Mit dieser übergeordneten Frage<br />

beschäftigt sich die 32. Jahrestagung<br />

der Deutschen Gesellschaft für Transplantation<br />

(DTG), die vom 26. bis 28.<br />

Oktober 20<strong>23</strong> in Jena stattfindet. Drei<br />

große Schwerpunkte werden auf dem<br />

Kongress thematisiert. „Neben der<br />

Verbesserung der Organspende von<br />

Verstorbenen haben wir außerdem<br />

die Lebendspende zum Thema“, so der<br />

Präsident der DTG, Prof. Dr. Utz Settmacher.<br />

„Ministerialdirigent Markus<br />

Algermissen aus dem Bundesgesundheitsministerium<br />

wird berichten,<br />

welche Gesetzesvorlagen es derzeit<br />

dazu gibt.“ Auch internationale Transplantationsmediziner<br />

werden in Jena<br />

erwartet. „Erwähnen möchte ich hier<br />

einen Kollegen aus der Türkei. Dort wird<br />

sehr viel Leberlebendspende praktiziert.<br />

Wir möchten hören, wie das dort<br />

so gut gelingt“, so Prof. Settmacher.<br />

In Deutschland ist aktuell nur die<br />

Spende von hirntoten Organspendern<br />

erlaubt. In vielen anderen Ländern<br />

Europas gibt es auch die Spende nach<br />

Herz-Kreislauf-Stillstand. Teilnehmer<br />

aus Belgien, den Niederlanden und<br />

aus England sprechen über ihre diesbezüglichen<br />

Erfahrungen. „Wir wollen<br />

diskutieren, wie wir das in Deutschland<br />

einführen können. Das wird sehr<br />

aufwendig und schwierig, da gehört viel<br />

Überzeugungsarbeit dazu. Aber dort,<br />

wo das möglich ist, werden deutlich<br />

ein Bereich der Medizin ist, der nicht<br />

überall stattfindet, derzeit in 45<br />

Zentren. Dort brauchen wir junge, kluge<br />

und vor allem interessierte Ärzte. Das<br />

sind für die Fachgesellschaft drei sehr<br />

wichtige Aufgaben. Wir versuchen<br />

Werbung für die Transplantationsmedizin<br />

zu machen und natürlich parallel<br />

auch für die Organspende. Das gehört<br />

für mich untrennbar zusammen.<br />

Erwähnen möchte ich natürlich noch<br />

die Jahrestagung der DTG, die in diesem<br />

Jahr vom 26. bis 28. Oktober in Jena<br />

stattfindet. Sie befasst sich kurz gesagt<br />

mit drei Schwerpunkten: dem Spenderorganmangel,<br />

der Weiterentwicklung<br />

der Lebendspende und der Organtransplantation<br />

als eine Behandlung<br />

bei Krebs. Interview: Annett Lott<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Utz Settmacher<br />

Direktor der Klinik für Allgemein-,<br />

Viszeral- und Gefäßchirurgie,<br />

03641 9-32 26 01<br />

avg@med.uni-jena.de<br />

mehr Patienten mit Spenderorganen<br />

versorgt und die Wartezeiten auf eine<br />

Transplantation sind kürzer“, so der<br />

Tagungspräsident.<br />

Das dritte Thema befasst sich mit der<br />

Organtransplantation als Behandlungsmöglichkeit<br />

von Krebserkrankungen<br />

bei Patienten, ein Schwerpunkt der<br />

Transplantationsmedizin auch am UKJ.<br />

Es wird ein Kongress für Transplantationsmediziner<br />

und Pflegende, auf dem<br />

auch viele Themen der Weiterbildung in<br />

diesem komplexen Bereich der Medizin<br />

besprochen werden und zu dem auch<br />

Studierende herzlich eingeladen sind.<br />

(ane)<br />

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03 | <strong>23</strong><br />

7


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Die Organspende<br />

Unfälle, eine Stoffwechselerkrankung<br />

oder erblich bedingte Schäden – Organe<br />

können aus unterschiedlichen Gründen<br />

in ihrer Funktion beeinträchtigt sein.<br />

In besonders schweren Fällen ist<br />

die Organtransplantation die letzte<br />

Möglichkeit, Betroffenen zu helfen.<br />

Bei einer Transplantation wird das<br />

geschädigte Organ durch ein Spenderorgan<br />

ersetzt. In Deutschland ist streng<br />

geregelt, welche Organe und Gewebe<br />

mithilfe der Transplantationsmedizin<br />

übertragen werden können. Auch wie<br />

Organe gespendet werden können, ist<br />

gesetzlich festgelegt. Seit 1997 gilt die<br />

sogenannte Zustimmungslösung in<br />

Deutschland. Das heißt, Organe dürfen<br />

nur bei Menschen entnommen werden,<br />

die zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt<br />

haben. Gibt es dieses Einverständnis<br />

nicht, sind Angehörige von<br />

Verstorbenen dazu berechtigt, über die<br />

Entnahme von Organen zu entscheiden.<br />

Möglich ist es jedoch nicht nur, im<br />

Todesfall Organe und Gewebe zu<br />

entnehmen, sondern auch lebende<br />

Menschen können Teile von Organen<br />

spenden.<br />

(tw)<br />

Transplantationsbeauftragte<br />

am<br />

UKJ<br />

Dr. Albrecht Günther<br />

Zahlen zur Organspende<br />

Transplantationen in Deutschland<br />

In Deutschland wurden 2022 insgesamt 3 327 Organspenden durchgeführt.<br />

Jedes sechste Organ stammte dabei aus einer Lebendorganspende.<br />

869 Menschen in Deutschland haben nach ihrem Tod ein oder mehrere<br />

Organe gespendet, 64 weniger als im Vorjahr. Das entspricht 10,3 Organspenderinnen<br />

und -spendern je eine Million Einwohnern.<br />

Die Niere ist das am häufigsten transplantierte Organ, im vergangenen Jahr<br />

war das 1 966 Mal der Fall, davon 535 nach einer Lebendorganspende.<br />

Der Bedarf ist allerdings wesentlich größer. Am 31. Dezember 2022 standen<br />

6 683 auf der Warteliste für eine Nierentransplantation.<br />

748 Lebern wurden 2022 in Deutschland transplantiert, 841 Menschen<br />

benötigen eine Leber.<br />

Herzen wurden 358 im vergangenen Jahr in Deutschland transplantiert.<br />

699 Patientinnen und Patienten warten hingegen auf eine<br />

Herztransplantation.<br />

254 Lungen wurden 2022 transplantiert, 286 standen auf der Warteliste.<br />

Eine Bauchspeicheldrüse wurde im vergangenen Jahr in Deutschland 44<br />

Mal transplantiert, auf der Warteliste standen 317 Menschen.<br />

Transplantationen 2022 am UKJ<br />

95 Stammzelltransplantationen<br />

57 Lebertransplantationen<br />

36 Nierentransplantationen<br />

6 Herztransplantationen<br />

Dr. Martin Brauer<br />

KONTAKT<br />

Herz und Lunge<br />

Transplantationsambulanz der Klinik<br />

für Herz- & Thoraxchirurgie<br />

03641 9-32 29 55<br />

Leber<br />

Zentrum für Transplantationschirurgie<br />

der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und<br />

Gefäßchirurgie<br />

03641 9-32 26 58<br />

Terminabsprache täglich ab 13 Uhr<br />

Niere und Bauchspeicheldrüse<br />

Transplantationsbüro der Klinik für<br />

Urologie<br />

03641 9-32 99 20<br />

(24 Stunden erreichbar)<br />

8 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

9


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Unsere Experten am UKJ<br />

Interdisziplinäre Zusammenarbeit am Transplantationszentrum<br />

Transplantationsbeauftragter am UKJ<br />

Aufgabe an der Grenze zwischen Leben und Tod<br />

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und<br />

Gefäßchirurgie<br />

Prof. Dr. Utz Settmacher,<br />

Klinikdirektor<br />

Prof. Dr. Falk Rauchfuß, Leiter der<br />

Sektion Lebertransplantation<br />

Klinik für Herz- und<br />

Thoraxchirurgie<br />

Prof. Dr. Torsten Doenst,<br />

Klinikdirektor<br />

Dr. Tim Sandhaus,<br />

Leiter des Lungen transplantationsprogramms<br />

Klinik für Innere Medizin I –<br />

Kardiologie, Angiologie,<br />

Intensivmedizin<br />

Prof. Dr. P. Christian Schulze,<br />

Klinikdirektor<br />

Klinik f. Innere Medizin II<br />

Prof. Dr. Andreas Hochhaus,<br />

Klinikdirektor<br />

Prof. Dr. Inken Hilgendorf,<br />

Leiterin der Sektion Stammzellen -<br />

transplantation<br />

Klinik für Innere Medizin III –<br />

Nephrologie – Rheumatologie/<br />

Osteologie-Endokrinologie/<br />

Stoffwechselerkrankungen<br />

Prof. Dr. Gunter Wolf, Klinikdirektor<br />

Klinik für Innere Medizin IV –<br />

Gastroenterologie, Hepatologie,<br />

Infektiologie und Interdisziplinäre<br />

Endoskopie<br />

Prof. Dr. Andreas Stallmach,<br />

Klinikdirektor<br />

Klinik für Innere Medizin V –<br />

Pneumologie – Allergologie/<br />

Immunologie<br />

Prof. Dr. Susanne Lang,<br />

kommissarische Klinikdirektorin<br />

Klinik für Urologie<br />

Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm,<br />

Klinikdirektor<br />

Institut für Diagnostische und<br />

Interventionelle Radiologie<br />

Prof. Dr. Ulf Teichgräber, Direktor<br />

Institut für Klinische Chemie und<br />

Laboratoriumsdiagnostik<br />

PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf, Direktor<br />

Organspenden sind<br />

ein hoch sensibles<br />

Thema. Ein Mensch<br />

ist gestorben und hat<br />

zu seinen Lebzeiten<br />

bestimmt, seine<br />

Organe zu spenden,<br />

damit andere (über)<br />

leben können. Auch<br />

Dr. A. Günther<br />

Foto: Szabó<br />

deshalb ist Organspende eine so verantwortungsvolle<br />

Aufgabe. Die Abläufe sind<br />

klar gesetzlich geregelt, die Organentnahme<br />

muss sehr sorgfältig vorbereitet,<br />

durchgeführt und dokumentiert werden.<br />

Dazu gehört zuallererst die Feststellung<br />

des Hirntods, also der unumkehrbare<br />

Ausfall aller Hirnfunktionen. Eine<br />

Aufgabe an der Grenze zwischen Leben<br />

und Tod. Hierfür am UKJ verantwortlich<br />

zeichnet der Transplantationsbeauftragte<br />

Dr. Albrecht Günther, Facharzt<br />

für Neurologie und neurologische<br />

Intensivmedizin.<br />

Was ist Ihre Aufgabe als<br />

Transplantationsbeauftragter?<br />

Dr. Günther: Zunächst möchte ich<br />

sagen: Ich bin nicht alleine als Transplantationsbeauftragter.<br />

Wir arbeiten<br />

als interdisziplinäres Team zusammen,<br />

Intensivmediziner, Neurologen, Kinderärzte,<br />

Psychologen, Pflegekräfte.<br />

Organspende ist immer eine gemeinsame<br />

Leistung, von der Erkennung eines<br />

möglichen Hirntods zur definitiven<br />

Feststellung über die Gespräche mit<br />

den Angehörigen bis zum Abschluss der<br />

Organspende. Meine konkrete Aufgabe<br />

ist es, Patienten zu erkennen, die so<br />

fatale Schädigungen am Gehirn erlitten<br />

haben, dass sie voraussichtlich daran<br />

sterben werden. Es bahnt sich sozusagen<br />

eine Hirntoddiagnostik an. Und<br />

daran schließt sich die Frage an: Kommt<br />

bei Hirntodfeststellung eventuell auch<br />

eine Organspende infrage?<br />

Denn eine Organspende setzt immer<br />

die Diagnose des Hirntods voraus.<br />

Was ist daran besonders?<br />

Dr. Günther: Der Hirntod ist eine sehr<br />

seltene und sehr spezielle medizinische<br />

Angelegenheit. Kleinere Krankenhäuser<br />

erleben eine Hirntoddiagnostik vielleicht<br />

nur einmal alle paar Jahre. Daher<br />

ist es auch so wichtig, das Personal in<br />

Krankenhäusern zu schulen, sowohl<br />

die Ärzte als auch die Pflegekräfte. Es<br />

ist ein kontinuierlicher Fortbildungsprozess.<br />

Zum einen wollen und sollten<br />

wir keinen Patienten übersehen, der<br />

Organspender werden könnte. Zum<br />

anderen darf es keinen falsch positiven<br />

Befund „Hirntod“ geben.<br />

Wie stellen Sie das sicher?<br />

Dr. Günther: Für die Diagnose Hirntod<br />

sind die Richtlinien in Deutschland<br />

extrem strikt und klar geregelt, erst<br />

kürzlich wurden sie in ihrer fünften<br />

Fassung aktualisiert. Die diagnostische<br />

Sicherheit beruht immer auf der<br />

Grundlage des aktuellen medizinischwissenschaftlichen<br />

Erkenntnisstands.<br />

Das heißt im Umkehrschluss: Besteht<br />

eine Unsicherheit, gibt es auch nicht<br />

die Diagnose Hirntod und damit auch<br />

keine Organspende. Zudem arbeiten<br />

wir im Nachgang mit den Kollegen der<br />

Deutschen Stiftung Organtransplantation<br />

(DSO) alle Fälle auf, bei denen<br />

ein Mensch an einer Hirnschädigung im<br />

Krankenhaus gestorben ist, aber nicht<br />

als Organspender fungiert hat. Ziel ist<br />

es, Wege zu finden, wie es besser geht.<br />

Welche zum Beispiel?<br />

Dr. Günther: Auch das ist ein Aspekt<br />

meiner Tätigkeit als Transplantationsbeauftragter:<br />

Abläufe im Klinikum zu<br />

standardisieren und Schemata zu etablieren.<br />

Das bedeutet kontinuierliche<br />

Kommunikation mit allen Kliniken, die<br />

in den Organspendeprozess involviert<br />

sind, und gezielte Weiterbildungen<br />

durchzuführen. Mit Seminaren versuche<br />

ich außerdem, angehende Mediziner<br />

frühestmöglich mit der Thematik zu<br />

konfrontieren und eine Brücke zu bauen<br />

zwischen dem Erkennen potentieller<br />

Hirntodfälle und der intensivmedizinischen<br />

Behandlung: Welche Fallstricke<br />

gibt es? Wie ist die Gesprächsführung<br />

mit Angehörigen?<br />

Was sagen Sie Menschen, die den<br />

Hirntod bezweifeln?<br />

Dr. Günther: Ich versuche, die Angehörigen<br />

mitzunehmen. Ich kann sie<br />

natürlich verstehen. Vor ihnen liegt<br />

ein Mensch, der ist rosig, der fühlt sich<br />

warm an, dessen Brustkorb geht auf<br />

und ab. Aber: Alles, was an Organfunktionen<br />

da ist, ist künstlich. Sobald die<br />

Maschinen abgestellt werden, ist es<br />

eine Frage von Minuten, bis auch diese<br />

Organfunktionen erloschen sind.<br />

Was sind Ihre größten<br />

Herausforderungen?<br />

Dr. Günther: Sicherlich Patienten im<br />

Kindes- oder gar im Neugeborenenalter.<br />

Bei einem Kind den unwiederbringlichen<br />

Nachweis des Hirnfunktionsausfalles<br />

zu diagnostizieren, nimmt<br />

mich immer noch mit. Auch nach all<br />

den Jahren. Dann gibt es die Momente,<br />

die Hoffnung geben und zeigen, dass<br />

unsere Arbeit sinnstiftend ist. Einige<br />

Zeit nach der Feststellung des Hirntods<br />

eines Neugeborenen haben wir<br />

erfahren, dass das Herz dieses Kindes<br />

einem Säugling in Norwegen erfolgreich<br />

transplantiert wurde. Das war sogar die<br />

erste Herztransplantation bei einem<br />

Baby überhaupt in Norwegen.<br />

Was ist für Sie das Schönste<br />

an Ihrer Aufgabe als<br />

Transplantationsbeauftragter?<br />

Dr. Günther: Wir sind ein sehr gutes,<br />

konstruktives Team und versuchen<br />

immer, alle Register zu ziehen: Im Sinne<br />

der Patienten, die leider sterben und<br />

derer, die hoffentlich von einer Organtransplantation<br />

profitieren können.<br />

Katrin Bogner<br />

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11


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Mit der Zeit jonglieren<br />

Die Arbeit einer Transplantationskoordinatorin<br />

Das gehört zu den Hauptaufgaben von<br />

Ireen Könitzer und Sandy Meinert. Denn<br />

als Transplantationskoordinatorinnen<br />

an der Klinik für Allgemein-, Viszeralund<br />

Gefäßchirurgie am UKJ dürfen sie<br />

die Zeit nie aus den Augen verlieren:<br />

Die Zeit bis zum nächsten Transplantationsboard,<br />

bei dem Experten<br />

verschiedener Fachrichtungen über<br />

die Transplantationsnotwendigkeit<br />

eines neuen Patienten beraten. Die<br />

Zeit bis zur nächsten Aktualisierung<br />

der Laborwerte eines Patienten auf<br />

der Warteliste bei Eurotransplant, der<br />

Organisation, die für die Vermittlung<br />

des internationalen Austausches<br />

von Spenderorganen zuständig ist.<br />

Und erst recht die Zeit zwischen dem<br />

Organangebot von Eurotransplant bis<br />

zur tatsächlichen Transplantation. Ihr<br />

Hauptwerkzeug dafür sind ihre Telefone.<br />

Und die klingeln ganz schön oft.<br />

Denn häufig rufen auch die Patienten,<br />

die bereits auf der Warteliste für eine<br />

neue Leber sind, bei ihnen an, um nach<br />

dem aktuellen Stand der Dinge zu<br />

fragen. Aber trotzdem klingelt es noch<br />

nicht oft genug. „Gerade befinden wir<br />

Transplantationskoordinatorin<br />

Ireen Könitzer freut sich über jeden<br />

Patienten, den sie in der Warteliste<br />

von Eurotransplant als transplantiert<br />

vermerken kann. Foto: Hellmann<br />

uns in einem regelrechten Sommerloch“,<br />

so Könitzer. „Sonst erhalten wir<br />

drei- bis viermal so viele Organangebote“.<br />

Weniger Anrufe bedeuten für die<br />

Patienten der Warteliste mehr Zeit, in<br />

der sie auf ihr neues Organ warten<br />

müssen. Mehr Zeit zum Bangen, aber<br />

auch mehr Zeit zum Hoffen. Aktuell<br />

warten Patienten durchschnittlich<br />

zwei Jahre auf eine neue Leber. Und in<br />

dieser Zeit müssen sie rund um die Uhr<br />

erreichbar sein. Manchmal verlieren<br />

Patienten, die sehr schwer erkrankt<br />

sind, den Kampf für ein Spenderorgan<br />

und gegen die Erkrankung. „Die Arbeit<br />

ist immer ein Auf und Ab“, sagt die<br />

gelernte Medizinische Fachangestellte<br />

Könitzer, die vor ihrer Tätigkeit als<br />

Transplantationskoordinatorin bereits<br />

jahrelange Erfahrung mit transplantierten<br />

Patienten in der Transplantationsambulanz<br />

gesammelt hat. „Deshalb<br />

freue ich mich umso mehr über jeden<br />

Patienten, den ich in der Warteliste<br />

von Eurotransplant als transplantiert<br />

vermerken kann.“<br />

Doch wie kommt ein Patient überhaupt<br />

auf die Warteliste für ein Spenderorgan?<br />

Was passiert nach dem Anruf<br />

von Eurotransplant, dass ein passendes<br />

Organ verfügbar ist? Und welche<br />

Aufgaben übernehmen die Transplantationskoordinatoren<br />

in den einzelnen<br />

Transplantationszentren in diesem<br />

Ablauf?<br />

Anne Curth<br />

Erkennen der Transplantationsnotwendigkeit<br />

Meist erfolgt der Erstkontakt mit<br />

den Patienten über andere Krankenhäuser<br />

bzw. Haus- oder Fachärzte.<br />

Bei einer Erstvorstellung in der<br />

Transplantationsambulanz prüfen<br />

die Mediziner, wie weit die Erkrankung<br />

des Organs fortgeschritten ist und ob<br />

Alternativen zu einer Transplantation<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Aufnahme in Warteliste von<br />

Eurotransplant<br />

Während eines zweiwöchigen stationären<br />

Aufenthalts untersuchen<br />

Experten verschiedener Fachbereiche<br />

wie Kardiologie, Gastroenterologie,<br />

etc. den Patienten intensiv. Im Transplantationsboard<br />

entscheiden sie, ob<br />

alle gesundheitlichen und sozialen<br />

Voraussetzungen für eine Transplantation<br />

erfüllt sind. In diesem Fall tragen<br />

die Transplantationskoordinatoren<br />

der jeweiligen Klinik den Patienten auf<br />

die Warteliste von Eurotransplant mit<br />

Daten wie Laborwerten, Blutgruppe<br />

und dem benötigen Organ ein. Der<br />

Patient erhält eine ET-Nummer, die für<br />

sein Leben lang gültig ist. Abhängig<br />

vom transplantierten Organ richtet<br />

sich die Reihenfolge auf der Warteliste<br />

nach gewissen Punktesystemen.<br />

Bei Lebertransplantationen erfolgt<br />

die Organzuteilung nach dem sogenannten<br />

MELD-Score, der sich aus<br />

drei Laborwerten zusammensetzt und<br />

Werte von 6 bis 40 erreichen kann.<br />

Wartezeit<br />

Der Patient muss nun stets erreichbar<br />

sein, da das Spenderorgan jederzeit<br />

verfügbar sein kann. Je nach Dringlichkeit<br />

der Organtransplantation<br />

prüfen die Jenaer Experten den<br />

Gesundheitszustand des Patienten<br />

vierteljährlich bis hin zu wöchentlich<br />

in der Transplantationsambulanz.<br />

Die Transplantationskoordinatoren<br />

tragen die aktualisierten Laborwerte<br />

regelmäßig in der Warteliste nach.<br />

Organangebot durch Eurotransplant<br />

Meist weist Eurotransplant ein<br />

gespendetes Organ direkt einem<br />

bestimmten Patienten zu, dessen<br />

Gewebemerkmale möglichst übereinstimmen.<br />

Außerdem können auch<br />

Faktoren wie Größe, Alter und Gewicht<br />

sowie die Dauer des Transportes<br />

zwischen dem Entnahmekrankenhaus<br />

und dem Transplantationszentrum<br />

eine Rolle spielen. In diesem Fall<br />

informiert Eurotransplant die Koordinatoren<br />

im Transplantationszentrum<br />

per Telefon. Im Transplantationszentrum<br />

wird nun geprüft, ob der Patient<br />

aufgrund des aktuellen Gesundheitszustands,<br />

o.ä. tatsächlich transplantiert<br />

werden kann.<br />

Vorbereitung des Patienten<br />

und Organs<br />

Bereits während des Transportes<br />

des Spenderorgans wird der Organempfänger<br />

auf die bevorstehende<br />

Transplantation vorbereitet. Ist der<br />

Patient aktuell bereits stationär<br />

aufgenommen, können die notwendigen<br />

Untersuchungen wie Blutuntersuchungen,<br />

EKG oder Röntgenaufnahmen<br />

unmittelbar stattfinden.<br />

Andernfalls bitten die Transplantationskoordinatoren<br />

den Patienten per<br />

Telefon, schnellstmöglich zum Transplantationszentrum<br />

zu kommen. Im<br />

Idealfall organisieren sie hierfür einen<br />

Krankentransport. Anschließend<br />

finden die Operationsvorbereitungen<br />

statt. Sobald das Organ im Transplantationszentrum<br />

angekommen<br />

ist, prüfen die Transplanteure es auf<br />

seine Funktionsfähigkeit und bereiten<br />

es für das Einsetzen vor.<br />

Transplantation<br />

Während der Operation öffnen die<br />

Transplanteure die Bauchdecke des<br />

Patienten. Abhängig vom betroffenen<br />

Organ wird nun zunächst wie<br />

bei einer Leber das erkrankte Organ<br />

entnommen, während erkrankte Nieren<br />

in der Regel im Körper verbleiben. Nun<br />

pflanzen sie das gesunde Organ ein,<br />

indem sie die versorgenden Gefäße<br />

des Patienten mit denen des Organs<br />

miteinander verbinden. Nach erfolgreichem<br />

Test des transplantierten<br />

Organs verschließen die Mediziner<br />

die Bauchdecke.<br />

Stationärer Aufenthalt<br />

Nach der Operation verbringt der<br />

Patient einige Tage bis Wochen stationär<br />

im Krankenhaus, zunächst auf<br />

Intensivstation, später auf Normalstation,<br />

um die Funktion des neuen<br />

Organs und den Heilungsprozess der<br />

Wunde zu prüfen und die Medikation<br />

des Patienten optimal einzustellen.<br />

Außerdem erhält der Patient Schulungen<br />

zu seinem Leben mit dem<br />

transplantierten Organ sowie im<br />

Umgang mit den notwendigen Medikamenten.<br />

Anschließend folgt meist<br />

ein Aufenthalt in einer Rehaklinik.<br />

Konnte die OP erfolgreich abgeschlossen<br />

werden, vermerken die<br />

Transplantationskoordinatoren den<br />

Patienten bei Eurotransplant als<br />

„transplantiert“.<br />

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13


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

So läuft eine Organspende ab<br />

Medizinische und logistische Herausforderungen werden bewältigt<br />

Bei einer Organspende arbeiten viele Akteure eng, sorgfältig und vertrauensvoll zusammen, um einerseits möglichst vielen<br />

Menschen auf der Warteliste mit einem für sie geeigneten Spenderorgan zu helfen und Hoffnung auf ein neues Leben zu<br />

schenken. Und andererseits den Verstorbenen aber auch den Angehörigen einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. Dabei<br />

sind medizinische und logistische Herausforderungen zu bewältigen. Alle Krankenhäuser und Transplantationszentren, die<br />

an einer Organspende beteiligt sind, werden durch die bundesweit tätige Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) im<br />

gesamten Ablauf unterstützt – und das rund um die Uhr. Dr. Felix Pfeifer, Facharzt für Anästhesie und Geschäftsführender<br />

Arzt der Region Ost der DSO, erklärt den Ablauf eines Organspendeverfahrens.<br />

Deutsche Stiftung<br />

Organtransplantation (DSO)<br />

Die DSO ist die bundesweite Koordinierungsstelle für die<br />

Organspende in Deutschland. Sie organisiert alle Schritte im<br />

Organspendeprozess zwischen den rund 1 200 Entnahmekrankenhäusern<br />

und 45 Transplantationszentren. Alle Aufgaben<br />

und Befugnisse sind im Transplantationsgesetz verankert.<br />

Mehr Informationen:<br />

www.dso.de<br />

Eurotransplant (ET)<br />

ET ist eine gemeinnützige Stiftung, die für die<br />

Vermittlung aller Spenderorgane in den folgenden<br />

Ländern zuständig ist: Belgien, Deutschland, Kroatien,<br />

Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowenien<br />

und Ungarn. Bei ET sind alle Patienten dieser Staaten<br />

registriert, die auf ein Organ warten.<br />

Mehr Informationen:<br />

www.eurotransplant.org/region/deutschland<br />

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1. Erkrankung oder Verletzung<br />

mit schwerer Hirnschädigung<br />

Rettungsteams, Ärzte und Pflegende<br />

in der Notaufnahme, im OP oder auf<br />

den Intensivstationen im Krankenhaus,<br />

sie alle geben ihr Bestes, um Leben zu<br />

retten – immer. Nicht immer können<br />

aber Patienten mit einer schweren<br />

Kopfverletzung oder Hirnblutung,<br />

beispielsweise nach einem schweren<br />

Unfall, gerettet werden. Ganz selten<br />

tritt dann der unumkehrbare und<br />

endgültige Ausfall der gesamten<br />

Funktion des Großhirns, des Kleinhirns<br />

und des Hirnstamms, der sogenannte<br />

Hirntod, ein, so dass eine Organspende<br />

überhaupt in Frage kommt.<br />

2. Feststellung des Todes<br />

Zwei Fachärzte (mindestens einer von<br />

ihnen muss ein Neurochirurg oder ein<br />

Neurologe sein) führen auf der Intensivstation<br />

unabhängig voneinander<br />

die Diagnostik durch und stellen den<br />

Hirntod fest. Die Untersuchung wird<br />

ganz streng nach den Vorgaben der<br />

Bundesärztekammer durchgeführt<br />

und entweder nach zwölf beziehungsweise<br />

nach 72 Stunden wiederholt oder<br />

durch Zusatzuntersuchungen ergänzt.<br />

Wird durch die Diagnostik der Hirntod<br />

bestätigt, ist der Tod des Menschen<br />

festgestellt. Eine Rückkehr ins Leben<br />

ist ausgeschlossen. Nur das Herz-<br />

Kreislaufsystem des Patienten wird<br />

künstlich aufrechterhalten.<br />

Kriterien:<br />

» Vorliegen einer schweren<br />

Hirnschädigung • Ausschluss, dass<br />

andere Ursachen für den Ausfall der<br />

Gehirnfunktion verantwortlich sind.<br />

» Tiefe Bewusstlosigkeit (tiefes Koma)<br />

» Ausfall der Hirnstammreflexe<br />

» Atemstillstand (Apnoe | Ausfall der<br />

Spontanatmung)<br />

» Prüfung der Unumkehrbarkeit,<br />

z.B. durch Wiederholung der<br />

Untersuchungen.<br />

3. Meldung des Spenders an DSO<br />

Patienten, die möglicherweise als Organspender<br />

in Frage kommen, weil bei ihnen<br />

bereits der Hirntod eingetreten ist oder<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten<br />

wird, werden durch das Krankenhaus-<br />

Team an die DSO gemeldet, um eine zeitnahe<br />

Unterstützung bei der Organisation<br />

der Organspende zu erhalten.<br />

4. Angehörigengespräch<br />

Schon ganz zeitig suchen Ärzte das<br />

Gespräch mit den Angehörigen. Sensibel<br />

gehen sie dabei auf die Situation ein.<br />

Wenn Patienten, die als potenzielle<br />

Organspender in Frage kommen, zu<br />

Lebzeiten eine Entscheidung für oder<br />

gegen die Organspende nicht schriftlich<br />

festgehalten haben – sei es durch<br />

eine Patientenverfügung oder einen<br />

Organspendeausweis – müssen die<br />

Angehörigen eine Entscheidung nach<br />

dem mündlichen oder mutmaßlichen<br />

Willen des Patienten treffen. Denn nur<br />

mit Zustimmung ist eine Entnahme der<br />

Organe möglich.<br />

5. Medizinische Untersuchung<br />

des Verstorbenen<br />

Kommt der Verstorbene tatsächlich als<br />

Organspender infrage, werden vor Ort<br />

weitere medizinische Untersuchungen<br />

zum Schutz der Empfänger eingeleitet.<br />

Dabei werden noch einmal alle Angaben<br />

zur Person, aber auch der Gesundheitszustand<br />

und der Zustand des Organs<br />

überprüft. Weisen z.B. Laborwerte<br />

auf eine akute Krebserkrankung oder<br />

bestimmte Infektion hin, kann eine<br />

Organentnahme nicht stattfinden.<br />

6. Organvermittlung durch<br />

EUROTRANSPLANT (ET)<br />

Nach der Prüfung übermittelt die DSO<br />

alle Informationen an ET. Die Organisation<br />

gleicht die Daten des Organspenders<br />

mit den Daten aller Patienten ab,<br />

die auf der Warteliste für das jeweilige<br />

Spenderorgan stehen, um den bestmöglichen<br />

Organempfänger bestimmen zu<br />

können. Über ein Computersystem wird<br />

der am besten passende Empfänger<br />

ermittelt. Dabei werden unter anderem<br />

Kriterien der Dringlichkeit, der Übereinstimmung<br />

medizinischer Merkmale und<br />

der Erfolgsaussicht geprüft.<br />

Kriterien:<br />

Für jedes Organ sind unterschiedliche<br />

Kriterien definiert:<br />

» Blutgruppe<br />

» Zellmerkmale<br />

» Größe & Gewicht<br />

» Dringlichkeit<br />

» Erfolgsaussicht<br />

» Wartezeit<br />

» Konservierungszeit<br />

7. Organentnahme<br />

Die Entnahme eines oder mehrerer Organe<br />

aus dem Körper eines Verstorben erfolgt<br />

unter den gleichen Bedingungen wie jede<br />

andere Operation. Mit medizinischer Sorgfalt<br />

entnehmen Chirurgen das Organ und<br />

verschließen im Anschluss die Operationsschnitte.<br />

Danach werden die Geräte, die das<br />

Herz-Kreislauf-System des Verstorbenen<br />

am Laufen gehalten und so einen Herzstillstand<br />

verhindert haben, abgestellt. Das<br />

Krankenhaus-Team ermöglicht es anschließend<br />

den Angehörigen, sich würdevoll von<br />

dem Verstorbenen zu verabschieden.<br />

8. Transport der Organe<br />

Nach der Entnahme der Organe geht es<br />

schnell, schließlich sind die Organe von<br />

der Sauerstoffversorgung des Körpers<br />

getrennt. Ein Eilkurier steht bereit und<br />

bringt das Organ schnellstmöglich in das<br />

Transplantationszentrum, für welches<br />

das jeweilige Spenderorgan bestimmt<br />

ist – manchmal mit dem Auto, manchmal<br />

mit dem Flugzeug.<br />

Konservierungszeit:<br />

Herz & Lunge:<br />

Leber & Pankreas:<br />

Niere:<br />

max. 6 Stunden<br />

max. 12 Stunden<br />

max. 24 Stunden<br />

9. Transplantation<br />

Das Transplantationsteam bereitet den<br />

Empfänger auf den Eingriff vor. Sobald<br />

das Organ im Krankenhaus eintrifft,<br />

beginnt die Organübertragung.<br />

Kristina Holtzsch<br />

14 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

15


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Familienbande<br />

Vater spendet Sohn einen Teil seiner Leber<br />

Jung, sportlich, nach dem Studium in<br />

der Arbeitswelt angekommen: Franz<br />

Schubert stand mit Mitte 20 mitten<br />

im Leben. Gedanken machte er sich<br />

deshalb auch nicht, als er erstmals im<br />

Skiurlaub während des Jahreswechsels<br />

2021/2022 beim Schlucken immer<br />

wieder einen Kloß im Hals spürte. Doch<br />

was zunächst harmlos anmutete, sollte<br />

sich als längerer Leidensweg herausstellen,<br />

der sein Leben grundsätzlich<br />

verändern sollte.<br />

Nach den unbeschwerten Tagen auf<br />

der Piste zurück zu Hause wurden die<br />

Beschwerden zunächst besser, jedoch<br />

verschwand das Engegefühl im Hals nie<br />

Ein starkes Team:<br />

Ulf-Henner Schubert (l.) und Sohn Franz<br />

nach der überstandenen Leberlebendspende.<br />

Foto: Rodigast<br />

ganz. Nach einigen Wochen ging Franz<br />

Schubert der Sache nach und ließ sich<br />

von seinem Hausarzt durchchecken.<br />

Der erste Verdacht des Mediziners:<br />

die Schilddrüse. Ein Blutbild sollte<br />

Aufschluss geben – und das lenkte<br />

die Aufmerksamkeit schließlich auf<br />

ein ganz anderes Organ. „Die Leberwerte<br />

waren um das 15-fache erhöht.<br />

Wir haben erst gedacht, das ist ein<br />

Laborfehler“, erzählt Franz Schubert.<br />

Doch die zweite Blutuntersuchung<br />

sollte das Ergebnis bestätigen. So<br />

führte der nächste Weg des Dresdners<br />

zum Gastroenterologen, der durch ein<br />

großes Blutbild und einen Ultraschall<br />

eine Verengung und Entzündung der<br />

Gallengänge ausmachte. „Ich habe<br />

dann auch festgestellt, dass ich über<br />

das Jahr etwa 20 Kilo an Gewicht<br />

verloren hatte. Das war mir vorher<br />

gar nicht so richtig aufgefallen“, so<br />

Franz Schubert. Auch andere Symptome<br />

machten sich nun bemerkbar:<br />

starker Juckreiz am ganzen Körper,<br />

Fieberschübe und Appetitlosigkeit.<br />

Größte Sorge bereiteten jedoch die<br />

Leberwerte, die sich immer weiter<br />

verschlechterten. „Mein Arzt in<br />

Dresden meinte dann, wir müssen<br />

etwas unternehmen. Er hat mich<br />

deshalb zur weiteren Behandlung ans<br />

Uniklinikum Jena verwiesen“, erinnert<br />

sich Franz Schubert.<br />

Mitte Juli 2022 kam der Dresdner für<br />

eine stationäre Behandlung ans UKJ.<br />

Neben weiteren Untersuchungen wurde<br />

in der Klinik für Innere Medizin IV eine<br />

Gallengangspiegelung durchgeführt<br />

und dabei die Gallengänge geweitet.<br />

Und schließlich konnten hier auch die<br />

einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen<br />

zusammengefügt werden. Die Diagnose:<br />

Primär sklerosierende Cholangitis<br />

(PSC). Bei der Autoimmunerkrankung<br />

entzünden sich zunächst die Gallengänge<br />

in der Leber, wodurch es zum<br />

Gallenstau kommt. Langfristig führt der<br />

chronische Gallenstau zur Vernarbung<br />

der Leber, Zirrhose genannt. Durch die<br />

Krankheit erhöht sich außerdem das<br />

Risiko auf Gallengangkrebs.<br />

Auch wenn das Weiten der Gallengänge<br />

bei Franz Schubert kurzfristig Besserung<br />

brachte, war nach der Diagnose<br />

klar, dass weiterer Handlungsbedarf<br />

besteht. „Da ich einen schweren Verlauf<br />

der Autoimmunerkrankung habe, haben<br />

mir die Ärzte eine Lebertransplantation<br />

empfohlen“, sagt Franz Schubert. Für<br />

den damals 24-Jährigen ein Schock.<br />

„Mental hat mich das sehr mitgenommen.<br />

Ich habe erstmal gedacht,<br />

jetzt ist mein Leben vorbei. In dem<br />

Alter rechnet man nicht mit sowas.<br />

Und natürlich habe ich mir die Frage<br />

gestellt, warum ich ausgerechnet der<br />

Betroffene sein muss“, erinnert er sich<br />

an die schweren Stunden zurück, die<br />

von viel Unsicherheit geprägt waren.<br />

Im August vergangenen Jahres folgte<br />

ein weiterer Aufenthalt am UKJ. Es<br />

standen die nötigen Untersuchungen<br />

an, um auf die Warteliste für eine<br />

postmortale gespendete Leber aufgenommen<br />

zu werden. Bestimmt wird<br />

dabei der sogenannte MELD-Score, der<br />

den Schweregrad der Lebererkrankung<br />

angibt und bei dem bis zu 40 Punkte<br />

erreicht werden können. Franz Schubert<br />

reihte sich mit 22 Punkten ein.<br />

„Damit gab es keine große Hoffnung,<br />

dass ich eine schnelle Transplantation<br />

bekomme. Das war der nächste Rückschlag“,<br />

so der Dresdner.<br />

Die Ärzte am UKJ brachten deshalb<br />

die Leberlebendspende ins Gespräch.<br />

Dieses Therapieverfahren ist Schwerpunkt<br />

des Zentrums für Transplantationschirurgie<br />

der Klinik für Allgemein-,<br />

Viszeral- und Gefäßchirurgie, das<br />

etwa bei chronischen Entzündungen,<br />

Alkoholschädigungen und Krebserkrankungen<br />

zum Einsatz kommt. Bei rund<br />

25 Prozent aller jährlich realisierten<br />

Lebertransplantationen am UKJ handelt<br />

es sich um eine Leberlebendspende.<br />

„Damit ist der durchschnittliche Anteil<br />

der Leberlebendtransplantation am<br />

UKJ wesentlich höher als in anderen<br />

deutschen Transplantationszentren.<br />

Im vergangenen Jahr haben wir<br />

insgesamt 11 Leberlebendtransplantationen<br />

durchgeführt“, sagt Prof. Dr.<br />

Falk Rauchfuß, Oberarzt an der Klinik<br />

für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie.<br />

Das Verfahren, das in Jena<br />

überwiegend bei Erwachsenen zur<br />

Anwendung kommt, bringt mehrere<br />

Vorteile mit sich. „Durch die Leberlebendspende<br />

verkürzt sich die Wartezeit<br />

auf ein Organ. Es ist eine planbare<br />

Operation. Es kann Menschen geholfen<br />

werden, die sonst keine Chance auf<br />

eine Transplantation hätten. Und<br />

man ist nicht Blutgruppengebunden,<br />

wie bei einer postmortalen Spende,<br />

wodurch sich der Spenderpool für den<br />

Empfänger erweitert“, benennt Prof.<br />

Rauchfuß einige Punkte. Außerdem<br />

können die Operationen für Entnahme<br />

und Transplantation im selben Krankenhaus<br />

stattfinden, wodurch die Zeit,<br />

in der das Organ nicht durchblutet wird<br />

und dadurch Schaden nehmen kann,<br />

kürzer ist als bei einer postmortalen<br />

Spende. Da es sich für den Spender<br />

um einen relativ großen Eingriff im<br />

Bauchraum handele, bringe die Leberlebendspende<br />

auch Risiken mit sich,<br />

weiß Prof. Rauchfuß. Auftreten können<br />

etwa Wundheilungsstörungen sowie<br />

Entzündungen und Undichtigkeiten<br />

des Gallenwegssystems. „Gleichzeitig<br />

besitzt die gesunde Leber des Spenders<br />

eine sehr gute Regenerationsfähigkeit.<br />

Die verbleibende Leber wächst nach der<br />

OP in etwa wieder auf die Ausgangsgröße<br />

an. Das gilt auch für das transplantierte<br />

Leberteilstück.“<br />

Um die medizinischen Risiken der<br />

Transplantation so gering wie möglich<br />

zu halten, müssen Spender als auch<br />

Empfänger für eine Lebendorganspende<br />

strenge Voraussetzungen erfüllen. So<br />

ist diese nur dann möglich, wenn beide<br />

in einer engen emotionalen Verbindung<br />

stehen. Das ist zum Beispiel der Fall<br />

bei Verwandten ersten und zweiten<br />

Grades, Verlobten, Lebenspartnern oder<br />

Personen, die sich offensichtlich durch<br />

eine persönliche Verbundenheit nahe<br />

sind. Finanzielle Erwägungen dürfen<br />

keinesfalls eine Rolle spielen. Das stellt<br />

auch die Lebendspendekommission<br />

sicher, die jeden Lebendspendefall<br />

als externes Komitee begutachtet.<br />

Außerdem gilt generell, dass der<br />

Spender gesund und zwischen 18 und<br />

60 Jahre alt sein muss.<br />

16 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

17


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Leber, Herz und Gefäße sollten gut<br />

funktionieren, Größe und Gewicht<br />

nicht wesentlich unter oder über dem<br />

des Empfängers liegen. Ausschlusskriterien<br />

für eine Spende sind unter<br />

anderem starkes Übergewicht<br />

oder relevante Erkrankungen des<br />

Herz-Kreislauf-Systems.<br />

Auch bei Franz Schubert wurde im<br />

engen Umfeld nach einem Spender<br />

gesucht. Vater Ulf-Henner stellte sich<br />

prinzipiell als geeignet heraus. Zwar<br />

stimmten die Blutgruppen von Vater<br />

und Sohn nicht überein, doch dank<br />

einer Blutwäsche war die Transplantation<br />

möglich. „Für mich war gleich<br />

klar, dass ich das machen werde. Uns<br />

wurde ein guter Weg mit der Lebendleberspende<br />

aufgezeigt. Angst hatte ich<br />

vor dem Eingriff nicht. Ich bin positiv<br />

an das Ganze rangegangen“, sagt der<br />

55-Jährige.<br />

Am 24. November 2022 war es dann<br />

soweit: Der Tag der Transplantation.<br />

Zunächst wurde Ulf-Henner Schubert<br />

Gänsehautmomente und Meilensteine<br />

Über die Arbeit der Lebendspendekommission<br />

Jede Beratung der Lebendspendekommission<br />

ist für Patienten und Spender<br />

der letzte Meilenstein auf einem oft<br />

langen Weg und hat ganz viele Gänsehautmomente,<br />

berichtet Uta Block,<br />

Rechtsanwältin und Vorsitzende der<br />

Kommission, die an der Landesärztekammer<br />

Thüringen angesiedelt ist.<br />

Die Lebendspendekommission als<br />

interdisziplinär besetztes Gremium<br />

aus nicht an der Transplantation<br />

beteiligten Ärzten, Psychologen und<br />

Juristen ist die letzte Instanz, wenn es<br />

darum geht, ob Angehörige oder enge<br />

Freunde einem Patienten oder einer<br />

Patientin z.B. einen Teil ihrer Leber<br />

oder eine Niere spenden dürfen. In<br />

Thüringen werden sowohl Patienten als<br />

auch Spender in einem persönlichen<br />

Prof. Dr. Falk Rauchfuß operierte<br />

Vater und Sohn. Foto: Rodigast<br />

operiert, nach rund zweieinhalb<br />

Stunden konnte dann Sohn Franz das<br />

Leberteilstück seines Vaters transplantiert<br />

werden. „Bei erwachsenen<br />

Spendern werden rund 60 Prozent<br />

der Leber entnommen. Übertragen<br />

wird in aller Regel der rechte Leberlappen“,<br />

erklärt Prof. Rauchfuß. Nach<br />

dem Eingriff sind noch einige Tage<br />

Aufenthalt im Krankenhaus nötig. „Der<br />

Empfänger bleibt zwischen drei und<br />

vier Wochen in der Klinik, der Spender<br />

acht bis 14 Tage, wenn keine Komplikationen<br />

auftreten“, so der Chirurg.<br />

Gespräch angehört. Die Kommissionsmitglieder<br />

bringen nicht nur viel Fachwissen,<br />

sondern auch Lebenserfahrung<br />

mit und gehen ganz einfühlsam auf die<br />

Schicksale der Patienten und Motivation<br />

der Spender ein. Schließlich ist<br />

solch ein Gespräch mit der Kommission<br />

für viele Patienten wie eine Prüfungssituation,<br />

sie sind aufgeregt und geben<br />

ganz intime Einblicke in ihr Schicksal.<br />

„Da ist ganz viel Fingerspitzengefühl<br />

gefragt,“ betont Uta Block und ergänzt:<br />

„Die Unterlagen aus dem Transplantationszentrum<br />

sind sehr gut vorbereitet,<br />

ein Arzt der Klinik stellt den Fall der<br />

Kommission vor. Dann bringt das<br />

persönliche Gespräch mit Empfänger<br />

und Spender die Nuancen hervor, so,<br />

dass wir gut beurteilen können, ob die<br />

Bei Franz Schubert verlief die Transplantation<br />

erfolgreich. Nach Monaten<br />

der Ungewissheit und des Leidens<br />

ist der Dresdner zurück in einem fast<br />

normalen Leben. Sein Körper hat das<br />

neue Organ angenommen. Seit Mitte<br />

Mai dieses Jahres geht der 25-Jährige<br />

wieder normal arbeiten, Sport treiben<br />

in Maßen ist ebenso möglich. Auch sein<br />

Vater hat die Operation bis auf kleinere<br />

Komplikationen gut verkraftet. Für<br />

Franz Schubert steht deshalb fest: „Es<br />

war der richtige Weg, die Transplantation<br />

zu machen.“ Theresa Wahl<br />

Spende wirklich ganz freiwillig ist und<br />

kein Anzeichen für einen verbotenen<br />

Organhandel, also kein finanzieller<br />

Anreiz für die Spende vorliegt.“ So wie<br />

es § 8 Abs. 3 Transplantationsgesetz<br />

und das Thüringer Heilberufegesetz<br />

(§ 17 c-e) vorschreibt. Und weil auch<br />

Lebend-Organspenden zeitkritisch sein<br />

können, tritt das Gremium auch kurzfristig<br />

zusammen. Liegt das Votum der<br />

Kommission für die geplante Spende<br />

vor, geht es ganz schnell. Sprechen alle<br />

medizinischen Kriterien dafür, so kann<br />

z.B. eine Leberlebendtransplantation<br />

oft schon am nächsten Tag durchgeführt<br />

werden.<br />

(kh)<br />

Mehr Informationen:<br />

www.laek-thueringen.de<br />

Wenn das Spenderorgan nicht ideal ist<br />

Spenderlebern genauer bewerten<br />

Die Demografie und der westliche<br />

Lebensstil führen dazu, dass auch<br />

Organspendewillige selten kerngesund<br />

sind. Es stehen deshalb nicht nur viel<br />

zu wenige Spenderlebern zur Verfügung,<br />

oft sind die Organe auch gezeichnet<br />

vom üppigen Leben, sprich: mehr<br />

oder weniger verfettet. Weil das in die<br />

Leberzellen eingelagerte Fett die Gewebestruktur<br />

verändert, schränkt das die<br />

Eignung als Spenderleber sehr ein. Auch<br />

die Zeitspanne zwischen der Organentnahme<br />

und der Transplantation, in der<br />

das Gewebe gekühlt und nicht durchblutet<br />

wird, spielt eine große Rolle für<br />

den Erfolg der Operation. „Diese beiden<br />

Aspekte bestimmen entscheidend, wie<br />

stark das Spenderorgan bei der Wiederdurchblutung<br />

im Körper des Empfängers<br />

in Mitleidenschaft gezogen wird und wie<br />

es seine Funktion aufnehmen kann“,<br />

betont Prof. Dr. Uta Dahmen. In ihrer<br />

Arbeitsgruppe erforscht die Chirurgin<br />

deshalb, anhand welcher Kriterien<br />

sich dieser kritische Prozess besser<br />

vorhersagen lässt. Das Ziel dabei ist<br />

eine Hilfe in der Entscheidung, ob eine<br />

Spenderleber trotz gewisser Vorschädigungen<br />

für einen bestimmten Wartelistenpatienten<br />

geeignet ist oder ob das<br />

Transplantationsrisiko überwiegt.<br />

Hierfür sammelt Uta Dahmens Arbeitsgruppe<br />

im Rahmen eines Verbundprojektes<br />

Daten im Tierversuch und in der<br />

Klinik. Wie lässt sich die Fettschädigung<br />

genauer beschreiben und quantifizieren?<br />

Welche molekularen Prozesse<br />

greifen das Gewebe an, wenn es wieder<br />

an den Kreislauf des Empfängers angeschlossen<br />

und durchblutet wird? Wie<br />

beeinflussen die Fetteinschlüsse die<br />

Organfunktion kurz nach der Transplantation?<br />

All diese Daten fließen in<br />

Computermodelle ein, die wie bei der<br />

Wettervorhersage das Ausmaß der<br />

Leberschädigung und die frühe Transplantatfunktion<br />

vorhersagen sollen.<br />

„Dabei gilt es auch, die Genauigkeit<br />

abzuwägen, mit der das Spenderorgan<br />

untersucht wird, gegen die Zeit, die das in<br />

Anspruch nimmt. Schließlich verlängert<br />

das die Phase der Nichtdurchblutung“,<br />

so Prof. Dahmen. Diese Phase lässt sich<br />

prinzipiell etwas überbrücken durch<br />

die Methode der Maschinenperfusion,<br />

die seit etwa einem Jahr auch am UKJ<br />

etabliert ist. Je nach Verfahren wird das<br />

Organ mit speziellem körperwarmen<br />

Medium oder mit Blut durchströmt und<br />

mit Sauerstoff angereichert. So lassen<br />

sich sogar bestimmte Parameter der<br />

Organfunktion überwachen. Es gibt<br />

auch experimentelle Ansätze, Vorschädigungen<br />

des potentiellen Spenderorgans<br />

durch die Maschinenperfusion zu<br />

verringern, diese sind jedoch noch nicht<br />

geeignet für die klinische Anwendung.<br />

Das Projekt ist eingebettet in eine<br />

große von der DFG geförderte Kooperation.<br />

„Das übergeordnete Ziel des<br />

Schwerpunktprogramms ist es, die<br />

Vielfalt der Menschen in diese Modelle<br />

zu integrieren und so die Qualität der<br />

Vorhersagen zu verbessern. In unserem<br />

Projekt geht es darum, den hochspezialisierten<br />

Bereich der Lebertransplantation<br />

sicherer und noch individueller<br />

zu machen“, betont Uta Dahmen.<br />

Die klinische Forscherin leitet mit<br />

der Forschungsgruppe QuaLiPerf ein<br />

weiteres leberchirurgisches Konsortium.<br />

Auch hier entsteht auf der Basis von<br />

Daten aus dem Labor, aus Tierversuchen<br />

und aus der Klinik ein rechnerisches<br />

Modell, das die Organfunktion und<br />

den Regenerationsverlauf nach einer<br />

großen Leberoperation simulieren soll.<br />

Das könnte die Planung von Operationen<br />

erleichtern, bei denen ein Teil<br />

der Leber wegen Tumoren oder Metastasen<br />

entfernt werden muss. Oder die<br />

Entnahme eines Teils der Leber, der als<br />

Lebendspende transplantiert werden<br />

soll. In beiden Fällen ist es entscheidend,<br />

dass das verbleibende Organ – und<br />

Prof. Uta Dahmen leitet die AG<br />

Experimentelle Transplantationschirurgie.<br />

Foto: Szabó<br />

natürlich auch die transplantierte Teilleber<br />

– nach dem Eingriff ausreichend<br />

arbeitet. Dann kann die Leber aufgrund<br />

ihres großen Regenerationsvermögens<br />

neues Gewebe bilden und mit der Zeit<br />

wieder zur vollen Größe wachsen.<br />

Neben diesen systemmedizinischen<br />

Ansätzen für die Leberchirurgie<br />

beschäftigt sich die Arbeitsgruppe an<br />

der Klinik für Allgemein-, Viszeral und<br />

Gefäßchirurgie auch mit dem „Biological<br />

Tissue Engineering“, einem neuen<br />

Verfahren zur Herstellung von Ersatzgewebe.<br />

Für Medizinstudierende hat Uta<br />

Dahmen einen digitalen Intensivkurs zu<br />

chirurgischen Techniken etabliert, der<br />

durch eine automatisierte Videoanalyse<br />

ein Feedback ermöglicht. So können<br />

die Studierenden ihre Fehler leichter<br />

erkennen und Fehlervermeidungsstrategien<br />

entwickeln. Uta von der Gönna<br />

Weitere Informationen:<br />

» Schwerpunktprogramm<br />

www.spp<strong>23</strong>11.de<br />

» Forschungsgruppe<br />

www.qualiperf.de<br />

18 03 | <strong>23</strong><br />

03 | <strong>23</strong><br />

19


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Die Brücke zur Transplantation<br />

Die wichtigsten Organersatzverfahren vorgestellt<br />

Die moderne Medizintechnik macht es möglich, dass Geräte und Maschinen<br />

übernehmen, wenn lebenswichtige Organe aufgrund akuter oder chronischer<br />

Erkrankungen nicht mehr funktionieren. Der Einsatz der Systeme ist lebensrettend,<br />

aber immer mit zusätzlichen Risiken wie Gerinnselbildung an körperfremden<br />

Material oder der Gefahr von Infektionen an Kanülen verbunden. Je nach Organ ist<br />

die Hochleistungsmedizin nur wenige Tage im Einsatz, in denen sich das kranke<br />

Organ regeneriert. Manchmal müssen die Systeme aber auch die Zeit überbrücken,<br />

bis ein Spenderorgan zu Verfügung steht. Das können Jahre sein.<br />

vdG<br />

Die wichtigsten Organersatzverfahren stellen wir hier vor.<br />

Leberdialyse<br />

Das Prinzip des Leberersatzverfahrens<br />

ähnelt dem für die<br />

Niere, jedoch mit dem Unterschied,<br />

dass die aus dem Blut zu<br />

entfernenden Lebergiftstoffe<br />

wasserunlöslich sind und<br />

deshalb nicht einfach so durch<br />

eine Dialysemembran wandern.<br />

Die Leberdialyse nutzt das<br />

körpereigene Eiweiß Albumin,<br />

das bei gesunden Menschen die<br />

Giftstoffe im Blut bindet und<br />

zur Leber transportiert. Diese<br />

Aufgabe erfüllt das Eiweiß auch<br />

im Leberdialysegerät, wo es die<br />

Giftstoffe zur Membran bringt,<br />

an der sie abgeschieden werden.<br />

Herzunterstützungssystem oder Kunstherz<br />

Diese Kreislaufunterstützungssysteme<br />

werden bei akuter und chronischer<br />

Herzschwäche eingesetzt<br />

mit dem Ziel Leben zu retten, zu<br />

verlängern, die körperliche Leistungsfähigkeit<br />

und Lebensqualität zu<br />

verbessern. Es gibt Systeme für die<br />

kurzzeitige oder dauerhafte Unterstützung.<br />

Kurzzeit-Systeme werden<br />

vor allem im Notfall verwendet und<br />

können schnell im über Blutgefäße<br />

in der Leiste eingesetzt werden.<br />

Langzeit-Systeme werden über eine<br />

Herzoperation in den Brustkorb<br />

ECMO – die künstliche Lunge<br />

eingesetzt. Hier gibt es zwei Typen:<br />

Die Herzunterstützungssysteme, die<br />

mit dem eigenen Herzen verbunden<br />

werden und gemeinsam das Blut<br />

fördern und die Kunstherzen, welche<br />

anstelle des eigenen Herzens eingesetzt<br />

werden. Alle Systeme fördern<br />

das Blut über elektromechanische<br />

Pumpen. Um eine Blutgerinnselbildung<br />

am Gerätematerial zu<br />

vermeiden, müssen daher Patienten<br />

daher dauerhaft blutverdünnende<br />

Medikamente einnehmen.<br />

Die Systeme dienen als Brücke zur<br />

Herztransplantation, zur Erholung<br />

bei akuter Herzschwäche und zur<br />

langfristigen Therapie. Heutzutage<br />

sind Unterstützungszeiträume von<br />

über zehn Jahren möglich. Davon<br />

profitieren vor allem ältere Herzpatienten,<br />

für die eine Transplantation<br />

nicht in Frage kommt. Frühe Diagnose<br />

und regelmäßige Nachsorge sind<br />

entscheidend für den Therapieerfolg.<br />

Am UKJ werden jährlich etwa 80<br />

Systeme eingesetzt.<br />

Nierenersatzverfahren<br />

Im Durchschnitt neun Jahre müssen<br />

Patienten in Deutschland auf eine<br />

neue Niere warten; meist sind sie<br />

schon jahrelang auf eine Nierenersatztherapie,<br />

die Dialyse, angewiesen.<br />

Es gibt zwei grundsätzlich<br />

verschiedene Möglichkeiten, die<br />

Filterfunktion der Nieren zu ersetzen.<br />

Bei der Hämodialyse oder Blutwäsche<br />

findet die Blutreinigung<br />

maschinell außerhalb des Körpers<br />

statt. In der Regel dreimal wöchentlich<br />

kommen die Patienten in ein<br />

Dialysezentrum, wo ihr Kreislauf an<br />

ein Dialysegerät angeschlossen wird<br />

und ihr Blut dann mehrere Stunden<br />

lang durch spezielle Filter strömt.<br />

Dabei werden Schadstoffe und<br />

überschüssige Flüssigkeit entfernt.<br />

Foto: Szabó<br />

Weniger bekannt ist die Bauchfelloder<br />

Peritonealdialyse, die kontinuierlich<br />

und zu Hause bzw. über<br />

Nacht durchgeführt wird. Das ist die<br />

Dialyseform der Wahl besonders für<br />

Säuglinge und Kinder, weil sie den<br />

Tagesablauf weniger beeinträchtigt.<br />

Über einen kleinen Schlauch in der<br />

Bauchdecke füllen die Patienten bzw.<br />

Eltern selbst mehrmals am Tag sterile<br />

Dialyseflüssigkeit in den Bauchraum.<br />

Die dünne Haut des Bauchfells<br />

fungiert dann als Filtermembran, an<br />

der die harnpflichtigen Stoffe aus<br />

dem Blut in die Flüssigkeit übertreten<br />

und durch deren regelmäßigen<br />

Wechsel ausgespült werden. Diese<br />

Dialyseform bedarf der sehr sorgfältigen<br />

Mitwirkung der Betroffenen,<br />

die dafür speziell geschult werden.<br />

In weiterentwickelten Verfahren<br />

können auch weitere Transporteiweiße<br />

eingesetzt werden, die<br />

mit ihren freien Rezeptoren die<br />

Giftstoffe aus dem Blut durch<br />

die Membranporen hindurchlocken.<br />

Durch die Auswahl dieser<br />

Eiweiße ist die Art und die Menge<br />

des Gifttransports steuerbar. Es<br />

kann jedoch nur ein Teil der vielfältigen<br />

Stoffwechselfunktionen<br />

der Leber maschinell ersetzt<br />

werden und deshalb auch nur<br />

für einige Tage.<br />

Die Leberdialyse wird seit langem<br />

auch am UKJ eingesetzt, etwa<br />

bei plötzlichem Leberversagen,<br />

verursacht zum Beispiel durch<br />

Hepatitis oder Vergiftungen,<br />

bei Leberfunktionsstörung nach<br />

chirurgischen Eingriffen oder<br />

bei Vergiftungserscheinungen<br />

infolge chronischer Leberschädigung.<br />

Ziel ist es, die Leber zu<br />

entlasten, um eine Regeneration<br />

zu ermöglichen, oder die<br />

Zeit bis zur Transplantation zu<br />

überbrücken.<br />

Wenn bei Patienten mit akutem<br />

Lungenversagen eine künstliche<br />

Beatmung nicht ausreicht, weil die<br />

Lungen den zugeführten Sauerstoff<br />

nicht hinreichend ins Blut abgeben<br />

können, muss das Blut außerhalb des<br />

Körpers mit Sauerstoff angereichert<br />

werden. Seit der Corona-Pandemie<br />

ist der Fachbegriff dafür – extrakorporale<br />

Membranoxygenierung, kurz<br />

ECMO – allgemein bekannt.<br />

In diesem intensivmedizinischen<br />

Verfahren wird das Blut, bei Erwachsenen<br />

etwa drei bis fünf Liter pro<br />

Minute, durch eine Kanüle kontinuierlich<br />

aus dem Körper heraus und<br />

durch ein Gerät gepumpt. Dort findet<br />

an einer künstlichen Membran der<br />

Gasaustausch, also die Aufnahme<br />

von Sauerstoff und die Abgabe<br />

von Kohlendioxid, statt. Das sauerstoffreiche<br />

Blut wird durch eine<br />

zweite Kanüle wieder in den Körper<br />

zurückgeleitet.<br />

In der Regel wird die ECMO nur Tage<br />

oder wenige Wochen eingesetzt,<br />

zum Beispiel um die Lunge bei einer<br />

schweren Infektion zu entlasten.<br />

Foto: UKJ<br />

Im Anschluss ist eine schrittweise<br />

Entwöhnung und spezielle Rehabilitation<br />

notwendig. Zunehmend<br />

wird das Verfahren auch anstelle<br />

der Herz-Lungen-Maschine während<br />

einer Lungentransplantation und<br />

kurz danach zur Entlastung des neuen<br />

Organs angewandt.<br />

20 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

21


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Ein neues Herz für Leoni<br />

Happy End nach 19 Monaten im Krankenhaus<br />

Wenn die neue Niere endlich da ist<br />

Ablauf einer Nierentransplantation am UKJ<br />

Bu-bumm, bu-bumm, bu-bumm. Kräftig<br />

und rhythmisch schlägt das Herz von<br />

Leoni. Ein ungewohntes Gefühl. Aber<br />

ein schönes Gefühl. 19 Monate hat<br />

die heute <strong>23</strong>-Jährige darauf gewartet,<br />

dass ein Herz wieder regelmäßig Blut<br />

durch ihren Körper pumpt, ihr Kraft<br />

und Lebensenergie gibt. Eine angeborene<br />

Herzmuskelerkrankung, eine<br />

dilatative Kardiomyopathie, machte<br />

eine Herztransplantation für die junge<br />

Frau aus Gera unumgänglich. Nun hat<br />

sie ihr Herz. Endlich. Dass eine Patientin<br />

so lange auf ein Spenderherz warten<br />

muss, ist sehr ungewöhnlich – und<br />

verlangt von den Experten um Professor<br />

Torsten Doenst, Direktor der Klinik für<br />

Herz-Thorax-Chirurgie, einiges ab. Es ist<br />

ein Wettlauf gegen die Zeit.<br />

Als Leoni Mitte 2021 ins UKJ kommt,<br />

geht es ihr so schlecht, dass sie das<br />

erste halbe Jahr auf der Intensivstation<br />

verbringt. Ihr Herz ist schwer<br />

geschwächt und geschädigt. So sehr,<br />

dass sie nicht nur ein neues Herz benötigt.<br />

Sie benötigt es dringend. Auf der<br />

Transplantationsliste wird sie daher auf<br />

die höchste Dringlichkeitsstufe „high<br />

urgency“ gesetzt. Doch bis ein neues<br />

Herz für sie gefunden wird, braucht ihr<br />

eigenes Herz Unterstützung. In einer<br />

großen Operation rekonstruieren die<br />

Herzchirurgen um Professor Torsten<br />

Doenst zunächst drei von Leonis Herzklappen<br />

und setzen ihr schließlich<br />

ein Kunstherz ein: das Linksherzunterstützungssystem,<br />

kurz LVAD, fest,<br />

ein Rechtsherzunterstützungssystem<br />

vorübergehend. Das stabilisiert Leonis<br />

Zustand zunächst. Dann, zwei Monate<br />

später, eine massive Verschlechterung:<br />

Bei Leoni haben sich zahlreiche Blutgerinnsel<br />

gebildet, die ihre Lungengefäße<br />

verstopfen. Sie erleidet eine Lungenembolie.<br />

Lebensgefährlich. Wieder<br />

müssen die Herzchirurgen eingreifen.<br />

In einer komplizierten Operation<br />

räumen sie die Blutgerinnsel aus und<br />

schaffen es tatsächlich, Leonis Leben<br />

zu retten. „Wenn Leoni eine Katze<br />

wäre, dann hätte sie schon lange keine<br />

sieben Leben mehr“, beschreibt Torsten<br />

Doenst die Situation.<br />

Als sich Leoni von den Eingriffen erholt<br />

hat, kommt sie Anfang 2022 auf die<br />

Normalstation der Herz-Thorax-Chirurgie.<br />

Hier heißt es für sie nun warten<br />

auf ein Spenderherz – und überleben.<br />

Ihr Kunstherz ist batteriebetrieben,<br />

regelmäßig müssen die Batterien<br />

gewechselt werden. Zudem nimmt<br />

Leoni täglich eine Vielzahl an Medikamenten.<br />

Die Einordnung als „high<br />

urgency“ auf der Transplantationsliste<br />

bedeutet außerdem, dass sie das<br />

Klinikum nicht verlassen kann und darf.<br />

Ihr Krankenzimmer wird, bis ein Herz<br />

für sie gefunden wird, sozusagen ihre<br />

Wohnung. Ihren Lebensmut und ihre<br />

Lebensfreude lässt sich Leoni davon<br />

aber nicht nehmen. „Mit dem Kunstherz<br />

ging es Leoni besser, eine Dauerlösung<br />

war das aber nicht“, erinnert sich der<br />

erfahrene Herzchirurg Doenst zurück.<br />

Und: „Wir sind stolz, dass wir Leoni<br />

nach den schweren Eingriffen und<br />

Leoni mit<br />

ihrem neuen<br />

Herz. Im Bild<br />

zu sehen: Leonis<br />

behandelnde<br />

Ärzte, PD Dr.<br />

Gloria Färber<br />

und Prof. Torsten<br />

Doenst.<br />

Foto: UKJ<br />

der weiterhin schlechten Herzleistung<br />

sogar mobilisieren konnten. Dennoch<br />

war es ein Wettlauf gegen die Zeit: Je<br />

länger sie das Kunstherz benötigte,<br />

desto wahrscheinlicher das Auftreten<br />

von Komplikationen“, erklärt er.<br />

Mehrfach scheint ein passendes Organ<br />

für Leoni gefunden. Einmal sogar liegt<br />

sie schon in tiefer Narkose. Doch als<br />

sie aufwacht: kein neues Herz. Dass<br />

ein Spenderherz letztlich doch nicht<br />

infrage kommt, hat unterschiedliche<br />

Gründe. „Einmal war das Herz des<br />

Spenders doch so geschädigt, dass wir<br />

es nicht nehmen konnten“, berichtet<br />

Doenst. Erst das vierte Organangebot<br />

stellt sich als das für sie passende Herz<br />

raus. Im Februar 20<strong>23</strong> wird es ihr von<br />

Torsten Doenst transplantiert. Alles<br />

läuft gut. Leoni erholt sich von dem<br />

erneut langen Eingriff und gewöhnt sich<br />

jeden Tag mehr an ihr neues, rhythmisch<br />

und kräftig schlagendes Herz. Wie sie<br />

sich bei Professor Doenst und seinem<br />

Team jemals bedanken kann, fragt sie<br />

bei der Entlassung. Der Herzchirurg<br />

hat nur einen Wunsch: „Leben Sie ein<br />

schönes Leben!“ Katrin Bogner<br />

Mit ihr hat die lange Zeit des Wartens,<br />

der Einschränkungen und Ungewissheit<br />

endlich ein Ende: die Nierentransplantation.<br />

Ob plötzlich als postmortale<br />

Organspende oder als geplante Lebendnierenspende<br />

– den Empfängern wird<br />

mit der neuen Niere auch ein neues<br />

Leben geschenkt. Seit mehr als 30 Jahren<br />

wird auf diese Weise auch Menschen am<br />

Nierentransplantationszentrum (NTZ)<br />

am UKJ geholfen. Das einzige Nierentransplantationszentrum<br />

Thüringens<br />

wurde 1991 gegründet. 2022 wurden<br />

insgesamt 36 Nieren transplantiert,<br />

davon sieben als Lebendnierenspenden.<br />

Das NTZ am UKJ ist ein enges Zusammenspiel<br />

der Klinik für Urologie und der<br />

Klinik für Innere Medizin III. Gemeinsam<br />

werden Patienten vor der Aufnahme auf<br />

die Warteliste bzw. während der Zeit des<br />

Wartens betreut. Während die Urologen<br />

dann hauptsächlich den operativen Teil<br />

der Transplantation übernehmen, sind<br />

Dr. Susan<br />

Foller, Leitende<br />

Oberärztin an<br />

der Klinik für<br />

Urologie, mit<br />

einer Niere.<br />

Foto: UKJ<br />

die Nephrologen vor allem für die Vorund<br />

Nachsorge mit der medikamentösen<br />

Einstellung sowie gelegentlich<br />

für die Behandlung erster Infekte nach<br />

dem Eingriff verantwortlich.<br />

Ist der Tag der Transplantation<br />

gekommen, wird der Empfänger noch<br />

einmal gründlich untersucht und<br />

vorbereitet, z.B. wenn notwendig mit<br />

einer Dialyse. Ist dies geschafft, geht es<br />

in den OP. „Was viele nicht wissen, ist,<br />

dass die neue Niere gar nicht dorthin<br />

kommt, wo die Nieren eigentlich im<br />

Körper sitzen. Sie wird in der Regel ins<br />

kleine Becken links oder rechts neben<br />

die Harnblase eingesetzt“, erklärt Dr.<br />

Susan Foller, leitende Oberärztin an der<br />

Klinik für Urologie. Häufig nimmt die<br />

Niere schon während der Operation ihre<br />

Tätigkeit auf. „Manchmal dauert es aber<br />

auch noch einige Tage, bis das Organ<br />

anspringt, sodass unter Umständen<br />

auch nach der OP noch eine Dialyse<br />

nötig werden kann“, so Dr. Foller. Die<br />

ersten Tage nach der Operation werden<br />

die Patienten engmaschig und interdisziplinär<br />

auf der Station der Urologie<br />

überwacht. Anschließend werden sie in<br />

die Nephrologie verlegt. Dort werden<br />

die Patienten unter anderem weiter auf<br />

die immunsupressiven Medikamente<br />

eingestellt, die es nach einer Transplantation<br />

braucht, damit das neue<br />

Organ nicht vom Körper abgestoßen<br />

wird. „Wichtig ist, die richtige Dosis<br />

der Immunsupressiva zu finden. Nach<br />

der Transplantation soll eine Abstoßungsreaktion<br />

verhindert werden,<br />

allerdings darf die Funktionsfähigkeit<br />

des Immunsystems nicht übermäßig<br />

heruntergefahren werden, weil sonst<br />

die Wahrscheinlichkeit für Infektionen<br />

und im Langzeitverlauf für Tumore<br />

höher ist. Ziel ist deshalb, die Dosis der<br />

Medikamente so hoch wie nötig, aber<br />

so niedrig wie möglich zu halten“, sagt<br />

Dr. Mandy Schlosser, Nephrologin in der<br />

Klinik für Innere Medizin III.<br />

Um langfristig eine Abstoßung zu<br />

vermeiden und frühzeitig gesundheitliche<br />

Probleme zu erkennen, stehen<br />

auch nach der Entlassung aus dem<br />

Krankenhaus regelmäßige Kontrolluntersuchungen<br />

an. „Die Nachsorge<br />

ist sehr wichtig. Nach der oftmals<br />

sehr langen Wartezeit sollte das<br />

Organ, das man bekommen hat, gut<br />

behütet und der Patient optimal und<br />

interdisziplinär versorgt werden. Dafür<br />

trägt jeder Patient selbst eine große<br />

Verantwortung“, so Dr. Schlosser.<br />

Denn: „Es obliegt dem Patienten und<br />

seiner Zuverlässigkeit, regelmäßig die<br />

Arztbesuche wahrzunehmen und die<br />

Medikamente einzunehmen sowie sich<br />

korrekt nach der Transplantation zu<br />

verhalten.“ Die Untersuchungen finden<br />

in den ersten zwölf Monaten nach der<br />

Transplantation in der Regel einmal<br />

im Quartal statt. Begutachtet werden<br />

ausgiebig die Transplantatfunktion<br />

ebenso seine speziellen Nebenerkrankungen.<br />

Darüber hinaus gibt es die<br />

Jahres-Kontrolluntersuchung, bei der<br />

unter anderem ein körperlicher Checkup,<br />

spezielle Blutuntersuchungen<br />

und eine Sonographie durchgeführt<br />

werden. Hinzu kommen diverse<br />

Termine, um chronische Infekte und<br />

Tumore auszuschließen. Sollte das<br />

Transplantat nicht wie gewünscht<br />

funktionieren, ist eine Nierentransplantatbiopsie<br />

erforderlich. Die<br />

Nachsorge erhalten im Übrigen nicht<br />

nur Empfänger: Nach einer Lebendnierenspende<br />

werden auch die Spender<br />

am NTZ körperlich und psychosozial<br />

nachbetreut.<br />

Werden die Kontrolluntersuchungen<br />

regelmäßig wahrgenommen, die<br />

verordneten Medikamente gewissenhaft<br />

eingenommen, auf eine gesunde<br />

Ernährung sowie ausreichend Bewegung<br />

geachtet, stehen die Aussichten<br />

gut, zirka 15 Jahre mit einer Spenderniere<br />

zu leben. Theresa Wahl<br />

22 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

<strong>23</strong>


DEZEMBER 20<strong>23</strong> JANUAR FEBRUAR MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI AUGUST SEPTEMBER OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER JANUAR 2025<br />

1 Fr<br />

01 Mo Neujahr 01 01 Do 01 Fr 01 Mo Ostermontag 14 01 Mi Tag der Arbeit 01 Sa 01 Mo 27 01 Do 01 So 01 Di 01 Fr 01 So<br />

1 Mi<br />

2 Sa<br />

3 So<br />

02 Di 02 Fr 02 Sa 02 Di 02 Do 02 So 02 Di 02 Fr 02 Mo 36 02 Mi 02 Sa 02 Mo 49<br />

03 Mi 03 Sa 03 So 03 Mi 03 Fr 03 Mo <strong>23</strong> 03 Mi 03 Sa 03 Di 03 Do<br />

Tag d. Deutschen<br />

Einheit 03 So 03 Di<br />

2 Do<br />

3 Fr<br />

4 Mo 49<br />

04 Do 04 So 04 Mo 10 04 Do 04 Sa 04 Di 04 Do 04 So 04 Mi 04 Fr 04 Mo 45 04 Mi<br />

4 Sa<br />

5 Di<br />

05 Fr 05 Mo 06 05 Di 05 Fr 05 So 05 Mi 05 Fr 05 Mo 32 05 Do 05 Sa 05 Di 05 Do<br />

5 So<br />

6 Mi<br />

06 Sa 06 Di 06 Mi 06 Sa 06 Mo 19 06 Do 06 Sa 06 Di 06 Fr 06 So 06 Mi 06 Fr<br />

6 Mo 02<br />

7 Do<br />

07 So 07 Mi 07 Do 07 So 07 Di 07 Fr 07 So 07 Mi 07 Sa 07 Mo 41 07 Do 07 Sa<br />

7 Di<br />

8 Fr<br />

9 Sa<br />

08 Mo 02 08 Do 08 Fr 08 Mo 15 08 Mi 08 Sa 08 Mo 28 08 Do 08 So 08 Di 08 Fr 08 So<br />

09 Di 09 Fr 09 Sa 09 Di 09 Do<br />

Christi<br />

Himmelfahrt 09 So 09 Di 09 Fr 09 Mo 37 09 Mi 09 Sa 09 Mo 50<br />

8 Mi<br />

9 Do<br />

10 So<br />

10 Mi 10 Sa 10 So 10 Mi 10 Fr 10 Mo 24 10 Mi 10 Sa 10 Di 10 Do 10 So 10 Di<br />

10 Fr<br />

11 Mo 50<br />

11 Do 11 So 11 Mo 11 11 Do 11 Sa 11 Di 11 Do 11 So 11 Mi 11 Fr 11 Mo 46 11 Mi<br />

11 Sa<br />

12 Di<br />

12 Fr 12 Mo 07 12 Di 12 Fr 12 So 12 Mi 12 Fr 12 Mo 33 12 Do 12 Sa 12 Di 12 Do<br />

12 So<br />

13 Mi<br />

13 Sa 13 Di 13 Mi 13 Sa 13 Mo 20 13 Do 13 Sa 13 Di 13 Fr 13 So 13 Mi 13 Fr<br />

13 Mo 03<br />

14 Do<br />

14 So 14 Mi 14 Do 14 So 14 Di 14 Fr 14 So 14 Mi 14 Sa 14 Mo 42 14 Do 14 Sa<br />

14 Di<br />

15 Fr<br />

15 Mo 03 15 Do 15 Fr 15 Mo 16 15 Mi 15 Sa 15 Mo 29 15 Do 15 So 15 Di 15 Fr 15 So<br />

15 Mi<br />

16 Sa<br />

16 Di 16 Fr 16 Sa 16 Di 16 Do 16 So 16 Di 16 Fr 16 Mo 38 16 Mi 16 Sa 16 Mo 51<br />

16 Do<br />

17 So<br />

17 Mi 17 Sa 17 So 17 Mi 17 Fr 17 Mo 25 17 Mi 17 Sa 17 Di 17 Do 17 So 17 Di<br />

17 Fr<br />

18 Mo 51<br />

18 Do 18 So 18 Mo 12 18 Do 18 Sa 18 Di 18 Do 18 So 18 Mi 18 Fr 18 Mo 47 18 Mi<br />

18 Sa<br />

19 Di<br />

19 Fr 19 Mo 08 19 Di 19 Fr 19 So P fi n g s t s o n n t a g 19 Mi 19 Fr 19 Mo 34 19 Do 19 Sa 19 Di 19 Do<br />

19 So<br />

20 Mi<br />

20 Sa 20 Di 20 Mi 20 Sa 20 Mo Pfingstmontag 21 20 Do 20 Sa 20 Di 20 Fr 20 So 20 Mi 20 Fr<br />

20 Mo 04<br />

21 Do<br />

21 So 21 Mi 21 Do 21 So 21 Di 21 Fr 21 So 21 Mi 21 Sa 21 Mo 43 21 Do 21 Sa<br />

21 Di<br />

22 Fr<br />

22 Mo 04 22 Do 22 Fr 22 Mo 17 22 Mi 22 Sa 22 Mo 30 22 Do 22 So Weltkindertag 22 Di 22 Fr 22 So<br />

22 Mi<br />

<strong>23</strong> Sa<br />

<strong>23</strong> Di <strong>23</strong> Fr <strong>23</strong> Sa <strong>23</strong> Di <strong>23</strong> Do <strong>23</strong> So <strong>23</strong> Di <strong>23</strong> Fr <strong>23</strong> Mo 39 <strong>23</strong> Mi <strong>23</strong> Sa <strong>23</strong> Mo 52<br />

<strong>23</strong> Do<br />

24 So Heiligabend<br />

24 Mi 24 Sa 24 So 24 Mi Abendvorlesung 24 Fr 24 Mo 26 24 Mi 24 Sa 24 Di 24 Do 24 So 24 Di<br />

24 Fr Heiligabend<br />

25 Mo 1. Weihnachtstag<br />

25 Do 25 So 25 Mo 13 25 Do 25 Sa 25 Di 25 Do 25 So 25 Mi Abendvorlesung 25 Fr 25 Mo 48 25 Mi<br />

25 Sa 1. Weihnachtstag<br />

26 Di 2. Weihnachtstag<br />

26 Fr 26 Mo 09 26 Di 26 Fr 26 So 26 Mi Abendvorlesung 26 Fr 26 Mo 35 26 Do 26 Sa 26 Di 26 Do<br />

26 So 2. Weihnachtstag<br />

27 Mi 52<br />

27 Sa 27 Di 27 Mi Abendvorlesung 27 Sa 27 Mo 22 27 Do 27 Sa 27 Di 27 Fr 27 So 27 Mi Abendvorlesung 27 Fr<br />

27 Mo 05<br />

28 Do<br />

28 So 28 Mi Abendvorlesung 28 Do 28 So 28 Di 28 Fr 28 So 28 Mi 28 Sa 28 Mo 44 28 Do 28 Sa<br />

28 Di<br />

29 Fr<br />

29 Mo 05 29 Do 29 Fr Karfreitag 29 Mo 18 29 Mi Abendvorlesung 29 Sa 29 Mo 31 29 Do 29 So 29 Di 29 Fr 29 So<br />

29 Mi<br />

30 Sa<br />

30 Di 30 Sa 30 Di 30 Do 30 So 30 Di 30 Fr 30 Mo 40 30 Mi Abendvorlesung 30 Sa 30 Mo 01<br />

30 Do<br />

31 So Silvester<br />

31 Mi Abendvorlesung 31 So Ostersonntag 31 Fr 31 Mi 31 Sa 31 Do Reformationstag 31 Di<br />

31 Fr Silvester<br />

2024


TITELTHEMA<br />

TITELTHEMA<br />

Transfusionen voller Leben<br />

Mit Stammzelltransplantation gegen die Leukämie<br />

Ein Ausweis, der Gewissheit schafft<br />

Der Organspendeausweis erklärt<br />

Auf den ersten Blick sieht man nicht, was<br />

Lennert Otto in den vergangenen fünf<br />

Jahren erlebt hat. Wenn er mit medizinischen<br />

Begriffen wie Blinatumomab,<br />

DLI oder Chimärismus jongliert, als<br />

wären es Wörter aus seiner Ausbildung<br />

zum Fertigungsmechaniker, und er alle<br />

Schwestern der kinderonkologischen<br />

Station E130 am UKJ per Vornamen<br />

grüßt, lieg die Vermutung nahe, dass<br />

es keine leichte Zeit für ihn war.<br />

Lennert Otto bei der<br />

Behandlung durch<br />

Prof. Bernd Gruhn.<br />

Foto: Hellmann<br />

Aktuell besteht in Deutschland noch nicht die Möglichkeit,<br />

die eigene Entscheidung zur Organ- und Gewebespende in<br />

einem Register zu erfassen. Deshalb ist es wichtig, diese<br />

Entscheidung – egal ob Zustimmung oder Ablehnung – in<br />

einem Organspendeausweis zu dokumentieren und diesen<br />

für den Ernstfall immer bei sich zu tragen. Die auf dem<br />

Ausweis vermerkte Entscheidung ist rechtlich bindend<br />

für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Nur<br />

wenn kein Organspendeausweis vorliegt, werden<br />

die Angehörigen des Verstorbenen um eine<br />

Entscheidung zur Spende gebeten.<br />

2018 stellten die Experten um Prof.<br />

Bernd Gruhn, Oberarzt an der Klinik für<br />

Kinder- und Jugendmedizin, den Grund<br />

für den starken Gewichtsverlust und die<br />

Schmerzen des damals 14-Jährigen fest:<br />

Er litt an akuter lymphoblastischer Leukämie,<br />

einer bösartigen Erkrankung des<br />

blutbildenden Systems. „Lennert sprach<br />

zunächst sehr schlecht auf die Chemotherapie<br />

an“, so Gruhn. Trotz einiger<br />

Unverträglichkeiten und Komplikationen<br />

waren zu Beginn des Jahres 2020<br />

alle Leukämiezellen restlos vernichtet.<br />

Lennert konnte langsam in sein altes<br />

Leben zurückkehren – zumindest kurz.<br />

Denn schon Mitte 2021 ging es ihm<br />

zunehmend schlechter. Starke Beinschmerzen,<br />

Übelkeit und blaue Flecken<br />

prägten seinen Alltag. „Da wusste<br />

ich gleich, dass der Krebs wieder<br />

zurück ist“, erinnert sich Lennert. Die<br />

Untersuchungen auf der Station E130<br />

bestätigten den Rückfall: Er hatte ein<br />

spätes isoliertes Knochenmarkrezidiv.<br />

Die Leukämiezellen befanden sich<br />

ausschließlich im Knochenmark. Sofort<br />

begann die Chemotherapie – auf die<br />

Lennert wieder nicht gut ansprach. „In<br />

dieser Situation konnte ihm nur eine<br />

Stammzellspende helfen“, weiß Prof.<br />

Gruhn. „Alternativ zu einer weiteren<br />

Chemotherapie haben wir uns für<br />

eine Therapie mit dem Antikörper<br />

Blinatumomab entschieden, um<br />

die Leukämiezellen vorab gezielt zu<br />

bekämpfen.“ Direkt im Anschluss an die<br />

26 03 | <strong>23</strong><br />

Antikörpertherapie sollte die Knochenmarktransplantation<br />

stattfinden.<br />

Doch Lennert erkrankt an Covid-19.<br />

„Deshalb mussten wir die Transplantation<br />

verschieben“, sagt Prof. Gruhn.<br />

Da die Knochenmarkentnahme bei<br />

seinem passenden Fremdspender aber<br />

wie geplant stattfinden musste, wurden<br />

die Knochenmarkzellen bis zur Transplantation<br />

eingefroren. Denn das ist<br />

bei Knochenmarkzellen im Gegensatz<br />

zu Organspenden durchaus möglich<br />

„Wir versuchen es aber zu vermeiden.<br />

Denn durch das Einfrieren gehen etwa<br />

ein Drittel der Zellen verloren“, so Prof.<br />

Gruhn. Im März 2022 erhielt Lennert<br />

die Knochenmarktransplantation,<br />

damit sein Blut künftig ausschließlich<br />

aus dem gespendeten Knochenmark<br />

gebildet wird. So aber nicht bei ihm.<br />

„Bei Lennert lag ein gemischter Chimärismus<br />

vor, d.h. auch seine eigenen<br />

Zellen haben weiterhin Blut gebildet“,<br />

so Prof. Gruhn. „Das erhöht das Risiko<br />

für einen Rückfall.“ Da der Spenderanteil<br />

im Blut immer weiter sank, erhielt<br />

der mittlerweile 18-Jährige einmal<br />

monatlich Spenderlymphozyten, sogenannte<br />

DLIs. Da die Experten zusätzlich<br />

erneut Leukämiezellen im Knochenmark<br />

feststellten, ein sogenanntes molekulares<br />

Rezidiv, setzten sie auch die<br />

Antikörpertherapie fort. Sie schlug<br />

aber nicht wie gewünscht an. „Deshalb<br />

haben wir den neuartigen Antikörper<br />

Inotuzumab eingesetzt“, so Prof. Gruhn.<br />

Erst diese Therapiekombination führte<br />

dazu, dass weder eigene Zellen noch<br />

Leukämiezellen nachweisbar sind.<br />

„Um dieses Ergebnis zu stabilisieren,<br />

soll Lennert zwei weitere Zyklen des<br />

Antikörpers Inotuzumab erhalten und<br />

sieben weitere Gaben der Spenderlymphozyten“,<br />

sagt Prof. Gruhn. Insgesamt<br />

kann er dann auf 21 Spenderlymphozyten-Gaben<br />

zurückblicken – auf so<br />

viele wie nur wenige Patienten weltweit.<br />

„Wir sind sehr zuversichtlich, ihn mit<br />

dieser Strategie dauerhaft zu heilen“,<br />

versichert Prof. Gruhn. Auch Lennert<br />

Otto ist hoffnungsvoll: „Es ist alles ok<br />

und so soll es auch bleiben“. Mit diesen<br />

Worten holt er einen Brief für seinen<br />

Spender aus der Tasche, einen jungen<br />

Mann, der nur etwa drei Jahre älter ist<br />

als er. Sie stehen in Kontakt – laut Gesetz<br />

noch anonym. Erst zwei Jahre nach der<br />

Transplantation dürfen sie sich persönlich<br />

kennen lernen. Und das werden<br />

sie – im März 2024. Anne Curth<br />

2<br />

Der Ausweis bietet verschiedene Optionen,<br />

mit denen die eigene Entscheidung<br />

zur Organ- und Gewebespende<br />

dokumentiert werden kann:<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Hiermit stimmt man der Entnahme von<br />

Organen/ Gewebe uneingeschränkt zu.<br />

Mit dieser Option kann man die Entnahme bestimmter<br />

Organe/ Gewebe ausschließen. Die betroffenen<br />

Organe/ Gewebe müssen direkt benannt werden.<br />

Hiermit beschränkt man die Entnahme auf bestimmte<br />

Organe/ Gewebe. Auch hier müssen die Organe/<br />

Gewebe direkt benannt werden.<br />

3 4 Diese Option lehnt die Entnahme von Organen/ Gewebe ab.<br />

4<br />

5<br />

6<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Mit einem Kreuz in diesem Bereich überträgt man<br />

die Entscheidung über die Entnahme von Organen/<br />

Gewebe auf eine andere Person, dessen Name und<br />

Kontaktdaten angegeben werden müssen.<br />

Der Organspendeausweis wird unter Angabe des<br />

aktuellen Datums unterschrieben.<br />

Neben dem eigenen Namen und Geburtsdatum muss<br />

auch die aktuelle Adresse angegeben werden.<br />

22202_Organspende_Ausweis.qxp 11.03.2008<br />

Organspendeausweis<br />

Organspende<br />

nach § 2 des Transplantationsgesetzes<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

PLZ, Wohnort<br />

Geburtsdatum<br />

rganspende<br />

schenkt Leben.<br />

Antwort auf Ihre persönlichen Fragen erhalten Sie beim Infotelefon Organspende unter<br />

der gebührenfreien Rufnummer 0800 / 90 40 400.<br />

Die Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung<br />

(BZgA) bietet verschiedene<br />

Möglichkeiten, einen Organspendeausweis<br />

zu erhalten: Interessierte können den Ausweis zum einen<br />

direkt auf der Internetseite der BZgA<br />

ausfüllen, herunterladen und ausdrucken.<br />

Zum anderen können Sie den Ausweis<br />

als Plastikkarte zum Selbstausfüllen<br />

bestellen. Weitere Informationen unter<br />

www.organspende-info.de<br />

Selbstverständlich können Sie auch den folgenden Vordruck<br />

nutzen, um Ihre individuelle Entscheidung zur Organ- und<br />

Gewebespende zu dokumentieren. Füllen Sie in diesem<br />

Fall einfach das untenstehende Dokument vollständig aus,<br />

schneiden es aus und tragen es immer bei sich. ac<br />

12:04 Uhr 22202_Organspende_Ausweis.qxp Se<br />

11.03.2008<br />

Erklärung zur Organ- und Gewebespende<br />

Für den Fall, dass nach meinem Tod eine Spende von Organen/Geweben zur<br />

Transplantation in Frage kommt, erkläre ich:<br />

oder<br />

oder<br />

oder<br />

oder<br />

JA, ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes meinem<br />

Körper Organe und Gewebe entnommen werden.<br />

JA, ich gestatte dies, mit Ausnahme folgender Organe/Gewebe:<br />

JA, ich gestatte dies, jedoch nur für folgende Organe/Gewebe:<br />

NEIN, ich widerspreche einer Entnahme von Organen oder Geweben.<br />

Über JA oder NEIN soll dann folgende Person entscheiden:<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

Platz für Anmerkungen/Besondere Hinweise<br />

DATUM<br />

PLZ, Wohnort<br />

Telefon<br />

UNTERSCHRIFT<br />

12:04 Uhr Se<br />

27


AKTUELLES<br />

AKTUELLES<br />

„Jede Rückmeldung ist ein Geschenk“<br />

Neue Koordinatorin für Lob- und Beschwerdemanagement am UKJ<br />

Schneller Retter in der Not<br />

Seit 25 Jahren ist Rettungshubschrauber "Christoph 70" im Einsatz<br />

Jana Schleitzer an einem der Briefkästen,<br />

in den die Patientenbefragungen<br />

eingeworfen werden können. Neben den<br />

Papierfragebögen wird nun zusätzlich eine<br />

digitale Patientenbefragung eingeführt.<br />

Foto: Hellmann<br />

Nettes Personal, die fachliche Kompetenz<br />

der Ärztinnen und Ärzte, aber<br />

auch lange Wartezeiten in der Ambulanz<br />

oder die nicht mehr vollständige<br />

Spielesammlung – das und vieles mehr<br />

ist auf den Vordrucken der Patientenbefragung<br />

festgehalten, die ordentlich<br />

sortiert in Jana Schleitzers Büro liegen.<br />

Sie sind eine wichtige Quelle für die<br />

45-Jährige, denn sie ist die neue Lobund<br />

Beschwerdemanagerin am UKJ<br />

und hat damit für die Anliegen der<br />

Patientinnen und Patienten ein offenes<br />

Ohr. Sie sorgt dafür, dass sie sich zu<br />

Problemen äußern können, sich ernst<br />

genommen und gehört fühlen. Bisher<br />

kann Jana Schleitzer ein positives Fazit<br />

ziehen: „In fast jeder Befragung wird die<br />

pflegerische und ärztliche Betreuung<br />

lobend erwähnt“, berichtet sie.<br />

Das eingehende Lob und die Kritik<br />

geben Jana Schleitzer jedoch nicht<br />

nur Auskunft über die Zufriedenheit,<br />

sondern dienen auch dazu,<br />

funktionierende Prozesse auf einem<br />

gleichbleibend hohen Niveau zu halten<br />

oder sind Anregungen, Abläufe und<br />

Strukturen neu zu betrachten und<br />

gegebenenfalls zu verbessern. „Jede<br />

Rückmeldung ist ein Geschenk. Das<br />

Besondere bei Patienten ist, dass sie<br />

Dinge noch einmal anders einschätzen,<br />

weil sie den Blick von außen haben.<br />

Daher sind diese Informationen für das<br />

UKJ von unschätzbarem Wert“, weiß sie.<br />

Besonders wichtig für einen reibungslosen<br />

Arbeitsablauf beziehungsweise<br />

für dessen Optimierung sind die Mitarbeitenden,<br />

weshalb auch sie angehalten<br />

sind, ihre Erfahrungen und Anregungen<br />

an die Lob- und Beschwerdemanagerin<br />

heranzutragen.<br />

Gibt es im täglichen Ablauf Schwierigkeiten,<br />

können diese häufig gleich vor<br />

Ort geklärt werden. Gelingt das nicht,<br />

haben die Patientinnen und Patienten<br />

die Möglichkeit, eine Beschwerde<br />

einzureichen, die ebenfalls auf Jana<br />

Schleitzers Schreibtisch landet. Ihr<br />

kommt dann die Aufgabe zu, durch den<br />

Austausch mit den entsprechenden<br />

Stellen im UKJ sowie mit den Patientinnen<br />

und Patienten eine Lösung<br />

zu finden. Nicht immer eine leichte<br />

Aufgabe – gerade in einem Krankenhaus,<br />

weiß Jana Schleitzer. „Die Patienten<br />

und ihre Angehörigen befinden<br />

sich in einer Ausnahmesituation, wenn<br />

sie Hilfe am Uniklinikum suchen. Gibt<br />

es Beschwerden, hängen die häufig mit<br />

dieser persönlichen Krise zusammen.<br />

Eine Situation, die man erkennen und<br />

beim Finden einer Lösung einbeziehen<br />

muss“, erklärt sie. Das erfordert viel<br />

Fingerspitzengefühl. Zu Gute kommt der<br />

Lob- und Beschwerdemanagerin dabei<br />

ihr umfangreiches Wissen und ihre<br />

langjährige Erfahrung im Krankenhaus.<br />

Jana Schleitzer ist seit 26 Jahren im<br />

Gesundheitswesen tätig. Sie ist ausgebildete<br />

Krankenschwester, arbeitete<br />

zudem als Care und Case Managerin,<br />

absolvierte ein Betriebswirtschaftliches<br />

Studium und arbeitete viele Jahre<br />

als Medizincontrollerin, der Abschluss<br />

im Pflegemanagement steht kurz bevor.<br />

Durch ihre Qualifikationen und langjährige<br />

Tätigkeit im Krankenhaus kennt sie<br />

die medizinischen Handlungsprozesse<br />

in Gänze und – ein entscheidender<br />

Vorteil – auch aus verschiedenen Blickwinkeln,<br />

weshalb sie weiß, an welchen<br />

Stellschrauben gedreht werden kann<br />

beziehungsweise muss.<br />

Die Nähe zur Praxis ist Jana Schleitzer<br />

auch als Lob- und Beschwerdemanagerin<br />

weiterhin sehr wichtig. Deshalb<br />

ist sie regelmäßig im UKJ unterwegs.<br />

Denn sie weiß: „Wenn man nah dran<br />

ist an den Patienten und Mitarbeitern,<br />

bekommt man den besten Einblick.“<br />

Theresa Wahl<br />

Einführung der Digitalen Patientenbefragung<br />

ab Oktober geplant<br />

Mehr Beteiligung und höhere Akzeptanz sind die Ziele der Digitalen Patientenbefragung.<br />

Geplant ist die Einführung des Moduls „Patientenbefragung<br />

& Beschwerde“ der Firma Bewatec im Oktober 20<strong>23</strong>. Unsere Patienten<br />

haben so die Möglichkeit, direkt vom Bedside-Terminal aus oder über einen<br />

QR-Code ein Feedback oder eine Beschwerde zu äußern.<br />

Ein hybrides Vorgehen ist vorgesehen, d.h. die Papierfragebögen werden<br />

in einer angepassten Version auch weiterhin zur Verfügung stehen.<br />

Um 7 Uhr morgens beginnt der Dienst<br />

für die Luftrettung in Jena-Schöngleina.<br />

Zweieinhalb Stunden später geht der<br />

erste Notruf an diesem Tag ein – es soll<br />

nicht der letzte bleiben. Noch unterwegs<br />

wird das Team um Dr. Jens Reichel,<br />

Notarzt am UKJ, ADAC-Pilot Mario Klose<br />

und Alex Meixner, Notfallsanitäter beim<br />

Deutschen Roten Kreuz (DRK) Jena,<br />

zum nächsten Einsatz gerufen. Als<br />

Hubschrauber „Christoph 70“ gegen<br />

Mittag wieder an seiner Basis landet,<br />

bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen.<br />

Dr. Jens Reichel hat gerade die Schuhe<br />

ausgezogen und auf einem Stuhl Platz<br />

genommen, seine Kollegen sind noch<br />

am Helikopter beschäftigt, als die<br />

Rettungsleitstelle ein weiteres Mal<br />

Alarm schlägt. Keine zwei Minuten<br />

später hebt die Crew erneut ab, um<br />

einem Menschen in der Not zu helfen.<br />

Seit 29 Jahren ist der Rettungshubschrauber<br />

in Jena-Schöngleina stationiert.<br />

Zunächst eine Bundeswehr-<br />

Maschine Bell-UH1, die im Juni 1994<br />

unter dem Rufnamen „SAR 77“ erstmals<br />

im Einsatz war und zuvor unter anderem<br />

ihren Dienst in Vietnam geleistet hatte.<br />

Mit dem Rückzug der Bundeswehr aus<br />

der zivilen Luftrettung übernahm 1998<br />

der ADAC die Station – seither steigt<br />

„Christoph 70“ von Jena-Schöngleina<br />

aus in den Himmel. Seit nunmehr<br />

25 Jahren leisten die ADAC-Piloten<br />

gemeinsam mit Notärzten des UKJ und<br />

Notfallsanitätern DRK Jena schnelle<br />

Hilfe, starteten insgesamt zu mehr als<br />

30 000 Einsätzen. Allein im vergangenen<br />

Jahr wurden sie 1 190 Mal angefordert.<br />

„Wir werden im Schnitt zwischen drei<br />

und vier Mal am Tag gerufen. 13 Einsätze<br />

waren mal die meisten am Tag, die wir<br />

hatten. Da waren wir wirklich ohne<br />

Unterbrechung von Dienstbeginn bis<br />

zum Sonnenuntergang unterwegs“,<br />

erzählt Dr. Jens Reichel.<br />

Die Einsätze der Luftrettung sind breit<br />

gefächert, reichen von Geburten bis<br />

hin zu psychiatrischen Notfällen. Im<br />

Vergleich zu den Anfangsjahren sei<br />

die Anforderung nach dem fliegenden<br />

Notarzt deutlich mehr geworden.<br />

„Viele denken, dass wir vor allem bei<br />

den schweren Unfällen zum Einsatz<br />

kommen. Das ist aber nicht so. Wir<br />

ergänzen mittlerweile den bodengebundenen<br />

Rettungsdienst“, erklärt Dr.<br />

Jens Reichel, der von Beginn an Teil der<br />

Luftrettung in Jena-Schöngleina und<br />

dienstältester Notarzt am UKJ ist. „Am<br />

häufigsten werden wir jedoch zu Verletzungen<br />

nach Verkehrs-, Arbeits- und<br />

Freizeitunfällen, zu Notfällen des Herz-<br />

Kreislaufsystems wie Herzinfarkten<br />

und Herzrhythmusstörungen sowie zu<br />

neurologischen Notfällen wie Schlaganfällen<br />

gerufen.“ Die Gründe, weshalb<br />

der Helikopter statt des Notarztwagens<br />

kommt, sind einfach. Ist das Aufkommen<br />

an Notfällen hoch, können die Kollegen<br />

am Boden schlicht nicht alle Einsätze<br />

abdecken und brauchen daher Unterstützung<br />

aus der Luft. Das ist auch der<br />

Fall, wenn der Rettungswagen nicht<br />

schnellstmöglich vor Ort sein kann.<br />

„Wir haben mit dem Hubschrauber eine<br />

vierfach höhere Reisegeschwindigkeit,<br />

sind mit etwa 220 km/h unterwegs. Das<br />

hat den Vorteil, dass wir einfach eher<br />

beim Patienten sein können“, sagt Dr.<br />

Jens Reichel. Angefordert wird der fliegende<br />

Notarzt aber auch dann, wenn an<br />

Orten Hilfe benötigt wird, die mit dem<br />

Rettungswagen nicht zu erreichen sind.<br />

So sind auch die Einsatzorte, zu denen<br />

Dr. Jens Reichel mit dem Helikopter als<br />

Notarzt gebracht wurde, vielfältig – vom<br />

Johannisplatz mitten in der Jenaer<br />

Innenstadt bis hin zu unwegsamen<br />

Gelände an der Bleilochtalsperre. Hilfe<br />

leisten die Luftretter jedoch nicht nur<br />

in Thüringen, sondern auch in den<br />

angrenzenden Bundesländern Bayern,<br />

Sachsen und Sachsen-Anhalt.<br />

Langweilig wird es also bei der Luftrettung<br />

nie. Diese Abwechslung ist es, die<br />

Dr. Jens Reichel besonders an seinem<br />

Job als fliegender Notarzt gefällt. Und<br />

der 63-Jährige – der sich selbst als Vollblut-Notfallmediziner<br />

bezeichnet – weiß<br />

noch einen Vorzug mit der Luftrettung<br />

im Dienst zu sein: „Thüringen ist von<br />

oben einfach schön anzusehen.“<br />

Theresa Wahl<br />

Kurz noch die Lage checken, bevor<br />

„Christoph 70“ zum nächsten Einsatz<br />

abhebt: UKJ-Notarzt Dr. Jens Reichel (links)<br />

und ADAC-Pilot Mario Klose. Foto: UKJ<br />

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29


AKTUELLES<br />

HEILEN<br />

Neue interdisziplinäre JECTU am UKJ<br />

Station für frühe klinische Studien in der Onkologie seit August in Betrieb<br />

Mit Hitze gegen den Knochentumor<br />

SarkomCentrum hilft jungem Sportstudenten zurück in normales Leben<br />

In den vergangenen Jahren hat die<br />

Forschung und Behandlung von Krebserkrankungen<br />

erhebliche Fortschritte<br />

gemacht. Wichtiger Teil für diesen<br />

Erfolg sind die klinischen Forschungsstrukturen,<br />

die Tumorpatientinnen<br />

und –patienten an der medizinischen<br />

Entwicklung teilhaben lassen. Allerdings<br />

steht Betroffenen mit einer<br />

fortgeschrittenen Krebserkrankung<br />

teilweise nur ein begrenztes Angebot<br />

an zugelassenen Therapien zur Verfügung.<br />

Interessant kann für sie daher die<br />

Teilnahme an einer klinischen Studie in<br />

einer frühen Entwicklungsphase sein,<br />

die ihnen den Zugang zu neuen Medikamenten,<br />

innovativen Therapieansätzen<br />

und Medizinprodukten gewährt. Am UKJ<br />

bietet diese Möglichkeit die sogenannte<br />

Jena Early Clinical Trial Unit (JECTU) des<br />

UniversitätsTumorCentrums (UTC).<br />

Die JECTU hat im August in neuen<br />

Räumlichkeiten ihren Betrieb aufgenommen.<br />

Dazu wurde in den vergangenen<br />

Monaten die Station B410<br />

umfangreich umgebaut und renoviert.<br />

Bot die JECTU bisher nur zwei Behandlungsplätze,<br />

stehen jetzt neben<br />

moderner technischer Ausstattung<br />

zwei Behandlungsräume mit insgesamt<br />

vier Betten und sechs Infusionsstühlen<br />

zur Verfügung. So können nun auch<br />

eine Vielzahl der angefragten Studien<br />

durchgeführt werden, die bislang<br />

aufgrund fehlender räumlicher und<br />

personeller Kapazitäten nicht möglich<br />

waren. „Mit dem Ausbau der Therapiekapazitäten<br />

und des speziell ausgebildeten<br />

Studienpersonals kann auch<br />

die Zahl der klinischen Studien und<br />

der Patienten-Neueinschlüsse am UKJ<br />

deutlich gesteigert werden“, sagt Prof.<br />

Dr. Thomas Ernst, ärztlicher Leiter des<br />

UTC und der JECTU.<br />

In der Einrichtung des Mitteldeutschen<br />

Krebszentrums werden die wichtigen<br />

ersten Schritte in der Erprobung<br />

Prof. Thomas Ernst, ärztlicher Leiter des UTC und der JECTU, bespricht sich mit Christina<br />

Schenkl (l.), Projektleitung Forschung des Mitteldeutschen Krebszentrums, und Silke<br />

Lindig, leitende Schwester der JECTU, auf der neu eingerichteten Station. Foto: Hellmann<br />

und Zulassung neuer Wirkstoffe und<br />

Produkte direkt an betroffenen Patientinnen<br />

und Patienten durchgeführt, in<br />

denen die Verträglichkeit (Phase I) und<br />

Wirksamkeit (Phase II) unter intensiver<br />

Überwachung und Betreuung getestet<br />

werden. „Der Ausbau der JECTU und<br />

die Erweiterung klinischer Forschung<br />

sichert die unmittelbare Übertragung<br />

der Ergebnisse aus Grundlagenforschung<br />

und Medikamentenentwicklung<br />

in die klinische Praxis und ermöglicht<br />

die frühe Anwendung neuer Therapieverfahren“,<br />

so Prof. Dr. Ernst. Und: „Die<br />

JECTU stellt zudem für Sponsoren klinischer<br />

Studien aus Universitäten und<br />

forschender Pharmaindustrie einen<br />

kompetenten Partner mit langjähriger<br />

Erfahrung in der Durchführung von<br />

klinischen Prüfungen dar.“<br />

Nach dem Bezug der neuen JECTU-<br />

Station Anfang August werden dort<br />

zunächst die frühen klinischen Studien<br />

der Klinik für Innere Medizin II und<br />

der Klinik für Urologie durchgeführt.<br />

Nachfolgend werden weitere Kliniken<br />

des UKJ eingebunden. „Die JECTU steht<br />

allen beteiligten Kliniken offen, um<br />

ein breites Spektrum an innovativen<br />

Therapien durchführen zu können und<br />

die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

zu fördern“, betont Prof. Dr. Ernst.<br />

Anfang November wird mit einem<br />

Kick-off -Symposium die neue JECTU-<br />

Station offiziell vorgestellt, bei dem<br />

sich nicht nur ein Eindruck von den<br />

neuen Räumlichkeiten und der Ausstattung<br />

verschafft werden kann, sondern<br />

auch fachliche Informationen gegeben<br />

werden. Zudem besteht bei der Veranstaltung<br />

die Möglichkeit, mit den beteiligten<br />

Ärzten und Wissenschaftlern<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen in<br />

den Austausch zu kommen.<br />

Theresa Wahl<br />

Sieben Monate lang leidet Sportstudent<br />

Dominik Streitz an immer stärker<br />

werdenden Knochenschmerzen am<br />

rechten Oberschenkel. Erst im Sarkom-<br />

Centrum des UKJ kommen die Experten<br />

aus der Klinik für Unfall-, Hand- und<br />

Wiederherstellungschirurgie der<br />

Ursache auf die Spur: Ein sehr seltener,<br />

aber gutartiger Tumor, ein sogenanntes<br />

Osteoidosteom, ist der Übeltäter. Für<br />

die besondere Behandlung haben sie<br />

sich mit den Fachkollegen aus der<br />

Interventionellen Radiologie zusammengetan<br />

und die gutartige Raumforderung<br />

mithilfe einer speziellen Sonde<br />

durch Hitzeeinwirkung zerstört – ein<br />

Verfahren, das in Thüringen nur am UKJ<br />

angewendet wird.<br />

Dominik Streitz studiert Sportwissenschaft<br />

in Jena. Der 21-Jährige hat<br />

plötzlich Schmerzen am Oberschenkel,<br />

die er zunächst als Sportverletzung<br />

abtut. Die Schmerzen verschwinden<br />

aber auch nach Wochen nicht, nehmen<br />

sogar zu, besonders nachts. Was ihm<br />

dann hilft, zumindest vorübergehend,<br />

Mit einer speziellen Sonde hat Dr. Florian<br />

Bürckenmeyer, Oberarzt am Institut für Diagnostische<br />

und Interventionelle Radiologie,<br />

den gutartigen Tumor hitzebehandelt.<br />

Seine Krücken braucht Dominik Streitz<br />

nicht mehr: Dank der Ärzte im Jenaer<br />

SarkomCentrum. v.l.: Dr. Wolfram<br />

Weschenfelder, Dr. Christian Spiegel, beide<br />

Chirurgen in der Klinik für Unfall-, Handund<br />

Wiederherstellungschirurgie und<br />

Leiter des SarkomCentrums; apl. Prof. René<br />

Aschenbach, Institut für Diagnostische<br />

und Interventionelle Radiologie und<br />

Stellvertretender Direktor. Fotos: UKJ<br />

sind Schmerzmittel, sogenannte nicht<br />

steroidale Antirheumatika. Diese Symptome<br />

sind es, die letztlich Dr. Christian<br />

Spiegel aus dem Jenaer SarkomCentrum<br />

auf die richtige Fährte bringen.<br />

„Das sind ganz typische Anzeichen für<br />

ein solches Osteoidosteom“, erklärt er.<br />

Die endgültige Diagnose stellen er und<br />

sein Kollege Dr. Wolfram Weschenfelder<br />

schließlich anhand der Bildgebung,<br />

denn diese gutartigen Knochentumore<br />

sind nur mit Kontrastmittel<br />

zu erkennen. „Osteoidosteome sind<br />

selten, wir sehen pro Jahr vielleicht<br />

sechs bis acht Fälle“, so Spiegel. „Sie<br />

sind zum Glück gutartig, verursachen<br />

aber sehr starke Schmerzen.“<br />

Aber wie den Sportstudenten am besten<br />

behandeln? Schließlich ist es für den<br />

jungen Mann unerlässlich, sich schnell<br />

wieder schmerzfrei bewegen zu können.<br />

Im interdisziplinären SarkomCentrum<br />

besprechen sich die Unfallchirurgen<br />

mit ihren beiden Kollegen Prof. René<br />

Aschenbach und Dr. Florian Bürckenmeyer<br />

aus dem Institut für Diagnostische<br />

und Interventionelle Radiologie – und<br />

entscheiden sich gemeinsam für ein<br />

besonders schonendes Verfahren, das<br />

nur wenige Kliniken deutschlandweit<br />

anwenden: die sogenannte thermische<br />

Ablation. Hierbei führen die Radiologen<br />

über eine schmale Bohrung in den Oberschenkelknochen<br />

eine spezielle, etwa<br />

neun Zentimeter lange Sonde bis zum<br />

Tumor ein, der dann fünf Minuten bei<br />

50 Watt erhitzt wird. Dadurch löst sich<br />

der Tumorkern vollständig auf. Anders<br />

als bei einer operativen Entfernung<br />

des Tumors kann der Patient nach der<br />

Hitzebehandlung schnell wieder auf<br />

den Beinen stehen – so auch Dominik<br />

Streitz. Der verbringt nach dem minimalinvasiven<br />

Eingriff keine zwei Tage<br />

im UKJ. „Bei den Dauerschmerzen habe<br />

ich wirklich schon gedacht, das war’s<br />

jetzt mit dem Sportstudium. Ich kann<br />

es kaum glauben, dass ich jetzt einfach<br />

ohne Schmerzmittel und ohne Krücken<br />

laufen kann“, beschreibt Dominik Streitz<br />

seine Erleichterung. Der Fortsetzung<br />

seines Sportstudiums steht nun nichts<br />

mehr im Weg.<br />

Katrin Bogner<br />

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31


HEILEN<br />

FORSCHEN<br />

Noch präziser, beweglicher und schonender<br />

Neuer DaVinci-Roboter im OP-Saal des UKJ im Einsatz<br />

‚Botox‘ nach Schlaganfall<br />

Empfohlene Behandlung gegen Spastik viel zu selten angewandt<br />

Der Patient liegt auf dem Operationstisch, um ihn herum der<br />

Anästhesist, ein assistierender Arzt und die OP-Schwester.<br />

Der Urologe, der heute die Entfernung der Prostata vornimmt,<br />

fehlt jedoch in deren Mitte. Stattdessen sitzt er in der Ecke des<br />

OP-Saals an einer Konsole, schaut auf ein dreidimensionales,<br />

bis zu zwölffach vergrößertes Bild und steuert die Roboterarme<br />

mit daran befestigten OP-Werkzeugen im Körper des Mannes.<br />

Es ist der erste Eingriff am UKJ mit dem neuen OP-Roboter<br />

DaVinci Xi. Und der wird nicht zufällig an der Prostata vorgenommen,<br />

denn die Operateure der Klinik für Urologie haben<br />

die größte Erfahrung auf diesem Gebiet: Jährlich nehmen sie<br />

etwa 150 Operationen mit dem OP-Roboter vor.<br />

Bereits seit 2011 wird im UKJ auf die roboter-assistierte<br />

Chirurgie gesetzt, die minimal-invasive Eingriffe ermöglicht.<br />

Damals zog der erste DaVinci-Roboter überhaupt<br />

in den OP-Saal eines Klinikums in Thüringen ein. Ersetzt<br />

wird dieser nun durch das neue System mit modernster<br />

Computer- und Rotationstechnik. So positioniert sich der<br />

Roboter etwa auf Grundlage von Patientendaten mittels<br />

Lasersteuerung am OP-Tisch, die mit Joysticks durch den<br />

Operateur bedienten Werkzeugarme sind noch feiner justiert<br />

und ermöglichen so eine optimale 360-Grad-Bewegung der<br />

Instrumente im Körper der Patienten. Ein technischer Vorzug,<br />

der sich vor allem bei schwer erreichbaren Körperstellen<br />

auszahlt. Ein weiterer Vorteil: Der neue OP-Roboter bietet<br />

dank einer Doppelkonsole noch bessere Möglichkeiten in<br />

der Aus- und Weiterbildung, da zwei Operateure zeitgleich<br />

agieren und sich die Instrumente übergeben können.<br />

Trotz aller technischen Raffinessen –<br />

alleine arbeitet der DaVinci-Roboter<br />

nicht. „Es kommt entscheidend auf<br />

den Operateur an. Und hier haben<br />

wir aufgrund unserer langjährigen<br />

Erfahrung einen erheblichen Vorteil<br />

gegenüber allen anderen Kliniken<br />

in Thüringen“, weiß Prof. Dr. Marc-<br />

Oliver Grimm, Direktor der Klinik für<br />

Urologie am UKJ. Seit 2011 wurden<br />

insgesamt fast 2 300 Operationen<br />

mit dem DaVinci-Roboter realisiert.<br />

Neben der Urologie setzen auch die<br />

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und<br />

Gefäßchirurgie, die Herz-Thorax-<br />

Chirurgie sowie die Kliniken für<br />

Hals-Nasen und Ohrenheilkunde<br />

und Frauenheilkunde auf die roboterassistierten<br />

Eingriffe.<br />

Viel Erfahrung am DaVinci-Roboter:<br />

Dr. Frank Berger, Oberarzt in der Klinik für<br />

Urologie am UKJ.<br />

Foto: Hellmann<br />

Wichtig bei solch einer komplexen Operation ist jedoch<br />

nicht nur der technische Assistent des Operateurs. „Die<br />

Roboter-OPs sind Teamarbeit. Deshalb ist ein erfahrenes<br />

Team ein wichtiger Faktor für die Behandlungsqualität und<br />

die Patientensicherheit. Wir können auf diese Ressource<br />

aus erfahrenen Operateuren, OP-Pflege und Anästhesie<br />

zurückgreifen“, weiß Oberarzt Dr. Frank Berger, der neben<br />

der leitenden Oberärztin Dr. Susan Foller in der Klinik für<br />

Urologie einer der Hauptoperateure mit dem DaVinci-<br />

Roboter ist.<br />

Zu den am meisten ausgeführten roboter-assistierten<br />

chirurgischen Eingriffen der Urologen zählt die radikale<br />

Prostataentfernung bei Prostatakrebs, der je nach Umfang<br />

durchschnittlich zwei bis drei Stunden dauert. „Für diese<br />

Art der OP stellt der Roboter das beste ‚Werkzeug‘ dar.<br />

Hauptgründe hierfür sind die exzellente Sicht und die<br />

Feinheit und Gelenkigkeit der Instrumente“, sagt Dr. Berger.<br />

Dr. Foller ergänzt: „Die eben genannte Präzision ist ein<br />

entscheidender Faktor, wenn es um funktionelle Ergebnisse<br />

der Operation geht. Bei der radikalen Prostataentfernung<br />

kommt es neben der vollständigen Tumorentfernung<br />

schließlich auf den Erhalt von Kontinenz und Potenz an.<br />

Durch das minimal-invasive Vorgehen ist der Eingriff für<br />

den Patienten mit weniger Schmerzen verbunden, es kommt<br />

seltener zu Wundheilungsstörungen und der Blutverlust ist<br />

geringer. Dadurch kommt der Patient in der Regel insgesamt<br />

schneller wieder auf die Beine.“ Das Einsatzgebiet<br />

des DaVinci-Roboters am zertifizierten Uroonkologischen<br />

Zentrum des UKJ ist aber noch weitaus<br />

vielfältiger: „Neben der präzisen und<br />

schonenden Operation bei Prostatakrebs<br />

gibt es eine Reihe von bösartigen<br />

und gutartigen Erkrankungen an<br />

Niere, Harnblase und -leiter, die damit<br />

operativ behandelt werden können.<br />

Auch die Anlage einer künstlichen<br />

Harnblase bei Harnblasenkrebs kann<br />

damit erfolgen“, so Prof. Grimm. Das<br />

Therapiespektrum wurde 2022 zudem<br />

um die Rekonstruktionen bei Engen an<br />

Blasenhals und Harnleiter erweitert.<br />

Mit dem neuen DaVinci-Roboter wird<br />

sich das Einsatzgebiet in der Urologie<br />

nun noch einmal ausweiten.<br />

Theresa Wahl<br />

Etwa ein Drittel der Patientinnen und<br />

Patienten, die einen Schlaganfall<br />

erlitten haben, leiden anschließend<br />

unter spastischen Bewegungsstörungen.<br />

Vom Schlaganfall verursachte<br />

Hirnschädigungen führen dabei zu<br />

schweren Bewegungsstörungen und<br />

Verkrampfungen der Muskulatur, die je<br />

nach Ausprägung und den betroffenen<br />

Bereichen mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen<br />

verbunden sind.<br />

Die Lebensqualität der Betroffenen ist<br />

meist erheblich reduziert. Die deutsche<br />

Behandlungsleitlinie sieht zur Therapie<br />

der Spastik regelmäßige Physio- und<br />

Ergotherapie sowie, falls notwendig,<br />

eine ergänzende medikamentöse<br />

Behandlung vor. Für diese werden in<br />

erster Linie regelmäßige Injektionen mit<br />

Botulinumtoxin (‚Botox‘) in die spastischen<br />

Muskeln empfohlen. Das führt zu<br />

einer raschen Muskelentspannung und<br />

kann die Lebensqualität der Schlaganfallpatienten<br />

deutlich verbessern.<br />

Wegen erheblicher Nebenwirkungen<br />

wie Müdigkeit und Schwindel sollte<br />

die Einnahme weiterer antispastischer<br />

Medikamente nur nach strenger Abwägung<br />

verordnet werden.<br />

Anhand einer repräsentativen Stichprobe<br />

aus Krankenkassendaten<br />

untersuchte ein Forschungsteam, wie<br />

diese Behandlungsempfehlungen in<br />

Deutschland umgesetzt werden. Dafür<br />

betrachteten Neurologen des Universitätsklinikums<br />

Jena zusammen mit<br />

Epidemiologen des Instituts InGef in<br />

Berlin die anonymisierten Versicherungsdaten<br />

von knapp 8 000 Patientinnen<br />

und Patienten, die in den Jahren<br />

2015 bis 2019 wegen einer Spastik nach<br />

einem Schlaganfall behandelt wurden.<br />

Fast die Hälfte dieser Diagnosen wurde<br />

in der Hausarztpraxis gestellt. Zwar<br />

wurden drei Viertel der Patienten<br />

nach der Diagnose mindestens einmal<br />

physiotherapeutisch behandelt, jedoch<br />

erhielt nur knapp die Hälfte regelmäßige<br />

Verordnungen und nur ein Viertel<br />

spezifisch zur Therapie einer schlaganfallbedingten<br />

Spastik. „Bemerkenswert<br />

ist, dass nur ein Prozent der Patienten<br />

Botulinumtoxin-Injektionen erhielten,<br />

aber zehn Prozent mit Tabletten gegen<br />

Spastik behandelt wurden“, sagt Erstautor<br />

PD Dr. Florian Rakers. „Damit<br />

werden die Empfehlungen der deutschen<br />

Spastikleitlinie nicht konsequent<br />

umgesetzt“, führt Rakers weiter aus.<br />

Für eine bessere Umsetzung der Leitlinien<br />

und zur Erhöhung der Qualität in<br />

der Schlaganfallnachsorge empfehlen<br />

Die Neurologen Albrecht Günther und<br />

Florian Rakers (v.l.) vom Uniklinikum Jena<br />

belegen in einer Versorgungsforschungsstudie,<br />

dass ‚Botox‘-Injektionen gegen<br />

Spastiken nach Schlaganfall zu selten<br />

durchgeführt werden. Foto: Szabó<br />

die Autoren eine Ausweitung der regelmäßigen<br />

spezifischen Physiotherapie<br />

und die regelmäßige Botulinumtoxinbehandlung.<br />

Diese sollte vor allem bei<br />

den Patienten erwogen werden, die<br />

bislang ausschließlich antispastische<br />

Medikamente einnehmen und noch<br />

keine Injektionen erhielten. „Bei diesen<br />

Patientinnen und Patienten ist häufig<br />

von schmerzhaften und behindernden<br />

Spastiken auszugehen, die durch Botulinumtoxin<br />

sehr nebenwirkungsarm<br />

gemildert werden könnten“, so Dr.<br />

Albrecht Günther, Letztautor der im<br />

Deutschen Ärzteblatt erschienenen<br />

Studie. Er hebt dabei die besondere<br />

Bedeutung von Allgemeinmedizinern<br />

in der Schlaganfallnachsorge hervor,<br />

weil eine Spastik nach einem Schlaganfall<br />

sehr oft in der Hausarztpraxis<br />

diagnostiziert wird. „Patientinnen und<br />

Patienten mit einer schlaganfallbedingten<br />

Spastik sollten möglichst an<br />

erfahrene Spastiktherapeuten überwiesen<br />

werden, um so die Qualität der<br />

Schlaganfallnachsorge zu verbessern“<br />

empfehlen die Forscher abschließend.<br />

Uta von der Gönna<br />

Originalpublikation:<br />

DOI: 10.3<strong>23</strong>8/arztebl.m20<strong>23</strong>.0004<br />

KONTAKT<br />

PD Dr. Florian Rakers<br />

Dr. Albrecht Günther<br />

Klinik für Neurologie<br />

Florian.Rakers@med.uni-jena.de<br />

Albrecht.Guenther@med.uni-jena<br />

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33


FORSCHEN<br />

FORSCHEN<br />

Unter Nobelpreisträgern<br />

Nachwuchswissenschaftler bei der 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung<br />

Das Alter geht Männern mehr an die Nieren<br />

Gendermedizinische Forschung in der Nephrologie des UKJ<br />

So oft in seinem Leben erhält man<br />

nicht die Chance, einen Nobelpreisträger<br />

hautnah zu erleben. Es ist<br />

durchaus eine Ehre. Und die wurde<br />

in diesem Jahr zwei jungen Nachwuchswissenschaftlern<br />

des UKJ zuteil:<br />

Edda Matthees, Doktorandin am<br />

Institut für molekulare Zellbiologie,<br />

und Denys Oliinyk, Doktorand in der<br />

Jenaer Arbeitsgruppe Funktionelle<br />

Proteomanalyse. Beide gehören zum<br />

ausgewählten Kreis derer, die an der<br />

72. Lindauer Nobelpreisträgertagung<br />

mit dem diesjährigen Schwerpunkt<br />

Medizin und Physiologie teilnehmen<br />

durften. Mit exzellenten wissenschaftlichen<br />

und akademischen Leistungen<br />

überzeugten ihre Bewerbungen das<br />

Kuratorium. Sechs Tage lang, in der<br />

letzten Juniwoche 20<strong>23</strong>, erlebten die<br />

beiden die besondere Atmosphäre<br />

der renommierten Konferenz mit über<br />

600 jungen Wissenschaftlern aus 98<br />

Ländern und 40 Nobelpreisträgern. Ihr<br />

Fazit: Inspirierend!<br />

„Für mich war es sowohl wissenschaftlich<br />

als auch persönlich eine sehr intensive<br />

Erfahrung, die ich keinesfalls missen<br />

möchte“, schwärmt Edda Matthees.<br />

Vor allem der intensive Austausch mit<br />

anderen Nachwuchswissenschaftlern in<br />

Kombination mit dem offenen Austausch<br />

mit den Nobelpreisträgern habe sie am<br />

meisten inspiriert. Unter anderem lernte<br />

sie den US-amerikanischen Onkologen<br />

und Nobelpreisträger William G. Kaelin<br />

kennen und nahm an Diskussionsrunden<br />

mit Emmanuelle Charpentier teil. Die<br />

hatte 2020 den Nobelpreis für Chemie<br />

erhalten für die Entwicklung von CRISPR-<br />

Cas 9, umgangssprachlich als Genschere<br />

bekannt. Ein molekularbiologisches<br />

Verfahren, das Edda Matthees im Labor<br />

schon genutzt hat. Ganz ähnlich berichtet<br />

auch Denys Oliinyk von seiner Teilnahme<br />

am Lindauer Nobelpreisträgertreffen:<br />

„Ich habe diese großartige Gelegenheit<br />

genutzt, so viel Wissen wie möglich<br />

sowohl von gestandenen Legenden der<br />

Wissenschaftswelt als auch den vielen<br />

aufstrebenden jungen Wissenschaftlern<br />

aufzusaugen.“ Dabei hatte Denys Oliinyk<br />

noch einen ganz persönlichen Moment,<br />

den er nicht so schnell vergessen wird:<br />

Im Gespräch mit einem Nobelpreisträger<br />

nutzte er die Gelegenheit, eine seiner<br />

Ideen zu präsentieren und schaffte es<br />

tatsächlich, den Nobelpreisträger damit<br />

zu beeindrucken.<br />

Ihre Erfahrungen sind sicherlich<br />

ein weiterer Motivationsschub für<br />

die ohnehin schon begeisternde<br />

Forschungsaktivität von Edda Matthees<br />

und Denys Oliinyk.<br />

Edda Matthees arbeitet viel am Mikroskop.<br />

Denys Oliinyk am Massenspektrometer.<br />

Fotos: UKJ<br />

Edda Matthees arbeitet seit ihrem<br />

Masterabschluss in Molecular Medicine<br />

2020 in Jena als Doktorandin am<br />

Institut für molekulare Zellbiologie<br />

in der Arbeitsgruppe von Professor<br />

Carsten Hoffmann. Dort beschäftigt sie<br />

sich mit den Regulationsmechanismen<br />

von verschiedenen Rezeptoren, die in<br />

unserem Körper verteilt ganz unterschiedliche<br />

Aufgaben erfüllen und<br />

bei diversen Krankheiten fehlreguliert<br />

sind. „Mich begeistern an diesem<br />

Forschungsfeld die methodischen<br />

Fortschritte der letzten Jahre, die uns<br />

nochmal ganz neue Möglichkeiten<br />

bieten, auf unterschiedlichste Weise<br />

bisher ungeklärte Fragen zu untersuchen“,<br />

sagt Edda Matthees.<br />

Nach seinem Masterabschluss in Molecular<br />

Biology 2021 in Göttingen wechselte<br />

Denys Oliinyk ans UKJ. Seither<br />

beschäftigt sich der Doktorand in der<br />

Arbeitsgruppe von Professor Florian<br />

Meier mit der sogenannten Funktionellen<br />

Proteomanalyse, bei der mithilfe<br />

eines Hochleistungsmassenspektrometers<br />

individuelle Proteomprofile<br />

erstellt werden können. Die sollen ein<br />

besseres Verständnis für die Entstehung<br />

und Behandlung von Krankheiten<br />

liefern, wobei sich Denys Oliinyk insbesondere<br />

auf Blutkrebs konzentriert.<br />

„Was mich am meisten an meiner<br />

Arbeit begeistert ist es, Herausforderungen<br />

zu meistern und Antworten auf<br />

die kniffligsten Fragen zu finden“, so<br />

Denys Oliinyk. „Es ist faszinierend, wie<br />

aus eigenen Ideen über Experimente<br />

und viel Arbeit Wirklichkeit wird, die<br />

von den Kolleginnen und Kollegen dann<br />

auch anerkannt wird.“ Katrin Bogner<br />

Bei gebratenem Fleisch oder knusprigem Gebäck sorgt<br />

die Maillard-Reaktion für den typischen Geschmack. Die<br />

Reaktion verbindet Zucker- mit Eiweißmolekülen oder Fettbestandteilen<br />

ohne die Mitwirkung von Enzymen. Im Körper<br />

reagieren auf diese Weise Kohlenhydrate, wie z. B. Glukose,<br />

mit körpereigenen Eiweißstoffen zu sogenannten Advanced<br />

Glycation Endproducts, kurz AGEs. Solche AGEs bildet auch<br />

der Blutfarbstoff Hämoglobin mit im Blut vorhandenem<br />

Zucker – das dadurch entstehende HbA1c wird als Wert für<br />

den Langzeitblutzucker verwendet und ist umso höher, je<br />

schlechter die Blutzuckereinstellung eines Patienten mit<br />

Diabetes mellitus ist.<br />

Die AGEs entstehen kontinuierlich und summieren sich mit<br />

steigendem Alter, sie treten aber auch verstärkt bei Diabetes<br />

mellitus, Alzheimer-Demenz und Arteriosklerose auf. „Die<br />

AGEs stehen im Verdacht, eine wichtige Rolle bei der Entstehung<br />

von Gefäßschäden und einer Reihe von chronischen<br />

Erkrankungen zu spielen“, sagt Prof. Dr. Gunter Wolf, MHBA,<br />

Direktor der Klinik für Innere Medizin III. Im nephrologischen<br />

Forschungslabor der Klinik untersucht die Gruppe von PD Dr.<br />

Ivonne Löffler die molekularen Mechanismen der Nierenschädigung<br />

im Alter und bei Diabetes. „Auch im Nierengewebe<br />

beobachten wir eine Anhäufung von AGEs mit dem Alter und<br />

einen Rückgang der Organfunktion“, so die Biologin, die jetzt<br />

einen der Rezeptoren für AGEs im Nierengewebe genauer<br />

unter die Lupe genommen hat.<br />

Es gibt etwa ein halbes Dutzend solcher Rezeptoren, die in<br />

der Zellmembran sitzen und AGEs und andere Substanzen<br />

erkennen. Aktivieren diese Stoffe den Rezeptor, so löst das in<br />

der Zelle Dauerstress und eine Entzündungsreaktion aus. Es<br />

gibt aber auch AGE-Rezeptorformen im Blut, die dort AGEs an<br />

sich binden, bevor diese ihren negativen Einfluss auf die Zelle<br />

haben können. Das Forschungsteam untersuchte nun Mäuse,<br />

die aufgrund einer Genveränderung den Rezeptor RAGE nicht<br />

ausbilden konnten, und verglich sie mit nicht genetisch<br />

veränderten Wildtyptieren – jeweils in unterschiedlichen<br />

Altersstufen und beiden Geschlechtern. Ivonne Löffler: „Wir<br />

wissen, dass Männer ein höheres Risiko für altersbedingte<br />

Nierenschwäche haben als Frauen, deshalb interessierten<br />

wir uns besonders für eventuelle Geschlechtsunterschiede.“<br />

Detailliert analysierten die Wissenschaftler die Effekte des<br />

Rezeptors bzw. seines Nichtvorhandenseins. „Wir erfassten<br />

die AGEs im Nierengewebe und eine Reihe von Biomarkern, die<br />

den Entzündungsprozess, die Gewebeveränderungen und die<br />

Schädigung der Niere kennzeichnen“, so der Medizinstudent<br />

Alexander Lübbe. Er führte einen Großteil der Messungen<br />

PD Dr. Ivonne Löffler – untersuchte geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede der Alterungsprozesse im Nierengewebe. Foto: vdG<br />

im Rahmen seiner Doktorarbeit durch. Die Messergebnisse<br />

verglichen die Forscher jeweils für junge und alte, weibliche<br />

und männliche Mäuse mit und ohne RAGE-Rezeptor.<br />

Die Befunde: Die altersbedingte Ansammlung der AGEs im<br />

Nierengewebe war bei beiden Geschlechtern ähnlich. Bei<br />

Wildtypmäusen zeigten sich erwartungsgemäß im Alter bei<br />

den Weibchen weniger Nierenschäden als bei den Männchen.<br />

In den Nieren der alten Mäuse ohne Rezeptor wurden in<br />

beiden Geschlechtern massive Einwanderungen von Entzündungszellen<br />

in das Nierengewebe beobachtet. Dies kann<br />

Reparaturmechanismen, aber auch einen Gewebeumbau zur<br />

Folge haben, der die Funktion der Nierenzellen einschränkt.<br />

Die Untersuchungen zu Gewebe- und Nierenfunktions-<br />

Markern zeigten dann, dass der Rezeptormangel vorrangig<br />

bei männlichen Tieren die alters-induzierte Nierenschädigung<br />

verstärkt. Bei den weiblichen Tieren war dieser Effekt<br />

nicht signifikant ausgeprägt.<br />

„Dass das Fehlen eines AGE-Rezeptors nicht einfach zur<br />

Verringerung der schädlichen Wirkung der AGEs führt, zeigt<br />

das komplexe Zusammenspiel der verschiedenen Rezeptoren<br />

und wahrscheinlich auch Rezeptor-unabhängiger Mechanismen“,<br />

fasst Ivonne Löffler zusammen. „Die Beteiligung der<br />

Sexualhormone dabei wird in den Geschlechtsunterschieden<br />

deutlich.“ Ihre Arbeitsgruppe wird die Vertreter der Rezeptorgruppe<br />

und ihre Rolle für die chronischen Nierenerkrankungen<br />

weiter untersuchen.<br />

Uta von der Gönna<br />

Originalpublikation: doi: 10.3389/fphys.20<strong>23</strong>.1154551<br />

34 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

35


Super-Ager sind widerstandsfähiger<br />

gegen<br />

altersbedingte Veränderungen<br />

der Hirnstruktur.<br />

Foto: Schroll<br />

FORSCHEN<br />

LEHREN<br />

Ärztliche Basisfertigkeiten trainieren<br />

SkillsLab (UKJ) von der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung zertifiziert<br />

Geistig fit im hohen Alter<br />

Widerstandsfähigkeit gegen Abbauprozesse im Hirn<br />

Vor mehr als zehn Jahren startete die<br />

Vallecas-Studie in Spanien, an der<br />

weit über 1 000 Menschen jenseits der<br />

70 ohne neurologische oder schwere<br />

psychiatrische Störungen teilnehmen.<br />

Das Studienteam bittet die Senioren<br />

einmal im Jahr zu Tests und Untersuchungen,<br />

darunter auch MRT-Scans<br />

des Gehirns. Ziel des Gesamtprojektes<br />

ist es, frühe Anzeichen für kognitive<br />

Beeinträchtigungen und beginnende<br />

Demenz zu identifizieren. Zusammen<br />

mit spanischen Kollegen wertete der<br />

Neurowissenschaftler Prof. Dr. Christian<br />

Gaser vom Universitätsklinikum Jena<br />

jetzt im Projekt erhobene MRT-Daten<br />

zur Hirnstruktur aus und interessierte<br />

sich dabei vor allem für Super-Ager. So<br />

werden Menschen im Alter von 80 Jahren<br />

und älter bezeichnet, wenn sie über<br />

eine Gedächtnisleistung verfügen, die<br />

eigentlich für 30 Jahre jüngere Menschen<br />

typisch ist. Die Analyse ging der Frage<br />

nach, warum Super-Ager anders altern<br />

als die Mehrheit der Bevölkerung.<br />

Mithilfe eines Gedächtnistests filterte<br />

das Studienteam 64 Super-Ager aus der<br />

gesamten Kohorte und stellte ihnen 55<br />

ältere Erwachsene mit alterstypischer<br />

Gedächtnisfunktion gegenüber. In<br />

diesen Gruppen verglichen die Wissenschaftler<br />

die Hirnstrukturscans, Testergebnisse<br />

und Laborwerte, die im Schnitt<br />

über mehrere Jahre erhoben wurden.<br />

“Diese Studie ist eine der bisher größten<br />

Beobachtungsstudien über Super-Ager<br />

und die erste, die die Gehirnstruktur<br />

von Super-Agern im Laufe der Zeit<br />

untersucht”, sagt Christian Gaser und<br />

erklärt, dass dieses Längsschnittdesign<br />

der Studie entscheidend ist, um zu<br />

verstehen, warum Super-Ager anders<br />

altern. Im Ergebnis wurden frühere<br />

Studien bestätigt, die zeigten, dass die<br />

Gehirne von Super-Agern mehr graue<br />

Substanz haben als typisch alternde<br />

Erwachsene. Die aktuelle Analyse<br />

ergab zudem, dass bei Super-Agern die<br />

graue Substanz in Schlüsselbereichen<br />

des Gehirns im Laufe von fünf Jahren<br />

insgesamt langsamer abnahm als bei<br />

der Vergleichsgruppe. Die Konzentration<br />

von Demenz-Biomarkern im Blut war<br />

dagegen in beiden Gruppen ähnlich. „Wir<br />

schließen daraus, dass es nicht einfach<br />

bessere Bewältigungsmechanismen<br />

sind, die Super-Ager vor altersbedingtem<br />

Gedächtnisverlust bewahren,<br />

sondern dass sie widerstandsfähiger<br />

gegen altersbedingte Veränderungen<br />

der Hirnstruktur sind“, so Christian<br />

Gaser. „Die genauen Gründe dafür sind<br />

jedoch noch unklar."<br />

Unter insgesamt 89 demografischen,<br />

lebensstilbezogenen und klinischen<br />

Faktoren suchten die Forscher<br />

schließlich mit einem maschinellen<br />

Lernmodell nach denjenigen, die mit<br />

Super-Agern in Verbindung stehen.<br />

Dabei zeigte sich, dass Super-Ager über<br />

eine bessere geistige Gesundheit und<br />

mehr Mobilität verfügen als andere in<br />

ihrer Altersgruppe. "Allerdings war das<br />

Modell nur in zwei Dritteln der Fälle<br />

in der Lage, Super-Ager von typischen<br />

älteren Erwachsenen zu unterscheiden",<br />

so Gaser. Dies deutet darauf hin, dass<br />

das Superaging möglicherweise durch<br />

zusätzliche genetische Faktoren beeinflusst<br />

wird.<br />

Gaser merkt an, dass es nicht klar ist,<br />

ob alle Menschen das Potenzial haben,<br />

Super-Ager zu werden. Er betont jedoch,<br />

dass lebenslanges Lernen, soziale Aktivitäten,<br />

ein aktiverer Lebensstil und die<br />

Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit<br />

im täglichen Leben dazu beitragen<br />

können, dass man ein Super-Ager<br />

werden kann. "Ein aktiverer Lebensstil<br />

in der Lebensmitte und Aktivitäten wie<br />

das Spielen eines Instruments sowie<br />

die Aufrechterhaltung der Beweglichkeit<br />

und Kontrolle des Bluthochdrucks<br />

und des Blutzuckerspiegels<br />

könnten dazu beitragen, ein gesundes<br />

Gedächtnis im Alter zu erhalten", sagt<br />

er. Die Forschungsarbeit wurde im<br />

Rahmen des IMPULS-Verbundes von<br />

der Carl-Zeiss-Stiftung und als Teil des<br />

Promotionsnetzwerkes SmartAge von<br />

der EU gefördert. Uta von der Gönna<br />

Originalpublikation:<br />

doi: 10.1016/S2666-7568(<strong>23</strong>)00079-X.<br />

Weitere Informationen:<br />

» www.impuls.uni-jena.de<br />

» www.uniklinikum-jena.de/etnsmartage<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Christian Gaser<br />

Structural Brain Mapping Group<br />

03641 9-32 57 78<br />

christian.gaser@uni-jena.de<br />

Spätestens im klinischen Teil des<br />

Studiums ist es für Medizinstudierende<br />

soweit: Sie nehmen erstmals ihre<br />

spätere Rolle als Ärzte ein – und eigene<br />

kleinere Untersuchungen vor. Um<br />

vorab ein Gefühl dafür zu bekommen,<br />

wie es ist, an echten Patienten Blut<br />

abzunehmen, ihr Ohr zu untersuchen<br />

oder Erste Hilfe zu leisten, gibt es das<br />

sogenannte SkillsLab an der Medizinischen<br />

Fakultät der Uni Jena. Hier<br />

können angehende Medizinerinnen und<br />

Medizinern in einem geschützten Raum<br />

an lebensechten Modellen und mit<br />

Schauspielpatienten ihre praktischen<br />

Basisfertigkeiten trainieren – angeleitet<br />

von Tutorinnen und Tutoren, die selbst<br />

noch studieren. Auf Augenhöhe, eng<br />

verflochten mit dem Lehrplan und in<br />

enger Verbindung mit Ärztinnen und<br />

Ärzten am UKJ, die sich für die studentische<br />

Lehre als klinische Partner engagieren.<br />

Dass das Lehrkonzept nicht nur<br />

die Medizinstudierenden selbst begeistert,<br />

sondern auch objektiv ausgezeichnete<br />

Qualitätskriterien erfüllt, zeigt<br />

die erfolgte Zertifizierung durch den<br />

Ausschuss für praktische Fertigkeiten<br />

der Gesellschaft für Medizinische<br />

Ausbildung (GMA). Dieser bescheinigt<br />

dem SkillsLab Jena den Goldstandard in<br />

der simulationsbasierten Lehre. Besonders<br />

überzeugt haben die Gutachter<br />

die Ausbildung der studentischen<br />

Tutorinnen und Tutoren, die enge<br />

Einbettung ins Medizinstudium sowie<br />

die interprofessionellen Lehrangebote.<br />

Rund 50 studentische Tutorinnen und<br />

Tutoren betreuen im SkillsLab Jena<br />

unterschiedliche Kurse, von Händedesinfektion<br />

über das Anlegen eines<br />

EKG hin zum Angehörigengespräch, und<br />

schulen so die angehenden Ärztinnen<br />

und Ärzte in Diagnostik, Therapie und<br />

Kommunikation. Angelehnt an die<br />

spätere Ausbildung am Krankenbett<br />

auf Station bestehen die Kurse aus<br />

Kleinstgruppen, in der Regel betreut ein<br />

Tutor sechs Studierende. Die Tutoren<br />

selber werden auf ihre Rolle eingehend<br />

vorbereitet und sowohl medizinisch als<br />

auch didaktisch geschult und eingearbeitet.<br />

Das strukturierte Einarbeitungskonzept<br />

setzt dabei vor allem auf<br />

peer to peer – Tutoren arbeiten künftige<br />

Tutoren ein –, aber auch auf die<br />

Vermittlung didaktischer Fertigkeiten<br />

durch Pädagoginnen des SkillsLab<br />

sowie die enge Zusammenarbeit mit<br />

den klinischen Partnern am UKJ. „Wir<br />

sind hier keine Insel“, beschreibt es<br />

Urte Mille, Leiterin des SkillsLab. „Die<br />

Kursinhalte am SkillsLab erarbeiten<br />

immer klinische Partner zusammen mit<br />

den Tutoren, damit das, was den Studierenden<br />

hier vermittelt wird, auch den<br />

Lernzielen entspricht.“ Die Fertigkeiten,<br />

welche die Tutoren den Studierenden<br />

im SkillsLab beibringen, sind allesamt<br />

Basisfertigkeiten, beispielsweise<br />

Blutabnehmen oder sich steril im OP<br />

einkleiden. Alle Kurse, die im SkillsLab<br />

angeboten werden, sind vollständig<br />

ins Medizinstudium eingebettet,<br />

also Pflicht- bzw. Wahlpflichtveranstaltungen.<br />

„Man muss natürlich gut<br />

durchdenken: Was kann ein Student<br />

vermitteln und was sollte einem Arzt<br />

vorbehalten sein“, sagt Mille. Spezielle<br />

Fertigkeiten lernen die Studierenden<br />

dann später selbstverständlich im<br />

klinischen Kontext des Studiums. Vom<br />

Tutorin Florika Bestehorn und Adrian Faesel üben die Erste Hilfe an einem Neugeborenen.<br />

Foto: UKJ<br />

SkillsLab werden zukünftig neben den<br />

Studierenden der Human- und Zahnmedizin<br />

auch Berufe profitieren. Schon<br />

jetzt gibt es Kurse für Hebammenstudierende<br />

der Ernst-Abbe-Hochschule<br />

oder die Pflegeauszubildenden des<br />

UKJ, beispielsweise zu Geburt und<br />

Schwangerschaft oder Deeskalation.<br />

Diese interprofessionellen Lehrangebote<br />

sollen zukünftig im Sinne einer<br />

gemeinsamen Patientenversorgung<br />

erweitert werden. Katrin Bogner<br />

36 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

37


LEHREN<br />

LEHREN<br />

Gesundheitsversorgung bedarfsgerecht gestalten<br />

Gesundheitswissenschaftlerin übernimmt die Professur<br />

für Quantitative Versorgungsforschung<br />

Warum die Tigermücke für Medizinstudierende<br />

wichtig ist<br />

Weltweit erster praktischer Prüfungsparcours zur planetaren Gesundheit in Jena<br />

Wann gehen Patientinnen und Patienten<br />

mit welchen Beschwerden in welche<br />

Arztpraxen, was für Untersuchungen<br />

und Behandlungen erhalten sie dort,<br />

wohin werden sie weiter verwiesen,<br />

welchen Erfolg hat diese Versorgung<br />

und was kostet sie? Das sind typische<br />

Fragen der Versorgungsforschung,<br />

die fächerübergreifend Prozesse und<br />

Strukturen im Gesundheitswesen<br />

untersucht, um sie zu verbessern. Die<br />

zentrale Basis zur Beantwortung dieser<br />

Fragen sind die in den verschiedenen<br />

Versorgungsbereichen routinemäßig<br />

erhobenen Daten, zum Beispiel die<br />

der Krankenkassen. Prof. Dr. Verena<br />

Vogt nutzt statistische und datenwissenschaftliche<br />

Methoden, um anhand<br />

dieser Routinedaten den Versorgungsalltag<br />

vor allem im ambulanten<br />

Bereich zu analysieren. Die 36-jährige<br />

Gesundheitswissenschaftlerin hat seit<br />

Juni die Professur für Quantitative<br />

Versorgungsforschung am Universitätsklinikum<br />

Jena inne.<br />

„Wir untersuchen beispielsweise<br />

Versorgungspfade im Gesundheitssystem,<br />

also welche Leistungen im<br />

Rahmen der Abklärung bzw. Versorgung<br />

eines bestimmten Krankheitsbildes in<br />

Anspruch genommen werden – das<br />

sind mitunter etliche Stationen“,<br />

so die Professorin. Ein weiteres<br />

Forschungsgebiet ist die medizinische<br />

Überversorgung, wenn also Risiken<br />

und Aufwand einer Prozedur ihren<br />

Nutzen übersteigen. Beispiele hierfür<br />

sind unnötige bildgebende Untersuchungen<br />

bei unkomplizierten Rückenschmerzen,<br />

unnütze Labortests bei<br />

Schilddrüsenerkrankungen oder die<br />

unkritische Verschreibung von Schlafund<br />

Beruhigungsmitteln. Prof. Vogt:<br />

„Dafür interessieren sich natürlich die<br />

Krankenkassen. In unseren Projekten<br />

haben wir festgestellt, dass auch die<br />

praktizierenden Ärztinnen und Ärzte<br />

erstaunlich aufgeschlossen sind für das<br />

Thema.“ Ihre Forschungsgruppe misst<br />

in einem aktuellen Projekt, wie häufig<br />

solche überflüssigen Leistungen stattfinden.<br />

Darauf aufbauend kann dann<br />

Informations- und Schulungsmaterial<br />

entwickelt werden, um die ärztliche<br />

Entscheidung für eine angemessene<br />

Diagnose und Therapiemethode zu<br />

unterstützen.<br />

Verena Vogt studierte Gesundheitskommunikation<br />

und Public Health an<br />

der Universität Bielefeld, bevor sie an<br />

das Gesundheitsökonomische Zentrum<br />

an der Technischen Universität Berlin<br />

wechselte. Hier untersuchte sie auf der<br />

Basis von Routinedaten der Krankenkassen<br />

regionale Angebotsstrukturen<br />

und Versorgungsprozesse in der ambulanten<br />

Versorgung und promovierte zu<br />

diesem Thema in Gesundheitswissenschaften.<br />

Als Gastwissenschaftlerin<br />

forschte sie am Menzies Centre for<br />

Health Policy der Universität Sydney<br />

in Australien. Zuletzt war Verena Vogt<br />

Juniorprofessorin für Versorgungsforschung<br />

und Qualitätsmanagement im<br />

ambulanten Sektor an der TU Berlin.<br />

Die Gesundheitswissenschaftlerin<br />

Verena Vogt ist neue Professorin für<br />

Quantitative Versorgungsforschung<br />

am Universitätsklinikum Jena.<br />

Foto: Szabó<br />

Ihre Professur in Jena ist im Institut<br />

für Allgemeinmedizin des Uniklinikums<br />

angesiedelt und wird eng mit dem an der<br />

Medizinischen Fakultät neu etablierten<br />

Zentrum Versorgungsforschung zusammenarbeiten.<br />

Vom engeren Kontakt<br />

zum klinischen Versorgungsalltag<br />

erwartet Prof. Vogt wichtige Impulse für<br />

ihre Forschung: „Ich möchte Kooperationen<br />

und Vernetzung ausbauen, um die<br />

Versorgungsforschung am Universitätsklinikum<br />

Jena weiter voran zu bringen<br />

und im In- und Ausland sichtbar zu<br />

machen. Ich bin fest davon überzeugt,<br />

dass die Zusammenarbeit zwischen<br />

klinischer Praxis und versorgungsnaher<br />

Forschung von entscheidender<br />

Bedeutung ist, um die Gesundheitsversorgung<br />

bedarfsgerecht und effizient<br />

zu gestalten.“ Uta von der Gönna<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Verena Vogt<br />

Institut für Allgemeinmedizin<br />

Tel.: 03641 9-39 58 33<br />

verena.vogt@med.uni-jena.de<br />

Als Schwangere hat man nur einen<br />

Wunsch: Das Kind soll gesund zur Welt<br />

kommen. Hitzeepisoden, tropische<br />

Nächte und Luftverschmutzung, die<br />

mit dem Klimawandel einhergehen,<br />

erhöhen jedoch auch das Risiko für eine<br />

Frühgeburt. Eine Patientin ist deshalb<br />

besorgt und möchte in einem Gespräch<br />

mit ihrer Ärztin umfassend zu diesem<br />

Thema informiert werden. Nebenan<br />

berät sich der Ortsteilbürgermeister<br />

von Jena-Nord mit dem Amtsarzt der<br />

Stadt. Er hat von Tigermücken auf dem<br />

Nordfriedhof gelesen und möchte nun<br />

über eventuelle Gefahren, die von dem<br />

eigentlich im südostasiatischen Raum<br />

beheimateten Insekt ausgehen, aufgeklärt<br />

werden und wissen, welche vorausschauenden<br />

Maßnahmen getroffen<br />

werden können. Zwei von insgesamt<br />

acht Fällen, denen sich 20 Medizinstudierende<br />

im Mai in Form eines digital<br />

unterstützten praktischen Prüfungsparcours<br />

OSCE – Objective Structured<br />

Clinical Examination – gestellt haben.<br />

OSCE ist ein Prüfungsformat im Medizinstudium,<br />

das die klinische Kompetenz<br />

von Studierenden überprüft. Sie absolvieren<br />

dazu verschiedene Stationen, an<br />

denen mit Hilfe von Schauspielpatienten<br />

ihre konkreten ärztlichen Fertigkeiten<br />

bewertet werden.<br />

Der Jenaer OSCE-Parcours war weltweit<br />

der erste, der sich vollständig<br />

der Planetaren Gesundheit widmete.<br />

Neun Fächer von der Allgemeinmedizin<br />

bis zur Radiologie beteiligten sich<br />

OSCE: Medizinstudierende<br />

absolvierten am Universitätsklinikum<br />

Jena den deutschlandweit ersten<br />

interdisziplinären Prüfungsparcours<br />

zum Thema Planetare Gesundheit.<br />

Foto: Szabó<br />

interdisziplinär. Das Konzept nimmt<br />

die gesellschaftlichen Bedingungen<br />

für Gesundheit wie auch die globalen<br />

Zusammenhänge in den Blick und<br />

ganz besonders die Öko-Systeme<br />

des Planeten, von denen unser Wohlergehen<br />

abhängt. Dr. Ute Teichert,<br />

Leiterin der Abteilung „Öffentliche<br />

Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums<br />

betonte: „Das Thema ist<br />

eng mit der Bevölkerungsgesundheit<br />

verbunden. Es ist uns ein gesundheitspolitisches<br />

Anliegen, zusammen mit<br />

den Fakultäten und dem öffentlichen<br />

Gesundheitsdienst das Gesundheitswesen<br />

insgesamt auf diese neuen<br />

Aufgaben vorzubereiten.“<br />

„Das Thema hat eine hohe Aktualität<br />

für die junge Generation an Medizinern.<br />

Planetary Health und die ärztliche<br />

Tätigkeit sind miteinander verbunden.<br />

Zum Beispiel sind aktive Mobilität<br />

wie Radfahren und pflanzenbasierte<br />

Ernährung nicht nur gut für den<br />

Planeten, sondern auch für unsere<br />

Gesundheit. Für diese Aspekte gilt es<br />

eine Sensibilität zu schaffen“, sagte<br />

Max-Johann Sturm, Medizinstudent der<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die<br />

Medizinische Fakultät in Jena hat diese<br />

Initiative von Anfang an unterstützt.<br />

„Die neue Ärztliche Approbationsordnung<br />

steht kurz bevor. Der OSCE wird<br />

in Zukunft zur universitären Pflichtprüfungsform,<br />

da hier der Transfer von<br />

Wissen in Handlungskompetenz geprüft<br />

wird“, so Prof. Dr. Ulf Teichgräber, Studiendekan<br />

der Medizinischen Fakultät.<br />

Eingebettet waren die ersten OSCE-<br />

Prüfungen zur Planetaren Gesundheit<br />

in ein interaktives Fachsymposium, um<br />

einen gemeinsamen Austausch zum<br />

Thema zu ermöglichen und Raum für<br />

die Entwicklung neuer Ideen zu lassen.<br />

„Der Wissenstransfer in die Gesellschaft<br />

ist eine unserer zentralen Aufgaben<br />

als medizinische Fakultät. Wir bilden<br />

die Ärztinnen und Ärzte von morgen<br />

aus und müssen sie entsprechend auf<br />

die Herausforderungen von morgen<br />

vorbereiten“, ergänzte Prof. Dr. Thomas<br />

Kamradt, Wissenschaftlicher Vorstand<br />

des Universitätsklinikums und Dekan<br />

der Medizinischen Fakultät.<br />

Uta von der Gönna/Theresa Wahl<br />

38 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

39


HINTER DEN KULISSEN<br />

HINTER DEN KULISSEN<br />

Den richtigen Ton treffen<br />

Angehende Ärzte lernen im Schauspielpatienten-<br />

Programm am UKJ auf Patienten einzugehen<br />

Weitere Informationen<br />

Ortsteilbürgermeister mit Sorge vor der<br />

Tigermücke, Patient mit der Diagnose<br />

Magenkrebs im Endstadium, älterer<br />

Herr mit Verdacht auf Demenz – Günter<br />

Platzdasch hat all das bereits durchlebt.<br />

Glücklicherweise nicht im wirklichen<br />

Leben. Der 70-Jährige ist Teil des<br />

Schauspielpatienten-Programms am<br />

UKJ, mit dem angehende Ärzte lernen,<br />

richtig auf Patienten einzugehen. Denn<br />

neben einer fachkundigen Diagnose<br />

ist es vor allem Einfühlungsvermögen,<br />

das sich die Patienten von ihrem Arzt<br />

wünschen. Den richtigen Ton zu treffen<br />

will jedoch geübt sein. Und genau diese<br />

Feinheiten der zwischenmenschlichen<br />

Kommunikation werden mit Hilfe von<br />

Schauspielpatienten wie Günter Platzdasch<br />

vermittelt und geschult.<br />

um Schauspielpatient zu werden,<br />

braucht es nicht. „Man muss kein<br />

ausgebildeter Schauspieler sein. Eine<br />

gewisse Kommunikationsfähigkeit ist<br />

jedoch von Vorteil“, sagt Dr. Swetlana<br />

Philipp, Koordinatorin des Schauspielpatienten-Programms<br />

am UKJ.<br />

Wer Interesse daran hat, Schauspielpatient<br />

zu werden, durchläuft<br />

zunächst ein einstündiges Casting.<br />

Ist der Bewerber geeignet, schließt<br />

sich ein Basisworkshop an. In diesem<br />

bekommen die künftigen Schauspielpatienten<br />

das nötige Rüstzeug für ihre<br />

bevorstehenden Aufgaben. In dem<br />

etwa vierstündigen Kurs werden neben<br />

schauspielerischen Grundlagen auch<br />

Schauspielpatient<br />

Günter Platzdasch<br />

im Gespräch mit<br />

Medizinstudierenden.<br />

Foto: UKJ<br />

zum Schauspielpatienten-Programm<br />

gibt es im Internet unter:<br />

www.uniklinikum-jena.de/mpsy/<br />

Simulationspersonenprogramm.de.<br />

Ansprechpartnerin zum Programm<br />

ist Psychologin Dr. Swetlana Philipp<br />

telefonisch unter 03641 9-398036<br />

oder per E-Mail an Swetlana.<br />

Philipp@med.uni-jena.de<br />

Das nächste Casting für Schauspielpatienten<br />

findet im Oktober statt.<br />

Eine Bewerbung ist jederzeit und ab<br />

18 Jahren möglich. Die Interessenten<br />

sollten zeitlich flexibel sein.<br />

Dazu schlüpfen die Schauspielpatienten,<br />

auch Simulationspersonen<br />

genannt, in verschiedenste Rollen – vom<br />

klassischen Anamnesegespräch bis<br />

hin zu Patienten mit Erektionsstörung<br />

oder Depression. Darbietungen, die<br />

mitunter einiges abverlangen. „Manche<br />

Rollen gehen einem näher als andere.<br />

Die Darstellung eines Patienten, der<br />

die Todesnachricht eines Angehörigen<br />

überbracht bekommt, ist die herausforderndste<br />

und intensivste“, erzählt<br />

Günter Platzdasch. Der 70-Jährige ist<br />

seit fünf Jahren Schauspielpatient. „Ich<br />

bin dem UKJ verbunden, habe schon an<br />

verschiedenen Studien teilgenommen.<br />

Dabei habe ich gemerkt, dass es nicht<br />

nur ein Dienst an der Wissenschaft ist,<br />

bei so etwas mitzumachen, sondern<br />

ich für mich auch etwas mitnehme.<br />

Daher fand ich auch die Sache mit den<br />

Schauspielpatienten interessant und<br />

habe mich beworben“, erinnert sich<br />

Günter Platzdasch, der früher als Jurist<br />

und Journalist tätig war und mit der<br />

Schauspielerei zuvor keinen Kontakt<br />

hatte. Besondere Voraussetzungen,<br />

Kommunikations- und Feedbacktechniken<br />

vermittelt. Diese sind besonders<br />

wichtig. Denn jedes Simulationsgespräch<br />

ist anders. Daher muss auch<br />

der Schauspielpatient flexibel sein,<br />

sich auf die Situation einlassen, um so<br />

passend auf den Medizinstudierenden<br />

eingehen und reagieren zu können.<br />

Wesentlich ist auch, eine konstruktive<br />

Rückmeldung nach dem Rollenspiel<br />

geben zu können. Immerhin erfahren<br />

die Studierenden dadurch, wie kompetent<br />

sie sich während des Gesprächs<br />

verhalten haben, wie einfühlsam sie<br />

auf ihr Gegenüber eingegangen sind<br />

und wie wohl sich der Patient gefühlt<br />

hat. „Ich sage immer zu den Schauspielpatienten:<br />

‚Ihr seid das Medium,<br />

mit dem Medizinstudierende etwas<br />

über sich selbst lernen‘“, fasst es Dr.<br />

Swetlana Philipp zusammen. Denn in<br />

den Gesprächen gehe es für die Studierenden<br />

darum, das im Studium erlernte<br />

Wissen anzuwenden, sich in einem<br />

geschützten Raum auszuprobieren,<br />

die Patientenperspektive zu verstehen<br />

und Reflexionsfähigkeit zu üben. Bei<br />

den Medizinstudierenden kommen<br />

die Rollenspiele jedenfalls an. „Ich<br />

erhalte viele positive Rückmeldungen“,<br />

berichtet Dr. Swetlana Philipp.<br />

Haben die Schauspielpatienten<br />

die Grundschulung durchlaufen,<br />

wird es langsam ernst. Sie erhalten<br />

ein Skript mit der darzustellenden<br />

Krankheitsgeschichte, üben ein letztes<br />

Mal in einem zweistündigen Rollentraining<br />

und dann geht es auch schon in die<br />

Interaktion mit den angehenden Ärzten.<br />

Günter Platzdasch hat in seinen Jahren<br />

als Schauspielpatient bereits viele<br />

Rollen übernommen, auch wiederkehrend.<br />

Langweilig wird es trotzdem nicht.<br />

„Man hat ja immer mit jemand anderen<br />

zu tun, dadurch entstehen jedes Mal<br />

wieder völlig neue Situationen“, so der<br />

70-Jährige, der deshalb auch weiterhin<br />

als Schauspielpatient aktiv bleiben will.<br />

Was ihm sonst noch daran gefällt? „Dass<br />

man eine besondere Selbsterfahrung<br />

macht und Seiten an sich entdeckt, die<br />

man vorher in seinem Leben so noch<br />

nicht kannte.“ Freude bereitet ihm auch<br />

einfach die Zusammenarbeit mit den<br />

jungen Menschen. „Es ist ein Erlebnis,<br />

die Medizinstudenten zu begleiten. Ich<br />

bin immer wieder positiv überrascht“,<br />

sagt er. Für Günter Platzdasch steht<br />

fest: „Diesbezüglich müssen wir uns um<br />

den Medizinernachwuchs keine Sorgen<br />

machen.“<br />

Theresa Wahl<br />

40 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

41


KURZ UND KNAPP<br />

Jenaer Medizinabsolventen verabschiedet<br />

Die Medizinische Fakultät Jena verabschiedete ihren Ärztenachwuchs ins Berufsleben. Foto: von der Gönna<br />

Eine Feierstunde am 7. Juli in der<br />

Aula bot den festlichen Rahmen für<br />

die Verabschiedung der Absolventen<br />

des Studienganges Humanmedizin<br />

an der Friedrich-Schiller-Universität<br />

Jena. Insgesamt 257 junge Ärztinnen<br />

und Ärzte hatten in den Prüfungszeiträumen<br />

im vergangenen<br />

Herbst und in diesem Frühjahr ihr<br />

drittes Staatsexamen erfolgreich<br />

abschließen können. Etwa ein Drittel<br />

von ihnen nahm mit Angehörigen und<br />

Freunden an der Feier teil, die vom<br />

Studiendekanat der Medizinischen<br />

Fakultät organisiert wurde. Neben<br />

den Lehrenden der Fakultät gehörten<br />

auch Vertreter der akademischen<br />

Lehrkrankenhäuser zu den Gästen.<br />

In seiner Begrüßung unterstrich<br />

Focus Ärzteliste 20<strong>23</strong>: 54 Empfehlungen für UKJ<br />

Jenaer Uniklinikum steigert Weiterempfehlungen kontinuierlich<br />

Von Akutgeriatrie bis Unfallchirurgie: Die Mediziner des Universitätsklinikums<br />

Jena (UKJ) gehören zu Deutschlands Top-Medizinern.<br />

Das bestätigt die aktuelle Sonderausgabe des Magazins<br />

„Focus Gesundheit“ mit der Ärzteliste 20<strong>23</strong>. Im Vergleich zum<br />

Vorjahr konnte sich das Jenaer Uniklinikum erneut steigern und<br />

ist jetzt mit 54 Nennungen in der Liste vertreten. Die Jenaer<br />

Experten zählen nun auch in den Kategorien Depressionen, Gehörerkrankungen,<br />

Kopf-Hals-Tumoren, Nephrologie, Schlafmedizin,<br />

Schwindel und Suchterkrankungen zu den Ärzten in Deutschland<br />

mit herausragender Expertise und Behandlungsqualität. Damit<br />

bleibt das UKJ auch in diesem Jahr das Thüringer Klinikum mit<br />

den meisten Weiterempfehlungen. „Wir freuen uns sehr, dass<br />

wir unsere Empfehlungen nochmals steigern konnten“, so Prof.<br />

Dr. Otto W. Witte, Medizinischer Vorstand am UKJ. „Denn das<br />

zeugt nicht nur von der fachlichen Kompetenz unserer Mediziner,<br />

sondern auch von der Zufriedenheit unserer Patienten.“ (ac)<br />

der Dekan und Wissenschaftliche<br />

Vorstand des Universitätsklinikums<br />

Jena, Prof. Dr. Thomas Kamradt, dass<br />

nur die untrennbare Verbindung des<br />

Medizinstudiums mit der Forschung<br />

und der Patientenversorgung, wie<br />

sie in der Universitätsmedizin gelebt<br />

wird, eine zukunftsfähige Ausbildung<br />

der jungen Ärztinnen und Ärzte für<br />

Thüringen sicherstellen kann. (vdG)<br />

Neu bei den 54 Empfehlungen des UKJ: der Bereich<br />

Kopf-Hals-Tumoren. Patienten mit bösartigen<br />

Tumoren der Kopf-Hals-Region werden hier interdisziplinär<br />

versorgt, zum Beispiel mit passgenauen<br />

Implantaten zur Rekonstruktion von Knochen und<br />

Gewebe. Foto: Schroll<br />

Auszeichnung für<br />

Telemedizinisches Netzwerk<br />

Schöner Erfolg: Das WeCaRe-Bündnis des Uniklinikums<br />

Jena (UKJ) hat beim fünften Thüringer Digitalpreis<br />

des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Digitale Gesellschaft den mit 5000 Euro dotierten<br />

2. Platz erreicht. Beim WeCaRe-Bündnis handelt es<br />

sich um ein vom Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung gefördertes groß angelegtes Projekt, das<br />

sich einer ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im<br />

ländlichen Raum mit innovativen digitalen Mitteln<br />

verschrieben hat. Im Mittelpunkt stehen Telemedizin<br />

und Sensorik – zusammengeführt zum Konzept der<br />

Intelligenten Sensorischen Telemedizin. „Wir freuen<br />

uns sehr über diese Auszeichnung, die uns darin<br />

bestärkt, dass wir mit WeCaRe auf dem richtigen Weg<br />

sind für die Gesundheitsversorgung der Zukunft in<br />

Thüringen“, so Bündniskoordinator und Direktor der<br />

Klinik für HNO am UKJ, Prof. Dr. Orlando Guntinas-<br />

Lichius bei der Preisverleihung in Erfurt. Einen besonderen<br />

Dank richtete er an die zahlreichen Partner, die<br />

im WeCaRe-Bündnis so vielfältige innovative eHealth-<br />

Lösungen entwickeln und genau dorthin bringen, wo<br />

sie dringend gebraucht werden – bei den Menschen in<br />

ländlichen Regionen. Mit dem Thüringer Digitalpreis<br />

werden neuartige digitale Geschäftsmodelle, Anwendungen,<br />

Produkte oder Open-Source-Lösungen von<br />

Unternehmen, Institutionen oder Privatpersonen<br />

ausgezeichnet.<br />

(ukj)<br />

Sandra Hillesheim, Koordinatorin WeCaRe-Agentur, und<br />

Prof. Orlando Guntinas-Lichius, Bündniskoordinator<br />

WeCaRe und Direktor der Klinik für HNO am UKJ bei der<br />

Preisverleihung des Thüringer Digitalpreises 20<strong>23</strong>.<br />

Foto: Mothes<br />

Buch Liebe<br />

Jenaer<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Thalia<br />

Neue Mitte Jena«<br />

Leutragraben 1 · 07743 Jena<br />

Tel. 03641 4546-0<br />

E-Mail: thalia.jenaneuemitte@thalia.de<br />

42 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

43


KURZ UND KNAPP<br />

KURZ UND KNAPP<br />

Medizinischer Fakultätentag in Jena<br />

Medizinische Fakultäten diskutieren Zukunftsweichen<br />

für Forschung, Lehre und Patientenversorgung<br />

Was ist das?<br />

Erkennen Sie, was auf diesem Foto<br />

zu sehen ist?<br />

Schreiben Sie uns Ihre Antwort (unbedingt<br />

mit Angabe Ihrer Postadresse) bis<br />

zum 15. November 20<strong>23</strong> an die Redaktion<br />

<strong>Klinikmagazin</strong>, Kastanienstraße 1,<br />

07747 Jena oder per Mail an presse@<br />

med.uni-jena.de. Unter den Einsendern<br />

mit der richtigen Antwort verlosen wir<br />

unter Ausschluss des Rechtswegs einen<br />

Büchergutschein im Wert von 40 Euro<br />

sowie drei Büchergutscheine im Wert<br />

von je zehn Euro, die von der Jenaer<br />

Universitätsbuchhandlung gesponsert<br />

werden.<br />

Auflösung<br />

In Heft 143 suchten wir:<br />

Duodenoskop<br />

Prof. Thomas Kamradt, Wissenschaftlicher Vorstand des UKJ, Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee und Prof.<br />

Matthias Frosch, Präsident des MFT, (v.l) beim diesjährigen oMFT in Jena. Foto: UKJ/MFT<br />

Führungskräfte aus der Universitätsmedizin,<br />

Vertreter der Gesundheits-<br />

und Wissenschaftspolitik, der<br />

Wirtschaft, der Presse sowie Studierende<br />

kamen am 8. und 9. Juni in Jena<br />

zum Ordentlichen Medizinischen<br />

Fakultätentag (oMFT) zusammen, um<br />

die Gestaltung des Wandels in der<br />

Hochschulmedizin zu diskutieren.<br />

Eröffnet wurde der diesjährige<br />

oMFT durch den Thüringer Minister<br />

für Wirtschaft, Wissenschaft und<br />

Digitale Gesellschaft, Wolfgang<br />

Tiefensee, der betonte, welch hohe<br />

Priorität die Universitätsmedizin für<br />

das Land Thüringen habe. Im Zentrum<br />

der Diskussionen stand u.a. die<br />

Frage nach dem Verhältnis zwischen<br />

Zusammenarbeit und Wettbewerb in<br />

der Gesundheitsforschung. „Kooperation<br />

und Konkurrenz sind in der<br />

Forschung untrennbar miteinander<br />

verknüpft“, so Prof. Dr. Matthias<br />

Frosch, Präsident des Medizinischen<br />

Fakultätentages (MFT). „Kooperationsfähigkeit<br />

ist ein wichtiges<br />

Wettbewerbskriterium.“ Ein weiteres<br />

Schwerpunktthema war die Reform<br />

der Krankenhausstrukturen und<br />

-finanzierung sowie, damit einhergehend,<br />

die Weiterentwicklung des<br />

Medizinstudiums.<br />

Der Dekan der gastgebenden<br />

Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität<br />

Jena und<br />

Wissenschaftliche Vorstand des<br />

Universitätsklinikums Jena, Prof.<br />

Dr. Thomas Kamradt, betonte: „Die<br />

Gespräche und Diskussionen dieses<br />

Fakultätentages machten erneut<br />

deutlich, welche zentrale Rolle die<br />

qualitätsgesicherte Weiterentwicklung<br />

des Medizinstudiums spielt.<br />

Durch unsere wissenschaftliche<br />

Tätigkeit als Universitätsmedizin<br />

in öffentlicher Trägerschaft sehen<br />

wir uns in Thüringen inhaltlich,<br />

methodisch und strukturell dafür<br />

gerüstet und nutzen den Raum für<br />

Innovationen in der Ausbildung, den<br />

wir schon heute haben.“ Seit 1913<br />

fungiert der oMFT als Forum für<br />

ergebnisorientierte Diskussionen<br />

im Bereich medizinische Forschung<br />

und Medizinstudium. (ukj)<br />

Gewinner des 40-Euro-Gutscheins:<br />

Cornelia Knauer<br />

Gewinner der 10-Euro-Gutscheine:<br />

Marcel Knappe, Silke Paul,<br />

Albrecht Hantsch<br />

Impressum<br />

Ausgabe: 3|20<strong>23</strong>, Nummer 144<br />

Herausgeber:<br />

V.i.S.d.P.:<br />

Redaktionsleitung:<br />

Redaktionsteam:<br />

Layout:<br />

Auflage:<br />

Kontakt:<br />

Universitätsklinikum Jena | Kastanienstraße 1 | 07747 Jena<br />

UKJ Förderverein | Am Klinikum 1 | 07747 Jena<br />

Annett Lott, Stabsstelle Unternehmenskommunikation<br />

Theresa Wahl<br />

Katrin Bogner (kbo), Anne Curth (ac),<br />

Dr. Uta von der Gönna (vdG), Kristina Holtzsch (kh),<br />

Annett Lott (ane), Theresa Wahl (tw)<br />

Klinisches Medienzentrum des Universitätsklinikums Jena<br />

5 000 Exemplare<br />

Foto: Hellmann<br />

03641 9-39 11 81, E-Mail: presse@med.uni-jena.de<br />

Wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text die männliche Form gewählt<br />

wurde, beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter. Nachdruck<br />

von Inhalten nur mit Genehmigung der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums<br />

Jena (UKJ) gestattet.<br />

44 03 | <strong>23</strong><br />

03 | <strong>23</strong><br />

45


TERMINE & KONTAKTE<br />

TERMINE & KONTAKTE<br />

Veranstaltungen Oktober bis Dezember 20<strong>23</strong><br />

Wegweiser für Patienten<br />

GEBURTSVORBEREITUNGSKURSE<br />

Der Kompaktpaarkurs zur Geburtsvorbereitung vermittelt die wesentlichen<br />

Abläufe und Informationen rund um die Geburt und möchte werdenden<br />

Eltern Sicherheit für die bevorstehende Geburt geben.<br />

Jeweils Dienstag: 17.00 bis 20.00 Uhr und Mittwoch: 16.00 bis 20.30 Uhr<br />

Die genauen Termine und Anmeldung unter:<br />

geburtsvorbereitung@med.uni-jena.de<br />

www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/Geburtsvorbereitungskurse.html<br />

WELT-<br />

DIABETESTAG<br />

WÖCHENTLICHE<br />

KREISSSAAL-<br />

FÜHRUNGEN:<br />

donnerstags um 18 Uhr<br />

Anmeldung auf der Homepage der<br />

Geburtsmedizin<br />

www.uniklinikum-jena.de/<br />

geburtsmedizin/<br />

2. INTERNATIONALER<br />

LONG-COVID-KONGRESS<br />

ZENTRALE<br />

RUFNUMMERN<br />

ZENTRALE KLINIKUM<br />

03641 9-300<br />

EMPFANG HAUPTEINGANG<br />

03641 9-32 08 50<br />

EMPFANG HAUS E<br />

03641 9-32 80 20<br />

KLINIK-<br />

SOZIALDIENST<br />

Beratung u.a. zu Anschlussheilbehandlung<br />

und Rehabilitation,<br />

häuslicher Krankenpflege, Pflegestufen,<br />

Schwerbehindertenausweis;<br />

pychosoziale Beratung<br />

KONTAKT:<br />

Yvonne Wiese (Leiterin)<br />

03641 9-32 02 91<br />

yvonne.wiese@med.uni-jena.de<br />

KLINIKSEEL-<br />

SORGE<br />

EVANGELISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />

Pastorin Babet Lehmann<br />

0151 17 10 14 93<br />

Pastorin Ulrike Spengler<br />

0151 17 10 14 94<br />

KATHOLISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />

Pfarrer Michael Ipolt<br />

0151 17 10 54 60<br />

Gemeindereferent<br />

Dominik Gehringer<br />

015<strong>23</strong> 21 87 679<br />

Am 14. November ist der Weltdiabetestag. Zu einer<br />

Veranstaltung lädt an diesem Tag die Klinik für Innere<br />

Medizin III von 16 bis 18 Uhr ins Universitätsklinikum<br />

Jena ein. Schwerpunktthemen werden die Diabetestechnologie,<br />

Diabetes und Mundgesundheit sowie Demenz<br />

sein. Außerdem findet ein gemeinsames Kochen mit<br />

praktischen Tipps für den Alltag statt.<br />

Wann? 14. November 20<strong>23</strong>, 16 bis 18 Uhr<br />

Universitätsklinikum Jena<br />

Wo? 16 bis 17 Uhr Hörsaal 3<br />

17 bis 18 Uhr Gebäude A3, Ebene U1,<br />

Klinik für Innere Medizin III, FB Endokrinologie<br />

und Stoffwechselerkrankungen<br />

Ansprechpartnerin<br />

Dr. rer.nat. Nadine Kuniß<br />

Den 2. Internationalen Long-Covid-Kongress richtet das<br />

Universitätsklinikum Jena vom 24. bis 25. November<br />

20<strong>23</strong> im Volkshaus Jena aus. Die Veranstaltung findet<br />

in Kooperation mit dem Ärzte- und Ärztinnenverband<br />

Long Covid, dem Standort Mitteldeutschland des Deutschen<br />

Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG), der<br />

Sepsis Stiftung sowie der Global Sepsis Alliance statt.<br />

Neben Updates zu Pathomechanismen, evidenzbasierten<br />

Therapieansätzen sowie entzündungsassoziierten Folgeerkrankungen<br />

werden die Teilhabe der Betroffenen in<br />

den Lebenswelten, die sozialen und ökonomischen<br />

Dimensionen und die Auswirkungen für die Arbeitswelt<br />

die großen Fokusthemen des Kongresses sein.<br />

Weitere Informationen gibt es im Internet unter<br />

www.long-covid-kongress.de<br />

FÖRDERVEREIN<br />

WIR FÖRDERN PROJEKTE<br />

für Patienten und Mitarbeiter – in<br />

Forschung und Lehre – zur Vernetzung<br />

und Öffentlichkeitsarbeit<br />

SPENDENKONTO:<br />

Sparkasse Jena-Saale-Holzland<br />

IBAN: DE89830530300000028010<br />

BIC: HELADEF1JEN<br />

VORSITZENDER:<br />

PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf<br />

foerderverein@med.uni-jena.de<br />

03641 9-32 50 01<br />

BESUCHS-<br />

DIENST DER<br />

KLINIKSEELSORGE<br />

Die ehrenamtlich Tätigen nehmen<br />

sich Zeit zum Zuhören, Plaudern,<br />

Spielen, Vorlesen & erledigen<br />

kleine Besorgungen.<br />

KONTAKT:<br />

Babet Lehmann<br />

0151 17 10 14 93<br />

PATIENTENBEFRAGUNG<br />

AUF ELEKTRONISCHEM WEG<br />

JENAER<br />

ABENDVORLESUNG<br />

EINKAUFS-<br />

MÖGLICHKEITEN<br />

KLINISCHES ETHIKKOMITEE<br />

Um die Zufriedenheit von Patienten einschätzen zu<br />

können und um Anregungen für Verbesserungen zu<br />

erhalten, stellen Befragungen von Patienten ein wichtiges<br />

Instrument dar. Dass diese Befragungen regelmäßig<br />

und mit Hilfe eines geeigneten Fragebogens stattfinden,<br />

ist für Kliniken gesetzlich vorgeschrieben. Um das Procedere<br />

am UKJ zu optimieren, wurde ein neuer Erfassungsbogen<br />

für die Rückmeldungen von Patienten erstellt.<br />

Über diesen QR-Code können Sie den Bogen mit Hilfe<br />

Ihres Mobiltelefons aufrufen, ausfüllen und absenden.<br />

25.10.20<strong>23</strong>:<br />

Antibiotika – Das einstige<br />

Wundermittel unter der Lupe<br />

29.11.20<strong>23</strong>:<br />

Quälende Beinschmerzen:<br />

Die Schaufensterkrankheit<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.uniklinikum-jena.de/<br />

abendvorlesung<br />

IMBISS UND SHOP<br />

Montag bis Freitag:<br />

8.00 – 18.00 Uhr<br />

Samstag:<br />

9.00 – 12.30 Uhr & 13.00 – 17.00 Uhr<br />

Sonntag und Feiertage:<br />

13.00 – 18.00 Uhr<br />

03641 22 62 95<br />

Beratung und Hilfestellung für Patienten, Angehörige und medizinisches<br />

Personal bei ethischen Konflikten in Therapie und Pflege<br />

KONTAKT:<br />

Dr. Ulrike Skorsetz<br />

(Leiterin Geschäftsstelle)<br />

03641 9-33 775<br />

0151 16 35 93 41<br />

ulrike.skorsetz@med.uni-jena.de<br />

46 03 | <strong>23</strong> 03 | <strong>23</strong><br />

47


Ausbildung, Studium & mehr<br />

Deine Zukunft startet hier!<br />

Pflegefachmann<br />

Logistikfachmann<br />

Hebamme<br />

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Assistenz<br />

Mit über 20 Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten bietet das Universitätsklinikum Jena zahlreiche<br />

Chancen für deine Zukunft. Ob als Anästhesietechnischer Assistent oder Zahnmedizinischer<br />

Fachangestellter, bei uns findest du einen Beruf, der zu dir und deinem Leben passt.<br />

Und als zukünftige Pflegefachkraft (m/w/d) kannst du z.B. jeweils im März oder im September<br />

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