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UKJ-Klinikmagazin 2/2021

Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.

Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.

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02|21<br />

Juli <strong>2021</strong><br />

DAS GESUNDHEITSMAGAZIN AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM JENA<br />

TITELTHEMA<br />

GANZ<br />

INTENSIV<br />

Was moderne Intensivmedizin ausmacht<br />

HEILEN<br />

Ein Pieks gegen<br />

Cholesterin


Foto: Schroll<br />

LIEBE LESERINNEN<br />

UND LESER,<br />

„Intensivstation.“ Hört man als Angehörige,<br />

dass der Liebste gerade dort behandelt<br />

wird, sind die Sorgen meist groß.<br />

Dramatische Bilder kommen einem in den<br />

Sinn – Bilder wie aus Fernsehserien oder<br />

Kinofilmen. Den tatsächlichen Alltag auf<br />

einer Intensivstation kennen nur wenige.<br />

Was bedeutet ein Aufenthalt auf einer<br />

Intensivstation? Dass die Patienten hier<br />

besonders intensiv betreut, überwacht<br />

und medizinisch behandelt werden – und<br />

dass sie in den allermeisten Fällen zurück<br />

ins Leben entlassen werden können.<br />

Mit diesem Heft möchten wir Ihnen Einblicke<br />

geben in das, was auf den Intensivstationen<br />

am <strong>UKJ</strong> tatsächlich passiert.<br />

Viele Geräte sind heutzutage in der Lage,<br />

Körperfunktionen zu übernehmen. Natürlich<br />

sind sie auch im ITS-Bereich am <strong>UKJ</strong><br />

allgegenwärtig. Doch zur Intensivmedizin<br />

zählt weit mehr als Hightech. Welche<br />

Arbeit die Intensivpfleger, die Physiotherapeuten,<br />

die Psychologinnen und<br />

viele andere tagtäglich auf den Intensivstationen<br />

leisten, möchten wir Ihnen in<br />

dieser Ausgabe unseres <strong>Klinikmagazin</strong>s<br />

vorstellen.<br />

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche<br />

Lektüre!<br />

GANZ INTENSIV<br />

Was macht moderne Intensivmedizin aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4<br />

Auf dem Weg zurück ins Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8<br />

Ein Tag in der Intensivpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

Quantensprung für die Intensivmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Geborgen wieder gesund werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Am Bildschirm Intensivpatienten helfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Studien für bessere Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Arzt wird man nicht im Home-Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Als Psychologin auf der Intensivstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Atmung verbessern, Muskeln stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

AKTUELLES<br />

Zentrum für Psychische Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Patienten zögern bei Herzinfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Pflegeprofis: Erste Plätze fürs <strong>UKJ</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

HEILEN<br />

Ein Pieks gegen Cholesterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30<br />

Neue Wege in der Krebsbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

FORSCHEN<br />

Zum Abschied von Professor Brandl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

Professor Huppke leitet die Klinik für Neuropädiatrie . . . . . . . . . . . . 33<br />

Gesichertes Wissen über COVID-19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34<br />

LEHREN<br />

Ausgezeichnet für exzellente Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

HINTER DEN KULISSEN<br />

Ein tragendes Netz für jeden Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

KURZ & KNAPP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

Ihre „<strong>Klinikmagazin</strong>“-Redaktion<br />

TERMINE UND KONTAKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

2 02 | 21<br />

Titelbild: Rodigast


STANDPUNKTE<br />

Müssen wir Intensivmedizin neu denken?<br />

COVID-19-Pandemie offenbart Wichtigkeit einer Fachdisziplin<br />

Die Intensivmedizin sichert unser Überleben<br />

bei schweren Erkrankungen, wenn<br />

wir uns großen medizinischen Eingriffen<br />

unterwerfen müssen oder schwere<br />

Unfälle haben. Dies ist besonders<br />

deutlich geworden in der COVID-19-<br />

Pandemie: Ohne die Möglichkeiten der<br />

modernen Intensivmedizin wären in<br />

Deutschland viel mehr Patienten verstorben.<br />

Eine besondere Bedeutung<br />

hat sie im universitären Setting: Neue<br />

Erkenntnisse in der Therapie können<br />

schnell in konkrete Behandlungsstrategien<br />

überführt werden, was auch für<br />

unsere Patienten einen belegbaren<br />

Einfluss gezeigt hat.<br />

Intensivmedizin ist Hightech-Medizin,<br />

und erfordert von allen Beteiligten eine<br />

hohe Kompetenz. Sie ist aber auch eine<br />

personalintensive und menschliche<br />

Medizin. Sie erfordert in besonderer<br />

Weise eine Zuwendung zu den individuellen<br />

Patienten. Damit stellt sie hohe<br />

Anforderungen an die Mitarbeiter und<br />

stellt oft kritische Weichen für die in<br />

ihrer Obhut befindlichen Patienten. Sie<br />

kann damit aber auch in besonderer<br />

Weise erfüllend sein.<br />

Prof. Dr. Otto W. Witte. Foto: <strong>UKJ</strong><br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />

der Intensivmedizin – egal in welchem<br />

Bereich, der Pflege, der Ärzteschaft<br />

oder einem anderen - haben besonders<br />

in den letzten Monaten Großartiges<br />

geleistet. Wir haben von allen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

des Klinikums, besonders aber auch<br />

von denen auf den Intensivstationen,<br />

viel verlangt: die Betreuung von Patienten,<br />

die schwer an Covid-19 erkrankt<br />

waren, der Umgang mit den fehlenden<br />

Intensiv-Ressourcen für den normalen<br />

universitären Klinikbetrieb, die Einarbeitung<br />

neuer Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter, die Arbeit auf „fremden<br />

Stationen“, in neuen Teams.<br />

Die letzten Monate haben in besonderer<br />

Weise gezeigt, dass die Qualität<br />

und Quantität der Intensivmedizin eine<br />

definierende Größe für das <strong>UKJ</strong> ist. Nur<br />

mit einer hoch kompetenten Intensivmedizin<br />

können wir die universitäre<br />

Hochleistungsmedizin gewährleisten.<br />

Und Kapazitätsprobleme in diesem<br />

Bereich haben einen unmittelbaren<br />

Einfluss auf die Möglichkeiten des<br />

sonstigen klinischen Betriebes in<br />

einem Universitätsklinikum. Die Vernetzung<br />

in dem „Kleeblatt“ hat uns<br />

in den letzten Monaten geholfen, die<br />

Anforderung in Thüringen und darüber<br />

hinaus auszugleichen. Bei der telemedizinischen<br />

Kommunikation haben<br />

unsere Experten nicht nur die Möglichkeit,<br />

mit den behandelnden Ärzten zu<br />

sprechen, sondern haben auch Zugriff<br />

auf relevante Daten des Patienten wie<br />

Befunde, Röntgenbilder, Medikation<br />

oder Kreislaufparameter. Vor allem<br />

im Bereich der Intensivmedizin sind<br />

Spezialisten rar. Telemedizin ist ein<br />

Weg, diese Knappheit auszugleichen.<br />

Perspektivisch wird dieses aber auch<br />

verstärkt universitäre Fälle zu uns<br />

vermitteln.<br />

„Die Intensivmedizin<br />

ist von<br />

zentraler Bedeutung<br />

für die<br />

universitäre<br />

Medizin.“<br />

Für die Zukunft<br />

bedeutet dies, dass<br />

wir die Intensivmedizin<br />

weiter stärken müssen:<br />

Kompetenz und Menschlichkeit<br />

gehören hier zusammen, verlässliche<br />

Einarbeitungszeiten und gute Ausbildung,<br />

verlässliche Personalplanung<br />

und kollegiale Teamstrukturen. Die<br />

weitere Entwicklung der Intensivmedizin<br />

wird deswegen ein besonderer<br />

Schwerpunkt auch meiner Tätigkeit<br />

sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

sollen sich hier zu Hause fühlen,<br />

und ich würde mich freuen, wenn die<br />

Teams wachsen: helfen Sie uns, junge<br />

Menschen als Nachwuchs für das Fach<br />

zu begeistern, hier findet tolle Medizin<br />

statt.<br />

Mit einem herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter.<br />

Prof. Dr. Otto W. Witte<br />

Medizinischer Vorstand<br />

02 | 21<br />

3


4 02 | 21<br />

Selten wurde über Intensivmedizin so viel<br />

gesprochen und geschrieben wie in den<br />

vergangenen Monaten der Pandemie. Aber<br />

warum stand sie so im Fokus? Und was<br />

macht moderne Intensivmedizin heute aus?<br />

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Michael Bauer. Er<br />

leitet am Universitätsklinikum Jena die Klinik<br />

für Anästhesiologie und Intensivmedizin.


TITELTHEMA<br />

Ganz intensiv<br />

Hat die Pandemie der Intensivmedizin<br />

eine neue Bedeutung gegeben?<br />

Prof. Bauer: Ja, ich denke schon. Wir<br />

haben zum ersten Mal sehr deutlich<br />

gesehen, wie zentral die Intensivmedizin<br />

für die Funktion eines ganzen Krankenhauses<br />

ist, wenn diese Ressource<br />

plötzlich zum Flaschenhals wird für<br />

die Patientenflüsse. Da wir sehr viele<br />

Betten mit COVID-19-Patienten belegt<br />

hatten, war für den üblichen klinischen<br />

Alltagsbetrieb viel zu wenig Kapazität.<br />

Die Auswirkungen haben wir in vielen<br />

Abteilungen gesehen: Operationen<br />

mussten verschoben, planbare Termine<br />

nach hinten verlegt werden. Auch<br />

Planungen zwischen verschiedenen<br />

Krankenhäusern wurden notwendig,<br />

um die wichtigsten und dringlichsten<br />

Behandlungen außerhalb von COVID-19<br />

möglich zu machen.<br />

Mit Intensivmedizin verbinden wir<br />

oft Bilder wie Apparate, Schläuche<br />

und schwerstkranke Menschen,<br />

die oftmals zwischen Leben und<br />

Tod schweben. Was macht für Sie<br />

Intensivmedizin aus?<br />

Prof. Bauer: Das Geheimnis ist, dass<br />

wir Intensivmedizin nicht als Apparatemedizin<br />

betreiben, sondern den ganzen<br />

Menschen hinter seiner jeweiligen<br />

Erkrankung sehen.<br />

Dabei ist zum einen die Komplexität und<br />

das Ineinandergreifen der verschiedenen<br />

Organsysteme faszinierend – also<br />

zum Beispiel die Frage, warum schwere<br />

Infektionen zum Nierenversagen führen.<br />

Zum anderen sehen wir Menschen<br />

in einem Grenzbereich, in dem wir auch<br />

die Familie, die Patientenwünsche, die<br />

Fragen, wie wir leben und wie wir sterben,<br />

gemeinsam reflektieren.<br />

Zu all diesen Fragestellungen kommt<br />

die Betreuung der gesamten Familie<br />

hinzu, die plötzlich und unerwartet mit<br />

solch einer Situation konfrontiert wird.<br />

Meist ist keiner darauf vorbereitet,<br />

selbst wenn man vielleicht Vorsorge<br />

getroffen hat. In solchen Momenten ist<br />

die gesamte Familie oft überfordert,<br />

nicht nur der Patient.<br />

→<br />

02 | 21<br />

5


Intensivmedizin ist Teamarbeit:<br />

Prof. Michael Bauer im Austausch mit<br />

einer Kollegin. Fotos: Rodigast<br />

Wie definieren Sie die Kernaufgaben<br />

der Intensivmedizin?<br />

Prof. Bauer: Wir haben zwei Gruppen von<br />

Patienten: die einen sind die geplanten<br />

Aufnahmen, bei denen tatsächlich die<br />

Überwachung im Vordergrund steht,<br />

um schwerwiegende Komplikationen<br />

zu verhindern. Das sind Patienten nach<br />

der sogenannten großen Chirurgie oder<br />

bei Gefäßinterventionen, die postinterventionell<br />

überwacht werden, bis<br />

sie wieder so stabil sind, dass sie auf<br />

Normalstation verlegt werden können.<br />

Deshalb haben wir am <strong>UKJ</strong> eine sehr<br />

breite Infrastruktur geschaffen. Dazu<br />

zählt unter anderem auch, die besondere<br />

Form der Betreuung durch eigene<br />

Psychologinnen sicherzustellen. Das<br />

hat uns besonders in der Pandemie<br />

sehr geholfen. Und viel verdeutlicht.<br />

Allein der Umstand, dass Angehörige<br />

über Wochen ihre Lieben nicht besuchen<br />

konnten. Wenn das plötzlich nicht<br />

mehr geht, dann wird uns die gesamte<br />

psychosoziale Belastung für Familie<br />

und Patient offenbart. In diesen Augenblicken<br />

waren wir die „Brücke“ oder<br />

Verbindung zwischen beiden.<br />

Intensivmedizin gab es ja schon<br />

weit vor Corona. Richtig verstanden<br />

behandeln Intensivmediziner Krankheiten<br />

aller Fachbereiche und davon<br />

die schwersten Verläufe? Ist das der<br />

Reiz oder gar Anspruch?<br />

Prof. Bauer: Es ist tatsächlich so, dass<br />

wir sehr häufig in der Schnittmenge<br />

verschiedener Disziplinen aktiv werden.<br />

Wir haben immer wieder Patienten,<br />

bei denen ein Zusammenspiel von<br />

verschiedenen Disziplinen im „Konzert“<br />

auf der Intensivstation erforderlich<br />

wird. Und das ist auch der besondere<br />

Charme der Intensivmedizin: ob zentrales<br />

Nervensystem, Lunge, Niere oder<br />

ein anderes lebenswichtiges Organ.<br />

Wir müssen stets die Interaktion<br />

der verschiedenen Organsysteme<br />

betrachten. Aus diesem Blickwinkel<br />

heraus gelangen wir sehr schnell zu<br />

einem interdisziplinären Zusammenarbeiten.<br />

Eine Uniklinik bietet dafür<br />

hervorragende Strukturen. Und die<br />

Patienten profitieren extrem davon,<br />

dass nicht nur ein Spezialist für ein<br />

Organ da ist, sondern dass jemand die<br />

Gesamtschau im Auge behält für das<br />

Zusammenspiel der verschiedenen<br />

Organe.<br />

Das Kernproblem der modernen<br />

Intensivmedizin seit den 70er Jahren<br />

ist das Multiorganversagen. Das<br />

bedeutet, ein Organ arbeitet initial<br />

schlecht und wie ein Dominoeffekt<br />

fallen die anderen Organe der Reihe<br />

nach um beziehungsweise aus.<br />

Ein Beispiel mal ganz einfach erklärt:<br />

Wenn das Herz versagt, kommt es<br />

zu Flüssigkeitsansammlungen in der<br />

Lunge. Diese versagt in der Folge.<br />

Was passiert? Die Niere wird nicht<br />

mehr ausreichend durchblutet. Es<br />

kommt zum Nierenversagen. Naja,<br />

und danach wird die Prognose immer<br />

schlechter. Diesen Teufelskreis zu<br />

durchbrechen – das ist die Kernkompetenz<br />

der Intensivmedizin.<br />

Eine intensivmedizinische Therapie<br />

zielt auf die Unterstützung bereits ausgefallener<br />

Organe. Das heißt, neben<br />

der Überwachung der Vitalfunktionen<br />

oder auch lebenswichtiger Funktionen<br />

ist die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung<br />

von reversibel ausgefallenen<br />

Organfunktionen eine weitere<br />

sehr wichtige Aufgabe. Zwei Beispiele:<br />

Beim Lungenversagen kommt die<br />

Beatmungstherapie zur Anwendung<br />

und ein Entgiftungsversagen braucht<br />

unter Umständen die Dialysetherapie.<br />

Wir unterstützen den Kreislauf zudem<br />

mit Medikamenten, damit die Sauerstoffversorgung<br />

aller lebenswichtigen<br />

Organe aufrechterhalten werden kann.<br />

Das sind die Kernaufgaben: überwachen<br />

und verhindern, dass Schlimmeres<br />

passiert, wie das beschriebene<br />

Organversagen. Wenn dieser Fall aber<br />

dennoch eintritt, dann gilt es, die Zeit<br />

zu überbrücken. Wir können hier wenig<br />

kausal behandeln. Wir können aber dem<br />

Körper die Zeit „kaufen“, die er braucht,<br />

um seine Vitalfunktionen selbst wieder<br />

herstellen zu können.<br />

Ihre Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />

ist eine der größten Kliniken<br />

am <strong>UKJ</strong>. Was unterscheidet Intensivmedizin<br />

an einer Uniklinik beispielsweise<br />

von der an einem kleinen Krankenhaus?<br />

6 02 | 21


TITELTHEMA<br />

Prof. Bauer: Eine Universitätsklinik<br />

wird daran gemessen, Schwerstkranke<br />

behandeln zu können, aus jedem<br />

Fachgebiet. Die moderne „High-End-<br />

Therapie“, zum Beispiel Transplantationsmedizin,<br />

um das Paradebeispiel<br />

zu nennen, geht beispielsweise ohne<br />

Intensivmedizin nicht. Um das oberste<br />

Level der heutigen medizinischen<br />

Möglichkeiten und einer adäquaten<br />

Behandlung auszuschöpfen – dazu<br />

braucht es das ganze Potential einer<br />

hochspezialisierten Intensivmedizin.<br />

Genau das zeichnet, neben anderen<br />

besonderen Merkmalen wie Forschung<br />

und Lehre, Universitätsmedizin aus.<br />

Zentral ist auch die Zusammenarbeit<br />

mit der Pflege. Gerade auf der<br />

Intensivstation werden Patientinnen<br />

und Patienten nicht nur in ärztlicher<br />

Teamarbeit, sondern in multiprofessionalen<br />

Teams behandelt. So ist die<br />

Pflege sehr viel näher am Patienten<br />

dran als die ärztlichen Kolleginnen<br />

und Kollegen, so dass die gemeinsame<br />

Kommunikation immer wichtiger wird.<br />

Zurück zur Pandemie: Muss sich die<br />

Intensivmedizin für die kommenden<br />

Jahre anders aufstellen?<br />

Prof. Bauer: Ja. Es wird in diesen Tagen<br />

klar, dass wir mit der Impfung und den<br />

AHA-Regeln in einen Zustand kommen<br />

werden, der uns die akute Phase der<br />

Pandemie überstehen lässt. Aber<br />

wir müssen immer wieder mit dem<br />

Aufflackern von SARS-CoV-2, Stichwort<br />

Mutanten, rechnen. Wir werden<br />

Patienten haben, die sich nicht impfen<br />

lassen werden. Und wir müssen<br />

natürlich auch mit anderen Pandemien<br />

rechnen. Wir hatten mehrfach<br />

schon Glück: die Schweinegrippe, die<br />

Vogelgrippe … . Insgesamt gibt es eine<br />

Reihe von Krankheiten, die durchaus<br />

aus dem Ruder laufen können. Und<br />

wir haben jetzt erlebt, wie rasch das<br />

gehen kann, angefangen bei den ersten<br />

Berichten aus Wuhan bis zu den<br />

weltweit dramatischen Ereignissen.<br />

Das bedeutet: Wir müssen einfach<br />

darauf vorbereitet sein, dass wir<br />

immer wieder mit sehr schweren<br />

Verläufen konfrontiert werden. Wir<br />

haben durchaus Fortschritte gemacht<br />

in der Prophylaxe der Erkrankung,<br />

speziell mit der Impfung als dramatische<br />

Chance, die Pandemie in den<br />

Griff zu bekommen. Wenn jemand<br />

das Krankheitsbild aber dennoch<br />

entwickelt, haben wir dafür derzeit<br />

noch keine wirklich guten Therapiemöglichkeiten.<br />

Da arbeiten wir mit<br />

Hochdruck daran, auch am <strong>UKJ</strong>.<br />

Können Sie das näher beschreiben?<br />

Prof. Bauer: Wir nutzen Therapiemöglichkeiten<br />

aus anderen Fachbereichen,<br />

indem wir Medikamente<br />

umwidmen. „Repurposing“ ist hier<br />

das Schlagwort. Hier arbeiten wir<br />

ganz intensiv mit der Klinik für Innere<br />

Medizin IV von Professor Andreas<br />

Stallmach zusammen. Das bedeutet,<br />

viele der Medikamente, die wir aus<br />

den Bereichen der chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen oder<br />

auch der Rheumatologie kennen und<br />

dort erfolgreich einsetzen, nutzen wir<br />

zur Therapie bei COVID-19-Patienten.<br />

Und diese erfolgreiche Zusammenarbeit,<br />

in der es um ganz innovative<br />

Therapiemöglichkeiten geht – abgeleitet<br />

aus anderen, schon bekannten<br />

Krankheitsbildern – das zeichnet<br />

Universitätsmedizin aus: Expertisen<br />

aus den einzelnen Kliniken gezielt an<br />

einem Bett zusammenbringen. Und<br />

das erlaubt es dann auch, die Grenzen<br />

in der modernen Medizin weiter<br />

zu verschieben. Dinge, die bisher<br />

nicht behandelbar waren, machen wir<br />

damit behandelbar.<br />

Sie sind seit 30 Jahren Intensivmediziner.<br />

Was raten Sie einem<br />

angehenden Arzt, der sich für die<br />

Intensivmedizin entscheidet?<br />

Prof. Bauer: Intensivmedizin ist eine<br />

ganz faszinierende Sparte in der<br />

Medizin, hochinterdisziplinär. Man<br />

kann sich ihr aus ganz verschiedenen<br />

Fachrichtungen heraus widmen, zum<br />

Beispiel aus der Inneren Medizin, der<br />

Chirurgie heraus oder der Anästhesie.<br />

Intensivmedizin ist in Deutschland<br />

derzeit kein eigener Facharzt, sondern<br />

eine Zusatzbezeichnung.<br />

Wer das also machen will als Schwerpunkt,<br />

der braucht eine Art Mentor,<br />

jemanden, der ihn auch ein bisschen<br />

an die Hand nimmt, weil es, wie gesagt,<br />

ein hochinterdisziplinäres Feld mit<br />

schwierigen Karriereperspektiven ist.<br />

Interview: Annett Lott<br />

KONTAKT<br />

Prof. Michael Bauer<br />

Direktor der Klinik für Anästhesiologie<br />

und Intensivmedizin<br />

03641 9-32 31 01<br />

michael.bauer@med.uni-jena.de<br />

02 | 21<br />

7


Auf dem Weg zurück ins Leben<br />

Ein Aufenthalt auf einer Intensivstation bedeutet, dass der Patient besonders<br />

intensiv betreut, überwacht und medizinisch behandelt wird. Technische Geräte<br />

spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie registrieren schon kleinste Veränderungen in<br />

den Funktionsabläufen des Körpers. Indem sie Alarm schlagen, weisen sie das Team<br />

der Intensivstation auf die Veränderungen hin. Die Experten können auf diese Weise<br />

schnell die neue Situation abschätzen und reagieren.<br />

6<br />

1<br />

7<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

8<br />

Quelle: M. Leitner, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.<br />

8 02 | 21


1<br />

Verschiedene Messfühler erfassen wichtige Vitalparameter wie<br />

Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffgehalt des Blutes und Körpertemperatur.<br />

Die Werte erscheinen auf dem Überwachungsmonitor.<br />

Berufsbegleitend<br />

zur Intensiv- und<br />

Anästhesiepflege<br />

Schon sechs Monate Berufserfahrung<br />

im Fachgebiet der Intensiv- oder Anästhesiepflege<br />

reichen aus, um am <strong>UKJ</strong><br />

die berufsbegleitende Fachweiterbildung<br />

in der Intensiv- und Anästhesiepflege<br />

zu beginnen. Die Weiterbildung<br />

findet jährlich statt und vermittelt<br />

praktisches und theoretisches Wissen<br />

der Intensivpflege und Anästhesie auf<br />

dem neusten Pflegestand und nach<br />

den Empfehlungen der Deutschen<br />

Krankenhausgesellschaft (DKG e.V.).<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Ein Pulsoximeter misst den Sauerstoffgehalt im Blut.<br />

Die Manschette misst den Blutdruck.<br />

Beim Elektrokardiogramm – kurz EKG – wird die elektrische Aktivität<br />

des Herzens gemessen. Elektroden auf der Brust des Patienten<br />

leiten die Herzaktion ab und zeichnen sie in Form einer Kurve auf.<br />

Innerhalb von zwei Jahren absolvieren<br />

die Teilnehmer insgesamt 1.800<br />

Stunden Praxis in den Bereichen<br />

Anästhesiologie, Intensivtherapie und<br />

den jeweiligen Funktionsbereichen.<br />

Mindestens 720 Stunden werden an<br />

Theorie absolviert. Nach erfolgreichem<br />

Abschluss erhalten die Teilnehmer<br />

ein anerkanntes Zeugnis nach<br />

dem Thüringer Weiterbildungsgesetz.<br />

Der nächste Kurs startet am<br />

1. März 2022.<br />

5<br />

Der zentrale Venenkatheter dient zur Blutentnahme.<br />

6<br />

Medikamente und Ernährungslösungen werden mittels<br />

Infusionen über den zentralen Venenkatheter (5) verabreicht.<br />

7<br />

Das Beatmungsgerät kann die eigene Atmung des Patienten<br />

unterstützen oder sie vollständig übernehmen.<br />

8<br />

Ein Blasenkatheter verhindert, dass der Patient einnässt.<br />

Zudem kann die Urinproduktion genau gemessen werden.<br />

02 | 21<br />

9


TITELTHEMA<br />

Ein Tag in der Intensivpflege<br />

Andreas Weidner, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, lässt<br />

sich bei einem Dienst auf Intensivstation III über die Schulter schauen<br />

Andreas Weidner ist seit mehr als 15 Jahren<br />

Fachkrankenpfleger für Anästhesie und<br />

Intensivpflege. Seit 2007 arbeitet er am<br />

Universitätsklinikum. Nach einigen Jahren auf<br />

der ITS I und im ITS-Springerpool ist er seit 2015<br />

auf der ITS III im Einsatz. Hier wird das ganze<br />

Portfolio an inneren Erkrankungen abgedeckt.<br />

Speziell die kardiologischen Erkrankungen<br />

stehen im Vordergrund, aber auch andere<br />

internistische Patienten, beispielsweise aus<br />

der Onkologie, Hepatologie und Pneumologie<br />

werden behandelt. Fotos: Rodigast<br />

06:00 Uhr:<br />

Beginn Frühdienst<br />

Schon auf dem Weg in die Umkleide<br />

kreisen viele Gedanken durch den Kopf:<br />

Wie geht es den Patienten heute? Mögliche<br />

Szenarien werden durchgespielt<br />

- doch oft kommt es dann ganz anders.<br />

Denn Intensivmedizin ist immer auch<br />

ein Stück weit unplanbar.<br />

In der Umkleide beginnt der Arbeitsmodus.<br />

Umziehen, ausrüsten: Kuli,<br />

Stethoskop, Schutzbrille, eine Schere<br />

und zwei Klemmen sind die steten<br />

Begleiter.<br />

Der Nachtdienst übergibt am Bett alle<br />

Informationen und Besonderheiten<br />

der zwei Patienten, für die Andreas<br />

Weidner in der Schicht zuständig ist.<br />

Ein Patient ist an der extrakorporalen<br />

Membranoxygenierung, kurz ECMO,<br />

angeschlossen und eine Patientin<br />

befindet sich nach einem Herzinfarkt<br />

noch in kritischem Zustand. Die Kurve<br />

vom vorherigen Tag wird genauestens<br />

durchgegangen, damit nichts übersehen<br />

wird.<br />

06:15 Uhr:<br />

Bettplatzcheck und EKG schreiben<br />

Der erste Patient wird von Kopf bis<br />

Fuß untersucht, quasi im Rundumblick:<br />

Hierfür werden die Pupillen, der Tubus,<br />

der Zustand des Bauchs, der Haut, die<br />

Durchblutung, die Lage der Zugänge,<br />

der Katheter und Drainagen sowie der<br />

Magensonde genauestens betrachtet.<br />

Nichts darf übersehen werden.<br />

Wie ist der Patient beatmet? Gibt es<br />

Optimierungspotential? Was fällt auf<br />

beim Abhören? Eine Kontrolle des<br />

Absaugers gehört auch zum Bettplatzcheck.<br />

Insbesondere bei dem Patienten<br />

an der ECMO werden nochmal die<br />

Einstichstellen und Schlauchfixierungen<br />

genau unter die Lupe genommen.<br />

Es folgt die Medikamentenkontrolle.<br />

Welche Medikamente laufen? Was<br />

ist bald leer? Spritzen, die zeitnah<br />

benötigt werden, müssen aufgezogen<br />

werden. Wann ist die nächste Medikamentengabe<br />

geplant? Ohne vorausschauendes<br />

Planen geht es nicht.<br />

Danach wiederholt sich alles beim<br />

zweiten Patienten. In der Regel dauert<br />

das 15 Minuten pro Patient.<br />

Anschließend wird ein EKG geschrieben,<br />

wobei bereits die nächsten<br />

Schritte im Kopf durchlaufen.<br />

07:00-08:00 Uhr:<br />

Intensivkrankenpflege erster Teil<br />

Alles beginnt mit der Gesichtspflege.<br />

Dazu gehört eine gründliche Augenund<br />

Nasenpflege. Vieles, das bei<br />

wachen Patienten meist von selbst<br />

geht, muss bei beatmeten und sedierten<br />

Intensivpatienten vom Pflegefachpersonal<br />

übernommen werden.<br />

Alles unter der Maßgabe, dass keine<br />

Schäden entstehen, die anschließend<br />

die Lebensqualität einschränken<br />

könnten. Dann werden Mund und<br />

Rachen angeschaut und geprüft, ob<br />

es Auffälligkeiten sowie Verletzungen<br />

oder Wunden gibt. Die Zähne werden<br />

geputzt, der Mund vorsichtig gesäubert<br />

sowie vorhandene Flüssigkeiten<br />

abgesaugt. Der Tubus wird kontrolliert<br />

und umgelagert. Der Patient wird dann<br />

nochmal abgehört, um sicher zu gehen,<br />

dass nichts verrutscht oder verlegt ist.<br />

In dieser Zeit findet auch die Übergabevisite<br />

der Ärzte statt. Hier tauscht<br />

man sich über die Patienten aus und<br />

legt Tagesziele fest. Zwischendurch<br />

werden wieder Medikamente und<br />

Antibiosen vorbereitet – die reguläre<br />

Morgenmedikation.<br />

08:30 Uhr: Blut überprüfen<br />

Es wird Blut abgenommen, in der Regel<br />

aus einem arteriellen Gefäßzugang.<br />

Die Blutgerinnung der ECMO-Patienten<br />

wird meist zweistündlich gemessen<br />

und dokumentiert. Ist sie gut oder<br />

schlecht? Muss der Blutverdünner<br />

erhöht oder reduziert werden? Außerdem<br />

wird überprüft, ob der Patient gut<br />

beatmet ist oder ob es Auffälligkeiten<br />

beim Blutzucker, dem Hämoglobinwert<br />

oder anderen Werten gibt. Darauf muss<br />

reagiert werden.<br />

10 02 | 21


Blutentnahme<br />

Chefarztvisite<br />

Ab 09:00 Uhr: Noch mehr<br />

Intensivkrankenpflege<br />

Es folgt die Grund- und Intensivkrankenpflege<br />

vom Hals abwärts.<br />

Die Patienten werden nacheinander<br />

gewaschen und individuell gepflegt,<br />

Verbände gewechselt und neu positioniert.<br />

Alleine drehen geht nicht, weswegen<br />

Intensivpflege auch immer Teamwork<br />

ist. Gerade bei ECMO-Patienten<br />

sind nicht selten drei oder sogar vier<br />

Pflegefachpersonen nötig. Zwischendurch<br />

findet die Chefarztvisite statt.<br />

Prof. Dr. Christian Schulze, Direktor der<br />

Klinik für Innere Medizin I, schaut sich<br />

die beiden Patienten an und tauscht<br />

sich zum aktuellen Zustand mit dem<br />

ärztlichen sowie pflegerischen Team<br />

der Intensivstation aus.<br />

Übergabe an den Spätdienst<br />

Abhören des Patienten<br />

Neben der ganzen Intensivpflege gilt<br />

es, die Anordnungen des ärztlichen<br />

Teams zu bearbeiten und umzusetzen.<br />

Zudem muss immer im Kopf behalten<br />

werden, dass man mit potentiell instabilen<br />

Patienten arbeitet und akute<br />

Notfälle sowie ungeplante Ereignisse<br />

zur täglichen Arbeit gehören.<br />

12:00 Uhr: Blutgasanalyse<br />

Wie steht es um die Werte von Blutzucker,<br />

Kalium und Sauerstoff? Was<br />

macht die Blutgerinnung bei dem<br />

ECMO-Patienten? All das verrät die<br />

Blutgasanalyse und wird dokumentiert.<br />

ab 13:00 Uhr: Medikamentenkontrolle<br />

und neue Pflegerunde<br />

Nach der Mittagspause werden die<br />

Medikamente wieder überprüft und<br />

gegebenenfalls für die nächste Schicht<br />

vorbereitet. Laufen Medikamente wie<br />

geplant durch? Gibt es neue Anordnungen<br />

oder Änderungen durch die Ärzte?<br />

Die Patienten werden nochmals mithilfe<br />

eines Kollegen neu positioniert.<br />

14:00 Uhr: Übergabe an den<br />

Spätdienst<br />

Alle Informationen werden an die<br />

Kollegen der nächsten Schicht übergeben<br />

und es wird nachdokumentiert.<br />

Solange die Patienten instabil sind,<br />

muss jederzeit auf Veränderungen<br />

reagiert und Prioritäten gesetzt werden.<br />

Egal ob bei Lagerungen, Übergaben<br />

oder Auslösen für die Pause – ohne<br />

Teamarbeit geht es nicht auf Station.<br />

14:30 Schichtende<br />

Runterkommen. Kopf frei bekommen.<br />

Erlebtes verarbeiten. Den Dienst<br />

nochmal Revue passieren lassen. Wie<br />

war der Tag? Konnte ich meinen Beruf<br />

optimal ausüben? Konnte ich bedarfsgerechte<br />

Pflege leisten? Fragen, die<br />

sich Andreas Weidner immer häufiger<br />

stellt.<br />

Professionelle Pflege ist heute das<br />

Rückgrat eines jeden Klinikums, so der<br />

Fachkrankenpfleger: „Seit fast 20 Jahren<br />

bin ich in der Intensivpflege tätig.<br />

Viel Erfahrung, viel Wissen, immer am<br />

Ball bleiben. Viel Leid, viel Schmerz.<br />

Aber auch viele schöne Momente, die<br />

die Wichtigkeit des Berufes in den Vordergrund<br />

gestellt haben. Es sind die<br />

Momente, die mich in diesem Beruf<br />

halten. Wir brauchen den Nachwuchs.<br />

Wir brauchen die jungen Menschen,<br />

die man über Jahre in diesem Beruf, in<br />

diesem Bereich, wachsen lassen kann.<br />

Für eine professionelle, für eine gute<br />

und bedarfsgerechte Pflege.“<br />

Protokoll: Michelle Korneli<br />

02 | 21<br />

11


Quantensprung für die Intensivmedizin<br />

Im Neubau A5 entsteht eine hochmoderne Intensivstation<br />

Einen Quantensprung für die Intensivmedizin<br />

am <strong>UKJ</strong>. Nicht weniger verspricht<br />

sich Prof. Dr. Christian Schulze von der<br />

neuen internistischen Intensivstation<br />

mit kardiovaskulärem Schwerpunkt,<br />

die im kommenden Jahr im Klinikneubau<br />

A5 ihren Betrieb aufnehmen soll.<br />

Mit dem Umzug und der Erweiterung<br />

der von PD Dr. Rüdiger Pfeifer ärztlich<br />

geleiteten ITS III aus dem fast 20 Jahre<br />

alten Klinikkomplex, steige die Qualität<br />

auf vielen Ebenen, so der Direktor der<br />

Klinik für Innere Medizin I.<br />

18 Intensivbetten in klimatisierten Einund<br />

Zweibettzimmern stehen dann für<br />

Patienten bereit mit Erkrankungen wie<br />

lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen,<br />

akutem Atemversagen, septischem<br />

Schock, akutem Nierenversagen,<br />

aber beispielsweise auch mit Komplikationen<br />

bei onkologischen Erkrankungen.<br />

Auch nach komplexen kardiologischen<br />

Interventionen können Patienten hier<br />

betreut und überwacht werden. Zusätzlich<br />

verfügt die neue Station über eine<br />

so genannte Chest-Pain-Unit – eine Einheit<br />

von vier Betten, in der bei Patienten<br />

mit unklaren, akuten Brustschmerzen<br />

schnell überprüft werden kann, ob eine<br />

Herzerkrankung vorliegt. Eine weitere<br />

Einheit der neuen Station ist die so<br />

genannte Heart-Failure-Unit mit sechs<br />

Betten, wo Patienten mit Herzschwäche<br />

optimal überwacht werden können. Ein<br />

Schockraum am Eingang der Intensivstation<br />

erlaubt es, instabile Patienten<br />

gleich auf der Station zu behandeln,<br />

ohne sie in einen anderen Klinikbereich<br />

transportieren zu müssen. Ein Bürotrakt<br />

in unmittelbarer Nähe zur Patientenversorgung<br />

erleichtere es den Ärzten,<br />

administrativ und akademisch tätig zu<br />

sein, so Prof. Schulze. Weitere Räume<br />

machen Lehrveranstaltungen mit Studierenden<br />

und Ärzten direkt auf der<br />

Station möglich.<br />

Mitten im Zentrum des Klinikareals<br />

in Lobeda ist das Gebäude A5 in den<br />

vergangenen Monaten gewachsen.<br />

Jetzt steht der Innenausbau an. Und<br />

die Anbindung an die bereits bestehenden<br />

Gebäude rundherum. Die gute<br />

Integration der neuen Intensivstation<br />

ist einer ihrer wichtigsten Vorteile.<br />

Über eine verglaste Brücke können die<br />

Mitarbeiter der neuen Station direkt<br />

zu den bisherigen Intensivstationen<br />

hinüberlaufen, ohne sich umkleiden zu<br />

müssen. Die neue Station erlaube es,<br />

die Zusammenarbeit mit den chirurgischen<br />

und anderen internistischen Disziplinen<br />

weiter voranzutreiben, betont<br />

Prof. Schulze.<br />

„Die Nähe von Intensivstation, Herzkatheterlabor<br />

und kardiovaskulärer Bildgebung<br />

ermöglicht es uns, die Patientenversorgung<br />

zu verbessern und neue<br />

multizentrische Studien durchzuführen<br />

– beispielsweise zu Herzunterstützungssystemen,<br />

zu fortgeschrittener<br />

Herzinsuffizienz oder Herzklappeneingriffen“,<br />

so Prof. Schulze. Auch ein neues<br />

Ausbildungskonzept für die Pflege ist in<br />

Planung, da sich die Teams der kardiovaskulären<br />

Intensivmedizin und des<br />

Herzkatheterlabors künftig durch die<br />

räumliche Nähe viel besser austauschen<br />

und gegenseitig unterstützen können.<br />

Dass sich durch kleinere und größere<br />

Details die Arbeitsbedingungen für die<br />

Pflegenden verbessern, betont auch<br />

Kati Egerland. Die Pflegeleitung der<br />

Intensivstationen hat zusammen mit<br />

12 02 | 21


der Stationsleiterin Christine Jakob das<br />

ITS-Musterzimmer im Neubau genau<br />

unter die Lupe genommen. Dass beispielsweise<br />

die Materialschränke wieder<br />

so installiert werden können, dass<br />

die Versorgungsassistenten sie vom<br />

Flur aus befüllen, ohne das Zimmer zu<br />

betreten, und die Pflegenden auf das<br />

Material zugreifen können, ohne das<br />

Zimmer verlassen zu müssen, empfindet<br />

sie als Erleichterung. Auch die<br />

zentrale Kanzel, in der alle Daten aus<br />

allen Patientenzimmern auf Monitoren<br />

zusammenfließen, erleichtert den<br />

zukünftigen Arbeitsalltag.<br />

Eine weitere Besonderheit der neuen Station<br />

sind die Zimmer, in denen Patienten<br />

mit Infektionskrankheiten oder auch mit<br />

besonderen onkologischen Erkrankungen<br />

isoliert werden können. Sie verfügen über<br />

eine spezielle Lüftungstechnik und eine<br />

Schleuse. Diese Räume seien lange vor<br />

der COVID-19-Pandemie geplant worden,<br />

so Prof. Schulze. Wie wichtig und richtig<br />

diese Entscheidungen sind, haben die<br />

vergangenen Monate gezeigt.<br />

Anke Schleenvoigt<br />

Kati Egerland, Pflegeleitung der<br />

Intensivstationen (auf beiden Bildern re.)<br />

nimmt das im Neubau A5 eingerichtete<br />

Musterzimmer für die neue Intensivstation<br />

genau unter die Lupe. Zusammen mit<br />

Jeanette Franzke vom Geschäftsbereich<br />

Neubau begutachtet sie die von zwei Seiten<br />

zu öffnenden Durchreicheschränke, die jetzt<br />

auch im Neubau installiert werden können.<br />

Fotos: Schleenvoigt<br />

Intensivstationen für<br />

Erwachsene am <strong>UKJ</strong><br />

Intensivstation I<br />

24 Betten (plus temporär 9 Betten auf der aufgerüsteten IMC I-Station)<br />

Im operativen Bereich der Intensivstation I (C110) werden Patienten nach<br />

kardio- und thoraxchirugischen Eingriffen versorgt. Zudem gilt die Station<br />

als Zentrum der intensivmedizinischen Transplantationsmedizin. In einem<br />

abgetrennten Bereich werden temporär COVID-19-Patienten versorgt.<br />

Intensivstation II<br />

26 Betten<br />

Im operativen Bereich der Intensivstation II (C210) werden Patienten überwiegend<br />

aus den Fachbereichen Viszeralchirurgie und Neurochirurgie versorgt,<br />

aber auch aus den Bereichen der Unfallchirurgie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,<br />

Gynäkologie, Urologie und Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.<br />

Intensivstation III<br />

22 Betten<br />

Auf der konservativen Intensivstation werden Patienten aus den<br />

Fachrichtungen Innere Medizin und Neurologie behandelt.<br />

Intermediate Care Station II<br />

22 Betten<br />

Die Intermediate Care Station ist ein Bindeglied zwischen der Intensivstation<br />

und den Normalstationen. Hier ist die Überwachung<br />

von Risikopatienten möglich. Betreut werden Patienten mit viszeralchirurgischen,<br />

kardiologisch-angiologischen, pneumologischen,<br />

gastroenterologischen und urologischen Erkrankungen.<br />

Intermediate Care Station III<br />

10 Betten<br />

Auf dieser Station werden Patienten der Neurochirurgie behandelt.<br />

02 | 21<br />

13


Schwester Juliane Dahm, Oberarzt Dr. Richard Biedermann<br />

und Professor Hans Proquitté kümmern sich um kranke Kinder<br />

vom Säuglingsalter bis zur Volljährigkeit. Fotos: Rodigast<br />

Geborgen wieder gesund werden<br />

Einblicke in die Kinder-Intensivstation am <strong>UKJ</strong><br />

Sanft fällt das Sonnenlicht durch die<br />

gelben Schiebevorhänge. Es ist mittags,<br />

doch Tom möchte nur schlafen.<br />

Schwester Juliane Dahm legt ihre Hand<br />

auf den Kopf des Siebenjährigen. Ein<br />

Bündel dünner Kabel führt von seinem<br />

kleinen Körper zu einem großen Monitor.<br />

Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung,<br />

Atmung, Blutdruck – jedes Kabel eine<br />

Zahl, eine pulsierende Kurve. Von der<br />

anderen Seite des Bettes kommen filigrane<br />

Schläuche mit Antibiotika, Immunglobulinen,<br />

Flüssigkeit. Tom bekommt<br />

davon im Moment nicht viel mit.<br />

„Heute warst du sehr müde. Wir haben<br />

leise deine Lieblingsmusik angemacht<br />

und du hast dich ausgeruht. Wenn du<br />

munterer bist, werden wir einen Videoanruf<br />

mit Mama und Papa machen.“<br />

Schwester Juliane schreibt diese Zeilen<br />

in sein Intensiv-Tagebuch, damit Tom<br />

und seine Eltern später verstehen<br />

können, was in der Zeit auf der Kinderintensivstation<br />

mit ihm passiert<br />

ist. Seine Diagnose: PIMS, abgekürzt<br />

vom englischen Pediatric Inflammatory<br />

Multisystem Syndrome. Vor<br />

sechs Wochen hatte der Erstklässler<br />

eine COVID-19-Infektion, die so harmlos<br />

verlief, dass sie fast nicht erkannt<br />

wurde. Jetzt liegt seine Temperatur bei<br />

über 40 Grad Celsius, er hat Bauchschmerzen,<br />

Durchfall und einen Hautausschlag.<br />

„Das Immunsystem reagiert<br />

exzessiv“, erklärt Professor Hans Proquitté,<br />

der die Kinderintensivstation<br />

E220 am <strong>UKJ</strong> leitet. Anfangs war für ihn<br />

und sein Team noch unklar, wie sich<br />

diese neuartige Erkrankung bei Kindern<br />

äußert. Mittlerweile können sie<br />

die PIMS-Symptome gut deuten, die<br />

meist vier bis sechs Wochen nach einer<br />

14<br />

02 | 21


COVID-19-Infektion auftreten. Am häufigsten trifft es Kinder<br />

zwischen sieben und zehn Jahren, Zweidrittel der Erkrankten<br />

sind Jungs. „Die Infektionswerte sind massiv erhöht“, so<br />

Professor Proquitté. Doch mit Steroiden bekommen sie die<br />

schwere Entzündungsreaktion recht gut in den Griff.<br />

Bei einigen Kinder habe sie PIMS jetzt erlebt, so Juliane Dahm,<br />

die Team-Leitung der Kinder-ITS. „Wir haben uns eingearbeitet<br />

und wissen jetzt, wie die Krankheit verläuft und worauf wir<br />

achten müssen – letztendlich ist es ein intensivmedizinischer<br />

Patient wie jeder andere auch.“ Mit kleinen Unterschieden:<br />

Während Isolierkittel, Mundschutz und Handschuhe immer<br />

dazugehören, wenn sie sich ihren kleinen Patienten nähert,<br />

kommen bei PIMS-Patienten noch eine Kopfhaube und<br />

eine Schutzbrille dazu. Und sie muss drei negative COVID-<br />

19-Abstriche des Patienten an drei Tagen abwarten, bis sie die<br />

Eltern zu ihrem Kind ins Zimmer lassen darf. „In diesen Tagen<br />

nehmen wir uns noch mehr Zeit für das Kind als sowieso<br />

schon“, sagt Juliane Dahm. Die Lieblingsmusik? Eine Gute-<br />

Nacht-Geschichte? „Jedes Kind braucht etwas anderes und<br />

das versuchen wir, so gut es geht, umzusetzen.“<br />

Nicht nur die Bedürfnisse, auch die Erkrankungen der kleinen<br />

Patienten sind sehr unterschiedlich. Neben schweren<br />

Infektionen behandeln sie Kinder mit Lungen- oder Nierenversagen,<br />

Anfallsleiden, mit Verbrühungen, mit Polytraumata<br />

nach Unfällen, Kinder vor und nach größeren chirurgischen<br />

Eingriffen, betreuen kleine Patienten mit schweren Verläufen<br />

aus den Spezialabteilungen wie der Onkologie, der Nephrologie,<br />

der Stoffwechselabteilung, der Kardiologie und der<br />

Pneumologie. Sie unterstützen, wenn Kinder Kurznarkosen<br />

erhalten müssen, beispielsweise für Bronchoskopien oder<br />

radiologische Interventionen, helfen beim Transport von<br />

kritisch kranken Kindern und bereiten Reha-Behandlungen<br />

vor. Auch viele chronisch kranke Patienten mit sehr seltenen,<br />

zum Teil lebensverkürzenden Erkrankungen betreuen sie. Als<br />

klassisches Schnittstellenfach steckten sie überall mit drin,<br />

so Proquitté. „Wir haben hier im Grunde alle (intensiv-)medizinischen<br />

Möglichkeiten – außer der Kinderherzchirurgie und<br />

der ECMO.“<br />

Einen Zugang in die Vene legen, die künstliche Beatmung<br />

vorbereiten – alles fällt bei jungen Patienten viel kleiner aus<br />

und ist dadurch deutlich problematischer. Auch könne man<br />

die Werte der Erwachsenenmedizin „nicht einfach runterrechnen“<br />

auf ein geringeres Körpergewicht. „Wir nehmen uns<br />

viel Zeit zum Beobachten. Es kommt auf viele Kleinigkeiten<br />

an, um den Zustand unserer Patienten einzuschätzen und<br />

um Veränderungen zu bemerken“, sagt Schwester Juliane.<br />

Was ihre Patienten außerdem besonders macht: ihre Eltern.<br />

„Wir brauchen sie“, betont Proquitté. Sie helfen, die Kinder<br />

zu beruhigen und den Heilungsprozess zu unterstützen. Sie<br />

kennen ihre Kinder am besten und können deuten, was sie<br />

brauchen, wenn sie sich selbst zum Beispiel wegen körperlicher<br />

Einschränkungen nicht artikulieren können. Und sie werden<br />

früh mit in die Pflege eingebunden. Oft koste es genauso<br />

viel Zeit, die Eltern anzuleiten wie die eigentliche Pflege des<br />

Kindes, so Schwester Juliane. Doch die Eltern, die direkt im<br />

Patientenzimmer auf einem Gästebett oder in den Räumen<br />

des Ronald McDonald-Hauses übernachten, sind wichtige<br />

Partner – schließlich führen sie die Pflege der Kleinen fort,<br />

wenn diese aus dem Klinikum entlassen werden.<br />

„Natürlich wissen wir, dass das hier eine ganz blöde Situation<br />

ist, dass die Kinder Angst haben, sich nicht auskennen und<br />

niemanden kennen“, so Professor Proquitté. Mit viel Liebe,<br />

Nähe, Zuneigung, Ablenkung und einer positiven Einstellung<br />

versuche er dies mit seinem Team immer wieder aufs Neue<br />

auszugleichen. „Wir betrachten jeden Patienten als Persönlichkeit<br />

mit eigenen Wünschen, Sorgen und Hoffnungen –<br />

auch, wenn er noch so klein ist.“ Über schmerzhafte Eingriffe<br />

sprechen? Über Erkrankungen, die das Leben verkürzen können?<br />

Juliane Dahm hat viel Erfahrung gesammelt, mit welchen<br />

Worten sie Kinder in welchem Alter und welcher Lebensphase<br />

erreichen kann. „Außerdem haben wir hier in Jena etwas, was<br />

extrem wichtig und gleichzeitig noch extrem selten ist: ein<br />

psychologisches Team zur Unterstützung. Wir können jederzeit<br />

die Psychologinnen Katherina Wicklein, Dr. Teresa Deffner<br />

oder Martha Schleicher um Rat fragen.“ Natürlich wird auch<br />

geweint und protestiert. Doch Schwester Juliane wird zum<br />

Glück immer wieder positiv überrascht: „Ich ziehe vor den<br />

Kindern wirklich den Hut. Sie überstehen wirklich viel und<br />

sind ganz, ganz stark und tapfer.“<br />

Anke Schleenvoigt<br />

Kinderintensivmedizin am <strong>UKJ</strong><br />

Zwei separate Stationen stehen am <strong>UKJ</strong> für die intensivmedizinische<br />

Betreuung von Kindern zur Verfügung, die<br />

beide von Professor Hans Proquitté geleitet werden: Auf<br />

der Station E120, dem neonatologischen Intensivbereich,<br />

werden alle Frühgeborenen und kranken Neugeborenen in<br />

den ersten Lebenswochen betreut. Das Team der Kinderintensivstation<br />

E220 kümmert sich um Patienten bis zum<br />

18. Lebensjahr – teilweise darüber hinaus. Zwei der fünf<br />

Oberärzte sind primär für die Patienten dieser Station<br />

zuständig, die über vier Einzel- und drei Doppelzimmer<br />

verfügt. Neben der vollen Weiterbildungsermächtigung<br />

für Neonatologie, Kinderintensivmedizin und Schlafmedizin<br />

bietet das <strong>UKJ</strong> darüber hinaus auch eine eigene<br />

intensivmedizinische Weiterbildung für Gesundheits- und<br />

Kinderkrankenpfleger an.<br />

02 | 21 15


Tele-Intensivmedizin<br />

<strong>UKJ</strong> startet mit SAT4COV thüringenweites Telemedizin-Netzwerk<br />

für COVID-19-Patienten auf Intensivstationen<br />

Ein COVID-19-Patient liegt seit einigen<br />

Tagen auf der Intensivstation in einem<br />

Thüringer Krankenhaus. Er wird beatmet,<br />

doch sein Zustand verschlechtert<br />

sich zusehends. Die aktuellen Röntgenbilder<br />

zeigen weiterhin deutliche<br />

Entzündungen der Lunge, die Sauerstoffwerte<br />

sinken, eine Hirnblutung<br />

kompliziert den Verlauf. Wie kann die<br />

weitere Behandlung für ihn aussehen?<br />

Oder ist der Zeitpunkt gekommen, den<br />

Patienten in ein Level-1-Krankenhaus<br />

für COVID-19-Patienten zu verlegen? Um<br />

das beurteilen zu können, müssen die<br />

Intensivmediziner und Neurologen des<br />

<strong>UKJ</strong> nicht selbst vor Ort sein. Die Kollegen<br />

des Krankenhauses vor Ort unterstützen,<br />

als seien sie selbst anwesend:<br />

Möglich ist das dank SAT4COV, dem<br />

einzigartigen Tele-Intensivmedizin-<br />

Projekt für COVID-19-Patienten in Thüringen.<br />

Zentral gesteuert und initiiert<br />

wird das Projekt vom Uniklinikum Jena,<br />

beteiligt sind bislang sechs Thüringer<br />

Kliniken, weitere sind in der Pipeline.<br />

Finanziell mit rund 1,5 Millionen Euro<br />

gefördert wird es vom Thüringer Ministerium<br />

für Arbeit, Soziales, Gesundheit,<br />

Frauen und Familie.<br />

Live-Schalte an Thüringens<br />

Intensivbetten<br />

Bei SAT4COV werden die Jenaer Experten<br />

live auf die Intensivstation eines<br />

am Netzwerk beteiligten Krankenhauses<br />

– derzeit sind es die Kliniken<br />

Altenburg, Greiz, Schmalkalden,<br />

Sonneberg, Saalfeld und Rudolstadt<br />

– zugeschaltet und geben ein telemedizinisches<br />

Konsil. Prototypische und<br />

auch prognosebestimmende Probleme<br />

bei COVID-19-Patienten betreffen vor<br />

allem die Beatmung und neurologische<br />

Fragestellungen. Die Intensivmediziner<br />

und Neurologen des <strong>UKJ</strong> sprechen aber<br />

nicht nur mit den behandelnden Ärzten,<br />

sondern haben gleichzeitig Zugriff<br />

auf alle relevanten Daten des Patienten<br />

wie Befunde, Röntgenbilder, Medikation<br />

oder Kreislaufparameter. „Vor<br />

allem im Bereich der Intensivmedizin<br />

sind Spezialisten rar“, weiß Professor<br />

Michael Bauer, Direktor der Klinik für<br />

Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />

am <strong>UKJ</strong>. „Telemedizin ist ein Weg, diese<br />

Knappheit auszugleichen“, sagt er. Denn<br />

16 02 | 21


TITELTHEMA<br />

mithilfe von SAT4COV können die Ärzte<br />

des <strong>UKJ</strong> ihr Know-how und ihre Erfahrung<br />

einbringen, wo und wenn sie akut<br />

gebraucht wird. „Unser Ziel ist es, zum<br />

einen die Behandlung der Patienten<br />

vor Ort zu verbessern, indem wir die<br />

Kollegen beraten oder eine Zweitmeinung<br />

geben. Zum anderen können wir<br />

gemeinsam mit den vor Ort behandelnden<br />

Ärzten besprechen, ob und<br />

wann ein Patient in ein spezialisiertes<br />

Zentrum verlegt werden muss“, erklärt<br />

Neurologe und Oberarzt Dr. Albrecht<br />

Günther.<br />

Intensive Vernetzung<br />

für die Zukunft<br />

Wie dringend eine solche Vernetzung<br />

ist, hat sich in der Corona-Pandemie<br />

deutlich gezeigt. Die Idee für SAT4COV<br />

hatten die <strong>UKJ</strong>-Experten schon während<br />

der ersten Welle, als vermehrt Anfragen<br />

nach Konsilen von Kollegen aus umliegenden<br />

Häusern kamen. In der zweiten<br />

Welle nahm der Bedarf dann schlagartig<br />

zu, als sich überall die Intensivstationen<br />

füllten. Aus der Idee wurde schnell ein<br />

tragfähiges Konzept, das dann in der<br />

dritten Welle Früchte trug.<br />

Besonders hilfreich war den Medizinern<br />

des <strong>UKJ</strong> dabei die langjährige und<br />

gute Erfahrung mit dem seit knapp<br />

zehn Jahren bestehenden SATELIT-<br />

Netzwerk zur telemedizinischen<br />

Behandlung von Schlaganfallpatienten<br />

in Thüringen. Dadurch ist das <strong>UKJ</strong><br />

bereits mit vielen Thüringer Kliniken<br />

vernetzt, die Kollegen kennen und<br />

schätzen hier den telemedizinischen<br />

Austausch. Erst kürzlich wurden die<br />

Zentralen Notaufnahmen der SATELIT-<br />

Kliniken technisch aufgerüstet und<br />

sollen im nächsten Schritt ebenfalls<br />

an die Intensivstation angedockt werden,<br />

sodass das SAT4COV-Netzwerk<br />

weiter wachsen kann.<br />

Das große Plus des Projekts: Langfristig<br />

können das Netzwerk, die Technik,<br />

die Logistik und das Know-how von<br />

SAT4COV genutzt werden, um über<br />

COVID-19 hinaus ein Netzwerk für alle<br />

intensivmedizinischen Fragestellungen<br />

zu etablieren. Eben Tele-Intensivmedizin.<br />

„Telemedizin schreitet voran<br />

und ist grundsätzlich sehr gut interdisziplinär<br />

nutzbar“, findet Günther.<br />

„Wir stellen uns auf für die Zukunft.“<br />

Katrin Bogner<br />

Neurologe und Oberarzt Dr. Albrecht<br />

Günther und Professor Michael Bauer,<br />

Direktor der Klinik für Anästhesiologie und<br />

Intensivmedizin (li.), können dank Telemedizin<br />

den Zustand eines Patienten einschätzen,<br />

obwohl dieser nicht am selben Ort ist.<br />

Fotos: Rodigast<br />

KONTAKT<br />

Dr. Albrecht Günther<br />

Klinik für Neurologie<br />

albrecht.guenther@med.uni-jena.de<br />

02 | 21<br />

17


TITELTHEMA<br />

„Studien eröffnen bessere<br />

Therapiemöglichkeiten“<br />

Klinische Forschung in der Intensivmedizin<br />

Foto: Szabó<br />

Um herauszufinden, wie eine Erkrankung<br />

sicher diagnostiziert, wirksam<br />

behandelt und der Verlauf zuverlässig<br />

prognostiziert werden kann, sind klinische<br />

Studien notwendig. Dabei stellen<br />

kontrollierte und randomisierte Multicenterstudien<br />

den Goldstandard dar<br />

– diese Studien werden an möglichst<br />

vielen Kliniken durchgeführt, sie testen<br />

neue Therapien oder Methoden im Vergleich<br />

zu den bislang etablierten, und<br />

die teilnehmenden Patienten werden<br />

per Zufall einer dieser Gruppen, den<br />

Studienarmen, zugeordnet. Vor dem<br />

Start jeder Studie prüft eine Ethikkommission<br />

unter anderem, ob das Konzept<br />

den angestrebten Wissenszuwachs<br />

bringen kann und Nutzen und Risiken<br />

für die Teilnehmer in einem angemessenen<br />

Verhältnis stehen. Erst nach einem<br />

ausführlichen Aufklärungsgespräch mit<br />

dem Studienarzt entscheidet ein Patient<br />

über die Teilnahme.<br />

In der Intensivmedizin sind wissenschaftlich<br />

geprüfte neue Behandlungsmethoden<br />

besonders notwendig, denn<br />

die schwerst erkrankten Patienten<br />

sollen schnell die nachweislich wirksamste<br />

Therapie erhalten. Doch wie<br />

können prospektive Studien auf einer<br />

Intensivstation durchgeführt werden,<br />

um Therapien auf ihre Wirksamkeit zu<br />

überprüfen? „Das ist eine gewaltige<br />

Herausforderung an das Studienteam,<br />

denn die Intensivpatienten sind in aller<br />

Regel nicht einwilligungsfähig und sie<br />

benötigen in der Regel immer zeitnah<br />

die Behandlung. Es muss also sehr<br />

schnell entschieden werden, ob sie<br />

eingeschlossen und nach dem Studienschema<br />

behandelt werden können oder<br />

nicht“, beschreibt Prof. Dr. Frank Brunkhorst,<br />

Intensivmediziner und Leiter<br />

des Zentrums für Klinische Studien am<br />

<strong>UKJ</strong>, das Problem. Als Motor der Jenaer<br />

Sepsisforschung verfügt die Intensivmedizin<br />

am <strong>UKJ</strong> über große Erfahrung<br />

und gute infrastrukturelle Voraussetzungen<br />

für klinische Studien. Wird ein<br />

geeigneter Patient, der für eine Studie<br />

in Frage kommt, identifiziert, nehmen<br />

die Mitarbeiter der direkt an die Intensivstation<br />

angebundenen On-site-Units<br />

Kontakt zu den Angehörigen auf, um die<br />

Einwilligung zu erfragen. Da nur offiziell<br />

als gesetzliche Vertreter ernannte Personen<br />

eine solche Entscheidung treffen<br />

dürfen, muss oft auch das zuständige<br />

Amtsgericht kontaktiert werden. Brunkhorst:<br />

„Meist ist das in den 6, 12 oder<br />

24 Stunden, in denen der Einschluss in<br />

die Studie nach der Aufnahme auf ITS<br />

erfolgen soll, nicht zu schaffen. Deshalb<br />

haben wir am <strong>UKJ</strong> ein Konsiliararztverfahren<br />

eingeführt, welches von anderen<br />

Ethikkommissionen in Deutschland<br />

akzeptiert wird.“ Dabei kann ein unabhängiger<br />

Arzt, der weder an der Behandlung<br />

des Patienten noch an der Studie<br />

beteiligt ist, seine vorläufige Einwilligung<br />

geben. Das gibt dem Studienteam<br />

48 Stunden Zeit für die Zustimmung der<br />

gesetzlichen Vertretung. „Die Angehörigen<br />

stehen einer Studienteilnahme oft<br />

aufgeschlossen gegenüber, weil sie keinesfalls<br />

eine schlechtere Behandlung<br />

darstellt, sondern meist potentiell bessere<br />

Therapiemöglichkeiten eröffnet“,<br />

so Prof. Brunkhorst.<br />

Wie aufwändig die klinische Forschung<br />

ist, wird schnell klar, wenn man in<br />

Betracht zieht, dass jeder Patient nur<br />

in eine Studie eingeschlossen werden<br />

kann. Für eine statistisch valide Datengrundlage<br />

in einer Therapiezulassungsbzw.<br />

-optimierungsstudie sind aber<br />

mehrere Hundert Patienten notwendig<br />

– in jedem Studienarm. Schon Prüfungen<br />

früher Phasen können dreistellige<br />

Teilnehmerzahlen umfassen. Dazu<br />

kommt, dass Patienten auch im Verlauf<br />

noch ausscheiden können, weil sie zum<br />

Beispiel die Einschlusskriterien nicht<br />

erfüllen, sog. drop-outs. „Diese Studien<br />

sind nur gemeinsam mit vielen Studienzentren<br />

zu realisieren, möglichst in<br />

internationalen Netzwerken“, sagt Prof.<br />

Brunkhorst. „Das hat auch den Vorteil,<br />

dass sich standortspezifische Effekte,<br />

zum Beispiel durch bestimmte Abläufe<br />

in einer Klinik, weniger auswirken können<br />

und die Studienergebnisse auf<br />

andere Settings eher übertragbar sind.<br />

Wir nennen das externe Validität.“<br />

Uta von der Gönna<br />

18<br />

02 | 21


Beispiele für intensivmedizinische Studien, die von<br />

<strong>UKJ</strong>-Wissenschaftlern konzipiert und geleitet werden<br />

ARISS: Albuminersatz bei Patienten mit septischem Schock<br />

Das Bluteiweiß Albumin spielt eine zentrale Rolle bei der<br />

Steuerung der Transportfunktion des Blutes. Über verschiedene<br />

Mechanismen reguliert es die Flüssigkeitsverteilung in<br />

Gewebe und Gefäßen und dient als Transportprotein. Darüber<br />

hinaus hat es auch anti-entzündliche und anti-oxidative<br />

Wirkung. Diese wichtigen Funktionen kann es nicht mehr<br />

erfüllen, wenn bei einem septischen Schock große Mengen<br />

der Blutflüssigkeit in das Gewebe übertreten und zu wenig<br />

Albumin im Blutserum verbleibt. Als erste randomisierte Studie<br />

vergleicht ARISS die Gabe von Albumin als Sepsistherapie<br />

mit der Volumenersatztherapie ohne das Eiweiß. Sie wird von<br />

der DFG mit 2,4 Milionen Euro gefördert und beteiligt derzeit 26<br />

Studienzentren, insgesamt sollen es 50 werden. Studienleiter<br />

Prof. Yasser Sakr: „Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse<br />

unserer Studie die klinische Praxis und die internationalen<br />

Leitlinien der Sepsisbehandlung beeinflussen werden.“<br />

ImmunoSep – Personalisierte Immuntherapie der Sepsis<br />

Individuelle Unterschiede beeinflussen den Verlauf einer Sepsis<br />

und den Behandlungserfolg deutlich. Zum Beispiel steht<br />

bei einigen Patienten eine überschießende Entzündungsantwort<br />

im Vordergrund, bei anderen bestimmt eine geschwächte<br />

Abwehrantwort den Verlauf. Die klinische Studie ist Teil eines<br />

mit 10 Millionen Euro geförderten EU-Forschungsprojektes.<br />

„Wir werden die Studienpatienten in Gruppen mit verstärkter<br />

und zu schwacher Abwehrreaktion einteilen und in beiden<br />

Gruppen eine immundämpfende bzw. eine immununterstützende<br />

Therapie mit der etablierten Standardtherapie vergleichen“,<br />

so PD Dr. Sebastian Weis, der zusammen mit dem Studienleiter<br />

Prof. Michael Bauer die Studie eingeworben hat. In<br />

die Studie sollen knapp 300 Patienten in sechs europäischen<br />

Ländern aufgenommen werden. Jena ist das einzige klinische<br />

Studienzentrum in Deutschland.<br />

ICROS und ICROVID – Biomarker für die Verlaufsprognose von Sepsis und COVID-19-Sepsis<br />

Vor kurzem konnte das Team von Studienleiterin Prof. Sina<br />

Coldewey die Rekrutierung von mehr als 200 Patienten für<br />

die ICROS-Studie abschließen, die nach kardiovaskulären und<br />

molekularen Prognosefaktoren für die Langzeitfolgen nach<br />

einer durchgemachten Sepsis sucht. Bei einem Großteil der<br />

Studienpatienten war die Sepsis Folge einer bakteriellen<br />

Infektion. „Sofort zu Beginn der ersten Welle haben wir begonnen,<br />

auch Patienten mit COVID-19-Sepsis in diese Studie einzuschließen.<br />

Knapp 50 Patienten mit COVID-19 nehmen daher<br />

bereits an der Langzeitbeobachtung teil“, so Sina Coldewey.<br />

Die gewonnenen Erfahrungen nutzt die Gruppe jetzt für das<br />

multizentrische Studienprojekt ICROVID, das sich nur auf die<br />

virale Sepsis konzentriert. „Im Fokus stehen die kardiovaskulären<br />

Schädigungen, die in Verbindung mit einer COVID-19- bzw.<br />

einer Influenza-assoziierten Sepsis auftreten können“, erklärt<br />

Studienarzt Dr. Charles Neu. „Dank der etablierten Strukturen<br />

konnten wir bereits 22 Patienten rekrutieren.“ Beide Studien<br />

werden vom Bundesministerium für Forschung gefördert.<br />

Foto: Ouart<br />

02 | 21<br />

19


Arzt wird man nicht im Home-Office<br />

Studierendenunterricht in der Intensivmedizin<br />

Erkennen wir bei dem Patienten eine Organdysfunktion? –<br />

Mit dieser Frage endet ein gut zehnminütiger Film, der im<br />

Lehre-Organisationssystem DOSIS hinterlegt ist. Er gehört<br />

zum Praktikum Intensivmedizin und trägt das Label PBL für<br />

„Patientenbasiertes Lernen“. Aber wie kann patientenbasiertes<br />

Lernen aussehen, wenn die Intensivstationen im COVID-<br />

19-Ausnahmezustand sind? „Wir haben schon im Frühjahr<br />

2020, als wir noch nicht wussten, was auf uns zukommt,<br />

auf der ITS und im OP-Saal Lehrfilme gedreht“, so Dr. Katrin<br />

Gugel, Lehrkoordinatorin der Klinik für Anästhesiologie<br />

und Intensivmedizin. Die Filme mussten den Unterricht am<br />

Patientenbett auf der Intensivstation ersetzen, der eigentlich<br />

für alle etwa 260 Medizinstudenten eines Jahrgangs in<br />

Kleingruppen durchgeführt wird – in diesem Frühjahr gleich<br />

wieder, als in der dritten Welle bis zu 30 Patienten auf der<br />

COVID-ITS behandelt werden mussten.<br />

Wie am Patientenbett stellen die Lehrfilme in strukturierter<br />

Weise reale kritisch kranke Patienten vor. Sie sind die<br />

Grundlage des Webinars, in dem in fokussierten Gruppenarbeiten<br />

mit einem ITS-Arzt typische intensivmedizinische<br />

Diagnosen und Therapieprinzipien erarbeitet werden. Katrin<br />

Gugel: „Auch das musste in diesem Jahr online geschehen,<br />

aber die Erarbeitung des Wissens in der Gruppe funktioniert<br />

auch in Distanz sehr gut.“ Das Intensivmedizin-Praktikum<br />

gehört zum Themenblock Perioperative Medizin im zehnten<br />

Semester, der neben Online-Vorlesungen und Webinaren<br />

auch Praktika in Präsenz umfasst, um grundlegende anästhesiologische<br />

Fertigkeiten und das Einleiten einer Vollnarkose<br />

am Patientensimulator zu trainieren. „Diese Praxisanteile<br />

fanden und finden unter strengen Hygieneauflagen<br />

statt. Sie sind zum Erlernen der ärztlichen Fertigkeiten aber<br />

unbedingt notwendig, Arzt wird man nicht im Home-Office“,<br />

betont Katrin Gugel.<br />

Sie sehnt, wie auch die Studierenden, den Unterricht in Präsenz<br />

wieder herbei. Einige der pandemiebedingten Erfahrungen<br />

der Online-Lehre sind aber durchaus positiv, so dass<br />

die E-Learning-Angebote als Hybridelemente aufrechterhalten<br />

werden sollen. Durch die Vorbereitung mit Lehr- und<br />

Anleitungsfilmen lässt sich beispielsweise die Praktikumszeit<br />

intensiver nutzen, auch schätzen die Studierenden<br />

20 02 | 21


„Ich fühle mich gut angeleitet“<br />

Die PJ-lerin Sarah Montag im Gespräch mit<br />

Oberarzt Dr. Michael Hofmann. Begleitet von<br />

einem Arzt lernt die Studentin den klinischen<br />

Alltag auf der Intensivstation kennen.<br />

Fotos: Rodigast<br />

aufgezeichnete Vorlesungen und<br />

Skripte der Distanzveranstaltungen zur<br />

Prüfungsvorbereitung.<br />

Für die Vorbereitung auf die Prüfungen<br />

werden die Vorlesungen und<br />

Skripte aber nicht ausreichen, denn<br />

die Studierenden müssen neben einer<br />

Online-Klausur auch einen praktischen<br />

Prüfungsparcours absolvieren. Hier<br />

werden sie die trainierten ärztlichen<br />

Fertigkeiten am simulierten Patientenfall<br />

oder an Phantomen unter Beweis<br />

stellen. „Und am Ende werden unsere<br />

Studierenden auch erkennen und einordnen<br />

können, dass die im Lehrfilm<br />

besprochenen Wassereinlagerungen,<br />

die geringe Sauerstoffsättigung und<br />

Durchblutungsstörungen deutliche<br />

Anzeichen dafür sind, dass die Funktion<br />

von Herz, Lungen und Nieren<br />

schwer beeinträchtigt sind“, ist sich<br />

Katrin Gugel sicher.<br />

Uta von der Gönna<br />

Das Praktische Jahr, kurz PJ, ist der<br />

dritte Abschnitt des Medizinstudiums,<br />

in dem die Studierenden ihre Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten unter ärztlicher<br />

Aufsicht unmittelbar im klinischen<br />

Alltag vertiefen und erweitern. Neben<br />

den Pflichtfächern Innere Medizin<br />

und Chirurgie absolvieren die Ärzte in<br />

Ausbildung einen der drei Abschnitte<br />

in einem Wahlfach. Die acht Plätze in<br />

der Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />

am <strong>UKJ</strong> sind oft komplett vergeben.<br />

Während der Patientenkontakt<br />

im Studium pandemiebedingt sehr<br />

eingeschränkt wurde, werden die PJler<br />

in den Teams kontinuierlich am<br />

Patienten ausgebildet, auch auf den<br />

Intensivstationen. Ein Gespräch mit<br />

Studentin Sarah Montag zu ihrem PJ<br />

auf der Intensivstation.<br />

Wie sieht der Tagesablauf eines PJlers<br />

auf der ITS aus?<br />

Sarah Montag: Wir sind jeweils einem<br />

Arzt fest zugeordnet, den wir den Tag<br />

über begleiten. Gestartet wird auf der<br />

Operativen Intensivstation, wo ich<br />

aktuell eingesetzt bin, frühmorgens<br />

kurz nach sieben mit den Fachvisiten<br />

der Chirurgen. Anschließend daran<br />

findet die Übergabe vom ärztlichen<br />

Kollegen des Nachtdienstes statt.<br />

Hierbei werden die Patienten besprochen<br />

und unsere Aufgaben für den Tag<br />

festgelegt. Im Tagesverlauf nehmen<br />

wir neue Patienten, beispielsweise<br />

Frischoperierte aus dem OP, auf.<br />

Wie werden die PJ-ler in die Patientenversorgung<br />

eingebunden?<br />

Sarah Montag: Wir haben, wie die<br />

Ärzte, Zugang zum Dokumentationssystem<br />

für die Patientenbehandlung.<br />

Gemeinsam visitieren wir die Patienten<br />

am Bett: Meist darf ich sie untersuchen,<br />

während sich der Arzt schon<br />

einen Überblick über die gelaufenen<br />

Untersuchungen, Laborwerte und<br />

Medikamente verschafft. Wir PJ-ler<br />

führen unter Aufsicht auch kleinere<br />

Punktionen, Materialentfernungen<br />

oder Katheteranlagen durch. Schließlich<br />

sollen wir das bald selbständig<br />

machen.<br />

Welche Auswirkungen hat die<br />

Corona-Pandemie auf Ihr Studium<br />

und PJ?<br />

Sarah Montag: Die meisten Praktika<br />

hatte ich zum Glück vorher<br />

absolviert, für die schriftlichen Examen<br />

muss ich mich aber leider am<br />

Schreibtisch zuhause vorbereiten<br />

und die Theorie dahinter lernen. Aber<br />

mein erstes PJ-Tertial in der Inneren<br />

fiel mitten in die zweite Welle im<br />

Winter. Ich arbeitete teilweise auf<br />

einer Corona-Station, das war schon<br />

besonders und anstrengend – aber<br />

auch lehrreich.<br />

Warum haben Sie sich ein PJ in der<br />

Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />

am <strong>UKJ</strong> entschieden?<br />

Sarah Montag: Die Klinik engagiert<br />

sich sehr für die Studierenden, nicht<br />

nur im PJ. Dass wir PJ-ler die ganze<br />

Zeit im 1:1-Teaching mit einem ärztlichen<br />

Mentor unterwegs sein können,<br />

ist super. Ich fühle mich bei allen<br />

Tätigkeiten sehr gut angeleitet und<br />

aktiv eingebunden. Für das Fach interessiere<br />

ich mich seit einer Famulatur<br />

vor drei Jahren und möchte darin<br />

meine Facharztausbildung beginnen.


Eine Brücke zwischen Patienten und Angehörigen<br />

Was psychologische Unterstützung auf der Intensivstation bedeutet<br />

Dr. Teresa Deffner hält die Hand des<br />

Patienten, streichelt sie sanft. Währenddessen<br />

berichtet sie ihm mit ihrer<br />

klaren, freundlichen Stimme, seine<br />

Frau habe gestern die Mülltonnen<br />

rausgestellt, was sonst immer seine<br />

Aufgabe gewesen sei. Er solle sich<br />

keine Sorgen machen, richte seine<br />

Frau aus. Sie schaffe das schon. Der<br />

Patient, ein mittelalter Mann, reagiert<br />

nicht. Er liegt seit geraumer Zeit auf der<br />

COVID-19-Intensivstation, wird beatmet,<br />

ist nicht bei Bewusstsein. Teresa<br />

Deffner spricht trotzdem mit ihm, als<br />

sei heute ein ganz normaler Tag. Sie<br />

ist Psychologin und fester Bestandteil<br />

der Intensivstation am <strong>UKJ</strong>. Seit<br />

2013 gehört sie zum Team der ITS, um<br />

Patienten, Angehörigen und auch ihren<br />

Kollegen in besonderen Krisensituationen<br />

beizustehen. Seit Corona herrscht<br />

quasi Dauerkrise und die Psychologin<br />

ist permanent im Einsatz auf der<br />

COVID-19-Intensivstation.<br />

Unter der Schutzkleidung, der Brille<br />

und der Haube ist ihr Gesicht zwar<br />

kaum zu erkennen. Viel wichtiger ist<br />

aber auch ihre Stimme. Und die hören<br />

die Patienten und in der Regel auch<br />

die Angehörigen jeden Tag. Mindestens<br />

einmal. Ebenfalls ganz wichtig: das<br />

Telefon. Denn vieles an Gesprächen,<br />

an Vermittlung, läuft derzeit über<br />

das Telefon, bestenfalls über Videotelefonie.<br />

In Pandemiezeiten herrscht<br />

Besuchsverbot, zudem befinden sich<br />

viele Angehörige der Corona-Patienten<br />

selbst in Quarantäne und könnten<br />

gar nicht kommen, selbst wenn sie es<br />

dürften. Bescheiden bezeichnet sich<br />

Deffner daher selbst als „Telefondame“.<br />

Natürlich ist sie viel mehr. Sie ist verlängerter<br />

Arm, verlängertes Auge für<br />

die Angehörigen, die ihre Lieben nicht<br />

persönlich sehen, nicht selber berühren<br />

können. Die von der Situation oft<br />

erstmal überfordert sind. Und die die<br />

Vorstellung, übers Telefon mit ihrem<br />

Mann, ihrer Tochter, ihrer Mutter zu<br />

sprechen, die ihnen nicht antworten<br />

können, zunächst oft befremdlich finden.<br />

„Wir bieten den Angehörigen an,<br />

das Telefon ans Ohr ihrer Lieben zu<br />

halten. Aber wenn sie sich noch nicht<br />

bereit fühlen, drängen wir niemanden<br />

dazu. Wir übernehmen das dann<br />

erstmal stellvertretend für sie. Das ist<br />

für die Angehörigen eine unglaublich<br />

schwierige, belastende Situation und es<br />

dauert seine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.<br />

Wichtig ist, da zu sein und<br />

ihnen zu vermitteln, dass ihre Lieben<br />

22 02 | 21


TITELTHEMA<br />

Gespräche zu führen und zu ermöglich:<br />

Beides sind wichtige Bestandteile<br />

der Arbeit von Psychologin Dr. Teresa<br />

Deffner. Per Videotelefonie können<br />

Angehörige mit den Patienten auf der<br />

Intensivstation im Kontakt sein.<br />

Foto: Rodigast<br />

„Wichtig ist, da<br />

zu sein und den<br />

Angehörigen zu<br />

vermitteln, dass<br />

ihre Lieben nicht<br />

alleine sind...“<br />

nicht alleine sind und sich das Team<br />

der Intensivstation um sie kümmert“,<br />

berichtet Deffner. „Wir wollen damit ein<br />

Stück weit das Hilflosigkeitsgefühl der<br />

Angehörigen mildern. Und Anteilnahme<br />

schaffen – für die Angehörigen und die<br />

Patienten.“<br />

Eine Berührung als<br />

menschliche Zuwendung<br />

Deffner ist es wichtig, nicht nur mit<br />

den Patienten zu sprechen, sondern<br />

ihnen die Hand zu halten. „Ich finde,<br />

Berührung sollte nicht nur medizinisch<br />

bedingt sein, sondern auch ganz bedingungslos<br />

als menschliche Zuwendung<br />

geschehen“, so die Psychologin. Nicht<br />

selten hängen Briefe oder Bilder um<br />

die Betten, die Angehörige der Psychologin<br />

geschickt haben und die sie sorgfältig<br />

ausdruckt und laminiert. Bilder<br />

des Hochzeitstags beispielsweise. Bei<br />

Bewusstsein oder nicht, für den Ehemann<br />

war es wichtig, diesen besonderen<br />

Tag zu würdigen und seiner Frau<br />

zu zeigen, dass er an sie denkt. „Das<br />

ist wichtig für die Angehörigen, weil sie<br />

etwas für den Patienten tun können,<br />

auch wenn sie nicht an seiner Seite<br />

sein dürfen“, erklärt Deffner.<br />

Die Psychologin ist fast den ganzen<br />

Tag auf der COVID-19-Intensivstation<br />

unterwegs. Sie geht von Zimmer zu<br />

Zimmer, zieht jedes Mal aufs Neue die<br />

Schutzkleidung an und aus. Desinfiziert<br />

sich. Und obwohl sie sich um unglaublich<br />

viele Patienten kümmert, wirkt es,<br />

als liegen da alte Bekannte, als kenne<br />

sie jeden einzelnen schon Ewigkeiten –<br />

bei vielen ist es auch schon so etwas<br />

wie eine kleine Ewigkeit, denn die meisten<br />

Corona-Patienten verbringen viele<br />

Tage und Wochen auf der Intensivstation.<br />

Deffner kann auf den Punkt genau<br />

berichten, was die Frau, der Mann oder<br />

der Sohn gestern erzählt haben und<br />

was sie heute vorhaben. Was sie verabredet<br />

hat und welche Untersuchungen<br />

heute anstehen. Dafür tauscht sie<br />

sich engmaschig mit den Ärzten und<br />

Pflegenden aus. „Jede Information ist<br />

wichtig, die medizinischen und pflegerischen<br />

genauso wie die psychologischen.<br />

Das ergänzt sich gegenseitig<br />

und deswegen ist es auch so wichtig,<br />

hier zu sein und ein vollständiges Bild<br />

zu bekommen“, sagt sie.<br />

Überhaupt: Psychologische Betreuung<br />

ist ein ganz wesentlicher Versorgungsaspekt,<br />

das hat die Pandemie nochmal<br />

verdeutlicht. „Menschen, die auf der<br />

Intensivstation liegen, befinden sich<br />

meist in einer Krisensituation. Viele der<br />

COVID-19-Patienten müssen beatmet<br />

werden. Hier geht es um existentielle<br />

Fragen und Ängste: Wache ich wieder<br />

auf? Überlebe ich das? Was, wenn die<br />

Ärzte und Pflegekräfte die letzten Menschen<br />

sein werden, die ich sehe? Darüber<br />

müssen die Patienten sprechen<br />

können.“ Gerade in einer Pandemie<br />

müssten hier Ressourcen pragmatisch<br />

gebündelt werden, um allen Patienten<br />

und Angehörigen psychologische<br />

Unterstützung bieten zu können, findet<br />

Deffner. Sie und ihre Kolleginnen sind<br />

jedenfalls allseits gefordert in dieser<br />

noch nie dagewesenen, besonderen<br />

Situation. So viele Patienten liegen<br />

hier beatmet, einige wachen nie mehr<br />

auf. „Um Abschied zu nehmen, können<br />

Dr. Theresa Deffner<br />

d i e<br />

Angehörigen<br />

persönlich<br />

vorbeikommen.<br />

Wir als Ärzte, Pflegekräfte<br />

und Psychologen begleiten sie<br />

dann bei der Abschiednahme und<br />

haben auch versucht, neue Rituale<br />

für Angehörige zu finden, die selbst in<br />

Quarantäne sind. Sie können per Video<br />

oder Telefon letzte Worte an den Patienten<br />

richten und ihn auf diese Weise<br />

begleiten. Wir fertigen Bilder und Fingerabdrücke<br />

von den Verstorbenen an,<br />

die wir den Angehörigen auf Wunsch<br />

zukommen lassen. Außerdem führen<br />

wir bei allen Angehörigen verstorbener<br />

Patienten Nachsorgeanrufe durch,<br />

wenn sie es wünschen. Viele Angehörige<br />

erleben das als Wertschätzung<br />

ihrer Situation und sind sehr dankbar<br />

für die kleinen Erinnerungsstücke und<br />

die Möglichkeit, ein Bild des Verstorbenen<br />

zu erhalten“, sagt Deffner.<br />

Und neben all diesen Schicksalen gibt<br />

es auch die schönen Momente. Wenn<br />

nach langer, langer Zeit ein Patient<br />

wieder da ist, selbst sprechen und<br />

ganz wach zuhören kann. Auch wenn<br />

jeder Ton noch anstrengend und kräftezehrend<br />

ist. Für die Angehörigen ist<br />

es ein erlösender Moment, die Stimme<br />

ihres Mannes, Vaters, Opas zu hören.<br />

Teresa Deffners Stimme wird sie aber<br />

auch dann noch eine Weile begleiten.<br />

Denn aufgewacht heißt noch nicht<br />

genesen. Aber es ist ein Anfang.<br />

Katrin Bogner<br />

02 | 21<br />

23


Für eine bessere Atmung und stärkere Muskeln<br />

Wie Physiotherapie Intensiv-Patienten wieder mobil macht<br />

Unterschiedliche Piepsignale ertönen<br />

von den medizinischen Geräten auf<br />

der Intensivstation I am <strong>UKJ</strong>, die aktuell<br />

Patienten für COVID-19 vorbehalten ist.<br />

Pfleger und Ärzte in Schutzkitteln, mit<br />

Brillen und Handschuhen tauschen sich<br />

ruhig über die Patienten aus. Mittendrin:<br />

Chris Lüneburg und Ulrike Mohring vom<br />

Institut für Physiotherapie. Sie sind zwei<br />

Physiotherapeuten des vierköpfigen,<br />

physiotherapeutischen COVID-Teams,<br />

das seit Oktober 2020 besteht. Gemeinsam<br />

mit einem weiteren Physio- und<br />

einem Ergotherapeuten betreuen sie<br />

seitdem die Corona-Patienten des <strong>UKJ</strong> –<br />

mittlerweile an sieben Tagen die Woche.<br />

Zu Beginn jedes Arbeitstages besprechen<br />

die beiden zunächst mit den Pflegern<br />

und Ärzten auf Station den aktuellen<br />

Zustand der Patienten. Denn allein<br />

dieser entscheidet, welche Therapie sie<br />

an diesem Tag anwenden. „Gerade hier<br />

auf Intensivstation müssen wir unsere<br />

Pläne immer spontan anpassen können.<br />

Geht es dem Patienten an einem Tag gut<br />

und er kann ein paar Schritte gehen,<br />

kann das am nächsten Tag schon wieder<br />

ganz anders aussehen“, weiß Chris Lüneburg.<br />

„Deshalb sind enge Abstimmungen<br />

im interdisziplinären Team sehr wichtig.“<br />

Der Blick im Patientenzimmer ist dann<br />

nicht nur auf den Patienten gerichtet,<br />

sondern auch auf die technischen<br />

Geräte. Sind die Werte auf dem Überwachungsmonitor<br />

in Ordnung? Wird<br />

der Patient künstlich ernährt? Ist<br />

der Beatmungsschlauch lang genug,<br />

damit sich der Patient setzen kann?<br />

„Erfahrung ist hier das A und O“, sagt<br />

Ulrike Mohring, die bereits seit mehr<br />

als zehn Jahren ausschließlich auf der<br />

Intensivstation als Physiotherapeutin<br />

arbeitet. „Eine gezielte Einarbeitung<br />

und gute Teamarbeit geben zusätzliche<br />

Sicherheit.“ Prinzipiell arbeiten die Physiotherapeuten<br />

daher im Zweierteam.<br />

Beispielsweise wenn sie die Gelenke<br />

von Patienten durchbewegen, die länger<br />

ohne Bewusstsein sind. Oder wenn sie<br />

mithilfe gezielter Grifftechniken Sekret in<br />

der Lunge des Patienten lösen, um die<br />

Atmung zu vertiefen. Je nach Therapie<br />

unterstützen Pfleger, Ärzte und auch<br />

Kardiotechniker sie beispielsweise bei<br />

der Lagerung der Patienten oder beim<br />

Aufstellen mithilfe eines sogenannten<br />

Stehbretts. „Auch, wenn wir einen Patienten,<br />

der durch eine ECMO-Therapie<br />

unterstützt wird, im Bett aufsetzen<br />

wollen, müssen viele mit anpacken. Ein<br />

Pfleger hält den Beatmungsschlauch,<br />

ein Techniker die verschiedenen Kabel,<br />

ein Therapeut setzt den Patienten auf<br />

und ein weiterer stützt ihn von hinten“,<br />

beschreibt Lüneburg. „Das klingt nicht<br />

nur aufwendig. Das ist es auch. Und<br />

benötigt viel Zeit.“ Bis zu einer Stunde<br />

kann eine solche Therapie dauern.<br />

Während die Physiotherapeuten bei Intensiv-Patienten<br />

nach Herzinfarkt, Schlaganfall<br />

oder Herztransplantation vor allem<br />

die Kondition wieder trainieren müssen,<br />

ist der Schwerpunkt bei Corona-Patienten<br />

ein anderer. „Patienten mit COVID-19 sind<br />

oft überfordert mit ihrer Situation. Sie<br />

waren körperlich fit und befinden sich<br />

nun ganz plötzlich mit Atemproblemen<br />

auf einer Intensivstation“, beschreibt<br />

Mohring. „Deshalb können wir nicht gleich<br />

mit der eigentlichen Therapie beginnen. In<br />

vielen Gesprächen versuchen wir, ihnen<br />

ihre Ängste zu nehmen. Das beruhigt<br />

die Atmung und die Psyche gleichzeitig.“<br />

Unterstützt werden sie dabei durch Psychologin<br />

Dr. Teresa Deffner. Sie lässt dank<br />

Telefon und Video auch die Angehörigen<br />

der Patienten an den Therapieerfolgen<br />

teilhaben. „Das motiviert sie dann gleich<br />

noch mehr“, weiß Mohring.<br />

Die Arbeit auf einer Intensivstation ist<br />

anstrengend – nicht nur körperlich, sondern<br />

auch psychisch. „Wir müssen auch<br />

im Notfall schnell reagieren, wenn sich<br />

der Gesundheitszustand des Patienten<br />

ändert“, so Lüneburg. „Kein Job für jedermann.“<br />

Die beiden Physiotherapeuten<br />

arbeiten dennoch sehr gern genau in<br />

diesem Bereich. „Denn die Bindung zu<br />

den Intensiv-Patienten ist viel stärker<br />

als beispielsweise auf der Normalstation“,<br />

berichtet Mohring aus Erfahrung.<br />

„Man kämpft gemeinsam für jeden Therapieerfolg,<br />

egal wie klein oder groß.“<br />

Und wenn ein Patient nach Wochen<br />

das erste Mal mit einem Sprachaufsatz<br />

wieder sprechen kann, dann kullern<br />

bei Patienten und Therapeuten auch<br />

schon zusammen die Freudentränen.<br />

Anne Curth<br />

24 02 | 21


Physiotherapie auf<br />

der Intensivstation<br />

Gezielte Grifftechniken, Atemübungen oder<br />

die ersten vorsichtigen Schritte: Der Zustand<br />

des Patienten entscheidet darüber, welche<br />

Therapie angewendet werden kann.<br />

Fotos: Rodigast<br />

Patienten werden oft über einen längeren<br />

Zeitraum auf der Intensivstation<br />

behandelt – liegend und meist,<br />

ohne Arme und Beine bewegen zu<br />

können. Dies kann erhebliche Schwierigkeiten<br />

mit sich bringen: Schon nach<br />

wenigen Tagen verlieren die Patienten<br />

an Kraft, die sie nur mühsam wieder<br />

zurückgewinnen können. Außerdem<br />

kann ein Delir auftreten, ein anhaltender<br />

Verwirrtheitszustand. „Eine<br />

Frührehabilitation kann diesen Komplikationen<br />

entgegenwirken“, weiß PD<br />

Dr. Norman Best, kommissarischer<br />

Direktor am Institut für Physiotherapie.<br />

„Sie verbessert den körperlichen<br />

Zustand der Patienten und kann die<br />

Dauer der künstlichen Beatmung und<br />

die allgemeine Aufenthaltsdauer auf<br />

der Intensivstation verkürzen.“ Zwei<br />

zentrale Elemente davon sind die<br />

Atemtherapie und die Mobilisierung.<br />

Atemtherapie: Physiotherapie kann<br />

die Atemwege von Sekret befreien<br />

und die Lunge gut durchlüften. Das<br />

verbessert zum einen die Sauerstoffzufuhr<br />

und zum anderen beugt<br />

es Lungenentzündungen vor. Dazu<br />

können Physiotherapeuten sowohl<br />

manuelle Techniken als auch verschiedene<br />

Hilfsmittel wie Einatemtrainer<br />

einsetzen.<br />

Mobilisierung: Die Physiotherapeuten<br />

bewegen täglich Beine, Arme und den<br />

Nacken der medikamentös sedierten<br />

Patienten. Sobald die Patienten<br />

wacher werden, machen sie aktiv bei<br />

den verschiedenen Übungen mit. Sind<br />

die Vitalwerte des Patienten stabil,<br />

kann die Mobilisation zum Sitzen, Stehen<br />

oder Gehen ausgeweitet werden.<br />

02 | 21<br />

25


Seelische Gesundheit ganzheitlich betrachten<br />

Jena, Magdeburg und Halle (Saale) erhalten Bundesförderung für den Aufbau<br />

eines Standorts des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit<br />

Seelische Gesundheit ist ein kostbares<br />

Gut. Jährlich sind in Deutschland fast<br />

18 Millionen Erwachsene von psychischen<br />

Krankheiten wie Angststörungen,<br />

Depression oder Schizophrenie betroffen.<br />

Unter den aktuellen Bedingungen<br />

der Pandemie verschärft sich die Lage<br />

noch einmal deutlich. Deshalb soll<br />

ein bundesweit einmaliges Deutsches<br />

Zentrum für Psychische Gesundheit mit<br />

ausgewählten Standorten entstehen.<br />

Ein mehr als 60-köpfiges Expertenteam<br />

aus den Bereichen der Psychiatrie,<br />

Neurowissenschaften, Psychotherapie<br />

und Psychologie in Jena, Magdeburg<br />

und Halle (Saale) hat eine gemeinsame<br />

Initiative unter dem Namen C-I-R-C<br />

gestartet, um neuartige Konzepte für die<br />

Prävention, Diagnose und Behandlung<br />

psychischer Störungen zu entwickeln<br />

und in die Anwendung zu bringen. Daran<br />

beteiligt sind Universitätsklinikum und<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena, die<br />

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,<br />

die Martin-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg, die Leibniz-Institute<br />

für Neurobiologie in Magdeburg und für<br />

Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie<br />

in Jena sowie das DLR-Institut<br />

für Datenwissenschaft in Jena.<br />

Der Name C-I-R-C ist angelehnt an das<br />

englische Wort circuit für Netzwerk<br />

und bezieht sich einerseits auf die<br />

Netzwerke der Nervenzellen im Gehirn<br />

und wie sie mit dem Körper in Verbindung<br />

stehen, und andererseits auf das<br />

dahinterstehende Experten-Netzwerk<br />

in den drei mitteldeutschen Universitätsstädten.<br />

Das C-I-R-C-Konzept<br />

hat eine internationale Expertenjury<br />

überzeugt und wird nun für den Aufbau<br />

eines Standortes des Deutschen<br />

Zentrums für Psychische Gesundheit in<br />

Mitteldeutschland vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

gefördert.<br />

Prof. Dr. Martin Walter, Direktor der Klinik<br />

für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

26 02 | 21


AKTUELLES<br />

EEG-Messung der Hirnaktivität<br />

Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg<br />

am <strong>UKJ</strong> und Sprecher der Initiative,<br />

beschreibt die zentrale Idee: „Wir<br />

wollen zur Erhaltung der psychischen<br />

Gesundheit und zur Behandlung ihrer<br />

Störungen den ganzen Patienten in<br />

den Blick nehmen und vor allem den<br />

Einfluss von Immunfaktoren, aber auch<br />

vom Darm-Mikrobiom auf die Gehirnfunktion<br />

erforschen.“<br />

Sein Magdeburger Amtskollege und<br />

Co-Sprecher Prof. Dr. Thomas Frodl<br />

betont: „Durch die exzellente Ausstattung<br />

und das große Knowhow im<br />

Bereich der Bildgebung sind wir in der<br />

Lage, Veränderungen in Hirnregionen,<br />

in kleinen Netzwerken, ja selbst in einzelnen<br />

Synapsen sichtbar zu machen<br />

und dadurch Therapien besser zu<br />

individualisieren und zu kontrollieren.<br />

Wir werden damit neue effektivere<br />

Medikamente, Psychotherapien und<br />

nicht invasive Stimulationstechniken<br />

entwickeln und deren Anwendung<br />

evaluieren. Darauf basierend sollen<br />

neue smarte und tragbare Techniken<br />

zur Messung und Modifikation der<br />

psychischen und neuronalen Zustände<br />

entwickelt werden, die zur Diagnostik<br />

und Verhaltensmodifikation nützlich<br />

sind.“<br />

Prof. Dr. Dr. Ronny Redlich, Professor<br />

für klinische Psychologie und Standortkoordinator<br />

in Halle ergänzt: „Unser<br />

Ziel ist es, die Erkenntnisse aus der<br />

Grundlagenforschung direkt zum Patienten<br />

zu bringen und so zu einer Verbesserung<br />

der flächendeckenden Versorgung<br />

beizutragen. Wir wollen neue<br />

Wege gehen, Patienten und Angehörige<br />

intensiv in den Forschungsprozess<br />

miteinbeziehen, Stigmata reduzieren<br />

und das Thema mentale Gesundheit<br />

stärker in der Gesellschaft verankern.“<br />

Der Thüringer Minister für Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Digitale Gesellschaft<br />

Wolfgang Tiefensee verweist auf die<br />

langjährigen, sehr sorgfältig geplanten<br />

Investitionen in den Ausbau biomedizinischer<br />

Kompetenzen und Infrastrukturen,<br />

die dazu beigetragen haben,<br />

Prof. Dr. Martin Walter<br />

Foto: Szabó<br />

Jena in der Spitze der internationalen<br />

Exzellenzstandorte zu platzieren. „Das<br />

ist ein großartiger Erfolg! Der gemeinsam<br />

von Thüringen und Sachsen-Anhalt<br />

eingereichte Antrag setzt genau an den<br />

Stellen an, für die wir uns in Thüringen<br />

bereits stark engagiert haben.“<br />

Sachsen-Anhalts Minister für Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Digitalisierung,<br />

Prof. Dr. Armin Willingmann,<br />

betont: „Glückwunsch nach Jena,<br />

Magdeburg und Halle! Der Erfolg<br />

unseres mitteldeutschen Konsortiums<br />

im Bundeswettbewerb belegt die<br />

hervorragende Expertise und Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Medizinforschung<br />

in Sachsen-Anhalt und Thüringen.<br />

Dies bestätigt auch unser langjähriges<br />

Engagement auf diesem Gebiet. Das<br />

Zentrum für psychische Gesundheitsforschung<br />

wird Erforschung, Diagnose<br />

und Behandlung dieser Volkskrankheiten<br />

auf ein neues Level heben.“<br />

Weitere Partnerstandorte werden in<br />

Berlin, Mannheim, München, Tübingen,<br />

Bochum aufgebaut. Gemeinsames Ziel<br />

ist es, Konzepte zu entwickeln, um psychische<br />

Erkrankungen mechanistisch zu<br />

verstehen und durch neue Therapien<br />

den Betroffenen und deren Familien<br />

besser zu helfen.<br />

Weitere Information: https://c-i-r-c.de<br />

Uta von der Gönna<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Martin Walter<br />

Klinik für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie<br />

03641-/9390101<br />

martin-walter@med.uni-jena.de<br />

02 | 21<br />

27


AKTUELLES<br />

Patienten zögern bei<br />

Herzinfarkt im Lockdown<br />

Studie zeigt erschreckende Auswirkungen der Pandemie<br />

Expertise im Herzkatheterlabor: Oberärztin PD Dr.<br />

Sylvia Otto und Klinikdirektor Prof. Christian Schulze<br />

besprechen einen aktuellen Fall. Foto: Szabó<br />

deutlich weniger Patienten als gewöhnlich selbst in der Notaufnahme<br />

vorgestellt. Auch der Hausarzt wurde gemieden.<br />

Die meisten Einweisungen kamen über den Rettungsdienst.<br />

Parallel dazu wissen wir aus anderen Untersuchungen, dass<br />

die Zahl der außerklinischen Wiederbelebungen infolge eines<br />

Herzkreislaufstillstandes signifikant gestiegen ist. Hierunter<br />

sind auch Herzinfarktpatienten zu vermuten, die es nicht<br />

mehr rechtzeitig in die Klinik geschafft haben.“<br />

Mehr als 600 Patienten mit akutem Koronarsyndrom, kurz<br />

ACS, wurden im vergangenen Jahr am <strong>UKJ</strong> behandelt. Doch wie<br />

wirkt sich der Lockdown in der Corona-Pandemie auf Anzahl<br />

und Verhalten von Herzinfarktpatienten aus? Kommen viele<br />

Patienten erst in die Klinik, wenn es schon fast zu spät ist?<br />

Das hat eine aktuelle Studie der Jenaer Kardiologen um PD Dr.<br />

Sylvia Otto, Oberärztin der Klinik für Innere Medizin I (Kardiologie,<br />

Angiologie und Internistische Notfallmedizin) am <strong>UKJ</strong>,<br />

untersucht. Eine erschreckende Erkenntnis: Bei Herzinfarkt<br />

wird häufiger gezögert und Betroffene kommen verstärkt,<br />

wenn es schon fast zu spät ist.<br />

„Wir haben im ersten Lockdown weniger Patienten mit akutem<br />

Koronarsyndrom behandelt. Im vergangenen Jahr verzeichneten<br />

wir gegenüber 2019 durchschnittlich zehn Prozent weniger<br />

Fälle. Phasenweise haben wir sogar um die Hälfte weniger<br />

Infarktpatienten gesehen“, weiß PD Dr. Sylvia Otto. In der Studie<br />

haben die Jenaer Herzexperten die Daten aus der Zeit des<br />

ersten Lockdowns im März und April 2020 und die Zeit nach<br />

dem Lockdown, Mai und Juni 2020, mit den entsprechenden<br />

Monaten aus 2019 verglichen. Ihre Ergebnisse konnte die<br />

Gruppe um Oberärztin PD Dr. Otto auf der Jahrestagung der<br />

Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vorstellen und mit<br />

anderen Experten diskutieren, welche ähnliche Erfahrungen<br />

gemacht haben.<br />

Sylvia Otto und ihre Kollegen betrachteten auch, wie die<br />

Einweisung ins Krankenhaus erfolgte. Otto: „Es haben sich<br />

Auch im Gespräch mit den Patienten habe sich gezeigt, dass<br />

sich ihr Verhalten verändert habe und viele im Lockdown<br />

gezögert hätten, sich sofort vorzustellen. „Das hat sicherlich<br />

mehrere Gründe, etwa die Angst vor COVID-19, der Wunsch<br />

Krankenhäuser nicht zu überlasten, aber auch das Bewusstsein<br />

aufgrund des Lockdowns eher zuhause zu bleiben“,<br />

erklärt Otto. Die Studie ist bereits in der nächsten Phase.<br />

Aktuell werden Daten aus der zweiten und dritten Welle<br />

gesammelt und mit den bisher gewonnenen Erkenntnissen<br />

aus dem ersten Lockdown verglichen.<br />

Die Jenaer Kardiologen warnen, dass ein Herzinfarkt jederzeit<br />

ernst zu nehmen ist, unabhängig von einem Lockdown. Prof.<br />

Dr. Christian Schulze, Direktor der Klinik für Innere Medizin I:<br />

„Bei Symptomen wie plötzlichen starken und akuten Brustschmerzen,<br />

schwerer Atemnot und einem massiven Angstgefühl,<br />

aber auch Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen im Oberbauch<br />

sollte nicht zweimal überlegt werden, sondern direkt<br />

der Notruf 112 gewählt werden. Jede Minute, die vergeht, ist<br />

kostbare Zeit.“ Er appelliert: „Herzinfarkt kennt keinen Lockdown.<br />

Warten Sie nicht, sondern suchen Sie sofort Hilfe. Nur<br />

so steigen die Überlebenschancen.“<br />

Michelle Korneli<br />

KONTAKT<br />

PD Dr. Sylvia Otto<br />

Klinik für Innere Medizin I<br />

03641 9-32 41 01<br />

Sylvia.Otto@med.uni-jena.de<br />

28 02 | 21


AKTUELLES<br />

Platz 1, 2 und 3 fürs <strong>UKJ</strong><br />

Kinderonkologie ist Landessieger beim Wettbewerb<br />

„Deutschlands beliebteste Pflegeprofis“<br />

„Unser Dank ist nicht in Worte zu fassen“:<br />

So endet der liebevolle Text, mit<br />

dem Mutter Kristin das Pflegeteam der<br />

Kinderonkologie Station E130 für den<br />

Wettbewerb um „Deutschlands beliebteste<br />

Pflegeprofis“ nominiert hat. Ihr<br />

Sohn war vor einem Jahr an Leukämie<br />

erkrankt und so hatte sie die Station<br />

kennen und schätzen gelernt. Mit ihrer<br />

Nominierung hat sie dem Team nun<br />

den schönsten Dank beschert, denn<br />

die Kinderonkologie hat die meisten<br />

Stimmen für sich sammeln können und<br />

ist Landessieger. Herzlichen Glückwunsch!<br />

Im Herbst kämpft das Team<br />

für Thüringen um den Bundessieg.<br />

Aber nicht nur die Kinderonkologie<br />

kann sich freuen. Die Pflegekräfte des<br />

<strong>UKJ</strong> waren überhaupt sehr erfolgreich<br />

beim Wettbewerb „Deutschlands<br />

beliebteste Pflegeprofis“, den die PKV<br />

alle zwei Jahre auslobt. Denn auch die<br />

Plätze 2 und 3 gehen an Pflegeprofis<br />

aus Jena: So belegt die Station B110,<br />

die sich um erwachsene Krebspatienten<br />

kümmert, Platz 2 und ist damit das<br />

erfolgreichste Team in der Erwachsenenversorgung.<br />

Auf Platz 3 hat es<br />

Stefan Reithofer, Teamleiter der Intensivstation<br />

III, geschafft. Er ist damit die<br />

Einzelperson mit den meisten Stimmen.<br />

Eine tolle Bilanz, auf die alle Nominierten<br />

stolz sein können. Insgesamt waren<br />

gleich neun Pflegeteams des <strong>UKJ</strong> von<br />

Patienten, Angehörigen oder Kollegen<br />

für den Wettbewerb nominiert worden.<br />

Das allein ist schon eine wunderbare<br />

Wertschätzung<br />

für die Pflege am<br />

<strong>UKJ</strong>, findet Pflegedirektorin Evelyn<br />

Voigt: „Das zeugt von der fachlichen<br />

Kompetenz, dem Engagement und der<br />

Empathie, die unsere Pflegekräfte in<br />

der Versorgung ihrer Patienten immer<br />

wieder aufbringen.“<br />

Ab Oktober wird unter den 16 Landessiegern<br />

der Bundessieger gekürt. Die<br />

Abstimmung ist dann möglich unter<br />

www.deutschlands-pflegeprofis.de.<br />

Katrin Bogner<br />

3.<br />

2.<br />

1.<br />

02 | 21<br />

29


HEILEN<br />

Mit einem Pieks gegen Cholesterin<br />

<strong>UKJ</strong>-Kardiologen setzt neuartige Spritze ein<br />

Christel Krüger hat zu hohe Cholesterinwerte.<br />

Um ihr LDL-Cholesterin zu<br />

senken, erhielt sie als erste Patientin<br />

am <strong>UKJ</strong> und als erste in Thüringen eine<br />

neue Therapie in Form einer Spritze. Die<br />

Jenaer Kardiologie gehört zu den ersten<br />

Kliniken in Deutschland, die diese<br />

anwenden. „Wir können das LDL-Cholesterin<br />

damit dauerhaft um mindestens<br />

50 Prozent senken. Das ist fantastisch“,<br />

betont Prof Dr. Oliver Weingärtner, Oberarzt<br />

der Klinik für Innere Medizin I. „Das<br />

Besondere ist, dass die Wirkung einer<br />

Injektion über sechs Monate anhält. Das<br />

heißt zwei Spritzen pro Jahr genügen für<br />

eine dauerhafte Senkung des Cholesterins.<br />

Für unsere Patienten wie Christel<br />

Krüger, die bisherige Medikamente wie<br />

Statine, Ezetimib und PCSK9-Antikörper<br />

nicht vertragen, bedeutet es eine große<br />

Erleichterung“, ergänzt er. Christel Krüger<br />

litt vor allem an Muskelschmerzen<br />

und Schlafproblemen. Diese Nebenwirkungen<br />

hat sie seit der Spritze nicht<br />

mehr. Der Experte spricht von einem<br />

revolutionären Mechanismus auf zellulärer<br />

Ebene: „Das Medikament wirkt ganz<br />

gezielt in der Zelle und hemmt dort die<br />

Produktion von PCSK9, einem wichtigen<br />

Protein des Cholesterinstoffwechsels.<br />

Durch die Senkung von PCSK9 kommt<br />

es zu einer vermehrten Expression von<br />

sogenannten LDL-Rezeptoren auf der<br />

Zelloberfläche, die zu einer besseren<br />

Aufnahme und Verstoffwechselung von<br />

Cholesterin in der Zelle führen.“ Das<br />

Heimtückische am LDL-Cholesterin sei<br />

laut Weingärtner, dass Betroffene nicht<br />

spüren, wenn ihr Cholesterinwert zu<br />

hoch ist. „Ab einem LDL-Cholesterin von<br />

4,9 Millimol pro Liter sollte man an eine<br />

sogenannte familiäre Hypercholesterinämie<br />

denken. Diese Patienten sollten,<br />

unabhängig von anderen Risikofaktoren<br />

für Herzinfarkt und Schlaganfall,<br />

alle behandelt werden. Zu viel LDL-<br />

Cholesterin führt zur Verstopfung der<br />

Gefäße und erhöht das Risiko für einen<br />

Schlaganfall oder Herzinfarkt. Deshalb<br />

ist eine möglichst frühzeitige Therapie<br />

gefordert.“ Die Spritze ist nicht nur eine<br />

Option, wenn medikamentöse Möglichkeiten<br />

ausgeschöpft sind, sondern auch,<br />

wenn es bereits zum Herzinfarkt oder<br />

Schlaganfall kam und die geforderten<br />

Zielwerte für LDL-Cholesterin nicht<br />

erreicht worden sind.<br />

„Kardiovaskuläre Erkrankungen sind<br />

in Thüringen und den neuen Bundes-<br />

ländern häufiger als im Rest der Bundesrepublik.<br />

Auch zeigt der Deutsche<br />

Herzbericht eine erhöhte Sterblichkeit<br />

nach einem Herzinfarkt in Thüringen.<br />

Mit den modernen Methoden der Lipidtherapie<br />

wollen wir gemeinsam mit<br />

unseren ambulanten Kollegen die kardiovaskuläre<br />

Patientenversorgung verbessern“,<br />

unterstreicht der Kardiologe<br />

Prof. Dr. Christian Schulze, Direktor der<br />

Klinik für Innere Medizin I. Patienten mit<br />

erhöhtem LDL-Cholesterin müssen laut<br />

Weingärtner lebenslang engmaschig<br />

behandelt und kontrolliert werden.<br />

Nur dann bleibt das LDL-Cholesterin<br />

im Griff. „Ein gesunder Lebensstil wirkt<br />

sich positiv aus. Allerdings reicht das<br />

meist nicht aus.“ Deshalb appelliert<br />

er: „Ein Cholesterintest kann schnell<br />

und einfach zeigen, dass das LDL-<br />

Cholesterin zu hoch ist. Je früher das<br />

passiert, umso besser. Es geht darum,<br />

‚Cholesterinlebensjahre‘ zu verringern.<br />

Jeder sollte daher seinen Cholesterinwert<br />

kennen. Bei zu hohen Werten<br />

sollten konsequent die individuellen<br />

Zielwerte angestrebt werden und alle<br />

Alarm glocken läuten.“<br />

Michelle Korneli<br />

Oberarzt Prof. Oliver Weingärtner (li.)<br />

und Klinikdirektor Prof. Christian Schulze<br />

klären Patientin Christel Krüger über die<br />

Cholesterinspritze auf. Foto: Rodigast<br />

KONTAKT<br />

Prof. Dr. Oliver Weingärtner<br />

Oberarzt interventionelle Kardiologie,<br />

Angiologie und Lipidologie<br />

Klinik für Innere Medizin I<br />

oliver.weingaertner@med.uni-jena.de<br />

30 02 | 21


HEILEN<br />

Professor Sebastian Scholl, Koordinator Zentrum für Hämatologische Neoplasien, Patient Roland Rosenberger, Professor<br />

Andreas Hochhaus, Direktor der KIM II am <strong>UKJ</strong>, Studienassistent Alexander Schreiner (v.li.). Foto: <strong>UKJ</strong><br />

Neue Wege in der Krebsbehandlung<br />

Zertifiziertes Zentrum für Hämatologische Neoplasien<br />

Vor etwa einem Jahr beginnt Roland Rosenberger, sich deutlich<br />

weniger körperlich belastbar zu fühlen. Luftnot plagt<br />

ihn. Bei seiner Hausärztin zeigt sich in seinem Blutbild eine<br />

ausgeprägte Amämie, weshalb sie ihn an die niedergelassene<br />

Onkologin Dr. Sabine Hahnfeld überweist. Die Diagnose:<br />

myelodysplastisches Syndrom, kurz MDS, eine bösartige<br />

Erkrankung des Knochenmarks. Das MDS tritt vor allem bei<br />

älteren Patienten auf. Die Standardtherapie besteht aus<br />

einer sogenannten epigenetischen Therapie („Schaltertherapie“)<br />

mit dem Ziel, das Blutbild des Patienten zu verbessern<br />

und eine akute Leukämie zu verhindern. Roland Rosenberger<br />

erhält daher zunächst wöchentliche Bluttransfusionen. Das<br />

schlaucht den 73-jährigen Eisenberger. Seine niedergelassene<br />

Onkologin rät ihm daher, sich am <strong>UKJ</strong> am Zentrum für<br />

Hämatologische Neoplasien vorzustellen. Denn das erstmals<br />

von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Zentrum<br />

bietet, was nur wenige können: frühe klinische Studien und<br />

damit ganz neue, individuelle Therapiemöglichkeiten.<br />

Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien behandeln die<br />

Jenaer Onkologen und Hämatologen Patienten mit bösartigen<br />

Erkrankungen des blutbildenden Systems. Die bekannteste<br />

Erkrankung ist die Leukämie, aber auch viele weitere<br />

zählen hierzu, etwa Lymphome, multiple Myelome oder wie<br />

bei Roland Rosenberger das myelodysplastische Syndrom.<br />

Allein im Jahr 2019 wurden am Zentrum für Hämatologische<br />

Neoplasien über 300 Patienten mit neu diagnostizierten<br />

Krebserkrankungen des Blutes behandelt. „Also etwa jeden<br />

Tag ein neuer Patient mit einer individuell abgestimmten<br />

und leitlinienbasierten Therapie“, wie es der Koordinator des<br />

Zentrums und leitende Oberarzt Professor Sebastian Scholl,<br />

ausdrückt. Die Jenaer Experten setzen auf das gesamte<br />

Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten: Chemotherapien,<br />

zielgerichtete Antikörpertherapien sowie zelluläre Therapien<br />

einschließlich der bereits seit 2019 am Jenaer Zentrum etablierten<br />

CAR-T-Zell-Therapie.<br />

Roland Rosenberger erhält seit Anfang des Jahres im Rahmen<br />

einer frühen klinischen Studie eine neue Immuntherapie für<br />

MDS-Patienten am <strong>UKJ</strong>. Diese weltweite so genannte Phase<br />

I-Studie bietet neben dem Jenaer Uniklinikum in Deutschland nur<br />

eine weitere Klinik an, 15 Patienten haben die Jenaer Experten<br />

bislang in die Studie eingebracht. Dabei erhalten die Patienten<br />

ein Medikament, das das Immunsystem gegen die MDS-Zellen<br />

aktiviert und so das Wachstum der Ursprungszellen des MDS<br />

hemmt, ohne gesunde Stammzellen zu beeinflussen. Bisher<br />

sprechen die Patienten darauf gut an. Auch Roland Rosenberger<br />

sagt, die neue Therapie helfe ihm sehr gut und er benötigt seit<br />

über einem Monat keine Bluttransfusionen mehr. Seine weitere<br />

Behandlung geht er mit gesundem Optimismus an. Einmal die<br />

Woche muss er zur Kontrolle ans <strong>UKJ</strong> kommen, denn die Werte<br />

des 73-Jährigen müssen engmaschig kontrolliert werden. Das<br />

sei aber kein Vergleich zu den stundenlangen Bluttransfusionen,<br />

die er vorher auf sich genommen hat. „Solche klinischen<br />

Studien bieten auf der einen Seite eine zusätzliche Chance für<br />

unsere Patienten, auf der anderen Seite tragen sie dazu bei,<br />

neue Therapien schrittweise bis zur Zulassung zu bringen“,<br />

fasst es Professor Scholl zusammen. Gleichwohl: „Diese frühen<br />

klinischen Studien können nur an erfahrenen Zentren durchgeführt<br />

werden“, betont Professor Andreas Hochhaus, Direktor<br />

der Klinik für Innere Medizin II am <strong>UKJ</strong>. Das trifft auf das <strong>UKJ</strong> als<br />

„Leiteinrichtung für onkologische Erkrankungen“ in Thüringen<br />

zu. Insgesamt nehmen am onkologischen Zentrum derzeit etwa<br />

750 Patienten an klinischen Studien teil. Bei gut 70 dieser Studien<br />

handelt es sich um frühe klinische Studien. Erwachsene Patienten<br />

aller Altersgruppen werden hier eingeschlossen.<br />

Katrin Bogner<br />

02 | 21<br />

31


FORSCHEN<br />

Den Fortschritt der Neuropädiatrie begleitet<br />

Prof. Ulrich Brandl verabschiedet sich nach fast 25 Jahren am <strong>UKJ</strong><br />

Magnetresonanztomographie, kurz MRT, gab es noch gar<br />

nicht, als Prof. Ulrich Brandl seine medizinische Karriere<br />

begann. Die bildgebenden Methoden zusammen mit der<br />

Molekulargenetik waren dann die großen Motoren, die<br />

„seiner“ Neuropädiatrie zu einem Aufschwung verhalfen.<br />

Nach beinahe 25 Jahren am <strong>UKJ</strong> hat sich Prof. Brandl in den<br />

Ruhestand verabschiedet und die Klinikleitung an seinen<br />

Nachfolger, Professor Peter Huppke, übergeben.<br />

Schon als Schüler fasziniert vom Gehirn und dem menschlichen<br />

Geist entschloss sich Ulrich Brandl früh, in den Bereich<br />

der Hirnforschung zu gehen. „Da es zum damaligen Zeitpunkt<br />

noch keine Studiengänge zu Neurowissenschaften gab, war<br />

das Medizinstudium der Einstieg“, so Brandl, der in Erlangen<br />

neben der Medizin auch Psychologie studierte. Eigentlich<br />

hieß das nächste berufliche Ziel dann „Neurologe“, doch<br />

durch ein Forschungsprojekt in der Kinderklinik fiel die<br />

Entscheidung zugunsten der Neuropädiatrie. 1987 wurde<br />

er Facharzt für Kinderheilkunde, ein Jahr später folgte die<br />

Habilitation. 1989 nahm er eine C3-Professur an der Freien<br />

Universität Berlin für das Fach Kinderheilkunde mit dem<br />

Schwerpunkt Neurologie an.<br />

In Jena gehörten die Neuropädiatrie und die Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie zu DDR-Zeiten noch zusammen. Erst<br />

nach der Wende entstand eine eigene Klinik für Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie am Steiger, die Neuropädiatrie blieb als<br />

Abteilung der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin auf dem<br />

Areal am Westbahnhof. Als Ulrich Brandl 1996 hier als Universitätsprofessor<br />

die Leitung übernahm, zählten gerade<br />

fünf Ärzte zur Abteilung, die über eine Station und eine<br />

kleine Ambulanz verfügte. Eine einschneidende Veränderung<br />

brachte die Gründung des Sozialpädiatrischen Zentrums<br />

2002 mit sich. „Kinder mit einer neuropädiatrischen Grunderkrankung<br />

konnten wir in diesem Zentrum nun wesentlich<br />

besser versorgen“, so Prof. Brandl. Die Versorgung konnte<br />

weit über das Medizinische hinausgehen. Experten verschiedener<br />

Disziplinen kamen dazu, betreuten Kinder und Eltern<br />

psychologisch, integrierten pädagogische Maßnahmen. Das<br />

Team wuchs deutlich und kümmert sich heute jedes Jahr um<br />

rund 2000 Patienten aus ganz Thüringen, Sachsen-Anhalt,<br />

Sachsen und Nord-Bayern.<br />

Dass die molekulargenetische Diagnostik in der klinischen<br />

Routine einmal eine Rolle spielen würde, war angesichts<br />

des Zeitaufwands und der Kosten für die Gensequenzierung<br />

in den Anfangsjahren überhaupt nicht vorstellbar.<br />

Mittlerweile hat sich die Molekulargenetik zur Gentherapie<br />

weiterentwickelt und die Diagnosen werden dank moderner<br />

genetischer Methoden immer präziser. „Wir haben es im<br />

Grunde mit lauter seltenen Erkrankungen zu tun“, so Prof.<br />

Brandl. Zusammen mit Prof. Christian Hübner vom Institut<br />

für Humangenetik leitete Brandl daher auch das seit 2014<br />

bestehende Zentrum für seltene Erkrankungen in Jena.<br />

Einige Patienten begleitete er vom ersten Lebensjahr an bis<br />

ins Erwachsenenalter.<br />

Das Thema der Epilepsien hat Prof. Brandl als Wissenschaftler<br />

nie losgelassen. Seit seiner Habilitation zur topografischen<br />

EEG-Analyse bei Epilepsien im Kindesalter folgten<br />

zahlreiche klinische Studien zu Einsatz und Wirkungsweise<br />

von Antiepileptika. Er war Präsident der Gesellschaft für Epileptologie<br />

und richtete 2016 deren Jahrestagung in Jena aus.<br />

Die Ärzte-Liste das Magazins Focus listet Prof. Brandl seit<br />

fünf Jahren als Top-Mediziner für Epilepsien in Deutschland<br />

auf.<br />

„Eine gute ethische Bewertung medizinischer Forschungsvorhaben<br />

halte ich für eine wesentliche gesellschaftliche<br />

Aufgabe“, so Prof. Brandl, der sich viele Jahre in der Ethik-<br />

Kommission engagiert hat, seit 2014 als deren Vorsitzender.<br />

Eine weitere Herzensangelegenheit war ihm die Ausbildung.<br />

Als Koordinator für die Lehre im Bereich der Kinderheilkunde<br />

führte er in Jena neue Lehrmethoden wie den so genannten<br />

Problem-Orientierten Unterricht ein und baute das Training<br />

für Dozenten aus. Bei Fortbildungen möchte Prof. Brandl<br />

auch in Zukunft sein Wissen weitergeben. Doch er freut sich<br />

auch darauf, nun Zeit für seine Leidenschaft, die Fotografie,<br />

und seine beiden Enkelkinder zu haben.<br />

Anke Schleenvoigt<br />

Prof. Ulrich Brandl. Foto: Schroll<br />

32 02 | 21


FORSCHEN<br />

Ein junges Fach für junge Patienten<br />

Professor Peter Huppke übernimmt die Klinik für Neuropädiatrie<br />

Professor Peter Huppke. Foto: Szabó<br />

Bei vielen Kindern und Jugendlichen sind neurologische<br />

Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Fieberkrämpfe und<br />

Auffälligkeiten in der körperlichen und geistigen Entwicklung<br />

der Grund für den Besuch in der Kinderarztpraxis. Meistens<br />

können die Kinderärzte die Eltern beruhigen und, wenn nötig,<br />

eine Behandlung einleiten. Wenn aber das heranreifende<br />

Nervensystem von einer akuten oder chronischen Erkrankung<br />

betroffen ist und dadurch die Entwicklung von Gehirn, Rückenmark,<br />

Nerven oder Muskeln gestört wird, sind die Spezialisten<br />

der Kinderneurologie, die auch als Neuropädiatrie bezeichnet<br />

wird, Ansprechpartner für die Familien.<br />

Professor Peter Huppke kennt die Probleme der Eltern neurologisch<br />

kranker Kinder: „Meist ist es schon eine riesige Hilfe,<br />

wenn eine Diagnose gestellt wird. Damit endet für die Familien<br />

eine mitunter lange Suche, die oft auch von Selbstvorwürfen<br />

begleitet ist, sich in der Schwangerschaft oder frühen Elternschaft<br />

falsch verhalten zu haben.“ Der 53-jährige Kinderneurologe<br />

hat die Professur für Neuropädiatrie an der Friedrich-<br />

Schiller-Universität Jena angenommen und leitet seit April die<br />

Klinik für Neuropädiatrie am <strong>UKJ</strong>. Das interdisziplinäre Team ist<br />

hochspezialisiert und nutzt für die Diagnosestellung neben der<br />

sorgfältigen Anamnese und körperlichen Untersuchung verschiedenste<br />

Laboruntersuchungen, neurophysiologische Funktionsmessungen,<br />

Bildgebung und kognitive Tests. Eine immer<br />

wichtigere Rolle spielen dabei genetische Untersuchungen.<br />

„Durch die Exomsequenzierung, also die Analyse aller Gene, die<br />

Informationen für die Proteinproduktion enthalten, lassen sich<br />

ursächliche genetische Veränderungen bei der Mehrzahl der<br />

Kinder finden“, so Huppke. Bei vielen Patienten führt eine multidisziplinäre<br />

Therapie durch ein Spezialistenteam aus den Bereichen<br />

Krankengymnastik, Psychologie, Logopädie, Ergotherapie<br />

und Neuropädiatrie zu einer Besserung der Beschwerden. Aber<br />

auch die medikamentöse Therapie macht in der Neuropädiatrie<br />

große Fortschritte. So können Patienten mit kindlicher Multipler<br />

Sklerose, einem Spezialgebiet von Prof. Huppke, die noch vor 15<br />

Jahren von früher Behinderung bedroht waren, heute ein normales<br />

Leben führen. Mit Genersatztherapien wird es zunehmend<br />

möglich, auch seltene genetische Erkrankungen zu heilen. „Dazu<br />

müssen wir aber den Krankheitsmechanismus genau kennen“,<br />

betont Prof. Huppke. Die Beschreibung neuer Erkrankungen, die<br />

Untersuchung der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen<br />

und die Entwicklung von Therapien sollen im Zentrum seiner<br />

Forschung in Jena stehen.<br />

Nach seinem Medizinstudium in Göttingen absolvierte Prof.<br />

Huppke in der Universitätsmedizin Göttingen die Facharztausbildung<br />

für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und die Weiterbildung<br />

für den Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er arbeitete<br />

als Oberarzt im Zentrum Kinderheilkunde und Jugendmedizin<br />

Göttingen, das auf dem Gebiet der Kinderneurologie besonders<br />

ausgewiesen ist. In der Forschung stand lange das Rett-Syndrom,<br />

eine schwere neurologischen Entwicklungsstörung, die nur bei<br />

Mädchen vorkommt, im Mittelpunkt. Die Arbeiten zu dem klinischen<br />

Verlauf, der Krankheitsursachen und der Therapie waren<br />

die Grundlage für seine Habilitation. Weitere Forschungsschwerpunkte<br />

sind die seltenen neurologischen Erkrankungen und die<br />

entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems.<br />

„Unser Team aus Ärzten, Psychologen und therapeutischen<br />

Fachkräften koordiniert im Sozialpädiatrischen Zentrum die<br />

ambulante, stationäre und rehabilitative Behandlung. Im Mittelpunkt<br />

steht dabei immer die Lebensqualität unserer Patienten<br />

und ihrer Familien“, so Professor Huppke.<br />

Uta von der Gönna<br />

02 | 21<br />

33


FORSCHEN<br />

Gesichertes Wissen über COVID-19<br />

Übersichtsarbeit im Magazin „Lancet Respiratory Medicine“ erschienen<br />

Die seit anderthalb Jahren währende COVID-19-Pandemie hat<br />

einen beispiellosen Wettlauf um wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

angestoßen, wie die Ansteckung zurückgedrängt und die<br />

Ausmaße und Folgen der Erkrankung begrenzt werden können.<br />

Die daraus entstehende Flut von wissenschaftlichen Daten<br />

nahezu aller biomedizinischen Fachdisziplinen ist selbst für<br />

Experten kaum noch beherrschbar.<br />

Während Maßnahmen zur Infektionsprävention schnell<br />

bekannt und Impfungen im Rekordtempo entwickelt wurden,<br />

bleiben wichtige Fragen zu den Krankheitsmechanismen<br />

unterschiedlicher Krankheitsverläufe – asymptomatisch bis<br />

kritisch krank – ungeklärt. Ein Grund hierfür ist, dass die durch<br />

SARS-CoV-2 ausgelöste körpereigene Abwehrreaktion äußerst<br />

komplex und uneinheitlich ausfällt. Dadurch fehlen aber wichtige<br />

Voraussetzungen für die Entwicklung evidenzbasierter<br />

Behandlungsstrategien gegen COVID-19.<br />

Koordiniert von Autoren aus Wien, Göttingen und Jena hat die<br />

European Group on Immunology of Sepsis, kurz EGIS, nun die<br />

Masse der erschienenen Publikationen gesichtet und kritisch<br />

ausgewertet. In einem ausführlichen Übersichtsartikel fasst<br />

die Autorengruppe die wichtigsten Erkenntnisse zur COVID-<br />

19-Pathophysiologie zusammen. 2018 als wissenschaftliche<br />

Diskussionsplattform für Fragen zur Immunologie der Sepsis<br />

etabliert, bietet das EGIS-Netzwerk durch seine Interdisziplinarität<br />

beste Voraussetzungen, um die ausufernde COVID-<br />

Datenmenge zu sichten und kritisch zu durchleuchten. EGIS<br />

umfasst 27 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus<br />

zehn Ländern und verschiedenen Fachdisziplinen. „Die vorbehaltfreie<br />

Zusammenarbeit über Fächer- und Ländergrenzen<br />

hinweg ist entscheidend, gerade in der derzeitigen Situation“,<br />

betont einer der EGIS-Koordinatoren und Letztautor Dr. Ignacio<br />

Rubio vom <strong>UKJ</strong>. „Nur durch eine größtmögliche Bündelung wissenschaftlicher<br />

Expertise werden wir in unserem Streben nach<br />

gesichertem ‚COVID-19-Wissen‘ entscheidend vorankommen.“<br />

Welche Ergebnisse konnte das EGIS-Team nun zur Pathophysiologie,<br />

also den Krankheitsmechanismen von COVID-19<br />

zusammentragen? Im Unterschied zu anderen Corona-Viren,<br />

die häufig nur milde bis moderate Erkältungssymptome verursachen,<br />

vermehrt sich SARS-CoV-2 in den unteren Atemwegen<br />

und löst so eine schwere Lungenentzündung bis hin zu akutem<br />

Lungenversagen aus. Ein entscheidender „infektiöser Vorteil“<br />

von Sars-CoV-2 ist hierbei dessen gleichzeitig lang andauernde<br />

Besiedlung und Vermehrung auch in den oberen Atemwegen.<br />

Dazu kommt eine untypische Immunantwort. Im Vergleich<br />

zu Influenza und anderen schweren Infektionen werden bei<br />

COVID-19 länger entzündungsfördernde Botenstoffe, Zytokine<br />

genannt, produziert, jedoch in deutlich niedrigerer<br />

Konzentration. Dieses untypische Entzündungsprofil unterscheidet<br />

COVID-19 von anderen septischen Krankheitsbildern<br />

und erschwert möglicherweise die Immunantwort und<br />

damit auch die effiziente Elimination des Virus. Tatsächlich<br />

ist eine hohe virale Belastung mit der Erkrankungsschwere<br />

assoziiert.<br />

Im Verbund mit einer fehlregulierten Entzündungsantwort<br />

kann die Schädigung des Endothels nicht nur<br />

die Lunge, sondern auch Organe wie Gehirn, Herz,<br />

Nieren, Darm und Leber in Mitleidenschaft ziehen.<br />

Verglichen mit einer Influenza-Grippe<br />

oder SARS treten bei COVID-19 Komplikationen<br />

wie Multiorganversagen und<br />

schwere Gerinnungsstörungen häufiger<br />

auf.<br />

Priv.-Doz. Marcin Osuchowski<br />

vom Ludwig Boltzmann Institut<br />

für Traumatologie, Forschungszentrum<br />

der AUVA in Wien:<br />

„Es wird zunehmend deutlich,<br />

dass die Schwere von COVID-<br />

19-Erkrankungen mit einer<br />

fehlregulierten Antwort des<br />

Immunsystems in Zusammenhang<br />

steht, die sich von bislang<br />

bekannten Mechanismen und<br />

Ursachen einer Sepsis unterscheidet.<br />

Wir raten zur Vorsicht<br />

gegenüber der weit verbreiteten<br />

Vorstellung eines systemischen<br />

Zytokinsturms als führender Grund<br />

für die beobachteten Multiorganreaktionen.<br />

Die Datenlage dazu ist noch<br />

nicht eindeutig.“<br />

Uta von der Gönna<br />

Weitere Informationen:<br />

European Group on Immunology of Sepsis:<br />

http://www.egis-online.eu/<br />

Bildquelle: CSCC<br />

34 02 | 21


LEHREN<br />

Ausgezeichnet für exzellente Lehre<br />

Ars legendi Fakultätenpreis für die Lehrkoordinatorin<br />

für Neurologie am <strong>UKJ</strong>: Dr. Caroline Klingner<br />

Mit Kommentaren wie „extrem motiviert und ansteckend gute<br />

Laune“ oder „unglaublicher Aufwand und Herzblut für die Lehre“<br />

begründeten die Studierenden bereits vor zwei Jahren die Auszeichnung<br />

von Dr. Caroline Klingner für ihrer Lehrveranstaltungen<br />

am Universitätsklinikum Jena. Die Oberärztin in der Klinik<br />

für Neurologie koordiniert den sogenannten NePs-Block, den<br />

interdisziplinären Themen-Block „Nervensystem und Psyche“ im<br />

7. Fachsemester, an dem die großen klinischen Fächer Neurologie,<br />

Psychiatrie und Psychosomatik, aber auch zahlreiche andere<br />

Institutionen mit Vorlesungen, Seminaren und praktischen Lehrveranstaltungen<br />

beteiligt sind. Und sie ist Ansprechpartnerin für<br />

die Studierenden im Praktischen Jahr in der Neurologie, dessen<br />

Ausbildungsprogramm sie engagiert mit weiterentwickelt.<br />

von dieser Auszeichnung profitiert und wir unser neues medizindidaktisches<br />

Curriculum voller Tatendrang umsetzen können.“<br />

„Wir gratulieren Frau Klingner sehr herzlich und freuen uns für<br />

sie und die gesamte Fakultät! Als Anerkennung für ihr außergewöhnliches<br />

Engagement und ihre Begeisterung für die Lehre ist<br />

die Auszeichnung für sie nur zu gerechtfertigt“, betonen Dekan<br />

und Studiendekan der Medizinischen Fakultät Jena, Prof. Thomas<br />

Kamradt und Prof. Ulf Teichgräber. „Mit solch engagierten Lehrenden<br />

werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen im<br />

Medizinstudium sehr gut meistern.“<br />

Uta von der Gönna<br />

Kreativ und innovativ reagierte Caroline Klingner auch auf<br />

die pandemiebedingte Veränderung der Studiensituation:<br />

Sie erstellte neurologische Lehrvideos als Grundstein für ein<br />

gesamtes digitales Lehrkonzept. Das begeisterte nicht nur die<br />

Medizinstudierenden, sondern auch die Jury des Ars legendi-<br />

Fakultätenpreises Medizin. Diese zeigte sich beeindruckt von der<br />

besonderen intrinsischen Motivation, mit der Caroline Klingner<br />

Bedarfe erkennt und Lösungswege umsetzt und zeichnet sie<br />

dafür mit dem Preis für exzellente Lehre in der Hochschulmedizin<br />

<strong>2021</strong> aus, gemeinsam mit PD Dr. Jobst-Hendrik Schultz aus<br />

Heidelberg. Der mit 30.000 Euro dotierte Lehrpreis wird jährlich<br />

vom Stifterverband und vom Medizinischen Fakultätentag<br />

vergeben.<br />

Die Preisträgerin ist völlig überrascht: „Ich hatte mich schon<br />

über die Nominierung wahnsinnig gefreut. Aber dass es mir nun<br />

tatsächlich gelungen ist, den Preis nach Jena zu holen, hätte ich<br />

nicht gedacht“, so Caroline Klingner. „Der Preis zeigt aber auch,<br />

dass wir uns mit unseren Anstrengungen im Bereich der Lehre auf<br />

dem richtigen Weg befinden und das <strong>UKJ</strong> im nationalen Vergleich<br />

der medizinischen Fakultäten durchaus Strahlkraft besitzt. Ich<br />

hoffe insbesondere, dass die gesamte Medizindidaktik in Jena<br />

Dr. Caroline Klingner. Foto: <strong>UKJ</strong><br />

KONTAKT<br />

Dr. Caroline Klingner<br />

Klinik für Neurologie<br />

E-Mail: Caroline.Klingner@med.uni-jena.de<br />

02 | 21<br />

35


HINTER DEN KULISSEN<br />

Ein tragendes Netz für jeden Patienten stricken<br />

Über die essenzielle Arbeit des Teams vom Kliniksozialdienst<br />

„Patient ist zuhause<br />

unzureichend versorgt.“<br />

Manchmal<br />

ist es nicht mehr als<br />

diese Information<br />

von einer Station,<br />

mit der die Mitarbeiter<br />

vom Kliniksozialdienst<br />

ihre<br />

Arbeit beginnen. Der<br />

Patient ist heute ein<br />

78-jähriger Herr, der<br />

nach einer größeren<br />

Operation nicht in<br />

Yvonne Wiese<br />

der Lage ist, seinen<br />

Alltag zu Hause zu bewältigen. Welche<br />

Ressourcen gibt es? Wie kann ihn seine<br />

Familie unterstützen? Ratlos zuckt der<br />

Patient mit den Schultern, als die Mitarbeiterin<br />

vom Sozialdienst in einem<br />

ersten Gespräch herauszufinden versucht,<br />

welche Maßnahmen im Moment<br />

notwendig sind. „Viele Patienten sind<br />

in dieser Situation vollkommen überfordert“,<br />

sagt Yvonne Wiese, die den<br />

Sozialdienst am <strong>UKJ</strong> leitet. Dabei spiele<br />

es keine Rolle, ob die Patienten jung<br />

oder alt, leichter oder schwer krank<br />

sind.<br />

Das Team Sozialdienst braucht jedoch<br />

Informationen, um für den Patienten<br />

ein passendes „Hilfenetz“ zu stricken.<br />

Normalerweise würden sich die<br />

Experten mit den Angehörigen und<br />

dem Patienten für ein gemeinsames<br />

Gespräch treffen. In Pandemiezeiten<br />

müssen die Sozialdienstmitarbeiter<br />

zum Telefon greifen. Doch bevor es in<br />

diesen Gesprächen um die Nachversorgung<br />

gehen kann, stehen zurzeit<br />

ganz andere Fragen im Mittelpunkt:<br />

Wie geht es meinen Angehörigen im<br />

Krankenhaus überhaupt? Die Angehörigen<br />

machen sich Sorgen, da sie<br />

nicht zu Besuchen kommen konnten.<br />

„Wir müssen sie dann erst einmal<br />

auffangen, bevor wir mit unserer<br />

eigentlichen Arbeit beginnen können“,<br />

so Wiese. Seit November 2019 leitet die<br />

diplomierte Sozialarbeiterin/-pädagogin<br />

den neu organisierten Kliniksozialdienst.<br />

Die 18 Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter – alles studierte Sozialarbeiter,<br />

Sozialpädagogen oder Erziehungswissenschaftler<br />

– kümmern sich<br />

nun in drei Teams um die Patienten.<br />

Die Herausforderungen sind sehr<br />

unterschiedlich. Bei Patienten der<br />

chirurgischen Kliniken geht es meist<br />

darum, zügig die Verlegung in eine<br />

Reha-Einrichtung zu organisieren.<br />

Für Patienten der Kliniken für Innere<br />

Medizin mit mehreren, zum Teil sehr<br />

komplexen Erkrankungen ist die Frage,<br />

welche ambulante Versorgung koordiniert<br />

werden muss oder ob die Verlegung<br />

in ein Pflegeheim notwendig<br />

ist. Die Sozialarbeiterinnen der Jenaer<br />

Kinderklinik kümmern sich in vielen<br />

spezialisierten Zentren um kleine<br />

Patienten, deren Familien manchmal<br />

sehr weit weg wohnen. „Das sind dann<br />

sehr komplexe Fragestellungen an uns<br />

als Sozialdienst, wenn wir eine Versorgung<br />

in 100 Kilometern Entfernung auf<br />

die Beine stellen müssen“, so Wiese.<br />

Ihr Team nimmt dann Kontakt zu allen<br />

wichtigen Ansprechpartnern auf und<br />

koordiniert die Hilfen in vielen verschiedenen<br />

Konstellationen.<br />

Welche Versorgung ist für den Patienten<br />

am besten, welche ist momentan<br />

möglich und welche lässt sich innerhalb<br />

kurzer Zeit realisieren? Es sind<br />

viele verschiedene Fäden, die die Sozialdienstmitarbeiter<br />

zu einem tragenden<br />

Netz zusammenziehen müssen.<br />

Durch eine ausführliche Sozialanamnese<br />

erfassen sie zunächst die Ressourcen,<br />

um die notwendigen Schritte<br />

zu planen. Welche Nachversorger und<br />

Hilfsmittel müssen für die Pflege zu<br />

Hause organisiert werden? Wer sind<br />

die Kostenträger? Welche Gesetzlichkeiten<br />

greifen für den Patienten? Die<br />

Kliniksozialarbeiter lotsen den Patienten<br />

und die Angehörigen durch das<br />

Fragendickicht und stellen mit ihnen<br />

alle notwendigen Anträge. Neben der<br />

sozialrechtlichen Beratung spielt die<br />

psychosoziale Beratung eine wichtige<br />

Rolle – die Erstberatung für onkologische<br />

Patienten ebenso wie Hilfestellungen,<br />

um beispielsweise Probleme<br />

im sozialen Umfeld zu bewältigen.<br />

„Wir sind eine kleine, aber sehr wichtige<br />

Berufsgruppe am Klinikum“, fasst<br />

Wiese zusammen.<br />

Neue digitale Lösungen, an denen<br />

Wiese und ihr Team mitgewirkt haben,<br />

ermöglichen mehr Transparenz und<br />

unterstützen auf dem Weg der Digitalisierung.<br />

Seit kurzem nutzt der Sozialdienst<br />

ein überarbeitetes und an den<br />

aktuellen Anforderungen angepasstes<br />

integriertes Tool im SAP („Patientenüberleitung“),<br />

das die Leistungen des<br />

Sozialdienstes erfasst und transparent<br />

macht. Zudem können Ärzte von ihrem<br />

PC aus notwendige Anträge beziehungsweise<br />

Befundberichte für den<br />

Patienten direkt bearbeiten. Wiese:<br />

„Die strukturierte Dokumentation der<br />

Beratungsinhalte und Interventionen<br />

ist für alle am Hilfeprozess Beteiligten<br />

nachlesbar, sodass die Patientenüberleitung<br />

ein wichtiges Instrument für<br />

den Sozialdienst darstellt.“<br />

Über das kürzlich eingeführte Online-<br />

Portal „Pflegeplatzmanager“ können<br />

die Mitarbeiter Anfragen stellen,<br />

wenn sie beispielsweise einen Platz<br />

in einem Pflegeheim benötigen oder<br />

einen Pflegedienst suchen. Angezeigt<br />

werden ihnen dann alle freien Kapazitäten<br />

in der Wunschregion.<br />

36 02 | 21


HINTER DEN KULISSEN<br />

Die COVID-19-Pandemie hat sich auch<br />

im Alltag der Sozialdienstmitarbeiter<br />

deutlich bemerkbar gemacht. „Viele<br />

Patienten sind sehr verunsichert, wie<br />

es nach dem Klinikaufenthalt weitergehen<br />

soll“, so Wiese. Die Familie sei<br />

durch Homeoffice und Homeschooling<br />

stark belastet und die Unterstützung<br />

durch die pflegenden Angehörigen<br />

und Ehrenamtliche aufgrund der Kontaktbeschränkungen<br />

fast komplett<br />

weggebrochen. Einerseits, so die Sozialdienstleiterin,<br />

steige dadurch der<br />

Bedarf an professioneller Hilfe durch<br />

Pflegedienste und -heime, andererseits<br />

melden gerade diese Einrichtungen<br />

Aufnahmestopps, weil sie weniger<br />

Patienten versorgen können, eine Quarantäne<br />

verhängt wurde, Coronafälle<br />

aufgetreten sind oder Personal fehlt.<br />

„Der Bedarf an Krisengesprächen ist<br />

hoch.“<br />

Gespräche mit Angehörigen, psychosoziale Beratung von Patienten, die<br />

Abfrage von verfügbaren Kapazitäten über das Portal "Pflegeplatzmanager" -<br />

die Aufgaben von Yvonne Wiese, Bettina Kreitel, Stefanie Breitschuh<br />

und dem gesamten Team vom Kliniksozialdienst sind vielfältig.<br />

Fotos: Rodigast / Foto links: privat<br />

Dennoch findet sich immer eine<br />

Lösung – wenn auch über Umwege. „Wir<br />

haben in den vergangenen Monaten<br />

viele Übergangslösungen für unsere<br />

Patienten gefunden“, so Wiese. „Eine<br />

große Unterstützung sind dabei unsere<br />

breitaufgestellten Netzwerke.“<br />

Im beruflichen, sowie im privaten ist<br />

vom Sozialdienstteam viel Flexibilität<br />

gefragt. „Homeoffice ist für die Mitarbeiter<br />

des Kliniksozialdienstes keine<br />

Option, da die Begutachtung der Patienten<br />

überwiegend vor Ort erfolgen<br />

muss.“ Trotz Kita- und Schulschließungen<br />

ist das Sozialdienstteam in<br />

dieser schwierigen Zeit immer für die<br />

Patienten da gewesen, so Wiese. „Ich<br />

bin wirklich sehr stolz auf das ganze<br />

Team und möchte mich nochmal für<br />

das Engagement eines jeden Einzelnen<br />

bedanken.“<br />

Anke Schleenvoigt


KURZ UND KNAPP<br />

Ein Apfelbaum zum Erinnern<br />

Noch trägt er keine Früchte, aber erste weiße Blüten.<br />

Der Apfelbaum im Garten der Palliativmedizin am <strong>UKJ</strong><br />

wächst und gedeiht bestens. Im Herbst vergangenen<br />

Jahres wurde er gepflanzt und nun von seinen Sponsoren<br />

offiziell an PD Dr. Ulrich Wedding, Chefarzt der<br />

Abteilung Palliativmedizin der Klinik für Innere Medizin<br />

II am <strong>UKJ</strong>, übergeben. Der Baum soll Mittelpunkt eines<br />

Gedenkplatzes für Patienten und Mitarbeiter sein. „Ein<br />

herzliches Dankeschön an die zehn Sponsoren, ohne die<br />

der Apfelbaum nicht schon seinen Platz bei uns hätte.<br />

Unser Garten ist ein wichtiger Ort der Ruhe für unsere<br />

Patienten. Mit dem Apfelbaum wollen wir ihn nicht nur<br />

verschönern, sondern wortwörtlich auch ein Symbol<br />

der Erinnerung setzen“, so Wedding.<br />

Claudia Koppe, Vorsitzende des Vereins „Leben heißt<br />

auch Sterben e.V.“, hat die Aktion koordiniert und<br />

Spenden gesammelt: „Erinnerung ist ein wichtiger<br />

Bestandteil der Palliativmedizin, sowohl für Angehörige<br />

als auch für die Mitarbeiter. Daher haben wir sehr gern<br />

den Wunsch aufgenommen, unsere Unterstützer und<br />

Partner angesprochen, um den Erinnerungsplatz finanzieren<br />

zu können. Der Verein ‚Leben heißt auch Sterben<br />

e.V.‘ ist genau für solche Projekte geschaffen. Wir helfen<br />

unbürokratisch wo es geht, wichtige Wünsche zu erfüllen.<br />

Es freut uns, dass es wieder gelungen ist und wir<br />

hoffen, dass der Baum bald in aller Pracht erstrahlt.”<br />

(me)<br />

Diabetes für den<br />

Praxisalltag erklärt<br />

Etwa acht Millionen Menschen<br />

in Deutschland<br />

sind von Diabetes mellitus<br />

betroffen – Tendenz<br />

weiter steigend. Aufgrund<br />

dieser Häufigkeit<br />

wird jeder Hausarzt, jede<br />

Allgemeinmedizinerin<br />

und Internistin in der<br />

Praxis zwangsläufig mit<br />

der Erkrankung konfrontiert.<br />

An sie – aber auch<br />

an Diabetesberaterinnen und -assistenten und an<br />

Interessierte anderer Fachrichtungen – richtet sich<br />

das im Elsevier-Verlag erschienene Buch „Essentials<br />

Diabetes“. „Das Buch bietet einen schnellen Einstieg,<br />

ohne allzu tief ins Detail zu gehen, und es gibt einen<br />

Überblick über die ganz Bandbreite des Themas“, fasst<br />

Prof. Dr. Gunter Wolf zusammen. Der Direktor der Klinik<br />

für Innere Medizin III am <strong>UKJ</strong> hatte die Idee zu diesem<br />

Buch. Herausgegeben hat er das Werk zusammen mit<br />

Dr. Günther Egidi aus Bremen, Dr. Andreas Klinge aus<br />

Hamburg und Prof. Dr. Ulrich Müller aus der Praxis für<br />

Diabetologie und Endokrinologie Jena im MVZ Dr. Kielstein,<br />

Ambulante Medizinische Versorgung Erfurt. Ein<br />

Großteil der Autoren ist am <strong>UKJ</strong> tätig, PD Dr. Dr. Nicolle<br />

Müller aus dem Fachbereich Endokrinologie (Diabetes)<br />

und Stoffwechselerkrankungen an der KIM III hat das<br />

Projekt koordiniert.<br />

Diplom-Psychologin Ursula Strobel, PD Dr. Ulrich<br />

Wedding, Chefarzt der Abteilung Palliativmedizin, Madlin<br />

Streipert, Somengo GmbH (stellvertretend für alle<br />

Sponsoren) und Claudia Koppe, Vorsitzende des Vereins<br />

„Leben heißt auch Sterben e.V.“ (v.l.n.r.). Foto: Szabó<br />

Essen und Trinken, Bewegung, die Kontrolle und Einnahme<br />

von Medikamenten – bei keiner anderen Erkrankung<br />

beeinflusst das Verhalten der Betroffenen so sehr<br />

den Erfolg der Behandlung wie bei Diabetes mellitus.<br />

Wie Patienten dies alles in ihrem Alltag aufeinander<br />

abstimmen, lernen sie durch spezielle Schulungen.<br />

„Wir haben deshalb großen Wert daraufgelegt, dass<br />

Diabetologen, Hausärzte und Diabetesberater das Buch<br />

gemeinsam gestalten“, so Prof. Müller. So enthält das<br />

Werk auch viele praktische Tipps für den Alltag. Wichtige<br />

Anregungen seien dafür die Gespräche mit Hausärzten<br />

und Diabetologen zu den jährlichen Kursen für<br />

evidenzbasierte Diabetologie in Jena gewesen sowie die<br />

Fragen der Beteiligten an den Weiterbildungskursen zur<br />

Diabetesassistentin oder Diabetesberaterin.<br />

(as)<br />

38 02 | 21


Expertise für<br />

Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />

Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) hat das<br />

Pankreaskrebszentrum am <strong>UKJ</strong> als sogenanntes<br />

Organkrebszentrum zertifiziert. „Gerade die Diagnostik<br />

von Bauchspeicheldrüsenkrebs benötigt fundiertes<br />

Wissen und langjährige Erfahrung“, sagt Prof. Utz<br />

Settmacher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeralund<br />

Gefäßchirurgie, an dem das Zentrum angesiedelt<br />

ist. „Das Zertifikat bestätigt, dass wir die hohen<br />

Anforderungen der DKG erfüllen.“<br />

Buch Liebe<br />

Bauchspeicheldrüsenkrebs ist selten, gehört jedoch zu<br />

den am häufigsten zum Tode führenden Krebserkrankungen.<br />

Ein Karzinom am sogenannten Pankreas wird<br />

oft erst spät erkannt. „Denn zum einen fehlen geeignete<br />

Screeningmethoden in der Vorsorge. Zum anderen<br />

werden die ersten Beschwerden wie unspezifische<br />

Bauchschmerzen, Übelkeit oder Rückenschmerzen oft<br />

nicht als Anzeichen für den aggressiven Krebs erkannt“,<br />

so Prof. Falk Rauchfuß, Oberarzt und Koordinator des<br />

Zentrums. „Die operative Entfernung des Tumors ist<br />

meist die einzige Chance auf Heilung.“<br />

Wichtig ist es für die Betroffenen, Hilfe in spezialisierten<br />

Zentren zu erhalten, in denen qualifizierte Experten<br />

verschiedener Fachdisziplinen zusammenarbeiten. In<br />

diesem Zusammenhang lobte die Zertifizierungskommission<br />

der DKG vor allem die hohe Fortbildungsquote<br />

der Mitarbeiter. Außerdem hob sie die große Anzahl an<br />

Studien hervor, mit denen die Mediziner die Diagnostik<br />

von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs künftig<br />

verbessern und die Therapiemöglichkeiten weiterentwickeln<br />

wollen.<br />

Prof. Rauchfuß berät gemeinsam mit Kollegen<br />

über die geeignete Therapie. Foto: Rodigast<br />

(ac)<br />

Jenaer<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Thalia<br />

Neue Mitte Jena«<br />

Leutragraben 1 · 07743 Jena<br />

Tel. 03641 4546-0<br />

E-Mail: thalia.jenaneuemitte@thalia.de<br />

02 | 21<br />

39


KURZ UND KNAPP<br />

Foto: Rodigast<br />

Verstärkung von den Philippinen<br />

<strong>UKJ</strong> begrüßt neue internationale Pflegekräfte<br />

„Mehr als 17.000 Kilometer liegen zwischen<br />

Jena und Manila, der Hauptstadt<br />

der Philippinen. Zusammen mit sieben<br />

weiteren jungen Frauen hat Farrell<br />

Joy Gonzales diesen Weg aus ihrem<br />

ostasiatischen Heimatland im Westpazifik<br />

nach Thüringen zurückgelegt. In<br />

Deutschland war die 34-Jährige vorher<br />

noch nie. Doch weder die lange Anreise<br />

noch die fremde Umgebung scheinen<br />

ihr etwas auszumachen. Lächelnd wirft<br />

sie einen Blick auf die Lobdeburg, die<br />

von der Terrasse der Cafeteria am<br />

Universitätsklinikum Jena (<strong>UKJ</strong>) gut zu<br />

sehen ist.<br />

„Wir freuen uns wirklich sehr, dass Sie<br />

nach Deutschland gekommen sind,<br />

um uns in der Pflege zu unterstützen“,<br />

betont der stellvertretende Pflegedirektor<br />

René Kelling bei der Begrüßung<br />

am <strong>UKJ</strong>. Die ersten Tage stehen jetzt<br />

ganz im Zeichen des Ankommens und<br />

Kennenlernens. Neben einem Stadtrundgang<br />

und einer Führung durchs<br />

Klinikum ist auch eine gemeinsame<br />

Wanderung geplant. Aber auch erste<br />

Schulungen zu Themen wie Hygiene<br />

und Datenschutz stehen auf dem<br />

Programm.<br />

Kranke Menschen sind überall auf der<br />

Welt recht ähnlich, so Kelling. „Doch wie<br />

man in Deutschland lebt und pflegt,<br />

das wollen wir Ihnen vor allem im<br />

nächsten halben Jahr zeigen“, verspricht<br />

er den Neuankömmlingen. Die Integration<br />

der internationalen Pflegekräfte<br />

spiele für ihn eine ganz wichtige Rolle.<br />

Augenheilkunde, Kardiologie, Infektiologie,<br />

HNO, Geriatrie, Neurologie,<br />

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

– jede Philippinerin ist einer anderen<br />

Station zugeordnet und wird hier von<br />

Mentoren unterstützt. Die Mentoren,<br />

die sich in speziellen Schulungen auf<br />

die Einarbeitung in einfacher Sprache<br />

vorbereitet haben, und ihre Stationsleitungen<br />

haben sich ihren neuen Mitarbeitern<br />

bereits kurz vorgestellt. Auch<br />

Falko Schlunk vom Personalrat steht als<br />

Ansprechpartner bereit.<br />

An vier Tagen pro Woche werden die<br />

neuen Mitarbeiterinnen zunächst als<br />

Krankenpflegehelferinnen auf ihren<br />

Stationen tätig sein. An einem Tag in<br />

der Woche absolvieren sie einen Kenntniskurs<br />

und lernen die deutschen pflegefachlichen<br />

Begriffe. Wenn sie diesen<br />

Kurs erfolgreich absolviert haben, kann<br />

ihr Berufsabschluss als examinierte<br />

Gesundheits- und Krankenpflegerin<br />

in Deutschland anerkannt werden.Der<br />

kurzen Ansprache zur Begrüßung kann<br />

Farrell Joy Gonzales schon recht gut<br />

folgen. Ein Dreivierteljahr lang hat sie<br />

einen Vorbereitungskurs in ihrer Heimat<br />

belegt und am Ende eine Deutschprüfung<br />

auf dem Niveau B2 absolviert. Wie<br />

ihre Kolleginnen auch bringt sie zudem<br />

mehrere Jahre Klinikerfahrung mit. Auch<br />

die Arbeit im Ausland ist ihr vertraut –<br />

sie hat bereits mehrere Jahre in Saudi-<br />

Arabien verbracht.<br />

Der Ansatz, internationale Pflegekräfte<br />

zu gewinnen, um den Pflegenotstand<br />

entgegenzuwirken und das Personal<br />

am <strong>UKJ</strong> zu entlasten, ist nicht ganz neu.<br />

Bereits 2016 und 2018 konnte jeweils<br />

eine Gruppe Pflegekräfte aus Italien in<br />

Jena begrüßt werden. Mit vier verschiedenen<br />

Recruiting-Firmen laufe derzeit<br />

die Zusammenarbeit, so Christine<br />

Schulze. Seit 2019 betreut sie als Mitarbeiterin<br />

der Pflegedirektion das Thema<br />

internationale Pflegekräfte. Im vergangenen<br />

Jahr haben die ersten Mitarbeiter<br />

aus Albanien und aus der Ukraine am<br />

Klinikum begonnen. Die acht philippinischen<br />

Pflegerinnen, die jetzt begrüßt<br />

wurden, sind die ersten von insgesamt<br />

60, die über das Jahr <strong>2021</strong> verteilt am <strong>UKJ</strong><br />

ihre Arbeit aufnehmen werden. Wichtig<br />

ist allen Beteiligten, dass nur in den<br />

Ländern rekrutiert wird, die über eine<br />

ausreichende Zahl an Pflegekräften<br />

verfügen, um die eigene Bevölkerung<br />

zu versorgen.<br />

Anke Schleenvoigt<br />

40 02 | 21


KURZ UND KNAPP<br />

Was ist das?<br />

Erkennen Sie, was auf diesem Foto<br />

zu sehen ist?<br />

Schreiben Sie uns Ihre Antwort (unbedingt<br />

mit Angabe Ihrer Postadresse)<br />

bis zum 15. August <strong>2021</strong> an die Redaktion<br />

<strong>Klinikmagazin</strong>, Bachstraße 18,<br />

07743 Jena oder per Mail an presse@<br />

med.uni-jena.de. Unter den Einsendern<br />

mit der richtigen Antwort verlosen<br />

wir unter Ausschluss des Rechtswegs<br />

einen Büchergutschein im Wert von<br />

40 Euro sowie drei Büchergutscheine<br />

im Wert von je zehn Euro, die von der<br />

Jenaer Universitätsbuchhandlung<br />

gesponsert werden.<br />

Auflösung<br />

In Heft 137 suchten wir:<br />

Notfallrucksack<br />

Gewinner des 40-Euro-Gutscheins:<br />

Wolfgang Görlach<br />

Gewinner der 10-Euro-Gutscheine:<br />

Nadine Petsch, Kerstin Pechmann,<br />

Mona Krämer<br />

Foto: Rodigast<br />

Impressum<br />

Ausgabe: 2|<strong>2021</strong>, Nummer 138<br />

Herausgeber:<br />

V.i.S.d.P.:<br />

Redaktionsleitung:<br />

Redaktionsteam:<br />

Layout:<br />

Auflage:<br />

Universitätsklinikum Jena | Bachstraße 18 | 07743 Jena<br />

<strong>UKJ</strong> Förderverein | Am Klinikum 1 | 07747 Jena<br />

Annett Lott, Stabsstelle Unternehmenskommunikation<br />

Anke Schleenvoigt<br />

Katrin Bogner (kbo), Anne Curth (ac), Dr. Uta von der Gönna (vdG), Michelle Korneli (me), Annett Lott (ane),<br />

Anke Schleenvoigt (as)<br />

Klinisches Medienzentrum des Universitätsklinikums Jena<br />

7 000 Exemplare<br />

Erscheinungsweise: 4 Ausgaben pro Jahr / Die nächste Ausgabe erscheint im Oktober <strong>2021</strong><br />

Kontakt:<br />

Tel.: 03641 9-39 11 81, E-Mail: presse@med.uni-jena.de<br />

Wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text die männliche Form gewählt wurde, beziehen sich die Angaben auf Angehörige<br />

beider Geschlechter. Nachdruck von Inhalten nur mit Genehmigung der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums Jena<br />

(<strong>UKJ</strong>) gestattet.<br />

02 | 21<br />

41


TERMINE & KONTAKTE<br />

Veranstaltungen Juli bis September <strong>2021</strong><br />

GEBURTSVORBEREITUNGSKURSE<br />

Der Kompaktpaarkurs zur Geburtsvorbereitung vermittelt die wesentlichen Abläufe und Informationen rund um die<br />

Geburt und möchte werdenden Eltern Sicherheit für die bevorstehende Geburt geben. Die Kurse finden derzeit online<br />

statt.<br />

Jeweils Dienstag: 17.00 bis 20.00 Uhr und Mittwoch: 16.00 bis 20.30 Uhr<br />

Die genauen Termine und Anmeldung unter:<br />

geburtsvorbereitung@med.uni-jena.de<br />

https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/Geburtsvorbereitungskurse.html<br />

FORTBILDUNGEN FÜR PFLEGENDE<br />

6.9.<strong>2021</strong><br />

9.00 bis 13.00 Uhr<br />

Servicequalität –<br />

Kommunikation wie<br />

im Hotel?<br />

8.9.<strong>2021</strong><br />

14.00 bis 16.00 Uhr<br />

Die Pflege und<br />

Begleitung sterbender<br />

Patienten<br />

10.9.<strong>2021</strong><br />

14.00 bis 15.30 Uhr<br />

Psychosen – Wenn<br />

die Realität verzerrt<br />

ist<br />

13.9.<strong>2021</strong><br />

14.00 bis 16.00 Uhr<br />

Pflege eines Patienten<br />

mit zentralem<br />

Venenkatheter<br />

14.9.<strong>2021</strong><br />

9.00 bis 16.00 Uhr<br />

Rechtsgrundlagen in<br />

der Krankenpflege –<br />

Teil 2<br />

16.9.<strong>2021</strong><br />

14.00 bis 15.30 Uhr<br />

Klinische Kompressionstherapie<br />

17.9.<strong>2021</strong><br />

14.00 bis 15.30 Uhr<br />

Multiple Sklerose<br />

Informationen und Anmeldung über: pflegefortbildung@med.uni-jena.de / Tel. 03641 9-39 51 54<br />

ONKO-KREIS<br />

Die Thüringische Krebsgesellschaft e.V. und die Ambulanz für Naturheilkunde und Integrative Onkologie der Klinik<br />

für Innere Medizin II bieten Krebserkrankten und ihren Angehörigen regelmäßig Vorträge an. Die Teilnahme ist<br />

kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Im Rahmen der Vorträge werden gerne Ihre Fragen beantwortet.<br />

Alle Veranstaltungen finden derzeit virtuell als Online-Seminar statt. Wenn es die Pandemiebedingungen zum Zeitpunkt<br />

der Veranstaltung zulassen, wird diese zusätzlich als Präsenzveranstaltung in den neuen Geschäftsräumen<br />

der TKG, Am Alten Güterbahnhof 5 in 07743 Jena, durchgeführt. Bitte informieren Sie sich im Vorfeld auf der Webseite:<br />

https://krebsgesellschaft-thueringen.de/alle-veranstaltungen.html<br />

19.7.<strong>2021</strong><br />

16.00 bis 17.00 Uhr<br />

Sozialrechtliche<br />

Fragen bei Krebs –<br />

ein kleiner Überblick<br />

Referentin:<br />

Jana Pfeiffer, Thüringische<br />

Krebsgesellschaft<br />

e.V.<br />

6.9.<strong>2021</strong><br />

16.00 bis 17.00 Uhr<br />

Mit dem Kochlöffel<br />

für das Immunsystem<br />

– kleine<br />

Gerichte, schnell<br />

gemacht<br />

Referentin:<br />

Uta Fernkäse, Diplom<br />

Trophologin<br />

27.9.<strong>2021</strong><br />

16.00 bis 17.00 Uhr<br />

Körperliche Bewegung<br />

– Was tut<br />

Patient*innen mit<br />

einer Krebserkrankung<br />

gut?<br />

Referent:<br />

Dr. Steffen Derlien,<br />

Institut für Physiotherapie,<br />

<strong>UKJ</strong><br />

04.10.<strong>2021</strong><br />

16.00 bis 17.00 Uhr<br />

Rehabilitation als<br />

wichtiger Baustein<br />

der onkologischen<br />

Therapie<br />

Referent:<br />

Dr. Thomas Stauch,<br />

MEDIAN Reha-Zentrum<br />

Bad Berka<br />

11.10.<strong>2021</strong><br />

16.30 bis 17.00 Uhr<br />

Moderne Krebstherapien<br />

- Was können<br />

Operationen,<br />

Strahlentherapie<br />

und moderne Medikamente<br />

leisten?<br />

Referentin:<br />

Prof. Dr. Jutta Hübner,<br />

Klinik für<br />

Innere Medizin II<br />

42 02 | 21


TERMINE & KONTAKTE<br />

Wegweiser für Patienten<br />

ZENTRALE<br />

RUFNUMMERN<br />

Zentrale Klinikum<br />

Tel.: 03641 9-300<br />

Empfang Haupteingang<br />

Tel.: 03641 9-32 08 50<br />

Empfang Haus E<br />

Tel.: 03641 9-32 80 20<br />

KLINIK-<br />

SOZIALDIENST<br />

Beratung u.a. zu Anschlussheilbehandlung<br />

und Rehabilitation,<br />

häuslicher Krankenpflege,<br />

Pflegestufen, Schwerbehindertenausweis;<br />

pychosoziale Beratung<br />

Kontakt:<br />

Yvonne Wiese (Leiterin)<br />

Tel.: 03641 9-32 02 91<br />

yvonne.wiese@med.uni-jena.de<br />

KLINIK-<br />

SEELSORGE<br />

EVANGELISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />

Pastorin Babet Lehmann<br />

Tel.: 0151-17 10 14 93<br />

Pastorin Ulrike Spengler<br />

Tel.: 0151-17 10 14 94<br />

KATHOLISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />

Pfarrer Michael Ipolt<br />

Tel.: 0151-17 10 54 60<br />

Gemeindereferent<br />

Dominik Gehringer<br />

Tel.: 01523-21 87 679<br />

FÖRDERVEREIN<br />

WIR FÖRDERN PROJEKTE<br />

für Patienten und Mitarbeiter – in<br />

Forschung und Lehre – zur Vernetzung<br />

und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Spendenkonto:<br />

Sparkasse Jena-Saale-Holzland<br />

IBAN: DE89830530300000028010<br />

BIC: HELADEF1JEN<br />

Vorsitzender:<br />

PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf<br />

foerderverein@med.uni-jena.de<br />

Tel.: 03641 9-32 50 01<br />

BESUCHS-<br />

DIENST DER<br />

KLINIKSEELSORGE<br />

Die ehrenamtlich Tätigen nehmen<br />

sich Zeit zum Zuhören, Plaudern,<br />

Spielen, Vorlesen & erledigen<br />

kleine Besorgungen.<br />

Kontakt:<br />

Babet Lehmann<br />

Tel.: 0151 17 10 14 93<br />

PATIENTENFÜR-<br />

SPRECHERINNEN<br />

KLINISCHES<br />

ETHIKKOMITEE<br />

Beratung und Hilfestellung<br />

für Patienten, Angehörige und<br />

medizinisches Personal bei<br />

ethischen Konflikten in Therapie<br />

und Pflege<br />

Kontakt:<br />

Dr. Ulrike Skorsetz<br />

(Leiterin Geschäftsstelle)<br />

Tel.: 03641 9-33 775<br />

Mobil: 0151-16 35 93 41<br />

ulrike.skorsetz@med.uni-jena.de<br />

EINKAUFS-<br />

MÖGLICHKEITEN<br />

Blumen im Klinikum<br />

Mo bis Fr: 8 - 17 Uhr<br />

Sa: 13 - 17 Uhr<br />

Tel.: 03641 - 35 01 30<br />

Imbiss und Shop<br />

Mo bis Fr: 8 - 18 Uhr<br />

Sa: 9 - 12.30 Uhr & 13 - 17 Uhr<br />

So und Feiertage: 13 - 18 Uhr<br />

Tel.: 03641- 22 62 95<br />

Ansprechpartner für Anregungen<br />

und Beschwerden von Patienten<br />

KLINIKUM LOBEDA, Mitarbeiterservice<br />

in der Magistrale<br />

Christine Börner | 0170-45 89 890<br />

Maria Lasch | 0151-12 21 16 05<br />

Sprechzeit: Mi. 13.30 – 15.00 Uhr<br />

Klinik für Psychiatrie<br />

Dr. Edgar Becker<br />

Antje Standau-Gröschner<br />

patientenfuersprecher<br />

@med.uni-jena.de<br />

Tel. 03641 9-39 01 01<br />

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