UKJ-Klinikmagazin 2/2021
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
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02|21<br />
Juli <strong>2021</strong><br />
DAS GESUNDHEITSMAGAZIN AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM JENA<br />
TITELTHEMA<br />
GANZ<br />
INTENSIV<br />
Was moderne Intensivmedizin ausmacht<br />
HEILEN<br />
Ein Pieks gegen<br />
Cholesterin
Foto: Schroll<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER,<br />
„Intensivstation.“ Hört man als Angehörige,<br />
dass der Liebste gerade dort behandelt<br />
wird, sind die Sorgen meist groß.<br />
Dramatische Bilder kommen einem in den<br />
Sinn – Bilder wie aus Fernsehserien oder<br />
Kinofilmen. Den tatsächlichen Alltag auf<br />
einer Intensivstation kennen nur wenige.<br />
Was bedeutet ein Aufenthalt auf einer<br />
Intensivstation? Dass die Patienten hier<br />
besonders intensiv betreut, überwacht<br />
und medizinisch behandelt werden – und<br />
dass sie in den allermeisten Fällen zurück<br />
ins Leben entlassen werden können.<br />
Mit diesem Heft möchten wir Ihnen Einblicke<br />
geben in das, was auf den Intensivstationen<br />
am <strong>UKJ</strong> tatsächlich passiert.<br />
Viele Geräte sind heutzutage in der Lage,<br />
Körperfunktionen zu übernehmen. Natürlich<br />
sind sie auch im ITS-Bereich am <strong>UKJ</strong><br />
allgegenwärtig. Doch zur Intensivmedizin<br />
zählt weit mehr als Hightech. Welche<br />
Arbeit die Intensivpfleger, die Physiotherapeuten,<br />
die Psychologinnen und<br />
viele andere tagtäglich auf den Intensivstationen<br />
leisten, möchten wir Ihnen in<br />
dieser Ausgabe unseres <strong>Klinikmagazin</strong>s<br />
vorstellen.<br />
Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche<br />
Lektüre!<br />
GANZ INTENSIV<br />
Was macht moderne Intensivmedizin aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4<br />
Auf dem Weg zurück ins Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8<br />
Ein Tag in der Intensivpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Quantensprung für die Intensivmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Geborgen wieder gesund werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Am Bildschirm Intensivpatienten helfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Studien für bessere Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Arzt wird man nicht im Home-Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
Als Psychologin auf der Intensivstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Atmung verbessern, Muskeln stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
AKTUELLES<br />
Zentrum für Psychische Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Patienten zögern bei Herzinfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
Pflegeprofis: Erste Plätze fürs <strong>UKJ</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
HEILEN<br />
Ein Pieks gegen Cholesterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30<br />
Neue Wege in der Krebsbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
FORSCHEN<br />
Zum Abschied von Professor Brandl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
Professor Huppke leitet die Klinik für Neuropädiatrie . . . . . . . . . . . . 33<br />
Gesichertes Wissen über COVID-19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34<br />
LEHREN<br />
Ausgezeichnet für exzellente Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />
HINTER DEN KULISSEN<br />
Ein tragendes Netz für jeden Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
KURZ & KNAPP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Ihre „<strong>Klinikmagazin</strong>“-Redaktion<br />
TERMINE UND KONTAKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
2 02 | 21<br />
Titelbild: Rodigast
STANDPUNKTE<br />
Müssen wir Intensivmedizin neu denken?<br />
COVID-19-Pandemie offenbart Wichtigkeit einer Fachdisziplin<br />
Die Intensivmedizin sichert unser Überleben<br />
bei schweren Erkrankungen, wenn<br />
wir uns großen medizinischen Eingriffen<br />
unterwerfen müssen oder schwere<br />
Unfälle haben. Dies ist besonders<br />
deutlich geworden in der COVID-19-<br />
Pandemie: Ohne die Möglichkeiten der<br />
modernen Intensivmedizin wären in<br />
Deutschland viel mehr Patienten verstorben.<br />
Eine besondere Bedeutung<br />
hat sie im universitären Setting: Neue<br />
Erkenntnisse in der Therapie können<br />
schnell in konkrete Behandlungsstrategien<br />
überführt werden, was auch für<br />
unsere Patienten einen belegbaren<br />
Einfluss gezeigt hat.<br />
Intensivmedizin ist Hightech-Medizin,<br />
und erfordert von allen Beteiligten eine<br />
hohe Kompetenz. Sie ist aber auch eine<br />
personalintensive und menschliche<br />
Medizin. Sie erfordert in besonderer<br />
Weise eine Zuwendung zu den individuellen<br />
Patienten. Damit stellt sie hohe<br />
Anforderungen an die Mitarbeiter und<br />
stellt oft kritische Weichen für die in<br />
ihrer Obhut befindlichen Patienten. Sie<br />
kann damit aber auch in besonderer<br />
Weise erfüllend sein.<br />
Prof. Dr. Otto W. Witte. Foto: <strong>UKJ</strong><br />
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
der Intensivmedizin – egal in welchem<br />
Bereich, der Pflege, der Ärzteschaft<br />
oder einem anderen - haben besonders<br />
in den letzten Monaten Großartiges<br />
geleistet. Wir haben von allen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
des Klinikums, besonders aber auch<br />
von denen auf den Intensivstationen,<br />
viel verlangt: die Betreuung von Patienten,<br />
die schwer an Covid-19 erkrankt<br />
waren, der Umgang mit den fehlenden<br />
Intensiv-Ressourcen für den normalen<br />
universitären Klinikbetrieb, die Einarbeitung<br />
neuer Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter, die Arbeit auf „fremden<br />
Stationen“, in neuen Teams.<br />
Die letzten Monate haben in besonderer<br />
Weise gezeigt, dass die Qualität<br />
und Quantität der Intensivmedizin eine<br />
definierende Größe für das <strong>UKJ</strong> ist. Nur<br />
mit einer hoch kompetenten Intensivmedizin<br />
können wir die universitäre<br />
Hochleistungsmedizin gewährleisten.<br />
Und Kapazitätsprobleme in diesem<br />
Bereich haben einen unmittelbaren<br />
Einfluss auf die Möglichkeiten des<br />
sonstigen klinischen Betriebes in<br />
einem Universitätsklinikum. Die Vernetzung<br />
in dem „Kleeblatt“ hat uns<br />
in den letzten Monaten geholfen, die<br />
Anforderung in Thüringen und darüber<br />
hinaus auszugleichen. Bei der telemedizinischen<br />
Kommunikation haben<br />
unsere Experten nicht nur die Möglichkeit,<br />
mit den behandelnden Ärzten zu<br />
sprechen, sondern haben auch Zugriff<br />
auf relevante Daten des Patienten wie<br />
Befunde, Röntgenbilder, Medikation<br />
oder Kreislaufparameter. Vor allem<br />
im Bereich der Intensivmedizin sind<br />
Spezialisten rar. Telemedizin ist ein<br />
Weg, diese Knappheit auszugleichen.<br />
Perspektivisch wird dieses aber auch<br />
verstärkt universitäre Fälle zu uns<br />
vermitteln.<br />
„Die Intensivmedizin<br />
ist von<br />
zentraler Bedeutung<br />
für die<br />
universitäre<br />
Medizin.“<br />
Für die Zukunft<br />
bedeutet dies, dass<br />
wir die Intensivmedizin<br />
weiter stärken müssen:<br />
Kompetenz und Menschlichkeit<br />
gehören hier zusammen, verlässliche<br />
Einarbeitungszeiten und gute Ausbildung,<br />
verlässliche Personalplanung<br />
und kollegiale Teamstrukturen. Die<br />
weitere Entwicklung der Intensivmedizin<br />
wird deswegen ein besonderer<br />
Schwerpunkt auch meiner Tätigkeit<br />
sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sollen sich hier zu Hause fühlen,<br />
und ich würde mich freuen, wenn die<br />
Teams wachsen: helfen Sie uns, junge<br />
Menschen als Nachwuchs für das Fach<br />
zu begeistern, hier findet tolle Medizin<br />
statt.<br />
Mit einem herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter.<br />
Prof. Dr. Otto W. Witte<br />
Medizinischer Vorstand<br />
02 | 21<br />
3
4 02 | 21<br />
Selten wurde über Intensivmedizin so viel<br />
gesprochen und geschrieben wie in den<br />
vergangenen Monaten der Pandemie. Aber<br />
warum stand sie so im Fokus? Und was<br />
macht moderne Intensivmedizin heute aus?<br />
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Michael Bauer. Er<br />
leitet am Universitätsklinikum Jena die Klinik<br />
für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
TITELTHEMA<br />
Ganz intensiv<br />
Hat die Pandemie der Intensivmedizin<br />
eine neue Bedeutung gegeben?<br />
Prof. Bauer: Ja, ich denke schon. Wir<br />
haben zum ersten Mal sehr deutlich<br />
gesehen, wie zentral die Intensivmedizin<br />
für die Funktion eines ganzen Krankenhauses<br />
ist, wenn diese Ressource<br />
plötzlich zum Flaschenhals wird für<br />
die Patientenflüsse. Da wir sehr viele<br />
Betten mit COVID-19-Patienten belegt<br />
hatten, war für den üblichen klinischen<br />
Alltagsbetrieb viel zu wenig Kapazität.<br />
Die Auswirkungen haben wir in vielen<br />
Abteilungen gesehen: Operationen<br />
mussten verschoben, planbare Termine<br />
nach hinten verlegt werden. Auch<br />
Planungen zwischen verschiedenen<br />
Krankenhäusern wurden notwendig,<br />
um die wichtigsten und dringlichsten<br />
Behandlungen außerhalb von COVID-19<br />
möglich zu machen.<br />
Mit Intensivmedizin verbinden wir<br />
oft Bilder wie Apparate, Schläuche<br />
und schwerstkranke Menschen,<br />
die oftmals zwischen Leben und<br />
Tod schweben. Was macht für Sie<br />
Intensivmedizin aus?<br />
Prof. Bauer: Das Geheimnis ist, dass<br />
wir Intensivmedizin nicht als Apparatemedizin<br />
betreiben, sondern den ganzen<br />
Menschen hinter seiner jeweiligen<br />
Erkrankung sehen.<br />
Dabei ist zum einen die Komplexität und<br />
das Ineinandergreifen der verschiedenen<br />
Organsysteme faszinierend – also<br />
zum Beispiel die Frage, warum schwere<br />
Infektionen zum Nierenversagen führen.<br />
Zum anderen sehen wir Menschen<br />
in einem Grenzbereich, in dem wir auch<br />
die Familie, die Patientenwünsche, die<br />
Fragen, wie wir leben und wie wir sterben,<br />
gemeinsam reflektieren.<br />
Zu all diesen Fragestellungen kommt<br />
die Betreuung der gesamten Familie<br />
hinzu, die plötzlich und unerwartet mit<br />
solch einer Situation konfrontiert wird.<br />
Meist ist keiner darauf vorbereitet,<br />
selbst wenn man vielleicht Vorsorge<br />
getroffen hat. In solchen Momenten ist<br />
die gesamte Familie oft überfordert,<br />
nicht nur der Patient.<br />
→<br />
02 | 21<br />
5
Intensivmedizin ist Teamarbeit:<br />
Prof. Michael Bauer im Austausch mit<br />
einer Kollegin. Fotos: Rodigast<br />
Wie definieren Sie die Kernaufgaben<br />
der Intensivmedizin?<br />
Prof. Bauer: Wir haben zwei Gruppen von<br />
Patienten: die einen sind die geplanten<br />
Aufnahmen, bei denen tatsächlich die<br />
Überwachung im Vordergrund steht,<br />
um schwerwiegende Komplikationen<br />
zu verhindern. Das sind Patienten nach<br />
der sogenannten großen Chirurgie oder<br />
bei Gefäßinterventionen, die postinterventionell<br />
überwacht werden, bis<br />
sie wieder so stabil sind, dass sie auf<br />
Normalstation verlegt werden können.<br />
Deshalb haben wir am <strong>UKJ</strong> eine sehr<br />
breite Infrastruktur geschaffen. Dazu<br />
zählt unter anderem auch, die besondere<br />
Form der Betreuung durch eigene<br />
Psychologinnen sicherzustellen. Das<br />
hat uns besonders in der Pandemie<br />
sehr geholfen. Und viel verdeutlicht.<br />
Allein der Umstand, dass Angehörige<br />
über Wochen ihre Lieben nicht besuchen<br />
konnten. Wenn das plötzlich nicht<br />
mehr geht, dann wird uns die gesamte<br />
psychosoziale Belastung für Familie<br />
und Patient offenbart. In diesen Augenblicken<br />
waren wir die „Brücke“ oder<br />
Verbindung zwischen beiden.<br />
Intensivmedizin gab es ja schon<br />
weit vor Corona. Richtig verstanden<br />
behandeln Intensivmediziner Krankheiten<br />
aller Fachbereiche und davon<br />
die schwersten Verläufe? Ist das der<br />
Reiz oder gar Anspruch?<br />
Prof. Bauer: Es ist tatsächlich so, dass<br />
wir sehr häufig in der Schnittmenge<br />
verschiedener Disziplinen aktiv werden.<br />
Wir haben immer wieder Patienten,<br />
bei denen ein Zusammenspiel von<br />
verschiedenen Disziplinen im „Konzert“<br />
auf der Intensivstation erforderlich<br />
wird. Und das ist auch der besondere<br />
Charme der Intensivmedizin: ob zentrales<br />
Nervensystem, Lunge, Niere oder<br />
ein anderes lebenswichtiges Organ.<br />
Wir müssen stets die Interaktion<br />
der verschiedenen Organsysteme<br />
betrachten. Aus diesem Blickwinkel<br />
heraus gelangen wir sehr schnell zu<br />
einem interdisziplinären Zusammenarbeiten.<br />
Eine Uniklinik bietet dafür<br />
hervorragende Strukturen. Und die<br />
Patienten profitieren extrem davon,<br />
dass nicht nur ein Spezialist für ein<br />
Organ da ist, sondern dass jemand die<br />
Gesamtschau im Auge behält für das<br />
Zusammenspiel der verschiedenen<br />
Organe.<br />
Das Kernproblem der modernen<br />
Intensivmedizin seit den 70er Jahren<br />
ist das Multiorganversagen. Das<br />
bedeutet, ein Organ arbeitet initial<br />
schlecht und wie ein Dominoeffekt<br />
fallen die anderen Organe der Reihe<br />
nach um beziehungsweise aus.<br />
Ein Beispiel mal ganz einfach erklärt:<br />
Wenn das Herz versagt, kommt es<br />
zu Flüssigkeitsansammlungen in der<br />
Lunge. Diese versagt in der Folge.<br />
Was passiert? Die Niere wird nicht<br />
mehr ausreichend durchblutet. Es<br />
kommt zum Nierenversagen. Naja,<br />
und danach wird die Prognose immer<br />
schlechter. Diesen Teufelskreis zu<br />
durchbrechen – das ist die Kernkompetenz<br />
der Intensivmedizin.<br />
Eine intensivmedizinische Therapie<br />
zielt auf die Unterstützung bereits ausgefallener<br />
Organe. Das heißt, neben<br />
der Überwachung der Vitalfunktionen<br />
oder auch lebenswichtiger Funktionen<br />
ist die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung<br />
von reversibel ausgefallenen<br />
Organfunktionen eine weitere<br />
sehr wichtige Aufgabe. Zwei Beispiele:<br />
Beim Lungenversagen kommt die<br />
Beatmungstherapie zur Anwendung<br />
und ein Entgiftungsversagen braucht<br />
unter Umständen die Dialysetherapie.<br />
Wir unterstützen den Kreislauf zudem<br />
mit Medikamenten, damit die Sauerstoffversorgung<br />
aller lebenswichtigen<br />
Organe aufrechterhalten werden kann.<br />
Das sind die Kernaufgaben: überwachen<br />
und verhindern, dass Schlimmeres<br />
passiert, wie das beschriebene<br />
Organversagen. Wenn dieser Fall aber<br />
dennoch eintritt, dann gilt es, die Zeit<br />
zu überbrücken. Wir können hier wenig<br />
kausal behandeln. Wir können aber dem<br />
Körper die Zeit „kaufen“, die er braucht,<br />
um seine Vitalfunktionen selbst wieder<br />
herstellen zu können.<br />
Ihre Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />
ist eine der größten Kliniken<br />
am <strong>UKJ</strong>. Was unterscheidet Intensivmedizin<br />
an einer Uniklinik beispielsweise<br />
von der an einem kleinen Krankenhaus?<br />
6 02 | 21
TITELTHEMA<br />
Prof. Bauer: Eine Universitätsklinik<br />
wird daran gemessen, Schwerstkranke<br />
behandeln zu können, aus jedem<br />
Fachgebiet. Die moderne „High-End-<br />
Therapie“, zum Beispiel Transplantationsmedizin,<br />
um das Paradebeispiel<br />
zu nennen, geht beispielsweise ohne<br />
Intensivmedizin nicht. Um das oberste<br />
Level der heutigen medizinischen<br />
Möglichkeiten und einer adäquaten<br />
Behandlung auszuschöpfen – dazu<br />
braucht es das ganze Potential einer<br />
hochspezialisierten Intensivmedizin.<br />
Genau das zeichnet, neben anderen<br />
besonderen Merkmalen wie Forschung<br />
und Lehre, Universitätsmedizin aus.<br />
Zentral ist auch die Zusammenarbeit<br />
mit der Pflege. Gerade auf der<br />
Intensivstation werden Patientinnen<br />
und Patienten nicht nur in ärztlicher<br />
Teamarbeit, sondern in multiprofessionalen<br />
Teams behandelt. So ist die<br />
Pflege sehr viel näher am Patienten<br />
dran als die ärztlichen Kolleginnen<br />
und Kollegen, so dass die gemeinsame<br />
Kommunikation immer wichtiger wird.<br />
Zurück zur Pandemie: Muss sich die<br />
Intensivmedizin für die kommenden<br />
Jahre anders aufstellen?<br />
Prof. Bauer: Ja. Es wird in diesen Tagen<br />
klar, dass wir mit der Impfung und den<br />
AHA-Regeln in einen Zustand kommen<br />
werden, der uns die akute Phase der<br />
Pandemie überstehen lässt. Aber<br />
wir müssen immer wieder mit dem<br />
Aufflackern von SARS-CoV-2, Stichwort<br />
Mutanten, rechnen. Wir werden<br />
Patienten haben, die sich nicht impfen<br />
lassen werden. Und wir müssen<br />
natürlich auch mit anderen Pandemien<br />
rechnen. Wir hatten mehrfach<br />
schon Glück: die Schweinegrippe, die<br />
Vogelgrippe … . Insgesamt gibt es eine<br />
Reihe von Krankheiten, die durchaus<br />
aus dem Ruder laufen können. Und<br />
wir haben jetzt erlebt, wie rasch das<br />
gehen kann, angefangen bei den ersten<br />
Berichten aus Wuhan bis zu den<br />
weltweit dramatischen Ereignissen.<br />
Das bedeutet: Wir müssen einfach<br />
darauf vorbereitet sein, dass wir<br />
immer wieder mit sehr schweren<br />
Verläufen konfrontiert werden. Wir<br />
haben durchaus Fortschritte gemacht<br />
in der Prophylaxe der Erkrankung,<br />
speziell mit der Impfung als dramatische<br />
Chance, die Pandemie in den<br />
Griff zu bekommen. Wenn jemand<br />
das Krankheitsbild aber dennoch<br />
entwickelt, haben wir dafür derzeit<br />
noch keine wirklich guten Therapiemöglichkeiten.<br />
Da arbeiten wir mit<br />
Hochdruck daran, auch am <strong>UKJ</strong>.<br />
Können Sie das näher beschreiben?<br />
Prof. Bauer: Wir nutzen Therapiemöglichkeiten<br />
aus anderen Fachbereichen,<br />
indem wir Medikamente<br />
umwidmen. „Repurposing“ ist hier<br />
das Schlagwort. Hier arbeiten wir<br />
ganz intensiv mit der Klinik für Innere<br />
Medizin IV von Professor Andreas<br />
Stallmach zusammen. Das bedeutet,<br />
viele der Medikamente, die wir aus<br />
den Bereichen der chronisch entzündlichen<br />
Darmerkrankungen oder<br />
auch der Rheumatologie kennen und<br />
dort erfolgreich einsetzen, nutzen wir<br />
zur Therapie bei COVID-19-Patienten.<br />
Und diese erfolgreiche Zusammenarbeit,<br />
in der es um ganz innovative<br />
Therapiemöglichkeiten geht – abgeleitet<br />
aus anderen, schon bekannten<br />
Krankheitsbildern – das zeichnet<br />
Universitätsmedizin aus: Expertisen<br />
aus den einzelnen Kliniken gezielt an<br />
einem Bett zusammenbringen. Und<br />
das erlaubt es dann auch, die Grenzen<br />
in der modernen Medizin weiter<br />
zu verschieben. Dinge, die bisher<br />
nicht behandelbar waren, machen wir<br />
damit behandelbar.<br />
Sie sind seit 30 Jahren Intensivmediziner.<br />
Was raten Sie einem<br />
angehenden Arzt, der sich für die<br />
Intensivmedizin entscheidet?<br />
Prof. Bauer: Intensivmedizin ist eine<br />
ganz faszinierende Sparte in der<br />
Medizin, hochinterdisziplinär. Man<br />
kann sich ihr aus ganz verschiedenen<br />
Fachrichtungen heraus widmen, zum<br />
Beispiel aus der Inneren Medizin, der<br />
Chirurgie heraus oder der Anästhesie.<br />
Intensivmedizin ist in Deutschland<br />
derzeit kein eigener Facharzt, sondern<br />
eine Zusatzbezeichnung.<br />
Wer das also machen will als Schwerpunkt,<br />
der braucht eine Art Mentor,<br />
jemanden, der ihn auch ein bisschen<br />
an die Hand nimmt, weil es, wie gesagt,<br />
ein hochinterdisziplinäres Feld mit<br />
schwierigen Karriereperspektiven ist.<br />
Interview: Annett Lott<br />
KONTAKT<br />
Prof. Michael Bauer<br />
Direktor der Klinik für Anästhesiologie<br />
und Intensivmedizin<br />
03641 9-32 31 01<br />
michael.bauer@med.uni-jena.de<br />
02 | 21<br />
7
Auf dem Weg zurück ins Leben<br />
Ein Aufenthalt auf einer Intensivstation bedeutet, dass der Patient besonders<br />
intensiv betreut, überwacht und medizinisch behandelt wird. Technische Geräte<br />
spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie registrieren schon kleinste Veränderungen in<br />
den Funktionsabläufen des Körpers. Indem sie Alarm schlagen, weisen sie das Team<br />
der Intensivstation auf die Veränderungen hin. Die Experten können auf diese Weise<br />
schnell die neue Situation abschätzen und reagieren.<br />
6<br />
1<br />
7<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
8<br />
Quelle: M. Leitner, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin.<br />
8 02 | 21
1<br />
Verschiedene Messfühler erfassen wichtige Vitalparameter wie<br />
Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffgehalt des Blutes und Körpertemperatur.<br />
Die Werte erscheinen auf dem Überwachungsmonitor.<br />
Berufsbegleitend<br />
zur Intensiv- und<br />
Anästhesiepflege<br />
Schon sechs Monate Berufserfahrung<br />
im Fachgebiet der Intensiv- oder Anästhesiepflege<br />
reichen aus, um am <strong>UKJ</strong><br />
die berufsbegleitende Fachweiterbildung<br />
in der Intensiv- und Anästhesiepflege<br />
zu beginnen. Die Weiterbildung<br />
findet jährlich statt und vermittelt<br />
praktisches und theoretisches Wissen<br />
der Intensivpflege und Anästhesie auf<br />
dem neusten Pflegestand und nach<br />
den Empfehlungen der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft (DKG e.V.).<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Ein Pulsoximeter misst den Sauerstoffgehalt im Blut.<br />
Die Manschette misst den Blutdruck.<br />
Beim Elektrokardiogramm – kurz EKG – wird die elektrische Aktivität<br />
des Herzens gemessen. Elektroden auf der Brust des Patienten<br />
leiten die Herzaktion ab und zeichnen sie in Form einer Kurve auf.<br />
Innerhalb von zwei Jahren absolvieren<br />
die Teilnehmer insgesamt 1.800<br />
Stunden Praxis in den Bereichen<br />
Anästhesiologie, Intensivtherapie und<br />
den jeweiligen Funktionsbereichen.<br />
Mindestens 720 Stunden werden an<br />
Theorie absolviert. Nach erfolgreichem<br />
Abschluss erhalten die Teilnehmer<br />
ein anerkanntes Zeugnis nach<br />
dem Thüringer Weiterbildungsgesetz.<br />
Der nächste Kurs startet am<br />
1. März 2022.<br />
5<br />
Der zentrale Venenkatheter dient zur Blutentnahme.<br />
6<br />
Medikamente und Ernährungslösungen werden mittels<br />
Infusionen über den zentralen Venenkatheter (5) verabreicht.<br />
7<br />
Das Beatmungsgerät kann die eigene Atmung des Patienten<br />
unterstützen oder sie vollständig übernehmen.<br />
8<br />
Ein Blasenkatheter verhindert, dass der Patient einnässt.<br />
Zudem kann die Urinproduktion genau gemessen werden.<br />
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9
TITELTHEMA<br />
Ein Tag in der Intensivpflege<br />
Andreas Weidner, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, lässt<br />
sich bei einem Dienst auf Intensivstation III über die Schulter schauen<br />
Andreas Weidner ist seit mehr als 15 Jahren<br />
Fachkrankenpfleger für Anästhesie und<br />
Intensivpflege. Seit 2007 arbeitet er am<br />
Universitätsklinikum. Nach einigen Jahren auf<br />
der ITS I und im ITS-Springerpool ist er seit 2015<br />
auf der ITS III im Einsatz. Hier wird das ganze<br />
Portfolio an inneren Erkrankungen abgedeckt.<br />
Speziell die kardiologischen Erkrankungen<br />
stehen im Vordergrund, aber auch andere<br />
internistische Patienten, beispielsweise aus<br />
der Onkologie, Hepatologie und Pneumologie<br />
werden behandelt. Fotos: Rodigast<br />
06:00 Uhr:<br />
Beginn Frühdienst<br />
Schon auf dem Weg in die Umkleide<br />
kreisen viele Gedanken durch den Kopf:<br />
Wie geht es den Patienten heute? Mögliche<br />
Szenarien werden durchgespielt<br />
- doch oft kommt es dann ganz anders.<br />
Denn Intensivmedizin ist immer auch<br />
ein Stück weit unplanbar.<br />
In der Umkleide beginnt der Arbeitsmodus.<br />
Umziehen, ausrüsten: Kuli,<br />
Stethoskop, Schutzbrille, eine Schere<br />
und zwei Klemmen sind die steten<br />
Begleiter.<br />
Der Nachtdienst übergibt am Bett alle<br />
Informationen und Besonderheiten<br />
der zwei Patienten, für die Andreas<br />
Weidner in der Schicht zuständig ist.<br />
Ein Patient ist an der extrakorporalen<br />
Membranoxygenierung, kurz ECMO,<br />
angeschlossen und eine Patientin<br />
befindet sich nach einem Herzinfarkt<br />
noch in kritischem Zustand. Die Kurve<br />
vom vorherigen Tag wird genauestens<br />
durchgegangen, damit nichts übersehen<br />
wird.<br />
06:15 Uhr:<br />
Bettplatzcheck und EKG schreiben<br />
Der erste Patient wird von Kopf bis<br />
Fuß untersucht, quasi im Rundumblick:<br />
Hierfür werden die Pupillen, der Tubus,<br />
der Zustand des Bauchs, der Haut, die<br />
Durchblutung, die Lage der Zugänge,<br />
der Katheter und Drainagen sowie der<br />
Magensonde genauestens betrachtet.<br />
Nichts darf übersehen werden.<br />
Wie ist der Patient beatmet? Gibt es<br />
Optimierungspotential? Was fällt auf<br />
beim Abhören? Eine Kontrolle des<br />
Absaugers gehört auch zum Bettplatzcheck.<br />
Insbesondere bei dem Patienten<br />
an der ECMO werden nochmal die<br />
Einstichstellen und Schlauchfixierungen<br />
genau unter die Lupe genommen.<br />
Es folgt die Medikamentenkontrolle.<br />
Welche Medikamente laufen? Was<br />
ist bald leer? Spritzen, die zeitnah<br />
benötigt werden, müssen aufgezogen<br />
werden. Wann ist die nächste Medikamentengabe<br />
geplant? Ohne vorausschauendes<br />
Planen geht es nicht.<br />
Danach wiederholt sich alles beim<br />
zweiten Patienten. In der Regel dauert<br />
das 15 Minuten pro Patient.<br />
Anschließend wird ein EKG geschrieben,<br />
wobei bereits die nächsten<br />
Schritte im Kopf durchlaufen.<br />
07:00-08:00 Uhr:<br />
Intensivkrankenpflege erster Teil<br />
Alles beginnt mit der Gesichtspflege.<br />
Dazu gehört eine gründliche Augenund<br />
Nasenpflege. Vieles, das bei<br />
wachen Patienten meist von selbst<br />
geht, muss bei beatmeten und sedierten<br />
Intensivpatienten vom Pflegefachpersonal<br />
übernommen werden.<br />
Alles unter der Maßgabe, dass keine<br />
Schäden entstehen, die anschließend<br />
die Lebensqualität einschränken<br />
könnten. Dann werden Mund und<br />
Rachen angeschaut und geprüft, ob<br />
es Auffälligkeiten sowie Verletzungen<br />
oder Wunden gibt. Die Zähne werden<br />
geputzt, der Mund vorsichtig gesäubert<br />
sowie vorhandene Flüssigkeiten<br />
abgesaugt. Der Tubus wird kontrolliert<br />
und umgelagert. Der Patient wird dann<br />
nochmal abgehört, um sicher zu gehen,<br />
dass nichts verrutscht oder verlegt ist.<br />
In dieser Zeit findet auch die Übergabevisite<br />
der Ärzte statt. Hier tauscht<br />
man sich über die Patienten aus und<br />
legt Tagesziele fest. Zwischendurch<br />
werden wieder Medikamente und<br />
Antibiosen vorbereitet – die reguläre<br />
Morgenmedikation.<br />
08:30 Uhr: Blut überprüfen<br />
Es wird Blut abgenommen, in der Regel<br />
aus einem arteriellen Gefäßzugang.<br />
Die Blutgerinnung der ECMO-Patienten<br />
wird meist zweistündlich gemessen<br />
und dokumentiert. Ist sie gut oder<br />
schlecht? Muss der Blutverdünner<br />
erhöht oder reduziert werden? Außerdem<br />
wird überprüft, ob der Patient gut<br />
beatmet ist oder ob es Auffälligkeiten<br />
beim Blutzucker, dem Hämoglobinwert<br />
oder anderen Werten gibt. Darauf muss<br />
reagiert werden.<br />
10 02 | 21
Blutentnahme<br />
Chefarztvisite<br />
Ab 09:00 Uhr: Noch mehr<br />
Intensivkrankenpflege<br />
Es folgt die Grund- und Intensivkrankenpflege<br />
vom Hals abwärts.<br />
Die Patienten werden nacheinander<br />
gewaschen und individuell gepflegt,<br />
Verbände gewechselt und neu positioniert.<br />
Alleine drehen geht nicht, weswegen<br />
Intensivpflege auch immer Teamwork<br />
ist. Gerade bei ECMO-Patienten<br />
sind nicht selten drei oder sogar vier<br />
Pflegefachpersonen nötig. Zwischendurch<br />
findet die Chefarztvisite statt.<br />
Prof. Dr. Christian Schulze, Direktor der<br />
Klinik für Innere Medizin I, schaut sich<br />
die beiden Patienten an und tauscht<br />
sich zum aktuellen Zustand mit dem<br />
ärztlichen sowie pflegerischen Team<br />
der Intensivstation aus.<br />
Übergabe an den Spätdienst<br />
Abhören des Patienten<br />
Neben der ganzen Intensivpflege gilt<br />
es, die Anordnungen des ärztlichen<br />
Teams zu bearbeiten und umzusetzen.<br />
Zudem muss immer im Kopf behalten<br />
werden, dass man mit potentiell instabilen<br />
Patienten arbeitet und akute<br />
Notfälle sowie ungeplante Ereignisse<br />
zur täglichen Arbeit gehören.<br />
12:00 Uhr: Blutgasanalyse<br />
Wie steht es um die Werte von Blutzucker,<br />
Kalium und Sauerstoff? Was<br />
macht die Blutgerinnung bei dem<br />
ECMO-Patienten? All das verrät die<br />
Blutgasanalyse und wird dokumentiert.<br />
ab 13:00 Uhr: Medikamentenkontrolle<br />
und neue Pflegerunde<br />
Nach der Mittagspause werden die<br />
Medikamente wieder überprüft und<br />
gegebenenfalls für die nächste Schicht<br />
vorbereitet. Laufen Medikamente wie<br />
geplant durch? Gibt es neue Anordnungen<br />
oder Änderungen durch die Ärzte?<br />
Die Patienten werden nochmals mithilfe<br />
eines Kollegen neu positioniert.<br />
14:00 Uhr: Übergabe an den<br />
Spätdienst<br />
Alle Informationen werden an die<br />
Kollegen der nächsten Schicht übergeben<br />
und es wird nachdokumentiert.<br />
Solange die Patienten instabil sind,<br />
muss jederzeit auf Veränderungen<br />
reagiert und Prioritäten gesetzt werden.<br />
Egal ob bei Lagerungen, Übergaben<br />
oder Auslösen für die Pause – ohne<br />
Teamarbeit geht es nicht auf Station.<br />
14:30 Schichtende<br />
Runterkommen. Kopf frei bekommen.<br />
Erlebtes verarbeiten. Den Dienst<br />
nochmal Revue passieren lassen. Wie<br />
war der Tag? Konnte ich meinen Beruf<br />
optimal ausüben? Konnte ich bedarfsgerechte<br />
Pflege leisten? Fragen, die<br />
sich Andreas Weidner immer häufiger<br />
stellt.<br />
Professionelle Pflege ist heute das<br />
Rückgrat eines jeden Klinikums, so der<br />
Fachkrankenpfleger: „Seit fast 20 Jahren<br />
bin ich in der Intensivpflege tätig.<br />
Viel Erfahrung, viel Wissen, immer am<br />
Ball bleiben. Viel Leid, viel Schmerz.<br />
Aber auch viele schöne Momente, die<br />
die Wichtigkeit des Berufes in den Vordergrund<br />
gestellt haben. Es sind die<br />
Momente, die mich in diesem Beruf<br />
halten. Wir brauchen den Nachwuchs.<br />
Wir brauchen die jungen Menschen,<br />
die man über Jahre in diesem Beruf, in<br />
diesem Bereich, wachsen lassen kann.<br />
Für eine professionelle, für eine gute<br />
und bedarfsgerechte Pflege.“<br />
Protokoll: Michelle Korneli<br />
02 | 21<br />
11
Quantensprung für die Intensivmedizin<br />
Im Neubau A5 entsteht eine hochmoderne Intensivstation<br />
Einen Quantensprung für die Intensivmedizin<br />
am <strong>UKJ</strong>. Nicht weniger verspricht<br />
sich Prof. Dr. Christian Schulze von der<br />
neuen internistischen Intensivstation<br />
mit kardiovaskulärem Schwerpunkt,<br />
die im kommenden Jahr im Klinikneubau<br />
A5 ihren Betrieb aufnehmen soll.<br />
Mit dem Umzug und der Erweiterung<br />
der von PD Dr. Rüdiger Pfeifer ärztlich<br />
geleiteten ITS III aus dem fast 20 Jahre<br />
alten Klinikkomplex, steige die Qualität<br />
auf vielen Ebenen, so der Direktor der<br />
Klinik für Innere Medizin I.<br />
18 Intensivbetten in klimatisierten Einund<br />
Zweibettzimmern stehen dann für<br />
Patienten bereit mit Erkrankungen wie<br />
lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen,<br />
akutem Atemversagen, septischem<br />
Schock, akutem Nierenversagen,<br />
aber beispielsweise auch mit Komplikationen<br />
bei onkologischen Erkrankungen.<br />
Auch nach komplexen kardiologischen<br />
Interventionen können Patienten hier<br />
betreut und überwacht werden. Zusätzlich<br />
verfügt die neue Station über eine<br />
so genannte Chest-Pain-Unit – eine Einheit<br />
von vier Betten, in der bei Patienten<br />
mit unklaren, akuten Brustschmerzen<br />
schnell überprüft werden kann, ob eine<br />
Herzerkrankung vorliegt. Eine weitere<br />
Einheit der neuen Station ist die so<br />
genannte Heart-Failure-Unit mit sechs<br />
Betten, wo Patienten mit Herzschwäche<br />
optimal überwacht werden können. Ein<br />
Schockraum am Eingang der Intensivstation<br />
erlaubt es, instabile Patienten<br />
gleich auf der Station zu behandeln,<br />
ohne sie in einen anderen Klinikbereich<br />
transportieren zu müssen. Ein Bürotrakt<br />
in unmittelbarer Nähe zur Patientenversorgung<br />
erleichtere es den Ärzten,<br />
administrativ und akademisch tätig zu<br />
sein, so Prof. Schulze. Weitere Räume<br />
machen Lehrveranstaltungen mit Studierenden<br />
und Ärzten direkt auf der<br />
Station möglich.<br />
Mitten im Zentrum des Klinikareals<br />
in Lobeda ist das Gebäude A5 in den<br />
vergangenen Monaten gewachsen.<br />
Jetzt steht der Innenausbau an. Und<br />
die Anbindung an die bereits bestehenden<br />
Gebäude rundherum. Die gute<br />
Integration der neuen Intensivstation<br />
ist einer ihrer wichtigsten Vorteile.<br />
Über eine verglaste Brücke können die<br />
Mitarbeiter der neuen Station direkt<br />
zu den bisherigen Intensivstationen<br />
hinüberlaufen, ohne sich umkleiden zu<br />
müssen. Die neue Station erlaube es,<br />
die Zusammenarbeit mit den chirurgischen<br />
und anderen internistischen Disziplinen<br />
weiter voranzutreiben, betont<br />
Prof. Schulze.<br />
„Die Nähe von Intensivstation, Herzkatheterlabor<br />
und kardiovaskulärer Bildgebung<br />
ermöglicht es uns, die Patientenversorgung<br />
zu verbessern und neue<br />
multizentrische Studien durchzuführen<br />
– beispielsweise zu Herzunterstützungssystemen,<br />
zu fortgeschrittener<br />
Herzinsuffizienz oder Herzklappeneingriffen“,<br />
so Prof. Schulze. Auch ein neues<br />
Ausbildungskonzept für die Pflege ist in<br />
Planung, da sich die Teams der kardiovaskulären<br />
Intensivmedizin und des<br />
Herzkatheterlabors künftig durch die<br />
räumliche Nähe viel besser austauschen<br />
und gegenseitig unterstützen können.<br />
Dass sich durch kleinere und größere<br />
Details die Arbeitsbedingungen für die<br />
Pflegenden verbessern, betont auch<br />
Kati Egerland. Die Pflegeleitung der<br />
Intensivstationen hat zusammen mit<br />
12 02 | 21
der Stationsleiterin Christine Jakob das<br />
ITS-Musterzimmer im Neubau genau<br />
unter die Lupe genommen. Dass beispielsweise<br />
die Materialschränke wieder<br />
so installiert werden können, dass<br />
die Versorgungsassistenten sie vom<br />
Flur aus befüllen, ohne das Zimmer zu<br />
betreten, und die Pflegenden auf das<br />
Material zugreifen können, ohne das<br />
Zimmer verlassen zu müssen, empfindet<br />
sie als Erleichterung. Auch die<br />
zentrale Kanzel, in der alle Daten aus<br />
allen Patientenzimmern auf Monitoren<br />
zusammenfließen, erleichtert den<br />
zukünftigen Arbeitsalltag.<br />
Eine weitere Besonderheit der neuen Station<br />
sind die Zimmer, in denen Patienten<br />
mit Infektionskrankheiten oder auch mit<br />
besonderen onkologischen Erkrankungen<br />
isoliert werden können. Sie verfügen über<br />
eine spezielle Lüftungstechnik und eine<br />
Schleuse. Diese Räume seien lange vor<br />
der COVID-19-Pandemie geplant worden,<br />
so Prof. Schulze. Wie wichtig und richtig<br />
diese Entscheidungen sind, haben die<br />
vergangenen Monate gezeigt.<br />
Anke Schleenvoigt<br />
Kati Egerland, Pflegeleitung der<br />
Intensivstationen (auf beiden Bildern re.)<br />
nimmt das im Neubau A5 eingerichtete<br />
Musterzimmer für die neue Intensivstation<br />
genau unter die Lupe. Zusammen mit<br />
Jeanette Franzke vom Geschäftsbereich<br />
Neubau begutachtet sie die von zwei Seiten<br />
zu öffnenden Durchreicheschränke, die jetzt<br />
auch im Neubau installiert werden können.<br />
Fotos: Schleenvoigt<br />
Intensivstationen für<br />
Erwachsene am <strong>UKJ</strong><br />
Intensivstation I<br />
24 Betten (plus temporär 9 Betten auf der aufgerüsteten IMC I-Station)<br />
Im operativen Bereich der Intensivstation I (C110) werden Patienten nach<br />
kardio- und thoraxchirugischen Eingriffen versorgt. Zudem gilt die Station<br />
als Zentrum der intensivmedizinischen Transplantationsmedizin. In einem<br />
abgetrennten Bereich werden temporär COVID-19-Patienten versorgt.<br />
Intensivstation II<br />
26 Betten<br />
Im operativen Bereich der Intensivstation II (C210) werden Patienten überwiegend<br />
aus den Fachbereichen Viszeralchirurgie und Neurochirurgie versorgt,<br />
aber auch aus den Bereichen der Unfallchirurgie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,<br />
Gynäkologie, Urologie und Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.<br />
Intensivstation III<br />
22 Betten<br />
Auf der konservativen Intensivstation werden Patienten aus den<br />
Fachrichtungen Innere Medizin und Neurologie behandelt.<br />
Intermediate Care Station II<br />
22 Betten<br />
Die Intermediate Care Station ist ein Bindeglied zwischen der Intensivstation<br />
und den Normalstationen. Hier ist die Überwachung<br />
von Risikopatienten möglich. Betreut werden Patienten mit viszeralchirurgischen,<br />
kardiologisch-angiologischen, pneumologischen,<br />
gastroenterologischen und urologischen Erkrankungen.<br />
Intermediate Care Station III<br />
10 Betten<br />
Auf dieser Station werden Patienten der Neurochirurgie behandelt.<br />
02 | 21<br />
13
Schwester Juliane Dahm, Oberarzt Dr. Richard Biedermann<br />
und Professor Hans Proquitté kümmern sich um kranke Kinder<br />
vom Säuglingsalter bis zur Volljährigkeit. Fotos: Rodigast<br />
Geborgen wieder gesund werden<br />
Einblicke in die Kinder-Intensivstation am <strong>UKJ</strong><br />
Sanft fällt das Sonnenlicht durch die<br />
gelben Schiebevorhänge. Es ist mittags,<br />
doch Tom möchte nur schlafen.<br />
Schwester Juliane Dahm legt ihre Hand<br />
auf den Kopf des Siebenjährigen. Ein<br />
Bündel dünner Kabel führt von seinem<br />
kleinen Körper zu einem großen Monitor.<br />
Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung,<br />
Atmung, Blutdruck – jedes Kabel eine<br />
Zahl, eine pulsierende Kurve. Von der<br />
anderen Seite des Bettes kommen filigrane<br />
Schläuche mit Antibiotika, Immunglobulinen,<br />
Flüssigkeit. Tom bekommt<br />
davon im Moment nicht viel mit.<br />
„Heute warst du sehr müde. Wir haben<br />
leise deine Lieblingsmusik angemacht<br />
und du hast dich ausgeruht. Wenn du<br />
munterer bist, werden wir einen Videoanruf<br />
mit Mama und Papa machen.“<br />
Schwester Juliane schreibt diese Zeilen<br />
in sein Intensiv-Tagebuch, damit Tom<br />
und seine Eltern später verstehen<br />
können, was in der Zeit auf der Kinderintensivstation<br />
mit ihm passiert<br />
ist. Seine Diagnose: PIMS, abgekürzt<br />
vom englischen Pediatric Inflammatory<br />
Multisystem Syndrome. Vor<br />
sechs Wochen hatte der Erstklässler<br />
eine COVID-19-Infektion, die so harmlos<br />
verlief, dass sie fast nicht erkannt<br />
wurde. Jetzt liegt seine Temperatur bei<br />
über 40 Grad Celsius, er hat Bauchschmerzen,<br />
Durchfall und einen Hautausschlag.<br />
„Das Immunsystem reagiert<br />
exzessiv“, erklärt Professor Hans Proquitté,<br />
der die Kinderintensivstation<br />
E220 am <strong>UKJ</strong> leitet. Anfangs war für ihn<br />
und sein Team noch unklar, wie sich<br />
diese neuartige Erkrankung bei Kindern<br />
äußert. Mittlerweile können sie<br />
die PIMS-Symptome gut deuten, die<br />
meist vier bis sechs Wochen nach einer<br />
14<br />
02 | 21
COVID-19-Infektion auftreten. Am häufigsten trifft es Kinder<br />
zwischen sieben und zehn Jahren, Zweidrittel der Erkrankten<br />
sind Jungs. „Die Infektionswerte sind massiv erhöht“, so<br />
Professor Proquitté. Doch mit Steroiden bekommen sie die<br />
schwere Entzündungsreaktion recht gut in den Griff.<br />
Bei einigen Kinder habe sie PIMS jetzt erlebt, so Juliane Dahm,<br />
die Team-Leitung der Kinder-ITS. „Wir haben uns eingearbeitet<br />
und wissen jetzt, wie die Krankheit verläuft und worauf wir<br />
achten müssen – letztendlich ist es ein intensivmedizinischer<br />
Patient wie jeder andere auch.“ Mit kleinen Unterschieden:<br />
Während Isolierkittel, Mundschutz und Handschuhe immer<br />
dazugehören, wenn sie sich ihren kleinen Patienten nähert,<br />
kommen bei PIMS-Patienten noch eine Kopfhaube und<br />
eine Schutzbrille dazu. Und sie muss drei negative COVID-<br />
19-Abstriche des Patienten an drei Tagen abwarten, bis sie die<br />
Eltern zu ihrem Kind ins Zimmer lassen darf. „In diesen Tagen<br />
nehmen wir uns noch mehr Zeit für das Kind als sowieso<br />
schon“, sagt Juliane Dahm. Die Lieblingsmusik? Eine Gute-<br />
Nacht-Geschichte? „Jedes Kind braucht etwas anderes und<br />
das versuchen wir, so gut es geht, umzusetzen.“<br />
Nicht nur die Bedürfnisse, auch die Erkrankungen der kleinen<br />
Patienten sind sehr unterschiedlich. Neben schweren<br />
Infektionen behandeln sie Kinder mit Lungen- oder Nierenversagen,<br />
Anfallsleiden, mit Verbrühungen, mit Polytraumata<br />
nach Unfällen, Kinder vor und nach größeren chirurgischen<br />
Eingriffen, betreuen kleine Patienten mit schweren Verläufen<br />
aus den Spezialabteilungen wie der Onkologie, der Nephrologie,<br />
der Stoffwechselabteilung, der Kardiologie und der<br />
Pneumologie. Sie unterstützen, wenn Kinder Kurznarkosen<br />
erhalten müssen, beispielsweise für Bronchoskopien oder<br />
radiologische Interventionen, helfen beim Transport von<br />
kritisch kranken Kindern und bereiten Reha-Behandlungen<br />
vor. Auch viele chronisch kranke Patienten mit sehr seltenen,<br />
zum Teil lebensverkürzenden Erkrankungen betreuen sie. Als<br />
klassisches Schnittstellenfach steckten sie überall mit drin,<br />
so Proquitté. „Wir haben hier im Grunde alle (intensiv-)medizinischen<br />
Möglichkeiten – außer der Kinderherzchirurgie und<br />
der ECMO.“<br />
Einen Zugang in die Vene legen, die künstliche Beatmung<br />
vorbereiten – alles fällt bei jungen Patienten viel kleiner aus<br />
und ist dadurch deutlich problematischer. Auch könne man<br />
die Werte der Erwachsenenmedizin „nicht einfach runterrechnen“<br />
auf ein geringeres Körpergewicht. „Wir nehmen uns<br />
viel Zeit zum Beobachten. Es kommt auf viele Kleinigkeiten<br />
an, um den Zustand unserer Patienten einzuschätzen und<br />
um Veränderungen zu bemerken“, sagt Schwester Juliane.<br />
Was ihre Patienten außerdem besonders macht: ihre Eltern.<br />
„Wir brauchen sie“, betont Proquitté. Sie helfen, die Kinder<br />
zu beruhigen und den Heilungsprozess zu unterstützen. Sie<br />
kennen ihre Kinder am besten und können deuten, was sie<br />
brauchen, wenn sie sich selbst zum Beispiel wegen körperlicher<br />
Einschränkungen nicht artikulieren können. Und sie werden<br />
früh mit in die Pflege eingebunden. Oft koste es genauso<br />
viel Zeit, die Eltern anzuleiten wie die eigentliche Pflege des<br />
Kindes, so Schwester Juliane. Doch die Eltern, die direkt im<br />
Patientenzimmer auf einem Gästebett oder in den Räumen<br />
des Ronald McDonald-Hauses übernachten, sind wichtige<br />
Partner – schließlich führen sie die Pflege der Kleinen fort,<br />
wenn diese aus dem Klinikum entlassen werden.<br />
„Natürlich wissen wir, dass das hier eine ganz blöde Situation<br />
ist, dass die Kinder Angst haben, sich nicht auskennen und<br />
niemanden kennen“, so Professor Proquitté. Mit viel Liebe,<br />
Nähe, Zuneigung, Ablenkung und einer positiven Einstellung<br />
versuche er dies mit seinem Team immer wieder aufs Neue<br />
auszugleichen. „Wir betrachten jeden Patienten als Persönlichkeit<br />
mit eigenen Wünschen, Sorgen und Hoffnungen –<br />
auch, wenn er noch so klein ist.“ Über schmerzhafte Eingriffe<br />
sprechen? Über Erkrankungen, die das Leben verkürzen können?<br />
Juliane Dahm hat viel Erfahrung gesammelt, mit welchen<br />
Worten sie Kinder in welchem Alter und welcher Lebensphase<br />
erreichen kann. „Außerdem haben wir hier in Jena etwas, was<br />
extrem wichtig und gleichzeitig noch extrem selten ist: ein<br />
psychologisches Team zur Unterstützung. Wir können jederzeit<br />
die Psychologinnen Katherina Wicklein, Dr. Teresa Deffner<br />
oder Martha Schleicher um Rat fragen.“ Natürlich wird auch<br />
geweint und protestiert. Doch Schwester Juliane wird zum<br />
Glück immer wieder positiv überrascht: „Ich ziehe vor den<br />
Kindern wirklich den Hut. Sie überstehen wirklich viel und<br />
sind ganz, ganz stark und tapfer.“<br />
Anke Schleenvoigt<br />
Kinderintensivmedizin am <strong>UKJ</strong><br />
Zwei separate Stationen stehen am <strong>UKJ</strong> für die intensivmedizinische<br />
Betreuung von Kindern zur Verfügung, die<br />
beide von Professor Hans Proquitté geleitet werden: Auf<br />
der Station E120, dem neonatologischen Intensivbereich,<br />
werden alle Frühgeborenen und kranken Neugeborenen in<br />
den ersten Lebenswochen betreut. Das Team der Kinderintensivstation<br />
E220 kümmert sich um Patienten bis zum<br />
18. Lebensjahr – teilweise darüber hinaus. Zwei der fünf<br />
Oberärzte sind primär für die Patienten dieser Station<br />
zuständig, die über vier Einzel- und drei Doppelzimmer<br />
verfügt. Neben der vollen Weiterbildungsermächtigung<br />
für Neonatologie, Kinderintensivmedizin und Schlafmedizin<br />
bietet das <strong>UKJ</strong> darüber hinaus auch eine eigene<br />
intensivmedizinische Weiterbildung für Gesundheits- und<br />
Kinderkrankenpfleger an.<br />
02 | 21 15
Tele-Intensivmedizin<br />
<strong>UKJ</strong> startet mit SAT4COV thüringenweites Telemedizin-Netzwerk<br />
für COVID-19-Patienten auf Intensivstationen<br />
Ein COVID-19-Patient liegt seit einigen<br />
Tagen auf der Intensivstation in einem<br />
Thüringer Krankenhaus. Er wird beatmet,<br />
doch sein Zustand verschlechtert<br />
sich zusehends. Die aktuellen Röntgenbilder<br />
zeigen weiterhin deutliche<br />
Entzündungen der Lunge, die Sauerstoffwerte<br />
sinken, eine Hirnblutung<br />
kompliziert den Verlauf. Wie kann die<br />
weitere Behandlung für ihn aussehen?<br />
Oder ist der Zeitpunkt gekommen, den<br />
Patienten in ein Level-1-Krankenhaus<br />
für COVID-19-Patienten zu verlegen? Um<br />
das beurteilen zu können, müssen die<br />
Intensivmediziner und Neurologen des<br />
<strong>UKJ</strong> nicht selbst vor Ort sein. Die Kollegen<br />
des Krankenhauses vor Ort unterstützen,<br />
als seien sie selbst anwesend:<br />
Möglich ist das dank SAT4COV, dem<br />
einzigartigen Tele-Intensivmedizin-<br />
Projekt für COVID-19-Patienten in Thüringen.<br />
Zentral gesteuert und initiiert<br />
wird das Projekt vom Uniklinikum Jena,<br />
beteiligt sind bislang sechs Thüringer<br />
Kliniken, weitere sind in der Pipeline.<br />
Finanziell mit rund 1,5 Millionen Euro<br />
gefördert wird es vom Thüringer Ministerium<br />
für Arbeit, Soziales, Gesundheit,<br />
Frauen und Familie.<br />
Live-Schalte an Thüringens<br />
Intensivbetten<br />
Bei SAT4COV werden die Jenaer Experten<br />
live auf die Intensivstation eines<br />
am Netzwerk beteiligten Krankenhauses<br />
– derzeit sind es die Kliniken<br />
Altenburg, Greiz, Schmalkalden,<br />
Sonneberg, Saalfeld und Rudolstadt<br />
– zugeschaltet und geben ein telemedizinisches<br />
Konsil. Prototypische und<br />
auch prognosebestimmende Probleme<br />
bei COVID-19-Patienten betreffen vor<br />
allem die Beatmung und neurologische<br />
Fragestellungen. Die Intensivmediziner<br />
und Neurologen des <strong>UKJ</strong> sprechen aber<br />
nicht nur mit den behandelnden Ärzten,<br />
sondern haben gleichzeitig Zugriff<br />
auf alle relevanten Daten des Patienten<br />
wie Befunde, Röntgenbilder, Medikation<br />
oder Kreislaufparameter. „Vor<br />
allem im Bereich der Intensivmedizin<br />
sind Spezialisten rar“, weiß Professor<br />
Michael Bauer, Direktor der Klinik für<br />
Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />
am <strong>UKJ</strong>. „Telemedizin ist ein Weg, diese<br />
Knappheit auszugleichen“, sagt er. Denn<br />
16 02 | 21
TITELTHEMA<br />
mithilfe von SAT4COV können die Ärzte<br />
des <strong>UKJ</strong> ihr Know-how und ihre Erfahrung<br />
einbringen, wo und wenn sie akut<br />
gebraucht wird. „Unser Ziel ist es, zum<br />
einen die Behandlung der Patienten<br />
vor Ort zu verbessern, indem wir die<br />
Kollegen beraten oder eine Zweitmeinung<br />
geben. Zum anderen können wir<br />
gemeinsam mit den vor Ort behandelnden<br />
Ärzten besprechen, ob und<br />
wann ein Patient in ein spezialisiertes<br />
Zentrum verlegt werden muss“, erklärt<br />
Neurologe und Oberarzt Dr. Albrecht<br />
Günther.<br />
Intensive Vernetzung<br />
für die Zukunft<br />
Wie dringend eine solche Vernetzung<br />
ist, hat sich in der Corona-Pandemie<br />
deutlich gezeigt. Die Idee für SAT4COV<br />
hatten die <strong>UKJ</strong>-Experten schon während<br />
der ersten Welle, als vermehrt Anfragen<br />
nach Konsilen von Kollegen aus umliegenden<br />
Häusern kamen. In der zweiten<br />
Welle nahm der Bedarf dann schlagartig<br />
zu, als sich überall die Intensivstationen<br />
füllten. Aus der Idee wurde schnell ein<br />
tragfähiges Konzept, das dann in der<br />
dritten Welle Früchte trug.<br />
Besonders hilfreich war den Medizinern<br />
des <strong>UKJ</strong> dabei die langjährige und<br />
gute Erfahrung mit dem seit knapp<br />
zehn Jahren bestehenden SATELIT-<br />
Netzwerk zur telemedizinischen<br />
Behandlung von Schlaganfallpatienten<br />
in Thüringen. Dadurch ist das <strong>UKJ</strong><br />
bereits mit vielen Thüringer Kliniken<br />
vernetzt, die Kollegen kennen und<br />
schätzen hier den telemedizinischen<br />
Austausch. Erst kürzlich wurden die<br />
Zentralen Notaufnahmen der SATELIT-<br />
Kliniken technisch aufgerüstet und<br />
sollen im nächsten Schritt ebenfalls<br />
an die Intensivstation angedockt werden,<br />
sodass das SAT4COV-Netzwerk<br />
weiter wachsen kann.<br />
Das große Plus des Projekts: Langfristig<br />
können das Netzwerk, die Technik,<br />
die Logistik und das Know-how von<br />
SAT4COV genutzt werden, um über<br />
COVID-19 hinaus ein Netzwerk für alle<br />
intensivmedizinischen Fragestellungen<br />
zu etablieren. Eben Tele-Intensivmedizin.<br />
„Telemedizin schreitet voran<br />
und ist grundsätzlich sehr gut interdisziplinär<br />
nutzbar“, findet Günther.<br />
„Wir stellen uns auf für die Zukunft.“<br />
Katrin Bogner<br />
Neurologe und Oberarzt Dr. Albrecht<br />
Günther und Professor Michael Bauer,<br />
Direktor der Klinik für Anästhesiologie und<br />
Intensivmedizin (li.), können dank Telemedizin<br />
den Zustand eines Patienten einschätzen,<br />
obwohl dieser nicht am selben Ort ist.<br />
Fotos: Rodigast<br />
KONTAKT<br />
Dr. Albrecht Günther<br />
Klinik für Neurologie<br />
albrecht.guenther@med.uni-jena.de<br />
02 | 21<br />
17
TITELTHEMA<br />
„Studien eröffnen bessere<br />
Therapiemöglichkeiten“<br />
Klinische Forschung in der Intensivmedizin<br />
Foto: Szabó<br />
Um herauszufinden, wie eine Erkrankung<br />
sicher diagnostiziert, wirksam<br />
behandelt und der Verlauf zuverlässig<br />
prognostiziert werden kann, sind klinische<br />
Studien notwendig. Dabei stellen<br />
kontrollierte und randomisierte Multicenterstudien<br />
den Goldstandard dar<br />
– diese Studien werden an möglichst<br />
vielen Kliniken durchgeführt, sie testen<br />
neue Therapien oder Methoden im Vergleich<br />
zu den bislang etablierten, und<br />
die teilnehmenden Patienten werden<br />
per Zufall einer dieser Gruppen, den<br />
Studienarmen, zugeordnet. Vor dem<br />
Start jeder Studie prüft eine Ethikkommission<br />
unter anderem, ob das Konzept<br />
den angestrebten Wissenszuwachs<br />
bringen kann und Nutzen und Risiken<br />
für die Teilnehmer in einem angemessenen<br />
Verhältnis stehen. Erst nach einem<br />
ausführlichen Aufklärungsgespräch mit<br />
dem Studienarzt entscheidet ein Patient<br />
über die Teilnahme.<br />
In der Intensivmedizin sind wissenschaftlich<br />
geprüfte neue Behandlungsmethoden<br />
besonders notwendig, denn<br />
die schwerst erkrankten Patienten<br />
sollen schnell die nachweislich wirksamste<br />
Therapie erhalten. Doch wie<br />
können prospektive Studien auf einer<br />
Intensivstation durchgeführt werden,<br />
um Therapien auf ihre Wirksamkeit zu<br />
überprüfen? „Das ist eine gewaltige<br />
Herausforderung an das Studienteam,<br />
denn die Intensivpatienten sind in aller<br />
Regel nicht einwilligungsfähig und sie<br />
benötigen in der Regel immer zeitnah<br />
die Behandlung. Es muss also sehr<br />
schnell entschieden werden, ob sie<br />
eingeschlossen und nach dem Studienschema<br />
behandelt werden können oder<br />
nicht“, beschreibt Prof. Dr. Frank Brunkhorst,<br />
Intensivmediziner und Leiter<br />
des Zentrums für Klinische Studien am<br />
<strong>UKJ</strong>, das Problem. Als Motor der Jenaer<br />
Sepsisforschung verfügt die Intensivmedizin<br />
am <strong>UKJ</strong> über große Erfahrung<br />
und gute infrastrukturelle Voraussetzungen<br />
für klinische Studien. Wird ein<br />
geeigneter Patient, der für eine Studie<br />
in Frage kommt, identifiziert, nehmen<br />
die Mitarbeiter der direkt an die Intensivstation<br />
angebundenen On-site-Units<br />
Kontakt zu den Angehörigen auf, um die<br />
Einwilligung zu erfragen. Da nur offiziell<br />
als gesetzliche Vertreter ernannte Personen<br />
eine solche Entscheidung treffen<br />
dürfen, muss oft auch das zuständige<br />
Amtsgericht kontaktiert werden. Brunkhorst:<br />
„Meist ist das in den 6, 12 oder<br />
24 Stunden, in denen der Einschluss in<br />
die Studie nach der Aufnahme auf ITS<br />
erfolgen soll, nicht zu schaffen. Deshalb<br />
haben wir am <strong>UKJ</strong> ein Konsiliararztverfahren<br />
eingeführt, welches von anderen<br />
Ethikkommissionen in Deutschland<br />
akzeptiert wird.“ Dabei kann ein unabhängiger<br />
Arzt, der weder an der Behandlung<br />
des Patienten noch an der Studie<br />
beteiligt ist, seine vorläufige Einwilligung<br />
geben. Das gibt dem Studienteam<br />
48 Stunden Zeit für die Zustimmung der<br />
gesetzlichen Vertretung. „Die Angehörigen<br />
stehen einer Studienteilnahme oft<br />
aufgeschlossen gegenüber, weil sie keinesfalls<br />
eine schlechtere Behandlung<br />
darstellt, sondern meist potentiell bessere<br />
Therapiemöglichkeiten eröffnet“,<br />
so Prof. Brunkhorst.<br />
Wie aufwändig die klinische Forschung<br />
ist, wird schnell klar, wenn man in<br />
Betracht zieht, dass jeder Patient nur<br />
in eine Studie eingeschlossen werden<br />
kann. Für eine statistisch valide Datengrundlage<br />
in einer Therapiezulassungsbzw.<br />
-optimierungsstudie sind aber<br />
mehrere Hundert Patienten notwendig<br />
– in jedem Studienarm. Schon Prüfungen<br />
früher Phasen können dreistellige<br />
Teilnehmerzahlen umfassen. Dazu<br />
kommt, dass Patienten auch im Verlauf<br />
noch ausscheiden können, weil sie zum<br />
Beispiel die Einschlusskriterien nicht<br />
erfüllen, sog. drop-outs. „Diese Studien<br />
sind nur gemeinsam mit vielen Studienzentren<br />
zu realisieren, möglichst in<br />
internationalen Netzwerken“, sagt Prof.<br />
Brunkhorst. „Das hat auch den Vorteil,<br />
dass sich standortspezifische Effekte,<br />
zum Beispiel durch bestimmte Abläufe<br />
in einer Klinik, weniger auswirken können<br />
und die Studienergebnisse auf<br />
andere Settings eher übertragbar sind.<br />
Wir nennen das externe Validität.“<br />
Uta von der Gönna<br />
18<br />
02 | 21
Beispiele für intensivmedizinische Studien, die von<br />
<strong>UKJ</strong>-Wissenschaftlern konzipiert und geleitet werden<br />
ARISS: Albuminersatz bei Patienten mit septischem Schock<br />
Das Bluteiweiß Albumin spielt eine zentrale Rolle bei der<br />
Steuerung der Transportfunktion des Blutes. Über verschiedene<br />
Mechanismen reguliert es die Flüssigkeitsverteilung in<br />
Gewebe und Gefäßen und dient als Transportprotein. Darüber<br />
hinaus hat es auch anti-entzündliche und anti-oxidative<br />
Wirkung. Diese wichtigen Funktionen kann es nicht mehr<br />
erfüllen, wenn bei einem septischen Schock große Mengen<br />
der Blutflüssigkeit in das Gewebe übertreten und zu wenig<br />
Albumin im Blutserum verbleibt. Als erste randomisierte Studie<br />
vergleicht ARISS die Gabe von Albumin als Sepsistherapie<br />
mit der Volumenersatztherapie ohne das Eiweiß. Sie wird von<br />
der DFG mit 2,4 Milionen Euro gefördert und beteiligt derzeit 26<br />
Studienzentren, insgesamt sollen es 50 werden. Studienleiter<br />
Prof. Yasser Sakr: „Wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse<br />
unserer Studie die klinische Praxis und die internationalen<br />
Leitlinien der Sepsisbehandlung beeinflussen werden.“<br />
ImmunoSep – Personalisierte Immuntherapie der Sepsis<br />
Individuelle Unterschiede beeinflussen den Verlauf einer Sepsis<br />
und den Behandlungserfolg deutlich. Zum Beispiel steht<br />
bei einigen Patienten eine überschießende Entzündungsantwort<br />
im Vordergrund, bei anderen bestimmt eine geschwächte<br />
Abwehrantwort den Verlauf. Die klinische Studie ist Teil eines<br />
mit 10 Millionen Euro geförderten EU-Forschungsprojektes.<br />
„Wir werden die Studienpatienten in Gruppen mit verstärkter<br />
und zu schwacher Abwehrreaktion einteilen und in beiden<br />
Gruppen eine immundämpfende bzw. eine immununterstützende<br />
Therapie mit der etablierten Standardtherapie vergleichen“,<br />
so PD Dr. Sebastian Weis, der zusammen mit dem Studienleiter<br />
Prof. Michael Bauer die Studie eingeworben hat. In<br />
die Studie sollen knapp 300 Patienten in sechs europäischen<br />
Ländern aufgenommen werden. Jena ist das einzige klinische<br />
Studienzentrum in Deutschland.<br />
ICROS und ICROVID – Biomarker für die Verlaufsprognose von Sepsis und COVID-19-Sepsis<br />
Vor kurzem konnte das Team von Studienleiterin Prof. Sina<br />
Coldewey die Rekrutierung von mehr als 200 Patienten für<br />
die ICROS-Studie abschließen, die nach kardiovaskulären und<br />
molekularen Prognosefaktoren für die Langzeitfolgen nach<br />
einer durchgemachten Sepsis sucht. Bei einem Großteil der<br />
Studienpatienten war die Sepsis Folge einer bakteriellen<br />
Infektion. „Sofort zu Beginn der ersten Welle haben wir begonnen,<br />
auch Patienten mit COVID-19-Sepsis in diese Studie einzuschließen.<br />
Knapp 50 Patienten mit COVID-19 nehmen daher<br />
bereits an der Langzeitbeobachtung teil“, so Sina Coldewey.<br />
Die gewonnenen Erfahrungen nutzt die Gruppe jetzt für das<br />
multizentrische Studienprojekt ICROVID, das sich nur auf die<br />
virale Sepsis konzentriert. „Im Fokus stehen die kardiovaskulären<br />
Schädigungen, die in Verbindung mit einer COVID-19- bzw.<br />
einer Influenza-assoziierten Sepsis auftreten können“, erklärt<br />
Studienarzt Dr. Charles Neu. „Dank der etablierten Strukturen<br />
konnten wir bereits 22 Patienten rekrutieren.“ Beide Studien<br />
werden vom Bundesministerium für Forschung gefördert.<br />
Foto: Ouart<br />
02 | 21<br />
19
Arzt wird man nicht im Home-Office<br />
Studierendenunterricht in der Intensivmedizin<br />
Erkennen wir bei dem Patienten eine Organdysfunktion? –<br />
Mit dieser Frage endet ein gut zehnminütiger Film, der im<br />
Lehre-Organisationssystem DOSIS hinterlegt ist. Er gehört<br />
zum Praktikum Intensivmedizin und trägt das Label PBL für<br />
„Patientenbasiertes Lernen“. Aber wie kann patientenbasiertes<br />
Lernen aussehen, wenn die Intensivstationen im COVID-<br />
19-Ausnahmezustand sind? „Wir haben schon im Frühjahr<br />
2020, als wir noch nicht wussten, was auf uns zukommt,<br />
auf der ITS und im OP-Saal Lehrfilme gedreht“, so Dr. Katrin<br />
Gugel, Lehrkoordinatorin der Klinik für Anästhesiologie<br />
und Intensivmedizin. Die Filme mussten den Unterricht am<br />
Patientenbett auf der Intensivstation ersetzen, der eigentlich<br />
für alle etwa 260 Medizinstudenten eines Jahrgangs in<br />
Kleingruppen durchgeführt wird – in diesem Frühjahr gleich<br />
wieder, als in der dritten Welle bis zu 30 Patienten auf der<br />
COVID-ITS behandelt werden mussten.<br />
Wie am Patientenbett stellen die Lehrfilme in strukturierter<br />
Weise reale kritisch kranke Patienten vor. Sie sind die<br />
Grundlage des Webinars, in dem in fokussierten Gruppenarbeiten<br />
mit einem ITS-Arzt typische intensivmedizinische<br />
Diagnosen und Therapieprinzipien erarbeitet werden. Katrin<br />
Gugel: „Auch das musste in diesem Jahr online geschehen,<br />
aber die Erarbeitung des Wissens in der Gruppe funktioniert<br />
auch in Distanz sehr gut.“ Das Intensivmedizin-Praktikum<br />
gehört zum Themenblock Perioperative Medizin im zehnten<br />
Semester, der neben Online-Vorlesungen und Webinaren<br />
auch Praktika in Präsenz umfasst, um grundlegende anästhesiologische<br />
Fertigkeiten und das Einleiten einer Vollnarkose<br />
am Patientensimulator zu trainieren. „Diese Praxisanteile<br />
fanden und finden unter strengen Hygieneauflagen<br />
statt. Sie sind zum Erlernen der ärztlichen Fertigkeiten aber<br />
unbedingt notwendig, Arzt wird man nicht im Home-Office“,<br />
betont Katrin Gugel.<br />
Sie sehnt, wie auch die Studierenden, den Unterricht in Präsenz<br />
wieder herbei. Einige der pandemiebedingten Erfahrungen<br />
der Online-Lehre sind aber durchaus positiv, so dass<br />
die E-Learning-Angebote als Hybridelemente aufrechterhalten<br />
werden sollen. Durch die Vorbereitung mit Lehr- und<br />
Anleitungsfilmen lässt sich beispielsweise die Praktikumszeit<br />
intensiver nutzen, auch schätzen die Studierenden<br />
20 02 | 21
„Ich fühle mich gut angeleitet“<br />
Die PJ-lerin Sarah Montag im Gespräch mit<br />
Oberarzt Dr. Michael Hofmann. Begleitet von<br />
einem Arzt lernt die Studentin den klinischen<br />
Alltag auf der Intensivstation kennen.<br />
Fotos: Rodigast<br />
aufgezeichnete Vorlesungen und<br />
Skripte der Distanzveranstaltungen zur<br />
Prüfungsvorbereitung.<br />
Für die Vorbereitung auf die Prüfungen<br />
werden die Vorlesungen und<br />
Skripte aber nicht ausreichen, denn<br />
die Studierenden müssen neben einer<br />
Online-Klausur auch einen praktischen<br />
Prüfungsparcours absolvieren. Hier<br />
werden sie die trainierten ärztlichen<br />
Fertigkeiten am simulierten Patientenfall<br />
oder an Phantomen unter Beweis<br />
stellen. „Und am Ende werden unsere<br />
Studierenden auch erkennen und einordnen<br />
können, dass die im Lehrfilm<br />
besprochenen Wassereinlagerungen,<br />
die geringe Sauerstoffsättigung und<br />
Durchblutungsstörungen deutliche<br />
Anzeichen dafür sind, dass die Funktion<br />
von Herz, Lungen und Nieren<br />
schwer beeinträchtigt sind“, ist sich<br />
Katrin Gugel sicher.<br />
Uta von der Gönna<br />
Das Praktische Jahr, kurz PJ, ist der<br />
dritte Abschnitt des Medizinstudiums,<br />
in dem die Studierenden ihre Kenntnisse<br />
und Fertigkeiten unter ärztlicher<br />
Aufsicht unmittelbar im klinischen<br />
Alltag vertiefen und erweitern. Neben<br />
den Pflichtfächern Innere Medizin<br />
und Chirurgie absolvieren die Ärzte in<br />
Ausbildung einen der drei Abschnitte<br />
in einem Wahlfach. Die acht Plätze in<br />
der Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />
am <strong>UKJ</strong> sind oft komplett vergeben.<br />
Während der Patientenkontakt<br />
im Studium pandemiebedingt sehr<br />
eingeschränkt wurde, werden die PJler<br />
in den Teams kontinuierlich am<br />
Patienten ausgebildet, auch auf den<br />
Intensivstationen. Ein Gespräch mit<br />
Studentin Sarah Montag zu ihrem PJ<br />
auf der Intensivstation.<br />
Wie sieht der Tagesablauf eines PJlers<br />
auf der ITS aus?<br />
Sarah Montag: Wir sind jeweils einem<br />
Arzt fest zugeordnet, den wir den Tag<br />
über begleiten. Gestartet wird auf der<br />
Operativen Intensivstation, wo ich<br />
aktuell eingesetzt bin, frühmorgens<br />
kurz nach sieben mit den Fachvisiten<br />
der Chirurgen. Anschließend daran<br />
findet die Übergabe vom ärztlichen<br />
Kollegen des Nachtdienstes statt.<br />
Hierbei werden die Patienten besprochen<br />
und unsere Aufgaben für den Tag<br />
festgelegt. Im Tagesverlauf nehmen<br />
wir neue Patienten, beispielsweise<br />
Frischoperierte aus dem OP, auf.<br />
Wie werden die PJ-ler in die Patientenversorgung<br />
eingebunden?<br />
Sarah Montag: Wir haben, wie die<br />
Ärzte, Zugang zum Dokumentationssystem<br />
für die Patientenbehandlung.<br />
Gemeinsam visitieren wir die Patienten<br />
am Bett: Meist darf ich sie untersuchen,<br />
während sich der Arzt schon<br />
einen Überblick über die gelaufenen<br />
Untersuchungen, Laborwerte und<br />
Medikamente verschafft. Wir PJ-ler<br />
führen unter Aufsicht auch kleinere<br />
Punktionen, Materialentfernungen<br />
oder Katheteranlagen durch. Schließlich<br />
sollen wir das bald selbständig<br />
machen.<br />
Welche Auswirkungen hat die<br />
Corona-Pandemie auf Ihr Studium<br />
und PJ?<br />
Sarah Montag: Die meisten Praktika<br />
hatte ich zum Glück vorher<br />
absolviert, für die schriftlichen Examen<br />
muss ich mich aber leider am<br />
Schreibtisch zuhause vorbereiten<br />
und die Theorie dahinter lernen. Aber<br />
mein erstes PJ-Tertial in der Inneren<br />
fiel mitten in die zweite Welle im<br />
Winter. Ich arbeitete teilweise auf<br />
einer Corona-Station, das war schon<br />
besonders und anstrengend – aber<br />
auch lehrreich.<br />
Warum haben Sie sich ein PJ in der<br />
Anästhesiologie und Intensivmedizin<br />
am <strong>UKJ</strong> entschieden?<br />
Sarah Montag: Die Klinik engagiert<br />
sich sehr für die Studierenden, nicht<br />
nur im PJ. Dass wir PJ-ler die ganze<br />
Zeit im 1:1-Teaching mit einem ärztlichen<br />
Mentor unterwegs sein können,<br />
ist super. Ich fühle mich bei allen<br />
Tätigkeiten sehr gut angeleitet und<br />
aktiv eingebunden. Für das Fach interessiere<br />
ich mich seit einer Famulatur<br />
vor drei Jahren und möchte darin<br />
meine Facharztausbildung beginnen.
Eine Brücke zwischen Patienten und Angehörigen<br />
Was psychologische Unterstützung auf der Intensivstation bedeutet<br />
Dr. Teresa Deffner hält die Hand des<br />
Patienten, streichelt sie sanft. Währenddessen<br />
berichtet sie ihm mit ihrer<br />
klaren, freundlichen Stimme, seine<br />
Frau habe gestern die Mülltonnen<br />
rausgestellt, was sonst immer seine<br />
Aufgabe gewesen sei. Er solle sich<br />
keine Sorgen machen, richte seine<br />
Frau aus. Sie schaffe das schon. Der<br />
Patient, ein mittelalter Mann, reagiert<br />
nicht. Er liegt seit geraumer Zeit auf der<br />
COVID-19-Intensivstation, wird beatmet,<br />
ist nicht bei Bewusstsein. Teresa<br />
Deffner spricht trotzdem mit ihm, als<br />
sei heute ein ganz normaler Tag. Sie<br />
ist Psychologin und fester Bestandteil<br />
der Intensivstation am <strong>UKJ</strong>. Seit<br />
2013 gehört sie zum Team der ITS, um<br />
Patienten, Angehörigen und auch ihren<br />
Kollegen in besonderen Krisensituationen<br />
beizustehen. Seit Corona herrscht<br />
quasi Dauerkrise und die Psychologin<br />
ist permanent im Einsatz auf der<br />
COVID-19-Intensivstation.<br />
Unter der Schutzkleidung, der Brille<br />
und der Haube ist ihr Gesicht zwar<br />
kaum zu erkennen. Viel wichtiger ist<br />
aber auch ihre Stimme. Und die hören<br />
die Patienten und in der Regel auch<br />
die Angehörigen jeden Tag. Mindestens<br />
einmal. Ebenfalls ganz wichtig: das<br />
Telefon. Denn vieles an Gesprächen,<br />
an Vermittlung, läuft derzeit über<br />
das Telefon, bestenfalls über Videotelefonie.<br />
In Pandemiezeiten herrscht<br />
Besuchsverbot, zudem befinden sich<br />
viele Angehörige der Corona-Patienten<br />
selbst in Quarantäne und könnten<br />
gar nicht kommen, selbst wenn sie es<br />
dürften. Bescheiden bezeichnet sich<br />
Deffner daher selbst als „Telefondame“.<br />
Natürlich ist sie viel mehr. Sie ist verlängerter<br />
Arm, verlängertes Auge für<br />
die Angehörigen, die ihre Lieben nicht<br />
persönlich sehen, nicht selber berühren<br />
können. Die von der Situation oft<br />
erstmal überfordert sind. Und die die<br />
Vorstellung, übers Telefon mit ihrem<br />
Mann, ihrer Tochter, ihrer Mutter zu<br />
sprechen, die ihnen nicht antworten<br />
können, zunächst oft befremdlich finden.<br />
„Wir bieten den Angehörigen an,<br />
das Telefon ans Ohr ihrer Lieben zu<br />
halten. Aber wenn sie sich noch nicht<br />
bereit fühlen, drängen wir niemanden<br />
dazu. Wir übernehmen das dann<br />
erstmal stellvertretend für sie. Das ist<br />
für die Angehörigen eine unglaublich<br />
schwierige, belastende Situation und es<br />
dauert seine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.<br />
Wichtig ist, da zu sein und<br />
ihnen zu vermitteln, dass ihre Lieben<br />
22 02 | 21
TITELTHEMA<br />
Gespräche zu führen und zu ermöglich:<br />
Beides sind wichtige Bestandteile<br />
der Arbeit von Psychologin Dr. Teresa<br />
Deffner. Per Videotelefonie können<br />
Angehörige mit den Patienten auf der<br />
Intensivstation im Kontakt sein.<br />
Foto: Rodigast<br />
„Wichtig ist, da<br />
zu sein und den<br />
Angehörigen zu<br />
vermitteln, dass<br />
ihre Lieben nicht<br />
alleine sind...“<br />
nicht alleine sind und sich das Team<br />
der Intensivstation um sie kümmert“,<br />
berichtet Deffner. „Wir wollen damit ein<br />
Stück weit das Hilflosigkeitsgefühl der<br />
Angehörigen mildern. Und Anteilnahme<br />
schaffen – für die Angehörigen und die<br />
Patienten.“<br />
Eine Berührung als<br />
menschliche Zuwendung<br />
Deffner ist es wichtig, nicht nur mit<br />
den Patienten zu sprechen, sondern<br />
ihnen die Hand zu halten. „Ich finde,<br />
Berührung sollte nicht nur medizinisch<br />
bedingt sein, sondern auch ganz bedingungslos<br />
als menschliche Zuwendung<br />
geschehen“, so die Psychologin. Nicht<br />
selten hängen Briefe oder Bilder um<br />
die Betten, die Angehörige der Psychologin<br />
geschickt haben und die sie sorgfältig<br />
ausdruckt und laminiert. Bilder<br />
des Hochzeitstags beispielsweise. Bei<br />
Bewusstsein oder nicht, für den Ehemann<br />
war es wichtig, diesen besonderen<br />
Tag zu würdigen und seiner Frau<br />
zu zeigen, dass er an sie denkt. „Das<br />
ist wichtig für die Angehörigen, weil sie<br />
etwas für den Patienten tun können,<br />
auch wenn sie nicht an seiner Seite<br />
sein dürfen“, erklärt Deffner.<br />
Die Psychologin ist fast den ganzen<br />
Tag auf der COVID-19-Intensivstation<br />
unterwegs. Sie geht von Zimmer zu<br />
Zimmer, zieht jedes Mal aufs Neue die<br />
Schutzkleidung an und aus. Desinfiziert<br />
sich. Und obwohl sie sich um unglaublich<br />
viele Patienten kümmert, wirkt es,<br />
als liegen da alte Bekannte, als kenne<br />
sie jeden einzelnen schon Ewigkeiten –<br />
bei vielen ist es auch schon so etwas<br />
wie eine kleine Ewigkeit, denn die meisten<br />
Corona-Patienten verbringen viele<br />
Tage und Wochen auf der Intensivstation.<br />
Deffner kann auf den Punkt genau<br />
berichten, was die Frau, der Mann oder<br />
der Sohn gestern erzählt haben und<br />
was sie heute vorhaben. Was sie verabredet<br />
hat und welche Untersuchungen<br />
heute anstehen. Dafür tauscht sie<br />
sich engmaschig mit den Ärzten und<br />
Pflegenden aus. „Jede Information ist<br />
wichtig, die medizinischen und pflegerischen<br />
genauso wie die psychologischen.<br />
Das ergänzt sich gegenseitig<br />
und deswegen ist es auch so wichtig,<br />
hier zu sein und ein vollständiges Bild<br />
zu bekommen“, sagt sie.<br />
Überhaupt: Psychologische Betreuung<br />
ist ein ganz wesentlicher Versorgungsaspekt,<br />
das hat die Pandemie nochmal<br />
verdeutlicht. „Menschen, die auf der<br />
Intensivstation liegen, befinden sich<br />
meist in einer Krisensituation. Viele der<br />
COVID-19-Patienten müssen beatmet<br />
werden. Hier geht es um existentielle<br />
Fragen und Ängste: Wache ich wieder<br />
auf? Überlebe ich das? Was, wenn die<br />
Ärzte und Pflegekräfte die letzten Menschen<br />
sein werden, die ich sehe? Darüber<br />
müssen die Patienten sprechen<br />
können.“ Gerade in einer Pandemie<br />
müssten hier Ressourcen pragmatisch<br />
gebündelt werden, um allen Patienten<br />
und Angehörigen psychologische<br />
Unterstützung bieten zu können, findet<br />
Deffner. Sie und ihre Kolleginnen sind<br />
jedenfalls allseits gefordert in dieser<br />
noch nie dagewesenen, besonderen<br />
Situation. So viele Patienten liegen<br />
hier beatmet, einige wachen nie mehr<br />
auf. „Um Abschied zu nehmen, können<br />
Dr. Theresa Deffner<br />
d i e<br />
Angehörigen<br />
persönlich<br />
vorbeikommen.<br />
Wir als Ärzte, Pflegekräfte<br />
und Psychologen begleiten sie<br />
dann bei der Abschiednahme und<br />
haben auch versucht, neue Rituale<br />
für Angehörige zu finden, die selbst in<br />
Quarantäne sind. Sie können per Video<br />
oder Telefon letzte Worte an den Patienten<br />
richten und ihn auf diese Weise<br />
begleiten. Wir fertigen Bilder und Fingerabdrücke<br />
von den Verstorbenen an,<br />
die wir den Angehörigen auf Wunsch<br />
zukommen lassen. Außerdem führen<br />
wir bei allen Angehörigen verstorbener<br />
Patienten Nachsorgeanrufe durch,<br />
wenn sie es wünschen. Viele Angehörige<br />
erleben das als Wertschätzung<br />
ihrer Situation und sind sehr dankbar<br />
für die kleinen Erinnerungsstücke und<br />
die Möglichkeit, ein Bild des Verstorbenen<br />
zu erhalten“, sagt Deffner.<br />
Und neben all diesen Schicksalen gibt<br />
es auch die schönen Momente. Wenn<br />
nach langer, langer Zeit ein Patient<br />
wieder da ist, selbst sprechen und<br />
ganz wach zuhören kann. Auch wenn<br />
jeder Ton noch anstrengend und kräftezehrend<br />
ist. Für die Angehörigen ist<br />
es ein erlösender Moment, die Stimme<br />
ihres Mannes, Vaters, Opas zu hören.<br />
Teresa Deffners Stimme wird sie aber<br />
auch dann noch eine Weile begleiten.<br />
Denn aufgewacht heißt noch nicht<br />
genesen. Aber es ist ein Anfang.<br />
Katrin Bogner<br />
02 | 21<br />
23
Für eine bessere Atmung und stärkere Muskeln<br />
Wie Physiotherapie Intensiv-Patienten wieder mobil macht<br />
Unterschiedliche Piepsignale ertönen<br />
von den medizinischen Geräten auf<br />
der Intensivstation I am <strong>UKJ</strong>, die aktuell<br />
Patienten für COVID-19 vorbehalten ist.<br />
Pfleger und Ärzte in Schutzkitteln, mit<br />
Brillen und Handschuhen tauschen sich<br />
ruhig über die Patienten aus. Mittendrin:<br />
Chris Lüneburg und Ulrike Mohring vom<br />
Institut für Physiotherapie. Sie sind zwei<br />
Physiotherapeuten des vierköpfigen,<br />
physiotherapeutischen COVID-Teams,<br />
das seit Oktober 2020 besteht. Gemeinsam<br />
mit einem weiteren Physio- und<br />
einem Ergotherapeuten betreuen sie<br />
seitdem die Corona-Patienten des <strong>UKJ</strong> –<br />
mittlerweile an sieben Tagen die Woche.<br />
Zu Beginn jedes Arbeitstages besprechen<br />
die beiden zunächst mit den Pflegern<br />
und Ärzten auf Station den aktuellen<br />
Zustand der Patienten. Denn allein<br />
dieser entscheidet, welche Therapie sie<br />
an diesem Tag anwenden. „Gerade hier<br />
auf Intensivstation müssen wir unsere<br />
Pläne immer spontan anpassen können.<br />
Geht es dem Patienten an einem Tag gut<br />
und er kann ein paar Schritte gehen,<br />
kann das am nächsten Tag schon wieder<br />
ganz anders aussehen“, weiß Chris Lüneburg.<br />
„Deshalb sind enge Abstimmungen<br />
im interdisziplinären Team sehr wichtig.“<br />
Der Blick im Patientenzimmer ist dann<br />
nicht nur auf den Patienten gerichtet,<br />
sondern auch auf die technischen<br />
Geräte. Sind die Werte auf dem Überwachungsmonitor<br />
in Ordnung? Wird<br />
der Patient künstlich ernährt? Ist<br />
der Beatmungsschlauch lang genug,<br />
damit sich der Patient setzen kann?<br />
„Erfahrung ist hier das A und O“, sagt<br />
Ulrike Mohring, die bereits seit mehr<br />
als zehn Jahren ausschließlich auf der<br />
Intensivstation als Physiotherapeutin<br />
arbeitet. „Eine gezielte Einarbeitung<br />
und gute Teamarbeit geben zusätzliche<br />
Sicherheit.“ Prinzipiell arbeiten die Physiotherapeuten<br />
daher im Zweierteam.<br />
Beispielsweise wenn sie die Gelenke<br />
von Patienten durchbewegen, die länger<br />
ohne Bewusstsein sind. Oder wenn sie<br />
mithilfe gezielter Grifftechniken Sekret in<br />
der Lunge des Patienten lösen, um die<br />
Atmung zu vertiefen. Je nach Therapie<br />
unterstützen Pfleger, Ärzte und auch<br />
Kardiotechniker sie beispielsweise bei<br />
der Lagerung der Patienten oder beim<br />
Aufstellen mithilfe eines sogenannten<br />
Stehbretts. „Auch, wenn wir einen Patienten,<br />
der durch eine ECMO-Therapie<br />
unterstützt wird, im Bett aufsetzen<br />
wollen, müssen viele mit anpacken. Ein<br />
Pfleger hält den Beatmungsschlauch,<br />
ein Techniker die verschiedenen Kabel,<br />
ein Therapeut setzt den Patienten auf<br />
und ein weiterer stützt ihn von hinten“,<br />
beschreibt Lüneburg. „Das klingt nicht<br />
nur aufwendig. Das ist es auch. Und<br />
benötigt viel Zeit.“ Bis zu einer Stunde<br />
kann eine solche Therapie dauern.<br />
Während die Physiotherapeuten bei Intensiv-Patienten<br />
nach Herzinfarkt, Schlaganfall<br />
oder Herztransplantation vor allem<br />
die Kondition wieder trainieren müssen,<br />
ist der Schwerpunkt bei Corona-Patienten<br />
ein anderer. „Patienten mit COVID-19 sind<br />
oft überfordert mit ihrer Situation. Sie<br />
waren körperlich fit und befinden sich<br />
nun ganz plötzlich mit Atemproblemen<br />
auf einer Intensivstation“, beschreibt<br />
Mohring. „Deshalb können wir nicht gleich<br />
mit der eigentlichen Therapie beginnen. In<br />
vielen Gesprächen versuchen wir, ihnen<br />
ihre Ängste zu nehmen. Das beruhigt<br />
die Atmung und die Psyche gleichzeitig.“<br />
Unterstützt werden sie dabei durch Psychologin<br />
Dr. Teresa Deffner. Sie lässt dank<br />
Telefon und Video auch die Angehörigen<br />
der Patienten an den Therapieerfolgen<br />
teilhaben. „Das motiviert sie dann gleich<br />
noch mehr“, weiß Mohring.<br />
Die Arbeit auf einer Intensivstation ist<br />
anstrengend – nicht nur körperlich, sondern<br />
auch psychisch. „Wir müssen auch<br />
im Notfall schnell reagieren, wenn sich<br />
der Gesundheitszustand des Patienten<br />
ändert“, so Lüneburg. „Kein Job für jedermann.“<br />
Die beiden Physiotherapeuten<br />
arbeiten dennoch sehr gern genau in<br />
diesem Bereich. „Denn die Bindung zu<br />
den Intensiv-Patienten ist viel stärker<br />
als beispielsweise auf der Normalstation“,<br />
berichtet Mohring aus Erfahrung.<br />
„Man kämpft gemeinsam für jeden Therapieerfolg,<br />
egal wie klein oder groß.“<br />
Und wenn ein Patient nach Wochen<br />
das erste Mal mit einem Sprachaufsatz<br />
wieder sprechen kann, dann kullern<br />
bei Patienten und Therapeuten auch<br />
schon zusammen die Freudentränen.<br />
Anne Curth<br />
24 02 | 21
Physiotherapie auf<br />
der Intensivstation<br />
Gezielte Grifftechniken, Atemübungen oder<br />
die ersten vorsichtigen Schritte: Der Zustand<br />
des Patienten entscheidet darüber, welche<br />
Therapie angewendet werden kann.<br />
Fotos: Rodigast<br />
Patienten werden oft über einen längeren<br />
Zeitraum auf der Intensivstation<br />
behandelt – liegend und meist,<br />
ohne Arme und Beine bewegen zu<br />
können. Dies kann erhebliche Schwierigkeiten<br />
mit sich bringen: Schon nach<br />
wenigen Tagen verlieren die Patienten<br />
an Kraft, die sie nur mühsam wieder<br />
zurückgewinnen können. Außerdem<br />
kann ein Delir auftreten, ein anhaltender<br />
Verwirrtheitszustand. „Eine<br />
Frührehabilitation kann diesen Komplikationen<br />
entgegenwirken“, weiß PD<br />
Dr. Norman Best, kommissarischer<br />
Direktor am Institut für Physiotherapie.<br />
„Sie verbessert den körperlichen<br />
Zustand der Patienten und kann die<br />
Dauer der künstlichen Beatmung und<br />
die allgemeine Aufenthaltsdauer auf<br />
der Intensivstation verkürzen.“ Zwei<br />
zentrale Elemente davon sind die<br />
Atemtherapie und die Mobilisierung.<br />
Atemtherapie: Physiotherapie kann<br />
die Atemwege von Sekret befreien<br />
und die Lunge gut durchlüften. Das<br />
verbessert zum einen die Sauerstoffzufuhr<br />
und zum anderen beugt<br />
es Lungenentzündungen vor. Dazu<br />
können Physiotherapeuten sowohl<br />
manuelle Techniken als auch verschiedene<br />
Hilfsmittel wie Einatemtrainer<br />
einsetzen.<br />
Mobilisierung: Die Physiotherapeuten<br />
bewegen täglich Beine, Arme und den<br />
Nacken der medikamentös sedierten<br />
Patienten. Sobald die Patienten<br />
wacher werden, machen sie aktiv bei<br />
den verschiedenen Übungen mit. Sind<br />
die Vitalwerte des Patienten stabil,<br />
kann die Mobilisation zum Sitzen, Stehen<br />
oder Gehen ausgeweitet werden.<br />
02 | 21<br />
25
Seelische Gesundheit ganzheitlich betrachten<br />
Jena, Magdeburg und Halle (Saale) erhalten Bundesförderung für den Aufbau<br />
eines Standorts des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit<br />
Seelische Gesundheit ist ein kostbares<br />
Gut. Jährlich sind in Deutschland fast<br />
18 Millionen Erwachsene von psychischen<br />
Krankheiten wie Angststörungen,<br />
Depression oder Schizophrenie betroffen.<br />
Unter den aktuellen Bedingungen<br />
der Pandemie verschärft sich die Lage<br />
noch einmal deutlich. Deshalb soll<br />
ein bundesweit einmaliges Deutsches<br />
Zentrum für Psychische Gesundheit mit<br />
ausgewählten Standorten entstehen.<br />
Ein mehr als 60-köpfiges Expertenteam<br />
aus den Bereichen der Psychiatrie,<br />
Neurowissenschaften, Psychotherapie<br />
und Psychologie in Jena, Magdeburg<br />
und Halle (Saale) hat eine gemeinsame<br />
Initiative unter dem Namen C-I-R-C<br />
gestartet, um neuartige Konzepte für die<br />
Prävention, Diagnose und Behandlung<br />
psychischer Störungen zu entwickeln<br />
und in die Anwendung zu bringen. Daran<br />
beteiligt sind Universitätsklinikum und<br />
Friedrich-Schiller-Universität Jena, die<br />
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,<br />
die Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg, die Leibniz-Institute<br />
für Neurobiologie in Magdeburg und für<br />
Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie<br />
in Jena sowie das DLR-Institut<br />
für Datenwissenschaft in Jena.<br />
Der Name C-I-R-C ist angelehnt an das<br />
englische Wort circuit für Netzwerk<br />
und bezieht sich einerseits auf die<br />
Netzwerke der Nervenzellen im Gehirn<br />
und wie sie mit dem Körper in Verbindung<br />
stehen, und andererseits auf das<br />
dahinterstehende Experten-Netzwerk<br />
in den drei mitteldeutschen Universitätsstädten.<br />
Das C-I-R-C-Konzept<br />
hat eine internationale Expertenjury<br />
überzeugt und wird nun für den Aufbau<br />
eines Standortes des Deutschen<br />
Zentrums für Psychische Gesundheit in<br />
Mitteldeutschland vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF)<br />
gefördert.<br />
Prof. Dr. Martin Walter, Direktor der Klinik<br />
für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
26 02 | 21
AKTUELLES<br />
EEG-Messung der Hirnaktivität<br />
Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg<br />
am <strong>UKJ</strong> und Sprecher der Initiative,<br />
beschreibt die zentrale Idee: „Wir<br />
wollen zur Erhaltung der psychischen<br />
Gesundheit und zur Behandlung ihrer<br />
Störungen den ganzen Patienten in<br />
den Blick nehmen und vor allem den<br />
Einfluss von Immunfaktoren, aber auch<br />
vom Darm-Mikrobiom auf die Gehirnfunktion<br />
erforschen.“<br />
Sein Magdeburger Amtskollege und<br />
Co-Sprecher Prof. Dr. Thomas Frodl<br />
betont: „Durch die exzellente Ausstattung<br />
und das große Knowhow im<br />
Bereich der Bildgebung sind wir in der<br />
Lage, Veränderungen in Hirnregionen,<br />
in kleinen Netzwerken, ja selbst in einzelnen<br />
Synapsen sichtbar zu machen<br />
und dadurch Therapien besser zu<br />
individualisieren und zu kontrollieren.<br />
Wir werden damit neue effektivere<br />
Medikamente, Psychotherapien und<br />
nicht invasive Stimulationstechniken<br />
entwickeln und deren Anwendung<br />
evaluieren. Darauf basierend sollen<br />
neue smarte und tragbare Techniken<br />
zur Messung und Modifikation der<br />
psychischen und neuronalen Zustände<br />
entwickelt werden, die zur Diagnostik<br />
und Verhaltensmodifikation nützlich<br />
sind.“<br />
Prof. Dr. Dr. Ronny Redlich, Professor<br />
für klinische Psychologie und Standortkoordinator<br />
in Halle ergänzt: „Unser<br />
Ziel ist es, die Erkenntnisse aus der<br />
Grundlagenforschung direkt zum Patienten<br />
zu bringen und so zu einer Verbesserung<br />
der flächendeckenden Versorgung<br />
beizutragen. Wir wollen neue<br />
Wege gehen, Patienten und Angehörige<br />
intensiv in den Forschungsprozess<br />
miteinbeziehen, Stigmata reduzieren<br />
und das Thema mentale Gesundheit<br />
stärker in der Gesellschaft verankern.“<br />
Der Thüringer Minister für Wirtschaft,<br />
Wissenschaft und Digitale Gesellschaft<br />
Wolfgang Tiefensee verweist auf die<br />
langjährigen, sehr sorgfältig geplanten<br />
Investitionen in den Ausbau biomedizinischer<br />
Kompetenzen und Infrastrukturen,<br />
die dazu beigetragen haben,<br />
Prof. Dr. Martin Walter<br />
Foto: Szabó<br />
Jena in der Spitze der internationalen<br />
Exzellenzstandorte zu platzieren. „Das<br />
ist ein großartiger Erfolg! Der gemeinsam<br />
von Thüringen und Sachsen-Anhalt<br />
eingereichte Antrag setzt genau an den<br />
Stellen an, für die wir uns in Thüringen<br />
bereits stark engagiert haben.“<br />
Sachsen-Anhalts Minister für Wirtschaft,<br />
Wissenschaft und Digitalisierung,<br />
Prof. Dr. Armin Willingmann,<br />
betont: „Glückwunsch nach Jena,<br />
Magdeburg und Halle! Der Erfolg<br />
unseres mitteldeutschen Konsortiums<br />
im Bundeswettbewerb belegt die<br />
hervorragende Expertise und Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Medizinforschung<br />
in Sachsen-Anhalt und Thüringen.<br />
Dies bestätigt auch unser langjähriges<br />
Engagement auf diesem Gebiet. Das<br />
Zentrum für psychische Gesundheitsforschung<br />
wird Erforschung, Diagnose<br />
und Behandlung dieser Volkskrankheiten<br />
auf ein neues Level heben.“<br />
Weitere Partnerstandorte werden in<br />
Berlin, Mannheim, München, Tübingen,<br />
Bochum aufgebaut. Gemeinsames Ziel<br />
ist es, Konzepte zu entwickeln, um psychische<br />
Erkrankungen mechanistisch zu<br />
verstehen und durch neue Therapien<br />
den Betroffenen und deren Familien<br />
besser zu helfen.<br />
Weitere Information: https://c-i-r-c.de<br />
Uta von der Gönna<br />
KONTAKT<br />
Prof. Dr. Martin Walter<br />
Klinik für Psychiatrie<br />
und Psychotherapie<br />
03641-/9390101<br />
martin-walter@med.uni-jena.de<br />
02 | 21<br />
27
AKTUELLES<br />
Patienten zögern bei<br />
Herzinfarkt im Lockdown<br />
Studie zeigt erschreckende Auswirkungen der Pandemie<br />
Expertise im Herzkatheterlabor: Oberärztin PD Dr.<br />
Sylvia Otto und Klinikdirektor Prof. Christian Schulze<br />
besprechen einen aktuellen Fall. Foto: Szabó<br />
deutlich weniger Patienten als gewöhnlich selbst in der Notaufnahme<br />
vorgestellt. Auch der Hausarzt wurde gemieden.<br />
Die meisten Einweisungen kamen über den Rettungsdienst.<br />
Parallel dazu wissen wir aus anderen Untersuchungen, dass<br />
die Zahl der außerklinischen Wiederbelebungen infolge eines<br />
Herzkreislaufstillstandes signifikant gestiegen ist. Hierunter<br />
sind auch Herzinfarktpatienten zu vermuten, die es nicht<br />
mehr rechtzeitig in die Klinik geschafft haben.“<br />
Mehr als 600 Patienten mit akutem Koronarsyndrom, kurz<br />
ACS, wurden im vergangenen Jahr am <strong>UKJ</strong> behandelt. Doch wie<br />
wirkt sich der Lockdown in der Corona-Pandemie auf Anzahl<br />
und Verhalten von Herzinfarktpatienten aus? Kommen viele<br />
Patienten erst in die Klinik, wenn es schon fast zu spät ist?<br />
Das hat eine aktuelle Studie der Jenaer Kardiologen um PD Dr.<br />
Sylvia Otto, Oberärztin der Klinik für Innere Medizin I (Kardiologie,<br />
Angiologie und Internistische Notfallmedizin) am <strong>UKJ</strong>,<br />
untersucht. Eine erschreckende Erkenntnis: Bei Herzinfarkt<br />
wird häufiger gezögert und Betroffene kommen verstärkt,<br />
wenn es schon fast zu spät ist.<br />
„Wir haben im ersten Lockdown weniger Patienten mit akutem<br />
Koronarsyndrom behandelt. Im vergangenen Jahr verzeichneten<br />
wir gegenüber 2019 durchschnittlich zehn Prozent weniger<br />
Fälle. Phasenweise haben wir sogar um die Hälfte weniger<br />
Infarktpatienten gesehen“, weiß PD Dr. Sylvia Otto. In der Studie<br />
haben die Jenaer Herzexperten die Daten aus der Zeit des<br />
ersten Lockdowns im März und April 2020 und die Zeit nach<br />
dem Lockdown, Mai und Juni 2020, mit den entsprechenden<br />
Monaten aus 2019 verglichen. Ihre Ergebnisse konnte die<br />
Gruppe um Oberärztin PD Dr. Otto auf der Jahrestagung der<br />
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vorstellen und mit<br />
anderen Experten diskutieren, welche ähnliche Erfahrungen<br />
gemacht haben.<br />
Sylvia Otto und ihre Kollegen betrachteten auch, wie die<br />
Einweisung ins Krankenhaus erfolgte. Otto: „Es haben sich<br />
Auch im Gespräch mit den Patienten habe sich gezeigt, dass<br />
sich ihr Verhalten verändert habe und viele im Lockdown<br />
gezögert hätten, sich sofort vorzustellen. „Das hat sicherlich<br />
mehrere Gründe, etwa die Angst vor COVID-19, der Wunsch<br />
Krankenhäuser nicht zu überlasten, aber auch das Bewusstsein<br />
aufgrund des Lockdowns eher zuhause zu bleiben“,<br />
erklärt Otto. Die Studie ist bereits in der nächsten Phase.<br />
Aktuell werden Daten aus der zweiten und dritten Welle<br />
gesammelt und mit den bisher gewonnenen Erkenntnissen<br />
aus dem ersten Lockdown verglichen.<br />
Die Jenaer Kardiologen warnen, dass ein Herzinfarkt jederzeit<br />
ernst zu nehmen ist, unabhängig von einem Lockdown. Prof.<br />
Dr. Christian Schulze, Direktor der Klinik für Innere Medizin I:<br />
„Bei Symptomen wie plötzlichen starken und akuten Brustschmerzen,<br />
schwerer Atemnot und einem massiven Angstgefühl,<br />
aber auch Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen im Oberbauch<br />
sollte nicht zweimal überlegt werden, sondern direkt<br />
der Notruf 112 gewählt werden. Jede Minute, die vergeht, ist<br />
kostbare Zeit.“ Er appelliert: „Herzinfarkt kennt keinen Lockdown.<br />
Warten Sie nicht, sondern suchen Sie sofort Hilfe. Nur<br />
so steigen die Überlebenschancen.“<br />
Michelle Korneli<br />
KONTAKT<br />
PD Dr. Sylvia Otto<br />
Klinik für Innere Medizin I<br />
03641 9-32 41 01<br />
Sylvia.Otto@med.uni-jena.de<br />
28 02 | 21
AKTUELLES<br />
Platz 1, 2 und 3 fürs <strong>UKJ</strong><br />
Kinderonkologie ist Landessieger beim Wettbewerb<br />
„Deutschlands beliebteste Pflegeprofis“<br />
„Unser Dank ist nicht in Worte zu fassen“:<br />
So endet der liebevolle Text, mit<br />
dem Mutter Kristin das Pflegeteam der<br />
Kinderonkologie Station E130 für den<br />
Wettbewerb um „Deutschlands beliebteste<br />
Pflegeprofis“ nominiert hat. Ihr<br />
Sohn war vor einem Jahr an Leukämie<br />
erkrankt und so hatte sie die Station<br />
kennen und schätzen gelernt. Mit ihrer<br />
Nominierung hat sie dem Team nun<br />
den schönsten Dank beschert, denn<br />
die Kinderonkologie hat die meisten<br />
Stimmen für sich sammeln können und<br />
ist Landessieger. Herzlichen Glückwunsch!<br />
Im Herbst kämpft das Team<br />
für Thüringen um den Bundessieg.<br />
Aber nicht nur die Kinderonkologie<br />
kann sich freuen. Die Pflegekräfte des<br />
<strong>UKJ</strong> waren überhaupt sehr erfolgreich<br />
beim Wettbewerb „Deutschlands<br />
beliebteste Pflegeprofis“, den die PKV<br />
alle zwei Jahre auslobt. Denn auch die<br />
Plätze 2 und 3 gehen an Pflegeprofis<br />
aus Jena: So belegt die Station B110,<br />
die sich um erwachsene Krebspatienten<br />
kümmert, Platz 2 und ist damit das<br />
erfolgreichste Team in der Erwachsenenversorgung.<br />
Auf Platz 3 hat es<br />
Stefan Reithofer, Teamleiter der Intensivstation<br />
III, geschafft. Er ist damit die<br />
Einzelperson mit den meisten Stimmen.<br />
Eine tolle Bilanz, auf die alle Nominierten<br />
stolz sein können. Insgesamt waren<br />
gleich neun Pflegeteams des <strong>UKJ</strong> von<br />
Patienten, Angehörigen oder Kollegen<br />
für den Wettbewerb nominiert worden.<br />
Das allein ist schon eine wunderbare<br />
Wertschätzung<br />
für die Pflege am<br />
<strong>UKJ</strong>, findet Pflegedirektorin Evelyn<br />
Voigt: „Das zeugt von der fachlichen<br />
Kompetenz, dem Engagement und der<br />
Empathie, die unsere Pflegekräfte in<br />
der Versorgung ihrer Patienten immer<br />
wieder aufbringen.“<br />
Ab Oktober wird unter den 16 Landessiegern<br />
der Bundessieger gekürt. Die<br />
Abstimmung ist dann möglich unter<br />
www.deutschlands-pflegeprofis.de.<br />
Katrin Bogner<br />
3.<br />
2.<br />
1.<br />
02 | 21<br />
29
HEILEN<br />
Mit einem Pieks gegen Cholesterin<br />
<strong>UKJ</strong>-Kardiologen setzt neuartige Spritze ein<br />
Christel Krüger hat zu hohe Cholesterinwerte.<br />
Um ihr LDL-Cholesterin zu<br />
senken, erhielt sie als erste Patientin<br />
am <strong>UKJ</strong> und als erste in Thüringen eine<br />
neue Therapie in Form einer Spritze. Die<br />
Jenaer Kardiologie gehört zu den ersten<br />
Kliniken in Deutschland, die diese<br />
anwenden. „Wir können das LDL-Cholesterin<br />
damit dauerhaft um mindestens<br />
50 Prozent senken. Das ist fantastisch“,<br />
betont Prof Dr. Oliver Weingärtner, Oberarzt<br />
der Klinik für Innere Medizin I. „Das<br />
Besondere ist, dass die Wirkung einer<br />
Injektion über sechs Monate anhält. Das<br />
heißt zwei Spritzen pro Jahr genügen für<br />
eine dauerhafte Senkung des Cholesterins.<br />
Für unsere Patienten wie Christel<br />
Krüger, die bisherige Medikamente wie<br />
Statine, Ezetimib und PCSK9-Antikörper<br />
nicht vertragen, bedeutet es eine große<br />
Erleichterung“, ergänzt er. Christel Krüger<br />
litt vor allem an Muskelschmerzen<br />
und Schlafproblemen. Diese Nebenwirkungen<br />
hat sie seit der Spritze nicht<br />
mehr. Der Experte spricht von einem<br />
revolutionären Mechanismus auf zellulärer<br />
Ebene: „Das Medikament wirkt ganz<br />
gezielt in der Zelle und hemmt dort die<br />
Produktion von PCSK9, einem wichtigen<br />
Protein des Cholesterinstoffwechsels.<br />
Durch die Senkung von PCSK9 kommt<br />
es zu einer vermehrten Expression von<br />
sogenannten LDL-Rezeptoren auf der<br />
Zelloberfläche, die zu einer besseren<br />
Aufnahme und Verstoffwechselung von<br />
Cholesterin in der Zelle führen.“ Das<br />
Heimtückische am LDL-Cholesterin sei<br />
laut Weingärtner, dass Betroffene nicht<br />
spüren, wenn ihr Cholesterinwert zu<br />
hoch ist. „Ab einem LDL-Cholesterin von<br />
4,9 Millimol pro Liter sollte man an eine<br />
sogenannte familiäre Hypercholesterinämie<br />
denken. Diese Patienten sollten,<br />
unabhängig von anderen Risikofaktoren<br />
für Herzinfarkt und Schlaganfall,<br />
alle behandelt werden. Zu viel LDL-<br />
Cholesterin führt zur Verstopfung der<br />
Gefäße und erhöht das Risiko für einen<br />
Schlaganfall oder Herzinfarkt. Deshalb<br />
ist eine möglichst frühzeitige Therapie<br />
gefordert.“ Die Spritze ist nicht nur eine<br />
Option, wenn medikamentöse Möglichkeiten<br />
ausgeschöpft sind, sondern auch,<br />
wenn es bereits zum Herzinfarkt oder<br />
Schlaganfall kam und die geforderten<br />
Zielwerte für LDL-Cholesterin nicht<br />
erreicht worden sind.<br />
„Kardiovaskuläre Erkrankungen sind<br />
in Thüringen und den neuen Bundes-<br />
ländern häufiger als im Rest der Bundesrepublik.<br />
Auch zeigt der Deutsche<br />
Herzbericht eine erhöhte Sterblichkeit<br />
nach einem Herzinfarkt in Thüringen.<br />
Mit den modernen Methoden der Lipidtherapie<br />
wollen wir gemeinsam mit<br />
unseren ambulanten Kollegen die kardiovaskuläre<br />
Patientenversorgung verbessern“,<br />
unterstreicht der Kardiologe<br />
Prof. Dr. Christian Schulze, Direktor der<br />
Klinik für Innere Medizin I. Patienten mit<br />
erhöhtem LDL-Cholesterin müssen laut<br />
Weingärtner lebenslang engmaschig<br />
behandelt und kontrolliert werden.<br />
Nur dann bleibt das LDL-Cholesterin<br />
im Griff. „Ein gesunder Lebensstil wirkt<br />
sich positiv aus. Allerdings reicht das<br />
meist nicht aus.“ Deshalb appelliert<br />
er: „Ein Cholesterintest kann schnell<br />
und einfach zeigen, dass das LDL-<br />
Cholesterin zu hoch ist. Je früher das<br />
passiert, umso besser. Es geht darum,<br />
‚Cholesterinlebensjahre‘ zu verringern.<br />
Jeder sollte daher seinen Cholesterinwert<br />
kennen. Bei zu hohen Werten<br />
sollten konsequent die individuellen<br />
Zielwerte angestrebt werden und alle<br />
Alarm glocken läuten.“<br />
Michelle Korneli<br />
Oberarzt Prof. Oliver Weingärtner (li.)<br />
und Klinikdirektor Prof. Christian Schulze<br />
klären Patientin Christel Krüger über die<br />
Cholesterinspritze auf. Foto: Rodigast<br />
KONTAKT<br />
Prof. Dr. Oliver Weingärtner<br />
Oberarzt interventionelle Kardiologie,<br />
Angiologie und Lipidologie<br />
Klinik für Innere Medizin I<br />
oliver.weingaertner@med.uni-jena.de<br />
30 02 | 21
HEILEN<br />
Professor Sebastian Scholl, Koordinator Zentrum für Hämatologische Neoplasien, Patient Roland Rosenberger, Professor<br />
Andreas Hochhaus, Direktor der KIM II am <strong>UKJ</strong>, Studienassistent Alexander Schreiner (v.li.). Foto: <strong>UKJ</strong><br />
Neue Wege in der Krebsbehandlung<br />
Zertifiziertes Zentrum für Hämatologische Neoplasien<br />
Vor etwa einem Jahr beginnt Roland Rosenberger, sich deutlich<br />
weniger körperlich belastbar zu fühlen. Luftnot plagt<br />
ihn. Bei seiner Hausärztin zeigt sich in seinem Blutbild eine<br />
ausgeprägte Amämie, weshalb sie ihn an die niedergelassene<br />
Onkologin Dr. Sabine Hahnfeld überweist. Die Diagnose:<br />
myelodysplastisches Syndrom, kurz MDS, eine bösartige<br />
Erkrankung des Knochenmarks. Das MDS tritt vor allem bei<br />
älteren Patienten auf. Die Standardtherapie besteht aus<br />
einer sogenannten epigenetischen Therapie („Schaltertherapie“)<br />
mit dem Ziel, das Blutbild des Patienten zu verbessern<br />
und eine akute Leukämie zu verhindern. Roland Rosenberger<br />
erhält daher zunächst wöchentliche Bluttransfusionen. Das<br />
schlaucht den 73-jährigen Eisenberger. Seine niedergelassene<br />
Onkologin rät ihm daher, sich am <strong>UKJ</strong> am Zentrum für<br />
Hämatologische Neoplasien vorzustellen. Denn das erstmals<br />
von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Zentrum<br />
bietet, was nur wenige können: frühe klinische Studien und<br />
damit ganz neue, individuelle Therapiemöglichkeiten.<br />
Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien behandeln die<br />
Jenaer Onkologen und Hämatologen Patienten mit bösartigen<br />
Erkrankungen des blutbildenden Systems. Die bekannteste<br />
Erkrankung ist die Leukämie, aber auch viele weitere<br />
zählen hierzu, etwa Lymphome, multiple Myelome oder wie<br />
bei Roland Rosenberger das myelodysplastische Syndrom.<br />
Allein im Jahr 2019 wurden am Zentrum für Hämatologische<br />
Neoplasien über 300 Patienten mit neu diagnostizierten<br />
Krebserkrankungen des Blutes behandelt. „Also etwa jeden<br />
Tag ein neuer Patient mit einer individuell abgestimmten<br />
und leitlinienbasierten Therapie“, wie es der Koordinator des<br />
Zentrums und leitende Oberarzt Professor Sebastian Scholl,<br />
ausdrückt. Die Jenaer Experten setzen auf das gesamte<br />
Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten: Chemotherapien,<br />
zielgerichtete Antikörpertherapien sowie zelluläre Therapien<br />
einschließlich der bereits seit 2019 am Jenaer Zentrum etablierten<br />
CAR-T-Zell-Therapie.<br />
Roland Rosenberger erhält seit Anfang des Jahres im Rahmen<br />
einer frühen klinischen Studie eine neue Immuntherapie für<br />
MDS-Patienten am <strong>UKJ</strong>. Diese weltweite so genannte Phase<br />
I-Studie bietet neben dem Jenaer Uniklinikum in Deutschland nur<br />
eine weitere Klinik an, 15 Patienten haben die Jenaer Experten<br />
bislang in die Studie eingebracht. Dabei erhalten die Patienten<br />
ein Medikament, das das Immunsystem gegen die MDS-Zellen<br />
aktiviert und so das Wachstum der Ursprungszellen des MDS<br />
hemmt, ohne gesunde Stammzellen zu beeinflussen. Bisher<br />
sprechen die Patienten darauf gut an. Auch Roland Rosenberger<br />
sagt, die neue Therapie helfe ihm sehr gut und er benötigt seit<br />
über einem Monat keine Bluttransfusionen mehr. Seine weitere<br />
Behandlung geht er mit gesundem Optimismus an. Einmal die<br />
Woche muss er zur Kontrolle ans <strong>UKJ</strong> kommen, denn die Werte<br />
des 73-Jährigen müssen engmaschig kontrolliert werden. Das<br />
sei aber kein Vergleich zu den stundenlangen Bluttransfusionen,<br />
die er vorher auf sich genommen hat. „Solche klinischen<br />
Studien bieten auf der einen Seite eine zusätzliche Chance für<br />
unsere Patienten, auf der anderen Seite tragen sie dazu bei,<br />
neue Therapien schrittweise bis zur Zulassung zu bringen“,<br />
fasst es Professor Scholl zusammen. Gleichwohl: „Diese frühen<br />
klinischen Studien können nur an erfahrenen Zentren durchgeführt<br />
werden“, betont Professor Andreas Hochhaus, Direktor<br />
der Klinik für Innere Medizin II am <strong>UKJ</strong>. Das trifft auf das <strong>UKJ</strong> als<br />
„Leiteinrichtung für onkologische Erkrankungen“ in Thüringen<br />
zu. Insgesamt nehmen am onkologischen Zentrum derzeit etwa<br />
750 Patienten an klinischen Studien teil. Bei gut 70 dieser Studien<br />
handelt es sich um frühe klinische Studien. Erwachsene Patienten<br />
aller Altersgruppen werden hier eingeschlossen.<br />
Katrin Bogner<br />
02 | 21<br />
31
FORSCHEN<br />
Den Fortschritt der Neuropädiatrie begleitet<br />
Prof. Ulrich Brandl verabschiedet sich nach fast 25 Jahren am <strong>UKJ</strong><br />
Magnetresonanztomographie, kurz MRT, gab es noch gar<br />
nicht, als Prof. Ulrich Brandl seine medizinische Karriere<br />
begann. Die bildgebenden Methoden zusammen mit der<br />
Molekulargenetik waren dann die großen Motoren, die<br />
„seiner“ Neuropädiatrie zu einem Aufschwung verhalfen.<br />
Nach beinahe 25 Jahren am <strong>UKJ</strong> hat sich Prof. Brandl in den<br />
Ruhestand verabschiedet und die Klinikleitung an seinen<br />
Nachfolger, Professor Peter Huppke, übergeben.<br />
Schon als Schüler fasziniert vom Gehirn und dem menschlichen<br />
Geist entschloss sich Ulrich Brandl früh, in den Bereich<br />
der Hirnforschung zu gehen. „Da es zum damaligen Zeitpunkt<br />
noch keine Studiengänge zu Neurowissenschaften gab, war<br />
das Medizinstudium der Einstieg“, so Brandl, der in Erlangen<br />
neben der Medizin auch Psychologie studierte. Eigentlich<br />
hieß das nächste berufliche Ziel dann „Neurologe“, doch<br />
durch ein Forschungsprojekt in der Kinderklinik fiel die<br />
Entscheidung zugunsten der Neuropädiatrie. 1987 wurde<br />
er Facharzt für Kinderheilkunde, ein Jahr später folgte die<br />
Habilitation. 1989 nahm er eine C3-Professur an der Freien<br />
Universität Berlin für das Fach Kinderheilkunde mit dem<br />
Schwerpunkt Neurologie an.<br />
In Jena gehörten die Neuropädiatrie und die Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie zu DDR-Zeiten noch zusammen. Erst<br />
nach der Wende entstand eine eigene Klinik für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie am Steiger, die Neuropädiatrie blieb als<br />
Abteilung der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin auf dem<br />
Areal am Westbahnhof. Als Ulrich Brandl 1996 hier als Universitätsprofessor<br />
die Leitung übernahm, zählten gerade<br />
fünf Ärzte zur Abteilung, die über eine Station und eine<br />
kleine Ambulanz verfügte. Eine einschneidende Veränderung<br />
brachte die Gründung des Sozialpädiatrischen Zentrums<br />
2002 mit sich. „Kinder mit einer neuropädiatrischen Grunderkrankung<br />
konnten wir in diesem Zentrum nun wesentlich<br />
besser versorgen“, so Prof. Brandl. Die Versorgung konnte<br />
weit über das Medizinische hinausgehen. Experten verschiedener<br />
Disziplinen kamen dazu, betreuten Kinder und Eltern<br />
psychologisch, integrierten pädagogische Maßnahmen. Das<br />
Team wuchs deutlich und kümmert sich heute jedes Jahr um<br />
rund 2000 Patienten aus ganz Thüringen, Sachsen-Anhalt,<br />
Sachsen und Nord-Bayern.<br />
Dass die molekulargenetische Diagnostik in der klinischen<br />
Routine einmal eine Rolle spielen würde, war angesichts<br />
des Zeitaufwands und der Kosten für die Gensequenzierung<br />
in den Anfangsjahren überhaupt nicht vorstellbar.<br />
Mittlerweile hat sich die Molekulargenetik zur Gentherapie<br />
weiterentwickelt und die Diagnosen werden dank moderner<br />
genetischer Methoden immer präziser. „Wir haben es im<br />
Grunde mit lauter seltenen Erkrankungen zu tun“, so Prof.<br />
Brandl. Zusammen mit Prof. Christian Hübner vom Institut<br />
für Humangenetik leitete Brandl daher auch das seit 2014<br />
bestehende Zentrum für seltene Erkrankungen in Jena.<br />
Einige Patienten begleitete er vom ersten Lebensjahr an bis<br />
ins Erwachsenenalter.<br />
Das Thema der Epilepsien hat Prof. Brandl als Wissenschaftler<br />
nie losgelassen. Seit seiner Habilitation zur topografischen<br />
EEG-Analyse bei Epilepsien im Kindesalter folgten<br />
zahlreiche klinische Studien zu Einsatz und Wirkungsweise<br />
von Antiepileptika. Er war Präsident der Gesellschaft für Epileptologie<br />
und richtete 2016 deren Jahrestagung in Jena aus.<br />
Die Ärzte-Liste das Magazins Focus listet Prof. Brandl seit<br />
fünf Jahren als Top-Mediziner für Epilepsien in Deutschland<br />
auf.<br />
„Eine gute ethische Bewertung medizinischer Forschungsvorhaben<br />
halte ich für eine wesentliche gesellschaftliche<br />
Aufgabe“, so Prof. Brandl, der sich viele Jahre in der Ethik-<br />
Kommission engagiert hat, seit 2014 als deren Vorsitzender.<br />
Eine weitere Herzensangelegenheit war ihm die Ausbildung.<br />
Als Koordinator für die Lehre im Bereich der Kinderheilkunde<br />
führte er in Jena neue Lehrmethoden wie den so genannten<br />
Problem-Orientierten Unterricht ein und baute das Training<br />
für Dozenten aus. Bei Fortbildungen möchte Prof. Brandl<br />
auch in Zukunft sein Wissen weitergeben. Doch er freut sich<br />
auch darauf, nun Zeit für seine Leidenschaft, die Fotografie,<br />
und seine beiden Enkelkinder zu haben.<br />
Anke Schleenvoigt<br />
Prof. Ulrich Brandl. Foto: Schroll<br />
32 02 | 21
FORSCHEN<br />
Ein junges Fach für junge Patienten<br />
Professor Peter Huppke übernimmt die Klinik für Neuropädiatrie<br />
Professor Peter Huppke. Foto: Szabó<br />
Bei vielen Kindern und Jugendlichen sind neurologische<br />
Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Fieberkrämpfe und<br />
Auffälligkeiten in der körperlichen und geistigen Entwicklung<br />
der Grund für den Besuch in der Kinderarztpraxis. Meistens<br />
können die Kinderärzte die Eltern beruhigen und, wenn nötig,<br />
eine Behandlung einleiten. Wenn aber das heranreifende<br />
Nervensystem von einer akuten oder chronischen Erkrankung<br />
betroffen ist und dadurch die Entwicklung von Gehirn, Rückenmark,<br />
Nerven oder Muskeln gestört wird, sind die Spezialisten<br />
der Kinderneurologie, die auch als Neuropädiatrie bezeichnet<br />
wird, Ansprechpartner für die Familien.<br />
Professor Peter Huppke kennt die Probleme der Eltern neurologisch<br />
kranker Kinder: „Meist ist es schon eine riesige Hilfe,<br />
wenn eine Diagnose gestellt wird. Damit endet für die Familien<br />
eine mitunter lange Suche, die oft auch von Selbstvorwürfen<br />
begleitet ist, sich in der Schwangerschaft oder frühen Elternschaft<br />
falsch verhalten zu haben.“ Der 53-jährige Kinderneurologe<br />
hat die Professur für Neuropädiatrie an der Friedrich-<br />
Schiller-Universität Jena angenommen und leitet seit April die<br />
Klinik für Neuropädiatrie am <strong>UKJ</strong>. Das interdisziplinäre Team ist<br />
hochspezialisiert und nutzt für die Diagnosestellung neben der<br />
sorgfältigen Anamnese und körperlichen Untersuchung verschiedenste<br />
Laboruntersuchungen, neurophysiologische Funktionsmessungen,<br />
Bildgebung und kognitive Tests. Eine immer<br />
wichtigere Rolle spielen dabei genetische Untersuchungen.<br />
„Durch die Exomsequenzierung, also die Analyse aller Gene, die<br />
Informationen für die Proteinproduktion enthalten, lassen sich<br />
ursächliche genetische Veränderungen bei der Mehrzahl der<br />
Kinder finden“, so Huppke. Bei vielen Patienten führt eine multidisziplinäre<br />
Therapie durch ein Spezialistenteam aus den Bereichen<br />
Krankengymnastik, Psychologie, Logopädie, Ergotherapie<br />
und Neuropädiatrie zu einer Besserung der Beschwerden. Aber<br />
auch die medikamentöse Therapie macht in der Neuropädiatrie<br />
große Fortschritte. So können Patienten mit kindlicher Multipler<br />
Sklerose, einem Spezialgebiet von Prof. Huppke, die noch vor 15<br />
Jahren von früher Behinderung bedroht waren, heute ein normales<br />
Leben führen. Mit Genersatztherapien wird es zunehmend<br />
möglich, auch seltene genetische Erkrankungen zu heilen. „Dazu<br />
müssen wir aber den Krankheitsmechanismus genau kennen“,<br />
betont Prof. Huppke. Die Beschreibung neuer Erkrankungen, die<br />
Untersuchung der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen<br />
und die Entwicklung von Therapien sollen im Zentrum seiner<br />
Forschung in Jena stehen.<br />
Nach seinem Medizinstudium in Göttingen absolvierte Prof.<br />
Huppke in der Universitätsmedizin Göttingen die Facharztausbildung<br />
für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und die Weiterbildung<br />
für den Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er arbeitete<br />
als Oberarzt im Zentrum Kinderheilkunde und Jugendmedizin<br />
Göttingen, das auf dem Gebiet der Kinderneurologie besonders<br />
ausgewiesen ist. In der Forschung stand lange das Rett-Syndrom,<br />
eine schwere neurologischen Entwicklungsstörung, die nur bei<br />
Mädchen vorkommt, im Mittelpunkt. Die Arbeiten zu dem klinischen<br />
Verlauf, der Krankheitsursachen und der Therapie waren<br />
die Grundlage für seine Habilitation. Weitere Forschungsschwerpunkte<br />
sind die seltenen neurologischen Erkrankungen und die<br />
entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems.<br />
„Unser Team aus Ärzten, Psychologen und therapeutischen<br />
Fachkräften koordiniert im Sozialpädiatrischen Zentrum die<br />
ambulante, stationäre und rehabilitative Behandlung. Im Mittelpunkt<br />
steht dabei immer die Lebensqualität unserer Patienten<br />
und ihrer Familien“, so Professor Huppke.<br />
Uta von der Gönna<br />
02 | 21<br />
33
FORSCHEN<br />
Gesichertes Wissen über COVID-19<br />
Übersichtsarbeit im Magazin „Lancet Respiratory Medicine“ erschienen<br />
Die seit anderthalb Jahren währende COVID-19-Pandemie hat<br />
einen beispiellosen Wettlauf um wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
angestoßen, wie die Ansteckung zurückgedrängt und die<br />
Ausmaße und Folgen der Erkrankung begrenzt werden können.<br />
Die daraus entstehende Flut von wissenschaftlichen Daten<br />
nahezu aller biomedizinischen Fachdisziplinen ist selbst für<br />
Experten kaum noch beherrschbar.<br />
Während Maßnahmen zur Infektionsprävention schnell<br />
bekannt und Impfungen im Rekordtempo entwickelt wurden,<br />
bleiben wichtige Fragen zu den Krankheitsmechanismen<br />
unterschiedlicher Krankheitsverläufe – asymptomatisch bis<br />
kritisch krank – ungeklärt. Ein Grund hierfür ist, dass die durch<br />
SARS-CoV-2 ausgelöste körpereigene Abwehrreaktion äußerst<br />
komplex und uneinheitlich ausfällt. Dadurch fehlen aber wichtige<br />
Voraussetzungen für die Entwicklung evidenzbasierter<br />
Behandlungsstrategien gegen COVID-19.<br />
Koordiniert von Autoren aus Wien, Göttingen und Jena hat die<br />
European Group on Immunology of Sepsis, kurz EGIS, nun die<br />
Masse der erschienenen Publikationen gesichtet und kritisch<br />
ausgewertet. In einem ausführlichen Übersichtsartikel fasst<br />
die Autorengruppe die wichtigsten Erkenntnisse zur COVID-<br />
19-Pathophysiologie zusammen. 2018 als wissenschaftliche<br />
Diskussionsplattform für Fragen zur Immunologie der Sepsis<br />
etabliert, bietet das EGIS-Netzwerk durch seine Interdisziplinarität<br />
beste Voraussetzungen, um die ausufernde COVID-<br />
Datenmenge zu sichten und kritisch zu durchleuchten. EGIS<br />
umfasst 27 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus<br />
zehn Ländern und verschiedenen Fachdisziplinen. „Die vorbehaltfreie<br />
Zusammenarbeit über Fächer- und Ländergrenzen<br />
hinweg ist entscheidend, gerade in der derzeitigen Situation“,<br />
betont einer der EGIS-Koordinatoren und Letztautor Dr. Ignacio<br />
Rubio vom <strong>UKJ</strong>. „Nur durch eine größtmögliche Bündelung wissenschaftlicher<br />
Expertise werden wir in unserem Streben nach<br />
gesichertem ‚COVID-19-Wissen‘ entscheidend vorankommen.“<br />
Welche Ergebnisse konnte das EGIS-Team nun zur Pathophysiologie,<br />
also den Krankheitsmechanismen von COVID-19<br />
zusammentragen? Im Unterschied zu anderen Corona-Viren,<br />
die häufig nur milde bis moderate Erkältungssymptome verursachen,<br />
vermehrt sich SARS-CoV-2 in den unteren Atemwegen<br />
und löst so eine schwere Lungenentzündung bis hin zu akutem<br />
Lungenversagen aus. Ein entscheidender „infektiöser Vorteil“<br />
von Sars-CoV-2 ist hierbei dessen gleichzeitig lang andauernde<br />
Besiedlung und Vermehrung auch in den oberen Atemwegen.<br />
Dazu kommt eine untypische Immunantwort. Im Vergleich<br />
zu Influenza und anderen schweren Infektionen werden bei<br />
COVID-19 länger entzündungsfördernde Botenstoffe, Zytokine<br />
genannt, produziert, jedoch in deutlich niedrigerer<br />
Konzentration. Dieses untypische Entzündungsprofil unterscheidet<br />
COVID-19 von anderen septischen Krankheitsbildern<br />
und erschwert möglicherweise die Immunantwort und<br />
damit auch die effiziente Elimination des Virus. Tatsächlich<br />
ist eine hohe virale Belastung mit der Erkrankungsschwere<br />
assoziiert.<br />
Im Verbund mit einer fehlregulierten Entzündungsantwort<br />
kann die Schädigung des Endothels nicht nur<br />
die Lunge, sondern auch Organe wie Gehirn, Herz,<br />
Nieren, Darm und Leber in Mitleidenschaft ziehen.<br />
Verglichen mit einer Influenza-Grippe<br />
oder SARS treten bei COVID-19 Komplikationen<br />
wie Multiorganversagen und<br />
schwere Gerinnungsstörungen häufiger<br />
auf.<br />
Priv.-Doz. Marcin Osuchowski<br />
vom Ludwig Boltzmann Institut<br />
für Traumatologie, Forschungszentrum<br />
der AUVA in Wien:<br />
„Es wird zunehmend deutlich,<br />
dass die Schwere von COVID-<br />
19-Erkrankungen mit einer<br />
fehlregulierten Antwort des<br />
Immunsystems in Zusammenhang<br />
steht, die sich von bislang<br />
bekannten Mechanismen und<br />
Ursachen einer Sepsis unterscheidet.<br />
Wir raten zur Vorsicht<br />
gegenüber der weit verbreiteten<br />
Vorstellung eines systemischen<br />
Zytokinsturms als führender Grund<br />
für die beobachteten Multiorganreaktionen.<br />
Die Datenlage dazu ist noch<br />
nicht eindeutig.“<br />
Uta von der Gönna<br />
Weitere Informationen:<br />
European Group on Immunology of Sepsis:<br />
http://www.egis-online.eu/<br />
Bildquelle: CSCC<br />
34 02 | 21
LEHREN<br />
Ausgezeichnet für exzellente Lehre<br />
Ars legendi Fakultätenpreis für die Lehrkoordinatorin<br />
für Neurologie am <strong>UKJ</strong>: Dr. Caroline Klingner<br />
Mit Kommentaren wie „extrem motiviert und ansteckend gute<br />
Laune“ oder „unglaublicher Aufwand und Herzblut für die Lehre“<br />
begründeten die Studierenden bereits vor zwei Jahren die Auszeichnung<br />
von Dr. Caroline Klingner für ihrer Lehrveranstaltungen<br />
am Universitätsklinikum Jena. Die Oberärztin in der Klinik<br />
für Neurologie koordiniert den sogenannten NePs-Block, den<br />
interdisziplinären Themen-Block „Nervensystem und Psyche“ im<br />
7. Fachsemester, an dem die großen klinischen Fächer Neurologie,<br />
Psychiatrie und Psychosomatik, aber auch zahlreiche andere<br />
Institutionen mit Vorlesungen, Seminaren und praktischen Lehrveranstaltungen<br />
beteiligt sind. Und sie ist Ansprechpartnerin für<br />
die Studierenden im Praktischen Jahr in der Neurologie, dessen<br />
Ausbildungsprogramm sie engagiert mit weiterentwickelt.<br />
von dieser Auszeichnung profitiert und wir unser neues medizindidaktisches<br />
Curriculum voller Tatendrang umsetzen können.“<br />
„Wir gratulieren Frau Klingner sehr herzlich und freuen uns für<br />
sie und die gesamte Fakultät! Als Anerkennung für ihr außergewöhnliches<br />
Engagement und ihre Begeisterung für die Lehre ist<br />
die Auszeichnung für sie nur zu gerechtfertigt“, betonen Dekan<br />
und Studiendekan der Medizinischen Fakultät Jena, Prof. Thomas<br />
Kamradt und Prof. Ulf Teichgräber. „Mit solch engagierten Lehrenden<br />
werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen im<br />
Medizinstudium sehr gut meistern.“<br />
Uta von der Gönna<br />
Kreativ und innovativ reagierte Caroline Klingner auch auf<br />
die pandemiebedingte Veränderung der Studiensituation:<br />
Sie erstellte neurologische Lehrvideos als Grundstein für ein<br />
gesamtes digitales Lehrkonzept. Das begeisterte nicht nur die<br />
Medizinstudierenden, sondern auch die Jury des Ars legendi-<br />
Fakultätenpreises Medizin. Diese zeigte sich beeindruckt von der<br />
besonderen intrinsischen Motivation, mit der Caroline Klingner<br />
Bedarfe erkennt und Lösungswege umsetzt und zeichnet sie<br />
dafür mit dem Preis für exzellente Lehre in der Hochschulmedizin<br />
<strong>2021</strong> aus, gemeinsam mit PD Dr. Jobst-Hendrik Schultz aus<br />
Heidelberg. Der mit 30.000 Euro dotierte Lehrpreis wird jährlich<br />
vom Stifterverband und vom Medizinischen Fakultätentag<br />
vergeben.<br />
Die Preisträgerin ist völlig überrascht: „Ich hatte mich schon<br />
über die Nominierung wahnsinnig gefreut. Aber dass es mir nun<br />
tatsächlich gelungen ist, den Preis nach Jena zu holen, hätte ich<br />
nicht gedacht“, so Caroline Klingner. „Der Preis zeigt aber auch,<br />
dass wir uns mit unseren Anstrengungen im Bereich der Lehre auf<br />
dem richtigen Weg befinden und das <strong>UKJ</strong> im nationalen Vergleich<br />
der medizinischen Fakultäten durchaus Strahlkraft besitzt. Ich<br />
hoffe insbesondere, dass die gesamte Medizindidaktik in Jena<br />
Dr. Caroline Klingner. Foto: <strong>UKJ</strong><br />
KONTAKT<br />
Dr. Caroline Klingner<br />
Klinik für Neurologie<br />
E-Mail: Caroline.Klingner@med.uni-jena.de<br />
02 | 21<br />
35
HINTER DEN KULISSEN<br />
Ein tragendes Netz für jeden Patienten stricken<br />
Über die essenzielle Arbeit des Teams vom Kliniksozialdienst<br />
„Patient ist zuhause<br />
unzureichend versorgt.“<br />
Manchmal<br />
ist es nicht mehr als<br />
diese Information<br />
von einer Station,<br />
mit der die Mitarbeiter<br />
vom Kliniksozialdienst<br />
ihre<br />
Arbeit beginnen. Der<br />
Patient ist heute ein<br />
78-jähriger Herr, der<br />
nach einer größeren<br />
Operation nicht in<br />
Yvonne Wiese<br />
der Lage ist, seinen<br />
Alltag zu Hause zu bewältigen. Welche<br />
Ressourcen gibt es? Wie kann ihn seine<br />
Familie unterstützen? Ratlos zuckt der<br />
Patient mit den Schultern, als die Mitarbeiterin<br />
vom Sozialdienst in einem<br />
ersten Gespräch herauszufinden versucht,<br />
welche Maßnahmen im Moment<br />
notwendig sind. „Viele Patienten sind<br />
in dieser Situation vollkommen überfordert“,<br />
sagt Yvonne Wiese, die den<br />
Sozialdienst am <strong>UKJ</strong> leitet. Dabei spiele<br />
es keine Rolle, ob die Patienten jung<br />
oder alt, leichter oder schwer krank<br />
sind.<br />
Das Team Sozialdienst braucht jedoch<br />
Informationen, um für den Patienten<br />
ein passendes „Hilfenetz“ zu stricken.<br />
Normalerweise würden sich die<br />
Experten mit den Angehörigen und<br />
dem Patienten für ein gemeinsames<br />
Gespräch treffen. In Pandemiezeiten<br />
müssen die Sozialdienstmitarbeiter<br />
zum Telefon greifen. Doch bevor es in<br />
diesen Gesprächen um die Nachversorgung<br />
gehen kann, stehen zurzeit<br />
ganz andere Fragen im Mittelpunkt:<br />
Wie geht es meinen Angehörigen im<br />
Krankenhaus überhaupt? Die Angehörigen<br />
machen sich Sorgen, da sie<br />
nicht zu Besuchen kommen konnten.<br />
„Wir müssen sie dann erst einmal<br />
auffangen, bevor wir mit unserer<br />
eigentlichen Arbeit beginnen können“,<br />
so Wiese. Seit November 2019 leitet die<br />
diplomierte Sozialarbeiterin/-pädagogin<br />
den neu organisierten Kliniksozialdienst.<br />
Die 18 Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter – alles studierte Sozialarbeiter,<br />
Sozialpädagogen oder Erziehungswissenschaftler<br />
– kümmern sich<br />
nun in drei Teams um die Patienten.<br />
Die Herausforderungen sind sehr<br />
unterschiedlich. Bei Patienten der<br />
chirurgischen Kliniken geht es meist<br />
darum, zügig die Verlegung in eine<br />
Reha-Einrichtung zu organisieren.<br />
Für Patienten der Kliniken für Innere<br />
Medizin mit mehreren, zum Teil sehr<br />
komplexen Erkrankungen ist die Frage,<br />
welche ambulante Versorgung koordiniert<br />
werden muss oder ob die Verlegung<br />
in ein Pflegeheim notwendig<br />
ist. Die Sozialarbeiterinnen der Jenaer<br />
Kinderklinik kümmern sich in vielen<br />
spezialisierten Zentren um kleine<br />
Patienten, deren Familien manchmal<br />
sehr weit weg wohnen. „Das sind dann<br />
sehr komplexe Fragestellungen an uns<br />
als Sozialdienst, wenn wir eine Versorgung<br />
in 100 Kilometern Entfernung auf<br />
die Beine stellen müssen“, so Wiese.<br />
Ihr Team nimmt dann Kontakt zu allen<br />
wichtigen Ansprechpartnern auf und<br />
koordiniert die Hilfen in vielen verschiedenen<br />
Konstellationen.<br />
Welche Versorgung ist für den Patienten<br />
am besten, welche ist momentan<br />
möglich und welche lässt sich innerhalb<br />
kurzer Zeit realisieren? Es sind<br />
viele verschiedene Fäden, die die Sozialdienstmitarbeiter<br />
zu einem tragenden<br />
Netz zusammenziehen müssen.<br />
Durch eine ausführliche Sozialanamnese<br />
erfassen sie zunächst die Ressourcen,<br />
um die notwendigen Schritte<br />
zu planen. Welche Nachversorger und<br />
Hilfsmittel müssen für die Pflege zu<br />
Hause organisiert werden? Wer sind<br />
die Kostenträger? Welche Gesetzlichkeiten<br />
greifen für den Patienten? Die<br />
Kliniksozialarbeiter lotsen den Patienten<br />
und die Angehörigen durch das<br />
Fragendickicht und stellen mit ihnen<br />
alle notwendigen Anträge. Neben der<br />
sozialrechtlichen Beratung spielt die<br />
psychosoziale Beratung eine wichtige<br />
Rolle – die Erstberatung für onkologische<br />
Patienten ebenso wie Hilfestellungen,<br />
um beispielsweise Probleme<br />
im sozialen Umfeld zu bewältigen.<br />
„Wir sind eine kleine, aber sehr wichtige<br />
Berufsgruppe am Klinikum“, fasst<br />
Wiese zusammen.<br />
Neue digitale Lösungen, an denen<br />
Wiese und ihr Team mitgewirkt haben,<br />
ermöglichen mehr Transparenz und<br />
unterstützen auf dem Weg der Digitalisierung.<br />
Seit kurzem nutzt der Sozialdienst<br />
ein überarbeitetes und an den<br />
aktuellen Anforderungen angepasstes<br />
integriertes Tool im SAP („Patientenüberleitung“),<br />
das die Leistungen des<br />
Sozialdienstes erfasst und transparent<br />
macht. Zudem können Ärzte von ihrem<br />
PC aus notwendige Anträge beziehungsweise<br />
Befundberichte für den<br />
Patienten direkt bearbeiten. Wiese:<br />
„Die strukturierte Dokumentation der<br />
Beratungsinhalte und Interventionen<br />
ist für alle am Hilfeprozess Beteiligten<br />
nachlesbar, sodass die Patientenüberleitung<br />
ein wichtiges Instrument für<br />
den Sozialdienst darstellt.“<br />
Über das kürzlich eingeführte Online-<br />
Portal „Pflegeplatzmanager“ können<br />
die Mitarbeiter Anfragen stellen,<br />
wenn sie beispielsweise einen Platz<br />
in einem Pflegeheim benötigen oder<br />
einen Pflegedienst suchen. Angezeigt<br />
werden ihnen dann alle freien Kapazitäten<br />
in der Wunschregion.<br />
36 02 | 21
HINTER DEN KULISSEN<br />
Die COVID-19-Pandemie hat sich auch<br />
im Alltag der Sozialdienstmitarbeiter<br />
deutlich bemerkbar gemacht. „Viele<br />
Patienten sind sehr verunsichert, wie<br />
es nach dem Klinikaufenthalt weitergehen<br />
soll“, so Wiese. Die Familie sei<br />
durch Homeoffice und Homeschooling<br />
stark belastet und die Unterstützung<br />
durch die pflegenden Angehörigen<br />
und Ehrenamtliche aufgrund der Kontaktbeschränkungen<br />
fast komplett<br />
weggebrochen. Einerseits, so die Sozialdienstleiterin,<br />
steige dadurch der<br />
Bedarf an professioneller Hilfe durch<br />
Pflegedienste und -heime, andererseits<br />
melden gerade diese Einrichtungen<br />
Aufnahmestopps, weil sie weniger<br />
Patienten versorgen können, eine Quarantäne<br />
verhängt wurde, Coronafälle<br />
aufgetreten sind oder Personal fehlt.<br />
„Der Bedarf an Krisengesprächen ist<br />
hoch.“<br />
Gespräche mit Angehörigen, psychosoziale Beratung von Patienten, die<br />
Abfrage von verfügbaren Kapazitäten über das Portal "Pflegeplatzmanager" -<br />
die Aufgaben von Yvonne Wiese, Bettina Kreitel, Stefanie Breitschuh<br />
und dem gesamten Team vom Kliniksozialdienst sind vielfältig.<br />
Fotos: Rodigast / Foto links: privat<br />
Dennoch findet sich immer eine<br />
Lösung – wenn auch über Umwege. „Wir<br />
haben in den vergangenen Monaten<br />
viele Übergangslösungen für unsere<br />
Patienten gefunden“, so Wiese. „Eine<br />
große Unterstützung sind dabei unsere<br />
breitaufgestellten Netzwerke.“<br />
Im beruflichen, sowie im privaten ist<br />
vom Sozialdienstteam viel Flexibilität<br />
gefragt. „Homeoffice ist für die Mitarbeiter<br />
des Kliniksozialdienstes keine<br />
Option, da die Begutachtung der Patienten<br />
überwiegend vor Ort erfolgen<br />
muss.“ Trotz Kita- und Schulschließungen<br />
ist das Sozialdienstteam in<br />
dieser schwierigen Zeit immer für die<br />
Patienten da gewesen, so Wiese. „Ich<br />
bin wirklich sehr stolz auf das ganze<br />
Team und möchte mich nochmal für<br />
das Engagement eines jeden Einzelnen<br />
bedanken.“<br />
Anke Schleenvoigt
KURZ UND KNAPP<br />
Ein Apfelbaum zum Erinnern<br />
Noch trägt er keine Früchte, aber erste weiße Blüten.<br />
Der Apfelbaum im Garten der Palliativmedizin am <strong>UKJ</strong><br />
wächst und gedeiht bestens. Im Herbst vergangenen<br />
Jahres wurde er gepflanzt und nun von seinen Sponsoren<br />
offiziell an PD Dr. Ulrich Wedding, Chefarzt der<br />
Abteilung Palliativmedizin der Klinik für Innere Medizin<br />
II am <strong>UKJ</strong>, übergeben. Der Baum soll Mittelpunkt eines<br />
Gedenkplatzes für Patienten und Mitarbeiter sein. „Ein<br />
herzliches Dankeschön an die zehn Sponsoren, ohne die<br />
der Apfelbaum nicht schon seinen Platz bei uns hätte.<br />
Unser Garten ist ein wichtiger Ort der Ruhe für unsere<br />
Patienten. Mit dem Apfelbaum wollen wir ihn nicht nur<br />
verschönern, sondern wortwörtlich auch ein Symbol<br />
der Erinnerung setzen“, so Wedding.<br />
Claudia Koppe, Vorsitzende des Vereins „Leben heißt<br />
auch Sterben e.V.“, hat die Aktion koordiniert und<br />
Spenden gesammelt: „Erinnerung ist ein wichtiger<br />
Bestandteil der Palliativmedizin, sowohl für Angehörige<br />
als auch für die Mitarbeiter. Daher haben wir sehr gern<br />
den Wunsch aufgenommen, unsere Unterstützer und<br />
Partner angesprochen, um den Erinnerungsplatz finanzieren<br />
zu können. Der Verein ‚Leben heißt auch Sterben<br />
e.V.‘ ist genau für solche Projekte geschaffen. Wir helfen<br />
unbürokratisch wo es geht, wichtige Wünsche zu erfüllen.<br />
Es freut uns, dass es wieder gelungen ist und wir<br />
hoffen, dass der Baum bald in aller Pracht erstrahlt.”<br />
(me)<br />
Diabetes für den<br />
Praxisalltag erklärt<br />
Etwa acht Millionen Menschen<br />
in Deutschland<br />
sind von Diabetes mellitus<br />
betroffen – Tendenz<br />
weiter steigend. Aufgrund<br />
dieser Häufigkeit<br />
wird jeder Hausarzt, jede<br />
Allgemeinmedizinerin<br />
und Internistin in der<br />
Praxis zwangsläufig mit<br />
der Erkrankung konfrontiert.<br />
An sie – aber auch<br />
an Diabetesberaterinnen und -assistenten und an<br />
Interessierte anderer Fachrichtungen – richtet sich<br />
das im Elsevier-Verlag erschienene Buch „Essentials<br />
Diabetes“. „Das Buch bietet einen schnellen Einstieg,<br />
ohne allzu tief ins Detail zu gehen, und es gibt einen<br />
Überblick über die ganz Bandbreite des Themas“, fasst<br />
Prof. Dr. Gunter Wolf zusammen. Der Direktor der Klinik<br />
für Innere Medizin III am <strong>UKJ</strong> hatte die Idee zu diesem<br />
Buch. Herausgegeben hat er das Werk zusammen mit<br />
Dr. Günther Egidi aus Bremen, Dr. Andreas Klinge aus<br />
Hamburg und Prof. Dr. Ulrich Müller aus der Praxis für<br />
Diabetologie und Endokrinologie Jena im MVZ Dr. Kielstein,<br />
Ambulante Medizinische Versorgung Erfurt. Ein<br />
Großteil der Autoren ist am <strong>UKJ</strong> tätig, PD Dr. Dr. Nicolle<br />
Müller aus dem Fachbereich Endokrinologie (Diabetes)<br />
und Stoffwechselerkrankungen an der KIM III hat das<br />
Projekt koordiniert.<br />
Diplom-Psychologin Ursula Strobel, PD Dr. Ulrich<br />
Wedding, Chefarzt der Abteilung Palliativmedizin, Madlin<br />
Streipert, Somengo GmbH (stellvertretend für alle<br />
Sponsoren) und Claudia Koppe, Vorsitzende des Vereins<br />
„Leben heißt auch Sterben e.V.“ (v.l.n.r.). Foto: Szabó<br />
Essen und Trinken, Bewegung, die Kontrolle und Einnahme<br />
von Medikamenten – bei keiner anderen Erkrankung<br />
beeinflusst das Verhalten der Betroffenen so sehr<br />
den Erfolg der Behandlung wie bei Diabetes mellitus.<br />
Wie Patienten dies alles in ihrem Alltag aufeinander<br />
abstimmen, lernen sie durch spezielle Schulungen.<br />
„Wir haben deshalb großen Wert daraufgelegt, dass<br />
Diabetologen, Hausärzte und Diabetesberater das Buch<br />
gemeinsam gestalten“, so Prof. Müller. So enthält das<br />
Werk auch viele praktische Tipps für den Alltag. Wichtige<br />
Anregungen seien dafür die Gespräche mit Hausärzten<br />
und Diabetologen zu den jährlichen Kursen für<br />
evidenzbasierte Diabetologie in Jena gewesen sowie die<br />
Fragen der Beteiligten an den Weiterbildungskursen zur<br />
Diabetesassistentin oder Diabetesberaterin.<br />
(as)<br />
38 02 | 21
Expertise für<br />
Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />
Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) hat das<br />
Pankreaskrebszentrum am <strong>UKJ</strong> als sogenanntes<br />
Organkrebszentrum zertifiziert. „Gerade die Diagnostik<br />
von Bauchspeicheldrüsenkrebs benötigt fundiertes<br />
Wissen und langjährige Erfahrung“, sagt Prof. Utz<br />
Settmacher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeralund<br />
Gefäßchirurgie, an dem das Zentrum angesiedelt<br />
ist. „Das Zertifikat bestätigt, dass wir die hohen<br />
Anforderungen der DKG erfüllen.“<br />
Buch Liebe<br />
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist selten, gehört jedoch zu<br />
den am häufigsten zum Tode führenden Krebserkrankungen.<br />
Ein Karzinom am sogenannten Pankreas wird<br />
oft erst spät erkannt. „Denn zum einen fehlen geeignete<br />
Screeningmethoden in der Vorsorge. Zum anderen<br />
werden die ersten Beschwerden wie unspezifische<br />
Bauchschmerzen, Übelkeit oder Rückenschmerzen oft<br />
nicht als Anzeichen für den aggressiven Krebs erkannt“,<br />
so Prof. Falk Rauchfuß, Oberarzt und Koordinator des<br />
Zentrums. „Die operative Entfernung des Tumors ist<br />
meist die einzige Chance auf Heilung.“<br />
Wichtig ist es für die Betroffenen, Hilfe in spezialisierten<br />
Zentren zu erhalten, in denen qualifizierte Experten<br />
verschiedener Fachdisziplinen zusammenarbeiten. In<br />
diesem Zusammenhang lobte die Zertifizierungskommission<br />
der DKG vor allem die hohe Fortbildungsquote<br />
der Mitarbeiter. Außerdem hob sie die große Anzahl an<br />
Studien hervor, mit denen die Mediziner die Diagnostik<br />
von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs künftig<br />
verbessern und die Therapiemöglichkeiten weiterentwickeln<br />
wollen.<br />
Prof. Rauchfuß berät gemeinsam mit Kollegen<br />
über die geeignete Therapie. Foto: Rodigast<br />
(ac)<br />
Jenaer<br />
Universitätsbuchhandlung<br />
Thalia<br />
Neue Mitte Jena«<br />
Leutragraben 1 · 07743 Jena<br />
Tel. 03641 4546-0<br />
E-Mail: thalia.jenaneuemitte@thalia.de<br />
02 | 21<br />
39
KURZ UND KNAPP<br />
Foto: Rodigast<br />
Verstärkung von den Philippinen<br />
<strong>UKJ</strong> begrüßt neue internationale Pflegekräfte<br />
„Mehr als 17.000 Kilometer liegen zwischen<br />
Jena und Manila, der Hauptstadt<br />
der Philippinen. Zusammen mit sieben<br />
weiteren jungen Frauen hat Farrell<br />
Joy Gonzales diesen Weg aus ihrem<br />
ostasiatischen Heimatland im Westpazifik<br />
nach Thüringen zurückgelegt. In<br />
Deutschland war die 34-Jährige vorher<br />
noch nie. Doch weder die lange Anreise<br />
noch die fremde Umgebung scheinen<br />
ihr etwas auszumachen. Lächelnd wirft<br />
sie einen Blick auf die Lobdeburg, die<br />
von der Terrasse der Cafeteria am<br />
Universitätsklinikum Jena (<strong>UKJ</strong>) gut zu<br />
sehen ist.<br />
„Wir freuen uns wirklich sehr, dass Sie<br />
nach Deutschland gekommen sind,<br />
um uns in der Pflege zu unterstützen“,<br />
betont der stellvertretende Pflegedirektor<br />
René Kelling bei der Begrüßung<br />
am <strong>UKJ</strong>. Die ersten Tage stehen jetzt<br />
ganz im Zeichen des Ankommens und<br />
Kennenlernens. Neben einem Stadtrundgang<br />
und einer Führung durchs<br />
Klinikum ist auch eine gemeinsame<br />
Wanderung geplant. Aber auch erste<br />
Schulungen zu Themen wie Hygiene<br />
und Datenschutz stehen auf dem<br />
Programm.<br />
Kranke Menschen sind überall auf der<br />
Welt recht ähnlich, so Kelling. „Doch wie<br />
man in Deutschland lebt und pflegt,<br />
das wollen wir Ihnen vor allem im<br />
nächsten halben Jahr zeigen“, verspricht<br />
er den Neuankömmlingen. Die Integration<br />
der internationalen Pflegekräfte<br />
spiele für ihn eine ganz wichtige Rolle.<br />
Augenheilkunde, Kardiologie, Infektiologie,<br />
HNO, Geriatrie, Neurologie,<br />
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
– jede Philippinerin ist einer anderen<br />
Station zugeordnet und wird hier von<br />
Mentoren unterstützt. Die Mentoren,<br />
die sich in speziellen Schulungen auf<br />
die Einarbeitung in einfacher Sprache<br />
vorbereitet haben, und ihre Stationsleitungen<br />
haben sich ihren neuen Mitarbeitern<br />
bereits kurz vorgestellt. Auch<br />
Falko Schlunk vom Personalrat steht als<br />
Ansprechpartner bereit.<br />
An vier Tagen pro Woche werden die<br />
neuen Mitarbeiterinnen zunächst als<br />
Krankenpflegehelferinnen auf ihren<br />
Stationen tätig sein. An einem Tag in<br />
der Woche absolvieren sie einen Kenntniskurs<br />
und lernen die deutschen pflegefachlichen<br />
Begriffe. Wenn sie diesen<br />
Kurs erfolgreich absolviert haben, kann<br />
ihr Berufsabschluss als examinierte<br />
Gesundheits- und Krankenpflegerin<br />
in Deutschland anerkannt werden.Der<br />
kurzen Ansprache zur Begrüßung kann<br />
Farrell Joy Gonzales schon recht gut<br />
folgen. Ein Dreivierteljahr lang hat sie<br />
einen Vorbereitungskurs in ihrer Heimat<br />
belegt und am Ende eine Deutschprüfung<br />
auf dem Niveau B2 absolviert. Wie<br />
ihre Kolleginnen auch bringt sie zudem<br />
mehrere Jahre Klinikerfahrung mit. Auch<br />
die Arbeit im Ausland ist ihr vertraut –<br />
sie hat bereits mehrere Jahre in Saudi-<br />
Arabien verbracht.<br />
Der Ansatz, internationale Pflegekräfte<br />
zu gewinnen, um den Pflegenotstand<br />
entgegenzuwirken und das Personal<br />
am <strong>UKJ</strong> zu entlasten, ist nicht ganz neu.<br />
Bereits 2016 und 2018 konnte jeweils<br />
eine Gruppe Pflegekräfte aus Italien in<br />
Jena begrüßt werden. Mit vier verschiedenen<br />
Recruiting-Firmen laufe derzeit<br />
die Zusammenarbeit, so Christine<br />
Schulze. Seit 2019 betreut sie als Mitarbeiterin<br />
der Pflegedirektion das Thema<br />
internationale Pflegekräfte. Im vergangenen<br />
Jahr haben die ersten Mitarbeiter<br />
aus Albanien und aus der Ukraine am<br />
Klinikum begonnen. Die acht philippinischen<br />
Pflegerinnen, die jetzt begrüßt<br />
wurden, sind die ersten von insgesamt<br />
60, die über das Jahr <strong>2021</strong> verteilt am <strong>UKJ</strong><br />
ihre Arbeit aufnehmen werden. Wichtig<br />
ist allen Beteiligten, dass nur in den<br />
Ländern rekrutiert wird, die über eine<br />
ausreichende Zahl an Pflegekräften<br />
verfügen, um die eigene Bevölkerung<br />
zu versorgen.<br />
Anke Schleenvoigt<br />
40 02 | 21
KURZ UND KNAPP<br />
Was ist das?<br />
Erkennen Sie, was auf diesem Foto<br />
zu sehen ist?<br />
Schreiben Sie uns Ihre Antwort (unbedingt<br />
mit Angabe Ihrer Postadresse)<br />
bis zum 15. August <strong>2021</strong> an die Redaktion<br />
<strong>Klinikmagazin</strong>, Bachstraße 18,<br />
07743 Jena oder per Mail an presse@<br />
med.uni-jena.de. Unter den Einsendern<br />
mit der richtigen Antwort verlosen<br />
wir unter Ausschluss des Rechtswegs<br />
einen Büchergutschein im Wert von<br />
40 Euro sowie drei Büchergutscheine<br />
im Wert von je zehn Euro, die von der<br />
Jenaer Universitätsbuchhandlung<br />
gesponsert werden.<br />
Auflösung<br />
In Heft 137 suchten wir:<br />
Notfallrucksack<br />
Gewinner des 40-Euro-Gutscheins:<br />
Wolfgang Görlach<br />
Gewinner der 10-Euro-Gutscheine:<br />
Nadine Petsch, Kerstin Pechmann,<br />
Mona Krämer<br />
Foto: Rodigast<br />
Impressum<br />
Ausgabe: 2|<strong>2021</strong>, Nummer 138<br />
Herausgeber:<br />
V.i.S.d.P.:<br />
Redaktionsleitung:<br />
Redaktionsteam:<br />
Layout:<br />
Auflage:<br />
Universitätsklinikum Jena | Bachstraße 18 | 07743 Jena<br />
<strong>UKJ</strong> Förderverein | Am Klinikum 1 | 07747 Jena<br />
Annett Lott, Stabsstelle Unternehmenskommunikation<br />
Anke Schleenvoigt<br />
Katrin Bogner (kbo), Anne Curth (ac), Dr. Uta von der Gönna (vdG), Michelle Korneli (me), Annett Lott (ane),<br />
Anke Schleenvoigt (as)<br />
Klinisches Medienzentrum des Universitätsklinikums Jena<br />
7 000 Exemplare<br />
Erscheinungsweise: 4 Ausgaben pro Jahr / Die nächste Ausgabe erscheint im Oktober <strong>2021</strong><br />
Kontakt:<br />
Tel.: 03641 9-39 11 81, E-Mail: presse@med.uni-jena.de<br />
Wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text die männliche Form gewählt wurde, beziehen sich die Angaben auf Angehörige<br />
beider Geschlechter. Nachdruck von Inhalten nur mit Genehmigung der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums Jena<br />
(<strong>UKJ</strong>) gestattet.<br />
02 | 21<br />
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TERMINE & KONTAKTE<br />
Veranstaltungen Juli bis September <strong>2021</strong><br />
GEBURTSVORBEREITUNGSKURSE<br />
Der Kompaktpaarkurs zur Geburtsvorbereitung vermittelt die wesentlichen Abläufe und Informationen rund um die<br />
Geburt und möchte werdenden Eltern Sicherheit für die bevorstehende Geburt geben. Die Kurse finden derzeit online<br />
statt.<br />
Jeweils Dienstag: 17.00 bis 20.00 Uhr und Mittwoch: 16.00 bis 20.30 Uhr<br />
Die genauen Termine und Anmeldung unter:<br />
geburtsvorbereitung@med.uni-jena.de<br />
https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/Geburtsvorbereitungskurse.html<br />
FORTBILDUNGEN FÜR PFLEGENDE<br />
6.9.<strong>2021</strong><br />
9.00 bis 13.00 Uhr<br />
Servicequalität –<br />
Kommunikation wie<br />
im Hotel?<br />
8.9.<strong>2021</strong><br />
14.00 bis 16.00 Uhr<br />
Die Pflege und<br />
Begleitung sterbender<br />
Patienten<br />
10.9.<strong>2021</strong><br />
14.00 bis 15.30 Uhr<br />
Psychosen – Wenn<br />
die Realität verzerrt<br />
ist<br />
13.9.<strong>2021</strong><br />
14.00 bis 16.00 Uhr<br />
Pflege eines Patienten<br />
mit zentralem<br />
Venenkatheter<br />
14.9.<strong>2021</strong><br />
9.00 bis 16.00 Uhr<br />
Rechtsgrundlagen in<br />
der Krankenpflege –<br />
Teil 2<br />
16.9.<strong>2021</strong><br />
14.00 bis 15.30 Uhr<br />
Klinische Kompressionstherapie<br />
17.9.<strong>2021</strong><br />
14.00 bis 15.30 Uhr<br />
Multiple Sklerose<br />
Informationen und Anmeldung über: pflegefortbildung@med.uni-jena.de / Tel. 03641 9-39 51 54<br />
ONKO-KREIS<br />
Die Thüringische Krebsgesellschaft e.V. und die Ambulanz für Naturheilkunde und Integrative Onkologie der Klinik<br />
für Innere Medizin II bieten Krebserkrankten und ihren Angehörigen regelmäßig Vorträge an. Die Teilnahme ist<br />
kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Im Rahmen der Vorträge werden gerne Ihre Fragen beantwortet.<br />
Alle Veranstaltungen finden derzeit virtuell als Online-Seminar statt. Wenn es die Pandemiebedingungen zum Zeitpunkt<br />
der Veranstaltung zulassen, wird diese zusätzlich als Präsenzveranstaltung in den neuen Geschäftsräumen<br />
der TKG, Am Alten Güterbahnhof 5 in 07743 Jena, durchgeführt. Bitte informieren Sie sich im Vorfeld auf der Webseite:<br />
https://krebsgesellschaft-thueringen.de/alle-veranstaltungen.html<br />
19.7.<strong>2021</strong><br />
16.00 bis 17.00 Uhr<br />
Sozialrechtliche<br />
Fragen bei Krebs –<br />
ein kleiner Überblick<br />
Referentin:<br />
Jana Pfeiffer, Thüringische<br />
Krebsgesellschaft<br />
e.V.<br />
6.9.<strong>2021</strong><br />
16.00 bis 17.00 Uhr<br />
Mit dem Kochlöffel<br />
für das Immunsystem<br />
– kleine<br />
Gerichte, schnell<br />
gemacht<br />
Referentin:<br />
Uta Fernkäse, Diplom<br />
Trophologin<br />
27.9.<strong>2021</strong><br />
16.00 bis 17.00 Uhr<br />
Körperliche Bewegung<br />
– Was tut<br />
Patient*innen mit<br />
einer Krebserkrankung<br />
gut?<br />
Referent:<br />
Dr. Steffen Derlien,<br />
Institut für Physiotherapie,<br />
<strong>UKJ</strong><br />
04.10.<strong>2021</strong><br />
16.00 bis 17.00 Uhr<br />
Rehabilitation als<br />
wichtiger Baustein<br />
der onkologischen<br />
Therapie<br />
Referent:<br />
Dr. Thomas Stauch,<br />
MEDIAN Reha-Zentrum<br />
Bad Berka<br />
11.10.<strong>2021</strong><br />
16.30 bis 17.00 Uhr<br />
Moderne Krebstherapien<br />
- Was können<br />
Operationen,<br />
Strahlentherapie<br />
und moderne Medikamente<br />
leisten?<br />
Referentin:<br />
Prof. Dr. Jutta Hübner,<br />
Klinik für<br />
Innere Medizin II<br />
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TERMINE & KONTAKTE<br />
Wegweiser für Patienten<br />
ZENTRALE<br />
RUFNUMMERN<br />
Zentrale Klinikum<br />
Tel.: 03641 9-300<br />
Empfang Haupteingang<br />
Tel.: 03641 9-32 08 50<br />
Empfang Haus E<br />
Tel.: 03641 9-32 80 20<br />
KLINIK-<br />
SOZIALDIENST<br />
Beratung u.a. zu Anschlussheilbehandlung<br />
und Rehabilitation,<br />
häuslicher Krankenpflege,<br />
Pflegestufen, Schwerbehindertenausweis;<br />
pychosoziale Beratung<br />
Kontakt:<br />
Yvonne Wiese (Leiterin)<br />
Tel.: 03641 9-32 02 91<br />
yvonne.wiese@med.uni-jena.de<br />
KLINIK-<br />
SEELSORGE<br />
EVANGELISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />
Pastorin Babet Lehmann<br />
Tel.: 0151-17 10 14 93<br />
Pastorin Ulrike Spengler<br />
Tel.: 0151-17 10 14 94<br />
KATHOLISCHE KLINIKSEELSORGE:<br />
Pfarrer Michael Ipolt<br />
Tel.: 0151-17 10 54 60<br />
Gemeindereferent<br />
Dominik Gehringer<br />
Tel.: 01523-21 87 679<br />
FÖRDERVEREIN<br />
WIR FÖRDERN PROJEKTE<br />
für Patienten und Mitarbeiter – in<br />
Forschung und Lehre – zur Vernetzung<br />
und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Spendenkonto:<br />
Sparkasse Jena-Saale-Holzland<br />
IBAN: DE89830530300000028010<br />
BIC: HELADEF1JEN<br />
Vorsitzender:<br />
PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf<br />
foerderverein@med.uni-jena.de<br />
Tel.: 03641 9-32 50 01<br />
BESUCHS-<br />
DIENST DER<br />
KLINIKSEELSORGE<br />
Die ehrenamtlich Tätigen nehmen<br />
sich Zeit zum Zuhören, Plaudern,<br />
Spielen, Vorlesen & erledigen<br />
kleine Besorgungen.<br />
Kontakt:<br />
Babet Lehmann<br />
Tel.: 0151 17 10 14 93<br />
PATIENTENFÜR-<br />
SPRECHERINNEN<br />
KLINISCHES<br />
ETHIKKOMITEE<br />
Beratung und Hilfestellung<br />
für Patienten, Angehörige und<br />
medizinisches Personal bei<br />
ethischen Konflikten in Therapie<br />
und Pflege<br />
Kontakt:<br />
Dr. Ulrike Skorsetz<br />
(Leiterin Geschäftsstelle)<br />
Tel.: 03641 9-33 775<br />
Mobil: 0151-16 35 93 41<br />
ulrike.skorsetz@med.uni-jena.de<br />
EINKAUFS-<br />
MÖGLICHKEITEN<br />
Blumen im Klinikum<br />
Mo bis Fr: 8 - 17 Uhr<br />
Sa: 13 - 17 Uhr<br />
Tel.: 03641 - 35 01 30<br />
Imbiss und Shop<br />
Mo bis Fr: 8 - 18 Uhr<br />
Sa: 9 - 12.30 Uhr & 13 - 17 Uhr<br />
So und Feiertage: 13 - 18 Uhr<br />
Tel.: 03641- 22 62 95<br />
Ansprechpartner für Anregungen<br />
und Beschwerden von Patienten<br />
KLINIKUM LOBEDA, Mitarbeiterservice<br />
in der Magistrale<br />
Christine Börner | 0170-45 89 890<br />
Maria Lasch | 0151-12 21 16 05<br />
Sprechzeit: Mi. 13.30 – 15.00 Uhr<br />
Klinik für Psychiatrie<br />
Dr. Edgar Becker<br />
Antje Standau-Gröschner<br />
patientenfuersprecher<br />
@med.uni-jena.de<br />
Tel. 03641 9-39 01 01<br />
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