UKJ-Klinikmagazin 2/2021
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
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TITELTHEMA<br />
Ein Tag in der Intensivpflege<br />
Andreas Weidner, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, lässt<br />
sich bei einem Dienst auf Intensivstation III über die Schulter schauen<br />
Andreas Weidner ist seit mehr als 15 Jahren<br />
Fachkrankenpfleger für Anästhesie und<br />
Intensivpflege. Seit 2007 arbeitet er am<br />
Universitätsklinikum. Nach einigen Jahren auf<br />
der ITS I und im ITS-Springerpool ist er seit 2015<br />
auf der ITS III im Einsatz. Hier wird das ganze<br />
Portfolio an inneren Erkrankungen abgedeckt.<br />
Speziell die kardiologischen Erkrankungen<br />
stehen im Vordergrund, aber auch andere<br />
internistische Patienten, beispielsweise aus<br />
der Onkologie, Hepatologie und Pneumologie<br />
werden behandelt. Fotos: Rodigast<br />
06:00 Uhr:<br />
Beginn Frühdienst<br />
Schon auf dem Weg in die Umkleide<br />
kreisen viele Gedanken durch den Kopf:<br />
Wie geht es den Patienten heute? Mögliche<br />
Szenarien werden durchgespielt<br />
- doch oft kommt es dann ganz anders.<br />
Denn Intensivmedizin ist immer auch<br />
ein Stück weit unplanbar.<br />
In der Umkleide beginnt der Arbeitsmodus.<br />
Umziehen, ausrüsten: Kuli,<br />
Stethoskop, Schutzbrille, eine Schere<br />
und zwei Klemmen sind die steten<br />
Begleiter.<br />
Der Nachtdienst übergibt am Bett alle<br />
Informationen und Besonderheiten<br />
der zwei Patienten, für die Andreas<br />
Weidner in der Schicht zuständig ist.<br />
Ein Patient ist an der extrakorporalen<br />
Membranoxygenierung, kurz ECMO,<br />
angeschlossen und eine Patientin<br />
befindet sich nach einem Herzinfarkt<br />
noch in kritischem Zustand. Die Kurve<br />
vom vorherigen Tag wird genauestens<br />
durchgegangen, damit nichts übersehen<br />
wird.<br />
06:15 Uhr:<br />
Bettplatzcheck und EKG schreiben<br />
Der erste Patient wird von Kopf bis<br />
Fuß untersucht, quasi im Rundumblick:<br />
Hierfür werden die Pupillen, der Tubus,<br />
der Zustand des Bauchs, der Haut, die<br />
Durchblutung, die Lage der Zugänge,<br />
der Katheter und Drainagen sowie der<br />
Magensonde genauestens betrachtet.<br />
Nichts darf übersehen werden.<br />
Wie ist der Patient beatmet? Gibt es<br />
Optimierungspotential? Was fällt auf<br />
beim Abhören? Eine Kontrolle des<br />
Absaugers gehört auch zum Bettplatzcheck.<br />
Insbesondere bei dem Patienten<br />
an der ECMO werden nochmal die<br />
Einstichstellen und Schlauchfixierungen<br />
genau unter die Lupe genommen.<br />
Es folgt die Medikamentenkontrolle.<br />
Welche Medikamente laufen? Was<br />
ist bald leer? Spritzen, die zeitnah<br />
benötigt werden, müssen aufgezogen<br />
werden. Wann ist die nächste Medikamentengabe<br />
geplant? Ohne vorausschauendes<br />
Planen geht es nicht.<br />
Danach wiederholt sich alles beim<br />
zweiten Patienten. In der Regel dauert<br />
das 15 Minuten pro Patient.<br />
Anschließend wird ein EKG geschrieben,<br />
wobei bereits die nächsten<br />
Schritte im Kopf durchlaufen.<br />
07:00-08:00 Uhr:<br />
Intensivkrankenpflege erster Teil<br />
Alles beginnt mit der Gesichtspflege.<br />
Dazu gehört eine gründliche Augenund<br />
Nasenpflege. Vieles, das bei<br />
wachen Patienten meist von selbst<br />
geht, muss bei beatmeten und sedierten<br />
Intensivpatienten vom Pflegefachpersonal<br />
übernommen werden.<br />
Alles unter der Maßgabe, dass keine<br />
Schäden entstehen, die anschließend<br />
die Lebensqualität einschränken<br />
könnten. Dann werden Mund und<br />
Rachen angeschaut und geprüft, ob<br />
es Auffälligkeiten sowie Verletzungen<br />
oder Wunden gibt. Die Zähne werden<br />
geputzt, der Mund vorsichtig gesäubert<br />
sowie vorhandene Flüssigkeiten<br />
abgesaugt. Der Tubus wird kontrolliert<br />
und umgelagert. Der Patient wird dann<br />
nochmal abgehört, um sicher zu gehen,<br />
dass nichts verrutscht oder verlegt ist.<br />
In dieser Zeit findet auch die Übergabevisite<br />
der Ärzte statt. Hier tauscht<br />
man sich über die Patienten aus und<br />
legt Tagesziele fest. Zwischendurch<br />
werden wieder Medikamente und<br />
Antibiosen vorbereitet – die reguläre<br />
Morgenmedikation.<br />
08:30 Uhr: Blut überprüfen<br />
Es wird Blut abgenommen, in der Regel<br />
aus einem arteriellen Gefäßzugang.<br />
Die Blutgerinnung der ECMO-Patienten<br />
wird meist zweistündlich gemessen<br />
und dokumentiert. Ist sie gut oder<br />
schlecht? Muss der Blutverdünner<br />
erhöht oder reduziert werden? Außerdem<br />
wird überprüft, ob der Patient gut<br />
beatmet ist oder ob es Auffälligkeiten<br />
beim Blutzucker, dem Hämoglobinwert<br />
oder anderen Werten gibt. Darauf muss<br />
reagiert werden.<br />
10 02 | 21