UKJ-Klinikmagazin 2/2021
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
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HEILEN<br />
Professor Sebastian Scholl, Koordinator Zentrum für Hämatologische Neoplasien, Patient Roland Rosenberger, Professor<br />
Andreas Hochhaus, Direktor der KIM II am <strong>UKJ</strong>, Studienassistent Alexander Schreiner (v.li.). Foto: <strong>UKJ</strong><br />
Neue Wege in der Krebsbehandlung<br />
Zertifiziertes Zentrum für Hämatologische Neoplasien<br />
Vor etwa einem Jahr beginnt Roland Rosenberger, sich deutlich<br />
weniger körperlich belastbar zu fühlen. Luftnot plagt<br />
ihn. Bei seiner Hausärztin zeigt sich in seinem Blutbild eine<br />
ausgeprägte Amämie, weshalb sie ihn an die niedergelassene<br />
Onkologin Dr. Sabine Hahnfeld überweist. Die Diagnose:<br />
myelodysplastisches Syndrom, kurz MDS, eine bösartige<br />
Erkrankung des Knochenmarks. Das MDS tritt vor allem bei<br />
älteren Patienten auf. Die Standardtherapie besteht aus<br />
einer sogenannten epigenetischen Therapie („Schaltertherapie“)<br />
mit dem Ziel, das Blutbild des Patienten zu verbessern<br />
und eine akute Leukämie zu verhindern. Roland Rosenberger<br />
erhält daher zunächst wöchentliche Bluttransfusionen. Das<br />
schlaucht den 73-jährigen Eisenberger. Seine niedergelassene<br />
Onkologin rät ihm daher, sich am <strong>UKJ</strong> am Zentrum für<br />
Hämatologische Neoplasien vorzustellen. Denn das erstmals<br />
von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Zentrum<br />
bietet, was nur wenige können: frühe klinische Studien und<br />
damit ganz neue, individuelle Therapiemöglichkeiten.<br />
Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien behandeln die<br />
Jenaer Onkologen und Hämatologen Patienten mit bösartigen<br />
Erkrankungen des blutbildenden Systems. Die bekannteste<br />
Erkrankung ist die Leukämie, aber auch viele weitere<br />
zählen hierzu, etwa Lymphome, multiple Myelome oder wie<br />
bei Roland Rosenberger das myelodysplastische Syndrom.<br />
Allein im Jahr 2019 wurden am Zentrum für Hämatologische<br />
Neoplasien über 300 Patienten mit neu diagnostizierten<br />
Krebserkrankungen des Blutes behandelt. „Also etwa jeden<br />
Tag ein neuer Patient mit einer individuell abgestimmten<br />
und leitlinienbasierten Therapie“, wie es der Koordinator des<br />
Zentrums und leitende Oberarzt Professor Sebastian Scholl,<br />
ausdrückt. Die Jenaer Experten setzen auf das gesamte<br />
Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten: Chemotherapien,<br />
zielgerichtete Antikörpertherapien sowie zelluläre Therapien<br />
einschließlich der bereits seit 2019 am Jenaer Zentrum etablierten<br />
CAR-T-Zell-Therapie.<br />
Roland Rosenberger erhält seit Anfang des Jahres im Rahmen<br />
einer frühen klinischen Studie eine neue Immuntherapie für<br />
MDS-Patienten am <strong>UKJ</strong>. Diese weltweite so genannte Phase<br />
I-Studie bietet neben dem Jenaer Uniklinikum in Deutschland nur<br />
eine weitere Klinik an, 15 Patienten haben die Jenaer Experten<br />
bislang in die Studie eingebracht. Dabei erhalten die Patienten<br />
ein Medikament, das das Immunsystem gegen die MDS-Zellen<br />
aktiviert und so das Wachstum der Ursprungszellen des MDS<br />
hemmt, ohne gesunde Stammzellen zu beeinflussen. Bisher<br />
sprechen die Patienten darauf gut an. Auch Roland Rosenberger<br />
sagt, die neue Therapie helfe ihm sehr gut und er benötigt seit<br />
über einem Monat keine Bluttransfusionen mehr. Seine weitere<br />
Behandlung geht er mit gesundem Optimismus an. Einmal die<br />
Woche muss er zur Kontrolle ans <strong>UKJ</strong> kommen, denn die Werte<br />
des 73-Jährigen müssen engmaschig kontrolliert werden. Das<br />
sei aber kein Vergleich zu den stundenlangen Bluttransfusionen,<br />
die er vorher auf sich genommen hat. „Solche klinischen<br />
Studien bieten auf der einen Seite eine zusätzliche Chance für<br />
unsere Patienten, auf der anderen Seite tragen sie dazu bei,<br />
neue Therapien schrittweise bis zur Zulassung zu bringen“,<br />
fasst es Professor Scholl zusammen. Gleichwohl: „Diese frühen<br />
klinischen Studien können nur an erfahrenen Zentren durchgeführt<br />
werden“, betont Professor Andreas Hochhaus, Direktor<br />
der Klinik für Innere Medizin II am <strong>UKJ</strong>. Das trifft auf das <strong>UKJ</strong> als<br />
„Leiteinrichtung für onkologische Erkrankungen“ in Thüringen<br />
zu. Insgesamt nehmen am onkologischen Zentrum derzeit etwa<br />
750 Patienten an klinischen Studien teil. Bei gut 70 dieser Studien<br />
handelt es sich um frühe klinische Studien. Erwachsene Patienten<br />
aller Altersgruppen werden hier eingeschlossen.<br />
Katrin Bogner<br />
02 | 21<br />
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