UKJ-Klinikmagazin 2/2021
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Eine Brücke zwischen Patienten und Angehörigen<br />
Was psychologische Unterstützung auf der Intensivstation bedeutet<br />
Dr. Teresa Deffner hält die Hand des<br />
Patienten, streichelt sie sanft. Währenddessen<br />
berichtet sie ihm mit ihrer<br />
klaren, freundlichen Stimme, seine<br />
Frau habe gestern die Mülltonnen<br />
rausgestellt, was sonst immer seine<br />
Aufgabe gewesen sei. Er solle sich<br />
keine Sorgen machen, richte seine<br />
Frau aus. Sie schaffe das schon. Der<br />
Patient, ein mittelalter Mann, reagiert<br />
nicht. Er liegt seit geraumer Zeit auf der<br />
COVID-19-Intensivstation, wird beatmet,<br />
ist nicht bei Bewusstsein. Teresa<br />
Deffner spricht trotzdem mit ihm, als<br />
sei heute ein ganz normaler Tag. Sie<br />
ist Psychologin und fester Bestandteil<br />
der Intensivstation am <strong>UKJ</strong>. Seit<br />
2013 gehört sie zum Team der ITS, um<br />
Patienten, Angehörigen und auch ihren<br />
Kollegen in besonderen Krisensituationen<br />
beizustehen. Seit Corona herrscht<br />
quasi Dauerkrise und die Psychologin<br />
ist permanent im Einsatz auf der<br />
COVID-19-Intensivstation.<br />
Unter der Schutzkleidung, der Brille<br />
und der Haube ist ihr Gesicht zwar<br />
kaum zu erkennen. Viel wichtiger ist<br />
aber auch ihre Stimme. Und die hören<br />
die Patienten und in der Regel auch<br />
die Angehörigen jeden Tag. Mindestens<br />
einmal. Ebenfalls ganz wichtig: das<br />
Telefon. Denn vieles an Gesprächen,<br />
an Vermittlung, läuft derzeit über<br />
das Telefon, bestenfalls über Videotelefonie.<br />
In Pandemiezeiten herrscht<br />
Besuchsverbot, zudem befinden sich<br />
viele Angehörige der Corona-Patienten<br />
selbst in Quarantäne und könnten<br />
gar nicht kommen, selbst wenn sie es<br />
dürften. Bescheiden bezeichnet sich<br />
Deffner daher selbst als „Telefondame“.<br />
Natürlich ist sie viel mehr. Sie ist verlängerter<br />
Arm, verlängertes Auge für<br />
die Angehörigen, die ihre Lieben nicht<br />
persönlich sehen, nicht selber berühren<br />
können. Die von der Situation oft<br />
erstmal überfordert sind. Und die die<br />
Vorstellung, übers Telefon mit ihrem<br />
Mann, ihrer Tochter, ihrer Mutter zu<br />
sprechen, die ihnen nicht antworten<br />
können, zunächst oft befremdlich finden.<br />
„Wir bieten den Angehörigen an,<br />
das Telefon ans Ohr ihrer Lieben zu<br />
halten. Aber wenn sie sich noch nicht<br />
bereit fühlen, drängen wir niemanden<br />
dazu. Wir übernehmen das dann<br />
erstmal stellvertretend für sie. Das ist<br />
für die Angehörigen eine unglaublich<br />
schwierige, belastende Situation und es<br />
dauert seine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.<br />
Wichtig ist, da zu sein und<br />
ihnen zu vermitteln, dass ihre Lieben<br />
22 02 | 21