UKJ-Klinikmagazin 2/2021
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
Ganz intensiv - Was moderne Intensivmedizin ausmacht.
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TITELTHEMA<br />
Ganz intensiv<br />
Hat die Pandemie der Intensivmedizin<br />
eine neue Bedeutung gegeben?<br />
Prof. Bauer: Ja, ich denke schon. Wir<br />
haben zum ersten Mal sehr deutlich<br />
gesehen, wie zentral die Intensivmedizin<br />
für die Funktion eines ganzen Krankenhauses<br />
ist, wenn diese Ressource<br />
plötzlich zum Flaschenhals wird für<br />
die Patientenflüsse. Da wir sehr viele<br />
Betten mit COVID-19-Patienten belegt<br />
hatten, war für den üblichen klinischen<br />
Alltagsbetrieb viel zu wenig Kapazität.<br />
Die Auswirkungen haben wir in vielen<br />
Abteilungen gesehen: Operationen<br />
mussten verschoben, planbare Termine<br />
nach hinten verlegt werden. Auch<br />
Planungen zwischen verschiedenen<br />
Krankenhäusern wurden notwendig,<br />
um die wichtigsten und dringlichsten<br />
Behandlungen außerhalb von COVID-19<br />
möglich zu machen.<br />
Mit Intensivmedizin verbinden wir<br />
oft Bilder wie Apparate, Schläuche<br />
und schwerstkranke Menschen,<br />
die oftmals zwischen Leben und<br />
Tod schweben. Was macht für Sie<br />
Intensivmedizin aus?<br />
Prof. Bauer: Das Geheimnis ist, dass<br />
wir Intensivmedizin nicht als Apparatemedizin<br />
betreiben, sondern den ganzen<br />
Menschen hinter seiner jeweiligen<br />
Erkrankung sehen.<br />
Dabei ist zum einen die Komplexität und<br />
das Ineinandergreifen der verschiedenen<br />
Organsysteme faszinierend – also<br />
zum Beispiel die Frage, warum schwere<br />
Infektionen zum Nierenversagen führen.<br />
Zum anderen sehen wir Menschen<br />
in einem Grenzbereich, in dem wir auch<br />
die Familie, die Patientenwünsche, die<br />
Fragen, wie wir leben und wie wir sterben,<br />
gemeinsam reflektieren.<br />
Zu all diesen Fragestellungen kommt<br />
die Betreuung der gesamten Familie<br />
hinzu, die plötzlich und unerwartet mit<br />
solch einer Situation konfrontiert wird.<br />
Meist ist keiner darauf vorbereitet,<br />
selbst wenn man vielleicht Vorsorge<br />
getroffen hat. In solchen Momenten ist<br />
die gesamte Familie oft überfordert,<br />
nicht nur der Patient.<br />
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