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<strong>Zeitarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflege<br />
Zusammenfassung<br />
Der E<strong>in</strong>satz von <strong>Zeitarbeit</strong>nehmern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kranken- und Altenpflege steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kritik. Die Vorwürfe lauten,<br />
die <strong>Zeitarbeit</strong> würde aggressiv Arbeitnehmer von Betrieben <strong>der</strong> Gesundheitswirtschaft abwerben, ihnen höhere<br />
Gehälter zahlen und die Möglichkeit geben, attraktive Schichten zu übernehmen, während die Stammbelegschaften<br />
<strong>in</strong> stärkerem Maße unattraktive Dienste machen müssten. Aus <strong>der</strong> Kritik wird die For<strong>der</strong>ung<br />
abgeleitet, den E<strong>in</strong>satz von <strong>Zeitarbeit</strong> zu untersagen o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>zuschränken.<br />
Bei <strong>der</strong> Diskussion blieb bisher die Perspektive <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong>nehmer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kranken- und Altenpflege unbeachtet.<br />
Die vorliegende Untersuchung schließt diese Lücke durch e<strong>in</strong>e umfangreiche Befragung von <strong>Zeitarbeit</strong>nehmern,<br />
die <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> pflegerischen Berufen tätig s<strong>in</strong>d. Die Befunde belegen erstens, dass es<br />
ke<strong>in</strong>e nennenswerte Abwerbung seitens <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong>sunternehmen gibt. Ausschlaggebend für den Wechsel<br />
waren vielmehr persönliche Kontakte und H<strong>in</strong>weise aus dem persönlichen Umfeld. Tatsächlich zeigen sich<br />
Belege für Abwerbeversuche eher von Seiten <strong>der</strong> Pflegee<strong>in</strong>richtungen: 60 Prozent <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong>nehmer haben<br />
e<strong>in</strong> Übernahmeangebot e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>satzbetriebes erhalten. Zweitens zeigt sich e<strong>in</strong>e komplexe Motivlage<br />
für die Aufnahme e<strong>in</strong>er Beschäftigung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong>. E<strong>in</strong>e attraktive Vergütung und E<strong>in</strong>fluss auf die Arbeitszeitgestaltung<br />
s<strong>in</strong>d von großer Bedeutung. Viele <strong>Zeitarbeit</strong>nehmer fühlen sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong> aber auch<br />
<strong>in</strong> höherem Maße wertgeschätzt. Die <strong>Zeitarbeit</strong> ist mith<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, Kriterien für e<strong>in</strong>e gute Qualität <strong>der</strong><br />
Arbeit zu erfüllen.<br />
Die For<strong>der</strong>ung, <strong>Zeitarbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflegebranche</strong> gesetzlich e<strong>in</strong>zuschränken, basiert offenkundig auf <strong>der</strong> Erwartung,<br />
dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer <strong>in</strong> diesem Fall <strong>in</strong> die Stammbelegschaften <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzbetriebe<br />
wechseln bzw. zurückkehren würden. Diese Erwartung ist ohne empirische Grundlage. Nur 18 Prozent <strong>der</strong><br />
befragten <strong>Zeitarbeit</strong>nehmer geben an, dass sie im Falle <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung von <strong>Zeitarbeit</strong> diesen Weg gehen<br />
würden, wobei <strong>der</strong> Anteil für Fachkräfte noch e<strong>in</strong>mal ger<strong>in</strong>ger ist. H<strong>in</strong>gegen würden 55 Prozent <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />
Tätigkeitsbereich wechseln und weitere 11 Prozent ihre Erwerbstätigkeit ganz aufgeben. Somit ist für<br />
die meisten <strong>Zeitarbeit</strong>nehmer <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflegebranche</strong> die <strong>Zeitarbeit</strong> als Arbeitgeber ohne Alternative. Das Ziel<br />
e<strong>in</strong>er besseren Verfügbarkeit von Personal würde für die Pflegee<strong>in</strong>richtungen nicht erreicht. Im Gegenteil<br />
würde sich <strong>der</strong> Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel verschärfen und die Stabilität <strong>der</strong> Patientenversorgung<br />
verschlechtern, während den betroffenen Arbeitnehmern das Recht auf freie berufliche Entfaltung versagt<br />
würde. Die Träger von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen können mit e<strong>in</strong>em Verbot <strong>der</strong> <strong>Zeitarbeit</strong><br />
nicht von ihrer orig<strong>in</strong>ären Arbeitgeberverpflichtung entbunden werden, durch e<strong>in</strong>e effektive und effiziente<br />
Arbeitsorganisation und -gestaltung für gesundheitsgerechte und attraktive Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen zu sorgen.<br />
Nur dann werden Menschen überzeugt, e<strong>in</strong>en Gesundheits- o<strong>der</strong> Pflegeberuf <strong>in</strong> Krankenhäusern und Pflegee<strong>in</strong>richtungen<br />
auszuüben.<br />
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