Thermenland Magazin März 2024
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TLM <strong>März</strong> 24:Layout 1 05.03.24 09:29 Seite 18<br />
Ein rundes, glattes Drehbrett. Darauf drei Materialien: Ton, Glimmer<br />
und Quarz. Zwei Frauenhände tauchen auf. Sie beginnen, diese drei<br />
Materialien zusammen zu kneten. Sanft und doch bestimmt. Nach und<br />
nach verschlingt der Ton den Glimmer und den Quarz. Sie werden Teil<br />
des Tons, aus dem die geschmeidig formenden Hände ein Gefäß aus früheren<br />
Zeiten bilden werden. Diese sehr talentierten Hände gehören zu<br />
Anna Stadler, einer Keramikmeisterin, die sich auf Repliken spezialisiert<br />
hat. Sie macht diese, sie erfüllende Arbeit seit inzwischen neun<br />
Jahren. Aber wie ist sie dazugekommen?<br />
„Ich fand das so spannend“<br />
KULTUR & FREIZEIT<br />
Keramik durch die Epochen: Meisterhafte histo<br />
„Wegen ihrer Begeisterung für uralte Sch er<br />
Leidenschaft für alte Formen: Anna Stadler fertigt meisterliche Repliken<br />
von uralter Keramik.<br />
Foto: Luzia Semmler<br />
Anna Stadler besuchte den Gestaltungszweig der Montessori Fachoberschule<br />
(FOS) in Passau und bekam dort mit, wie jemand als GPA, also als Abschlussarbeit<br />
der 9. Klasse, aus selber ausgegrabenem Ton etwas erschuf.<br />
„Das fand ich so spannend“, meint sie mit einem leichten Lächeln, dass sie<br />
ihr Pflichtpraktikum der 11. Klasse in der Werkstatt des Künstlerpaares<br />
Hans und Maria Fischer in Passau absolviert hat. „Und dann war es geschehen“,<br />
sagt sie selig, dort hat sie ihre Leidenschaft für die Keramik gefunden.<br />
Daher absolvierte sie nach der FOS die Berufsfachschule für Keramik in<br />
Landshut. Zunächst machte sie die Repliken nur für sich selber zum Üben,<br />
für das Reenactment auf Mittelaltermärkten und für Museumsbelebungen.<br />
„Und die sieht man natürlich und dann wollten halt andere genau die gleiche<br />
Keramik haben oder eben für ihre Darstellung welche und dann hat<br />
sich das irgendwie, ja, verselbstständigt“, erzählt Anna. Es scheint für sie<br />
selbst noch immer schwer zu glauben, dass sie durch diese Mundpropaganda<br />
immer bekannter wurde. Inzwischen fertigt sie in ihrer Werkstatt in<br />
Weihmörting Replikate, die „für Museumspädagogik verwendet werden,<br />
dass man eben nicht die Originale anfasst, sondern meine, oder wenn irgendwo<br />
ein Original fehlt“, hier wird ihre Stimme deutlich leiser, fast bedächtig,<br />
„meine Repliken dort stehen“. Was als Hobby anfing, wurde so zu<br />
einem gut gehenden Gewerbe.<br />
„Es ist einfach alles machbar“<br />
Was sie an ihrer Arbeit am meisten fasziniert, ist, „dass man einfach wirklich<br />
aus Ursprünglichem, Ton ist ja eigentlich verwittertes Gestein, dass<br />
man daraus so ganz viel verschiedene Sachen machen kann, so vom Feinsten,<br />
fast Porzellanartigen bis zu eher so ganz groben, rauen Strukturen, einfach<br />
alles machbar ist“. Ihre Augen fangen an zu leuchten, wenn sie von<br />
ihrer Arbeit spricht. „Ich arbeite sehr gerne mit Archäologen zusammen.<br />
Die haben eben auch dies Begeisterung für die Keramik und die uralten<br />
Scherben, was halt perfekt ist“, schwärmt sie und betont wie wichtig diese<br />
Kontakte sind, wenn man in dieser Sparte erfolgreich sein will. Denn gerade<br />
am Anfang benötigt man jemanden, der sich die Arbeiten ansieht, um ein<br />
perfektes Replikat erschaffen zu können.<br />
„Da ist viel Mathematik gefragt“<br />
Durch ihre Kontakte zu Archäologen hat sie auch Zugriff auf die Originale,<br />
was sehr hilfreich ist, wenn man ein genaues Replikat fertigen will. Denn<br />
bei Replikaten „ist es halt auch wirklich die Massezusammensetzung, Größe,<br />
auch bei den Stempeln, alles wie beim Original. Und dafür muss man natürlich<br />
beim Original spicken und sehr sehr eng mit Archäologen zusammenarbeiten,<br />
sonst wird das nichts“, erzählt sie und lacht. Sollte das<br />
Original jedoch nicht vorhanden sein, gibt es Publikationen mit Bildern,<br />
Zeichnungen und Aufzeichnungen über alle wichtigen Daten. „Aber das<br />
reicht immer noch nicht“, meint sie laut auflachend, so dass ihr ihre dunklen,<br />
leicht gelockten Haare ins Gesicht fallen. „Dafür braucht man noch<br />
Schwindungstabellen beziehungsweise muss man wissen, wie stark der Ton<br />
bei welcher Brenntemperatur schwindet, den man verwendet. Und dann<br />
muss ich das eben größer rechnen, weil, sonst ist ja die Replik zehn Prozent<br />
oder zwölf Prozent kleiner. Da ist auch sehr viel Mathematik gefragt, aber<br />
hier macht das Spaß“, meint Anna, lacht wieder und erklärt ein paar Formeln,<br />
welche sie erst seit der Berufsfachschule versteht.<br />
„Fürs eigene Design ist kaum Zeit“<br />
„Also, wenn ich jetzt was Modernes mache und es sieht jemand, dann<br />
kommt ein ‚Oh, aber du machst schon noch deine Repliken oder?‘“, erzählt<br />
Anna Stadler erheitert, als die Sprache auf ihr eigenes Keramikdesign<br />
kommt. Ihre Auftragslage ist jedoch so gut, dass sie kaum dazukommt, mal<br />
was anderes als ihre Repliken zu machen. Was bei den modernen Keramiken<br />
„das Wichtigste ist, ist Spülmaschinenfestigkeit und meistens innen<br />
und außen glasiert, oder, dass eine bestimmte Menge reinpasst. Es gibt bei<br />
Ruhige Hand beim Ritzen: Anna Stadler hält sich in Größe und Form der<br />
Verzierung genau an die originale Vorlage.<br />
Foto: Luzia Semmler<br />
www.thermenland-magazin.de<br />
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