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TLM <strong>März</strong> 24:Layout 1 05.03.24 09:29 Seite 3 GENIESSEN EDITORIAL & ERLEBEN Eine bedeutende Wahl steht uns am 9. Juni ins Haus. Zum 10. Mal wird dann das Europäische Parlament direkt gewählt. Es ist die einzige Möglichkeit für wahlberechtigte EU-Bürgerinnen und Bürger, auf Entscheidung über EU-Gesetze Einfluss zu nehmen. Denn, was man beim Gezänk der nationalen Parlamente gerne übersieht, heute geht bereits rund 80 % der nationalen Gesetzgebung auf europäische Entscheidungen zurück. Anfang Juni werden nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Deutschland bis zu 64,9 Millionen Deutsche und weitere Staatsangehörige der Europäischen Union (EU) wahlberechtigt sein, davon 33,3 Millionen Frauen und 31,7 Millionen Männer. Das sind deutlich mehr als letztes Mal, denn diesmal können an den Europa - wahlen auch 16- und 17-Jährige teilnehmen. Von den 720 Abgeordneten des EU-Parlaments stellt Deutschland mit 96 Abgeordneten die größte Anzahl von Repräsentanten eines Mitgliedslandes. Bei dieser Wahl gilt keine Prozenthürde. Das hat zur Folge, dass auch Parteien, die bei nationalen Wahlen (meistens) ohne Chancen sind, gewählt werden können, wenn sie die Zahl der Wähler auf sich vereinen können, die für einen Abgeordneten nötig sind. In Deutschland sind das ca. 850.000 Stimmen. Daher sind aktuell neben Freien Wählern und ÖDP auch Vertreter von Deutscher Familienpartei, der Satire-Partei „Die Partei“, der Piratenpartei oder des Bündnis Deutschland Mitglieder des Parlaments. In Österreich muss eine Partei jedoch 4,76 % der Stimmen erreichen, um 1 der künftig 20 Abgeordneten ins EU-Parlament schicken zu können. Kleinstparteien haben also auch hier keine Chance. In der rechtspopulistischen und rechtsextremen Fraktion des EU-Parlaments „Identität und Demokratie“ (ID), die 59 der 705 Abgeordneten stellt, sind derzeit noch 9 Abgeordnete der AfD und 3 der FPÖ Mitglied. Vor allem wegen der in diesem Jahr in Deutschland anstehenden Europa- und Landtagswahlen hat die Deutsche Bischofskon - ferenz jetzt eine aufsehenerregende Stellungnahme zu völkischen und rechtspopulistischen Parteien abgegeben. Die bei der Vollversammlung jetzt in Augsburg einstimmig verabschiedete Erklärung trägt den Titel „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“. Sie beschreibt die ideologischen Grundlagen dieser Weltanschauung, die auf der Annahme beruht, dass das Volk als Ethnos, als Abstammungsund Blutsgemeinschaft, existiert und dass das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, religiöser Zugehörigkeit und kultureller Prägung prinzipiell infrage gestellt werden müsse. „Der Volksbegriff des völkischen Nationalismus steht im Gegensatz zur auch im Grundgesetz verankerten Vorstellung des Volkes als Gemeinschaft der Gleichberechtigten, die auf der Grundlage der Menschenrechte unsere Gesellschaft gemeinsam auauen.“ Dabei geht es den Bischöfen bei der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht um einzelne politische Differenzen. Es geht um fundamentale Unterschiede im Verständnis des Menschen. Deshalb kommt die bischöfliche Erklärung zu dem Schluss: „Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar. Die Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – ist überdies mit einem hauptoder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unver- Martin Semmler M.A., Chefredakteur einbar.“ Konkret mit Blick auf die AfD wird beschrieben, dass in dieser Partei mittlerweile eine völkisch-nationalistische Gesinnung dominiere. Bischof Stefan Oster hat zwischenzeitlich von ersten kritischen Reaktionen aus dem Bistum auf die Abgrenzung der Deutschen Bischofskonferenz von der AfD berichtet. Dem Bayerischen Rundfunk sagte Oster, er bekomme E-Mails von Menschen, die fragten, wohin sie sich denn sonst orientieren sollten. Seine Antwort sei: Die Antworten der AfD seien zu einfach und gegen das christliche Menschenbild. Katholisch bedeute wörtlich allumfassend, fügte Oster hinzu. „Wenn versucht wird, in der Würde des Menschen zu unterscheiden, Minderwertigkeiten auszumachen, eine vermeintlich homogene völkische Gemeinschaft schaffen zu können, dann halten wir das für gefährlich.“ Sorgen wir mit unseren Wahlentscheidungen dafür, dass dieses Jahr das demo kratische Bewusstsein unserer Gesellschaft sich kraftvoll erneuert – ganz im Sinne dieser Oster-Botschaft. DO SCHAU HER ... Ein überaus seltener Schnappschuss gelang kürzlich unserer Leserin Ursula Schmitt aus Aigen am Inn. Beim Spaziergang im frühlinghaften Sonnenschein schwamm ihr am Inndamm der sagenhafte Inn-Hai vor die Linse. Dieser nur aus Legenden der Innfischer bekannte, im Bereich des Stausees zwischen Ering und Egglfing endemische Fisch scheint hier schon seit Urzeiten zu leben und kommt im Sagengehalt durchaus einer schottischen Nessi gleich. Foto: Ursula Schmitt 3 www.thermenland-magazin.de